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KONSTITUTIVES MODELLIEREN VON FICHTENHOLZ UNTER … · d i p l o m a r b e i t master’s thesis...

Date post: 28-Feb-2019
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DIPLOMARBEIT Master’s Thesis KONSTITUTIVES MODELLIEREN VON FICHTENHOLZ UNTER BIAXIALER BEANSPRUCHUNG MITTELS EINES ORTHOTROPEN EINFL ¨ ACHENMODELLS UNTER BER ¨ UCKSICHTIGUNG VON VER- UND ENTFESTIGUNG ausgef¨ uhrt zum Zwecke der Erlangung des akademischen Grades eines Diplom-Ingenieurs am Institut f¨ ur Festigkeitslehre der Technischen Universit¨ at Wien unter Anleitung von Dipl.-Ing. Dr.techn. Peter Mackenzie-Helnwein und ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Josef Eberhardsteiner durch Herbert Wolfgang M ¨ ULLNER E 611 / 98 25 132 archergasse 3-13/5/3 A-1030 Wien Wien, im Juni 2003
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D I P L O M A R B E I T

Master’s Thesis

KONSTITUTIVES MODELLIEREN VON FICHTENHOLZ

UNTER BIAXIALER BEANSPRUCHUNG MITTELS EINES

ORTHOTROPEN EINFLACHENMODELLS UNTER

BERUCKSICHTIGUNG VON VER- UND ENTFESTIGUNG

ausgefuhrt zum Zwecke der Erlangung des akademischen Grades eines Diplom-Ingenieurs

am

Institut fur Festigkeitslehre

der

Technischen Universitat Wien

unter Anleitung von

Dipl.-Ing. Dr.techn. Peter Mackenzie-Helnwein

und

ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Josef Eberhardsteiner

durch

Herbert Wolfgang MULLNER

E 611 / 98 25 132

Karchergasse 3-13/5/3

A-1030 Wien

Wien, im Juni 2003

Danksagung

Mit dieser Diplomarbeit beende ich nach fast funfjahriger Studienzeit meine akademische

Ausbildung an der Technischen Universitat Wien. Um dieses Ziel zu erreichen bedarf es der

Unterstutzung von Verwandten, Freunden und Universitatsangehorigen. Mit diesen Zeilen

mochte ich mich bei all jenen bedanken, die daran beteiligt waren.

Mein besonderer Dank gilt meiner Mutter, die mir dieses Studium ermoglicht hat und mich

all die Jahre unterstutzt hat. Sie munterte mich immer wieder auf, wenn das Gelingen dieser

Arbeit in weite Ferne geruckt schien.

Fur die ausgezeichnete universitare Betreuung mochte ich mich bei den Herrn Dipl.-Ing.

Dr.techn. Peter Mackenzie-Helnwein und ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Josef Eber-

hardsteiner bedanken. Beide zeigten großes Interesse an meiner Arbeit. Trotz des Aus-

landsaufenthalts von Herrn Mackenzie-Helnwein gewahrte er mir eine das ubliche Ausmaß

ubersteigende Unterstutzung. Mit allen mechanischen Problemen konnte ich mich jederzeit

an ihn wenden.

Ein herzlicher Dank gilt dem Vorstand des Instituts fur Festigkeitslehre, o. Univ.-Prof. Dipl.-

Ing. Dr.techn. Dr.h.c. Herbert A. Mang, Ph.D. Das Wissen, das ich in seinen Vorlesungen

vermittelt bekommen habe, war Grundvoraussetzung zur Bearbeitung der Diplomarbeit.

Bei Herrn ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Josef Eberhardsteiner mochte ich mich bei

der individuellen Festlegung des Diplomarbeitsthemas bzw. des Umfangs der Diplomarbeit

bedanken. Er stellte mir einen Computerarbeitsplatz und die erforderliche Software, die zur

Bearbeitung der Diplomarbeit notwendig war, zur Verfugung.

Weiterer Dank gebuhrt den Assistenten des Instituts, die immer fur ein Gesprach Zeit und

Geduld hatten, allen voran Herrn Univ.-Ass. Dipl.-Ing. Martin Fleischmann. Er stand mir

nicht nur mit Rat, sondern auch mit der notigen Tat zum richtigen Zeitpunkt bei.

Wien, im Juni 2003 Herbert W. MULLNER

Abstract of the Master’s Thesis

Constitutive Modelling of Clear Spruce Wood underBiaxial Loading by means of an Orthotropic Single-Surface Model

under Consideration of Hardening and Softening Mechanisms

The goal of this thesis is the development of a plane stress orthotropic material model for

clear spruce wood. Such a model has to consider an initially linear elastic domain as well as

hardening and softening behaviour at higher states of stress or strain, respectively.

The underlying basis of this work is an experimental investigation of the failure envelope

for biaxial stressed wood by Eberhardsteiner et al. They described the failure envelope by

means of the orthotropic elliptic failure criterion by Tsai and Wu. This criterion identifies

failure states as a boundary of a linear elastic domain. No post-failure modes were identified.

However, the idea of a single-surface model has been adopted within this work. This offers a

reasonably simple mathematical description of an orthotropic yield surface by means of just

six independent material parameters.

Typically, single-surface models are solely phenomenological and do not permit the iden-

tification of distinct micromechanical failure modes. This problem has been overcome by

Mackenzie-Helnwein et al. by means of a micromechanically based multi-surface model. This

model identifies four micromechanical failure modes and introduces one strain hardening or

strain softening model for each of them. The disadvantage of such a model is the extremely

large number of required material parameters.

Combining the advantage of a smooth single-surface model with the identification of distinct

hardening and softening laws of the multi-surface model is the key to the novel mathematical

formulation presented in this work. By associating characteristic strength values of the single-

surface model with the respective characteristic failure modes of the multi-surface model,

one can define a set of nonlinear evolution laws for the six parameters of the criterion of

Tsai and Wu. Such a modification redefines the meaning of the original failure envelope as a

yield surface. Depending on the stress state, plastic loading causes hardening and softening,

respectively. This is represented by changing size and location of the elliptic yield surface in

the orthotropic stress space.

The resulting model is represented by a coupled system of nonlinear first-order time diffe-

rential equations. Their solution requires a numerical time integration algorithm. For this

purpose the return map algorithm has been adopted. It leads to a system of nonlinear alge-

braic equations, which has to be solved by means of the Newton-Raphson iterative scheme.

Its computational costs can be minimized by means of a partitioned solution strategy. The

consistent tangent for the presented algorithm is given as a closed form expression.

The verification of the developed model is given for the entire plane stress orthotropic stress

space by means of back-calculation of the biaxial experiments by Eberhardsteiner. The

performed simulations of these experiments show good agreement between the model and

the tests for most modes of biaxial loading. Minor deviations are a consequence of restricting

the yield condition to an elliptical surface. However, the obtained results are superior to any

method suggested by design codes.

Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung 11.1 Aufgabenstellung und Losungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2 Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 32.1 Beschreibung der Versuchseinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.1.1 Verwendetes Versuchskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1.2 Beschreibung des Probekorpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.1.3 Mechanische Versuchsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.1.4 Biaxiales Belastungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.1.5 Dreidimensionale Deformationsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.2 Grundlagen der Versuchsauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.3 Uniaxiale Zugversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.4 Analyse der biaxialen Bruchversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.5 Grundlagen zur Simulation der biaxialen Bruchversuche . . . . . . . . . . . . 15

2.5.1 Bestimmung des initialen Verzerrungszustandes . . . . . . . . . . . . 152.5.2 Veranschaulichung der vier Versagensmechanismen . . . . . . . . . . 16

3 Beschreibung des elastischen Bereiches 183.1 Ausgangszustand und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183.2 Beispiel zur Ermittlung der Materialparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . 203.3 Varianten zur Berechnung der Materialparameter . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.3.1 Verwendung von einer linearen Regressionsgleichung . . . . . . . . . . 233.3.2 Verwendung von zwei linearen Regressionsgleichungen . . . . . . . . . 263.3.3 Verwendung von allen linearen Regressionsgleichungen . . . . . . . . 28

3.4 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4 Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 304.1 Einaxiale Uberlegungen zur Beschreibung des plastischen Verhaltens . . . . . 30

4.1.1 Grundgleichungen der Plastizitatstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . 304.1.2 Ermittlung des Konsistenzparameters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334.1.3 Diskretisierte Form der Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 364.1.4 Losungsalgorithmus fur das Projektionsverfahren . . . . . . . . . . . 374.1.5 Einfache Beispiele zur Illustration der Vorgangsweise . . . . . . . . . 39

4.2 Bruchumhullende nach Tsai und Wu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484.2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484.2.2 Kurvendiskussion des Hauptschnitts des Ellipsoids . . . . . . . . . . . 52

INHALTSVERZEICHNIS II

4.2.3 Evolutionsgesetze fur charakteristische Festigkeiten fur die vier Versa-gensmechanismen nach Mackenzie-Helnwein et al. . . . . . . . . . . . 61

4.2.4 Zusammenfassung der Evolutionsgesetze von charakteristischen Fes-tigkeiten und der Ver- bzw. Entfestigungsvariablen . . . . . . . . . . 69

4.2.5 Uberlegungen zur Festlegung der charakteristischen Lange . . . . . . 704.2.6 Aktualisierung der Parameterwerte p bei kombinierter Ver- bzw. Ent-

festigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

5 Algorithmische Behandlung des elasto-plastischen Materialmodells 755.1 Zusammenstellung der numerischen Integrationsgleichungen . . . . . . . . . 755.2 Formulierung des Newton-Raphson-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . 775.3 Zerlegung des Tangentenoperators DR

(k)n+1 in DRj . . . . . . . . . . . . . . . 79

5.4 Berechnung des Zuwachses ∆qn+1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825.5 Berechnung der konsistenten algorithmischen Tangente C

epn+1 . . . . . . . . . 85

6 Versuchssimulation mit dem Materialmodell 886.1 Direkte Versuchssimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

6.1.1 Zugversagen quer zur Faserrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 906.1.2 Duktiles Verhalten unter Druck quer zur Faserrichtung . . . . . . . . 916.1.3 Zugversagen in Faserrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 926.1.4 Druckversagen parallel zur Faserrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . 93

6.2 Vergleichende Versuchssimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 946.2.1 Zugversagen quer zur Faserrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 956.2.2 Duktiles Verhalten unter Druck normal zur Faserrichtung . . . . . . . 966.2.3 Zugversagen in Faserrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976.2.4 Druckversagen parallel zur Faserrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . 98

6.3 Indirekte Versuchssimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996.4 Vergleich der vorgestellten Simulationsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . 105

7 Zusammenfassung und Ausblick 1067.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Literaturverzeichnis 108

A Koeffizientenfunktionen der Matrix K 110

B Koeffizientenfunktionen der Matrix L 112

C Parameterstudien fur verschiedene Evolutionsgesetze 114C.1 Vorgabe der Zugfestigkeit in Radialrichtung βt,⊥ . . . . . . . . . . . . . . . . 115C.2 Vorgabe der Druckfestigkeit in Radialrichtung βc,⊥ . . . . . . . . . . . . . . . 117C.3 Vorgabe der Zugfestigkeit in Langsrichtung βt,‖ . . . . . . . . . . . . . . . . 119C.4 Vorgabe der Druckfestigkeit in Langsrichtung βc,‖ . . . . . . . . . . . . . . . 121

Tabellenverzeichnis 123

Abbildungsverzeichnis 124

Kapitel1Einfuhrung

1.1 Aufgabenstellung und Losungsstrategie

In der derzeit gultigen Holzbaunorm ENV 1995-1-1:1993 [19] findet sich unter Kapitel 3.1.3

folgender Absatz die Spannungs-Verzerrungs-Beziehungen betreffend:

Da die charakteristischen Werte unter der Annahme einer geradlinigen Beziehung zwischen

Spannung und Dehnung bis zum Bruch gewonnen werden, mussen Berechnung und Bemes-

sung einzelner Bauteile ebenfalls unter der Annahme einer solchen linearen Beziehung er-

folgen. Fur Bauteile, die gleichzeitiger Biege- und Druckbeanspruchung ausgesetzt sind, darf

jedoch ein nichtlineares (elastisch-plastisches) Stoffgesetz zugrunde gelegt werden.

Ziel dieser Arbeit ist es, ein Materialmodell zu erstellen, das nicht nur dieser Norm entspricht,

sondern vielmehr auf durchgefuhrten biaxialen Versuchen aufbaut und das Verhalten von

Holz damit besser reprasentiert. Diese Arbeit stellt einen Beitrag zur Entwicklung eines

zuverlassigen Materialgesetzes fur Holz unter beliebiger mehraxialer Beanspruchung und

unter Berucksichtigung relevanter Holzmerkmale und Einflusse dar.

Ausgehend von durchgefuhrten biaxialen Versuchen an fehlerfreiem Fichtenholz wird ein

elasto-plastisches Materialmodell entwickelt, welches das rheologische Verhalten bestmog-

lichst beschreibt. Ausgangszustand stellt dabei die mittels einer Ausgleichsrechnung be-

stimmte Bruchumhullende nach Tsai und Wu [24] sowie die Beschreibung von vier Versa-

gensmechanismen, wie in Mackenzie-Helnwein et al. [12] dargestellt.

Die Anwendung des entwickelten Materialmodells zur Simulation der Versuchsserie nach

Eberhardsteiner [5] dient der Evaluierung der vorliegenden Arbeit.

Einfuhrung 1.2: Gliederung der Arbeit 2

1.2 Gliederung der Arbeit

Den thematischen Einstieg bildet die in Kapitel 2 enthaltene Erlauterung des zugrundelie-

genden Versuchskonzepts, der verwendeten Versuchseinrichtung und der Eigenschaften der

verwendeten Probekorper. Im Anschluss wird eine Interpretation der Versuchsergebnisse

der biaxialen Bruchversuche nach Eberhardsteiner [5] hinsichtlich der zu beobachteten

Versagensmechanismen gegeben.

Das Kapitel 3 ist einer im Zuge der Bearbeitung der Diplomarbeit aufgetretenen Zusatz-

aufgabe gewidmet. Diese Aufgabe stellt den Versuch dar, die voneinander unabhangigen

elastischen Materialparameter direkt aus den jeweiligen biaxialen Versuchsdaten zu bestim-

men. Allenfalls erforderliche Zusatzinformationen werden aus den erganzend durchgefuhrten

uniaxialen Zugversuchen gewonnen.

Kapitel 4 fasst die theoretischen Grundlagen, die fur die Entwicklung eines derartigen Ma-

terialmodells notwendig sind, zusammen.

Unterkapitel 4.1 stellt die spater verwendeten Grundgleichungen der Plastizitatstheorie dar

und erlautert die Vorgangsweise bei der Ermittlung der zusatzlichen Variablen, die zur Be-

schreibung des plastischen Flusses erforderlich sind. Die Grundzuge des Projektionsver-

fahrens, welches zur Integration der plastischen Evolutionsgesetze dient, werden erlautert.

Schließlich werden anhand zweier eindimensionaler Beispiele fur Ver- bzw. Entfestigung die

Grundgleichungen der Plastizitatstheorie angewandt und diskutiert.

In Unterkapitel 4.2 wird die fur das konstitutive Modellieren von Holz verwendete Fließflache

vorgestellt. Die elliptische Flache nach Tsai und Wu [24] stellt eine derartige fur ortho-

trope Werkstoffe gut geeignete, mathematische Beschreibung von Fließ- bzw. Bruchspan-

nungszustanden dar. Fur das zu entwickelnde Materialmodell ist die Veranderbarkeit der

Form der Fließflache erforderlich. Nach der mathematischen Diskussion der Fließflache und

der Festlegung von Evolutionsgesetzen fur charakteristische Festigkeitswerte werden mittels

eines Iterationsverfahrens die Parameter der Fließflache geeignet ermittelt.

In Kapitel 5 wird die algorithmischen Behandlung des Materialmodells beschrieben. Es

wird fur das in Unterkapitel 4.2 beschriebene Materialmodell die numerische Zeitintegration

durchgefuhrt.

Der letzte Teil der Arbeit, Kapitel 6, zeigt die Anwendung des entwickelten Materialmodells

zur Simulation der Einzelversuche nach Eberhardsteiner [5]. Anhand verschiedener Ar-

ten von Versuchssimulationen wird die vorliegende Arbeit evaluiert.

Die Anhange A und B enthalten die fur die numerische Berechnung erforderlichen Ausdrucke

fur diverse Tangentenoperatoren. In Anhang C werden fur vier verschiedene Evolutionsge-

setze Parameterstudien durchgefuhrt und diskutiert.

Kapitel2Experimentelle Untersuchungen von

Fichtenholz

Grundlage dieser Arbeit stellen die zwischen Mai 1997 und Marz 2000 von Eberhard-

steiner et al. [5], [6] und [7] am Institut fur Festigkeitslehre der Technischen Universitat

Wien durchgefuhrten 439 biaxialen Werkstoffversuche dar. Dieses Kapitel erlautert das im

Buch von Eberhardsteiner [5] ausfuhrlich beschriebene Versuchskonzept, die verwendete

Versuchseinrichtung und die Eigenschaften der verwendeten Probekorper, sowie die Inter-

pretation von Versuchsergebnissen der biaxialen Bruchversuche.

2.1 Beschreibung der Versuchseinrichtung

2.1.1 Verwendetes Versuchskonzept

Das Material Holz wird als makroskopisch homogen betrachtet. Durch den Probekorper

wird ein infinitesimales Element simuliert, das homogene Eigenschaften besitzt (mechani-

sche Homogenitat). Ziel dieser biaxialen Versuche ist es, die Bruchfestigkeit von Holz unter

biaxialen, ebenen Spannungszustanden zu ermitteln. Dazu ist das Auftreten der Maxi-

malbeanspruchung, sowie ein homogener Spannungs- und Verzerrungszustand innerhalb des

Messfeldes des Probekorpers erforderlich.

Neben der angesprochenen mechanischen Homogenitat ist weiters die technologische Homo-

genitat zu berucksichtigen. Deshalb wurde fur die Werkstoffversuche ausgewahltes, techno-

logisch fehlerfreies und homogenes Fichtenholz verwendet. Im 140×140 mm großen Messbe-

reich sollte der Jahrringverlauf geradlinig und parallel sein. Daher musste der Einfluss von

Astigkeit, Schadlingsbefall, Wachstumsfehlern und sonstigen Holzfehlern auf die mechani-

schen Werkstoffeigenschaften nicht berucksichtigt werden.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.1: Versuchseinrichtung 4

Das Versuchskonzept definiert die erforderlichen Eigenschaften von Probekorper, Versuchs-

einrichtung und Messsystem. Es ist durch eine punktformige Kraftaufbringung in zwolf

Punkten durch jeweils zwei unter etwa 45 zum Probenrand geneigten Belastungsgliedern

charakterisiert. Durch dieses Konzept ist eine beliebige Variation der Versuchsparameter

moglich. In Abbildung 2.1 sind das Lasteinleitungssystem und die Anordnung der insgesamt

sechs Belastungsachsen pro Probenrand dargestellt [5].

Bolzen 48 mm48mm

(b)(a)

50.6950.69

47.69 47.69

44.69 44.69

Messbereich

gabelnleitungs-Lastein-

bereichleitungs-Lastein-

1

plattchenStahl-

2

Abbildung 2.1: (a) Lasteinleitungssystem, (b) Anordnung der Belastungsachsen

Fur die Versuchsdurchfuhrung ist es notwendig, Versuchsparameter zu definieren und diese

von Versuch zu Versuch zu variieren. Aufgrund der orthotropen Anisotropie des Holzes

sind mindestens zwei mechanische Versuchsparameter zur Erfassung aller moglichen ebenen

Beanspruchungen erforderlich. Diese sind folgendermaßen festgelegt:

• Faserwinkel ϕ:

ϕ ist jener Winkel, den die Materialhauptachse L (parallel zur Faserrichtung) mit der

Spannungshauptachse σ1 des ebenen Spannungszustandes einschließt.

• Beanspruchungsverhaltnis κ:

κ ist jenes Verhaltnis, das auf den Probekorper in Form von Verschiebungsinkre-

menten aufgebrachten biaxialen Zug-Zug-, Druck-Druck- oder gemischten Zug-Druck-

Beanspruchung.

Details zu den Versuchsparametern sind in Abschnitt 2.1.3 zu finden.

Neben den definierten Versuchsparametern werden die Materialparameter Holzfeuchte und

Holzrohdichte berucksichtigt. Diese Parameter haben einen großen Einfluss auf die Festig-

keit von Holz, welcher durch uniaxiale Versuche festgestellt wurde. Ausfuhrliche Zusam-

menfassungen uber Ergebnisse dieser uniaxialer Untersuchungen sind u. a. in Kollmann

[8] zusammengestellt.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.1: Versuchseinrichtung 5

Die zwei wesentlichen Einflussparameter fur die Festigkeit von Holz werden bei der biaxialen

Versuchsdurchfuhrung wie folgt berucksichtigt (Niemz [14]):

• Holzfeuchtigkeit u:

Durch Klimatisierung der Proben in einer Klimakammer laut DIN 52183 [4] bei einer

Temperatur von T = +20 C und einer relativen Luftfeuchtigkeit RH = 65 % wurde

die Holzfeuchtigkeit u mit 12 % und damit auch deren Einfluss auf die Festigkeitsei-

genschaften konstant gehalten.

• Rohdichte ρ:

Die Rohdichten der entsprechenden Proben wurden durch Volumen- und Massebestim-

mung gemaß DIN 52182 [3] ermittelt. Ihr Einfluss auf charakteristische Festigkeits-

werte wurde mittels uniaxialer Vorversuche ermittelt und mittels linearer Regression

von Gingerl [7] und Eberhardsteiner [5] beschrieben.

2.1.2 Beschreibung des Probekorpers

Fur die Herstellung der Probekorper wurden Kernbretter aus der LR-Ebene eines Stam-

mes (siehe Abbildung 2.2 (a)) herangezogen. Da die großte Abmessung des Probekorpers

340 mm betragt und die daraus resultierenden sehr großen Stammdurchmesser nicht aus-

reichend zur Verfugung standen, wurden die Kernbretter aus den Holzstammen doppelt so

dick entnommen und anschließend halbiert (siehe Abbildung 2.2 (b)). Die dadurch erfor-

derliche Leimung der Probekorper jeweils in der Mitte des Messbereiches beeinflusste, wie

experimentelle Untersuchungen zeigten, nur einige wenige Einzelversuche.

Stammlängsachse

Scheibenförmige Holzprobe Jahresringstruktur

L

R

T

Kernbrett

Kernbrett

Leimfuge

T

R

L

Stammlangsachse Kernbrett

Jahrringstruktur

Leimfuge

Kernbrett

(b)(a)Holzprobe

Abbildung 2.2: (a) Probenentnahme aus einem Kernbrett, (b) Probekorperherstellung

Mittels experimenteller und numerischer Untersuchungen wurden die Form und die Abmes-

sungen des Probekorpers festgelegt. Die Abmessungen des Probekorper sind in Abbildung

2.3 (a) dargestellt.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.1: Versuchseinrichtung 6

Der Probekorper hat folgende Merkmale:

• Uber insgesamt zwolf gehartete Stahlbolzen, die in den Lasteinleitungspunkten (Boh-

rungen mit Ø = 14 mm) des Probekorpers situiert sind, wird die Beanspruchung ver-

schiebungskontrolliert aufgebracht.

• Um Versagen der Lasteinleitungsbereiche zu verhindern, wird der Probekorper in die-

sen Bereichen mit einer Dicke von 20 mm ausgefuhrt. Zusatzlich werden auf beiden

Seiten der zwolf Lasteinleitungsbereiche insgesamt 24 Stahlplattchen angeordnet. Die

Dicke der Stahlplattchen ist mit 3 mm festgelegt und durch experimentelle Untersu-

chungen bestimmt worden. Auch die Langs- und Querabmessungen der Stahlplatt-

chen von 62×44 mm wurden experimentell bestimmt. Die schubfeste Verbindung der

Stahlplattchen mit dem Holzprobekorper wird durch Verklebung mit Epoxidharzkleber

gewahrleistet.

• Die drei Lasteinleitungsbereiche pro Probenrand sind durch zwei 4 mm breite Schlitze

voneinander getrennt, zudem werden pro Seite je sechs weitere, kurze Schlitze ange-

bracht. Diese Maßnahme verhindert unerwunschte Kraftubertragungen zwischen den

unterschiedlichen Beanspruchungsrichtungen. Durch die Lange der Schlitze von 28 mm

bzw. 100 mm wird die wirksame Probenbreite auf 140 mm begrenzt (siehe Abbildung

2.3 (a)).

• Das dadurch mit 140×140 mm definierte Pruf- bzw. Messfeld weist je nach Bean-

spruchungsverhaltnis eine unterschiedliche Dicke t auf. Bei der Versuchsdurchfuhrung

wurde Typ A (t ≈ 4.5 mm) fur Zug- und gemischte Zug-Druck-Beanspruchungen, Typ

B (t ≈ 7.5 mm) fur reine Druck-Beanspruchungen und Typ C (t ≈ 9.5 mm) nur bei

vier Druckversuchen verwendet.

• Um Spannungs- und Verzerrungskonzentrationen in den Eckbereichen des Pruffeldes

zu vermeiden wird die Dicke in diesen Bereichen lokal auf 20 mm erhoht.

UH−1( )

UH+1( )

UH0( )

UV0( )UV

−1( ) UV+1( )

VV

VH

ϕ

X1

X1

X1

X1

X2

X2

X2

X2

UH−1( )

UH+1( )

UH0( )

VH

VV

UV0( ) UV

−1( )UV+1( )

DV

DV

DH

DH

44 44 44 44140

106210010 6228 28 3 3

2620

4525

045

100

140

100

340

100

Last-einleitungs-bereich

u1 u2 u3

v6

v5

v4

Last-einleitungs-punkte

t

plattchenStahl-

u4

u6

v8 = v

u5 = uu11 = u

v2 = vv1

v3

(a) (b)

1, u

2, v

ϕ

t

Ø14

+v

+u

Messbereich

21 3

4

5

6

8 79

10

11

12

Abbildung 2.3: (a) Abmessungen des Probekorpers, (b) Verschiebungsvorschrift

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.1: Versuchseinrichtung 7

2.1.3 Mechanische Versuchsparameter

Anschließend an die Festlegung der Form des Probekorpers wurden biaxiale Verschiebungs-

vorschriften fur die zwolf Lasteinleitungspunkte entwickelt, die das Erreichen homogener

Beanspruchungszustande im Messfeld des Probekorpers gewahrleistet. Eine derartige Vor-

schrift ist in Abbildung 2.3 (b) dargestellt. Fur einen Faserwinkel ϕ 6= 0 ist die Vorgabe

einer Schubdeformation erforderlich, um eine horizontale bzw. vertikale Ausrichtung der re-

sultierenden Hauptspannungsrichtungen zu gewahrleisten.

Als Kenngroße fur eine Verschiebungsvorgabe dienen der Faserwinkel ϕ und das Verschie-

bungsverhaltnis

κ = u : v = u5 : v2 = u11 : v8 , (2.1)

wobei u die Verschiebungskomponente normal zum Rand der mittleren seitlichen Lastein-

leitungspunkte 5 und 11 und v die Verschiebungskomponente normal zum Rand der oberen

und unteren Lasteinleitungspunkte 2 und 8 bezeichnet.

Abbildung 2.3 (b) zeigt eine Verschiebungsvorschrift fur ein allgemeines biaxiales Beanspru-

chungsverhaltnis mit ϕ 6= 0.

Ein Kriterium, das von der Verschiebungsvorschrift einzuhalten ist, verlangt das Verschwin-

den von Schubkraften bzw. -spannungen entlang der Probekorperrander. Diese zusatzliche

Bedingung ist notwendig, da gleichformige Verschiebungszustande nur dann die erwunschten

homogenen Verzerrungs- bzw. Spannungsverteilungen im Messfeld erzeugen.

Mit Hilfe dieses Kriteriums ist es moglich, abhangig von der Faserrichtung ϕ und der Verhalt-

niszahl κ, die restlichen Verschiebungskomponenten der Lasteinleitungspunkte 1, 3, 4 und 6

bzw. 7, 9, 10 und 12 zu formulieren. Die entsprechenden Vorschriften sind in [5] zusammen-

gestellt.

Ein Verhaltnis κ = +1:0 bedeutet, dass u= 1 µm bzw. v = 0 µm betragt. u5 und v2 sind somit

definiert. Mit Hilfe des Faserwinkels ϕ und der Verschiebungsvorschrift sind die restlichen

Verschiebungen definiert. Durch Variation der Faserrichtungen ϕ = 0, 7.5, 15, 30 und

45 erhalt man die wesentlichsten Kombinationen von Langs- und Radialspannungen.

Durch geeignete Wahl des Beanspruchungsverhaltnisses κ erhalt man Festigkeitsdaten fur

alle Beanspruchungsbereiche der jeweiligen Faserrichtungen. Durch Bildung des Komple-

mentarwinkels ϕ′ des Faserwinkels und des Kehrwertes κ′ des Beanspruchungsverhaltnisses

erhalt man alle erganzenden, fur die mechanische Werkstoffmodellierung erforderlichen ex-

perimentellen Informationen.

