+ All Categories
Home > Documents > Max Seltmann Heft 22

Max Seltmann Heft 22

Date post: 08-Apr-2018
Category:
Upload: norman-hartwigsohn-frenzke
View: 231 times
Download: 4 times
Share this document with a friend

of 34

Transcript
  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    1/34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    2/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    groes Bedrfnis nach Ruhe.Frhmorgens war es etwas besser, und beim Morgenmahl lernte man sich nochnher kennen, Joseph mit seinem Weibe und Jakobus und Jesus, Zebedus mitseinem Weibe und Jakobus und Johannes. Die beiden Jakobusse schlossen sich

    schnell einander an, ebenso Jesus und Johannes. Nach dem Mahle machten sichdie beiden Familien auf, um nach dem Tempel zu gehen, und so blieben auchdie Gruppen zusammen auf dem Wege zu ihrem Ziele.Maria uerte Salome gegenber ihre Sorgen wegen Jesus: nur mit vieler Mhesei es ihr gelungen, ihn mit hierher zu bringen; berhaupt sei ihr das ganzeVerhalten und Tun ihres Sohnes ein groes Rtsel. Er sei in allem folgsam undwillig, nur in Dingen des Glaubens sei Er nicht zu verstehen, da habe ER Seineeigenen Gedanken und Auslegungen.Salome sagte: Aber Maria, Er ist doch dein Sohn, und Ihm Gehorsambeizubringen, mu doch Joseph mglich sein! Was soll werden, so ihr schon

    jetzt mit Ihm nicht mehr fertig werdet, wie denkt ihr euch da die Zukunft?"Maria weinte und sprach: Daran drfen wir gar nicht denken; denn sobald wirunsere Meinung durchsetzen wollen, sieht Er uns mit Seinen klaren Augen an,als wollte Er uns durchdringen; und dann geht Er meistens aus dem Hause undberlt uns der Sorge um Ihn."Aber Maria", entsetzte sich Salome, das geht doch nicht an; was sagen denneure Priester dazu?"Sie sind genauso machtlos wie wir, wer bei Jesus mit Strenge etwas zuerreichen versucht, ist gestraft. 0 welch ein Jammer ist das manchmal, und dabeidachten wir, Jehova habe Ihn zu etwas Groem berufen. Was haben wir frWunderdinge an Ihm erlebt, und nun bleibt Sein Mund stumm; nur Seine Augensprechen um so eindringlicher."Sie nherten sich nun dem Tempel. Die von allen Seiten herbeistrmendenMenschen drngten alle nach dem Eingang. berfllt waren Vorhof und diePltze .bei den Opferaltren. Die beiden Familien wurden auseinandergedrngt.Jesus und Johannes aber blieben zusammen. Jesus hatte schon auf dem Wegezum Tempel Seinen Abscheu ber das Treiben im Tempel geuert, so daJohannes erschrak.Aber Jesus, bedenke doch", ermahnte er den Freund, Du sprichst ber den

    Tempel, das Haus, in dem Jehova wohnt! Wie kannst Du so abfllig ber diePriester reden?"Mein Johannes, warte nur, bis wir im Tempel sind. Dann werde Ich dir dieAugen ffnen und Dinge zeigen, die auch dir nicht gefallen wenden."So kam es auch. Schon der Eintritt war alles andere als weihevoll. Da blktenRinder, Schafe und Lmmer, und auf dem Boden lag ein Morast, da es nichtmglich war, reine Fe zu behalten. Endlich waren beide an den Opferaltrenangekommen; dort war es ganz schlimm. Das waren keine Priester, sondern roheSchlchter, die dort erbarmungslos mit ihren scharfen Messern den angstvollblkenden Schafen und Lmmern den Hals aufschnitten, dann die zuckendenLeiber der sterbenden Tiere auf den Feueraltar warfen.Da sagte Jesus: Johannes, glaubst du, da daran Jehova ein Wohlgefallen hat? Am liebsten wrde Ich den ganzen Opferungen ein Ende machen; stehet

    09.04.2011 Seite 2 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    3/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    nicht geschrieben: ,Der Gerechte erbarmet sich seines Viehs; aber das Herz derGottlosen ist unbarmherzig'?"Aber Jesus, das darf uns doch nicht kmmern! Die Opferung hat doch Mosebefohlen, und das hat fr uns magebend zu sein. Was der einzelne Mensch

    dabei empfindet, geht uns ja nichts an, denn dafr sind die Priesterverantwortlich, und sie sind die Stellvertreter Gottes."Johannes, noch mu Ich dich dabei belassen, aber ich frage dich: wasempfindest du bei dieser Opferung?"Mir, Jesus, wre es auch lieber, so dieser unser Besuch im Tempel eineweihevolle Stimmung auslsen wrde, aber es kommt ja nicht auf uns, sondernauf die Erfllung des Gotteswillens an."Ich bin anderer berzeugung, Johannes; auf den Wegen des Herrn kann Mirnur das Freude machen, was auch dem Herrn Freude Ist, ebenso wird aber auchdas, was Mir Abscheu einflt, dem Herrn ein Abscheu sein."

    Ich verstehe Dich nicht, lieber Jesus; was sagen denn Deine Eltern zu deinenAnsichten?"Lieber Johannes, eben das ist das Schlimme fr Mich, da Ich darber gar nichtreden darf.Wenn ich eine Bitte habe, so ist es die: Komm, wir verlassen den Tempel! Wirwerden schon einen Ort finden, an dem es uns besser gefallen wird."Nein, Jesus, wenn mich Vater und Mutter fragten, wo und wie wir diesen Tagverlebten, wrden sie recht betrbt sein, so ich ihnen dann die Wahrheit sagenwrde, und lgen kann ich nicht."Ich will dich nicht drngen, Johannes, aber hierbleiben kann Ich nicht, weil Mirdies alles widerlich ist."Johannes blieb also allein, aber merkwrdig; seit Jesus ihn verlassen hatte,widerte auch ihn alles an, und so suchte er seine Eltern. Schon neigte sich derTag seinem Ende zu, da endlich fand er sie. Auf dem Weg zur Herberge fragteihn Salome, wo Jesus sei.Ich wei es nicht, Mutter. Schon in der Frhe hat Jesus den Tempel verlassenmit der Begrndung, Ihn widere das ganze Treiben an und Er suche einen Ortauf, wo es Ihm besser gefalle."Da bin ich sprachlos. Erst unternehmen Seine Eltern mit Ihm und Seinen

    Brdern die weite Reise hierher, und dann sucht Er sich einen Ort, wo es Ihmbesser gefalle." Strahlenden Auges kam Jesus zum Abendmahl; Maria schwieg, aber Salomesprach zu Ihm:Lieber Jesus, Du bist nun in dem Alter, in dem man verstndiger sein soll. Dasist doch keine Art: erst unternimmst Du mit Eltern und Brdern die weite Reise,und nun ist Dir der Tempel ein Ort, wo Dich alles anekelt; sieh zu, da DichJehova nicht straft."Mutter Salome", erwiderte Jesus, Ich glaube Jehova besser zu kennen als duund ihr alle; es wre besser, ihr bemhtet euch mehr um den Willen Jehovas alsum die Erfllung von Satzungen blinder Priester, die offenbar den WillenJehovas nicht mehr kennen."Da sprach Salome: O Maria, jetzt verstehe ich deine Not; aber um Jehovas

    09.04.2011 Seite 3 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    4/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    willen, was soll denn da werden? Jesus, ich bitte Dich, sage mir: was hast Duvor? Du kannst ja nicht so verworfen sein, da Du nicht das Leid und denKummer Deiner Eltern sprst."Mehr als Ihr alle, liebe Salome, aber Ich mu Gott mehr gehorchen als den

    Menschen und kann nicht Rcksichten auf die Schwchen Meiner Mitmenschennehmen, und wenn sie Mir die liebsten sind. In Mir ist alles klar und licht;darum gehe Ich Meinen Weg, weil Ich nicht anders kann. Ich will aber nicht derStein des Anstoes unter euch sein; darum suche Ich Mein Lager auf, undJakobus kann euch manches erklren. Gute Nacht, der Frieden Gottes sei miteuch!"Am ndern Morgen rhrte niemand an die Gesprche des Vortages, nur Jesussagte zu Joseph in Gegenwart der anderen: Ich gehe nach Bethanien und bleibedort. Da euch alle der Weg dort vorber fhrt, bitte Ich dich, Vater Joseph,kehret dort ein, ihr macht damit Lazarus, den du ja sehr gut kennst, eine groe

    Freude. Wenn mglich, berrede auch Zebedus mit seinen Lieben, miteinzukehren, Ich wei: es wrde euch und allen zum Segen sein."Jesus, weil Du bittest, will ich es tun, und weil ich fhle, da auch Du eineFremde brauchst. Gehe ruhig voraus und melde uns 'an."Da wendete sich Jesus an Salome und sagte: An dich wende ich mich, MutterSalome; wrdest du erlauben, da Johannes mit Mir heute schon nach Bethanien'zieht? Sei so gut und komme Meiner Bitte entgegen."Salome fragte ihren Mann, was er dazu meine; dieser sagte ohne weiteres ja,wenn Johannes wolle.Und er wollte; darum machten sie sich auch auf den Weg. Johannes fragte: Wowarst Du denn gestern den ganzen Tag? Ich habe schreckliche Stunden imTempel erlebt."Ich war in Bethanien bei den beiden Schwestern Maria und Martina, die Michbaten, doch heute wieder zu kommen; denn Ich bin dort kein Fremder."

    02. In BethanienUnter lebhaften Gesprchen waren sie bald in Bethanien und wurden dortherzlich willkommen geheien. Die Schwestern fhrten die beiden in ein groesZimmer und sagten: Liebe Brder, ihr mt vorlufig mit uns frlieb nehmen,

    denn unser Bruder kommt erst gegen Mittag zurck. 0 Jesus, wie glcklich sindwir, da Du es doch mglich gemacht hast, uns auch heute zu besuchen. UnserBruder wird sich freuen."Ja, Maria, und morgen kommen Meine und Johannes' Eltern noch dazu. Ichhabe sie eingeladen, weil Ich wute, ihr freuet euch darber."Jesus", sprach Maria, mein Bruder hat eine besondere Hochachtung vor Dir,und das rhrt noch von unserem Vater her. Weit Du, da Deine Eltern vorungefhr 10 Jahren hier in Bethanien mit Dir weilten? Lazarus sprach oft davon,darum wird er eine groe Freude haben, so Deine Eltern hier einkehren."

    Johannes konnte sich gar nicht austun, so erfllt war er mit Freude; aber wieJesus sich unter den beiden Mdchen bewegte, das gab ihm zu denken. Was istdoch Jesus fr ein Mensch, war immer sein Gedanke. Jesus aber war ber alleMaen frhlich und die beiden Mdchen mit Ihm. Es beunruhigte Johannes auch

    09.04.2011 Seite 4 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    5/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    nicht, da Jesus gar keine Rcksicht auf ihn nahm, im Gegenteil, er war froh,da man ihn im Hintergrunde lie. Lange vor Mittag kam Lazarus; miterhobenen Hnden ging er auf Jesus zu und sagte: Eine grere Freudekonntest Du mir, mein lieber Jesus, nicht machen als mit Deinem Besuch, und

    so fhlet euch in Bethanien wie zu Hause. Ihr habt doch eure Eltern nach hiereingeladen, denn nach dem alten Joseph habe ich wahrhaft Sehnsucht?"Lazarus, Ich wute um deine Freude, darum habe Ich Meine und JohannesEltern eingeladen; morgen um diese Zeit werden sie hier sein."Jesus, kann ich mit Dir ganz frei sprechen, ich mchte Deinen Freund nichtbetrben." Tue es immerhin, lieber Lazarus, ein Betrben kommt ja nicht inFrage; hchstens wird in ihm noch der Zwiespalt vergrert werden, und derkann berbrckt werden."Sprach Johannes: Lieber Lazarus, wenn du mit Jesus etwas zu besprechen hast,tue es immerhin; ich werde mich etwas in Bethanien umsehen. Mit Jesus komme

    ich nicht sofort ins reine, Er gibt mir zu viele Rtsel auf."Da lachte Lazarus, legte dem Johannes beide Hnde auf die Schultern undsprach: Mein junger Bruder und auch Freund, du bist nicht der Einzige, dem esso ergeht; aber die Zeit, die groe und gewaltige, wird Klrung bringen. Denkedaran, was ich dir heute sage: Wer Jesus als Freund besitzt, hat einen Schatz imHimmel und auf Erden."Lazarus, ich danke dir fr dieses Wort, aber verstehen kann ich auch diesesnoch nicht. Es ist etwas ganz Neues, was ich mit Ihm erlebe, ich fhle SeineLiebe, mich zieht es zu Ihm hin, und dieses ist mir unfabar; hre ich Ihn aberreden, so wage ich nicht, etwas zu erwidern." Johannes, so wie es dir ergeht,wird es noch Millionen ergehen, und darum lasse die Zeit sprechen, noch istalles zu jung."Lazarus .ging nun mit Jesus allein hinaus in die Pflanzungen, Johannes blieb beiden Mdchen; in einer kleinen Stunde wollte Lazarus wieder zurck sein.Lazarus sagte: Jesus, gestern konnte ich mit Dir nicht sprechen ber das, wasmich bewegt. Erst diese Nacht ist mir alles wiedergekommen, und so frage ichDich: Lieber Jesus, sind die Fhigkeiten Dir geblieben, die sich vor 10 Jahren imTempel in und bei Dir uerten; bitte, sei offen und lasse mich nicht imunklaren!"

