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Meer umspült Neuseser Whiskey - fleischmann- · PDF fileVON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED...

Date post: 07-Feb-2018
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VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED JOSEF HOFBAUER Neuses — Vermutlich hat Robert Fleischmann, der in jungen Jah- ren zur See gefahren ist, noch et- was vom Geiste der Klabauter in sich. Denn Fleischmann, Inha- ber der ältesten Whikeydestille- rie Deutschlands in Neuses an der Regnitz, hat Ideen, die ei- nem Kobold gut zu Gesichte ste- hen würden. So hat sich Robert Fleischmann von seinem nord- deutschen Geschäftspartner Re- ne Bobrink und dessen Freund Christoffer Bohling, der auf Sylt eine Austernfarm betreibt, dazu überreden lassen, ein paar Fäs- ser Whiskey ins Meer zu kippen. Das war bereits im April. Ver- senkt wurden ein 50-Liter-Fass, zwei 30-Liter- Fässer, fünf zwölf-Liter- Fässer und ein Fass mit zehn Litern Whis- key. Ende Au- gust/Anfang September, je nach Witte- rung, soll die Fracht wieder geborgen werden. Denn: „Als Flaschenpost waren unsere Fäs- ser nicht gedacht“, erklärt Ro- berts Sohn Thomas Fleisch- mann. „Wir haben die neuen Fässer aus deutscher Eiche auf einer Ti- debank den Händen Neptuns übergeben“, erzählt Rene Bob- rink. Damit aber die Fracht von den Naturgewalten des Meeres nicht weggespült wird, hat Christoffer Bohling ein Metall- gerüst gebastelt, das die Fässer festhält. „Zusätzlich haben wir die fünf Meter lange und knapp zwei Meter breite Konstruktion ’eingeschlickt’ und mit Beton- platten befestigt“, verrät Bob- rink. Zwei Meter unter Wasser Die Fässer aus der Manufaktur des Whiskey-Urgesteins Robert Fleischmann von der Destillerie „Blaue Maus“ liegen auf der Syl- ter Tidebank etwa zwei Meter unter Wasser. Die Gezeiten, die periodischen Wasserbewegun- gen der Nordsee, führen dazu, dass die Fässer alle sechs Stun- den – zumindest zum Teil – tro- cken fallen, um dann aufs Neue vom Meer verschlungen zu wer- den. Von dieser intensiven Berüh- rung mit dem salzigen Meerwas- ser versprechen sich die Whis- keybrenner aus Neuses eine Ge- schmacksveränderung der hochprozentigen Spirituose. „Ich bin auf die Idee gekommen, Whiskeyfässer einer Umarmung der Meerjungfrauen auszuset- zen, weil ich einmal gelesen ha- be, dass schottischem Whiskey, der in Kellern längere Zeit dem Meerwasser ausgesetzt war, die- ses Bad nicht geschadet hat, im Gegenteil“, erzählt Rene Bob- rink. „Es ist ein Versuch“, ergänzt Thomas Fleischmann, „wir wis- sen nicht, wie intensiv der Aus- tausch zwischen Salzwasser und dem Inhalt der Fässer ist.“ Das hängt unter anderem von der Größe der Behältnisse ab, zum anderen davon, wie schnell und wie intensiv die Fässer von See- pocken und Austernmuscheln besetzt werden. Nur Unikate Deshalb beobachtet Jim Murray (57), der britische Whiskey- papst, dieses Experiment mit großer Aufmerksamkeit. Eine extrem spannende Sache, über die er sich ständig auf dem Lau- fenden halten wolle, hatte der Experte den experimentierfreu- digen Geschäftsleuten versi- chert. Jedes Fass ist deshalb ein Unikat. Aller Voraussicht nach sei davon auszugehen, dass die Meeresbrise bei Whiskey aus ei- nem kleineren Fass intensiver zu spüren sein wird als bei einem großen Fass. „Das Fass atmet“, erklärt Robert Fleischmann. Doch in welchem Umfang, das bleibe abzuwarten. Testlauf bereits beendet Wie schnell sich die zur Familie der Krebse gehörenden Seepo- cken auf den Fässern ansiedeln, haben Fleischmann, Bobrink und Bohling bereits getestet. „Da haben wir Whiskeyflaschen ein halbes Jahr der rauen See ausgesetzt“, erzählt Thomas Fleischmann. Das Ergebnis, ei- ne mit Muscheln und anderen kleinen Schalentieren besetzte Flasche, ist in seinem Laden in Neuses zu bestaunen. Aber das ist eine reine optische Sache, ein Verkaufs-Gag, wenngleich auch hier keine Flasche der anderen gleicht. Werden in wenigen Wochen die Fässer geborgen, ist das Ex- periment noch nicht zu Ende. Das Zehn-Liter-Fass bleibt die gesamte Reifezeit über, also die nächsten drei Jahre, der See aus- gesetzt. „Schau’n wir mal, was draus wird“, lacht Robert Fleischmann. Seite 28 neuses.inFranken.de R. Fleischmann Eine Konstruktion Marke Eigenbau verhindert, dass die Fässer mit dem kostbaren Inhalt abgetrieben werden. Fotos: Bobrink (2), Hofbauer (1) Nach wenigen Monaten sind die Flaschen von Seepocken besiedelt. Auf der Nordseite der Sylter Tidebank liegt der Whiskey aus Neuses. Mehr Fotos von den Whiskeyfässern in der Nordsee und den Seepocken fin- den sie auf EXPERIMENT Damit ihr Whiskey eine frische Brise bekommt, haben Robert Fleischmann von Deutschlands ältester Whiskey-Destillerie „Blaue Maus“ und sein Sohn Thomas ein paar Fässer vorübergehend Neptun anvertraut. Meer umspült Neuseser Whiskey
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Page 1: Meer umspült Neuseser Whiskey - fleischmann- · PDF fileVON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED JOSEF HOFBAUER Neuses — Vermutlich hat Robert Fleischmann, der in jungen Jah-ren zur See gefahren

VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED

JOSEF HOFBAUER

Neuses — Vermutlich hat RobertFleischmann, der in jungen Jah-ren zur See gefahren ist, noch et-was vom Geiste der Klabauter insich. Denn Fleischmann, Inha-ber der ältesten Whikeydestille-rie Deutschlands in Neuses ander Regnitz, hat Ideen, die ei-nem Kobold gut zu Gesichte ste-hen würden. So hat sich RobertFleischmann von seinem nord-deutschen Geschäftspartner Re-ne Bobrink und dessen FreundChristoffer Bohling, der auf Sylteine Austernfarm betreibt, dazuüberreden lassen, ein paar Fäs-ser Whiskey ins Meer zu kippen.

Das war bereits im April. Ver-senkt wurden ein 50-Liter-Fass,

zwei 30-Liter-Fässer, fünfzwölf-Liter-Fässer und einFass mit zehnLitern Whis-key. Ende Au-gust/AnfangSeptember, jenach Witte-rung, soll dieFracht wieder

geborgen werden. Denn: „AlsFlaschenpost waren unsere Fäs-ser nicht gedacht“, erklärt Ro-berts Sohn Thomas Fleisch-mann.

„Wir haben die neuen Fässeraus deutscher Eiche auf einer Ti-debank den Händen Neptunsübergeben“, erzählt Rene Bob-rink. Damit aber die Fracht vonden Naturgewalten des Meeresnicht weggespült wird, hatChristoffer Bohling ein Metall-gerüst gebastelt, das die Fässerfesthält. „Zusätzlich haben wirdie fünf Meter lange und knappzwei Meter breite Konstruktion’eingeschlickt’ und mit Beton-platten befestigt“, verrät Bob-rink.