Aufgrund der Aquivalenz zweier Versuchskonfigurationen mussten keine Versuche fur die

Faserrichtungen ϕ = 90, 82.5, 75 und 60 durchgefuhrt werden. Somit deckt man mit 439

Versuchen aufgrund der Symmetrie insgesamt 878 Versuchskonfigurationen ab.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.1: Versuchseinrichtung 8

2.1.4 Biaxiales Belastungssystem

Zur Gewahrleistung einer verschiebungskontrollierten Belastung der Probekorper dient eine

biaxiale Prufmaschine, die aus folgenden drei Subsystemen besteht (siehe Abbildungen 2.4

(a) und (b)):

• Servohydraulische Belastungseinrichtung:

Die Lasteinleitungsgabeln der 24 Belastungsachsen greifen paarweise an zwolf Last-

ubertragungsbolzen an. Diese Bolzen fixieren den Probekorper. Die 24 Belastungsach-

sen sind an Verankerungsblocken frei drehbar gelagert und ubertragen die aufgebrach-

ten Krafte auf vier, in den Eckbereichen eines Rahmensystems befindlichen Konsolen,

welche mit einer Doppelrahmenkonstruktion verbunden sind. Die gezielte Anderung

der Achsenlange der Belastungsachsen erfolgt mittels einer servohydraulischen Positio-

nierung des Zylinderkolbens.

Die im Zylindergehause jeder Belastungsachse eingebauten induktiven Wegaufnehmer

besitzen einen Nennmessweg von ± 5 mm. Die Positioniergenauigkeit der Hydrau-

likzylinder betragt ± 2.4 µm. An den Verbindungen der Belastungsachsen mit den

Verankerungsblocken sind je ein Kraftaufnehmer mit einer Nennlast von ± 20 kN und

einer Genauigkeit von ± 0.04 kN situiert. Mit den dargelegten Randbedingungen kann

pro Lasteinleitungspunkt eine Kraft von bis zu 24 kN ubertragen werden. Zur Krafter-

zeugung dient eine Kolbenpumpe mit einem Betriebsdruck von 210 bar.

• Elektronisches Mess- und Regelsystem:

Mittels eines Softwarepakets werden wichtige Aufgabenbereiche dieses Subsystems er-

fullt. Das Programmpaket uberwacht den Betriebszustand der Hydraulikanlage sowie

die Verschiebungskomponenten der zwolf Lasteinleitungspunkte.

• Computergestutztes Mess- und Steuerungssystem:

Das selbe Softwarepaket ist auch fur die positionsgeregelte Ablaufsteuerung eines Ver-

suches verantwortlich. Außerdem wird die Koordination mit dem optischen Deforma-

tionsmesssystem (siehe Abschnitt 2.1.5) zur Erreichung eines ordnungsgemaßen Ver-

suchsablaufes bewerkstelligt.

Ein Lastschritt dauert etwa 10 s und ist in vier Zeitabschnitte unterteilt. Nach dem Erreichen

der Soll-Positionen der 24 Hydraulikzylinder (≈ 350 ms) und dem Abklingen eventueller dy-

namischer Effekte (≈ 500 ms) beginnt der eigentliche Messvorgang. Eine variable Wartezeit

(zwischen 0.5-1.5 s) erganzt die angegebene Lastschrittdauer von 10 s.

Der Messvorgang beinhaltet die Messung und Speicherung der Ist-Positionen und der Ist-

Krafte der 24 Belastungsachsen, die Bestimmung des Kraft- und Verschiebungszustandes in

den zwolf Lasteinleitungspunkten und die digitale Aufnahme des Probekorpers zur spateren

Detailauswertung.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.1: Versuchseinrichtung 9

Das beschriebene Steuerungssystem ermoglicht die folgende Versuchsdurchfuhrung, welche

sich in drei aufeinander folgende Phasen gliedert:

• Einrichtphase:

Ziel der Einrichtphase ist es, die zwolf Lasteinleitungsbolzen ohne Vorschadigung des

Probekorpers in dessen Bohrungen einzufuhren. Es soll ein kraftefreier Initialzustand

des Probekorpers entstehen.

• Vorspannphase:

Mittels eines Vorspannzustandes soll erreicht werden, dass die mit der beweglichen La-

gerung der Belastungsachsen auftretenden Fertigungstoleranzen ausgeglichen werden.

Ziel der Vorspannphase ist die Definition eines Startzustandes unter Berucksichtigung

der wahrend der Belastungsphase aufgebrachten Beanspruchung.

• Belastungsphase:

Die Belastungsphase entspricht der eigentlichen Versuchsdurchfuhrung. Die Beanspru-

chung des Probekorpers erfolgt deformationsgesteuert durch Vorgabe einer Folge von

Verschiebungsinkrementen ui und vi in den zwolf diskreten Lasteinleitungspunkten des

Probekorpers. Diese schrittweise biaxiale Beanspruchung, entsprechend den Versuchs-

parametern, wird solange fortgesetzt, bis Materialversagen eintritt.

Abbildung 2.4 stellt zwei Detailansichten der Versuchseinrichtung dar. Das linke Bild zeigt

jenen Bereich, in den der Probekorper in die Belastungseinrichtung eingespannt wird. Im

rechten Bild ist die Tragkonstruktion des in Abschnitt 2.1.5 beschriebenen optischen Mess-

systems ESPI dargestellt.

Lasteinleitungsbolzen Stellschrauben

Lasteinleitungsgabeln Fuhrungsbleche

(a) (b)

Wabenplatte

Rahmen

Abbildung 2.4: (a) In der Belastungseinrichtung montierter Probekorper, (b) Tragkonstruk-

tion des optischen Messsystems

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.1: Versuchseinrichtung 10

2.1.5 Dreidimensionale Deformationsanalyse

Die Deformationsanalyse wird mittels des ESPI-Messsystems (Electronic Speckle Pattern

Interferometry) durchgefuhrt. Dieses optische Messverfahren hat folgende Vorteile:

• Die Messung ist mehrdimensional. Neben einer Horizontal- und Vertikalmessung wird

auch die Verschiebung normal zur Messebene gemessen. Die quantitative Ermittlung

des Verzerrungszustandes erfolgt durch zweidimensionale Deformationsmessungen und

anschließende numerische Differentation der digitalisierten Messdaten.

• Die Messung ist beruhrungslos. Aufgrund der geringen Materialsteifigkeit von Holz

normal zur Faserrichtung mussen Wechselwirkungen zwischen Messgerat und -objekt

vermieden werden.

• Die Messung ist flachenhaft. Um die Homogenitat der Verzerrungsverteilungen zu be-

urteilen, ist der Einsatz von Punktmessverfahren ungeeignet.

• Die Messgenauigkeit betragt ≈ ± 2 µm. Die Genauigkeit des Messsystems muss hoher

als die Positionierungsgenauigkeit der Belastungseinrichtung sein, um Homogenitat der

Messdaten zu gewahrleisten.

• Die Messung lauft in Echtzeit ab. Nach Entnahme aus der Klimakammer muss der

Probekorper innerhalb einer Stunde gepruft werden. Die Serienmessung und Messda-

tenauswertung erfolgt computerunterstutzt, wodurch der Zeitaufwand gering gehalten

wird.

Als Nachteile des ESPI-Messsystems werden die Empfindlichkeit gegenuber Schwingungen

und Warme sowie die Kosten der Anschaffung gegenuber anderen Messsystemen genannt.

Das Messsystem ist aufgrund der Empfindlichkeit nur mittels einer schwingungsdampfenden

Wabenplatte (siehe Abbildung 2.4 (b)) an der Tragkonstruktion montiert.

Im Folgenden wird das Grundprinzip der Speckle-Interferometrie erlautert. Hierbei handelt

es sich um ein optisches Messverfahren, das zur beruhrungslosen, flachenhaften Verschie-

bungsmessung geeignet ist. Als Lichtquelle dient ein Laser, der grunes, koharentes mono-

chromatisches Licht mit einer Wellenlange von λ = 532 nm erzeugt. Man unterscheidet zwei

Beleuchtungssituationen, die in Abbildung 2.5 dargestellt sind:

• In-plane-Verfahren:

Ausgehend von zwei Lichtquellen werden beide Teilstrahlen am Messobjekt reflektiert.

Beide Strahlen kommen am Ort eines Intensitatssensors zur Interferenz (siehe Abbil-

dung 2.5 (a)).

• Out-of-plane-Verfahren:

Ausgehend von zwei Lichtquellen wird der Objektstrahl am Messobjekt reflektiert,

wahrend ein Referenzstrahl vom Messobjekt unbeeinflusst bleibt. Beide Strahlen kom-

men am Ort eines Intensitatssensors zur Interferenz (siehe Abbildung 2.5 (b)).

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.2: Versuchsauswertung 11

(a) (b)Messobjekt Messobjekt

Objektwelle

Referenzwelle

Objektw

elle 2Objektwelle 1

Abbildung 2.5: (a) In-plane-Verfahren, (b) Out-of-plane-Verfahren

Das grundsatzliche Messprinzip aller interferometrischer Verfahren lasst sich anhand des Mi-

chelson-Interferometers erlautern. Eine kontinuierliche Verschiebung des Messobjekts in

Richtung des Objektstrahls fuhrt zu einer Verkurzung des Lichtweges und damit zu einer

Anderung der Phasenbeziehung der beiden Teilstrahlen. Sie außert sich im Auftreten ab-

wechselnder Intensitatsmaxima und -minima am Intensitatssensor. Der Wechsel von einem

zum nachsten gleichartigen Interferenzzustand entspricht einer Verschiebung u des Messob-

jekts um eine halbe Lichtwellenlange λ.

Es sind drei Messrichtungen zur Messung dreidimensionaler Deformationszustande erforder-

lich, die mittels vier verschiedener Beleuchtungsquellen und einem Detektor realisiert werden.

Es sind dies zwei In-plane- sowie eine Out-of-plane-Messrichtung.

Die Out-of-plane-Messrichtung dient zur Messung der Dickenanderung des Probekorpers

bzw. zur Bestimmung des raumlichen Verschiebungszustandes an der Messoberflache.

Die Darstellung von Speckle-Interferogrammen in Form von Streifenbildern wird durch ein

Programmpaket ermoglicht. Durch Anwendung von Bildverarbeitungsfiltern werden die er-

haltenen Phasenbilder deutlich verbessert.

2.2 Grundlagen der Versuchsauswertung

Im folgenden Unterkapitel wird beschrieben, wie aus den Versuchsdaten Verzerrungs- und

Spannungsinkremente bzw. biaxiale Festigkeiten fur jeden biaxialen Holzversuch ermittelt

werden.

• Bestimmung der Verzerrungen:

Aus den mit Hilfe des ESPI-Systems gemessenen Verschiebungsfeldern ermittelt das

in Abschnitt 2.1.4 beschriebene Softwarepaket mittels numerischer Differentation den

Verlauf der Verzerrungskomponenten. Des Weiteren werden mittels geeigneter Mittel-

wertbildung die fur die Entwicklung biaxialer Werkstoffgesetze notwendigen mittleren

Verzerrungskomponenten ε11, ε22 und γ12 ermittelt. Diese Vorgangsweise ist fur jeden

Lastschritt aller Einzelversuche durchzufuhren.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.2: Versuchsauswertung 12

• Bestimmung der Spannungen:

Mittels der vom hydraulischen Belastungssystem gelieferten Krafte und der Einfuhrung

einer effektiven Querschnittsflache werden unter Vernachlassigung der Kraftkomponen-

ten parallel zum jeweiligen Probekorperrand die Mittelwerte der Normalspannungen

σ11 und σ22 ermittelt.

• Bestimmung der biaxialen Festigkeiten:

Durch Bestimmung jenes Belastungsschrittes, bei dem die erste Materialschadigung

aufgetreten ist, wird durch dessen zugehorigen Normalspannungen σ11 und σ22 die

biaxiale Festigkeit festgelegt. Als Kriterium fur einen Bruchpunkt bzw. der biaxialen

Festigkeit dient der erste auftretende Extremwert im Spannungsverlauf der Spannungs-

komponenten σ11 und σ22.

• Arten von Bruchverlaufen:

Die Rissausbreitung erfolgt im Allgemeinen in Faserrichtung und fuhrt so zu einem

Spaltbruch des Probekorpers. Bei dominierender Beanspruchung parallel zur Faser

treten hingegen Splitterbruche auf. Abbildung 2.6 (a) stellt ein Beispiel fur einen

Spaltbruch dar (ϕ=15/κ=+1:0). Abbildung 2.6 (b) zeigt ein Beispiel fur einen Split-

terbruch (ϕ=0 und κ=+1:0).

Von den 439 Versuchen wurden 423 mit proportionaler Belastung durchgefuhrt. Die 16

restlichen Versuche entsprachen Versuchsdurchfuhrungen mit nichtproportionaler Beanspru-

chungsgeschichte. Bei diesen Versuchen folgten einer proportionalen Teilbelastung mehrere

Zyklen mit teilweiser Ent- und Wiederbelastung. Insgesamt wurden 76 unterschiedliche

Versuchskonfigurationen untersucht, die sich durch funf verschiedene Faserwinkel ϕ und 25

verschiedene Belastungskombinationen κ auszeichnen.

Abbildung 2.6: (a) Spaltbruch bzw. (b) Splitterbruch eines Probekorpers

Die experimentellen Untersuchungen von fehlerfreiem Fichtenholz unter biaxialer Beanspru-

chung lassen sich in funf Diagrammen darstellen. Jedes Diagramm gilt fur einen bestimm-

ten Faserwinkel ϕ und fasst die biaxialen Festigkeiten fur alle Beanspruchungsverhaltnisse

κ zusammen. Die Bruchpunkte liegen jeweils auf gedachten Bruchkurven mit annahernd

elliptischer Form. Die Hauptachsen dieser Ellipsen sind etwa um den Winkel ϕ zu den

Spannungshauptachsen verdreht. Die aus den Versuchen ermittelten Diagramme sind in [5]

dargestellt und im Unterkapitel 6.3 wiedergegeben.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.3: Uniaxiale Zugversuche 13

2.3 Uniaxiale Zugversuche

In Erganzung zu den biaxialen Versuchen wurden uniaxiale Versuche mit jenem Holz durch-

gefuhrt, aus dem die biaxialen Probekorper hergestellt wurden. Ziel dieser Versuche war

es, die elastischen Werkstoffkennwerte (EL, ER und νLR) und die einaxialen Zugfestigkeiten

(βt,⊥ und βt,‖) zu ermitteln.

Da die Lagerung der Proben analog zu jener der Proben fur die biaxialen Versuche erfolgte,

war nur die Abhangigkeit der Versuchsergebnisse von der Rohdichte zu berucksichtigen.

Insgesamt wurden 300 Einzelversuche durchgefuhrt, wobei drei unterschiedliche Versuchs-

konfigurationen unterschieden wurden:

• Konfiguration zur Bestimmung des rohdichtebezogenen Elastizitatsmoduls EL und der

einaxialen Zugfestigkeiten βt,‖ und βt,⊥

• Konfiguration zur Bestimmung des rohdichtebezogenen Elastizitatsmoduls ER und der

einaxialen Zugfestigkeiten βt,‖ und βt,⊥

• Konfiguration zur Bestimmung der rohdichtebezogenen Querdehnungszahl νLR und der

einaxialen Zugfestigkeiten βt,‖ und βt,⊥

Die Probekorperform der drei Konfigurationen war dem jeweiligen Zweck angepasst. Details

dazu sind Pulay [20] und Eberhardsteiner [5] zu entnehmen. Pro Versuchskonfiguration

wurden 100 Versuche durchgefuhrt.

Die elastischen Materialkennwerte EL, ER und νLR wurden aus den linearen Bereichen der

Spannungs-Dehnungsbeziehungen in Abhangigkeit von der Rohdichte ρ bestimmt. Fur die

funf Werkstoffkennwerte wurden schließlich statistische Analysen in Form einer linearen Re-

gression pro Werkstoffkenngroße durchgefuhrt. Die daraus erhaltenen Beziehungen fur die

elastischen Materialparameter sind in den Gleichungen (2.2a) bis (2.2c) zusammengefasst

[5]:

E∗L(ρ) = (3.82 + 21.8 ρ) · 1000 N/mm2 (2.2a)

E∗R(ρ) = (−0.14 + 2.02 ρ) · 1000 N/mm2 (2.2b)

ν∗LR(ρ) = 0.45 + 0.112 ρ (2.2c)

Die Rohdichte ρ ist dabei in g/cm3 einzusetzen.

Die linearen Regressionen der Elastizitatsmoduli geben die bei Holz zu erwartenden rela-

tiv starken Streuungen wieder [8]. Die Regressionsformel fur die Querdehnungszahl lasst

aufgrund der hohen Streuung der Versuche keine große Abhangigkeit von der Rohdichte

erkennen (siehe [5], [7] und [20]).

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.4: Analyse der Bruchversuche 14

2.4 Analyse der biaxialen Bruchversuche

Der orthotrope Werkstoff Holz ist durch sehr unterschiedliche Steifigkeiten in Faserrichtung

und quer zur Faserrichtung gekennzeichnet. Die biaxialen Versuche wurden fur den Sonder-

fall von scheibenformigen, aus der LR-Ebene eines Stammes herausgeschnittenen Holzpro-

ben durchgefuhrt. Bei der aufgebrachten Beanspruchung handelt es sich um einen ebenen

Spannungszustand.

In diesem Unterkapitel werden prinzipielle Aussagen daruber getroffen, wie fehlerfreies Holz

unter verschiedenen Beanspruchungsverhaltnissen versagt und wie dieses Verhalten zu mo-

dellieren ist. Durch Analyse der Spannungs-Verzerrungs-Beziehungen fur verschiedene Be-

anspruchungsverhaltnisse entkennt man vier Grundarten des Versagens, die im Folgenden

erlautert werden (siehe Mackenzie-Helnwein et al. [12]):

• Sprodes Zug- und Schubversagen quer zur Faserrichtung:

Diese Beanspruchungsart fuhrt zu dem in Abbildung 2.4 (a) dargestellten Spaltbruch.

Es entsteht ein zur Faserrichtung paralleler Riss. Diese Versagensart tritt bei allen

Faserwinkeln ϕ auf.

• Duktiles Verhalten unter Druck quer zur Faserrichtung:

Diese Art entspricht einem Verhalten, das sehr ahnlich dem Verfestigungsbereich me-

tallischer Werkstoffe unter plastischer Beanspruchung ist. Druckbeanspruchung, die

exakt normal zur Faserrichtung wirkt, verursacht keine Entfestigung. Auf makrosko-

pischer Ebene treten homogene Verzerrungszustande auf. Auf mikroskopischer Ebene

tritt die inelastische Verformung hingegen nur in einzelnen Zellenreihen auf.

• Sprodes Zugversagen in Faserrichtung:

Diese Art erzeugt den in Abbildung 2.4 (b) dargestellten Splitterbruch und stellt eine

Kombination von Faserriss und Schubversagen entlang der Jahrringgrenzen dar. Außer-

dem treten große Streuungen der biaxialen Festigkeit bei uberwiegender Zugbeanspru-

chung in Faserrichtung auf. Die elliptische Bruchkurve nach [5] tendiert in diesem

Bereich zu einer Uberschatzung der Zugfestigkeit in Faserrichtung. Diese Versagensart

tritt ausnahmslos bei kleinen Faserwinkeln ϕ auf.

• Druckversagen in Faserrichtung:

Durch diese Beanspruchung entstehen Bander gestauchter Zellen. Dadurch treten ini-

tiale Festigkeitsverluste von etwa 20 % der ursprunglichen Druckfestigkeit auf.

Bei großen Stauchungen zeigt sich bei den Versagensarten mit Druckbeanspruchung ein

Phanomen, das in weiterer Folge als Kompaktion bezeichnet wird. Durch Kompaktion steigt

die Festigkeit, wobei das Material nahezu inkompressibel wird. Dieses Phanomen konnte bei

den biaxialen Versuchen wegen der Beschrankung auf kleine Verzerrungen nicht beobachtet

werden.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.5: Grundlagen zur Simulation 15

2.5 Grundlagen zur Simulation der biaxialen Bruch-

versuche

In diesem Unterkapitel werden die Versuchsdaten der Einzelversuche fur die Versuchssimula-

tion aufbereitet. In Abschnitt 2.5.1 wird erlautert, wie der totale Verzerrungszustand jedes

Einzelversuchs ermittelt wird, da dieser wegen der erforderlichen Vorspannung der Proben

nicht bekannt ist. In Abschnitt 2.5.2 werden mittels charakteristischer Versuchsdaten die in

Unterkapitel 2.4 beschriebenen vier Versagensmechanismen gemaß [12] veranschaulicht.

2.5.1 Bestimmung des initialen Verzerrungszustandes

Da der mit dem Vorspannungszustand korrespondierende Verzerrungszustand bei den biaxia-

len Versuchen nicht bekannt ist, empfiehlt es sich, einen initialen Verzerrungszustand aus dem

initialen Spannungszustand und dem elastischen Gesetz ruckzurechnen.

Es darf angenommen werden, dass dieser initiale Zustand nach wie vor im linear elastischen

Bereich liegt. Man kann deshalb bei bekanntem Spannungszustand den dabei auftreten-

den Verzerrungszustand aus dem verallgemeinerten Hooke’schen Gesetz ermitteln. Das

liefert den gesuchten initialen Verzerrungszustand. Mit Hilfe dessen erhalt man Spannungs-

Verzerrungs-Kurven, die im Koordinatenursprung beginnen.

Dazu werden die Verzerrungskomponenten ε11, ε22 und γ12 mittels linearer Regression uber

etwa 5 bis 20 Lastinkremente wie folgt ersetzt:

εij = aij + bij t , (2.3)

wobei aij jene Dehnung ist, die nach dem ersten Lastschritt berechnet wurde, bij ist die Stei-

gung der Regressionsgeraden und t ist ein Zeitparameter, welcher mit der laufenden Nummer

im Datensatz gleichgesetzt wird. Abbildung 2.7 (a) veranschaulicht die lineare Regression

nach (2.3). Die im Zuge der Regressionsrechnung zu minimierenden Fehlerquadratsummen

erhalt man zu:

Eij =1

2

n∑

k=1

(ε(k)ij − aij − bij tk)

2 , (2.4)

wobei n die Anzahl der zu berucksichtigenden Messpunkte bezeichnet und tk = k gesetzt

wird. Diese Anzahl ist individuell fur jeden Versuch zu wahlen.

Die Gleichungen (2.3) und (2.4) sind getrennt fur ij ∈ LL,RR, LR zu formulieren.

In [5] werden die Spannungs-Verzerrungs-Beziehungen aller Einzelversuche fur die betrags-

maßig großere Spannung dargestellt. Fur die Berechnung des initialen Verzerrungszustandes

jedes Einzelversuches werden deshalb die betragsmaßig großeren Spannungen herangezogen.

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.5: Grundlagen zur Simulation 16

Den initialen Verzerrungszustand ∆εij erhalt man zu

∆εij =σij

Eij

, (2.5)

wobei Eij und σij folgendermaßen definiert sind:

Eij =σ

(n)ij − σ

(1)ij

ε(n)ij − aij

und σij = σ(1)ij − Eij aij . (2.6)

1 2 3 n1 2 3

1

1

∆εij ε(n)ij − aij

Eij

aij

Verschobene σ-ε-Linie

σij

aij

σij

εij

σ(1

)ij

σ(n

)ij

−σ

(1)

ij

εij

aij

t

bij

Eij

Ursprungliche σ-ε-Linie

bij

(a) (b)

Abbildung 2.7: (a) Lineare Regression, (b) Verschiebung der σ-ε-Linien

Diese Verschiebung der Spannungs-Verzerrungs-Kurven wurde fur alle Versuche durchge-

fuhrt. Sie ist schematisch in Abbildung 2.7 (b) dargestellt. Die entsprechenden korregierten

Versuchsdaten sind Grundlage fur die Simulation der biaxialen Bruchversuche in Kapitel 6.

2.5.2 Veranschaulichung der vier Versagensmechanismen

Dieser Abschnitt fasst die Erkenntnisse aus Unterkapitel 2.4 und Abschnitt 2.5.1 zusammen.

Aus dem Versuchsprogramm werden dazu vier charakteristische Versuche ausgewahlt, die die

aufgelisteten Versagensarten aus Unterkapitel 2.4 reprasentieren. Folgende Einzelversuche

aus Eberhardsteiner [5] werden herangezogen:

• Versuch Nr. 090 mit Beanspruchungsverhaltnis κ = 0: + 1 und Faserwinkel ϕ = 0

• Versuch Nr. 248 mit Beanspruchungsverhaltnis κ = 0: − 1 und Faserwinkel ϕ = 0

• Versuch Nr. 144 mit Beanspruchungsverhaltnis κ = +1:0 und Faserwinkel ϕ = 0

• Versuch Nr. 222 mit Beanspruchungsverhaltnis κ = −1:0 und Faserwinkel ϕ = 0

Abbildung 2.8 stellt diese charakteristischen Versuchsdaten zur Veranschaulichung der vier

Versagensmechanismen gemaß [12] dar ((a) Zug quer zur Faser, (b) Druck quer zur Faser,

(c) Zug in Faserrichtung, (d) Druck in Faserrichtung).

Experimentelle Untersuchungen von Fichtenholz 2.5: Grundlagen zur Simulation 17

−5 0 5 10 15

x 10−3

0

2

4

6

8

ε11

/ ε22

/ γ12

[ ]

σ 22 [N

/mm

2 ](a) Zug quer zur Faser

−0.02 −0.015 −0.01 −0.005 0−6

−5

−4

−3

−2

−1

0

ε11

/ ε22

/ γ12

[ ]

σ 22 [N

/mm

2 ]

(b) Druck quer zur Faser

−2 0 2 4 6

x 10−3

0

20

40

60

80

ε11

/ ε22

/ γ12

[ ]

σ 11 [N

/mm

2 ]

(c) Zug in Faserrichtung

−6 −4 −2 0 2 4

x 10−3

−50

−40

−30

−20

−10

0

ε11

/ ε22

/ γ12

[ ]

σ 11 [N

/mm

2 ]

(d) Druck in Faserrichtung

Abbildung 2.8: Charakteristische Versuchsdaten zur Veranschaulichung der vier Versagens-

mechanismen gemaß [12]

Die Bilder zeigen die Spannungs-Verzerrungs-Beziehungen fur die betrachteten Einzelversu-

che. Auf der Abszisse der Ergebnisdarstellungen wurden die drei Verzerrungskomponenten

ε11 (blau), ε22 (rot) und γ12 (grun) aufgetragen. Die vollausgezogenen Linien entsprechen

den um den initialen Verzerrungszustand korregierten Versuchsdaten, die strichlierten Linien

entsprechen den ursprunglichen Versuchsdaten.

Kapitel3Beschreibung des elastischen

Bereiches

Die Beschreibung des mechanischen Verhaltens von Holz erfolgt im Rahmen der Elasti-

zitatstheorie mit Hilfe des verallgemeinerten Hooke’schen Gesetzes. Dieses Kapitel enthalt

Untersuchungen der Versuche im elastischen Bereich, wobei die Berechnung der elastischen

Materialparameter mittels den Spannungs- und Verzerrungsinkrementen der Einzelversuche

angestrebt wird.

3.1 Ausgangszustand und Problemstellung

Die experimentellen Untersuchungen wurden auf der Grundlage einer kontinuumsmechani-

schen Betrachtungsweise mittels des verallgemeinerten Hooke’schen Gesetzes fur orthotrope

Werkstoffe und der Beschrankung auf ebene biaxiale Beanspruchung durchgefuhrt. Aus den

dargelegten Bedingungen erhalt man das fur die Materialhauptrichtungen L und R geltende

linear elastische Spannungs-Verzerrungs-Gesetz zu

dεL

dεR

dγLR

=

1EL

−νRLER

0

−νLREL

1ER

0

0 0 1GLR

︸ ︷︷ ︸

= D

·

dσL

dσR

dτLR

, (3.1)

wobei differentielle Großen betrachtet werden. Die 3×3-Matrix ist die Nachgiebigkeitsmatrix

D. Sie wird mittels funf elastischer Parameter beschrieben. Unter der Voraussetzung der

Existenz eines elastischen Potentials folgt die Symmetrie des Elastizitatstensors C = D−1.

Dadurch ergibt sich:

νLRER = νRLEL . (3.2)

Elastischer Bereich 3.1: Ausgangszustand und Problemstellung 19

Damit reduziert sich die Anzahl unabhangiger elastischer Konstanten auf vier. Mit der

Annahme, dass die Schubverzerrungen zufolge reinen Schubs bei einer Drehung des Koordi-

natensystems um die Stammlangsachse (Achse T , siehe Abbildung 2.2) invariant sind, erhalt

man nach Lekhnitskij [9] folgende zusatzliche Beziehung:

GLR =ELER

EL + ER + 2 νLRER

. (3.3)

Unter dieser Annahme verbleiben nur mehr drei unabhangige Materialparameter EL, ER und

νLR in dem in Gleichung (3.1) angegebenen ebenen Spannungs-Verzerrungs-Zusammenhang.

Der Werkstoff Holz besitzt initial linear elastische Eigenschaften im Zug- und im Druckbe-

reich.