    Lazarus, weil du ganz offen und ehrlich um eine Antwort gebeten hast, sollstdu auch eine offene und ehrliche Antwort erhalten. Ja, die Fhigkeiten sindgeblieben, sogar noch grer geworden; aber hre: Meine Zeit ist noch nichtgekommen! In Mir mu sich vieles lutern, noch vieles veredeln und in dasGttliche 'hineinwachsen. Um dir aber den Beweis zu geben, da Ich der bin,auf den auch du deine Hoffnung setzest, so soll dieser ganze Berg mitlfruchtbumen bewachsen sein! So wie Ich In Meine Mission hineinwachse, sosollen diese Bume auch wachsen, und wenn Ich die Reife erlangt habe, sollendiese Bume dir die ersten Frchte bringen! Doch schweige vor jedermann undsei schon heute im klaren: der kommende Messias wird viele enttuschen. Duaber glaube Mir schon' heute: der kommende Messias wird ein Reich aufrichten,das allen Menschen zum Heile werden wird. Wenn Ich dir aber eine Bitteunterbreiten darf, so sei es die: unternimm nichts, damit du dich nicht verlierst,

    09.04.2011 Seite 5 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    6/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    sondern bleibe Gott und auch dir getreu. Sprich auch mit Meinem irdischenNhrvater nicht darber, weil jedweder Zwang zu vermeiden ist.Und nun komm und besieh dir deine knftige lpflanzung, aber sprich mitniemandem davon!"

    Beide gingen nun nach dem lberg. Das Buschwerk dort war weniger gewordenund berall standen kleine lbumchen genau so, wie es sich Lazarus schonimmer gewnscht hatte; nur die Leute hatten Ihm zur Ausfhrung diesesWunsches gefehlt.Aber Jesus, das ist doch ein Wunder; genau so habe ich es mir gewnscht; wiewar Dir denn dies alles mglich?"Lazarus, wolle nicht vorzeitig alles wissen; denn um das zu verstehen, dazufehlt dir noch die Reife. Denke immer daran, da bei Gott kein Ding unmglichist, und so wollen wir in das Haus zurckkehren."Beide Schwestern schauten schon nach den beiden aus, denn das Mittagsmahl

    war bereitet.Johannes hatte sich nicht gelangweilt, beide Mdchen hatten so vieles zuerzhlen und zu fragen ber Jesus, konnten aber von ihm nichts anderes erfahrenals: Jesus ist mir ein Rtsel".Nach dem Mittagsmahl nahm Lazarus 'seine beiden Gste und fhrte sie weithinaus in die Pflanzungen, und mit regem Interesse folgten beide denAusfhrungen des Lazarus. Als sie zu dem alten Tobias kamen, blieben sielngere Zeit. Johannes wunderte sich, wie der schon alte Mann mit Jesus sich soinnig verband. Schnell verging der Nachmittag; als sie wieder ins Hauszurckkamen, waren Gste gekommen, alte Freunde des Hauses Lazarus.Nach dem Abendmahl war reger Meinungsaustausch, dem Johannes aber nichtfolgen konnte. Das war ihm alles zu hoch oder zu tief. Ihn wunderte aber, dadie beiden Schwestern ein 'solch reges Interesse zeigten.Anderntags gegen Mittag kamen Joseph und Zebedus mit ihnen Angehrigen.Die Freude war bei allen gro, vor allem waren Salome und Maria angenehmberhrt ber die Frsorge, die die beiden Schwestern an den Tag legten. Lazarusgab sich nun ganz dem Besuch hin, erkannte aber sofort, da Joseph ein anderergeworden war. ber die brennende Frage: Was ist mit Jesus los?" kam er mitJoseph garnicht ins Gesprch, sondern lie Maria erzhlen, was sie alles im

    Tempel erlebt hatte. Lazarus hatte von dem Besuch mehr erhofft, aber ein Blickauf Jesus sagte ihm mehr als jede Unterhaltung.Die Rckreise ergab viele Anste, da Salome sich mit dem Gedanken, Jesusseine freie Entwicklung zu lassen, nicht zufrieden gab. Sie stand immer auf demStandpunkt: Kinder haben sich den Eltern unterzuordnen; und Jesus lie sichnicht belehren.Der alte Joseph war froh, als er wieder mit den Seinen in Nazareth war;er sagte: Nie wieder werde ich nach Jerusalem ziehen, ich hatte mir mehr vonder Reise erhofft, aber so ist mir am wohlsten, wenn mich alles in Ruhe lt." 03. Johannes in NazarethZwei Jahre vergingen, da kam Johannes nach Nazareth, um mit Jesus zusprechen. Den Anla gab seine Mutter Salome. Gerchte ber Jesus, den Blden

    09.04.2011 Seite 6 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    7/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    und Idioten, wollten nicht verstummen. Fischer verbreiteten solches Gerede, unddas Unglaublichste wurde behauptet.Ein gewaltiger Sturm hatte das Haus und die Stlle des Zebedus starkbeschdigt, und so schickte Salome Johannes als Boten nach Nazareth, um

    Joseph zu bitten, mit einigen seiner Shne nach Bethsaida zu kommen.Joseph sagte zu, doch werde es eine kleine Zeit dauern, bis er so weit sei.Johannes blieb zwei Tage, aber in diesen Tagen wurde ihm Jesus nochunverstndlicher. Er sagte daher zu Ihm: Jesus, ich bin doch nicht blind undsehe mit offenen Augen, wie es bei euch aussieht. Wie habe ich mich gefreut,als meine Mutter mich zu euch sandte, und jetzt bin ich traurig ber deinVerhalten. Warum sprichst du nicht? Deine Mutter leidet unter DeinerStummheit, und ber Dich hrt man die -unglaublichsten Dinge."Lieber Johannes, du urteilst nach dem Schein und nicht nach dem wahrenSein."

    Jesus, ich htte nichts davon erwhnt, wenn ich bei euch alles in Ordnunggefunden htte; aber merkst Du denn nicht, da sich Deine Mutter nach einemWort von Dir sehnt? Du kannst reden; das habe ich in Bethanien erlebt, undauch Freude hat Du dort bekundet. Warum bist Du hier so stumm? Bitte, gibmir Antwort; ich mchte zu Hause ein gutes Bild von Dir geben, denn 'beimeiner Mutter stehst Du in keiner hohen Achtung."Mein Johannes, was die Welt ber Mich spricht und urteilt, ist Mirganzgleichgltig; aber nicht gleichgltig ist Mir, was Gott ber Mich denkt, unddarum mgen die Leute sagen, was sie wollen; Ich gehe Meinen Weg, den MirGott zeigt."Aber Jesus, Du gehst ja in keine Synagoge, kommst mit keinem Priesterzusammen; eine Schule hast Du auch nicht besucht; sage mir, wie willst Du vorGott und aller Welt beweisen, da Gott Dein Wegweiser ist? Ich kann Dichnicht verstehen. Bin ich daheim, sterbe ich fast vor Sehnsucht nach Dir, undnun, wo ich hier bin, stt Du mich mit Deinem Wesen ab, weil Du nicht auf dieWnsche Deiner guten Mutter eingehen willst."Mein lieber Johannes, Ich kann dir nichts anderes sagen; es ist noch nicht ander Zeit, darber zu sprechen. Glcklich wre Ich, so du dich bemhen wrdest,Mich und Mein Verhalten zu verstehen. Wenn Ich nur einen einzigen Menschen

    htte, der Mich verstnde, so wre Mir vieles leichter. Gewi, ihre Liebespenden Mir viele, aber Mir ist daran gelegen, da sie mit Mir gehen und mitMir eins werden, damit da Mir vorgesteckte Ziel desto eher erreicht wird."Jesus, jetzt verstehe ich Dich schon nicht mehr! Du redest von einem hohenZiel; haben wir das nicht alle? Stehen Dir im Tempel nicht alle Tren offen? 0mein lieber Jesus, Trauer erfllt mich, wenn ich Dich so reden hre."Johannes, glaubst du, da Mir Trauer fremd ist? Ich glaube, es wird kaum einenzweiten Menschen geben, der so ringt und leidet wie Ich. Nie wrde Ich dirdieses sagen, wenn Ich nicht wte, wie du an Mir hngst, und so nimm das alsTrost mit heim zu deinen Eltern: einst wird die Zeit kommen, wo alles offenbarwird. Solange sie noch nicht da ist, trage Mich in deiner Liebe, denn diesenZustrom von Kraft kann Ich gut brauchen."

    09.04.2011 Seite 7 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    8/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Mit tiefem Weh im Herzen kam Johannes nach Hause; er wollte Jesusverteidigen, fand aber nicht die richtigen Worte, und neue Gerchte ber Ihndrangen ber den See Genezareth.Eines Abends kamen Joel, Jakob und Jesus, um das Haus des Zebedus

    auszubessern. Joel, betroffen von der Gre des Schadens, sprach: Da reichenunsere Krfte nicht aus, das Haus mu fast neu erbaut werden. Hast duwenigstens genug Holz vorrtig, Zebedus?"Da schau, dieses habe ich besorgen knnen; vielleicht kann ich noch mehrbeschaffen." Ist es so schlimm?" fragte Salome bekmmert. Da warf Jesus ein:Aber Joel, sei doch nicht so besorgt; wir werden es schon schaffen, und dasHolz reicht gut aus."Wie kommt es, da du auf einmal wieder sprechen kannst; wahrlich, dasmchte man schon als ein Wunder bezeichnen."Sprach Jakobus zu Joel: Bruder, schweige! Wenn Jesus redet, handelt Er auch,

    und so bin ich der Meinung, wir berlassen alles Jesus."Joel fragte nun Jesus: Bruder Jakobus meint, wir sollen Dir alles berlassen;wie ist Deine Meinung?"Joel, wenn du Mir den Bau berlt, machst du Mir eine groe Freude. Ich willihn bernehmen unter der Bedingung, da ihr schweigen knnt."Wenn Du, Jesus, uns versprechen kannst, alles nach Wunsch des Bauherrn zumachen, dann wollen wir schweigen."Gut, es sei, Meine Brder, und so wollen wir ans Werk gehen, vorerst aberwollen wir Zebedus beim Fischen helfen? Das Meer ist recht unruhig."04. Jesus rettet JakobusZebedus war erfreut, als er drei Helfer 'beim Fischen erhielt; das Meer wartatschlich recht bewegt. Schon als die Boote weit hinaus fuhren, muten dieSegel umgesetzt werden, und Jakobus, des Johannes Bruder, fiel dabei insWasser. Bei dem hohen Seegang, der inzwischen eingesetzt hatte, wurde seinFehlen nicht von allen bemerkt. Johannes war zwar sofort seinem Bruder zuHilfe nachgesprungen, aber es dauerte lange, bis er den immer wiederauftauchenden Jakobus erreichte. Endlich hatte er ihn gefat, und nun sahenauch die anderen, was vorgefallen war, und steuerten auf die zwei im Wasser

    Ringenden zu.Zebedus war der erste, der Hilfe leisten konnte. Jakobus war ohnmchtig, als erms Boot gezogen wurde. Johannes kmpfte auch mit einer Ohnmacht, erholtesich aber bald wieder. Zebedus fuhr nun mit dem Boot wieder in den kleinenHaushafen, und unter Klagerufen wurde der Ohnmchtige ins Haus getragen,Salome war erschrocken; rasch griff sie mit zu, und bald war man so weit, daman sich mit dem Ohnmchtigen beschftigen konnte. Jesus blieb beiseitestehen, und die erregte Salome sagte zu Ihm: Warum greifet denn Du nicht mitzu; ist dieses auch Deine neue Art?"