Zwei Meter unter Wasser

Die Fässer aus der Manufakturdes Whiskey-Urgesteins RobertFleischmann von der Destillerie„Blaue Maus“ liegen auf der Syl-ter Tidebank etwa zwei Meterunter Wasser. Die Gezeiten, dieperiodischen Wasserbewegun-gen der Nordsee, führen dazu,dass die Fässer alle sechs Stun-den – zumindest zum Teil – tro-cken fallen, um dann aufs Neuevom Meer verschlungen zu wer-den.

Von dieser intensiven Berüh-rung mit dem salzigen Meerwas-ser versprechen sich die Whis-keybrenner aus Neuses eine Ge-schmacksveränderung der

hochprozentigen Spirituose.„Ich bin auf die Idee gekommen,Whiskeyfässer einer Umarmungder Meerjungfrauen auszuset-zen, weil ich einmal gelesen ha-be, dass schottischem Whiskey,der in Kellern längere Zeit demMeerwasser ausgesetzt war, die-ses Bad nicht geschadet hat, imGegenteil“, erzählt Rene Bob-rink.

„Es ist ein Versuch“, ergänztThomas Fleischmann, „wir wis-sen nicht, wie intensiv der Aus-tausch zwischen Salzwasser unddem Inhalt der Fässer ist.“ Dashängt unter anderem von derGröße der Behältnisse ab, zumanderen davon, wie schnell undwie intensiv die Fässer von See-pocken und Austernmuschelnbesetzt werden.

Nur Unikate

Deshalb beobachtet Jim Murray(57), der britische Whiskey-papst, dieses Experiment mitgroßer Aufmerksamkeit. Eineextrem spannende Sache, überdie er sich ständig auf dem Lau-fenden halten wolle, hatte derExperte den experimentierfreu-digen Geschäftsleuten versi-chert. Jedes Fass ist deshalb einUnikat. Aller Voraussicht nachsei davon auszugehen, dass dieMeeresbrise bei Whiskey aus ei-nem kleineren Fass intensiver zuspüren sein wird als bei einem

großen Fass. „Das Fass atmet“,erklärt Robert Fleischmann.Doch in welchem Umfang, dasbleibe abzuwarten.

Testlauf bereits beendet

Wie schnell sich die zur Familieder Krebse gehörenden Seepo-cken auf den Fässern ansiedeln,haben Fleischmann, Bobrinkund Bohling bereits getestet.„Da haben wir Whiskeyflaschenein halbes Jahr der rauen Seeausgesetzt“, erzählt ThomasFleischmann. Das Ergebnis, ei-ne mit Muscheln und anderenkleinen Schalentieren besetzteFlasche, ist in seinem Laden inNeuses zu bestaunen. Aber dasist eine reine optische Sache, einVerkaufs-Gag, wenngleich auchhier keine Flasche der anderengleicht.

Werden in wenigen Wochendie Fässer geborgen, ist das Ex-periment noch nicht zu Ende.Das Zehn-Liter-Fass bleibt diegesamte Reifezeit über, also dienächsten drei Jahre, der See aus-gesetzt. „Schau’n wir mal, wasdraus wird“, lacht Robert

Fleischmann. Seite 28

neuses.inFranken.de

R. Fleischmann Eine Konstruktion Marke Eigenbau verhindert, dass die Fässer mit dem kostbaren Inhalt abgetrieben werden. Fotos: Bobrink (2), Hofbauer (1)

Nach wenigen Monaten sind die Flaschen von Seepocken besiedelt.

Auf der Nordseite der Sylter Tidebank liegt der Whiskey aus Neuses.

Mehr Fotosvon den Whiskeyfässern in derNordsee und den Seepocken fin-den sie auf

EXPERIMENT Damit ihr Whiskey eine frische Brise bekommt, haben Robert Fleischmann von Deutschlands ältesterWhiskey-Destillerie „Blaue Maus“ und sein Sohn Thomas ein paar Fässer vorübergehend Neptun anvertraut.

Meer umspült Neuseser Whiskey

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