Der Elastizitatstensor ergibt sich aus C = D−1. In Matrizenschreibweise entspricht C einer

3×3-Matrix. Die folgende Darstellung gilt fur ein Koordinatensystem, welches mit den

Materialhauptachsen ubereinstimmt:

C =

EL∆

νLR ER∆ 0

νLR ER∆

ER∆ 0

0 0 GLR

, (3.4)

wobei ∆ = 1 − νLR νRL und (3.3) fur GLR gelten. Wie in Kapitel 2 angegeben, wurden fur

alle Versuche die Spannungs-Verzerrungs-Beziehungen ermittelt. Um ein Materialmodell fur

Holz im elastischen Bereich zu erhalten, ist es erforderlich, die elastischen Materialparameter

aus den nun bekannten Spannungs- und Verzerrungsinkrementen zu ermitteln. In [5] sind

zwei unterschiedliche Falle zur Losung dieser Aufgabe erlautert:

1. Bei Betrachtung des allgemeinen Falls (ϕ 6= 0) waren die Beziehungen (3.1) nach

den Materialparametern losbar. Dieses Gleichungssystem ist aber aufgrund der unter-

schiedlichen Steifigkeiten in den Materialhauptrichtungen (EL/ER ≈ 20) numerisch

sehr schlecht konditioniert. Geringfugige Fehler bei der Ermittlung der Spannungs-

und Verzerrungskomponenten (≈ 2 % Fehler) fuhren zu betrachtlichen Abweichungen

bei der Bestimmung der Materialparameter (≈ 100 % Fehler).

2. Bei Betrachtung des Sonderfalls koinzidierender Material- und Beanspruchungshaupt-

achsen (ϕ = 0) entfallt aufgrund der schubspannungsfreien Beanspruchung die dritte

Gleichung der Beziehung (3.1). Dadurch erhalt man zwei Gleichungen fur drei unbe-

kannte Materialparameter EL, ER und νLR.

Eine mogliche Losung des Problems bietet die Kombination der Versuchsergebnisse aus den

biaxialen Versuchen mit den Ergebnissen der in Unterkapitel 2.3 beschriebenen uniaxia-

len Zugversuche. Mittels der Regressionsgleichungen (2.2a) bis (2.2c) konnen Relationen

zwischen diesen Materialparametern abgeleitet werden und als zusatzliche Beziehungen zur

Ermittlung derselben berucksichtigt werden.

Elastischer Bereich 3.2: Beispiel zur Ermittlung der Materialparameter 20

Im folgenden Unterkapitel soll ein Beispiel zur Ermittlung der elastischen Materialparameter

die erlauterten Probleme aufzeigen. Im darauf folgenden Unterkapitel werden die Varianten

zur Losung dieser Aufgabe vorgestellt und ausfuhrlich diskutiert.

3.2 Beispiel zur Ermittlung der Materialparameter

Ausgehend von einem Verzerrungszustand εid, dessen Komponenten proportional zunehmen,

werden mittels dem verallgemeinerten Hooke’schen Gesetz

σ = C : εid (3.5)

und C aus (3.4) die zugehorigen Spannungen berechnet. Die unabhangigen elastischen Ma-

terialparameter werden dabei als

EL = 12000 N/mm2, ER = 700 N/mm2 und νLR = 0.50 (3.6)

angenommen. Diese Werte stellen Durchschnittswerte von fehlerfreiem Fichtenholz dar. Sie

wurden unter Berucksichtigung der Streuungsbereiche fur die einzelnen Materialparameter

EL ≈ 10000 − 15000 N/mm2, ER ≈ 600 − 1000 N/mm2 und νLR ≈ 0.40 − 0.80 (3.7)

gewahlt. Diese Streuungsbereiche ergeben sich aus den linearen Regressionen (2.2a) bis

(2.2c) bzw. aus den in [5] dargestellten Ergebnissen der uniaxialen Versuche. Der ideale

Verzerrungszustand erreicht den Maximalverzerrungszustand

max εid = b0.005 0.005 − 0.005cT (3.8)

nach 50 Lastschritten. Somit sind 3 × 50 Messergebnisse erforderlich. Durch die Annahme

einer Messgenauigkeit von ± 2 % bei der Verschiebungsmessung und der anschließenden

Berechnung der Verzerrungen tritt bei jeder dieser insgesamt 150 Messungen eine Fehler-

funktion δ auf. Den daraus resultierenden realen Verzerrungspfad erhalt man zu

εk =

εL,k

εR,k

γLR,k

=

εidL,k ± δ

εidR,k ± δ

γidLR,k ± δ

, (3.9)

wobei δ = 0.02 ‖ max εid ‖ den maximalen Fehler pro Messung beschreibt. δ betragt somit

0.000173. Die zuvor ermittelten Spannungen σ werden hingegen nicht verandert.

Abbildung 3.1 veranschaulicht den Unterschied zwischen idealem und realem Verzerrungs-

pfad fur die Komponenten εL und εR fur eine der moglichen Zufallsverteilungen. Der Ver-

zerrungspfad wird in der εL-εR-Ebene aufgetragen.

Elastischer Bereich 3.2: Beispiel zur Ermittlung der Materialparameter 21

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5

x 10−3

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

3.5

4

4.5

5x 10

−3

εL [ ]

ε R [

]

Idealer VerzerrungspfadRealer Verzerrungspfad

Abbildung 3.1: Unterschied zwischen idealem und realem Verzerrungspfad

Mittels (3.1) werden unter Verwendung des realen Verzerrungszustands εk die unabhangigen

elastischen Materialparameter ruckgerechnet. Tabelle 3.1 fasst die Ergebnisse dieses Beispiels

zusammen. Da der Fehler δ eine Zufallsgroße darstellt, sind die Berechnungen fur mehrere

Zufallsverteilungen in der Tabelle dargestellt. Zusatzlich zu den Materialparametern sind

die Komponenten der Maximalverzerrungen des realen Verzerrungszustandes angegeben.

Tabelle 3.1: Ergebnisse der Ruckrechnung der elastischen Materialparameter

Ausgangszustand Durchlauf 1 Durchlauf 2 Durchlauf 3 Durchlauf 4

max εL 0.005 0.0048 0.0048 0.0048 0.0051

max εR 0.005 0.0050 0.0052 0.0051 0.0051

max γLR -0.005 -0.0051 -0.0049 -0.0050 -0.0051

EL 12000 16746 9602 10525 11052

ER 700 654 847 944 590

νLR 0.50 1.08 0.01 0.14 0.55

Die in Unterkapitel 3.1 dargelegten Probleme werden durch dieses Beispiel bestatigt. Vor

allem bei der Ermittlung der Querdehnungszahl treten Werte auf, die weit außerhalb des

Streuungsbereiches liegen. Die Abweichungen bei den Elastizitatsmoduln betragen etwa

30 %. Da ein Verzerrungspfad mit 50 Lastschritten verwendet wurde, ist es leicht vorstellbar,

dass bei Versuchen mit bis zu 1000 Lastschritten die Abweichungen großer werden konnen.

Da bei manchen Einzelversuchen der linear elastische Bereich nicht beim Versuchsstart be-

ginnt, ist es gegebenenfalls erforderlich die Berechnung der elastischen Materialparameter

erst ab etwa 100 Lastschritten zu starten. Bei diesen Versuchen beseitigte die gewahlte

Vorspannung die aufgetretenen Fertigungstoleranzen zwischen Probekorper und Belastungs-

einrichtung nicht vollstandig.

Fur die weitere Untersuchung wurden effiziente Programmalgorithmen erstellt, die durch

Einsetzen der Versuchsnummer und der entsprechenden Rohdichte, eine breite Untersuchung

und qualitative Beurteilung der jeweiligen Berechnungsvariante ermoglichen.

Elastischer Bereich 3.3: Varianten zur Berechnung der Materialparameter 22

3.3 Varianten zur Berechnung der Materialparameter

Die Spannungen und Verzerrungen aus den Versuchen gelten fur ein allgemeines, in der

LR-Ebene um den Winkel ϕ verdrehtes kartesisches Koordinatensystem 1, 2. Um das fur

die Materialhauptrichtungen L,R geltende konstitutive Gesetz (3.1) verwenden zu konnen,

ist eine Koordinatentransformation der Versuchsdaten erforderlich. Die unterschiedlichen

Richtungen sind in Abbildung 3.2 dargestellt.

L

R

1

2

ϕ

3 = T

R

L

TTL

LR

RT

Tangentialschnitt

Radialschnitt

Jahrring

Querschnitt

(a) (b)

Abbildung 3.2: (a) Abschnitt eines Baumstamms, (b) Materialhauptrichtungen

Fur den vorliegenden Fall eines ebenen Spannungszustandes lautet die Koordinatentransfor-

mation fur die Spannungen nach Mang und Hofstetter [13]:

σL = σ11 cos2 ϕ+ σ22 sin2 ϕ+ 2 τ12 sinϕ cosϕ

σR = σ11 sin2 ϕ+ σ22 cos2 ϕ− 2 τ12 sinϕ cosϕ (3.10)

τLR = (−σ11 + σ22) sinϕ cosϕ+ τ12 cos 2ϕ

Die Transformation des Koordinatensystems ist sowohl fur die Spannungen als auch fur die

Verzerrungen durchzufuhren. Die Koordinatentransformation fur die Verzerrungen lautet:

εL = ε11 cos2 ϕ+ ε22 sin2 ϕ+ γ12 sinϕ cosϕ

εR = ε11 sin2 ϕ+ ε22 cos2 ϕ− γ12 sinϕ cosϕ (3.11)

γLR = 2 (−ε11 + ε22) sinϕ cosϕ+ γ12 cos 2ϕ

Der Unterschied zwischen den Gleichungen (3.10) und (3.11) ergibt sich durch die Ver-

wendung der Gleitung γLR anstelle der Tensorkomponente εLR und deren Zusammenhang

γLR = 2 εLR.

Die benotigten Großen zur Bestimmung der elastischen Materialparameter EL, ER und νLR

werden wie folgt ermittelt:

∆σij = σ(n)ij − σ

(m)ij (3.12a)

∆εij = ε(n)ij − ε

(m)ij (3.12b)

mit i, j ∈ LL, RR, LR. Dabei bezeichnen n undmmit n > m unterschiedliche Lastschritte

im Datensatz.

Elastischer Bereich 3.3: Varianten zur Berechnung der Materialparameter 23

Abbildung 3.3 visualisiert die benotigten Großen zur Bestimmung der elastischen Material-

parameter.

∆εij

∆σ

ij

ε(n)ij

σ(m)ij

σ(n)ij

σij

εij

ε(m)ij

Abbildung 3.3: Benotigte Großen zur Bestimmung der elastischen Materialparameter

Damit stehen die Großen ∆σL, ∆σR und ∆τLR sowie ∆εL, ∆εR und ∆γLR zur Verfugung.

Da in der dritten Zeile von (3.1) nur uber Beziehung (3.3) ein Zusammenhang mit den drei zu

bestimmenden Materialparametern herzustellen ist bzw. diese Zeile des Gleichungssystems

nur bei Faserwinkel ϕ 6= 0 verwendet werden kann, wird die dritte Zeile von (3.1) zur

Bestimmung der elastischen Materialparameter nicht herangezogen.

3.3.1 Verwendung von einer linearen Regressionsgleichung

Da drei elastische Materialparameter (EL, ER und νLR) zu bestimmen sind und drei lineare

Regressionsgleichungen (2.2a) bis (2.2c) im Unterkapitel 2.3 angegeben sind, wurden drei

verschiedene Varianten untersucht:

• Elastizitatsmodul parallel zur Faserrichtung EL:

Es werden die Regressionsgleichung (2.2a) fur EL = E∗L(ρ) und die Gleichung (3.3)

fur GLR in das Gleichungssystem (3.1) eingesetzt. Unter Berucksichtigung von (3.2)

berechnet man die verbleibenden zwei Materialparameter aus den erhaltenen Bezie-

hungen. Die daraus resultierenden Beziehungen lauten:

EL = E∗L(ρ) = (3.82 + 21.8 ρ) 1000 , (3.13a)

νLR =∆σL − EL ∆εL

∆σR

, (3.13b)

ER =EL ∆σR

EL ∆εR + νLR ∆σL. (3.13c)

Elastischer Bereich 3.3: Varianten zur Berechnung der Materialparameter 24

• Elastizitatsmodul normal zur Faserrichtung ER:

Es werden die Regressionsgleichung (2.2b) fur ER = E∗R(ρ) und die Gleichung (3.3)

fur GLR in das Gleichungssystem (3.1) eingesetzt. Unter Berucksichtigung von (3.2)

berechnet man die verbleibenden zwei Materialparameter aus den erhaltenen Bezie-

hungen. Die daraus resultierenden Beziehungen lauten:

ER = E∗R(ρ) = (−0.14 + 2.02 ρ) 1000 , (3.14a)

EL =ER ∆σ2

L

ER ∆εL ∆σL + (∆σR − ER ∆εR) ∆σR

, (3.14b)

νLR =EL (∆σR − ER ∆σR)

ER ∆σL. (3.14c)

• Querdehnungszahl νLR:

Es werden die Regressionsgleichung (2.2c) fur νLR = ν∗LR(ρ) und die Gleichung (3.3)

fur GLR in das Gleichungssystem (3.1) eingesetzt. Unter Berucksichtigung von (3.2)

berechnet man die verbleibenden zwei Materialparameter aus den erhaltenen Bezie-

hungen. Die daraus resultierenden Beziehungen lauten:

νLR = ν∗LR(ρ) = 0.45 + 0.112 ρ , (3.15a)

EL =∆σL − νLR σR

∆εL

, (3.15b)

ER =EL ∆σR

EL ∆εR + νLR ∆σL

. (3.15c)

Diese drei Varianten werden in der folgenden Abbildung 3.4 fur einen Versuch ausgewertet.

Der Versuch 098 aus [5] (ϕ = 0 und κ = −4:+5) zeigt die typischen Probleme und Merkmale

bei der Bestimmung der elastischen Materialparameter aus den Versuchsdaten auf. Die

benotigten Großen werden aus den Gleichungen (3.12a) und (3.12b) ermittelt, in dem man

n = m + 1 setzt.

Die Materialparameter aus den Regressionsformeln (2.2a) bis (2.2c) fur dieses Beispiel erhalt

man mit ρ = 0.437 g/cm3 zu:

EL = 13347 N/mm2 , ER = 743 N/mm2 und νLR = 0.50 . (3.16)

Abbildung 3.4 stellt fur veranderliches n die Auswertung folgender Formeln dar:

• Erste Zeile (a) – Gleichungen (3.13b) und (3.13c)

• Zweite Zeile (b) – Gleichungen (3.14b) und (3.14c)

• Dritte Zeile (c) – Gleichungen (3.15b) und (3.15c)

Als Vergleichswert sind die mittels den Regressionsformeln (2.2a) bis (2.2c) ermittelten Ma-

terialparameter strichliert in den Diagrammen eingetragen.

Elastischer Bereich 3.3: Varianten zur Berechnung der Materialparameter 25

0 10 20 30 40 500

5000

10000

15000

Lastschritte

EL [N

/mm

2 ]

0 10 20 30 40 500

500

1000

1500

2000

Lastschritte

ER

[N/m

m2 ]

0 10 20 30 40 50

−1

0

1

2

3

Lastschritte

ν LR [

]

0 10 20 30 40 500

500

1000

1500

2000

Lastschritte

ER

[N/m

m2 ]

0 10 20 30 40 500

5000

10000

15000

Lastschritte

EL [N

/mm

2 ]

0 10 20 30 40 50

−1

0

1

2

3

Lastschritteν LR

[ ]

(c)

(b)

(a)

Abbildung 3.4: Verlauf der elastischen Materialparameter fur Versuch 098 aus [5] unter Ver-

wendung der Regressionsformeln fur (a) EL, (b) ER und (c) νLR

Aufgrund der stark schwankenden Kurvenverlaufe wird zusatzlich eine lineare Regression

fur die errechneten Materialparameter durchgefuhrt (schwarze Linien). Diese ist nur in

einem linear elastischen Bereich durchzufuhren. Der Versuch 098 verlauft bis zum Bruch

im linear elastischen Bereich. Aufgrund der schwankenden Kurvenverlaufe ist eine andere

Darstellungsform sinnvoll.

Abbildung 3.5 stellt die neuen Kurvenverlaufe analog zu Abbildung 3.4 zusammen, wobei

die strichlierten Linien jeweils den mittels der Regressionsformeln ermittelten Werten der

Materialparameter entsprechen.

Durch Definition eines Startpunktes A, der nicht dem ersten Lastschritt entspricht, werden

im Folgenden glattere Kurvenverlaufe erhalten. Die benotigten Großen werden aus den

Gleichungen (3.12a) und (3.12b) ermittelt, in dem man m = A > 1 setzt.

Die gewahlte Darstellung sollte im linear elastischen Bereich einen Bereich mit konstanten

Rechenwert anzeigen, der im elasto-plastischen Bereich entsprechend abnimmt. Bei Be-

trachtung der berechneten Werte fallt auf, dass fur den untersuchten Einzelversuch 098 EL

(blaue Linien) unterschatzt und ER (rote Linien) uberschatzt wird. Dabei liegen die Werte

außerhalb der in Abschnitt 3.2 angegebenen Streuungsbereiche.

Elastischer Bereich 3.3: Varianten zur Berechnung der Materialparameter 26

10 20 30 40 500

5000

10000

15000

Lastschritte

EL [N

/mm

2 ]

10 20 30 40 500

500

1000

1500

2000

Lastschritte

ER

[N/m

m2 ]

10 20 30 40 50

−1

0

1

2

3

Lastschritte

ν LR [

]

10 20 30 40 500

500

1000

1500

2000

Lastschritte

ER

[N/m

m2 ]

10 20 30 40 500

5000

10000

15000

Lastschritte

EL [N

/mm

2 ]

10 20 30 40 50

−1

0

1

2

3

Lastschritteν LR

[ ]

(c)

(b)

(a)

Abbildung 3.5: Verlauf der elastischen Materialparameter fur Versuch 098 aus [5] unter Ver-

wendung der Regressionsformeln fur (a) EL, (b) ER und (c) νLR fur A=10

Die Querdehnungszahl νLR ergibt sich bei Vorgabe des Elastizitatsmoduls EL großer als der

Wert aus der Regressionsformel, wobei kein Bereich konstanter Rechenwerte zu erkennen ist.

Bei Vorgabe des Elastizitatsmoduls ER erhalt man sogar eine negative Querdehnungszahl

νLR. Dies widerspricht eindeutig dem beobachteten Materialverhalten.

Da bei Verwendung dieser Varianten zur Materialparameterbestimmung die erwahnten Pro-

bleme bei einer großen Anzahl von Einzelversuchen auftreten, ist es erforderlich weitere

Informationen aus den uniaxialen Versuchen heranzuziehen.

3.3.2 Verwendung von zwei linearen Regressionsgleichungen

Da das Verhaltnis der Elastizitatsmoduln parallel und normal zur Faserrichtung annahernd

konstant ist, wird eine weitere Variante zur Bestimmung der elastischen Materialparameter

durch Einfuhrung des Verhaltnisses

E =E∗

L(ρ)

E∗R(ρ)

=3.82 + 21.8 ρ

−0.14 + 2.02 ρ(3.17)

untersucht. E wird in die ersten zwei Gleichungen von (3.1) eingesetzt.

Elastischer Bereich 3.3: Varianten zur Berechnung der Materialparameter 27

Die daraus resultierenden Beziehungen lauten:

νLR =∆σL ∆εR − E∆σR ∆εL

∆σR ∆εR − ∆σL ∆εL, (3.18a)

EL =∆σL − νLR ∆σR

∆εL, (3.18b)

ER =EL

E. (3.18c)

Somit sind alle drei Materialparameter direkt mittels der Spannungs- und Verzerrungsdiffe-

renzen aus den Versuchsdaten berechenbar. Abbildung 3.6 stellt das Ergebnis dieser Variante

fur den Versuch 098 dar. Die benotigten Großen werden aus den Gleichungen (3.12a) und

(3.12b) ermittelt, in dem man n = B setzt.

−2 0 2 4

x 10−3

−20

−15

−10

−5

0

5σ − ε − Diagramm im 1−2−System

Versuch Nr.98

φ = 0 °

κ = −4:+5

−2 0 2 4

x 10−3

−20

−15

−10

−5

0

5σ − ε − Diagramm im L−R−System

σL / ε

R / ε

RτLR

/ γLR

0 20 40 60−2.5

−2

−1.5

−1

−0.5

νLR

[ ]

0 20 40 605000

6000

7000

8000

9000

EL [N/mm2]

0 20 40 60250

300

350

400

450

500

ER

[N/mm2]

(a) (b)

(c)

Versuch 098

κ = −4 : +5

ϕ = 0

Abbildung 3.6: Verlauf der elastischen Materialparameter fur Versuch 098 aus [5] mit B=50

Die oberen Diagramme der Abbildung 3.6 stellen Ausschnitte aus den Spannungs-Verzerr-

ungs-Beziehungen aus dem jeweils betrachteten Versuch dar. Abbildung 3.6 (a) stellt den

Ausschnitt im 12-System dar, Abbildung 3.6 (b) stellt den Ausschnitt im LR-System dar.

Sinn dieser Darstellung ist das einwandfreie Erkennen, ob zur Berechnung der elastischen

Materialparameter ein linearer Abschnitt des Spannungs-Verzerrungs-Diagramms herange-

zogen wird. Die beiden Diagramme sind fur den Versuch 098 ident, da ϕ = 0 ist.

Elastischer Bereich 3.4: Schlussfolgerungen 28

Abbildung 3.6 (c) stellt die Auswertungen der Gleichungen (3.18a) bis (3.18c), bei festgehal-

tenem Endpunkt B und beliebig wahlbarem Startpunkt m, dar.

Die Ergebnisse der Diagramme lassen sich wie folgt interpretieren. EL wird mit etwa

6800 N/mm2 deutlich unterschatzt, ER wird mit etwa 370 N/mm2 ebenfalls unterschatzt

(Werte bei m = 25). Man erhalt auch bei dieser Variante eine negative Querdehnzahl νLR.

Eine alternative Darstellung mit festgehaltenem Startpunkt m = A und variablem Endpunkt

n nach (3.12a) und (3.12b) liefert das selbe Resultat. Somit bleibt noch als letzte Variante alle

drei elastischen Materialparameter durch die Regressionen aus den uniaxialen Zugversuchen

vorzugeben.

3.3.3 Verwendung von allen linearen Regressionsgleichungen

Wie in [5] erwahnt und begrundet, und bereits in Unterkapitel 2.3 beschrieben, stellen die

uniaxialen Zugversuche parallel und normal zur Faserrichtung eine effiziente Moglichkeit zur

Erganzung der bei einem biaxialen Bruchversuch gewonnenen Messinformationen dar.

Fur die Versuchssimulationen werden die in Gleichung (3.6) dargestellten Annahmen fur die

elastischen Konstanten verwendet. Diese Annahmen ergeben sich aus den Streuungsberei-

chen, die in Unterkapitel 3.2 angegeben wurden und sich aus den Regressionsgleichungen

(2.2a) bis (2.2c) folgen.

3.4 Schlussfolgerungen

Das vorliegende Kapitel diente der Untersuchung der prinzipiellen Moglichkeit, die drei un-

abhangigen elastischen Materialparameter EL, ER und νLR, bei gegebenen Spannungs- und

Verzerrungsdifferenzen aus dem fur orthotropes Material gultigem elastischen Gesetz (3.1),

zu ermitteln.

Unabhangig von der Versuchskonfiguration (Druck- oder Zugversuch parallel oder normal zur

Faserrichtung) wurden mehrere Berechnungsvarianten untersucht, die sich durch unterschied-

liche Verwendung der aus den uniaxialen Zugversuchen ermittelten Regressionsgleichungen

unterscheiden.

Die Resultate der verschiedenen Varianten sind ahnlich. Unter Berucksichtigung der Streu-

ungsbereiche der zu bestimmenden Materialparameter, die sich zufolge variabler Rohdichte

aus den linearen Regressionsgleichungen (2.2a) bis (2.2c) ergeben, ist es nicht moglich,

diese, durch Vorgabe eines linear elastischen Auswertebereiches und der Rohdichte des je-

weiligen biaxialen Einzelversuches, zu berechnen.

Elastischer Bereich 3.4: Schlussfolgerungen 29

Tabelle 3.2 fasst einige Werte fur die elastischen Materialparameter, entnommen aus [14]

und Normen des deutschsprachigen Raums, zusammen.

Tabelle 3.2: Elastische Materialparameter im Vergleich

Niemz ON B 3012 ON EN 338 ON B 4100-2 DIN 1052 SIA 164

[14] [16] [18] [17] [2] [21]

ρ [g/cm3] 0.470 0.441 — — 0.380 0.430

EL [N/mm2] 10000 12500 12000 10500 12000 12000

ER [N/mm2] 450 800 400 350 400 —

GLR [N/mm2] 600 600 750 500 750 —

νLR [ ] 0.530 0.270 — — — —

νRL [ ] 0.013 0.015 — — — —

νRL [ ] 0.024 0.018 — — — —

Die Kennwerte aus ON B 3012 [16] sind nicht unmittelbar auf Bauholz ubertragbar. Bei

Betrachtung der Querdehnungszahlen der ersten beiden Spalten von Tabelle 3.2 fallt auf,

dass die Querdehnungszahlen νRL nicht der Beziehung νRL = νLR ER/EL (siehe Gleichung

(3.2)) entsprechen. Die Querdehnungszahlen νRL, die sich aus (3.2) ergeben sind in Tabelle

3.2 rot markiert.

Aufgrund der dargelegten Probleme werden die voneinander unabhangigen elastischen Ma-

terialparameter EL, ER und νLR fur die weiteren Untersuchungen variabel gehalten. Fur die

weitere Vorgehensweise werden die fur das Beispiel in Unterkapitel 3.2 verwendeten Werte

EL = 12000 N/mm2, ER = 700 N/mm2 und νLR = 0.50 (3.19)

initial vorgegeben und erforderlichenfalls adaptiert.

Kapitel4Theoretische Grundlagen zur

Modellbildung

Die Beschreibung des mechanischen Verhaltens von Holz im Rahmen der Plastizitatstheo-

rie erfolgt mit Hilfe der im folgenden Unterkapitel zusammengefassten Beziehungen. Als

Fließflache fur das konstitutive Modellieren von Holz wird jenes Bruchkriterium herangezo-

gen, das in [5] vorgestellt wird. In Unterkapitel 4.2 wird eine ausfuhrliche mathematische

Diskussion dieser Flache durchgefuhrt.

4.1 Einaxiale Uberlegungen zur Beschreibung des plas-

tischen Verhaltens

Dieses Unterkapitel stellt die in Kapitel 5 verwendeten Grundgleichungen der Plastizitats-

theorie dar und erlautert die Vorgangsweise bei der Ermittlung der zusatzlichen Variablen,

die zur Beschreibung des plastischen Flusses erforderlich sind. Die Grundzuge des Pro-

jektionsverfahrens, welches zur Integration der plastischen Evolutionsgesetze dient, werden

erlautert. Anhand zweier eindimensionaler Beispiele fur Ver- bzw. Entfestigung werden die

Grundgleichungen der Plastizitatstheorie angewandt und diskutiert.

4.1.1 Grundgleichungen der Plastizitatstheorie

Die klassische Plastizitatstheorie wird durch einen Satz von Gleichungen beschrieben, die

das elastische Verhalten sowie die Evolution der inelastischen Verzerrungsgroßen bestimmen.

Im folgenden Abschnitt werden diese Grundgleichungen kurz zusammengefasst. Die Plasti-

zitatstheorie und die diskretisierte Form der Grundgleichungen sowie deren algorithmische

Behandlung werden ausfuhrlich in Simo und Hughes [23] beschrieben.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 31

Die Grundgleichungen werden in der folgenden Auflistung benannt und beschrieben:

• Primare Variablen:

Aus der Cauchy’schen Definition eines elastischen Korpers, gemaß der in einem elas-

tischen Korper die Verzerrungen ε = ε(σ, T ) allein durch die Spannungen σ und die

Temperatur T bestimmt sind, folgt die Definition eines inelastischen Korpers in der Art,

dass in diesem Fall die totalen Verzerrungen zusatzlich noch von anderen Einflussen

abhangen. Diese Einflusse konnen mathematisch durch zusatzliche Variablen beschrie-

ben werden. Deshalb werden folgende Großen als primare Variablen definiert:

ε, εp und α . (4.1)

Es sind dies, die in der Plastizitatstheorie als innere Variablen bezeichneten Großen εp

und α sowie die Gesamtverzerrung ε. εp ist der inelastische oder plastische Teil der

totalen Verzerrung ε. α steht fur eine oder mehrere verzerrungsahnliche Variablen zur

Beschreibung von Ver- und Entfestigung.

• Additive Zerlegung der totalen Verzerrungen:

Die Gesamtverzerrung ε wird additiv in einen elastischen (reversiblen) Anteil εe und

in einen plastischen (irreversiblen) Anteil εp zerlegt. Mathematisch ist dieser Zusam-

menhang zu

ε = εe + ε

p (4.2)

beschrieben.

• Hyperelastisches Materialgesetz:

Die Spannungs-Verzerrungs-Beziehung wird durch das folgende Gesetz beschrieben:

σ =∂ψ(ε, ε

p, α)

∂ε. (4.3)

Darin bezeichnet ψ die freie Helmholtz-Energie. Sie ist folgendermaßen definiert

[23]:

ψ(ε, εp, α) = W (ε − ε

p) + H(α) , (4.4)

wobei W die Verzerrungsenergiedichte und H ein Verfestigungspotential bezeichnen.