    Mitnichten, Mutter Salome, viel zu viel Leute sind hier. Um dir aber zubeweisen, wie recht Ich habe, sage Ich: gehet alle zur Seite!" Ehe die anderenetwas sagen konnten, war Jesus an das Lager getreten, strich mit Seinen Hnden

    09.04.2011 Seite 8 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    9/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    ber das Gesicht des wie tot daliegenden Jakobus und sagte: Stehe wieder aufund sei in Zukunft etwas vorsichtiger!"Da stand Jakobus auf, sah sich lngere Zeit um und sagte: Was ist mit mir blogeschehen? Vor einigen Augenblicken befand ich mich noch auf einer schnen

    Wiese, und nun bin ich hier?"Salome antwortete ihm: Du bist ins Wasser gefallen und Johannes hat dichwieder herausgeholt. Viel Wasser hast du geschluckt und bist schwachgeworden; i sofort eine oder zwei Zitronen, damit der Wassergeschmackvergeht, sonst wird dir bel werden."Jesus winkte Zebedus und sagte: La die Frauen reden, was sie wollen; wirfahren noch einmal hinaus, das Meer wird sich bald beruhigen."Zebedus tat, wie Jesus sagte, und wunderbar, das Meer wurde ruhig, und einschner Fang wurde getan, so da alle bis zum spten Abend angestrengtschaffen muten.

    Nach dem Abendmahl konnte Salome nicht schweigen. Scharf griff sie Jesus anwegen Seines Verhaltens zu Hause und bei dem Unglcksfall und sagte: Jesus,wrest Du mein Sohn, ich wrde nicht soviel Geduld wie Deine Mutter mit Dirhaben."Sprach Jesus: Mutter Salome, willst du mit Mir streiten, dann siehe zu, da dunicht zu kurz kommst, denn in Mir lebt ein Gott, dessen Wille Mir heilig ist, unddiesen Gott zu vertreten, ist Mir heiligste Aufgabe. Deinen Gott kenne Ich auch,aber er hat mit dem Meinen nichts gemein als nur den Namen."Jesus", entgegnete Salome erregt, ich gab Dir kein Recht, meinen Gottherabzusetzen. Wie Du Dir aber das Recht anmest, von einem Gott zu reden,dessen Wille Dir heilig sei, ist mir ein Rtsel. Denn Dein Verhalten zeigt, daDu berhaupt nach einem Gott kein Verlangen hast; sonst wrdest Du keinenAbscheu vor dem Tempel haben und Dich mit den Priestern auf einenfreundschaftlichen Fu stellen. Es ist emprend, was man von Dir erfhrt, undich halte es fr meine Pflicht, Dir dieses zu sagen."Jesus gab ihr zur Antwort: Salome, Ich grolle dir deswegen nicht; denn duweit ja nicht, was du sagst, aber um eines frage Ich dich: Hast du schon einmalernstlich darber nachgedacht, ob Ich vielleicht nicht doch recht haben knnte?Sieh dir einmal die Menschen nher an, ist ihr Zustand nicht so, da sie fr Gott

    verloren und ein Opfer ihrer Eigenliebe, ihrer Hab- und Herrschsucht gewordensind? Was ist euch von Moses geblieben, was von den Propheten, wovon vieledurch die von dir gelobten Priester umgebracht wurden? Welcher Dienst ist beiden Priestern der vorherrschende? Doch der, den Zehnten und die untragbarenSteuern einzuziehen. Nein, Mutter Salome, Ich trage einen ndern Gott in Mir,und dieser heit Liebe und Erbarmung. Warum aber mu Ich schweigen? WeilIch niemandem wehe tun will. Und warum trete Ich mit dem in Mir gewordenenLicht aus Gott noch nicht in die ffentlichkeit? Weil Meine Stunde noch nichtgekommen ist. Siehe, der in Mir lebende Gott wrde euch im Nu ein Hauserbauen, wie ihr es euch ertrumen knntet, und warum kann Er es nicht tun?Weil ihr Ihm die Hnde bindet. Aber trotzdem sollt ihr die Herrlichkeit MeinesGottes erleben. Denn trotz des wenigen Bauholzes wird euch das Haus erbautwerden, aber auf natrlichem Wege durch Seine Kraft und Gnade."

    09.04.2011 Seite 9 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    10/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Jesus, es mag sein, da in Dir geheime Krfte schlummern, Deine Mutter hatmir soviel von Dir erzahlt; die Botschaft hre ich wohl, aber glauben kann ichsie trotzdem nicht."Liebe Salome, ob du es nun glauben kannst oder nicht, deswegen wird Gott

    trotzdem Sein heiliges Werk fortsetzen. Wenn sich Gott in all Seinem Tun nachden Menschen richten wollte, da wre bald die ganze Schpfung ein Chaos undTrmmerhaufen. Leider sehen die Menschen ihre Mitmenschen immer mit denVorurteilen an, die ihre eigene blinde Meinung ihnen geschaffen hat, und darumist es besser, wir schweigen, und die Zukunft wird die Wahrheit Meiner Wortebeweisen."Jesus, dies kann ich Dir schon heute sagen: Mit dieser Deiner Meinung wirstDu anderen wenig Freude machen und ebenso wenig Freude erleben. Bleibe einanstndiger und gehorsamer Mensch, dann wird auch Gott und alle MenschenFreude an Dir haben."

    Das werde Ich tun, Mutter Salome, Ich werde Meinem Gott so gehorsam sein,da Er nur Freude an Mir erleben soll, auch wenn Mich deswegen alleMenschen verdammen."Salome war betroffen ber diese Rede des jungen Jesus, sie schwieg und nahmsich vor. Ihn in den Tagen, wo Er in ihrem Hause war, scharf zu beobachten. Siegelobte sich, den Shnen Josephs den Aufenthalt so angenehm wie mglich zumachen, um keinerlei Veranlassung zu geben, da Jesus mit ihr 'unzufrieden sei.Der Bau ging rasch vorwrts, und Zebedus nahm gern alle Unbequemlichkeitenmit in Kauf; denn er sah, da Jesus ihm wirklich ein fast neues Haus erbaute,und schon freute er sich, weil alles nach seinen Wnschen ging. Freilich daseine gefiel ihm nicht, da Johannes wie eine Klette an Jesus hing. Jede freieMinute war er mit Ihm zusammen. Salome aber sagte sich, da wenn erst dieBauleute wieder fort wren, auch Johannes wieder in Ordnung kommen werde.

    05. Sturmnacht in BethsaidaHeilung der SchdenDa kam eine bse Sturmnacht, wie sie Bethsaida noch nicht erlebt hatte; auchnicht ein einziges Haus blieb verschont, berall waren Schden entstanden.Zebedus war gerade in dieser Nacht nicht mit den Booten drauen, weil er auf

    die Bitte Jesu mit seinen Shnen den ganzen Tag ber hatte schwer zugreifenmssen. Salome hatte deswegen schweren Groll auf Ihn gehabt. Wie froh warsie nun, da sie ohne Angst und Sorgen sein konnte.An dem Neubau war der Sturm auch nicht ohne Schaden vorbergegangen, undals der andere Tag alles offenbar werden lie, hob das Klagen an. Nicht nurgroe Schden an den Htten, Scheuem und Fischbehltern wurden festgestellt,sondern auch sehr viele Fischer fehlten, und viele Boote waren von dem Sturmzertrmmert worden. Ein furchtbares Wehklagen setzte ein, und die Priesterwuten keinen Rat, ja, sie machten sogar dem Volke Vorwrfe: es habe dieses

    Strafgericht verdient, weil es zu wenig opfere.Salome wandte sich an Jesus: Was ist nun Deine Meinung ber diesesStrafgericht, das Bethsaida betroffen hat?"

    09.04.2011 Seite 10 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    11/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Jesus antwortete ihr: Mutter Salome, Ich habe darber keine Meinung; in dieserZeit sind Strme keine Seltenheit, und darum mu der Fischer ganz besondersacht geben auf die Zeichen, die schwere Strme verknden. Ich wute, da eineschwere Nacht kommen wrde; deswegen bat ich Zebedus, uns bis zum Abend

    zu helfen, da die Nacht doch wenig Erfolg haben werde. Zu Johannes sagte Ich:Diese Nacht wird schwere Opfer fordern, Ich wollte, sie wre vorber.' Dusiehst, was Ich im voraus als natrlicher Mensch fhlte, konnten und muten dieanderen auch fhlen und empfinden. - Leider ist es aber so: keiner gnnt demandern einen guten Fang, und ein jeder mchte der beste Fischer sein. Htten sielieber ihre halbzerfallenen Htten ausgebessert und ihre Fischbehlternachgesehen, so wre der Schaden nicht halb so gro und Todesopfer wrenvermieden worden."So sprichst Du, Jesus. Jetzt, wo das Elend da ist, lt sich gut das Spielumdrehen; warum hast Du denn die anderen nicht gewarnt? Wo blieb denn Dein

    Gott, dem Du so gehorsam bist? Was Du da sagst, ist eine billigeEntschuldigung, nachdem alles so geschehen ist."Salome, willst du mit Mir den Kampf, dann siehe zu, wie du ihn bestehenwirst. Jedenfalls werde und mu Ich schweigen, denn Meinen Gott, den Ich inMir trage und dem Ich diene, lasse Ich von keinem blinden Weibe herabsetzen.Nun siehe zu, wie du mit dir fertig wirst; fr dich bin Ich nur noch derZimmermann Jesus."Die Geschdigten erfuhren bald, da der Bau des Zebedus seiner Fertigstellungentgegengehe; darum kamen sie und baten, die Zimmerleute sollten dochkommen und auch ihnen helfen. Andere klagten, weil ihre Mnner und Shnesich nicht wieder einfnden; wer solle diese Ausbesserungen bezahlen, siehtten ja alles verloren.Da fragte Jesus Joel und Jakob: Wie denkt ihr, wollen wir den Geschdigtenhelfen? Ein Verdienst springt fr uns natrlich nicht heraus." Sprach Jakobus:Bruder Jesus, in diesen Tagen ist durch die Dir innewohnende Allmacht genuggeschaffen worden; knntest Du nicht auch den armen Geschdigten damitdienen?"Nein, Brder, ihres Unglaubens wegen nicht. Trotzdem bin Ich der Meinung,wir wollen ihnen unsere Hilfe nicht versagen, und Gottes Segen wird trotzdem

    auf unserem Tun liegen."Sprach Joel: Was wird aber der Vater Joseph sagen, wenn wir ganz ohneVerdienst heimkommen?"Antwortete Jesus: In der Not war auch Vater Joseph immer zum Helfen bereit,Ich denke, wir helfen den armen Menschen."So geschah es auch. Sobald das Haus des Zebedus fertig war, gingen die Dreizu den Geschdigten, und sehr rasch gingen die Arbeiten vorwrts, so da sichalle ber das schnelle Arbeiten der drei Zimmerleute wunderten. Da sich nunauch viele freiwillige Helfer einfanden, die mit Hand ans Werk legten, dauertees nur wenige Monate, und das Ntigste war getan.Johannes kam in jeder freien Stunde, und als einmal Jesus an einem anderenHause allein arbeitete, war Johannes enttuscht, weil er Ihn nicht antraf. Da