Durch die Beziehung (4.4) wird die freie Helmholtz-Energie in zwei additive Anteile

zerlegt. Schließlich benotigt man noch die Beziehung fur die Verzerrungsenergiedichte

W . Fur ein linear elastisches Material lautet sie

W (ε − εp) =

1

2(ε − ε

p) : C : (ε − εp) . (4.5)

Der Elastizitatstensor C ist in diesem Fall konstant. Durch Einsetzen des Ergebnisses

von (4.5) in (4.4) und anschließendem Einsetzen des Ergebnisses in (4.3) erhalt man

das verallgemeinerte Hooke’sche Gesetz zu:

σ = C : (ε − εp) = C : ε

e . (4.6)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 32

• Fließbedingung:

Die Fließbedingung begrenzt den Bereich rein elastischen Verhaltens im Spannungs-

raum. Alle zulassigen Spannungszustande mussen der Ungleichung

f(σ,q) ≤ 0 (4.7)

genugen. Das Gleichheitszeichen gilt ausschließlich im plastischen Bereich. Die ver-

anderliche spannungsahnliche Variable q bestimmt die aktuelle Ausdehnung der Fließ-

flache im Zuge eines Belastungsprozesses. Spannungszustande, die zu f > 0 fuhren,

sind in der Plastizitatstheorie nicht moglich.

• Verfestigungsgesetz:

Die in der Fließfunktion vorkommende innere Variable q(α) ist eine Funktion der

verzerrungsahnlichen Variablen α. Die entsprechende Definition ergibt sich aus der

Ableitung der Gleichung (4.4) nach α zu [23]:

q = −∂ψ(ε, εp, α)

∂α= −∂H(α)

∂α. (4.8)

• Assoziierte Fließregel – Evolutionsgleichung fur εp:

Bei Beschrankung auf die assoziierte Plastizitatstheorie wird die Evolution der plas-

tischen Verzerrungen εp durch den Spannungsgradienten der Fließflache und einem

Proportionalitatsfaktor, dem sogenannten Konsistenzparameter γ, wie folgt beschrie-

ben:

εp = γ

∂f

∂σ. (4.9)

∂f/∂σ gibt die Richtung, γ gibt die Große von εp an. Ver- bzw. Entfestigung wird mit

Hilfe der spannungsahnlichen inneren Variablen q, die von der verzerrungsahnlichen

inneren Variablen α abhangt, gesteuert (siehe Gleichung (4.8)).

• Assoziierte Verfestigungsregel – Evolutionsgleichung fur α:

Im Falle assoziierter Plastizitat wird die Evolution der internen plastischen Variablen

α durch den Gradienten der Fließflache bezuglich q und den skalaren Konsistenzpara-

meter γ mit

α = γ∂f

∂q(4.10)

festgelegt.

• Kriterien fur plastische Be- und Entlastung – Kuhn-Tucker-Bedingungen:

Die Kriterien fur plastische Be- und Entlastung lauten [10], [23]:

f(σ,q) ≤ 0 , (4.11a)

γ ≥ 0 , (4.11b)

γ f(σ,q) = 0 . (4.11c)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 33

Diese Bedingungen lassen zwei allgemeine Falle zu:

1. Fur f(σ,q) < 0 folgt aus (4.11c) γ = 0. Die Rate der plastischen Verzerrungen

verschwindet. Somit liegt ein rein elastischer Prozess vor.

2. Fur γ > 0 folgt aus (4.11c) die Forderung f = 0. Somit mussen Zustande, die zu

einer Veranderung der plastischen Variablen εp und α fuhren, auf der Fließflache

(f = 0) liegen.

• Konsistenzbedingung:

Zusatzlich zu den Kuhn-Tucker-Bedingungen muss die Konsistenzbedingung

γ f = 0 (4.12)

erfullt werden. Diese Bedingung lasst zwei allgemeine Falle zu:

1. Wenn sowohl f(σ,q) = 0 als auch f(σ,q) = 0 sind, dann entfernt sich ein auf der

Fließflache gelegener Spannungspunkt bei zusatzlicher Belastung nicht von dieser.

Es liegt plastische Belastung vor und es gilt γ ≥ 0. (Fur 2D- und 3D-Probleme

gibt es plastische Belastung fur die γ = 0 ist. Man spricht von neutraler Belastung

[10].) Die Konsistenzbedingung (4.12) dient der Ermittlung von γ.

2. Wenn jedoch f(σ, q) < 0 ist, dann muss γ = 0 gelten. Der Spannungspunkt

wandert in den elastischen Bereich. Man spricht in diesem Fall von Entlastung.

• Dissipation – Zweiter Hauptsatz der Warmelehre:

Zusatzlich zu den Grundgleichungen wird die Dissipationsungleichung angeschrieben.

Die Differenz zwischen der aufgewandten Leistung und der Rate der im Material ge-

speicherten freien Helmholtz-Energiedichte wird als Dissipation D bezeichnet. Unter

Berucksichtigung von (4.3), (4.4), (4.5) und (4.8) kann sie als

D = σ : ε − ψ = (σ − ∂ψ

∂ε) : ε − ∂ψ

∂εp: ε

p − ∂ψ

∂αα = σ : ε

p + q α ≥ 0 (4.13)

angeschrieben werden. Die Dissipation ist fur rein elastische Prozesse zu D = 0 defi-

niert. Aus [23] entnimmt man, dass die assoziierten Gesetze das sogenannte Prinzip

der maximalen plastischen Dissipation erfullen. Dieses Prinzip besagt, dass die Dis-

sipation D durch Einsetzen der Fließregel (4.9) und der Verfestigungsregel (4.10) in

Gleichung (4.13) maximal wird.

4.1.2 Ermittlung des Konsistenzparameters

In diesem Abschnitt wird die Ermittlung des Konsistenzparameters γ aus den im Ab-

schnitt 4.1.1 dargestellten Differentialgleichungssystem beschrieben. Dabei werden die zwei

Falle Verfestigung und Entfestigung unterschieden.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 34

4.1.2.1 Verfestigung

Fur plastische Belastung (γ > 0) folgt aus der Konsistenzbedingung (4.12) die Bedingung

f =∂f

∂σ: σ +

∂f

∂q· q = 0 . (4.14)

In Gleichung (4.14) wird die Ratenform des verallgemeinerten Hooke’schen Gesetzes (4.3)

unter Berucksichtigung von (4.2) sowie die Ratenform des Verfestigungsgesetzes (4.8) einge-

setzt. Man erhalt dadurch

f =∂f

∂σ: C : ε − ∂f

∂σ: C : ε

p − ∂f

∂q· K · α = 0 , (4.15)

wobei K = −∂q/∂α den Verfestigungsmodul bezeichnet. Durch Einsetzen der Fließregel

(4.9) und der Verfestigungsregel (4.10) in Gleichung (4.15) erhalt man

f =∂f

∂σ: C : ε − ∂f

∂σ: C :

∂f

∂σγ − ∂f

∂q· K · ∂f

∂qγ = 0 . (4.16)

Gleichung (4.16) stellt eine skalare Gleichung zur Bestimmung von γ dar. Die gesuchte

Beziehung fur den Konsistenzparameter erhalt man durch Umformen der Gleichung (4.16)

zu

γ =

∂f∂σ

: C : ε

∂f∂σ

: C :∂f∂σ

+∂f∂q

· K · ∂f∂q

. (4.17)

Uber die Gleichungen (4.9), (4.10) und (4.17) sind somit die Raten εp und α bestimmt.

4.1.2.2 Entfestigung

Die Einfuhrung der inneren Variable q = q(α) ist nur sinnvoll bei Betrachtung von Ver-

festigung. Die Spannungsgroße q(α) reprasentiert innere Spannungen und fuhrt zu einem

Anteil H(α) > 0 an der freien Helmholtz-Energie (siehe Gleichung (4.4)). Bei Betrach-

tung von Entfestigung wird dagegen keine Energie gespeichert (H(α) = 0). Dadurch wird

laut Gleichung (4.8) q = 0.

Die Beziehung fur die Entfestigungsregel wird zufolge q = 0 folgendermaßen definiert:

α = sγ , (4.18)

wobei s ein vom aktuellen Spannungszustand abhangiger Vektor ist. Der Unterschied zur

Verfestigung liegt bei der Lokalisierung der Entfestigungszone zu einem diskreten Riss und

der Energiedissipation entlang der Rissflache.

Die Plastizitatstheorie arbeitet mit volumsspezifischen Großen. Bei der Beschreibung loka-

lisierter Phanomene wurde dies zu einer Abhangigkeit von der Große des Referenzvolumens

fuhren.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 35

Um dieses Problem zu beheben, muss die Energiebilanz im Zuge einer Rissbildung betrach-

tet werden. Dazu setzt man die dissipierte Energie nach Plastizitatstheorie innerhalb dieses

Referenzvolumens (z.B. ein finites Element) gleich der dissipierten Energie gemaß Bruchme-

chanik in der Rissflache.

Die kontinuumsmechanische Dissipation D gemaß (4.13) ist eine volumsspezifische Große.

Die bruchmechanische Energiefreisetzungsrate Gf dagegen ist eine flachenspezifische Große,

die bei vollstandiger Ausbildung des Risses freigesetzt wird. Um die Großen vergleichen zu

konnen, muss man die Gesamtenergie bei vollstandiger Ausbildung eines Risses innerhalb

eines vorgegebenen Kontrollvolumens V betrachten. Die Rissflache innerhalb des Kontrollvo-

lumens wird mit A bezeichnet. Da ab der vollstandigen Ausbildung des Risses die Dissipation

D zu null wird, kann die dissipierte Gesamtenergie E als

E =

V

(∫ ∞

0

D dt

)

dV =

A

Gf dA (4.19)

dargestellt werden. Das fuhrt schließlich zur Identifikation einer charakteristischen Lange

`c = V/A. Auf ihren Einfluss wird im Unterabschnitt 4.1.5.2, im Abschnitt 4.2.5 und im

Kapitel 6 eingegangen. In Oliver [15] findet man Details bezuglich der Ermittlung der

charakteristischen Lange `c fur isoparametrische finite Elemente.

Mit diesen Aussagen, die Entfestigung betreffend, wird nun die Konsistenzbedingung fur

Entfestigung formuliert. Im Gegensatz zum Fall Verfestigung wird die Festigkeit Y (α) als

eine Spannungsgroße in der Fließbedingung f(σ, Y ) eingefuhrt. Fur plastische Belastung

(γ > 0) folgt damit aus der Konsistenzbedingung (4.12)

f =∂f

∂σ: σ +

∂f

∂Y

∂Y

∂α· α = 0 . (4.20)

In Gleichung (4.20) wird die Ratenform des verallgemeinerten Hooke’schen Gesetzes (4.6)

unter Berucksichtigung von (4.2) eingesetzt. Zusatzlich wird der Entfestigungsmodul K =

∂Y (α)/∂α als Funktion von α eingefuhrt. Dies fuhrt auf

f =∂f

∂σ: C : ε − ∂f

∂σ: C : ε

p +∂f

∂YK(α) · s γ = 0 . (4.21)

Durch Einsetzen der Fließregel (4.9) in Gleichung (4.21) erhalt man

f =∂f

∂σ: C : ε − ∂f

∂σ: C :

∂f

∂σγ +

∂f

∂YK(α) · s γ = 0 . (4.22)

Daraus erhalt man die gesuchte Beziehung fur den Konsistenzparameter zu:

γ =

∂f∂σ

: C : ε

∂f∂σ

: C :∂f∂σ

− ∂f∂Y

K(α) · s. (4.23)

Wenn ein Zustand (ε, εp, α) bekannt ist, konnen die Spannungen σ und die Festigkeit Y

sowie der Entfestigungsmodul K berechnet werden. Somit sind mittels (4.9), (4.18) und

(4.23) auch die Raten εp und α bestimmt.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 36

4.1.3 Diskretisierte Form der Grundgleichungen

Es wird eine geometrisch lineare und physikalisch nichtlineare Theorie betrieben. Geome-

trisch linear steht fur die Beschrankung auf kleine Verschiebungen und die damit verbun-

dene Linearisierung der kinematischen Beziehungen. Physikalisch nichtlinear bedeutet, dass

ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen Spannungen und Verzerrungen besteht. Zur Be-

rechnung physikalisch nichtlinearer Probleme werden die Lasten in einzelnen Lastschritten

aufgebracht.

Es wird nun ein Lastinkrement betrachtet, das sich uber das Zeitintervall [tn, tn+1] erstreckt.

Am Beginn des Intervalls werden die plastischen Verzerrungen εpn und die inneren Variablen

αn als bekannt angenommen. Die Indizes n und n+ 1 bezeichnen Großen zum Zeitpunkt tnbzw. tn+1.

Ziel ist es, wahrend des Intervalls [tn, tn+1] die Zustande εpn+1 und αn+1 zu ermitteln. Dazu

sind die Evolutionsgesetze im Zeitschritt [tn, tn+1] zu integrieren. Zur numerischen Integra-

tion wird das Euler-Ruckwarts-Verfahren verwendet. Dieses Integrationsverfahren wird im

folgenden anhand der Integration von (4.9) beschrieben. Das Integral von (4.9) uber den

betrachteten Zeitintervall lautet:∫ tn+1

tn

εp dt =

∫ tn+1

tn

γ∂f(σ, q)

∂σdt . (4.24)

Fur die linke Seite von (4.24) gilt

∫ tn+1

tn

εp dt =

∫ tn+1

tn

dεp

dtdt =

∫ tn+1

tn

dεp = εpn+1 − ε

pn . (4.25)

Die rechte Seite von (4.24) ist im allgemeinen nur numerisch zu losen. Diese numerische

Integration soll mittels des impliziten Euler-Ruckwarts-Verfahrens erfolgen. Das Charak-

teristikum dieses Verfahrens ist die Annahme, dass der Term ∂f/∂σ in Gleichung (4.24) fur

den Lastschritt n + 1 ausgewertet wird und damit aus dem Integral herausgehoben werden

kann. Fur das ubriggebliebene Integral auf der rechten Seite von (4.24) gilt somit

∫ tn+1

tn

γdt =

∫ tn+1

tn

dtdt =

∫ tn+1

tn

dγ = γn+1 . (4.26)

Bei γn+1 handelt es sich um eine inkrementelle Große uber das Zeitintervall [tn, tn+1]. Das

Einsetzen von (4.25) und (4.26) in (4.24) liefert

εpn+1 = ε

pn + γn+1

∂f

∂σ

∣∣∣∣n+1

. (4.27)

Eine analoge Beziehung erhalt man aus (4.10) zu

αn+1 = αn + γn+1∂f

∂q

∣∣∣∣n+1

. (4.28)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 37

Die zugehorigen Spannungsgroßen am Ende des Zeitintervalls folgen aus (4.3) und (4.8) zu

σn+1 = C : (εn+1 − εpn+1) und (4.29)

qn+1 = q(αn+1) . (4.30)

Die totale Verzerrung εn+1 wird als bekannt vorausgesetzt. Die inkrementelle Form der

Kuhn-Tucker-Bedingungen (4.11a) bis (4.11c) lautet

γn+1 ≥ 0 , (4.31a)

fn+1 = f(σn+1,qn+1) ≤ 0 und (4.31b)

γn+1 fn+1 = 0 . (4.31c)

Die Gleichungen (4.27) bis (4.30) bilden mit den Kuhn-Tucker-Bedingungen (4.31a) bis

(4.31c) als Zwangsbedingungen ein Gleichungssystem fur εpn+1, αn+1, σn+1, qn+1 und γn+1.

Die diskrete Form der Konsistenzbedingung (4.12) wird durch die Bedingung (4.31c) ersetzt.

Dieses vorgestellte Verfahren wird als Projektionsverfahren oder Return Map Algorithmus

bezeichnet.

4.1.4 Losungsalgorithmus fur das Projektionsverfahren

Das Projektionsverfahren nach Abschnitt 4.1.3 enthalt Ungleichungen in Form der Kuhn-

Tucker-Bedingungen. Diese erfordern einen zweistufigen Losungsalgorithmus, der auf

Simo und Taylor [22] zuruckgeht. Die folgende Darstellung beruht auf dem Buch von

Simo und Hughes [23].

Die im Zuge des folgenden Algorithmus zu losenden Gleichungen sind haufig nichtlinear und

erfordern eine iterative Losungsstrategie. Nichtsdestotrotz ermoglichen sie eine geschlos-

sene Darstellung des Tangentenoperators des Projektionsverfahrens. Dieser wird haufig als

konsistente Tangente bezeichnet.

Das Projektionsverfahren besteht im wesentlichen aus drei Teilschritten:

1. Formulierung einer elastischen Pradiktorspannung

2. Uberprufung, ob die elastische Pradiktorspannung die Fließbedingung fn+1 < 0 verletzt

3. Projektion der Pradiktorspannung auf die Fließflache, wenn die Pradiktorspannung die

Fließbedingung verletzt

Zuerst fuhrt man den sogenannten elastischen Pradiktor-Zustand (Trial-Zustand) ein. Er

zeichnet sich durch das Einfrieren der plastischen Verzerrungen aus. Man erhalt den Pradik-

tor-Zustand zu

εp trialn+1 = ε

pn und (4.32)

αtrialn+1 = αn . (4.33)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 38

Den Pradiktor-Zustand des Spannungstensors erhalt man damit zu

σtrialn+1 = C : (εn+1 − ε

p trialn+1 ) = C : (εn+1 − ε

pn) . (4.34)

Den Pradiktor-Zustand der Verfestigungsspannung erhalt man mittels (4.33) aus (4.8) zu

qtrialn+1 = q(αtrial

n+1 ) = q(αn) = qn . (4.35)

Schließlich setzt man Gleichungen (4.34) und (4.35) in die Fließbedingung (4.7) ein und

erhalt

f trialn+1 = f(σtrial

n+1 ,qtrialn+1 ) . (4.36)

Fur den Fall, dass f trialn+1 < 0 ist, erhalt man aus (4.31c) γn+1 = 0 und die Annahme eines

elastischen Lastschrittes war richtig. Wenn aber f trialn+1 ≥ 0 gilt, dann liegt im betrachteten

Lastschritt plastisches Werkstoffverhalten vor und es gilt γn+1 ≥ 0. Um γn+1 zu berechnen,

definiert man die Residuen der Gleichungen (4.27) und (4.28) zu

Rεn+1 = −ε

pn+1 + ε

pn + γn+1

∂f

∂σ

∣∣∣∣n+1

= 0 und (4.37)

Rαn+1 = −αn+1 + αn + γn+1

∂f

∂q

∣∣∣∣n+1

= 0 . (4.38)

Gemeinsam mit den Beziehungen (4.29), (4.30) und der Konsistenzbedingung fn+1 = 0

erhalt man ein nichtlineares Gleichungssystem in den Unbekannten σn+1, qn+1, εpn+1, αn+1

und γn+1, das mit Hilfe des Newton-Raphson-Verfahrens iterativ gelost wird. Wahrend

der Projektion bleiben die Gesamtverzerrungen εn+1 konstant.

Die genaue Vorgangsweise zur Ermittlung des Konsistenzparameters mit dem Iterationsver-

fahren wird anhand eines Beispiels in Unterabschnitt 4.1.5.2 erlautert.

Die geometrische Interpretation der grundsatzlichen Vorgangsweise im Rahmen des Projek-

tionsverfahren ist fur den Spezialfall idealer Plastizitat in Abbildung 4.1 dargestellt.

BereichElastischer

Return Map

σn+1

fn+1 = 0σn

σtrial

n+1 ⇒ f trial

n+1 > 0

C :∂fn+1

∂σn+1

Abbildung 4.1: Geometrische Interpretation des Projektionsverfahrens

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 39

4.1.5 Einfache Beispiele zur Illustration der Vorgangsweise

4.1.5.1 Eindimensionales Beispiel fur Verfestigung

Anhand der Fließbedingung

f = |σ| + q − Y ≤ 0 (4.39)

sollen prinzipielle Zusammenhange zwischen Spannungen, Verzerrungen und den inneren

Variablen dargestellt werden. Die Verfestigung wird durch das lineare Gesetz

q = −K α (4.40)

beschrieben. Die Festigkeit wird Y = σc,0 = konst. gesetzt. Ausgangssituation ist eine

Belastungsgeschichte in Form eines einaxialen Spannungszustandes.

Als ersten Schritt werden die Grundgleichungen aus Abschnitt 4.1.1 auf die angegebene

Fließbedingung (4.39) angewandt. Die Fließregel (4.9) lautet somit

εp = γ∂f

∂σ= γ sign σ . (4.41)

Die Verfestigungsregel (4.10) liefert

α = γ∂f

∂q= γ 1 = γ . (4.42)

Die eindimensionale Fassung des elastischen Gesetzes folgt aus (4.6), indem man C durch E

und εe durch die Differenz (ε− εp) ersetzt. Die Ratenform folgt durch dessen Zeitableitung

und unter Berucksichtigung von (4.41) zu

σ = E (ε− εp) = E (ε− γ sign σ) . (4.43)

Die Ratenform des Verfestigungsgesetz erhalt man durch Einsetzen von Gleichung (4.42) in

die Ratenform von (4.40) zu

q = −K α = −K γ . (4.44)

Um eine Beziehung fur die plastische Dissipation zu erhalten, ist es erforderlich, die Fließ-

bedingung (4.39) gleich null zu setzen und nach σ aufzulosen. Mittels der Zusammenhange

|σ| = σ sign σ und sign σ = 1/sign σ erhalt man

σ = (σc,0 − q) signσ . (4.45)

Durch Einsetzen der Beziehungen (4.45) fur σ, (4.41) fur εp, (4.40) fur q und (4.42) fur α in

(4.13) erhalt man die plastische Dissipation zu

D = σ εp + q α = [(σc,0 − q) sign σ] [sign σ γ] + q γ = σc,0 γ . (4.46)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 40

Wegen σc,0 = konst. > 0 und (4.11b) ist D ≥ 0 sichergestellt. Durch Einsetzen von (4.43)

und (4.44) in (4.14) erhalt man unter Beachtung von (4.41) und (4.42) eine skalare Gleichung

zur Bestimmung von γ zu

f =∂f

∂σσ +

∂f

∂qq = sign σ E (ε− γ sign σ) + 1 (−K γ) = 0 (4.47)

Daraus ermittelt man die gesuchte Beziehung fur den Konsistenzparameter zu

γ =E ε

E +Ksign σ ≥ 0 . (4.48)

Die Anwendung des Projektionsverfahrens erfolgt gemaß Abschnitt 4.1.3. Dazu werden die

plastischen Zustandsvariablen εp und α unter Beachtung von (4.41) gemaß (4.27) zu

εpn+1 = εp

n + γn+1 sign σn+1 (4.49)

und unter Beachtung von (4.42) gemaß (4.28) zu

αn+1 = αn + γn+1 (4.50)

aktualisiert. Einsetzen von (4.49) in (4.43) liefert

σn+1 = E (εn+1 − εpn+1) = E (εn+1 − εp

n)︸ ︷︷ ︸

=: σtrialn+1

−γn+1E sign σn+1 . (4.51)

Einsetzen von (4.49) in (4.40) liefert

qn+1 = −K αn+1 = −K αn︸ ︷︷ ︸

=: qtrialn+1

−K γn+1 . (4.52)

Um die Fließbedingung zum Zeitpunkt tn+1 auswerten zu konnen, benotigt man |σn+1|. Dazu

schreibt man (4.51) als

sign σn+1 |σn+1| = sign σtrialn+1 |σtrial

n+1 | − γn+1E sign σn+1 (4.53)

und weiters als

sign σn+1 (|σn+1| + γn+1E) = sign σtrialn+1 |σtrial

n+1 | . (4.54)

Da sowohl (|σn+1| + γn+1E) > 0, als auch |σtrialn+1 | > 0 sein muss, folgt aus (4.54)

sign σn+1 = sign σtrialn+1 (4.55)

und weiters

|σn+1| = |σtrialn+1 | − γn+1E . (4.56)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 41

Durch Einsetzen der Ausdrucke (4.56) und (4.52) in die Fließbedingung (4.39) erhalt man

fn+1 = f(σn+1, qn+1) = |σn+1| + qn+1 − σc,0 = f trialn+1 − γn+1 (E +K) = 0, (4.57)

wobei

f trialn+1 = f(σtrial

n+1 , qtrialn+1 ) = |σtrial

n+1 | + qtrialn+1 − σc,0 (4.58)

den Wert der Fließfunktion fur den Pradiktor-Zustand bezeichnet. Aus der Bedingung (4.57)

erhalt man letztendlich

γn+1 =f trial

n+1

E +K≥ 0 . (4.59)

Das Einsetzen von (4.59) in die Beziehungen (4.49) bis (4.52) liefert die aktualisierten Zu-

standsgroßen σn+1, qn+1, εpn+1 und αn+1.

Durch die Existenz einer linearen Gleichung (4.59) in einer Unbekannten γn+1 kann der

Gleichungssatz des Projektionsverfahrens direkt gelost werden. Dies ist fur allgemeinere

Fließbedingungen oder Verfestigungsgesetze nicht mehr moglich.

Abbildung 4.2 zeigt das Ergebnis des eindimensionalen Beispiels fur isotrope Verfestigung

mit den Materialparametern E = 10.0 N/mm2, K = 2.0 N/mm2 und σc,0 = 1.2 N/mm2.

Die hervorgehobene blaue Linie in Abbildung 4.2 (c) entspricht der vorgegebenen Belas-

tungsgeschichte.

In Abbildung 4.2 (e) wird anstatt der Dissipation D aus (4.46) die dissipierte spezifische

Energie oder akkumulierte Dissipation∫D dt aufgetragen.

Folgende Großen sind in Form von Diagrammen aufgetragen:

• Graphen von (a): σ, (c): ε, εp, α und (e):∫D dt uber der Zeit

• (b): Spannungs-Verzerrungs-Beziehung

• (d): Graphen von εp und α uber der totalen Verzerrung ε

• (f): Graph von q uber der totalen Verzerrung ε bzw. der plastischen Verzerrung εp

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 42

0 100 200 300 400−2

−1

0

1

2

3

Zeit [s]

Spa

nnun

g [N

/mm

2 ]

−0.5 0 0.5−2

−1

0

1

2

3

Verzerrung ε [ ]

Spa

nnun

g [N

/mm

2 ]

0 100 200 300 400−0.5

0

0.5

1

Zeit [s]

ε , ε

p , α

[ ]

εεp

α

−0.5 0 0.5−0.5

0

0.5

1

Verzerrung ε [ ]εp ,

α [ ]

εp

α

0 100 200 300 4000

0.5

1

Zeit [s]−0.5 0 0.5

−1.5

−1

−0.5

0

ε , εP [ ]

q [N

/mm

2 ]

εεP

(b)

(d)

(f)

(a)

(c)

(e)

akkum

ulier

teD

issipat

ion

[N/m

m2]

Abbildung 4.2: Ergebnisse des eindimensionalen Beispiels fur Verfestigung

Aus den Diagrammen von Abbildung 4.2 lassen sich folgende Eigenschaften ablesen:

• Die Spannung σ steigt zufolge K > 0 auch im plastischen Bereich an.

• Die plastische Verzerrung εp bleibt im elastischen Bereich konstant.

• Die Raten von ε und εp besitzen im plastischen Bereich gleiche Vorzeichen.

• Die innere Variable α ist im Gegensatz zu εp positiv definit.

• Die akkumulierte Dissipation∫D dt steigt nur im plastischen Bereich an.

• Die innere Variable q nimmt nur negative Werte an.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 43

4.1.5.2 Eindimensionales Beispiel fur Entfestigung

Anhand der Fließbedingung

f = σ − Y (α) ≤ 0 (4.60)

sollen prinzipielle Zusammenhange zwischen Spannungen, Verzerrungen und den inneren

Variablen dargestellt werden. Die Festigkeit wird durch das exponentielle Gesetz

Y (α) = σc(α) = σc,0 e−ks α (4.61)

beschrieben. Ausgangssituation ist eine Belastungsgeschichte in Form eines einaxialen Span-

nungszustandes.

Als ersten Schritt werden, analog zum Unterabschnitt 4.1.5.1, die Grundgleichungen aus

Abschnitt 4.1.1 auf die angegebene Fließbedingung (4.60) angewandt. Die Fließregel (4.9)

lautet somit

εp = γ∂f

∂σ= γ 1 = γ . (4.62)

Die Beziehung fur die Verfestigungsregel ergibt sich zufolge q = 0 aus (4.18) zu

α = s γ = 1 γ = γ , (4.63)

wobei

s = − ∂f

∂Y= 1 . (4.64)

gilt. Aus (4.61) ergibt sich eine Beziehung fur den Entfestigungsmodul K, der definitions-

gemaß negativ sein muss. Die Rate von Y erhalt man mittels der Ableitung von Y nach α

zu

Y =dY

dαα = −σc,0 e

−ks α ks︸ ︷︷ ︸

=: K(α)

α . (4.65)

Aus (4.65) erhalt man unter Berucksichtigung von (4.61) eine Beziehung fur den Entfesti-

gungsmodul K zu

K(α) = −ks σc,0 e−ks α = −ks Y (α) . (4.66)

Die eindimensionale Fassung des elastischen Gesetzes folgt aus (4.6), indem man C durch E

und εe durch die Differenz (ε− εp) ersetzt. Die Ratenform folgt durch dessen Zeitableitung

und unter Berucksichtigung von (4.62) zu

σ = E (ε− εp) = E (ε− γ) . (4.67)

Um eine Beziehung fur die plastische Dissipation zu erhalten, ist es erforderlich, die Fließ-

bedingung (4.60) gleich null zu setzen und nach σ aufzulosen. Man erhalt

σ = σc(α) = σc,0 e−ks α . (4.68)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 44

Durch Einsetzen der Beziehungen (4.68) fur σ, (4.62) fur εp und q = 0 in (4.13) erhalt man

die plastische Dissipation zu

D = σ εp + q α = σ εp = σc(α) γ . (4.69)

Wegen σc,0 = konst. > 0 und (4.61) sowie (4.11b) ist D ≥ 0 sichergestellt. Der in der Glei-

chung (4.61) vorkommende Materialparameter ks wird durch Formulierung der Beziehung

fur die dissipierte Gesamtenergie E bei Rissbildung gemaß (4.19) ermittelt.

Unter Berucksichtigung von (4.69) ergibt sich fur einen homogenen Zustand innerhalb eines

Kontrollvolumens V

E =

V

(∫ ∞

0

D dt

)

dV = V

∫ ∞

0

σc(α(t)) γ dt . (4.70)

Durch Substitution der Integrationsvariablen dt durch dα = α dt und Berucksichtigung der

Verfestigungsregel (4.63) erhalt man

E = V

∫ ∞

0

σc(α) dα . (4.71)

Einsetzen von (4.68) in (4.71) und Herausheben der Konstanten 1/ks aus dem Integral liefert

E = − 1

ksV σc,0

∫ ∞

0

−kse−ks α dα . (4.72)

Nach Losung des bestimmten Integrals erhalt man

E = − 1

ks

V σc,0e−ksα

∣∣∣∣

0

=1

ks

V σc,0 . (4.73)

Gleichsetzen von (4.73) mit (4.19) liefert eine Beziehung fur den Materialparameter ks zu

ks =`c σc,0

Gf

mit `c =V

A, (4.74)

wobei `c als charakteristische Lange bezeichnet wird (siehe Unterabschnitt 4.1.2.2).

Zuletzt wird die Bestimmungsgleichung fur den Konsistenzparameter fur den Fall Entfesti-

gung (4.23) betrachtet. Durch Einsetzen von C = E, ∂f/∂σ = 1, ∂f/∂Y = −1, (4.64) fur s

und (4.66) fur K erhalt man die Beziehung fur γ zu

γ =E ε

E +K=

E ε

E − ks e−ks α. (4.75)

In diesem Beispiel ist die geschlossene Form der Darstellung der Losungsfunktionen des ge-

koppelten Systems nichtlinearer Differentialgleichungen erster Ordnung nicht moglich. Diese

Funktionen mussen durch numerische Integration der Differentialgleichungen ermittelt wer-

den.

In Abschnitt 4.1.4 wurde das Projektionsverfahren in drei Teilschritte eingeteilt. Diese Rei-

henfolge wird auch in diesem Beispiel angewandt.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 45

1. Formulierung der elastischen Pradiktorspannung und Pradiktorfestigkeit:

Die plastischen Zustandsvariablen εp und α werden unter Beachtung von (4.62) gemaß

(4.27) zu

εpn+1 = εp

n + γn+1 (4.76)

und unter Beachtung von (4.63) gemaß (4.28) zu

αn+1 = αn + γn+1 (4.77)

aktualisert. Das Einsetzen von (4.76) in (4.67) liefert die elastische Pradiktorspannung

σtrialn+1 aus

σn+1 = E (εn+1 − εpn+1) = E (εn+1 − εp

n)︸ ︷︷ ︸

=: σtrialn+1

−γn+1E (4.78)

fur die aktualisierte Spannung. Das Einsetzen von (4.77) in (4.61) liefert die Pradik-

torfestigkeit σtrialc,n+1 aus

σc,n+1 = σc,0 e−ks αn+1 = σc,0 e

−ks αn

︸ ︷︷ ︸

=: σtrialc,n+1

e−ks γn+1 (4.79)

fur die aktualisierte Festigkeit.

2. Uberprufung, ob σtrialn+1 die Fließbedingung verletzt:

Durch Einsetzen der Ausdrucke von σtrialn+1 und σtrial

c,n+1 in die Fließbedingung (4.60) erhalt

man

f trialn+1 = σtrial

n+1 − σtrialc,n+1 = E (εn+1 − εp

n) − σc,0 e−ks αn . (4.80)

Einsetzen von (4.78) und (4.79) in die Fließbedingung (4.60) liefert

fn+1 = σn+1 − σc,n+1 = E (εn+1 − εpn − γn+1) − σc,0 e

−ks αn e−ks γn+1 . (4.81)

Die Bedingung f trialn+1 ≥ fn+1 ist fur konvexe Fließflachen immer erfullt. Der Beweis ist

in [23], Seite 117, zu finden. Wenn f trialn+1 ≥ 0 ist, dann treten plastische Verformungen

auf. In diesem Fall sind die elastischen Pradiktorspannungen auf die Fließflache zu

projizieren, somit ist γn+1 > 0 erforderlich.

Ist f trialn+1 < 0, ist auch fn+1 < 0. Daher folgt aus den Kuhn-Tucker-Bedingungen

(4.31a) bis (4.31c) γn+1 = 0, und der Zustand zu tn+1 ist elastisch. Die Spannungen

zum Zeitpunkt tn+1 stimmen in diesem Fall mit den elastischen Pradiktorspannungen

uberein.

3. Projektion der Pradiktorspannung auf die Fließflache:

Im plastischen Fall erhalt man mit γn+1 eine zusatzliche skalare Unbekannte. Sie wird

durch die aus der dritten Kuhn-Tucker-Bedingung (4.31c) folgenden Konsistenzbe-

dingung fn+1 = 0 bestimmt.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 46

Im vorliegenden Beispiel stellt die Konsistenzbedingung eine nichtlineare Gleichung in

γn+1 dar. Die Losung erfolgt mittels eines iterativen Verfahrens, im vorliegenden Fall

mittels des Newton-Verfahrens.

Durch Einsetzen der Gleichung (4.78) in die Gleichung (4.81) erhalt man die erforder-

liche Form der Konsistenzbedingung zu

fn+1 = σtrialn+1 − σtrial

c,n+1 e−ks γn+1 − E γn+1 = 0 . (4.82)

Die Anwendung des Newton-Verfahrens erfordert die Ableitung der Konsistenzbe-

dingung nach der Unbekannten γn+1. Diese folgt aus (4.82) zu

d fn+1

d γn+1= ks σ

trialc,n+1 e

−ks γn+1 − E . (4.83)

Die Entwicklung von (4.82) in eine Taylor-Reihe und der Abbruch nach dem linearen

Term liefert schließlich die Grundgleichung des Newton-Verfahrens als

fn+1 ≈ fn+1(γ(k)n+1) +

d fn+1

d γn+1

∣∣∣∣γ(k)n+1

· (γ(k+1)n+1 − γ

(k)n+1) = 0 , (4.84)

wobei (k) den Zustand nach dem k-ten Iterationsschritt bezeichnet. Durch Auflosen

der Gleichung (4.84) nach der Unbekannten γ(k+1)n+1 erhalt man eine verbesserte Losung

(k + 1) zu

γ(k+1) = γ(k) − f(k)n+1

d fn+1

d γn+1

∣∣∣γ(k)n+1

. (4.85)

Diese Prozedur ist so lange zu wiederholen, bis fn+1 ≤ TOL ist. TOL ist eine vom

Anwender zu definierende Toleranz. Mit bekanntem γ(k+1)n+1 ist die Berechnung der

restlichen Großen (εpn+1, αn+1 und σn+1) zum Zeitpunkt tn+1 moglich.

Abbildung 4.3 zeigt, analog zu Abbildung 4.2, das Ergebnis des eindimensionalen Beispiels

fur Entfestigung mit den Materialparametern E = 10.0 N/mm2, Gf = 500 J/m2, `c = 1 mm

und σc,0 = 1.2 N/mm2. Die Toleranz TOL wird mit 10−12 angenommen.

Die hervorgehobene blaue Linie in Abbildung 4.2 (c) entspricht der vorgegebenen Belas-

tungsgeschichte.

In Abbildung 4.3 (e) wird anstatt der Dissipation D aus (4.69) die dissipierte spezifische

Energie oder akkumulierte Dissipation∫D dt aufgetragen.

Folgende Großen sind, wie in Unterabschnitt 4.1.5.1, in Form von Diagrammen aufgetragen:

• Graphen von (a): σ, (c): ε, εp, α und (e):∫D dt uber der Zeit

• (b): Spannungs-Verzerrungs-Beziehung

• (d): Graphen von εp und α uber der totalen Verzerrung ε

• (f): Graph von q uber der totalen Verzerrung ε bzw. der plastischen Verzerrung εp

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.1: Plastisches Verhalten 47

0 100 200 300 400−6

−4

−2

0

2

Zeit [s]

Spa

nnun

g [N

/mm

2 ]

−0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8−6

−4

−2

0

2

Verzerrung ε [ ]

Spa

nnun

g [N

/mm

2 ]

0 100 200 300 400−0.5

0

0.5

1

Zeit [s]

ε , ε

P ,

α [ ]

εεP

α

−0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8−0.5

0

0.5

1

Verzerrung ε [ ]εp ,

α [ ]

εp

α

0 100 200 300 4000

0.1

0.2

0.3

0.4

Zeit [s]−0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.80

0.5

1

1.5

ε , εp [ ]

σ c [N/m

m2 ]

εεp

(b)

(d)

(f)

(c)

(a)

(e)

akkum

ulier

teD

issipat

ion

[N/m

m2]

Gf

`c

Abbildung 4.3: Ergebnisse des eindimensionalen Beispiels fur Entfestigung

Aus den Diagrammen von Abbildung 4.2 lassen sich folgende Eigenschaften ablesen:

• Die Spannung σ fallt zufolge K < 0 im plastischen Bereich ab.

• Bei Entlastung bzw. Stauchung tritt keine Plastizitat auf.

• Die plastische Verzerrung εp bleibt im elastischen Bereich konstant.

• Die Raten von ε und εp besitzen im plastischen Bereich gleiches Vorzeichen.

• Die Verlaufe der inneren Variablen εp und α sind deckungsgleich.

• Die akkumulierte Dissipation∫D dt steigt nur im plastischen Bereich an.

• Die σc bleibt im elastischen Bereich konstant und fallt im plastischen Bereich ab.

• Die elastische Dehnung εe geht mit zunehmendem α gegen null.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 48

4.2 Bruchumhullende nach Tsai und Wu

In diesem Unterkapitel wird die fur das konstitutive Modellieren von Holz verwendete Fließ-

flache vorgestellt. Die elliptische Flache nach Tsai und Wu [24] stellt eine derartige fur

orthotrope Werkstoffe gut geeignete, mathematische Beschreibung von Fließ- bzw. Bruch-

spannungszustanden dar. Fur das zu entwickelnde Materialmodell ist die Veranderbarkeit

der Form der Fließflache erforderlich. Nach der mathematischen Diskussion der Fließflache

und der Festlegung von Evolutionsgesetzen fur charakteristische Festigkeitswerte werden

mittels eines Iterationsverfahrens die Parameter der Fließflache geeignet ermittelt.

4.2.1 Grundlagen

4.2.1.1 Mathematische Grundlagen

Um die Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen, vom Faserwinkel ϕ abhangig, ver-

gleichen zu konnen, ist es erforderlich einen Satz von polynominal unabhangiger orthotroper

Invarianten zu identifizieren. Da fur das vorliegende Problem ausschließlich die LR-Ebene

betrachtet wird (Materialhauptsystem) bzw. der Winkel ϕ in der LR-Ebene gemessen wird,

verwendet man die Einheitsvektoren

AL(ϕ) =

cosϕ

sinϕ

0

, AR(ϕ) =

− sinϕ

cosϕ

0

und AT =

0

0

1

(4.86)

zur Beschreibung der Langsrichtung L (parallel zur Faserrichtung), der Radialrichtung R

(quer zur Faser) und der Tangentialrichtung T des Stammes. Die unterschiedlichen Richtun-

gen sind in Abbildung 3.2 dargestellt. Die Strukturtensoren Mi, i ∈ L, R, T lassen sich

aus den Einheitsvektoren Ai wie folgt ermitteln (siehe Mackenzie-Helnwein et al. [11]):

ML = AL ⊗ AL , MR = AR ⊗ AR und MT = AT ⊗ AT . (4.87)

Damit lassen sich die orthotropen Invarianten im dreidimensionalen Fall als

tr σ Mi = Ai σ Ai = σii , trσ2 Mi = Ai σ σ Ai und det σ = III (4.88)

fur i ∈ L, R, T darstellen. Somit enthalt die Integritatsbasis fur orthotrope Materialien

sieben Invariante. Bei Beschrankung auf ebene Beanspruchungszustande reduziert sich die

Anzahl der irreduziblen orthotropen Invarianten auf drei (siehe Betten [1]).

Diese folgen aus Gleichung (4.88) zu

σL = tr σ ML, σR = trσ MR und τ 2LR = tr σ MR σ ML . (4.89)

Diese lassen sich als die Normalspannungskomponenten und das Quadrat der Schubspan-

nung in einem durch die Vektoren AL und AR aufgespannten lokalen Koordinatensystem

identifizieren. Die zugehorigen Invarianten des Verzerrungstensors ε erhalt man analog zu

εL = tr εML, εR = tr εMR und γ2LR = 4 ε2

LR = 4 tr εMR εML . (4.90)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 49

Die mathematische Beschreibung von orthotropen Materialien erfordert die Verwendung

von Tensoren zweiter Stufe (σ und ε) und vierter Stufe (C). In der Kontinuumsmechanik

besitzen diese Tensoren Symmetrieeigenschaften. Deshalb wird im Folgenden anstatt der

Tensorschreibweise die Matrizenschreibweise verwendet. Zweidimensionale Tensoren zweiter

Stufe werden zu einem Vektor, dreidimensionale Tensoren vierter Stufe zu einer Matrix

umgeordnet.

Bei Betrachtung der jeweils dritten Terme der Gleichungen (4.89) und (4.90) fallt der Faktor 4

bei der Ermittlung der Invarianten γ2LR auf. Der Faktor 4 ergibt sich durch die Verwendung

der Gleitung γLR anstelle der Tensorkomponente εLR und deren Zusammenhang γLR = 2 εLR.

4.2.1.2 Definition der Bruchumhullenden

Als Bruchumhullende wird im Folgenden die, fur orthotrope Werkstoffe gut geeignete, ma-

thematische Beschreibung von Bruchspannungszustanden von Tsai und Wu [24] verwendet.

In Eberhardsteiner [5] wird diese Bruchumhullende auf ein Tensorpolynom 2. Ordnung

beschrankt. Die mathematische Beschreibung des Bruchkriteriums kann wie folgt dargestellt

werden:

f(σ, p) = a : σ + σ : b : σ − 1 = 0 . (4.91)

Darin bezeichnen a und b orthotrope Parametertensoren, die durch einen Satz p von skalaren

Parametern bestimmt werden. Aufgrund der Orthotropie des Holzes und der Beschrankung

der Beanspruchung auf ebene Spannungszustande in der LR-Ebene reduziert sich die Anzahl

der unabhangigen Komponenten der Tensoren a und b von zwolf auf sechs.

a und b sind konstante orthotrope Tensoren zweiter und vierter Stufe. Die Koeffizienten aij

besitzen die Einheit mm2/N , die Koeffizienten bijkl die Einheit mm4/N2 (i, j, k, l ∈ L,R).Sie stellen Materialparameter dar. Im Folgenden werden diese Koeffizienten in einem Vektor

p zusammengefasst:

p = baLL aRR bLLLL bRRRR bLLRR bLRLRcT . (4.92)

In Invarianten angeschrieben, lautet die Funktion der Bruchumhullenden nach (4.91)

f(σ, p) = aRR σR + aLL σL + bRRRR σ2R + bLLLL σ

2L + 2 bLLRR σR σL + 4 bLRLR τ

2LR − 1 = 0 .

(4.93)

Der Vergleich von Gleichung (4.91) und (4.93) liefert die Definition von a und b zu

a(p) = aLL ML + aRR MR und (4.94a)

b(p) = bLLLL ML ⊗ ML + bRRRR MR ⊗ MR +

+ bLLRR (MR ⊗ ML + ML ⊗ MR) + bLRLR M , (4.94b)

wobei

M = (AL ⊗ AR + AR ⊗ AL) ⊗ (AL ⊗ AR + AR ⊗ AL) (4.95)

ein Strukturtensor vierter Stufe ist.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 50

Im Materialhauptsystem nehmen a und b folgende Form an:

a(p) =

aLL

aRR

0

, b(p) =

bLLLL bLLRR 0

bLLRR bRRRR 0

0 0 4 bLRLR

. (4.96)

Zur Ubersichtlichkeit wird auch die Bruchbedingung (4.91) in Matrixform angeschrieben.

Man erhalt diese zu

f =

aLL

aRR

0

T

·

σL

σR

τLR

+

σL

σR

τLR

T

·

bLLLL bLLRR 0

bLLRR bRRRR 0

0 0 4 bLRLR

·

σL

σR

τLR

− 1 = 0 .

(4.97)

Aufgrund der Symmetrie des Spannungstensors σ und des Verzerrungstensors ε werden diese,

wie in Gleichung (4.97) bereits angewandt, durch Spaltenvektoren dargestellt.

Um numerischen Instabilitaten vorzubeugen, sollen die Bruchumhullende bzw. in weiterer

Folge die Fließflache geschlossene Flachen sein. Man erhalt aus (4.91) eine geschlossene,

elliptische Flache, wenn folgende Ungleichungen erfullt sind:

bLRLR > 0 , bLLLL > 0 und bLLLL bRRRR − b2LLRR > 0 . (4.98)

Gleichung (4.98) besagt, dass b positiv definit sein muss.

4.2.1.3 Aktualisierung der assoziierten Fließregel

In Unterkapitel 4.1 wurde mit Gleichung (4.9) die assoziierte Fließregel aufgestellt. Fur das

verwendete Modell gemaß Gleichungen (4.91) und (4.93) erhalt man aus (4.9)

εp = γ r , (4.99)

wobei

r =∂f

∂σ= a + 2b : σ =

aLL + 2 bLLLL σL + 2 bLLRR σR

aRR + 2 bLLRR σL + 2 bRRRR σR

8 bLRLR τLR

(4.100)

ein symmetrischer Tensor zweiter Stufe ist. Die Vektordarstellung in (4.100) gilt ausschließ-

lich fur das Materialhauptsystem. In diesem hat r die Koordinaten

r =

∂f∂σL

12

∂f∂τLR

12

∂f∂τLR

∂f∂σR

=:

r112 r3

12 r3 r2

. (4.101)

Wegen der Symmetrie von r wird in Folge die aquivalente Vektordarstellung

~r =

r1r2r3

(4.102)

verwendet. Wenn keine Gefahr der Verwechslung besteht, wird auf den Pfeil von ~r in (4.102)

verzichtet.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 51

4.2.1.4 Erlauterung des Mehrflachenmodells nach Mackenzie-Helnwein et al.

In [12] wird ein orthotropes Mehrflachenplastizitatsmodell fur Holz beschrieben. Auf der

Basis der in Unterkapitel 2.4 beschriebenen Grundarten des Versagens werden vier Flachen

definiert, die zusammen ein Vierflachenmodell ergeben. Die generalisierte Form der vier

Fließbedingungen lautet in Tensorschreibweise:

fi(σ, qi, Yi) = ai : σ + σ : bi : σ + qi − Yi = 0, i ∈ 1, 2, 3, 4 , (4.103)

wobei ai und bi jeweils konstante Tensoren zweiter und vierter Stufe sind. qi beschreibt das

entsprechende Verfestigungsgesetz und Yi ist eine Festigkeitsfunktion. Mittels qi und Yi wird

das Verhalten der einzelnen Flachen kontrolliert. Da die Fließflache aus mehreren Teilflachen

besteht, ergeben die Schnittpunkte bzw. Verschneidungslinien dieser Teilflachen Ecken bzw.

Kanten. In diesem Fall ist der Gradient der Fließflache in solchen Punkten nicht eindeutig

definiert. Die assoziierte Fließregel fur derartige Punkte auf einer nicht-glatten Fließflache

erhalt man nach Simo und Hughes [23] durch eine Erweiterung von (4.9).

Um numerische Probleme, die durch das Vorhandensein von Ecken und Kanten auf der

Fließflache auftreten konnen, auszuschalten, definiert man das Bruchkriterium von Tsai

und Wu als Einflachenplastizitatsmodell. Die Ver- bzw. Entfestigung im Mehrflachenmodell

wird durch Verformung des Einflachenmodells, zufolge Anderung von p, dargestellt. Die

Charakteristik der auftretenden Großen im Mehrflachenmodell

ai , bi , qi(α) , Yi(α), i ∈ 1, 2, 3, 4 (4.104)

verandert sich beim Ubergang auf ein Einflachenmodell zu:

a(α) , b(α) , q = 0 , Y = 1 . (4.105)

Somit werden q und Y konstant gehalten und die Tensoren a(α) und b(α) verandert.

4.2.1.5 Definition der Fließflache

Um aus der Bruchumhullenden eine Fließflache zu erhalten, ist eine Anderung der Materi-

alparameter erforderlich.

Mittels der in Unterkapitel 2.4 diskutierten biaxialen Versuche stellt man fest, dass sich die

einaxialen Festigkeiten der zu definierenden Fließflache reduzieren bzw. gleich bleiben. Das

beobachtete Materialverhalten fuhrt zu folgenden Anderungen:

• Bei Zugbeanspruchung tritt sprodes Versagen ein. Die Zugfestigkeiten der Bruchum-

hullenden entsprechen deshalb den Zugfestigkeiten der zu definierenden Fließflache.

• Bei Druckbeanspruchung quer zur Faser tritt duktiles Verhalten auf. Die Druckfestig-

keit quer zur Faser βc,⊥ wird deshalb zu reduzieren sein.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 52

Etwaige Streuungen in den Versuchsdaten sind bei der Festlegung der einaxialen Festigkei-

ten zusatzlich zu berucksichtigen. Um die einaxialen Festigkeiten in Abhangigkeit von den

Materialparametern p zu erhalten, ist eine Kurvendiskussion der Fließflache erforderlich. Im

Abschnitt 4.2.2 wird diese durchgefuhrt.

4.2.2 Kurvendiskussion des Hauptschnitts des Ellipsoids

Die Gleichung des Schnittes des Ellipsoids nach Tsai und Wu mit der σL-σR-Ebene (τLR =

0) lautet:

f = aRR σR + aLL σL + bRRRR σ2R + bLLLL σ

2L + 2 bLLRR σR σL − 1 = 0 . (4.106)

Dieser Hauptschnitt des Ellipsoids veranschaulicht die fur Holz charakteristische unterschied-

liche Festigkeit unter Zug- und Druckbeanspruchung parallel und normal zur Faserrichtung.

Um eine, auf Extremwerte von Festigkeiten beruhende Gestaltsanderung des Ellipsoids zu

kontrollieren, benotigt man entsprechende mathematische Ausdrucke fur Achsenschnitt-

punkte und Extremwerte des Ellipsoids. Diese werden im Folgenden hergeleitet.

Abbildung 4.4 veranschaulicht die Aufgabenstellung. Zur Ubersichtlichkeit werden Punkte

am Hauptschnitt des Ellipsoids festgelegt. Die Punkte 1 bis 4 markieren die einaxialen

Festigkeiten, die als Achsenschnittpunkte der Ellipse identifiziert sind. Die Punkte 5 bis 8

markieren die Extrema der Festigkeiten. Zusatzlich sind die Neigungswinkel von Referen-

zachsen φ∗ und φ∗∗ eingetragen.

Erste Referenzachse

Zweite Referenzachse

σR

φ∗

f = 0

5 = max βc,⊥

6 = max βt,⊥

3 = βt,‖

7 = max βt,‖

σL

φ∗∗

βc,⊥ = 2

βc,‖ = 4

max βc,‖ = 8

βt,⊥ = 1

Abbildung 4.4: Festlegung von Punkten auf dem Hauptschnitt des Ellipsoids

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 53

• Ermittlung der einaxialen Festigkeiten in Radialrichtung

Durch Einsetzen des Spannungszustandes σL = τLR = 0, σR = β⊥ in die Fließbedin-

gung (4.93) erhalt man

f = aRR β⊥ + bRRRR β2⊥ − 1 = 0 ⇒ β⊥ =

−aRR ±√

a2RR + 4 bRRRR

2 bRRRR

. (4.107)

Mittels Gleichung (4.107) sind die Punkte 1 und 2 in Abbildung 4.4 definiert.

• Ermittlung der einaxialen Festigkeiten in Langsrichtung

Durch Einsetzen des Spannungszustandes σR = τLR = 0, σL = β‖ in die Fließbedingung

(4.93) erhalt man

f = aLL β‖ + bLLLL β2‖ − 1 = 0 ⇒ β‖ =

−aLL ±√

a2LL + 4 bLLLL

2 bLLLL

. (4.108)

Mittels Gleichung (4.108) sind die Punkte 3 und 4 in Abbildung 4.4 definiert.

• Bildung des Differentials df von f = f(σL, σR, τLR = 0))

Da die Fließflache durch f = 0 definiert ist, verschwindet das zugehorige Differential df .

Man erhalt es aus der allgemeinen Form f = f(σL, σR, τLR)) zu

df =∂f

∂σL

dσL +∂f

∂σR

dσR = 0 , (4.109)

bzw. aus (4.93) zu

df = dσL (aLL + 2 bLLLL σL + 2 bLLRR σR) +

+ dσR (aRR + 2 bLLRR σL + 2 bRRRR σR) = 0 . (4.110)

Der Vergleich von Gleichung (4.109) und Gleichung (4.110) liefert:

∂f

∂σR= aRR + 2 bLLRR σL + 2 bRRRR σR , (4.111a)

∂f

∂σL= aLL + 2 bLLLL σL + 2 bLLRR σR . (4.111b)

• Ermittlung der Tangentenneigung an einer beliebigen Stelle der Ellipse

Aus df = 0 folgt

df =∂f

∂σLdσL +

∂f

∂σRdσR = 0 ⇒ dσR

dσL= −

∂f∂σL

∂f∂σR

. (4.112)

Durch Einsetzen der Gleichungen (4.110) und (4.111a) in (4.112) erhalt man die Tan-

gentenneigung in einem Punkt (σL, σR, τLR = 0) mit f = f(σL, σR, τLR = 0)) zu

dσR

dσL= − aLL + 2 bLLLL σL + 2 bLLRR σR

aRR + 2 bLLRR σL + 2 bRRRR σR. (4.113)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 54

• Bestimmung der Neigung der ersten Referenzachse der Ellipse

Als erste Referenzachse wird im Folgenden jener Durchmesser der Ellipse bezeichnet,

der die beiden Extremwerte der Spannungen in Langsrichtung (Punkte 7 und 8 in Ab-

bildung 4.4) verbindet. Die Gleichung der ersten Referenzachse wird durch Nullsetzen

von Gleichung (4.111a) und anschließendem Umformen zu

σR = − aRR

2 bRRRR− bLLRR

bRRRRσL (4.114)

erhalten. Ihre Neigung folgt durch Ableiten von (4.114) nach σL zu

tanφ∗,0 =dσR

dσL

= − bLLRR

bRRRR

. (4.115)

• Bestimmung der Neigung der zweiten Referenzachse der Ellipse

Als zweite Referenzachse wird im Folgenden jener Durchmesser der Ellipse bezeich-

net, der die beiden Extremwerte der Spannungen in Radialrichtung (Punkte 5 und

6 in Abbildung 4.4) verbindet. Die Gleichung der zweiten Referenzachse wird durch

Nullsetzen von Gleichung (4.111b) und anschließendem Umformen zu

σL = − aLL

2 bLLLL− bLLRR

bLLLLσR (4.116)

erhalten. Ihre Neigung folgt durch Ableiten von (4.116) nach σR zu

tanφ∗∗,0 =dσL

dσR

= −bLLRR

bLLLL

. (4.117)

• Einfuhrung von Abkurzungen X und Z

Zur Vereinfachung der weiteren Ausdrucke werden folgende Abkurzungen eingefuhrt:

Z = bLLLL bRRRR − b2LLRR , (4.118)

X =√

a2RR bLLLL − 2 aLL aRR bLLRR + a2

LL bRRRR + 4Z . (4.119)

Fur eine elliptische Flache gilt immer Z > 0 (vergleiche (4.98)).

• Extremwerte der Festigkeiten in Radialrichtung

Die Forderung einer Tangente parallel zur σL-Achse lautet

∂f

∂σL= aLL + 2 bLLRR σL + 2 bLLLL σL = 0 . (4.120)

Durch Auflosen nach σR erhalt man

σR = −aLL + 2 bLLLL σL

2 bLLRR

. (4.121)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 55

Gleichung (4.121) wird in die Gleichung der Ellipse (4.106) eingesetzt. Nach der Um-

formung und der Verwendung der Abkurzungen (4.118) und (4.119) erhalt man die

Lage der Extremwerte auf der σL-Achse zu

σL =

aRR bLLRR − aLL bRRRR ± bLLRR√

bLLLL

X

2Z. (4.122)

Dieses Ergebnis wird in Gleichung (4.121) eingesetzt und liefert die Extremwerte der

Festigkeiten in Radialrichtung zu

max β⊥ = −aRR bLLLL − aLL bLLRR ±√bLLLLX

2Z. (4.123)

Mittels der Gleichungen (4.122) und (4.123) ist die Lage der Extremwerte fur σR fest-

gelegt. Die Punkte 5 und 6 der Ellipse in Abbildung 4.4 markieren diese Extremwerte.