    09.04.2011 Seite 11 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    12/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    sagte Jakobus: Hre, Johannes, ist dir Jesus so ans Herz gewachsen, da dujede freie Stunde mit Ihm zusammen sein mut?"Ja, Jakobus, in mir ist eine Sehnsucht nach Ihm, die ich nicht unterdrckenkann; bin ich aber mit Ihm zusammen, so bin ich auch unbefriedigt. Ich wei

    nicht, was das fr ein Zustand ist."Hre, Johannes, mir ist lngst aufgefallen, da sich Jesus mit dir mehr abgibtals mit irgend einem anderen, und so bitte ich dich, mir zu sagen, ob sich Jesusdir gegenber betreff Seiner Zukunft geuert hat 'Gerade seit wir hier inBethsaida sind, ist Jesus viel zugnglicher als 'zu Hause oder an anderen Orten."Jakobus, ich wte nicht, da Jesus nur ein einziges Mal etwas gesagt htteber sich oder ber das, was Er vorhat. Immer betont Er, da das in Ihm wacheGottesleben Ihn ganz erfllen solle und Er ganz eins werde mit diesemGottesleben. Kannst du, Jakobus, vielleicht etwas Nheres darber sagen? Es istmir rtselhaft, da Jesus immer nur von Dingen spricht, die ich nicht im

    geringsten fassen kann."Uns geht es ebenso, Johannes, es ist uns gar nicht mglich, mit Jesus in eineUnterhaltung zu kommen, die unser irdisches Sein betrifft. Immer gibt Er dieAntwort: ,Ich kann Midi nicht aufhalten lassen von dem, was Mich in MeinemStreben hemmt'; und da sind wir lieber ruhig und lassen Jesus, wie Er ist."Du magst recht haben. Jakobus, weil ihr immer zusammen seid; ich aber binallein, und wenn ihr fort seid, ist gar keine Mglichkeit, mit Ihm zusammen zukommen, und doch kann ich nicht mehr ohne Ihn sein. Wenn ich ein Madchenwre, knnte ich es damit entschuldigen, da ich in Ihn verliebt sei, aber ich binein Mann und liebe Ihn. Und mit einer Innigkeit, die ich niemand sagen kann.Wie viele Mhe gab ich mir, diese Liebe aus meinem Herzen zu reien, aber esist nicht mglich."Johannes, liebe Ihn weiter mit dieser Innigkeit, und mit der Zeit wirst du Ihnbesser verstehen lernen. Ich knnte dir so vieles von Ihm erzhlen, da dustaunen wrdest, aber trste dich mit uns allen, wir knnen Ihn auch nichtverstehen."Jakobus, wenn du mir sagst, ich solle Ihn weiterhin lieben, dann kann diesemeine Liebe zu Ihm doch nicht krankhaft sein, und ich freue mich, da du michetwas frei gemacht hast; aber nun mchte ich doch noch mit Jesus einige Worte

    wechseln. Wo ist Er denn?"Johannes eilte nach dem genannten Haus und sah schon von weitem, wie er mitden Hausbewohnern ttig war. Jesus bemerkte 'ihn und winkte ihm einen Gruzu. Da beeilte sich Johannes, und Jesus rief ihm zu: Johannes, wrdest du Mirnoch etwas helfen, damit Ich heute noch fertig werde?"Johannes bejahte es, und Jesus sagte: Schaffe Mir diese Bretter heran und halteMir dieselben immer zur Hand, damit es schneller geht." Johannes tat, wie ihmgeheien, und in einer Stunde war der Schaden behoben.Beim Gehen sagte die Frau: Geld habe ich leider keines, womit ich Dichentlohnen knnte, wir sind ganz arm geworden."Sagte Jesus: Mutter Sarah, so arm bist du nicht, wie du denkst, denn immernoch hast du einen Gott, der berreich ist; vertraue Dem ganz, dann wirst duauch diese deine irdische Armut nicht mehr so fhlen."

    09.04.2011 Seite 12 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    13/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Johannes war erstaunt ber diese Worte, denn gerade in diesem Haus war dasUnglck am grten.Da sagte diese Frau unter Weinen: Junger Mann, das Vertrauen zu Gott istschon ein Reichtum, aber was zu hart ist, ist zu hart"

    Sagte Jesus: Und Ich sage dir: morgen um diese Zeit hast du nicht genugWorte, um danken zu knnen. Gott ist getreu und lohnt Treue mit Treue,Vertrauen mit Belohnung."Junger Mann, Deine Worte lassen mich hoffen, o wenn Du recht httest, wiewollte ich danken." Mutter Sarah, danke schon heute, denn im Danken machstdu dein Herz frei von dem Druck, whrend beim Bitten und Betteln dir deineNot nur noch hrter erscheint. Glaube Meinen Worten und vertraue und sageauch deiner Tochter, da sie aufhren soll mit Klagen, denn Gott erhrt Gebete,aber sie mssen aus einem glubigen und vertrauenden Heizen kommen. MutterSarah, sieh midi nicht so verzweifelt an, sondern glaube, vertraue und danke!"

    Johannes war sprachlos. Als er mit Jesus gegangen war, sagte er: Mein Jesus,war das recht, da Du der alten Sarah Hoffnungen gemacht hast; wenn sie sichnun nicht erfllen?" Johannes, wenn du Mich liebst, wie du heute MeinemBruder gesagt hast, dann setze keinen Zweifel in Meine Worte; auch dir mchteich dasselbe sagen: vertraue und glaube! Kann das Liebe sein, die in des BrudersLiebe Zweifel setzt? Ich denke nicht, denn Liebe ist etwas Heiliges, etwas, wasaus dem Herzen Gottes dem Menschen als Geschenk gegeben ist. Wenn dudieser Meiner Liebe Zweifel entgegensetzt, dann hast du auch Gott Zweifelentgegengebracht." Jesus, jetzt verstehe ich Dich wieder nicht; sage mir dochdies eine: Wie kommt es, da wir uns nicht verstehen lernen?" LiebsterJohannes, Ich verstehe dich vllig, aber du Mich nicht. Habe Ich doch dasgrte Interesse, da gerade du Mich verstehen lernst, und darum mu ich dichaufmerksam machen, um alles Trennende noch zu beseitigen." Weit Du,Jesus, was mir am liebsten wre? Idi mchte mit Dir kein Wort mehr reden undmidi nur an Dich anlehnen, mchte Deinen Pulsschlag fhlen und mich ganz inDeine Gedanken hineinleben."Ich hindere dich nicht, lieber Johannes, aber im Geiste kannst du es jaimmerhin tun. Um es dir aber im voraus zu sagen, merke auf: Damit kommst dunicht zum Ziele, denn Gott gab dem Menschen zu seinem Gefhle auch einen

    Verstand, und beides mu im rechten Sinne angewendet werden."Jetzt habe ich Dich verstanden, mein Jesus, und ich werde es beherzigen, abernun mu ich heim."Gehe heim, Johannes; deine Mutter verlangt nach dir, ab morgen sind wir beimJonathan."Als Johannes heim kam, hagelte es Vorwrfe wegen seiner Besuche bei Jesus,worber er die Pflicht im Hause ganz auer acht lasse. Doch diesmal wiesJohannes die Vorwrfe zurck, weil der Vater ihm die Erlaubnis gegeben habe.berhaupt bin ich alt genug", sagte er zu seiner Mutter, da ich selbst meinePflichten kenne."Ganz erregt entgegnete Salome: Hier sieht man wieder den Einflu deinesJesus, Wisse: dies hrt nun auf!" Erwiderte Johannes: Mitnichten, Mutter;Jesus setzt alles daran, mich zu einem freien und bewuten Menschen zu

    09.04.2011 Seite 13 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    14/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    erziehen, und Er spricht nur Gutes ber unser Haus. Jesus ist mein Freund undBruder, und es geht nicht an, da du mit einem Verbot mich von Ihm trennenwillst. Gehe einmal hin zu Sarah und hre, was Jesus ihr zum Abschied sagte:Sie solle glauben und vertrauen und schon im voraus fr das danken, was sie

    und ihre Tochter Gutes erleben wrden."Hier sieht man wieder den Schwrmer und Phantasten: die Menschen habenschon recht, wenn sie sagen, Er sei eine Gefahr fr das Volk."Mutter", schrie Johannes da auf in wildem Schmerz, hast du schon das Gutevergessen, das wir bei unserem Bau erlebt haben? Wie soll ich denn diekindliche Liebe und Achtung vor dir aufrecht erhalten, wenn du ungerecht, undzwar bewut ungerecht gegen meinen Freund bist."So gehe doch ganz mit deinem Jesus, wenn ich, deine Mutter, dir nicht mehrgenge!"In diesem Augenblick kam Zebedus, der alles mit angehrt hatte, und sprach:

    Salome, wre es nicht besser, du schwiegst? In diesem Falle mu ich Johannesrecht geben. In diesen Tagen habe ich Jesus als einen Mann kennen gelernt, derwei, was Er will. Ich kann es nur begren, da sich Johannes inniger an Ihnanschliet als an seine gleichaltrigen Freunde. Jesus ist doch wenigstens fnfJahre lter."Am nchsten Tage kehrten verschiedene Fischer wieder zurck, darunter auchSarahs Mann und Schwiegersohn. Johannes sagte deswegen zu seiner Mutter:Mutter, Jesus hat mit Seiner Verheiung doch nicht unrecht gehabt, und dennchsten Sabbat werde ich mit Ihm zusammen verleben."Als es aber Sabbat war und Johannes zu Jonathan kam, war Jesus ganz in derFrhe fortgegangen. Jakobus sagte zu ihm: Johannes, Jesus offenbart nie, wasEr am Sabbat tut, und wir sind es von Ihm so gewhnt. Wir gehen in dieSynagoge mit dem ganzen Haus Jonathan." Fr Johannes war dies eineEnttuschung, er schlo sich Jakobus an und verlebte mit ihm den Sabbat in derSynagoge, worber Mutter Salome rechte Freude hatte.06. Johannes feiert mit Jesus den SabbatIn dieser Woche hatte Johannes keine Gelegenheit, mit Jesuszusammenzukommen, und darum bentzte er den Vorsabbat, um zu Jesus zu

    eilen.Warum kommst du zu Mir", sprach Jesus, du weit doch, da deine Mutter esnicht mag."Jesus, ich mu mit Dir sprechen, mein ganzes Wesen drngt zu Dir; darum lamich bei Dir sein und den Sabbat mit Dir verleben."Johannes, Ich schicke dich nicht fort, aber Ich wei, da du enttuscht seinwirst, und so magst du immerhin bei Mir verbleiben."Schon in der ersten Morgenfrhe verlieen beide das Haus und wanderten weitnach dem Gebirge. Zuerst war die Unterhaltung rege, dann aber sagte Jesus:

    Johannes, wir wollen schweigen, damit wir uns erproben und erforschenknnen; sonst ist der Zweck verfehlt, den Ich mit dieser Sabbatfeier verbinde.Ich habe dich aufmerksam gemacht, da du eine Enttuschung erleben wirst,

    09.04.2011 Seite 14 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    15/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    und es geht nicht, da Ich, um deine Schwche zu untersttzen, Mein Vorhabenversume."Johannes schwieg nun und beschlo, sich ganz in Jesu Leben hineinzuversetzen.Nach lngerem Schweigen wurde es auch in ihm lebendiger. Doch hatte er keine

    Ahnung, was dieses Leben in ihm zu bedeuten habe, und dachte berVerschiedenes nach. Inzwischen waren beide am Ziel angekommen. Johanneswute nicht, wo sie sich eigentlich befanden, denn durch das Nachdenken hatteer wenig auf den Weg acht gegeben. Sie waren auf einem ziemlich hohen Bergangelangt, der schne Aussicht bot, und hier sagte Jesus: Johannes, hier werdenwir bleiben, bis sich die Sonne neigt, achte auf alles in und auer dir!"Jesus setzte sich in einer Lichtung nieder und blieb ruhig, Johannes aberbeobachtete Jesus. Merkwrdig, dachte er, mir sagt er, ich solle alles in mir undum mich beobachten, Er dagegen schliet die Augen und nimmt keinerlei Notizvon allem; das ist komisch.

    Nach einer lngeren Zeit begann sich Johannes zu langweilen, eine bleierneMdigkeit berkam ihn. Er versuchte auch nicht, dagegen anzukmpfen,sondern schlief ein. Er mute lange geschlafen haben, denn die Sonne standschon hoch am Himmel, als er erwachte.Er mute sich erst besinnen, wo er eigentlich war, denn er hatte einen lebhaftenTraum getrumt, dessen Sinn er nicht begriff. Er suchte nach Jesus, fand Ihnaber nicht; erst als er einige Schritte nach rechts und auch ' nach links gegangenwar, sah er Ihn sitzen, aber wieder in schlafender Stellung.Soll ich Ihn aufwecken, berlegte er. Eine sonderbare Sabbatfeier:stundenlang laufen wir, um dann auf dem Berge zu schlafen, stimmt denn das?Ich mu Ihn doch darber befragen. Da kam wieder das Traumgesicht.Merkwrdig, da man auch mit offenen Augen trumen kann, mute er denken,nein, so etwas habe ich noch nicht erlebt, wenn es so fort geht, wird mir derSabbat wirklich zu einem Rtsel. Er setzte sich wieder nieder und lehnte sich aneinen Baum und wieder erlebte er den Traum.Wie von ungefhr schlo er die Augen. Der Traum wirkte diesmal vielnatrlicher, er konnte dazu denken. Aber jedesmal, wenn eigene Gedanken ausihm kamen, fing der Traum oder das Bild von vorn an. Nun war aller Schlaf vonihm gewichen.