• Extremwerte der Festigkeiten in Langsrichtung

Die Forderung einer Tangente parallel zur σR-Achse lautet

∂f

∂σR= aRR + 2 bLLRR σL + 2 bRRRR σR = 0 . (4.124)

Durch Auflosen nach σL erhalt man

σL = −aRR + 2 bRRRR σR

2 bLLRR. (4.125)

Gleichung (4.125) wird in die Gleichung der Ellipse (4.106) eingesetzt. Nach der Um-

formung und der Verwendung der Abkurzungen (4.118) und (4.119) erhalt man die

Lage der Extremwerte auf der σR-Achse zu

σR = −aRR bLLLL − aLL bLLRR ± bLLRR√

bRRRR

X

2Z. (4.126)

Dieses Ergebnis wird nun in Gleichung (4.125) eingesetzt und liefert die Extremwerte

der Festigkeiten in Langsrichtung zu

max β‖ =aRR bLLRR − aLL bRRRR ±

√bRRRR X

2Z. (4.127)

Mittels der Gleichungen (4.126) und (4.127) ist die Lage der Extremwerte fur σL fest-

gelegt. Die Punkte 7 und 8 der Ellipse in Abbildung 4.4 markieren diese Extremwerte.

• Maximale Schubfestigkeit max τLR

Der Extremwert der Schubfestigkeit ist durch eine Tangentialebene an die Fließflache,

die zur σL-σR-Ebene parallel ist, gekennzeichnet.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 56

Mathematisch bedeutet dies, dass das Differential von f(σL, σR, τLR) nach (4.93) unter

der Nebenbedingung dτLR = 0 verschwinden muss. Das ist gleichbedeutend mit dem

gleichzeitigen Verschwinden der partiellen Ableitungen (4.111a) und (4.111b). Diese

partiellen Ableitungen bilden ein 2×2-Gleichungssystem in den Unbekannten σL und

σR. Die Losung dieses Gleichungssystems liefert

σ∗L =

aRR bLLRR − aLL bRRRR

2Zund σ∗

R =aLL bLLRR − aRR bLLLL

2Z. (4.128)

Durch Einsetzen der Beziehungen (4.128) in die Gleichung (4.93) erhalt man das Ma-

ximum der Schubspannung zu

max τ 0LR =

X

4√bLRLR Z

. (4.129)

• Ideeller Reibungswinkel φ

Schließlich wird noch eine Beziehung fur den ideellen Reibungswinkel in Abhangig-

keit der Parameter des Ellipsoids hergeleitet. Aus Abbildung 4.5 entnimmt man den

Zusammenhang

max τ 0LR −

max β0t,⊥ + max β0

c,⊥

2tanφ0 = 0 . (4.130)

σR

φ0 maxβ0

t,⊥

max τ 0

LR

τLR

maxβ0

t,⊥ + maxβ0

c,⊥

maxβ0

t,⊥ + maxβ0

c,⊥

2

maxβ0

t,⊥maxβ0

c,⊥

maxβ0

c,⊥

maxβ0

t,⊥ + maxβ0

c,⊥

2

Abbildung 4.5: Zusammenhang zwischen φ und der Schubfestigkeit max τ 0LR

Durch Einsetzen der Beziehung (4.123) mit positivem Vorzeichen fur max β0t,⊥, der Be-

ziehung (4.123) mit negativem Vorzeichen fur max β0c,⊥ sowie der Beziehung (4.129) fur

max τ 0LR fuhrt zu einer Beziehung, die nur von den Parametern des Ellipsoids abhangt.

Damit kann ein ideeller Reibungswinkel φ mittels der Parameter des Ellipsoids als

φ = arctan2 max τLR

max βt,⊥ + max βc,⊥= arctan

X√Z

2 (aLL bLLRR − aRR bLLLL)√bLRLR

(4.131)

ermittelt werden.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 57

4.2.2.1 Auswertung fur den initialen Parametersatz

Als initialer Parametersatz p0 wird im Folgenden jener Satz von Parametern bezeichnet, der

von Eberhardsteiner [5] angegeben wurde. Die Darstellung der daraus definierten Bruch-

umhullenden im orthotropen Spannungsraum liefert ein Ellipsoid, charakterisiert durch die

Gleichung (4.93). Es ist in Abbildung 4.6 dargestellt.

Abbildung 4.6: Darstellung des Ellipsoids fur den initialen Parametersatz p0

Der initiale Parametersatz lautet

p0 =

aLL

aRR

bLLLL

bRRRR

bLLRR

bLRLR

=

−0.007013160 mm2/N

+0.066018200 mm2/N

+0.000260280 mm4/N2

+0.034662500 mm4/N2

+0.000241602 mm4/N2

+0.003670630 mm4/N2

. (4.132)

Die Tabelle 4.1 fasst die Auswertung der in der Kurvendiskussion definierten Punkte 1 bis 8

der Ellipse fur den initialen Parametersatz p0 nach (4.132) zusammen.

Tabelle 4.1: Koordinatenverzeichnis der Punkte aus der Kurvendiskussion fur p0

Punkt Nr. σL σR Punkt Nr. σL σR

Punkt 1 0 +4.50 Punkt 5 +19.66 -6.67

Punkt 2 0 -6.41 Punkt 6 +9.24 +4.56

Punkt 3 +76.90 0 Punkt 7 +79.24 -1.50

Punkt 4 -49.96 0 Punkt 8 -50.33 -0.60

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 58

In Tabelle 4.2 sind die charakteristischen Werte fur den initialen Parametersatz p0 nach

(4.132) zusammengefasst.

Tabelle 4.2: Zusammenstellung charakteristischer Werte fur den Parametersatz p0

max β0t,⊥ = 4.56 N/mm2 max β0

c,⊥ = 6.67 N/mm2

max β0t,‖ = 79.24 N/mm2 max β0

c,‖ = 50.33 N/mm2

max τ 0LR = 8.60 N/mm2 σ∗

R = -1.05 N/mm2

φ0 = 57.6073 tanφ∗,0 = -0.0069701

Abbildung 4.7 stellt die Punkte 1 bis 8 maßstablich im σL-σR-Koordinatensystem dar.

−60 −40 −20 0 20 40 60 80−20

−10

0

10

20

σL [N/mm2]

σ R [N

/mm

2 ]

Tsai & Wu f=0erste Referenzachsezweite Referenzachse1 6

4

8 2 5

7

3

Abbildung 4.7: Charakteristische Punkte fur initiale Parameterwerte p0

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 59

4.2.2.2 Auswertung fur den modifizierten Parametersatz

Mittels den Aussagen aus Unterabschnitt 4.2.1.5 und dem Modell nach [12] fuhrt man fol-

gende Anderungen zur in [5] vorgeschlagenen Bruchumhullenden ein:

βt,‖ = 65.0 N/mm2 und βc,⊥ = 4.0 N/mm2 . (4.133)

Darin bezeichnet βt,‖ die einaxiale Zugfestigkeit parallel zur Faserrichtung gemaß (4.108) mit

positivem Vorzeichen und βc,⊥ die einaxiale Druckfestigkeit quer zur Faser gemaß (4.107)

mit negativem Vorzeichen. Die einaxialen Festigkeiten der anderen Richtungen sind bei

der Bruch- und der neu eingefuhrten Fließflache ident. Die daraus erhaltene Fließflache

entspricht einem Einflachenmodell, gemaß Gleichung (4.91).

Als modifizierter Parametersatz p1 wird im Folgenden jener Satz von Parametern bezeich-

net, der sich zufolge der in (4.133) dargelegten Randbedingungen ergibt. Die Darstellung

der Fließflache im orthotropen Spannungsraum liefert weiterhin ein Ellipsoid, wie in Abbil-

dung 4.8 dargestellt.

Abbildung 4.8: Darstellung des Ellipsoids fur den modifizierten Parametersatz p1

Der modifizierte Parametersatz lautet

p1 =

aLL

aRR

bLLLL

bRRRR

bLLRR

bLRLR

=

−0.004725456 mm2/N

−0.030672450 mm2/N

+0.000309383 mm4/N2

+0.054853200 mm4/N2

+0.000382334 mm4/N2

+0.003452340 mm4/N2

. (4.134)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 60

Die Tabelle 4.3 fasst die Auswertung der in der Kurvendiskussion definierten Punkte 1 bis 8

der Ellipse fur den modifizierten Parametersatz p1 nach (4.134) zusammen.

Tabelle 4.3: Koordinatenverzeichnis der Punkte aus der Kurvendiskussion fur p1

Punkt Nr. σL σR Punkt Nr. σL σR

Punkt 1 0 +4.56 Punkt 5 +12.71 -4.10

Punkt 2 0 -4.00 Punkt 6 +2.00 +4.56

Punkt 3 +65.00 0 Punkt 7 +65.05 -0.17

Punkt 4 -49.73 0 Punkt 8 -50.34 +0.63

In Tabelle 4.4 sind die charakteristischen Werte fur den initialen Parametersatz p1 nach

(4.134) zusammengefasst.

Tabelle 4.4: Zusammenstellung charakteristischer Werte fur den Parametersatz p1

max β0t,⊥ = 4.56 N/mm2 max β0

c,⊥ = 4.10 N/mm2

max β0t,‖ = 65.05 N/mm2 max β0

c,‖ = 50.34 N/mm2

max τ 0LR = 8.60 N/mm2 σ∗

R = +0.23 N/mm2

φ0 = 63.5426 tanφ∗,0 = -0.0069701

Abbildung 4.9 stellt die Punkte 1 bis 8 maßstablich im σL-σR-Koordinatensystem dar.

−60 −40 −20 0 20 40 60 80−20

−10

0

10

20

σL [N/mm2]

σ R [N

/mm

2 ]

Tsai & Wu f=0erste Referenzachsezweite Referenzachse6 1

8

4 2 5

3

7

Abbildung 4.9: Charakteristische Punkte fur modifizierte Parameterwerte p1

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 61

4.2.3 Evolutionsgesetze fur charakteristische Festigkeiten fur die

vier Versagensmechanismen nach Mackenzie-Helnwein et al.

Bei Annahme assoziierter Verfestigung gemaß Gleichung (4.10) wurde das Einflachenmodell

nur einen Verfestigungsparameter zulassen. Die Form der Fließflache wurde sich in alle Richt-

ungen ahnlich verandern. Dies widerspricht dem in [12] beschriebenen Materialverhalten.

Somit ist es erforderlich, nicht assoziierte Ver- und Entfestigungsgesetze zu formulieren.

Dies wird dadurch bewerkstelligt, dass anstelle einer assoziierten Verfestigungsvariablen α

ein Vektor

α = bαt,⊥ αc,⊥ αt,‖ αc,‖ αref αshrcT (4.135)

definiert wird. Die Komponenten von α steuern die Extrema der Festigkeitswerte und somit

die Gestalt der Fließflache. Die mathematische Form der Fließflache (4.91) selbst bleibt bei

beliebiger Beanspruchung unverandert.

In diesem Abschnitt werden sechs Evolutionsgesetze fur die folgenden Festigkeiten und die

Neigung der betrachteten Referenzachse formuliert:

1. Maximale Zugfestigkeit in Radialrichtung max βt,⊥

2. Minimale Druckfestigkeit in Radialrichtung max βc,⊥

3. Maximale Zugfestigkeit in Langsrichtung max βt,‖

4. Minimale Druckfestigkeit in Langsrichtung max βc,‖

5. Neigung der ersten Referenzachse der Ellipse tanφ∗

6. Maximale Schubfestigkeit max τLR

Mit Hilfe von [12] werden fur alle Komponenten des Vektors der inneren Variablen αi ∈ (t,⊥), (c,⊥), (t, ‖), (c, ‖), (ref), (shr) die Zusammenhange mit der Plastizitatstheorie hergestellt.

4.2.3.1 Maximale Zugfestigkeit in Radialrichtung max βt,⊥

Fur reinen Querzug findet man in [12] folgende Beziehung:

ξI =`c βt,⊥

GIf,R

〈MR : r〉 γ︸ ︷︷ ︸

=: αt,⊥

, (4.136)

wobei der Strukturtensor MR laut Gleichung (4.87) einzusetzen ist. Der Tensor r entspricht

der Richtung des plastischen Flusses aus dem Mehrflachenmodell. Fur Zug in Radialrichtung

stimmt diese naherungsweise mit jener aus dem Einflachenmodell uberein. Deshalb wird in

Folge r gemaß Gleichung (4.100) verwendet. Grundlage fur die folgenden Betrachtungen

stellt das Modell nach Weihe (siehe [25], [26] und [27]) dar.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 62

GIf,R ist die Energiefreisetzungsrate und `c ist die charakteristische Lange. Der Index I

bezeichnet den Bruchmodus (Mode I) und zeigt an, dass die Kraftwirkung normal zur Riss-

richtung verlauft. Mittels des von Weihe [25] angegebenen Entfestigungsgesetzes

βt,⊥ = κ β0t,⊥ = (1 − ξI) β

0t,⊥ (4.137)

erhalt man aus (4.136) eine inhomogene Differentialgleichung erster Ordnung in der Unbe-

kannten ξI zu

ξI +`c β

0t,⊥

GIf,R

︸ ︷︷ ︸

=: kt,⊥

αt,⊥ ξI =`c β

0t,⊥

GIf,R

︸ ︷︷ ︸

=: kt,⊥

αt,⊥ , (4.138)

wobei kt,⊥ einen konstanten Materialparameter bezeichnet. Er entspricht dem aus der Ener-

giebilanz im Zuge der Rissbildung abgeleiteten Parameter ks gemaß (4.74). Fur abschnitts-

weises konstantes αt,⊥ erhalt man die Losung dieser Differentialgleichung zu

ξI = Ae−kt,⊥ αt,⊥ t + 1 . (4.139)

Durch Annahme von αt,⊥ t = αt,⊥ erhalt man eine Naherungslosung fur veranderliches αt,⊥.

Die unbekannte Integrationskonstante A erhalt man durch Einsetzen der Anfangsbedingung

ξI |αt,⊥=0 = 0 in (4.139) zu A = −1. Somit ergibt sich

ξI = 1 − e−kt,⊥ αt,⊥. (4.140)

Durch Einsetzen von (4.140) in (4.137) erhalt man schließlich das Entfestigungsgesetz

βt,⊥ = β0t,⊥ e

−kt,⊥ αt,⊥ . (4.141)

Die Evolution der maximalen Zugfestigkeit in Radialrichtung wird somit mittels des analogen

Exponentialgesetzes

max βt,⊥(αt,⊥) = max β0t,⊥ e

−kt,⊥ αt,⊥ (4.142)

vorgegeben, wobei max β0t,⊥ die initiale maximale Zugfestigkeit bezeichnet. Die innere Va-

riable αt,⊥ dient ausschließlich zur Beschreibung der betrachteten Festigkeit und ergibt sich

aus Gleichung (4.136) mit

αt,⊥ = 〈MR : r〉 γ . (4.143)

Der Materialparameter kt,⊥ folgt aus (4.138) zu

kt,⊥ =max β0

t,⊥ `c

GIf,R

. (4.144)

Abbildung 4.10 veranschaulicht die Entwicklung von max βt,⊥ fur max β0t,⊥ = 4.56 N/mm2,

GIf,R = 300 J/m2 und `c = 5 mm, in dem die innere Variable αt,⊥ als Laufvariable gewahlt

wird.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 63

0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10

1

2

3

4

5

αt,⊥ [ ]

max

βt,⊥

(αt,⊥

) [N

/mm

2 ]

Abbildung 4.10: Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max βt,⊥

4.2.3.2 Maximale Druckfestigkeit in Radialrichtung max βc,⊥

Die maximale Druckfestigkeit in Radialrichtung wird durch

max βc,⊥(αc,⊥) = Y0,⊥ + Y1,⊥ (1 − e−kc,⊥ αc,⊥) + qR(αc,⊥) (4.145)

beschrieben. Dabei bezeichnet Y0,⊥ = max β0c,⊥ die ursprungliche Druckfestigkeit, Y1,⊥ ist

eine Verfestigungsspannung, die durch das exponentielle Gesetz im plastischen Bereich die

Festigkeit vergroßert. kc,⊥ ist ein dimensionsloser Materialparameter.

Die Funktion qR(αc,⊥) in Gleichung (4.145) dient zur Beschreibung der Kompaktion und

des damit verbundenen Festigkeitsanstiegs. Die Kompaktion reduziert das freie Zellvolumen

auf ein praktisch nicht weiter reduzierbares Minimum und fuhrt zum Aufbau innerer Span-

nungen, die zu keiner Erhohung der Dissipation fuhren. Die Steigerung der Festigkeit wird

durch

qR(αc,⊥) = HR,d〈αc,⊥ − αR,d〉2αR,∞ − αc,⊥

(4.146)

beschrieben. Es gilt 〈x〉 = (x + |x|)/2. HR,d ist ein Verfestigungsparameter. αR,d und αR,∞

bezeichnen den Beginn und den Grenzfall der Kompaktion, wobei αc,⊥ < αR,∞ gilt.

Die innere Variable αc,⊥ dient ausschließlich der Beschreibung der betrachteten Festigkeit.

Fur dominante Druckbeanspruchung quer zur Faser findet man in [11] und [12] folgende

Beziehungen fur die Rate der plastischen Verzerrungen

εp = γ

[

−(MR + cML) +µ

2M σ

]

(4.147)

und eines zugehorigen Verfestigungsparameters

α = γ . (4.148)

Durch Zerlegung von εp in seine Komponenten erhalt man

εpR = MR : ε

p = −γ . (4.149)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 64

Der Vergleich von (4.149) mit (4.148) fuhrt auf

α = 〈−εpR〉 = 〈−MR : ε

p〉 . (4.150)

Dieser Zusammenhang wird nun fur das vorliegende Einflachenmodell zur Definition von

αc,⊥ unter Verwendung von (4.99) herangezogen und liefert

αc,⊥ = 〈−MR : εpR〉 = γ 〈−MR : r〉 . (4.151)

Abbildung 4.11 veranschaulicht die Entwicklung von max βc,⊥ fur max β0c,⊥ = 4.10 N/mm2,

Y1,R = 1.80 N/mm2 und kc,⊥ = 30.00, in dem die innere Variable αc,⊥ als Laufvariable

gewahlt wird. Die volle Linie stellt die Berucksichtigung der Kompaktion fur HR,d = 2.00

N/mm2, αR,d = 0.10 und αR,∞ = 0.75 dar. Die strichlierte Linie berucksichtigt diese nicht.

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.70

5

10

15

20

αc,⊥ [ ]

max

βc,

⊥(α

c,⊥)

[N/m

m2 ]

Abbildung 4.11: Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max βc,⊥

4.2.3.3 Maximale Zugfestigkeit in Langsrichtung max βt,‖

Die maximale Zugfestigkeit in Langsrichtung wird durch

max βt,‖(αt,‖) = max β0t,‖ e

−kt,‖ αt,‖ (4.152)

beschrieben, wobei max β0t,‖ die initiale maximale Zugfestigkeit bezeichnet. Die Energiebilanz

bei volliger Ausbildung eines Risses liefert den Materialparameter kt,‖ zu

kt,‖ =max β0

t,‖ `c

GIf,L

, (4.153)

wobei GIf,R die Energiefreisetzungsrate und `c die charakteristische Lange bezeichnet. Der

Index I bezeichnet den Bruchmodus (Mode I) und zeigt an, dass die Kraftwirkung normal

zur Rissrichtung verlauft.

Die innere Variable αt,‖ dient ausschließlich der Beschreibung der betrachteten Festigkeit.

In Analogie zur Definition des Entfestigungsparameters αt,⊥ in Gleichung (4.143) kann ein

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 65

Entfestigungsparameter fur Zugbeanspruchung parallel zur Faser unter Berucksichtigung von

(4.100) zu

αt,‖ = 〈ML : εp〉 = γ 〈ML : r〉 (4.154)

definiert werden. Er entspricht der plastischen, spezifischen Langenanderung in Faserrich-

tung.

Abbildung 4.12 veranschaulicht die Entwicklung von max βt,‖ fur max β0t,‖ = 65.05 N/mm2,

GIf,L = 1650 J/m2 und `c = 5 mm, in dem die innere Variable αt,‖ als Laufvariable gewahlt

wird.

0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10

20

40

60

80

αt, [ ]

max

βt,

(αt,

) [N

/mm

2 ]

Abbildung 4.12: Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max βt,‖

4.2.3.4 Maximale Druckfestigkeit in Langsrichtung max βc,‖

Die maximale Druckfestigkeit in Langsrichtung wird durch

max βc,‖(αc,‖) = Y0,‖ + Y1,‖ e−kc,‖ αc,‖ + qL(αc,‖) (4.155)

beschrieben, wobei die Bedeutung der Festigkeitsanteile Y0,‖ und Y1,‖, sowie der Kompakti-

onsfestigkeit qL(αc,‖) der Abbildung 4.13 zu entnehmen ist. Mit der Beziehung max β0c,‖ =

Y0,‖ + Y1,‖ erhalt man aus (4.155)

max βc,‖(αc,‖) = max β0c,‖ − Y1,‖ (1 − e−kc,‖ αc,‖) + qL(αc,‖) . (4.156)

Die innere Variable αc,‖ dient ausschließlich der Beschreibung der betrachteten Festigkeit.

In Analogie zur Definition des Verfestigungsparameters αc,⊥ in Gleichung (4.151) kann ein

Entfestigungsparameter fur Druckbeanspruchung parallel zur Faser unter Berucksichtigung

von (4.100) zu

αc,‖ = 〈−ML : εp〉 = γ 〈−ML : r〉 (4.157)

definiert werden.

Die Modellierung der Kompaktion erfolgt mit den gleichen Argumenten, die in Unterab-

schnitt 4.2.3.2 verwendet wurden. Die Funktion qL(αc,‖) in Gleichung (4.156) lautet:

qL(αc,‖) = HL,d

〈αc,‖ − αL,d〉2αL,∞ − αc,‖

. (4.158)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 66

Es gilt 〈x〉 = (x + |x|)/2. HL,d ist ein Verfestigungsparameter. αL,d und αL,∞ bezeichnen

den Beginn und den Grenzfall der Kompaktion, wobei αc,‖ < αL,∞ gilt.

Da keine vollstandige Rissausbildung moglich ist, ist auch die Aufstellung der Energiebilanz

nicht mehr in der Art moglich, wie dies in den Unterabschnitten 4.2.3.1 und 4.2.3.3 geschehen

ist. Die charakteristische Lange `c und die Energiefreisetzungsrate GIfc,L sind aus Versuchen

zu bestimmen. Der Materialparameter kc,‖ ergibt sich aus folgender Beziehung:

kc,‖ =max β0

c,‖ `c

GIfc,L

. (4.159)

Abbildung 4.13 veranschaulicht die Entwicklung von max βc,‖ fur max β0c,‖ = 50.34 N/mm2,

Y1,L = 10 N/mm2, GIfc,L = 50000 J/m2 und `c = 5 mm, in dem die innere Variable αc,‖ als

Laufvariable gewahlt wird. Die volle Linie stellt die Berucksichtigung der Kompaktion fur

HL,d = 15.00 N/mm2, αL,d = 0.50 und αL,∞ = 0.75 dar. Die strichlierte Linie berucksichtigt

diese nicht.

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.70

20

40

60

80

αc, [ ]

β c,

(αc,

)

[N/m

m2 ]

max

β0 c,‖

Y0,‖

q ‖(α

c,‖)

Y1,‖

Abbildung 4.13: Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max βc,‖

4.2.3.5 Neigung der ersten Referenzachse der Ellipse tanφ∗

Die Neigung der ersten Referenzachse wird als

tanφ∗(αref) = (tanφ∗,0) e−kt,⊥ αref (4.160)

modelliert, wobei tanφ∗ die initiale Neigung der ersten Referenzachse bezeichnet. Der Ma-

terialparameter kt,⊥ folgt aus Gleichung (4.144).

Die innere Variable αref dient ausschließlich der Beschreibung der betrachteten Große und

wird analog zu der Variablen αt,⊥ definiert (siehe Gleichung (4.143)). Somit ergibt sich

αref = 〈MR : r〉 γ . (4.161)

Abbildung 4.14 veranschaulicht die Entwicklung von tanφ∗ fur tanφ∗,0 = -0.0069701, GIf,R

= 300 J/m2 und `c = 5 mm, in dem die innere Variable αref als Laufvariable gewahlt wird.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 67

0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1

−6

−4

−2

0x 10

−4

αref

[ ]

tan

φ* (αre

f) [ ]

Abbildung 4.14: Verlauf des Evolutionsgesetzes fur tanφ∗

4.2.3.6 Maximale Schubfestigkeit max τLR

Der ideelle Reibungswinkel φ wird durch

φ(αshr) = φ∞ + (φ0 − φ∞) e−kshr αshr (4.162)

beschrieben, wobei φ0 den initialen ideellen Reibungswinkel und φ∞ den Restreibungswinkel

bezeichnen. Analog zu den anderen Evolutionsgesetzen wird ein Materialparameter kshr und

eine primare Variable αshr eingefuhrt. Der dimensionslose Materialparameter kshr ergibt sich

aus folgender Beziehung:

kshr =max τ 0

LR `cGII

f,R

, (4.163)

wobei GIIf die Energiefreisetzungsrate und `c die charakteristische Lange bezeichnen. Der In-

dex II bezeichnet den Bruchmodus (Mode II) und zeigt an, dass die Kraftwirkung tangential

zur Rissrichtung verlauft.

Fur die einwandfreie Identifikation des dimensionslosen Entfestigungsparameters kshr sind

weitere Untersuchungen erforderlich, die nicht im Umfang dieser Arbeit enthalten sind.

Die innere Variable αshr dient ausschließlich der Beschreibung der betrachteten Festigkeit.

In Analogie zur Definition des Entfestigungsparameters αt,⊥ in Gleichung (4.143) kann ein

Entfestigungsparameter fur Schubbeanspruchung unter Berucksichtigung von (4.100) zu

αshr =√

4 trMR εp ML ε

p = γ√

4 trMR rML r (4.164)

definiert werden.

Die aktuelle maximale Schubfestigkeit wird auf der Basis des ideellen Reibungswinkels φ

beschrieben. Durch Auflosen der Gleichung (4.130) nach τLR erhalt man

max τLR =max βt,⊥ + max βc,⊥

2tanφ . (4.165)

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 68

Durch Einsetzen von (4.142) fur max βt,⊥, (4.145) fur max βc,⊥ und (4.162) fur φ erhalt man

das Evolutionsgesetz fur die Schubfestigkeit zu

max τLR =1

2

(max β0

t,⊥ e−kt,⊥ αt,⊥ + Y0,⊥ + Y1,⊥ (1 − e−kc,⊥ αc,⊥) + qR(αc,⊥)

· tan(φ∞ + (φ0 − φ∞) e−kshr αshr) . (4.166)

Diese Beziehung ist in Abbildung 4.15 dargestellt.

σR

φ0

max τLR

max τ 0

LR

τLR

maxβc,⊥ maxβ0

t,⊥

maxβt,⊥ + maxβc,⊥

maxβc,⊥

maxβt,⊥ + maxβc,⊥

2

maxβt,⊥ + maxβc,⊥

2

maxβ0

c,⊥ φ

maxβt,⊥

maxβt,⊥

Abbildung 4.15: Zusammenhang zwischen φ und der Schubfestigkeit max τLR

Abbildung 4.16 veranschaulicht die Entwicklung von max τLR fur max τ 0LR = 8.60 N/mm2,

kshr = 10 und φ∞ = 25, in dem die innere Variable αshr als Laufvariable gewahlt wird.

Die strichlierte Linie berucksichtigt ausschließlich Entfestigung der Schubfestigkeit max τLR.

Die volle Linie berucksichtigt zusatzlich Entfestigung von max βt,⊥ und Verfestigung mit

Kompaktion von max βc,⊥.

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.70

2

4

6

8

10

αshr

[ ]

max

τLR

(αsh

r) [N

/mm

2 ]

Entfestigung ausschließlich für Schub

Kombinierte Ver− und Entfestigung

Abbildung 4.16: Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max τLR

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 69

4.2.4 Zusammenfassung der Evolutionsgesetze von charakteristi-

schen Festigkeiten und der Ver- bzw. Entfestigungsvariablen

Die verschiedenen Evolutionsgesetze fur die charakteristischen Festigkeiten max βt,⊥ (4.142),

max βc,⊥ (4.145), max βt,‖ (4.152), max βc,‖ (4.156), tanφ∗ (4.160) und max τLR (4.165) bzw.

(4.166) werden im Vektor

R∗ =

max βt,⊥

max βc,⊥

max βt,‖

max βc,‖

tanφ∗

max τLR

=

max β0t,⊥ e

−kt,⊥ αt,⊥

max β0c,⊥ + Y1,⊥ (1 − e−kc,⊥ αc,⊥) + qR(αc,⊥)

max β0t,‖ e

−kt,‖ αt,‖

max β0c,‖ − Y1,‖ (1 − e−kc,‖ αc,‖) + qL(αc,‖)

tanφ∗,0 e−kt,⊥ αref

max βt,⊥ + max βc,⊥

2 tan(φ∞ + (φ0 − φ∞) e−kshr αshr)

(4.167)

zusammengefasst, wobei max βc,⊥ = Y0,⊥ gilt.

In Unterabschnitt 4.1.2.2 wurde die Entfestigungsregel (4.18) folgendermaßen definiert:

α = s γ . (4.18)

Der vom aktuellen Spannungszustand abhangige Vektor s wird durch die Zusammenfassung

der verschiedenen Evolutionsgesetze fur die Ver- bzw. Entfestigungsvariablen αt,⊥ (4.143),

αc,⊥ (4.151), αt,‖ (4.154), αc,‖ (4.157), αref (4.161) und αshr (4.164) zu

s =

〈MR : r〉〈−MR : r〉〈ML : r〉〈−ML : r〉〈MR : r〉

√4 trMR rML r

=

〈r2〉〈−r2〉〈r1〉〈−r1〉〈r2〉2 |r3|

(4.168)

erhalten. Der Tensor r ist in Gleichung (4.100) definiert, seine Koordinaten ri mit i ∈ 1, 2, 3sind in Gleichung (4.101) festgelegt.

Tabelle 4.5 fasst die in Abschnitt 4.2.3 verwendeten Materialparameter zusammen. Sie stam-

men aus [12]. Als charakteristische Lange wurde `c = 5 mm angenommen.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 70

Tabelle 4.5: Zusammenstellung der verwendeten Materialparameter

Zug ⊥ max β0t,⊥ = 4.56 N/mm2 GI

f,R = 300 J/m2 kt,⊥ = 76.02

Druck ⊥ max β0c,⊥ = 4.10 N/mm2 kein GI

fc,R da Verfestigung kc,⊥ = 30.00

HR,d = 2.00 N/mm2 Y1,R = 1.80 N/mm2 αR,d

αR,∞= 0.10

0.75

Zug ‖ max β0t,‖ = 65.00 N/mm2 GI

f,L = 1650 J/m2 kt,‖ = 197.11

Druck ‖ max β0c,‖ = 50.34 N/mm2 GI

fc,L = 50000 J/m2 kc,‖ = 5.03

HL,d = 15.00 N/mm2 Y1,L = 10.00 N/mm2 αL,d

αL,∞= 0.50

0.75

Schub max τ 0LR = 8.60 N/mm2 φ∞ = 25 kshr = 10.00

4.2.5 Uberlegungen zur Festlegung der charakteristischen Lange

Im Unterabschnitt 4.1.2.2 wurde die charakteristische Lange `c eingefuhrt. Im Abschnitt

4.2.3 wurde `c verwendet, um Beziehungen zwischen den Materialparametern kt,⊥, kt,‖ , kc,‖

und kshr festzulegen. In diesem Abschnitt soll die Wahl von `c = 5 mm begrundet werden.

Bei Betrachtung des Probekorpers gemaß Abbildung 2.3 ergibt sich `c ≈ 250 mm als Ab-

stand der gegenuberliegenden Lasteinleitungsbolzen. In [12] sind obere Schranken fur die

charakteristischen Langen als

`c,critical,‖ =ELG

If,L

(β0t,‖)

2und `c,critical,⊥ =

ERGIf,R

(β0t,⊥)2

(4.169)

angegeben. Fur EL = 12000 N/mm2, GIf,L = 1650 J/m2 und β0

t,‖ = 65.00 N/mm2 erhalt

man `c,critical,‖ ≈ 4.7 mm. Fur ER = 700 N/mm2, GIf,R = 300 J/m2 und β0

t,⊥ = 4.56 N/mm2

erhalt man `c,critical,⊥ ≈ 10.1 mm. Diese Formeln ergeben sich bei Betrachtung von eindi-

mensionalen Bruchversuchen durch Nullsetzen des Nenners von

Cep =

EK

E +Kmit K = −(β0

t )2 `c

GIf

, (4.170)

wobei Cep den elasto-plastischen Tangententensor aus der infinitesimalen Theorie bei Riss-

ansatz bezeichnet. Abbildung 4.17 stellt die Gleichung (4.170) fur die Langs- und Radial-

richtung von Holz dar.

Durch die anwachsende charakteristische Lange `c wird der Entfestigungsmodul K aus

(4.170) betragsmaßig großer. Wenn |K| = E wird, tritt eine Singularitat auf. Dadurch

wird die kritische charakteristische Lange `c,critical festgelegt. Ab charakteristischen Langen

`c > `c,critical wird K positiv und somit zum Verfestigungsmodul, obwohl Entfestigung

betrachtet wird.

Fur die Versuchssimulationen ist aufgrund der Betrachtung von biaxialen Beanspruchungs-

verhaltnissen im Allgemeinen ein Wert zwischen `c,critical,‖ und `c,critical,⊥ zulassig.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 71

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20−1

−0.8

−0.6

−0.4

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1x 10

5

Ela

stop

last

isch

e T

ange

nten

neig

ung

bei R

issa

nsat

z [N

/mm

2 ]

in Faserrichtung

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20−1

−0.8

−0.6

−0.4

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1x 10

4

Ela

stop

last

isch

e T

ange

nten

neig

ung

bei R

issa

nsat

z [N

/mm

2 ]

quer zur Faserrichtung

(a) (b)`c,‖ [mm] `c,⊥ [mm]

`c,critical,⊥ = 10.1 mm`c,critical,‖ = 4.7 mm

Abbildung 4.17: Elasto-plastische Tangentenneigung bei Rissansatz als Funktion der cha-

rakteristischen Lange fur (a) Zug in Faserrichtung und (b) Zug quer zur

Faser

Durch Probieren wurde `c fur die im Kapitel 6 durchgefuhrten Versuchssimulationen auf

5 mm festgelegt. Dieser Wert lasst sich folgendermaßen deuten: Das makroskopische Ma-

terialmodell kann nicht fur den gesamten Probekorper angewandt werden. Das aktuelle

Kontrollvolumen des Probekorpers ist zu groß, um Entfestigungsphanomene kontrolliert zu

beobachten. Der Probekorper stellt somit im Sinne der makroskopischen Betrachtung bereits

eine Struktur dar.

Eine realistische Erfassung aller im Versuch beobachteten Phanomene erfordert eine struk-

turmechanische Untersuchung des Probekorpers, z.B. mittels der Finite Elemente Methode.

4.2.6 Aktualisierung der Parameterwerte p bei kombinierter Ver-

bzw. Entfestigung

Alle Komponenten von α werden initial zu null angenommen. Das entspricht einem un-

geschadigten Material. Durch das Erreichen des plastischen Bereiches wachsen die Kompo-

nenten von α definitionsgemaß an. Dadurch verandern sich die charakteristischen Festigkei-

ten gemaß den im Vektor R∗ aus Gleichung (4.167) angegebenen Beziehungen und damit

auch die Parameter p der Fließflache.

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 72

Zur Bestimmung der sechs Parameter in p sind sechs Gleichungen erforderlich. Dazu verwen-

det man die Verknupfungsgleichungen zwischen den Extremwerten der Fließfunktion (4.93)

aus Unterabschnitt 4.2.1.2 und den Festigkeitsfunktionen nach Abschnitt 4.2.3. Man erhalt

ein nichtlineares algebraisches Gleichungssystem in sechs Unbekannten. Die verwendeten

Verknupfungen sind:

1. Maximale Zugfestigkeit in Radialrichtung mittels Gleichungen (4.123) und (4.142)

2. Maximale Druckfestigkeit in Radialrichtung mittels Gleichungen (4.123) und (4.145)

3. Maximale Zugfestigkeit in Langsrichtung mittels Gleichungen (4.127) und (4.152)

4. Maximale Druckfestigkeit in Langsrichtung mittels Gleichungen (4.127) und (4.156)

5. Neigung der ersten Referenzachse der Ellipse mittels Gleichungen (4.115) und (4.160)

6. Maximale Schubspannung mittels Gleichungen (4.129) und (4.166)

Abbildung 4.18 kennzeichnet die ersten funf Elemente, die durch diese Gleichungen beschrie-

ben werden. Die sechste Beziehung wurde bereits in Abbildung 4.15 illustriert.

−60 −40 −20 0 20 40 60 80−20

−10

0

10

20

σL [N/mm2]

σ R [N

/mm

2 ]

Tsai & Wu f=0erste Referenzachsezweite Referenzachse

max βt,‖ max βc,‖m

ax

βt,⊥

max

βc,⊥

φ∗

Abbildung 4.18: Elemente zur Aktualisierung der Parameterwerte p

Die sechs oben erwahnten Gleichungen werden nun im Residuumsvektor

Rβ =

12Z (−aRR bLLLL + aLL bLLRR +X

√bLLLL)

12Z (−aRR bLLLL + aLL bLLRR −X

√bLLLL)

12Z (aRR bLLRR − aLL bRRRR +X

√bRRRR)

12Z (aRR bLLRR − aLL bRRRR −X

√bRRRR)

− bLLRRbRRRR

X4√

bLRLR Z

︸ ︷︷ ︸

= Rp

R∗1

R∗2

R∗3

R∗4

R∗5

R∗6

︸ ︷︷ ︸

= R∗

=

0

0

0

0

0

0

(4.171)

zusammengefasst. Die Großen R∗i , i ∈ 1, ..., 6 sind die Komponenten des Vektors R∗ nach

Gleichung (4.167).

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 73

Fur die Losung dieses nichtlinearen Gleichungssystems wird das Newton-Raphson-Itera-

tionsverfahren verwendet. Fur dieses Verfahren ist es notwendig, das Gleichungssystem in

eine Taylor-Reihe zu entwickeln. Durch Vernachlassigung von Termen hoherer als erster

Ordnung erhalt man eine lineare Naherung des Gleichungssystems als

Rβ(p) ≈ Rβ(p(k)) +∂Rp

∂p(k)

∣∣∣∣p(k)

︸ ︷︷ ︸

=: K

·∆p = Rβ(p(k)) + K · (p(k+1) − p(k)) = 0 , (4.172)

wobei (k) einen bekannten Zustand nach dem k-ten Iterationsschritt bezeichnet und (k+ 1)

den zu ermittelnden, neuen Naherungszustand. Durch Umformen von Gleichung (4.172)

erhalt man die verbesserte Losung zu

p(k+1) = p(k) − K−1 · R(k)β . (4.173)

Eine genaue Beschreibung dieses Verfahrens ist in [28] zu finden. Nach der Berechnung von

Gleichung (4.173) wird k = k + 1 gesetzt und diese Prozedur so lange wiederholt, bis die

Konvergenzbedingung ‖ Rβ ‖=√

Rβ · Rβ ≤ TOL erfullt ist. TOL ist eine vom Anwender

zu definierende Toleranz.

Abbildung 4.19 zeigt als Beispiel die Entwicklung der Form der Fließflache und der ers-

ten Referenzachse bis zur Einhaltung der vorgegebenen Toleranz von TOL = 10−12 unter

Berucksichtigung der Materialparameter aus Tabelle 4.5 von Abschnitt 4.2.4.

Ausgangszustand stellt der Parametersatz p1 aus (4.134) dar. Es werden die unbekannten

primaren Variablen mit αt,⊥ = αref = αshr = 0.05 bzw. αc,⊥ = αt,‖ = αc,‖ = 0 vorgegeben.

−60 −40 −20 0 20 40 60 80−5

−4

−3

−2

−1

0

1

2

3

4

5

σL [N/mm2]

σ R [N

/mm

2 ]

k=2

k=1

k=0

k=11

k=2k=1

k=0

k=11

Abbildung 4.19: Veranderung des Hauptschnittes des Ellipsoids wahrend der Iteration

Theoretische Grundlagen zur Modellbildung 4.2: Bruchumhullende nach Tsai und Wu 74

In der Abbildung 4.19 ist die Ausgangssituation – modifizierter Parametersatz p1 in Glei-

chung (4.93) eingesetzt – magenta und das Endergebnis der Iteration – aktualisierter Para-

metersatz p1 in Gleichung (4.93) eingesetzt – grun markiert.

Das Newton-Raphson-Verfahren garantiert eine quadratische Rate asymptotischer Kon-

vergenz. Fur diese Vorgaben werden 11 Iterationsschritte benotigt. Die gewahlte Anderung

im demonstrierten Beispiel erfordert eine Reihe langsamer Verbesserungsschritte, ehe der Be-

reich quadratischer Konvergenz erreicht wird. Dadurch lasst sich die vergleichsweise große

Anzahl der erforderlichen Iterationsschritte erklaren.

K ist die Matrix der Ableitungen der sechs im Vektor Rp (4.171) zusammengefassten Glei-

chungen nach den sechs im Vektor p (4.92) zusammengefassten Parametern des Ellipsoids.

K stellt somit eine 6 × 6-Matrix dar.

K =∂Rp

∂p(k)=

dRp,1

daLL

dRp,1

daRR

dRp,1

dbLLLL

dRp,1

dbRRRR

dRp,1

dbLLRR

dRp,1

dbLRLR

dRp,2

daLL

dRp,2

daRR

dRp,2

dbLLLL

dRp,2

dbRRRR

dRp,2

dbLLRR

dRp,2

dbLRLR

dRp,3

daLL

dRp,3

daRR

dRp,3

dbLLLL

dRp,3

dbRRRR

dRp,3

dbLLRR

dRp,3

dbLRLR

dRp,4

daLL

dRp,4

daRR

dRp,4

dbLLLL

dRp,4

dbRRRR

dRp,4

dbLLRR

dRp,4

dbLRLR

dRp,5

daLL

dRp,5

daRR

dRp,5

dbLLLL

dRp,5

dbRRRR

dRp,5

dbLLRR

dRp,5

dbLRLR

dRp,6

daLL

dRp,6

daRR

dRp,6

dbLLLL

dRp,6

dbRRRR

dRp,6

dbLLRR

dRp,6

dbLRLR

(4.174)

Die einzelnen Koeffizientenfunktionen von Gleichung (4.174) sind im Anhang A zusammen-

gefasst. In Anhang C werden fur vier verschiedene Parametervorgaben Studien durchgefuhrt.

Kapitel5Algorithmische Behandlung des

elasto-plastischen Materialmodells

Im folgenden Kapitel wird fur das in Unterkapitel 4.2 beschriebene Materialmodell die nu-

merische Zeitintegration durchgefuhrt.

Die Aufgabe besteht darin, das Projektionsverfahren aus Abschnitt 4.1.4 auf das Mate-

rialmodell anzuwenden und einen bekannten Zustand zum Zeitpunkt tn bei vorgegebem

totalen Verzerrungszustand ε zum Zeitpunkt tn+1 auf den vollen Zustand zum Zeitpunkt

tn+1 zu aktualisieren. Unter Zustand versteht man die Gesamtheit der Zustandsgroßen

ε, εp, σ, α, p.

Die Beschreibung des mechanischen Verhaltens von Holz erfolgt im Rahmen der Elastizitats-

theorie mit Hilfe des verallgemeinerten Hooke’schen Gesetzes aus (3.4) und im Rahmen der

Plastizitatstheorie mit Hilfe der in Unterkapitel 4.1 zusammengestellten Beziehungen sowie

der in Unterkapitel 4.2 diskutierten Fließflache (4.91) unter Berucksichtigung der Evoluti-

onsgesetze fur die charakteristischen Festigkeiten gemaß Abschnitt 4.2.3.

5.1 Zusammenstellung der numerischen Integrations-

gleichungen

In diesem Unterkapitel werden die erforderlichen Gleichungen zur numerischen Zeitintegra-

tion bzw. zur Anwendung des Projektionsverfahrens zusammengestellt.

• Hyperelastisches Materialgesetz:

Die Spannungs-Verzerrungs-Beziehung wird durch das folgende Gesetz beschrieben:

σn+1 = C : (εn+1 − εpn+1) . (5.1)

Algorithmische Behandlung 5.1: Zusammenstellung der Integrationsgleichungen 76

Diese Beziehung entspricht der Gleichung (4.29) aus Abschnitt 4.1.3. Unter Verwen-

dung der Definition der Strukturtensoren aus (4.87) und (4.95) ergibt sich der Materi-

altensor C aus Gleichung (5.1) zu

C =EL

∆ML⊗ML +

ER

∆MR⊗MR +

νLRER

∆(ML⊗MR +MR⊗ML)+GLR M , (5.2)

wobei ∆ = 1− νLR νRL und νRL = νLRER/EL gilt. GLR ist aus (3.3) einzusetzen. EL,

ER und νLR sind die elastischen Konstanten.

• Fließbedingung bzw. -flache:

Die inkrementelle Form der Beziehung fur die Fließflache ergibt sich aus (4.91) zu:

fn+1 = an+1 : σn+1 + σn+1 : bn+1 : σn+1 − 1 = 0 , (5.3)

wobei sich die orthotropen Parametertensoren an+1 aus (4.94a) und bn+1 aus (4.94b)

ergeben. Die in den Parametertensoren vorkommenden Koeffizienten sind in

pn+1 = baLL,n+1 aRR,n+1 bLLLL,n+1 bRRRR,n+1 bLLRR,n+1 bLRLR,n+1cT , (5.4)

zusammengefasst, wobei sich der Ausgangszustand aus dem modifizierten Parameter-

satz p1 aus (4.134) ergibt.

• Kuhn-Tucker-Bedingungen und Konsistenzbedingung:

Die inkrementelle Form der Kriterien fur plastische Be- und Entlastung lauten:

γn+1 ≥ 0 , (5.5a)

fn+1 = f(σn+1,qn+1) ≤ 0 und (5.5b)

γn+1 fn+1 = 0 . (5.5c)

Diese Beziehungen entsprechen den Gleichungen (4.31a) bis (4.31c) aus Abschnitt 4.1.3.

Im plastischen Fall erhalt man mit γn+1 eine zusatzliche skalare Unbekannte. Sie

wird durch die aus der dritten Kuhn-Tucker-Bedingung (5.5c) folgenden Konsistenz-

bedingung fn+1 = 0 bestimmt.

• Assoziierte Fließregel:

Die inkrementelle Form der assoziierten Fließregel ergibt sich aus Gleichung (4.99) aus

Abschnitt 4.2.1.3 zu

εpn+1 = ε

pn + γn+1 rn+1 , (5.6)

wobei sich rn+1 aus (4.100) wie folgt ergibt

rn+1 = an+1 + 2bn+1 : σn+1 . (5.7)

• Nicht-assoziierte Ver- bzw. Entfestigungsregel:

Die inkrementelle Form der nicht-assoziierten Ver- bzw. Entfestigungsregel ergibt sich

aus Gleichung (4.18) aus Abschnitt 4.2.4 zu

αn+1 = αn + γn+1 sn+1 , (5.8)

wobei sn+1 gemaß (4.168) einzusetzen ist.

Algorithmische Behandlung 5.2: Formulierung des Newton-Raphson-Verfahrens 77

• Evolutionsgesetze der charakteristischen Festigkeiten der Fließflache :

Die Evolutionsgesetze wurden in Abschnitt 4.2.4 im Vektor

R∗n+1 = R∗(αn+1) (5.9)

zusammengefasst (siehe Gleichung (4.167)).

• Aktualisierung der Parameterwerte pn+1 :

In Abschnitt 4.2.6 wird der Residuumsvektor

Rβ,n+1 = Rp(pn+1) − R∗n+1 (5.10)

aufgestellt (siehe Gleichung (4.171)).

5.2 Formulierung des Newton-Raphson-Verfahrens

Die erforderlichen Beziehungen zur Losung der Aufgabe werden in den Gleichungen (5.11a)

bis (5.11f) zusammengefasst. Die Gleichungen werden dabei bereits in der Form Rj = 0

angeschrieben. Sie enthalten weiters Querverweise zu jenen Beziehungen aus Unterkapitel

5.1, in denen die entsprechenden Gleichungen beschrieben wurden.

(5.1) → Rσ = C−1 : σn+1 − (εn+1 − ε

pn+1) = 0 (5.11a)

(5.6) → Rε = εpn+1 − ε

pn − γn+1 rn+1 = 0 (5.11b)

(5.7) → Rr = rn+1 − an+1 − 2bn+1 : σn+1 = 0 (5.11c)

(5.8) → Rα = αn+1 − αn − γn+1 sn+1 = 0 (5.11d)

(5.10) → Rβ = Rp,n+1(pn+1) − R∗(αn+1) = 0 (5.11e)

(5.3) → fn+1 = an+1 : σn+1 + σn+1 : bn+1 : σn+1 − 1 = 0 (5.11f)

Nun werden diese Gleichungen in eine Taylor-Reihe entwickelt und alle Terme hoherer als

erster Ordnung vernachlassigt. Dies fuhrt zur linearisierten Form der Gleichungen (5.11a)

bis (5.11f) als

Rj(qn+1 + ∆qn+1) ≈ Rj(qn+1) +DRj · ∆qn+1 = 0 , (5.12)

wobei j ∈ σ, ε, r, α, β, f und

qn+1 = bσn+1 εpn+1 rn+1 αn+1 pn+1 γn+1cT (5.13)

den Vektor der unbekannten Großen bzw. ∆qn+1 dessen Zuwachs darstellen. DRj ist der

zugehorige Tangentenoperator, der die Ableitungen von Rj(qn+1) nach den Elementen von

qn+1 enthalt. Das Projektionsverfahren ist durch εn+1 = konst. und somit durch ∆εn+1 =

εn+1 − εn = konst. gekennzeichnet.

Algorithmische Behandlung 5.2: Formulierung des Newton-Raphson-Verfahrens 78

Das Newton-Raphson-Verfahren zur Losung von Rj,n+1 = 0 lautet

Rn+1 ≈ R(k)n+1 +DR

(k)n+1 · ∆qn+1 = 0 , (5.14)

wobei der Residuumsvektor als

Rn+1 = bRσ Rε Rr Rα Rβ RfcT (5.15)

definiert ist. (k) bezeichnet einen bekannten Zustand nach dem k-ten Iterationsschritt.

DR(k)n+1 ist der zugehorige bekannte Tangentenoperator. Die Losung von Gleichung (5.14)

liefert

∆qn+1 = −(

DR(k)n+1

)−1

· R(k)n+1 . (5.16)

Sie fuhrt zur verbesserten Losung (k + 1) als

qn+1 = qn + ∆qn+1 und R(k+1)n+1 = Rn+1(q

(k+1)n+1 ) . (5.17)

Diese Prozedur ist solange zu wiederholen, bis

‖ R(k+1)n+1 ‖ ≤ TOL . (5.18)

Sobald die Losung mit ausreichender Genauigkeit (TOL = 10−12) ermittelt wurde, ist der

Zustand zum Zeitpunkt tn+1 hinreichend genau bekannt.

Gleichung (5.14) ausfuhrlich angeschrieben, gibt Aufschluss uber die Große des Gleichungs-

systems:

Rr

Rf

+

X I(3) 0 0 0 0

0 I(3) X 0 0 X

X 0 I(3) 0 X 0

0 0 X I(6) 0 X

0 0 0 X X 0

X 0 0 0 X 0

·

∆σ(3)

∆εp(3)

∆r(3)

∆α(6)

∆p(6)

∆γ(1)

=

0

0

0

0

0

0

. (5.19)

Die in den runden Klammern angegebenen Zahlen geben die jeweilige Anzahl der Eintrage

des jeweiligen aquivalenten Vektors an. qn+1 enthalt somit 22 unbekannte Großen.

Im Tangentenoperator, darstellbar durch eine 22 × 22-Matrix, sind insgesamt 268 von 484

Eintragen identisch null. Die Symbole X und I(n) markieren jene Bereiche der Matrix die

ungleich null sind, wobei I(n) die n×n-Einheitsmatrix bezeichnet. Aufgrund der vielen Null-

Eintrage empfiehlt sich eine Zerlegung des Tangentenoperators, um den Rechenaufwand fur

die Inversion von DR(k)n+1 in (5.16) zu reduzieren.

Algorithmische Behandlung 5.3: Zerlegung des Tangentenoperators 79

5.3 Zerlegung des Tangentenoperators DR(k)n+1 in DRj

Im folgenden Unterkapitel wird der Tangentenoperator DR(k)n+1 zeilenweise in DRj fur j ∈

σ, ε, r, α, β, f zerlegt. Durch die Multiplikation der einzelnen DRj mit dem Vektor qn+1

fallen die Null-Eintrage aus der Berechnung und werden im Folgenden zu einer effizienten

Losung von (5.16) fuhren. Die Zerlegung erfolgt als:

1. Gleichungen fur j = σ:

Die erste Zeile von (5.19) lautet

R(k)σ +DRσ · ∆qn+1 = 0 . (5.20)

Die Teilmatrix DRσ erhalt man zu

DRσ =[

C−1

I(3) 0 0 0 0]. (5.21)

Durch Einsetzen von (5.21) in (5.20) und Umformen erhalt man den Zuwachs der

Spannungen zu

∆σn+1 = −C : ∆εpn+1 − C : R(k)

σ . (5.22)

2. Gleichungen fur j = ε:

Die zweite Zeile von (5.19) lautet

R(k)ε +DRε · ∆qn+1 = 0 . (5.23)

Die Teilmatrix DRε erhalt man zu

DRε =[

0 I(3) − γ(k)n+1 I(3) 0 0 − r

(k)n+1

]

. (5.24)

Durch Einsetzen von (5.24) in (5.23) und Umformen erhalt man den Zuwachs der

plastischen Verzerrungen zu

∆εpn+1 = r

(k)n+1 ∆γn+1 + γ

(k)n+1 ∆rn+1 − R(k)

ε . (5.25)

Algorithmische Behandlung 5.3: Zerlegung des Tangentenoperators 80

3. Gleichungen fur j = r:

Die dritte Zeile von (5.19) lautet

R(k)r +DRr · ∆qn+1 = 0 . (5.26)

Die Teilmatrix DRr erhalt man zu

DRr =

[

−2b(k)n+1 0 I(3) 0

∂R(k)r

∂p(k)n+1

0

]

(5.27)

mit der aus (4.100) und (4.134) folgenden Beziehung

∂R(k)r

∂p(k)n+1

=

−1 0 −2 σ(k)L,n+1 0 −2 σ

(k)R,n+1 0

0 −1 0 −2 σ(k)R,n+1 −2 σ

(k)L,n+1 0

0 0 0 0 0 −8 τ(k)LR,n+1

, (5.28)

wobei σ(k)L,n+1, σ

(k)R,n+1 und τ

(k)LR,n+1 die Komponenten von σ

(k)n+1 bezeichnen. In (5.27) ist

b(k)n+1 durch (4.96) als lineare Funktion von p

(k)n+1 und den Strukturtensoren definiert.

(5.28) gilt ausschließlich fur das Materialhauptsystem.

Durch Einsetzen von (5.27) in (5.26) und Umformen erhalt man den Zuwachs von

∆rn+1 zu

∆rn+1 = 2b(k)n+1 : ∆σn+1 −

∂R(k)r

∂p(k)n+1

· ∆pn+1 − R(k)r . (5.29)

4. Gleichungen fur j = α:

Die vierte Zeile von (5.19) lautet

R(k)α +DRα · ∆qn+1 = 0 . (5.30)

Die Teilmatrix DRα erhalt man zu

DRα =

[

0 0 − γn+1∂s

(k)n+1

∂r(k)n+1

I(6) 0 − s(k)n+1

]

(5.31)

mit

∂s(k)n+1

∂r(k)n+1

=

0 12 +

sign r22 0

0 −12 +

sign r22 0

12 +

sign r22 0 0

−12 +

sign r22 0 0

0 12 +

sign r22 0

0 0 2 sign r3

. (5.32)

Durch Einsetzen von (5.31) in (5.30) und Umformen erhalt man den Zuwachs von

∆αn+1 zu

∆αn+1 = γn+1

∂s(k)n+1

∂r(k)n+1

: ∆rn+1 + s(k)n+1 ∆γn+1 − R(k)

α . (5.33)

Algorithmische Behandlung 5.3: Zerlegung des Tangentenoperators 81

5. Gleichungen fur j = β:

Die funfte Zeile von (5.19) lautet

R(k)β +DRβ · ∆qn+1 = 0 . (5.34)

Die Teilmatrix DRβ erhalt man zu

DRβ =

[

0 0 0 − ∂R∗(k)n+1

∂α(k)n+1

∂R(k)p,n+1

∂p(k)n+1

0

]

. (5.35)

Der in (5.35) vorkommende Ausdruck ∂R(k)p,n+1/p

(k)n+1 entspricht der Matrix K

(k)n+1 =

K|(k) aus (4.174). Der Ausdruck ∂R∗(k)n+1/α

(k)n+1 wird im Folgenden als Matrix L

(k)n+1

bezeichnet. Im Anhang B wird L(k)n+1 detailliert dargestellt.

Durch Einsetzen von (5.35) in (5.34) und Umformen erhalt man den Zuwachs von pn+1

zu

∆pn+1 = K(k)−1n+1 ·

(

L(k)n+1 · ∆αn+1 − R

(k)β

)

. (5.36)

6. Konsistenzbedingung (j = f):

Die sechste und letzte Zeile von (5.19) lautet

f(k)n+1 +DRf · ∆qn+1 = 0 . (5.37)

Die Teilmatrix DRf aus Gleichung (5.37) erhalt man zu

DRf =

[

∂f(k)n+1

∂σ(k)n+1

0 0 0∂f

(k)n+1

∂p(k)n+1

0

]

(5.38)

mit∂f

(k)n+1

∂σ(k)n+1

= a(k)n+1 + 2b

(k)n+1 : σ

(k)n+1 (5.39)

und unter Berucksichtigung von (4.93) fur das Materialhauptsystem

∂f(k)n+1

∂p(k)n+1

=[

σ(k)L,n+1 σ

(k)R,n+1 σ

(k)2L,n+1 σ

(k)2R,n+1 2 σ

(k)L,n+1 σ

(k)R,n+1 4 τ

(k)2LR,n+1

]

. (5.40)

Der Ausdruck ∂f(k)n+1/∂σ

(k)n+1 stimmt erst im konvergierten Ergebnis mit r

(k)n+1 uberein.

Im Zuge der Iteration ist dieser Ausdruck nicht durch r(k)n+1 zu ersetzen.