    Mit geschlossenen Augen sieht er eine groe Veranda, auf Sulen ruhend, imHintergrund einen greren Garten mit einem Teich, auf dem allerhand Tieresich tummeln. Links davon steht ein Huschen und vor diesem ein Mensch.Nach den wei an Haaren zu schlieen, mu der Mann sehr alt sein;er hat einen Korb am Arm hngen und geht in den Garten. Er schneidet Blumen,aber nur eine bestimmte Auswahl scheint er zu schneiden, denn nicht jedeBlume nimmt er. Nun erlebt Johannes, wie der Mann mit seinen Blumen spricht,kann aber davon kein Wort verstehen. Nun ist das Krbchen voll, und der Manngeht an den Teich und winkt einem Schwan heran. Anmutig kommt das Tiergeschwommen, der Mann hebt das Krbchen dem Tier in den Schnabel, unddann schwimmt es weiter. Mit gespannten Blicken folgt Johannes dem Tier.Am Ufer, nach der Veranda zu, kommt ein kleiner, vielleicht zwlfjhrigerJunge und nimmt den Korb in Empfang. Nun siebter, wieder Junge in der

    09.04.2011 Seite 15 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    16/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Veranda, in der ganz hinten ein kleiner Altar steht, ein Gef nimmt und dieBlumen hineingibt und es dann wieder auf den Altar stellt. Der Junge geht einpaar Schritte zurck, als wollte er sehen, ob das Gef seinen richtigen Platz hat,dann verneigt er sich und ist verschwunden. Mit den Augen sucht Johannes den

    Jungen; er ist weg, einfach in der Veranda verschwunden.Da geht sein Blick wieder hin zu dem Altar; da ist aus den Blumen einriesengroer Kelch geworden, in dem goldgelber Wein funkelt. Dieses Funkelnwird durch einen Sonnenstrahl hervorgerufen. Jetzt aber wechselt der Wein dieFarbe und wird rot, blutrot; und zwar durch ein Licht, das eine aufgehendeSonne ist. Der gefllte Kelch strahlt nun rotes Licht aus. Das Strahlen wirdimmer mchtiger, und die ganze Umgebung ist in ein krftiges Rot eingehllt.Und immer weiter und heller wird das Leuchten, und aus dem leuchtendenKelch tritt ein neues, weies Licht, erst wie ein kleiner Stern, dann aber immergrer werdend. Auf einmal ist der Stern berlebensgro, und ein Mensch in

    einem strahlenden Gewand tritt aus diesem Lichtstern und nimmt den nochblutigrot leuchtenden Kelch, trinkt den Inhalt und wird im Nu zu einer Leuchte.Johannes mchte diesem leuchtenden Menschen entgegengehen, aber dieserspricht:Ich bin das Licht der Welt, wachse und reife, damit auch du zu einem Leuchterwirst und zu einem Abglanz dieses Lichtes, das keine Schatten wirft!"Bei diesen Worten verschwand das Gesicht und Johannes dachte: gibt es dennein Licht, das keine Schatten wirft? Dies ist mir ein Rtsel, es mte denn dasLicht von allen Seiten auf mich eindringen. Er blickte auf Jesus, der ihn nun mitoffenen Augen ansah und ihm zunickte; da ging er auf Ihn zu und sprach:Jesus, gibt es ein Licht, das keine Schatten wirft?"Gewi ist, Johannes, da Gott Licht ist, und da Licht aus Gott nicht Schattenwerfen kann, mtest du wissen, weil dieses Licht alles durchdringt. DiesesLicht aber kann nur von jenen gesehen werden, die das Licht aus Gottaufgenommen haben, und ist gleichbedeutend mit Weisheit aus der Urweisheit.Urlicht oder Urweisheit verbunden mit Urkraft sind die Elemente, aus denenalles, was ist, geschaffen und erhalten wird. Im Materiellen ist es gebunden, imSeelischen ist es zu empfinden und im Geistigen frei wirkend."Mein Jesus, das verstehe wer kann, ich nicht; eben habe ich ein Gesicht gehabt,

    das ist mir genau so schleierhaft wie Deine Erklrung."Johannes, forsche nicht vor der Zeit nach Dingen, fr die eine Reife da seinmu. Noch viele Gesichte wirst du erleben, aber den Schlssel zu ihremVerstndnis wirst du in dir selbst finden. Vor allen Dingen verstehe, da sich indeiner inneren Welt erst noch vieles klren mu und darum lehne dich im Geistean Mich an, damit du von Meinem Geiste berhrt wirst Suche Mich zu verstehenund dich in Mein Leben und Mein Wollen hineinzuleben, und du wirst reifen inder Gnade Gottes und frei werden von noch so vielen falschen Begriffen."Jesus, das vermag ich noch nicht zu fassen, aber ich glaube Dir. Ich liebe Dichwie einen Bruder und brauche Dich ntiger, als Du denkst."Johannes, Ich wei um alles, und so versichere Ich dir: Ich liebe dich ebensound setze auf deine Liebe das grte Vertrauen. Nur um eines bitte Ich dich:

    09.04.2011 Seite 16 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    17/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    hnge dich nicht zu sehr an Meine Person, sondern erfasse den Geist, um denIch ringe: den Geist des Lichtes und des Lebens aus Gott!"Siehst Du, Jesus, jetzt verstehe ich Dich schon nicht mehr; bist denn Du alsPerson und Dein Dich belebender Geist nicht ein und dasselbe?"

    Nein, noch nicht, eben um das ringe Ich, damit in Mir sich alles eine und derGeist alles Lebens aus Gott zum Fhrenden und Handelnden in Mir wird."Als zur Nacht Johannes mde und hungrig nach Hause kam, konnte seineMutter nicht schweigen und machte ihm Vorwrfe. Johannes aber sagte:Mutter, was ich erlebt habe, ist gro gewesen; leider habe ich noch nicht dasVerstndnis, es zu wrdigen; jedenfalls kann mir das kein Priester offenbaren,was mir heute Gott geschenkt hat. Heute habe ich das Bedrfnis zu ruhen, abermorgen werde ich euch alles schildern." Man verstand nun auch Johannes nichtmehr.

    07. Hilfe fr die vom Sturm GeschdigtenAn einem Tag kam Jonathan zu Zebedus und sagte: Bruder im Herrn, ich habeeine groe Bitte, und zwar handelt es sich um die Zimmerleute. Wie ihr wit,sind sie bereit, den Geschdigten ihre Schden auszubessern, aber es fehlenihnen die Mittel und das Holz. Was ist zu tun?"Ja, Bruder, wir mssen ihnen helfen. Kann nicht Jesus einen Rat geben? Aufdiesem jungen Menschen ruht mein Wohlgefallen. Welch eine Klarheit inSeinen Anordnungen, die Er Seinen lteren Brdern gab, und wie sich allesfgte. Gerade Jesus verdanke ich, da ich an dem verhngnisvollen Abend nicht

    zum Fischen fuhr und dadurch vor grerem Schaden bewahrt worden bin."Wenn dem so ist, werde ich mit Jesus reden; wrdest du mir dabei behilflichsein?"Nun gut, da erbrigt sich nun alle weitere Errterung, gehen wir einmal an dieNazarener heran."Zebedus nahm sein Boot, ebenso Johannes, und so fuhren sie hinaus, und da siewenig gefangen hatten, steuerten sie nach der Htte Jonathans, wo die dreitchtig geschafft hatten. Johannes war berglcklich, weil sein Vater zuJonathan gehen wollte.Es traf sich gut: Jonathan und Zebedus kamen gerade zu der Zeit an, da die drei

    Feierabend gemacht hatten. Zebedus betrachtete die geleistete Arbeit mitKennerblicken und zollte offen sein Lob. Da sagte Jesus: Zebedus, du bistdoch nicht gekommen, um uns zu loben; was hast du auf dem Herzen?"Sagte Zebedus: Mein lieber Jesus, die Not der anderen ist unsere Sorge, undwir htten euch einmal gern um Rat gefragt, wie ihr abzuhelfen sei."Joel sprach: Brder, wir mchten heim, denn wir werden erwartet; aber Jesusmeint, wir mten helfen, aber wie?"Ja, das Wie ist eben unser Anliegen."Sprach Jesus: Brder, ich wte einen Weg; ob er aber eure Zustimmung

    findet, ist fraglich, und ohne eure Zustimmung ist es nicht zu machen, und zwarhandelt es sich um das ntige Holz. Diese Wlder gehren einem Heiden, einemGriechen. Dieser wrde euch das Holz um einen geringen Preis ablassen, wennihr ihm eine Gegenleistung bieten wolltet."

    09.04.2011 Seite 17 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    18/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Warum nicht", sprach Zebedus, um was handelt es sich?"Um nichts anderes, als da ihr ihm Holz schlaget zu einem Schaf- undSchweinestall und es ihm auf euren Schiffen zu seinem Ladeplatz bringt."Das wird nicht gut gehen", meinte Jonathan, fr Schweinestlle gibt der

    Priester keine Erlaubnis."Sprach Jesus: Brder, wenn ihr euch auf euren Priester sttzt, so mag auch derPriester Sorge tragen, da diese Not beseitigt wird. Ich wei aber, da umanderer Not willen eure Priester keinen Finger krumm machen.Ich meine: entscheidet ans euch und fraget eure Priester nicht, und Ichversichere euch: das Bauholz bekommt ihr umsonst und auch einen Lohn, denwir fordern."Zebedus sagte: Jonathan, das knnen wir auf uns nehmen, und die anderenhaben nicht danach zu fragen, wozu das Holz geschlagen und wohin es befrdertwerden soll; ich nehme alles auf mich, da ich den Brdern, vor allem Jesus, sehr

    viel zu danken habe."Jesus fragte: Was wird aber dein Weib dazu sagen?"Es wird nicht so einfach sein, aber die Not ist gebieterisch und da mugehandelt werden."Gut, mein Bruder, aber wenn dein Weib erfhrt, da Ich den Schweinestallbaue, was wird sie dann sagen?"O Jesus, Du meines alten Freundes Josephs Sohn, das wird einen gewaltigenAufruhr geben. Trotzdem werden wir Deinen Rat befolgen, und Johannes magmorgen zu dem Griechen fahren und ihn zu mir oder zu euch bestellen."Gut, ihr Brder, Ich habe es nacht anders erwartet; auf Meine Brder kann IchMich verlassen, denn wir sind nicht in Nazareth, und die Priester frchte Ichnicht."Johannes war auer sich. Wie konnte Jesus nur so leichtsinnig sein und ber dieKpfe der Priester weg handeln; aber Zebedus befahl, den Griechen zubestellen.Der Grieche, der als ein finsterer Heide, aber auch als ein Wohltter der Armenbekannt war, hatte rechte Freude, als Johannes mit der Botschaft kam, er sollerecht bald seinen Vater oder Jonathan besuchen, es handle sich um das Bauholz.Johannes wurde gut bewirtet und noch um so manches befragt, dann kehrte er

    heim.Am andern Tage schon kam der Grieche zu Zebedus. Sie waren alte Bekannte.Zebedus sagte: Freund, komm mit zu Jonathan; dort sind die drei Handwerker,da lt sich alles rasch erledigen."So kam es auch, denn Jesus ging auf alle Wnsche des Griechen ein, ja Er gingnoch weiter: auch seine Fischksten wolle Er ihm bauen. Da versprach derGrieche: Mein junger Freund, wenn ihr alles so nach meinen Wnschenvollbringt, dann zahle ich nicht nur die Arbeiten bei mir, sondern alles, was inden Fischerhtten auszubessern ist. Holz lasse ich gengend schlagen, und euchnehme ich die ganze Zeit in Kost und Wohnung."Sprach Jesus: Lieber Freund, Meine Brder mgen die Schden bei denFischern ausbessern, und Ich richte dir alles nach deinen Wnschen. Ich bedarfnur einiger deiner Leute, die Mir zur Hand gehen."

    09.04.2011 Seite 18 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    19/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Sagte Jonathan: Jesus, weit Du auch, was Du willst? Die Arbeiten willst Duallein machen, nur mit Hilfe einiger Leute? Mir ist das zwar recht und lieb,schon um der Templer willen."Jonathan, kein Templer wird etwas erfahren, wenn ihr schweigen knnt, und

    um der Geschdigten willen knnt ihr das Opfer bringen. Sorget euch ja nichtum Mich, denn Ich wei, was Ich will"So ging nun Jesus mit dem Griechen, da schon anderntags mit demHolzschlagen angefangen werden sollte, und die 'beiden Fischer versprachen, inGemeinschaft mit jenen, denen geholfen werden sollte, das Holz nach seinemLadeplatz zu bringen.Einen vollen Monat blieb Jesus bei dem Griechen. Inzwischen hatten Joel undJakob die Schden beseitigt, neue Fischksten hergerichtet, und am Vorsabbatwar soweit alles fertig.Der Grieche selbst brachte Jesus zu Jonathan und seinen Brdern und verlangte

    von Joel die Rechnung. Joel war befangen, er wagte nicht, auch nur einigeGroschen zu fordern. Da sagte der Grieche: Ich sehe, du hast keinen Mut, mirdie Rechnung zu machen, aber von der Liebe allein kann der Mensch auch nichtleben. Jesus hat mir in einer Weise geholfen und mir auerdem Dinge offenbart,die berhaupt nicht mit Gold und Silber aufzuwiegen sind. Darum gebe ich euch100 Groschen auf die Reise, und diese Tasche bergebt eurem alten VaterJoseph zu seiner eigenen Verwendung. Der Inhalt sind ein Pfund Gold und dreiPfund Silber. Wenn ihr noch irgendwelche Wnsche habt, so teilet sie mir mit,damit ich sie erfllen kann."Joel, betroffen von der Hhe der Summe, wehrte ab. Aber der Grieche sagte:Freunde, sagt kein Wort und schweiget vor jedermann. Durch Jesu Hilfe binich ein anderer Mensch geworden. Freilich, ein Jude werde ich nach auen nichtwerden. Innerlich bin ich lngst einer; aber warum soll ich den Priestern Opfergeben, wo ich von der grten Armut umgeben bin? Alle Fischer lieben undachten mich, nur die Priester nicht, und das schlichte Danken einer armenFischersfrau ist mir ein Himmelsgeschenk, und dies gengt mir."Sprach Jakobus: Freund, da es dein Wunsch ist, werden wir schweigen, aberfragen mchte ich dich: ist alles nach deinen Wnschen gegangen? Die altenFischer waren so erfreut, da ihnen keine Arbeit zu viel war, um das viele Holz

    zu befrdern, und es ging ohne jeden Unfall ab."Jakobus, ich bin restlos glcklich, nicht nur meine Wnsche, die ich uerte,sondern auch die, die ich geheim in mir trug, sind erfllt worden. Was wrdeich darum geben, wenn Jesus fr immer zu mir kme!"Jesus hatte inzwischen mit Simon Juda und dessen Mutter noch so manchesbesprochen, da kamen noch Zebedus und seine beiden Shne Jakobus undJohannes. Johannes war ganz beglckt, seinen Jesus wieder zu sprechen. Erhatte allerhand zu fragen. Jesus aber umarmte ihn und sagte: Johannes, fragenicht, denn du wirst in dir alles beantwortet finden; be dich nur weiter darin,dich in deinem Innern umzusehen, und in kurzer Zeit wirst du Mich besserverstehen lernen. Aber dies eine kann Ich dir sagen: schweige auch du berdeine inneren Erlebnisse und wisse, da der Herr und ewige Gott jedemMenschen die Hand zur Hilfe ausstreckt. Mchtest du morgen gern mit Mir

    09.04.2011 Seite 19 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    20/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    wieder Zusammensein, dann komme in der Frhe an den Ladeplatz desGriechen."Zu dem Heiden willst Du gehen? 0 Jesus, da kann ich Dich nicht begleiten,denn wenn die Mutter fragt, wo ich hingehe, kann ich nicht lgen."

    Du sollest auch nicht lgen. Du kommst zu Mir, und alles andere berlasseMir!"Schon frhzeitig war Johannes an dem Ladeplatz. Jesus hatte ihn erwartet undsagte nach der Begrung zu ihm: Johannes, rgere dich nicht ber Mich, wirbleiben heute bei dem Griechen. Heute wird es noch ein schweres Gewitter undviel Sturm geben; so lange werden wir bei ihm im Hause bleiben. Dann gehenwir auf eine Anhhe und werden unseren Sabbat in Ruhe verleben."Im Hause des Griechen ging es auch ruhig zu; dessen Gesinde hielt Sabbatruhe.Der Grieche erzhlte, wie er in 'seinem Leben Gott erlebt hatte.Johannes lauschte, eigenartig berhrten ihn die Erzhlungen des weitgereisten

    Mannes. Hier kam ihm einmal ein erfahrener Mensch entgegen, der sich mitjedem Priester messen konnte. Auch als das Gewitter anfing, alle Herzenunruhig zu machen, blieb der Grieche ganz ruhig. Als er aber Jesus fragte, obauch bei diesem Sturm Schden entstehen wrden, gab ihm Jesus die Antwort:Heute brauchst du dich nicht zu bemhen, keinem wird etwas geschehen;bleibe weiterhin ruhig!"Dann schaute Johannes auf 'beide und dachte: Der Grieche ist mit Jesus imvollen Einverstndnis, whrend ich mir immer allerhand Gedanken mache.Die Sonne schien wieder, und bald war strahlend helles Wetter; da sagte Jesus:Nun werden wir auf die Anhhe gehen und dort, bis sich die Sonne neigt,bleiben."Da lie der Grieche die beiden allein, und Johannes fragte: Hast Du demGriechen das Mitkommen untersagt?"Nein, Johannes, er wei, da Ich den Sabbat ber allein sein will, und so bringter Mir dieses Opfer; wir werden aber trotzdem heute noch einige Worte mit ihmwechseln."An diesem Nachmittag erlebte Johannes nichts, doch Jesus weihte ihn ein inSeine Sendung, die Johannes freilich nicht recht fassen konnte.Der Grieche brachte es aber nicht fertig, in seinem Hause zu bleiben, er suchte

    und fand auch die beiden. Als Jesus ihn bemerkte, winkte Er ihm zu, und ohneein Wort zu sagen setzte sich der Grieche zu ihnen.Jesus gab nun ein herrliches Bild von dem Vater, den Er in sich fhlte, und baldwaren beide so ergriffen, da sie Zeit und Stunde vergaen. Jesus aber mahnteschlielich zum Aufbruch; am Ladeplatz nahm Er von dem Griechen Abschiedund bat ihn nochmals, er solle ber alles schweigen, im Geiste werde er allesmiterleben.Lange sahen sich beide an, dann bestiegen sie das Boot, und lange noch winkteihnen der Grieche nach. Ein guter Wind trieb das Boot, und in kurzer Zeit warensie bei Jonathan.Johannes nahm innigen Abschied von Jesus, mehrmals kte er Ihn, und dannfuhr er mit gutem Wind nach seinem Elternhause.

    09.04.2011 Seite 20 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    21/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Diesmal sagte Salome nichts zu ihrem Sohn, aber Jakob fragte: Wo warst duheute?"Bei Jesus, Jakob, heute habe ich viel von Ihm erfahren. Ich soll aberschweigen, und darum bitte ich dich: dringe nicht in mich; jetzt habe ich von

    Jesus ein anderes Bild bekommen."Nun kam eine lange Wartezeit, ehe Johannes wieder mit Jesus zusammentraf.Die erste Zeit bte er sich in der Verinnerlichung, spter aber verblate dasErlebte, und ber ihn kam eine steigende Unruhe. Von Jesus erfuhr er so gut wienichts, nur manchmal, so es sich schickte, unterhielt er sich mit dem altenGriechen. Dies war jedesmal eine Auffrischung seines mit innerer Unruheerfllten Wesens. Einmal lud der Grieche ihn ein, zu ihm auf seine Besitzung zukommen, und Zebedus bewilligte diesen Besuch.Dort fuhren sie hinaus auf das Vorwerk, und nun sah Johannes den Schaf- undSchweinestall, den Jesus erbaut hatte. Ja", sagte der Grieche, das ist das Werk

    des jungen Jesus. Kannst du dir vorstellen, da Er mit vier Leuten ihn in dreiWochen fertig brachte? Ich nicht, denn Er bat mich, ferne zu bleiben, bis erfertig damit sei."Das hat Jesus erbaut? Das ist ja fast ein Wunder zu nennen fr diese kurzeZeit."Ja, noch mehr: auch diese Wohnhuser sind Sein Werk, das heit, alte standenda, und neue sind es geworden. Wir wollen einmal hineingehen."Da staunte Johannes und sagte: Nun verstehe ich Ihn immer besser, aber ichbin trotzdem voll der grten Unruhe."Wieso, junger Freund, vor dir liegt ja noch ein langes Leben; ich aber bin rechtmde geworden. Mchtest du nicht hier bei mir bleiben? Meine Shne besitzenmein Wanderblut und sind tchtige Kaufleute geworden."Ich mu ablehnen", erwiderte Johannes, denn ich bin und bleibe ein Fischerund helfe meinem Vater nach bestem Wollen und Knnen."Schade, mein Sohn, auch Jesus hat mir meinen Wunsch abgeschlagen; nunmu ich eben ein Einsamer bleiben, da mich leider fast niemand kennt und auchnicht versteht."

    08. Aussprache zwischen Jesus und Johannes

    Zebedus fuhr mit seinen 'Shnen mit einem groen Boot nach Tiberias imAuftrage des alten Griechen. Diese Fahrt brachte dem Zebedus einen grerenGewinn, und die Freundschaft mit dem Griechen wurde immer inniger. Johannesbat seinen Vater um Urlaub nach Nazareth, aber Zebedus wollte nicht so langebleiben, da es ihn wieder nach Hause trieb. Johannes war enttuscht, doch amAbend, als sie in der Herberge beim Abendmahl saen, kam Joseph mit seinenShnen, um dort Quartier zu nehmen. Johannes war berglcklich. Endlich,endlich, mein lieber Jesus, kann ich Dich wieder einmal sehen und Dir in Deinetreuen Augen schauen. Du hast mir sehr gefehlt."

    Johannes, hast du vergessen, da wir uns nie mehr trennen knnen? Lebt in dirnicht die Gewiheit, da Ich von keinem verloren werden kann, der Mich innigliebt und in sich Meinen Geist und Mein Wesen aufnimmt? Mein Johannes,deine Liebe in Ehren, aber sie ist eine schwrmerische Liebe und will nur

    09.04.2011 Seite 21 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    22/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Erfllung in ihrer Sehnsucht. Ich aber brauche Brder, die Meines GeistesWehen erfassen und verstehen, denn was Ich will, sollen auch die wollen, diemit Mir eins werden wollen. Warum, Johannes, hast du das Leben wiederverflachen lassen, das in der Verbindung mit Mir aufzuleben begann; es hat Mir

    bergroen Schmerz .bereitet. All deine Sehnsucht, mit Mir zusammen zu sein,brauchte nicht zu sein, denn Groes durftest du mit Mir erleben, und MeineWerke, die du bei dem alten Griechen schauen konntest, muten dir sagen, dain Mir mehr lebt als in den Menschen sonst. Darum, Mein Johannes, merke dirgut, was Ich dir sage; denn in Meinem Geist werden dir auch Offenbarungenkommen, die dich in das Leben der Liebe .und Weisheit rhren werden."Jesus, mein Jesus, wenn ich Dich nur so recht verstehen knnte, den Willenhabe ich ja, und unser Verhltnis ist doch ein beraus herzliches."Ja, Johannes, aber nicht ein herzliches Verhltnis ersehne ich, sondern eininnerliches."

    Jesus, wie soll ich das wieder verstehen, ist meine Sehnsucht nach Dir dennnicht eine innerliche?"Noch nicht, mein Johannes. Sehnsucht ist ein Verlangen nach Erfllung und istder Beweis, da du Mich innerlich noch nicht erkannt hast und Meinem Geistnoch ferne bist. In der Sehnsucht nach Mir bist du ein Verlangender, in MeinemGeiste aber ein Gebender. In der Sehnsucht bekundest du noch Schwche,whrend die, die Meinen Geist aufnehmen, schon zu den Starken zu rechnensind."Jesus, Du wunderbares Wesen von Fleisch und Blut, ich ahne Groes in Dirund glaube, Dich auch etwas verstehen zu knnen, aber Dein Menschlichesmacht mich immer wieder irre."Johannes, hast du doch zur Genge von den ltesten und auch Priesternvernommen, was Moses und die Propheten geweissagt haben. Ist da von einemMenschen, der sich von seinem Menschlichen leiten lassen wird, oder voneinem Menschen, der voll des Gottesgeistes ist, die Rede?"Du hast recht, Jesus, dieser kommende Mensch soll mit allem Gttlichen erflltwerden, weil Er den Sieg ber allen Tod und alles Gericht bringen soll."Ganz recht, Johannes, nun versetze dich in den Kommenden und mit SehnsuchtErwarteten; deine innere Erkenntnis und dein innerer Geist werden dem

    Kommenden Herz und Tre ffnen, und in dir wird die Sehnsucht zum Lebenund das Leben zur Liebe, und die Liebe eint dich .mit dem so hei Ersehnten.Und dieses alles sind innerliche Vorgnge, um die du dich selbst gebracht hastdurch deine eigene Lauheit und deine dir noch so sehr anhaftende Schwche.Versuche es nur wieder und la dich nicht abschrecken, wenn du Dinge in direrlebst, die dir nicht gefallen."Wenn du es willst, mein Jesus, so werde ich es wieder tun, und ich sehe auchein, da Du innerlich ein ganz Groer bist. Wie kommt es aber, da mich diesesalles nicht befriedigt hat und ich nur in der Verbindung mit Dir volle Erfllungfinde? Es vergeht doch kein Tag, wo ich nicht Deiner gedenke, und kein Abend,wo ich mich nicht mit Plnen abgebe, wie ich Dich treffen und mit Dirzusammen sein knnte."

    09.04.2011 Seite 22 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    23/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Siehe, Johannes, das ist eben der groe Umweg; erfasse Mich mit ganzemHerzen und ganzem Gemte und stoe dich an nichts Menschlichem bei Mirund deinen lieben Nchsten, und du bist auf dem Wege, auf den Ich dich weise.Ich knnte dich mit groer Kraft und Weisheit erfllen; was wre dir aber damit

    gedient? Alles wre Mein Werk, und Meinem Herzen wrdest du immerfremder werden, die gttlichen Gnadengter wrden dir zu einem Gericht unddeinen Brdern zu einem Richter. 0 nein, Mein Johannes, du bist der Liebegeweiht, in Liebe sollst du aus dir erstehen; Leben sollst du durch die Liebeoffenbaren, das nur denen gegeben ist, die Mich erkannt und Meinen Geistaufgenommen haben."Jesus, Jesus, so hast Du noch nie zu mir gesprochen; ich sehe ein: mit meinerSehnsucht nach Dir kommen wir uns nicht nher, aber da ich Dich nie mehrlassen kann, will ich Deinen Worten folgen und tun, wie Du es mich auf demBerge geheien hast."

    Tue es, Mein Johannes, und nun la uns das Lager aufsuchen." Jesus, ichwerde noch nicht schlafen knnen, denn Deine Worte werden in mir wie einAckerpflug alles aufwhlen, la uns noch eine Stunde zusammen sein."Gut, Mein Johannes, aber la uns kein Wort mehr sprechen. Mag das Leben zuuns reden, das unserer Liebe entkeimt, und wir werden beide dabei mehrgewinnen."Johannes lehnte sich an Jesus an und sagte kein Wort. In ihm aber formte sichLeben ber Leben, und Bilder zogen schnell vor seinem geistigen Auge vorber,groe Landschaften mit Menschen und Tieren kndeten ihm ein neues Leben. Jelnger er alles Denken ausschaltete, desto mehr offenbarte sich in ihm ein ihmnoch unbekanntes Leben, und so ergriff er die Hnde Jesu, drckte sie an seinHerz. In diesem Augenblick waren alle Bilder verschwunden. Jesus sagte:Johannes, nun wollen wir Abschied nehmen; was wir beide heute Nachtbegonnen haben, wollen wir am Tage vollenden. Ganz in der Frhe gehen wir anunsere Arbeit, und dein Vater mu nach Hause fahren. Bleibe dir und auch Mirtreu und mache dir Mein Leben zu eigen!" Ohne Zwischenflle kam Zebedusmit seinen Shnen wieder nach Hause zurck.09. Die Vernderung des Johannes

    Johannes wurde von da ab ein anderer. War er frher ein Mensch, der denMenschen gerne aus dem Wege ging, so war er jetzt nach Meinung seinerMutter viel zu lebhaft. Er unternahm ganz allein Ausflge am Sabbat und an denFeiertagen und sagte niemand, wo er gewesen war. Am liebsten ging er zu demalten Griechen; dort konnte er seinem Herzen so recht Luft machen. Es war aneinem Vorsabbat, ihn drngte es zu dem alten Griechen mit einer Macht, die erbisher nicht kannte. Darum sagte er zu seinem Vater: Vater, erlaube mir, daich zu unserem Freunde, dem alten Griechen, fahre. Mir ist es, als wenn er michbraucht und unablssig ruft." Johannes, es ist Vorsabbat, und wenn du morgen

    wieder nicht in der Synagoge bist, hast du Unannehmlichkeiten." Vater, das istgleich, was soll ich dort? Ich finde keine Befriedigung mehr in der Synagoge,und alles Reden der Priester ist fr mich leeres Geplapper." Johannes, ichverbiete dir solche Worte! Lasse sie ja nie mehr hren, denn du fgtest nicht nur

    09.04.2011 Seite 23 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    24/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    dir, sondern auch uns groen Schaden zu!" Ja, Vater, ich werde mich bemhen,dies nicht mehr laut werden zu lassen, aber ich bitte dich: gib mir die Erlaubnis,da ich gleich jetzt im Segelboot fahren kann!" Nun gut, tue nach deiner Liebe,und wenn der Wind ungnstig ist, kommst du wieder nach Hause."

    10. Krankheit und Tod des GriechenDer Wind war gnstig, es war, als wenn unsichtbare Mchte Johannesbeistnden, denn auch am Landeplatz waren Knechte des Griechen, die seinBoot bernahmen und zu ihm sagten: Der Herr erwartet dich schon den ganzenTag." Mit schnellen Schritten eilte darauf Johannes in die Wohnung desGriechen und wurde sofort in dessen Gemach gefhrt. Der Grieche lag aufeinem Ruhebett, das der Sonne zugewendet war.Ich wute, da du kommen wirst, und so sei mir tausendmal willkommen;leider bin ich heftig erkrankt, und ich fhle die letzte Stunde meines Lebens

    kommen. Johannes, ich habe niemand als dich, den ich als berbringer meinesletzten Willens an meine Shne verwenden knnte, und darum bitte ich dich:bleibe so lange bei mir, bis ich eingegangen bin in das Leben des heiligenGottes!" Der alte Grieche fhlte sich matt, und das Beten fiel ihm schwer. Nacheiner Weile brachte er ein Paket unter seinem Lager hervor, bergab es demerstaunten Johannes und sagte: Johannes, dieses gibst du meinem SohnHermes, keinem anderen sonst; dieser wird seinen Brdern und Schwestern allesoffenbaren, was auf diese Pergamente geschrieben ist. Nun ist mir wohler, weilich wei, da du, mein Sohn, meinen Wunsch erfllen wirst, und sollte es Jahre

    dauern. Dann bergilb dieses Schreiben deinem Vater, wenn ich nicht mehr sein werde:es enthlt die Bitte, da er mein Besitztum verwalten mge und meine Knechtedir und deinem Vater so dienen sollen, wie sie mir dienten."Johannes konnte nicht reden, die Kehle war ihm wie zugeschnrt; endlich sagteer: Mein Vater, ich danke dir fr dein Vertrauen, aber wie kommen wir dazu,dein Vermchtnis zu erfllen?"Jesus will es, mein Sohn, Jesus, der mir alles geworden ist und dessen Wortich in mir vernehmen konnte. Er spricht auch jetzt: Frchte dich nicht, alle Wegesind geebnet, und gre Meinen Johannes. Bald werden wir wieder beisammen

    sein."Lieber Vater, rede nicht zu viel; ich sehe, da dir dies Schmerzen macht."Mein Sohn, sei unbesorgt, ich gehe gern zu meinen Vtern; aber nun la michetwas ruhen, ich bin sehr mde geworden."Johannes ging aus dem Gemach und verbarg das Paket, das er empfangen hatte;dann sagte er zu einer Magd, die in der Kche hantierte: Wenn der Herr rufensollte, ich bleibe in der Nhe."Steht es so schlimm mit dem Herrn?" fragte die Magd. Sollen wir den Priesterrufen?"

    Nein, dessen bedarf der Herr nicht, ich habe jedenfalls keine Anweisungbekommen."Eine dreiviertel Stunde schlief der Kranke, dann rief die Magd den wartendenJohannes.

    09.04.2011 Seite 24 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    25/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Eine ruhige Nacht verlebte der Kranke noch. Johannes wich nicht von seinemLager. Es war ihm nicht, als sei er bei einem Sterbenden, sondern als befnde ersich in einem Tempel. Ganz in der Frhe wurde Johannes aus seinem leichtenSchlummer geweckt durch Reden des Kranken. Dieser schien sich mit jemand

    zu unterhalten, denn meistens waren es Fragen, die er stellte. Nun wurde erlebhaft. Er sagte: Jesus, nun .bist auch Du gekommen und machst mir dasScheiden zu einer Freude. 0 wie Deine Augen leuchten, und Deine Hndesegnen mich und alle die anderen, die noch gekommen sind. Mein Jesus, meinJesus, nimm mich auf in Dein Reich, das Du allen bereiten wirst. Dort will ichganz Dein Diener sein."Der Kranke wurde daraufhin ruhig und war bald wieder eingeschlummert.Johannes bewachte seinen Schlaf. Schwei stand auf der Stirne des Kranken.Mit einem Tuch wischte ihn Johannes ab, ohne da der Kranke erwachte. Nacheiner Viertelstunde hrte er ihm sagen: O Jesus, wie bist Du schn!" Dann

    wurde der Atem schwcher, und nach einer Viertelstunde war der Grieche stillund ohne Schmerzen verschieden.Johannes rief alle Knechte und Mgde im Haus zusammen und machte ihnenden Tod ihres Herrn bekannt.Einer der ltesten Knechte sagte: Junger Freund meines Herrn, mir ist der Willemeines Herrn bekannt: wir wollen dir so gehorsam sein, wie wir unserem Herrngehorsam waren. Verrge ber uns, wir kennen dich alle und freuen uns, dirdienen zu drfen."Dann berbringe sofort dieses Schreiben meinem Vater, wir anderen aberwollen zur Beisetzung alles herrichten."Am anderen Tage kam Zebedus, und nun hatte Johannes Gelegenheit, seinenVater zu bewundern. In welcher Ruhe und Ordnung wurde von ihm allesgeregelt. Johannes verblieb in der Behausung des Griechen, nahm aber dafreinen Knecht fr Zebedus. Ein volles Jahr verbrachte er in dieser Ttigkeit,dann kam Hermes, der lteste Sohn und Erbe des heimgegangenen Griechen.Zwischen Hermes und Johannes entspann sich nach und nach einfreundschaftliches Verhltnis. Trotzdem kehrte Johannes wieder in dasElternhaus zurck. Aber trotz grter Mhe, die er sich gab, konnte er sich mitseiner Mutter nicht mehr verstehen. Johannes litt unter diesem Verhltnis sehr.

    Alle guten Vorstze und die grten Bemhungen brachten keinen Ausgleichzwischen den beiden; da geschah ein groes Unglck.Zebedus hatte noch einen Knecht, und dieser kehrte von einer Fahrt nicht mehrzurck. In einer Sturmnacht blieb er als einziges Opfer auf dem See. Salomegrollte: Ihr httet besser aufpassen mssen; es ist einfach Pflicht, da einer frden anderen einsteht."Zebedus wieder betonte, da nichts zu seiner Rettung Notwendigesunterblieben sei, und wies den Vorwurf zurck, aber Salome lie sich nichtbelehren und beschuldigte Johannes der Trumerei und Lssigkeit.Das traf Johannes hart. Er wurde schweigsam. In diesen Kmpfen errang erendlich die Ruhe, die ntig war, um das Einflieen des Geistes Gotteswahrzunehmen. Mit groer Freude erfllte ihn nun das Bewutsein, endlich derewigen Wahrheit nher gekommen zu sein, das Bild Jesu wurde immer

    09.04.2011 Seite 25 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    26/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    lieblicher, und die Sehnsucht nach Ihm wurde eine andere. Sie wurde zurHingabe.11. Jesus berwindet Salome

    Unwetter in KapernaumDie Shne Josephs hatten wiederum Arbeit in der Nhe von Bethsaida undwurden von Jonathan gerufen. Namentlich war es dessen Sohn Simon, dergroen Anteil an Jesus nahm, und Johannes wurde von Simon gerufen. DasWiedersehen mit Jesus war unbeschreiblich, und dieser sagte: Johannes,morgen komme Ich zu euch; da es Vorsabbat ist, knnen wir keine Arbeit mehranfangen, und am Sabbat besuchen wir Hermes, deinen Freund." Jesus, dasgibt Unannehmlichkeiten in unserem Hause, Mutter ist bse auf Dich und auchauf mich." Du siehst es nur so, Mein Johannes; lerne deine Mutter verstehen."Als Jesus kam, hatte Salome alle Register gezogen, aber Jesus lie den ganzen

    Sturm ber sich ergehen, dann sagte Er: Mutter Salome, warum sprichst duanders als es in dir lebt? Warum lassest du das Fnkchen Liebe nicht zurFlamme werden? Gewinnst du innerlich, wenn du alles von demGerechtigkeitsstandpunkt aus geregelt sehen willst? Siehe, wenn Jehova dich sobedienen wrde, wie du deine lieben Nchsten und Allernchsten bedienst, wiestndest du dann da? Wrest du eine Unwissende, httest du ein Recht aufBelehrung; aber du weit ja alles besser, da wird wohl Jehova noch zu dir in dieSchule gehen mssen."Da stellte sich Salome Jesus gegenber und sagte: Jesus, was bist Du doch fr

    ein Mensch! Glaubst Du, da auch ich vor Dir zu Kreuze krieche? Ist es nichtgenug, da Du Johannes schon ganz verdreht hast? Morgen geht es 'bestimmtwieder irgend wohin, wo ihr nicht zu kontrollieren seid; was wird denn dazuJehova sagen? Die Sabbate werden gehalten, wie es Dir einfllt, und 'nichtgenug damit: Du verdirbst auch noch Johannes. Dieses hast Du wohl von Jehovagelernt? Schon lngst ist es mein Wunsch, mit Dir mich einmal auszusprechen,denn an Dir ist wahrlich viel versumt worden. Sage mir nur das eine: Warummeidest Du die Priester und die Synagoge?"Salome", erwiderte Jesus, gerade du mtest wissen, da Ich es nicht ntighabe, den Priestern nachzulaufen und ihr Gerede in den Synagogen anzuhren.

    Und wenn du glaubst, an Mir sei viel versumt worden, so kannst du allezeitKluge es ja bei Mir nachholen, damit Ich in deinen Augen nicht mehr soarmselig dastehe. Wenn du nur einmal nachdenken mchtest und nur einmalohne Vorurteil Mir gegenber stehen wrdest; dir wrde manches offenbartwerden."Sie erwiderte: Mich kannst Du nicht mit derartigen Verheiungen kdern, wieDu Johannes gekdert hast; doch da Du einmal da bist, so sage mir: Was hastDu eigentlich vor? Schmen mtest Du Dich! Was hast Du schon in DeinemElternhaus fr Sorgen und Unfrieden gestiftet, und nun Deine Mutter nichts

    mehr mit Dir ausrichten kann, hat sie sich in alles ergeben. Mein Sohn drftestDu nicht sein!"Mutter Salome, du bist erregt, und so werde Ich dir auch keine Antwort gebenals nur die: Meine Zeit ist noch nicht gekommen, und ber Mein Verhalten Mir

    09.04.2011 Seite 26 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    27/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    und allen Menschen gegenber habe Ich nur Mir und Meinem GottRechenschaft abzulegen. Ich mchte den sehen, der Mich anders gestalten will.Ich wei, was Ich tue; ihr aber alle wisset nicht, was ihr redet, da ihr weder Gottnoch Seine Liebe kennet. Ich aber kenne Ihn und auch Seinen heiligen Willen;

    darum gehe Ich auf Seinen Wegen und tue nichts ohne Seine Zustimmung."So sagst Du, ich aber kann Dir nur entgegnen: wenn alle Menschen so tunwrden, wie she es unter uns aus!"Salome, dann wrde kein Sturm und kein Gewitter euch solchen Schadenzufgen, und alle Menschen wrden wie wahre Kinder ihres himmlischen Vatersleben, und kein Feind, weder von auen noch von innen, wrde ihre Ruhestren. Noch mehr: da wrden die Menschen auch die Macht haben, allenElementen, die von finsteren Mchten angestachelt werden, Ruhe zu gebietenund damit Schaden zu verhten. Um dir aber zu zeigen, da in Mir sich diesesalles in Wahrheit befindet, sage Ich dir: In einer Stunde wird ein Sturm

    losbrechen, wie du noch keinen erlebt hast. Danket Gott, da ihr Vorsabbatfeiert, denn keiner kme gesund wieder zurck. Du aber, Johannes, macheschnell das Boot fertig, wir mssen alle warnen."Johannes, du bleibst, es ist ja Unsinn, dieses zu behaupten, noch an keinem Tagwar die See so ruhig wie heute."Gut, Johannes, bleibe; dann fahre Ich allein." Jesus ging aus dem Hause,machte ein Boot los, zog das Segel auf, und ehe Johannes nachkommen konnte,war das Boot verschwunden.Johannes sagte: Mutter, was hast du getan? Es wird dir schwer werden, dieseswieder auszugleichen."Wie sprichst du zu deiner Mutter; da sieht man wieder, was der Nazarener mitseiner Erziehung angerichtet hat. Wenn es dir bei deiner Mutter nicht behagt,dann gehe ruhig wieder zu den Heiden oder zu den Verlorenen von Israel!"Johannes schwieg; er fhlte: hier wre es verlorene Mhe, ein Wort dagegen zusagen. Er verlie das Haus, und als er nach einer Weile sich umschaute, sah ereine schwarze Wolke am westlichen Hammel aufsteigen. Er suchte seinen Vaterauf und sagte: Vater, du hast alle Worte zwischen Jesus und Mutter gehrt;komm einmal heraus und sieh dir den westlichen Himmel an!"Zebedus ging mit hinaus und sagte: Johannes, jetzt gilt es, schnell alles zu

    bergen, was sich am Wasser befindet; ich rufe sofort alle zusammen."Salome sagte: Heute ist Vorsabbat, lasse dich nicht in Furcht und Angst jagen,ihr seid ja alle von Jesus besessen."Zebedus eilte hinaus, machte alles fest und brachte alles in Sicherheit. Nachetwa einer halben Stunde brach ein Sturm los, wie er noch nie erlebt wordenwar. In diesem gewaltigen Sturm kam das Boot mit Jesus heran. Er landete inaller Ruhe, zog das Segel ein, setzte sich auf die Ruderbank und sah dem Wtendes Sturmes zu. Immer schlimmer wurde der Sturm; im Hause des Zebeduswaren alle voller Angst, und verstrt sahen sie, wie Jesus ohne jede Sorge imBoote sa.Da hrte Johannes in sich den Ruf: Johannes, komm zu Mir in das Boot." Ohneein Wort zu sagen, eilte er aus dem Hause hin nach dem Boot.

    09.04.2011 Seite 27 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    28/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Nun brach ein furchtbares Gewitter los mit Blitz und Donner ohne Aufhren,und Wassermassen strzten zur Erde und in die aufgewhlte See. Jesus aber saim Trockenen. Johannes schmiegte sich an Jesus an, und dieser fragt ihn:Johannes, hast du Angst, dann wisse: wer bei Mir ist, ist wohlgeborgen; Ich

    aber will, da eurem Hause kein Schaden geschieht."Johannes versicherte: Mein Jesus, nun ich bei Dir sein kann, ist alle Furchtvorbei, aber vorher habe ich mehr Angst um Dich gehabt als um mich. Knntenwir nicht ins Haus gehen, meine Eltern und Geschwister frchten sich zu Tode."Nein, Johannes, dann sollen sie zu uns heraus kommen; sie sehen doch, da wirnicht einmal na werden."Das Gewitter wollte nicht aufhren, es war schaurig, dieses anzusehen. EineSpringflut nach der andern machte das Haus erbeben, aber die beiden im Bootwurden nicht na. Sagte Johannes: Jesus, Du meine Liebe, wahrlich, heuteerlebe ich Dich anders als sonst. Wenn Du Dich schon im Sturm und Gewitter

    wie ein Prophet zeigst, wie mu dann erst Dein Wesen sein, wenn Dir Liebeentgegengebracht wird!" Dann, Johannes, erlebt die ganze Welt das WunderMeiner Liebe. Glaube auch ferner in allen Bedrngnissen an Mich, dann wirstdu das Wunder in dir erleben. Noch kurze Zeit, dann hat alles Ringen ein Ende,und in Mir kann sich Meine Seele einen mit dem, von dem wir alles haben. Baldwird auch der Ruf an Dich ergehen wie heute: Johannes, komm zu Mir! Dannwerden wir uns nicht mehr trennen. Nun aber gehe und hole Mir deinen Vaterund deinen Bruder Jakob."Johannes entstieg dem Boot, eilte ins Haus und sagte zu seinem Vater: Vater,und du, Jakob, kommt heraus zu Jesus!"Jakob ging sofort, Zebedus blieb. Noch einmal bat er: Vater, komm mit mir zuJesus." La mich, Johannes, um der Mutter willen!"Nein, Vater, um der Mutter willen komme mit mir zu Jesus, ich bitte dich;sonst droht unserem Hause und uns allen groe Gefahr."Dann schnell, Johannes", und ohne das Geschrei Salomes anzuhren, ranntenbeide hin ans Boot zu Jesus.Zebedus, nun ist es gut; deinem Hause wird nichts geschehen, und alleanderen sind von Mir gewarnt, es wird keinem an das Leben gehen, und allenanderen Schaden bessern wir wieder aus."

    Jesus, was ist mit Dir? Du sprichst ja wie einer, der schon alles wei",wunderte sich Zebedus, warum kamst Du nicht zu uns ins Haus?"Weil ihr von eurer Angst und noch mehr von eurem verkehrten Glauben befreitwerden sollet. Denn seht, euer Jehova als der Wahre und Ewige will mit demHerzen und nicht mit dem Munde angebetet sein, und Ich kann Mich nicht vonMenschen irre machen lassen."Sprach Zebedus: Jesus, ich htte meinem Weibe das Reden verbieten mssen;sie hat Dich beleidigt und gekrnkt. Was soll ich tun, damit Du wieder in dasHaus kommst?"Nichts, Zebedus, als an Mich glauben und Meinem Wirken kein Hemmniswerden. Heute werden wir noch zu deinem Freund Hermes fahren und erstmorgen nach Sonnenuntergang zurckkommen. Willst du?" Ja, nun will ich."

    09.04.2011 Seite 28 von 34

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 22

    29/34

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Zebedus, nun hast du Mir eine groe Freude bereitet, und so will Ich, da sichder Sturm im Augenblick legt und das Meer ruhig wird; doch regnen wird esnoch eine volle Stunde. Wir aber bleiben hier im Boote."Es geschah, wie Jesus sagte: der Sturm legte sich, und nach einer Stunde wurde

    wieder das schnste Wetter. Sie entstiegen dem Boote und besahen das Haus.Nichts war geschehen. Da wagten sich auch die anderen aus dem Haus, undZebedus sagte zu seiner Salome: Schau hier in das Boot und besieh auch uns,alles ist trocken und heil geblieben. Von heute an dulde ich nicht mehr, da nurein einziges Wort gegen Jesus gesagt wird. Heute noch fahren wir zu Hermes,und sollte jemand nach uns fragen, dann sage die Wahrheit!"Die mit allem Ernste gesprochenen Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Salomeschwieg. Endlich hatte sie eingesehen, da Jesus doch der Strkere war.Das Boot brachte die Vier schnell und sicher zu dem Landeplatz des Hermes;bald waren sie in seinem Hause und wurden herzlich willkommen geheien.

    12. Hermes, der Sohn des Griechen, und das Gesicht am SabbatHermes fhlte sich zu Jesus hingezogen. Johannes war sprachlos, wie schnellHermes Jesus verstand, und so erlebte er aufs neue die Kraft und Macht derLiebe, die Jesus in Seiner Freiheit offenbarte. Hermes lie ein gutes Mahlrichten und sagte zu Zebedus: Mein Freund und Bruder, heute seid ihr meineGste, und morgen will ich mich euren Sitten unterordnen. Machet mir dieFreude und saget nicht nein!"Sagte Zebedus: Hermes, du treuer Freund und Bruder, ab heute bin ich von

    allen gesetzlichen Gepflogenheiten befreit, und solange und so oft ich in deinemHause weile, brauchst du auf mich und meine Shne keine Rcksicht mehr zunehmen, denn wir sind heute durch wunderbare Ereignisse in ein anderes Seinund Denken gefhrt worden. Denke: dieser Sturm und dieses Wetter vermochtenuns nicht einmal na zu machen, geschweige denn uns Schaden zuzufgen."Sprach Hermes: Meine Leute wurden von einem Fischer gewarnt; darum sindwir auch vor ernstem Schaden bewahrt geblieben."Sagte Jesus: Alle Fischer wurden gewarnt, aber leider sind nur wenige derWarnung gefolgt, und so haben sie auch den Schaden zu tragen."Sprach Johannes: Ich Tor lie mich abhalten, als Du mich aufgefordert hattest,

    alle zu warnen."Hermes lie sich nun alle Vorgnge schildern und wandte sich am Ende zuJesus: Ich wollte, ich knnte Dir auch so Freund sein, wie mein Vater Dir eswar. In seinem letzten Schreiben an mich fordert er mich auf, Dich zu suchenund um Deine Freundschaft zu werben um meines und der anderen Heileswillen. Verzeih mir, Du Freund der Menschen, da ich es bis jetzt noch nicht tat,aber nun will ich alles nachholen."Erwiderte J


Recommended