Durch Einsetzen von (5.38) in (5.37) erhalt man die linearisierte Form der Konsistenz-

bedingung zu

f(k)n+1 +

∂f(k)n+1

∂σ(k)n+1

: ∆σn+1 +∂f

(k)n+1

∂p(k)n+1

· ∆pn+1 = 0 . (5.41)

Algorithmische Behandlung 5.4: Berechnung des Zuwachses ∆qn+1 82

5.4 Berechnung des Zuwachses ∆qn+1

Ziel dieses Unterkapitels ist es, eine Beziehung fur den Zuwachs ∆γn+1 des inkrementellen

Konsistenzparameters zu erhalten, die ausschließlich von bekannten Großen des jeweiligen

Iterationsschritts abhangt. Damit sollen in der Folge alle in ∆qn+1 enthaltenen Zuwachse

berechnet werden. Die Vorgangsweise wird in der Folge schrittweise erlautert.

Ausgangszustand stellen die in Unterkapitel 5.3 hergeleiteten Beziehungen fur alle in ∆qn+1

enthaltenen Zuwachse dar. Diese Beziehungen lauten:

∆σn+1 = −C : ∆εpn+1 − C : R(k)

σ (5.42a)

∆εpn+1 = r

(k)n+1 ∆γn+1 + γ

(k)n+1 ∆rn+1 − R(k)

ε (5.42b)

∆rn+1 = 2b(k)n+1 : ∆σn+1 −

∂R(k)r

∂p(k)n+1

· ∆pn+1 − R(k)r (5.42c)

∆αn+1 = γn+1

∂s(k)n+1

∂r(k)n+1

: ∆rn+1 + s(k)n+1 ∆γn+1 − R(k)

α (5.42d)

∆pn+1 = K(k)−1n+1 ·

(

L(k)n+1 · ∆αn+1 − R

(k)β

)

(5.42e)

f(k)n+1 +

∂f(k)n+1

∂σ(k)n+1

: ∆σn+1 +∂f

(k)n+1

∂p(k)n+1

· ∆pn+1 = 0 . (5.42f)

1. Elimination von ∆pn+1:

Der Zuwachs ∆pn+1 gemaß (5.42e) wird in die Beziehungen (5.42c) und (5.42f) einge-

setzt. Dadurch erhalt man fur (5.42c)

∆rn+1 = 2b(k)n+1 : ∆σn+1 −

∂R(k)r

∂pn+1· K(k)−1

n+1 · L(k)n+1 · ∆αn+1 − R∗(k)

r (5.43)

mit

R∗(k)r = R(k)

r − ∂R(k)r

∂p(k)n+1

· K(k)−1n+1 ·R(k)

β (5.44)

und fur (5.42f)

R∗(k)f +

∂f(k)n+1

∂σ(k)n+1

: ∆σn+1 +∂f

(k)n+1

∂p(k)n+1

· K(k)−1n+1 · L(k)

n+1 · ∆αn+1 = 0 (5.45)

mit

R∗(k)f = f

(k)n+1 −

∂f(k)n+1

∂p(k)n+1

· K(k)−1n+1 ·R(k)

β . (5.46)

Algorithmische Behandlung 5.4: Berechnung des Zuwachses ∆qn+1 83

2. Elimination von ∆εpn+1:

Der Zuwachs ∆εpn+1 gemaß (5.42b) wird in die Beziehung (5.42a) eingesetzt. Dadurch

erhalt man

∆σn+1 = −C : r(k)n+1 ∆γn+1 − γ

(k)n+1 C : ∆rn+1 − R∗(k)

σ (5.47)

mit

R∗σ = C : (R(k)

σ − R(k)ε ) . (5.48)

3. Elimination von ∆σn+1:

Der Zuwachs ∆σn+1 gemaß (5.47) wird in die Beziehungen (5.43) und (5.45) eingesetzt.

Dadurch erhalt man fur (5.43)

∆rn+1 = −2b(k)n+1 : C : r

(k)n+1 ∆γn+1 − 2 γ

(k)n+1 b

(k)n+1 : C : ∆rn+1 −

− ∂R(k)r

∂p(k)n+1

· K(k)−1n+1 · L(k)

n+1 · ∆αn+1 − R∗∗(k)r (5.49)

mit

R∗∗(k)r = R∗(k)

r + 2b(k)n+1 : R∗(k)

σ (5.50)

und die aktuelle Form der linearisierten Konsistenzbedingung zu

R∗∗(k)f − ∂f

(k)n+1

∂σ(k)n+1

: C : r(k)n+1∆γ

(k)n+1 − γ

(k)n+1

∂f(k)n+1

∂σ(k)n+1

: C : ∆rn+1 +

+∂f

(k)n+1

∂p(k)n+1

·K(k)−1n+1 · L(k)

n+1 · ∆αn+1 = 0 (5.51)

mit

R∗∗(k)f = R

∗(k)f − ∂f

(k)n+1

∂σ(k)n+1

: R∗(k)σ . (5.52)

4. Elimination von ∆αn+1:

Der Zuwachs ∆αn+1 gemaß (5.42d) wird in die Beziehung (5.49) eingesetzt. Dadurch

erhalt man

∆rn+1 = Π(k)n+1 :

(

Ω(k)n+1 ∆γn+1 − R∗∗∗(k)

r

)

(5.53)

mit

R∗∗∗r = R∗∗(k)

r − ∂R(k)r

∂p(k)n+1

· K−1(k)n+1 · L(k)

n+1 · R(k)α , (5.54)

Πn+1 =

[

I(3) + 2 γ(k)n+1 b

(k)n+1 : C + γ

(k)n+1

∂R(k)r

∂p(k)n+1

· K−1(k)n+1 · L(k)

n+1 :∂s

(k)n+1

∂r(k)n+1

]−1

(5.55)

und

Ωn+1 = −2b(k)n+1 : C : r

(k)n+1 −

∂R(k)r

∂p(k)n+1

· K−1(k)n+1 · L(k)

n+1 · s(k)n+1 . (5.56)

Algorithmische Behandlung 5.4: Berechnung des Zuwachses ∆qn+1 84

5. Berechnung des Zuwachses ∆γn+1 des Konsistenzparameters:

In die aktuelle Form der linearisierten Konsistenzbedingung (5.51) werden die Zuwachse

∆rn+1 gemaß (5.53) und ∆αn+1 gemaß (5.42d) eingesetzt. Durch Auflosen der daraus

erhaltenen Beziehung nach ∆γn+1 erhalt man die gesuchte Beziehung fur den Zuwachs

∆γn+1 zu

∆γn+1 =A

(k)n+1

B(k)n+1

(5.57)

mit

A(k)n+1 = R

∗∗(k)f + γ

(k)n+1

∂f(k)n+1

∂p(k)n+1

: C : Π(k)n+1 : R∗∗∗(k)

r − ∂f(k)n+1

∂σ(k)n+1

· K−1(k)n+1 · L(k)

n+1 · R(k)α −

− γ(k)n+1

∂f(k)n+1

∂p(k)n+1

· K−1(k)n+1 · L(k)

n+1 :∂s

(k)n+1

∂r(k)n+1

: Π(k)n+1 : R∗∗∗(k)

r (5.58)

und

B(k)n+1 =

∂f(k)n+1

∂σ(k)n+1

: C : r(k)n+1 + γ

(k)n+1

∂f(k)n+1

∂σ(k)n+1

: C · Π(k)n+1 : Ω

(k)n+1 −

− γ(k)n+1

∂f(k)n+1

∂p(k)n+1

· K(k)−1n+1 · L(k)

n+1 :∂s

(k)n+1

∂r(k)n+1

: Π(k)n+1 · Ω

(k)n+1 −

− ∂f(k)n+1

∂p(k)n+1

· K(k)−1n+1 · L(k)

n+1 · s(k)n+1 . (5.59)

Die restlichen Zuwachse werden durch schrittweises Ruckeinsetzen in die Gleichungen (5.53)

→ ∆rn+1, (5.33) → ∆αn+1, (5.25) → ∆εpn+1, (5.22) → ∆σn+1 und (5.36) → ∆pn+1

erhalten. Damit ist auch der Zuwachs

∆qn+1 = −(

DR(k)n+1

)−1

· R(k)n+1 (5.60)

ermittelt. ∆qn+1 fuhrt zur verbesserten Losung (k + 1) als

qn+1 = qn + ∆qn+1 und R(k+1)n+1 = Rn+1(q

(k+1)n+1 ) . (5.61)

Diese Prozedur ist solange zu wiederholen, bis

‖ R(k+1)n+1 ‖ ≤ TOL . (5.62)

Sobald die Losung mit ausreichender Genauigkeit (TOL = 10−12) ermittelt wurde, ist der

Zustand zum Zeitpunkt tn+1 hinreichend genau bekannt.

Das Newton-Raphson-Verfahren gewahrleistet eine asymptotisch quadratische Konver-

genzrate zur Losung der beschriebenen Aufgabe. Tabelle 5.1 zeigt unter Berucksichtigung

der Materialparameter aus Tabelle 4.5 von Abschnitt 4.2.4 fur ein Verzerrungsinkrement

εn+1 − εn = b0.004 0.004 − 0.008cT wie der Fehler im Zuge der Iteration abnimmt.

Algorithmische Behandlung 5.5: Konsistente algorithmische Tangente Cepn+1 85

Tabelle 5.1: Beispiel zur Illustration der quadratischen Konvergenzrate des Iterationsverfah-

rens fur die verwendete Fassung des Projektionsverfahrens

0 1 2 3 4 510

−15

10−10

10−5

100

105

Iterationsschritt k [ ]

Rel

ativ

er F

ehle

r [ ]

Iterationsschritt k norm R(k)

norm R(0)

0 1.0 · 100

1 1.3 · 10+1

2 5.0 · 10−2

3 1.4 · 10−4

4 4.0 · 10−8

5 2.5 · 10−15

5.5 Berechnung der konsistenten algorithmischen Tan-

gente Cepn+1

Nach erfolgter Projektion zum Zeitpunkt tn+1 bzw. der Konvergenz des Newton-Raphson-

Verfahrens sind alle Zustandsgroßen bekannt. Um eine effiziente numerische Implementie-

rung fur die Finite Elemente Methode zu erhalten, benotigt man die konsistente Linearisie-

rung des beschriebenen Integrationsalgorithmus. Bei Beschrankung auf physikalische Nicht-

linearitat stellen die konstitutiven Gleichungen die einzige Ursache nichtlinearen Verhaltens

dar. Daher mussen nur die konstitutiven Beziehungen linearisiert werden.

Fur die Anwendung des Projektionsverfahrens wurde εn+1 = konst. gehalten und es folgte

dεn+1 = 0. Die konsistente Tangente Cepn+1 ist mittels der differentiellen Beziehung

dσn+1 =dσn+1

dεn+1: dεn+1 = C

epn+1 : dεn+1 (5.63)

definiert. Zur Berechnung von Cepn+1 muss man das Differential der Funktion σn+1(εn+1)

bilden. Diese Funktion entspricht dem Ergebnis des Projektionsverfahrens fur einen vor-

gegebenen Verzerrungszustand εn+1. Cepn+1 beschreibt somit die Anderung des Ergebnisses

σn+1 des Projektionsverfahrens zufolge einer Anderung des Eingangsparameters εn+1.

Die linearisierte Gleichung (5.12) andert sich dadurch zu

Rj +DRj| n+1=konst. · ∆qn+1 +DRj|qn+1=konst. : ∆εn+1 = 0 , (5.64)

wobei j ∈ σ, ε, r, α, β, f gilt. Da der konvergierte Zustand zum Zeitpunkt tn+1 betrachtet

wird, ist Rj = 0. Der Tangentenoperator DRj| n+1=konst. ist ident dem Tangentenoperator

DRn+1 aus (5.14) fur den konvergierten Zustand. Aufgrund dieser Aquivalenz und der

Analogie zwischen (5.14) und (5.64) folgt

∆qn+1 ⇔ dqn+1 , (5.65a)

R(k)n+1 ⇔ DRn+1|qn+1=konst. : dεn+1 . (5.65b)

Algorithmische Behandlung 5.5: Konsistente algorithmische Tangente Cepn+1 86

Fur die Losung von (5.64) wird daher die gleiche Vorgehensweise wie in Unterkapitel 5.2

gewahlt. Die Anwendung der Analogie (5.65b) auf die Gleichungen (5.11a) bis (5.11f) fuhrt

auf

Rσ ⇔ DRσ|qn+1=konst. : dεn+1 = −dεn+1 , (5.66a)

Rj ⇔ DRj|qn+1=konst. : dεn+1 = 0 ∀ j 6= σ . (5.66b)

Durch Anwendung der Analogie (5.66a) auf die Residuen R∗σ (5.48), R∗∗

f (5.52), R∗∗∗r (5.54)

und An+1 (5.58) erhalt man

R∗σ → −C : dεn+1 , (5.67a)

R∗∗f → +

∂fn+1

∂σn+1: C : dεn+1 , (5.67b)

R∗∗r → −2bn+1 : C : dεn+1 , (5.67c)

R∗∗∗r → −2bn+1 : C : dεn+1 und (5.67d)

An+1 → −2 γn+1∂fn+1

∂σn+1

: C : Πn+1 : bn+1 : C : dεn+1 +∂fn+1

∂σn+1

: C : dεn+1 +

+ 2 γn+1∂fn+1

∂pn+1

· K−1n+1 · Ln+1 :

∂sn+1

∂rn+1

: Πn+1 : bn+1 : C : dεn+1 . (5.67e)

Alle anderen Residuen ergeben sich zu null. Um eine Beziehung fur die konsistente algorith-

mische Tangente zu erhalten, setzt man (5.6) in (5.1) ein. Dies liefert

σn+1 = C : (εn+1 − εpn − γn+1 rn+1) . (5.68)

Das Differential von (5.68) lautet somit

dσn+1 = C : dεn+1 − γn+1 C : drn+1 − C : rn+1 dγn+1 . (5.69)

Aus (5.57) und der gezeigten Analogie folgt

dγn+1 =An+1

Bn+1: dεn+1 (5.70)

mit

An+1 = − 2 γn+1∂fn+1

∂σn+1: C : Πn+1 : bn+1 : C +

∂fn+1

∂σn+1: C +

+ 2 γn+1∂fn+1

∂pn+1· K−1

n+1 · Ln+1 :∂sn+1

∂rn+1: Πn+1 : bn+1 : C (5.71)

und Bn+1 aus (5.59). Einsetzen von (5.70) und (5.67d) in (5.53) liefert unter Beachtung der

Analogiebeziehung (5.65a)

drn+1 =

(

2Πn+1 : bn+1 : C +Πn+1 : Ωn+1 ⊗ An+1

Bn+1

)

: dεn+1 . (5.72)

Algorithmische Behandlung 5.5: Konsistente algorithmische Tangente Cepn+1 87

Schließlich erhalt man durch Einsetzen von (5.70) und (5.72) in (5.69)

dσn+1 = C : dεn+1 − 2 γn+1 C ·Πn+1 : bn+1 : C : dεn+1 −

− γn+1 C : Πn+1 : Ωn+1 ⊗ An+1 + C : rn+1 ⊗ An+1

Bn+1: dεn+1 . (5.73)

Der Vergleich mit der Definitionsgleichung (5.63) liefert die gesuchte Beziehung fur die kon-

sistente Tangente zu

Cepn+1 = C − 2 γn+1 C : Πn+1 : bn+1 : C − γn+1 C : Πn+1 : Ωn+1 ⊗ An+1 + C : rn+1 ⊗ An+1

Bn+1

.

(5.74)

Abbildung 5.1 zeigt die geometrische Interpretation der konsistenten Tangente bei Betrach-

tung einer infinitesimal benachbarten Fließflache.

Return Map

ReturnM

ap

fn+1 = 0

fn+1 + dfn+1 = 0

fn = 0

σn

dσn+1 = Cepn+1 : dεn+1

σtrialn+1 + dσ

trialn+1 = C : (εn+1 + dεn+1 − ε

pn)

σtrialn+1 = C : (εn+1 − ε

pn)

σn+1 + dσn+1

σn+1 = C : (εn+1 − εpn+1)

Abbildung 5.1: Geometrische Interpretation der konsistenten Tangente

Kapitel6Versuchssimulation mit dem

Materialmodell

Mit dem in Unterkapitel 4.2 entwickelten Materialmodell und dem in Kapitel 5 dargestellten

Integrationsalgorithmus ist es moglich, bei beliebiger Vorgabe eines Verzerrungspfades unter

Berucksichtigung der elastischen und plastischen Eigenschaften von Holz die entsprechenden

Spannungen zu berechnen. Darauf aufbauend werden in diesem Kapitel drei Moglichkeiten

der Versuchssimulation prasentiert, diskutiert und gegenubergestellt.

Die folgenden Versuchsruckrechnungen basieren auf dem modifizierten Parametersatz p1

nach (4.134) fur die initiale Fließflache und den Material-, Verfestigungs- und Entfestigungs-

parametern gemaß Tabelle 6.1. Die elastischen Konstanten werden ebenfalls in Tabelle 6.1

angegeben. Aufgrund der festgestellten Probleme in Kapitel 3 werden diese Materialpara-

meter erforderlichenfalls an den individuellen Einzelversuch angepasst. Als charakteristische

Lange wurde `c = 5 mm angenommen.

Tabelle 6.1: Materialparameter fur die Versuchssimulationen

Elastisch EL = 12000 N/mm2 ER = 700 N/mm2 νLR = 0.50

Zug ⊥ max β0t,⊥ = 4.56 N/mm2 GI

f,R = 300 J/m2 kt,⊥ = 76.02

Druck ⊥ max β0c,⊥ = 4.10 N/mm2 kein GI

fc,R da Verfestigung kc,⊥ = 30.00

HR,d = 2.00 N/mm2 Y1,R = 1.80 N/mm2 αR,d

αR,∞= 0.10

0.75

Zug ‖ max β0t,‖ = 65.00 N/mm2 GI

f,L = 1650 J/m2 kt,‖ = 197.11

Druck ‖ max β0c,‖ = 50.34 N/mm2 GI

fc,L = 50000 J/m2 kc,‖ = 5.03

HL,d = 15.00 N/mm2 Y1,L = 10.00 N/mm2 αL,d

αL,∞= 0.50

0.75

Schub max τ 0LR = 8.60 N/mm2 φ∞ = 25 kshr = 10.00

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.1: Direkte Versuchssimulation 89

6.1 Direkte Versuchssimulation

Bei der direkten Versuchssimulation werden jene Verzerrungszustande zur Berechnung her-

angezogen, die aus der Versuchsdurchfuhrung resultieren (siehe Abschnitt 2.2). Fur die Dar-

stellung der Spannungs-Verzerrungs-Beziehungen gemaß [5] wurde jeweils die betragsmaßig

großere Spannung herangezogen. Unter Berucksichtigung dieser Spannung wurden der in-

itiale Verzerrungszustand ermittelt und die entsprechenden Spannungs-Verzerrungs-Kurven

parallelverschoben und um einen Lastschritt erganzt. Dazu ist die in Abschnitt 2.5.1 be-

schriebene Berucksichtigung des initialen Verzerrungszustandes zu verwenden.

Im Folgenden wird auch die betragsmaßig kleinere Spannung dokumentiert. Man erhalt da-

her zwei ideelle oder idealisierte Spannungs-Verzerrungs-Kurven fur jede Komponente des

Verzerrungszustandes. Die in Abschnitt 2.5.1 durchgefuhrte Verschiebung der Linien ist

somit auch unter Zugrundelegung der betragsmaßig kleineren Spannungskomponente durch-

zufuhren. Nur dann ist ein Vergleich zwischen Versuch und Simulation sinnvoll moglich.

Man erhalt dadurch zwei ahnliche Verzerrungspfade pro Versuch, die sich um eine Diffe-

renzverzerrung ∆ε unterscheiden. Tragt man sowohl die betragsmaßig großere als auch

die betragsmaßig kleinere Hauptspannung auf der Ordinate bzw. die drei Komponenten

εL, εR und γLR des Verzerrungstensors auf der Abzisse auf, so erhalt man insgesamt sechs

Spannungs-Verzerrungs-Kurven.

Auf eine Darstellung der Schubspannung τLR wird verzichtet, da samtliche in diesem Unter-

kapitel dargestellten Versuche, Versuche mit einem Faserwinkel von ϕ = 0 darstellen. Bei

ϕ = 0 ist die Schubspannung τ12 = τLR definitionsgemaß null.

Zusatzlich zu den Spannungs-Verzerrungs-Linien werden auch die Verlaufe der Spannungen

σR uber σL analog zu der in [5] gewahlten Form dargestellt. Dabei ist anzumerken, dass

diese zwei Spannungskomponenten aus unterschiedlichen Verzerrungszustanden resultieren,

die sich jeweils um eine Differenzverzerrung ∆ε unterscheiden. Diese Differenzverzerrungen

entstehen aus der Berucksichtigung des initialen Verzerrungszustandes fur die betragsmaßig

großere als auch kleinere Spannung.

Letztendlich wird jene Fließflache im orthotropen Spannungsraum dargestellt, die sich auf-

grund jenes Verzerrungspfades ergibt, der den initialen Verzerrungszustand zufolge der be-

tragsmaßig großeren Spannung berucksichtigt.

In den folgenden Abschnitten wird die direkte Versuchssimulation fur jene Versuche durch-

gefuhrt, die zur Veranschaulichung der vier Versagensmechanismen nach Abschnitt 2.5.2

herangezogen wurden. Es sind dies die Versuche mit den Versuchsnummern 090, 248, 144

und 222 gemaß [5].

Die ausgezogenen Linien entsprechen jeweils den Simulationsergebnissen. Die strichlierten

Linien zeigen die Ergebnisse aus dem Versuch. Zusatzlich werden zu jedem Versuch jene

Materialparameter angegeben, die im Zuge der Simulation verandert wurden.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.1: Direkte Versuchssimulation 90

6.1.1 Zugversagen quer zur Faserrichtung

Abbildung 6.1: Direkte Versuchssimulation von Versuch Nr. 090 mit κ = 0:+1/ϕ = 0

Fur die in Abbildung 6.1 dargestellte Simulation war es erforderlich die Materialparameter

ER = 500 N/mm2 und νLR = 0.80 gegenuber den initialen Werten von Tabelle 6.1 zu setzen.

Das Spannungs-Verzerrungs-Diagramm, das die betragsmaßig großere Spannung σR darstellt,

zeigt die im Versuch beobachtete Entfestigung. Bei einer Spannung von σR ≈ 4.5 N/mm2

wird ein Riss initiiert. Danach erkennt man schon deutlich die Entfestigung.

Das Spannungs-Verzerrungs-Diagramm, das die betragsmaßig kleinere Spannung σL dar-

stellt, zeigt folgendes Problem: Die Berucksichtigung des initialen Verzerrungszustandes

liefert eine falsche Verschiebung der Linien. Da der linear elastische Bereich beim Versuch

nicht beim Versuchsstart beginnt, wurden wahrend des Vorspannzustandes die Fertigungsto-

leranzen zwischen Probekorper und Belastungseinrichtung durch die gewahlte Vorspannung

nicht vollstandig beseitigt.

Die Wahl der hohen Querdehnzahl ist erforderlich, da sonst kein Vergleich der Spannungs-

Verzerrungs-Diagramme mit der betragsmaßig kleineren Spannung σL moglich ist.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.1: Direkte Versuchssimulation 91

6.1.2 Duktiles Verhalten unter Druck quer zur Faserrichtung

Abbildung 6.2: Direkte Versuchssimulation von Versuch Nr. 248 mit κ = 0:−1/ϕ = 0

Fur die in Abbildung 6.2 dargestellte Simulation war es erforderlich, den Materialparameter

kc,⊥ von 30.00 auf 300.00 zu setzen. Aufgrund der Verzehnfachung dieses Parameters im

Vergleich zum ursprunglichen Wert ist eine Verbesserung des Ergebnisses im plastischen

Bereich moglich.

Eine Reduktion des Elastizitatsmoduls langs zur Faser zur Anpassung des Simulationser-

gebnisses an die Spannungs-Verzerrungs-Kurve des Versuches brachte keine Verbesserung.

Deshalb wurde der initiale Wert von EL = 12000 N/mm2 fur die Simulation dieses Versu-

ches belassen.

Ab σL ≈ -6.0 N/mm2 ist eine Reduktion der Spannungen erkennbar. Im Versuch wird dieser

Wert nicht erreicht. Bei Betrachtung des Spannungspfades erkennt man, dass die unter-

schiedlichen Verlaufe aus Versuch und Simulation annahernd die gleiche Tendenz besitzen.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.1: Direkte Versuchssimulation 92

6.1.3 Zugversagen in Faserrichtung

Abbildung 6.3: Direkte Versuchssimulation von Versuch Nr. 144 mit κ =+1:0/ϕ = 0

Fur die in Abbildung 6.3 dargestellte Simulation war es erforderlich den Materialparameter

EL = 13000 N/mm2 zu setzen, dieser Wert liegt noch innerhalb des in Unterkapitel 3.2

angegebenen Streuungsbereiches.

Das Spannungs-Verzerrungs-Diagramm fur σL zeigt ab σL ≈ 65.0 N/mm2 die im Versuch

beobachtete Entfestigung.

Das Spannungs-Verzerrungs-Diagramm fur σR zeigt, dass schon ab σR ≈ 1.3 N/mm2 Ent-

festigung prognostiziert wird. Im Versuch tritt Entfestigung quer zur Faser erst bei σR ≈2.6 N/mm2 auf. Die durch die Simulation beobachtete Entfestigung von σL ist durch die

gleichzeitig auftretende Entfestigung von σR zu begrunden.

Die Fließflache im orthotropen Spannungsraum wird aufgrund der festgestellten Entfestigung

in Langsrichtung entsprechend gestaucht.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.1: Direkte Versuchssimulation 93

6.1.4 Druckversagen parallel zur Faserrichtung

Abbildung 6.4: Direkte Versuchssimulation von Versuch Nr. 222 mit κ =−1:0/ϕ = 0

Fur die in Abbildung 6.4 dargestellte Simulation war es erforderlich ER = 500 N/mm2 zu set-

zen. Dieser Wert liegt noch innerhalb des in Abschnitt 3.2 angegebenen Streuungsbereiches.

Außerdem wurde kc,‖ von 5.03 auf 503.00 gesetzt. Aufgrund der Verhundertfachung dieses

Parameters, im Vergleich zum ursprunglichen Wert, ist eine Verbesserung des Ergebnisses

im plastischen Bereich moglich. Die Ursache fur die Anderung ist jedoch im Materialver-

such uber der, fur das makroskopische Materialmodell kritischen charakteristischen Lange,

deutlich großeren charakteristischen Lange zu suchen.

Das Spannungs-Verzerrungs-Diagramm fur σL stellt gute Ubereinstimmung mit dem Ver-

such dar. Da die elastische Grenzdruckspannung parallel zur Faser ≈ 49.9 N/mm2 betragt,

treten auch erst ab diesem Spannungswert plastische Verformungen auf. Im vorliegenden

Einzelversuch betragt diese elastische Grenzdruckspannung ≈ 43.0 N/mm2.

Das Spannungs-Verzerrungs-Diagramm fur σR zeigt, dass trotz ahnlicher Probleme mit dem

initialen Verzerrungszustand wie in Abschnitt 6.1.1, eine recht gute Ubereinstimmung mit

den Versuchsergebnissen moglich ist.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.2: Vergleichende Versuchssimulation 94

6.2 Vergleichende Versuchssimulation

Aufgrund der angesprochenen erforderlichen, zweifachen Verschiebung der Spannungs-Ver-

zerrungs-Diagramme und der daraus resultierenden unterschiedlichen Verzerrungspfade, fur

ein und denselben Versuch, ist man zu einer anderen Art von Versuchssimulationen uberge-

gangen. Fur die beiden folgenden Methoden der Versuchssimulation wird deshalb von einem

idealen Verzerrungszustand ausgegangen, der unabhangig von den Versuchsergebnissen ist.

Da sich jeder Einzelversuch durch ein konstantes Beanspruchungsverhaltnis κ = u : v aus-

zeichnet, wird dieses Verhaltnis dem Verhaltnis der Verzerrungen in den Beanspruchungs-

hauptrichtungen κ = ε11 : ε22 gleichgesetzt. Aufgrund des initial orthotrop elastischen

Verhaltens von Holz erhalt man nach Mackenzie-Helnwein et al. [11] die Gleitung γ12

aus dem elastischen Gesetz (3.1) und der Bedingung τ12 = 0 zu

γ12 = − 1

C1212

(C1211 ε11 + C1222 ε22) , (6.1)

wobei sich die Komponenten des Materialtensors C in Abhangigkeit vom Faserwinkel ϕ wie

folgt ergeben:

C1212 =ER + EL − 2 νLRER

4 ∆sin2 2ϕ+GLR cos2 2ϕ , (6.2)

C1211 =EL − ER

4 ∆sin 2ϕ+

1

4

(EL + ER

2 ∆− νLR ER − 2GLR

)

sin 4ϕ , (6.3)

C1222 =EL − ER

4 ∆sin 2ϕ− 1

4

(EL + ER

2 ∆− νLR ER − 2GLR

)

sin 4ϕ , (6.4)

wobei ∆ = 1 − νLR νRL und νRL = νLR ER/EL gilt. Fur ϕ = 0 betragt die Kompo-

nente γ12 des idealen Verzerrungszustandes gleich null. GLR erhalt man aus Gleichung (3.3).

Durch Vorgabe einer Komponente des idealen Verzerrungszustandes ergeben sich somit die

verbleibenden Komponenten.

Im Gegensatz zur direkten Versuchssimulation werden nun alle Versuche einer Versuchs-

konfiguration ϕ, κ betrachtet. In den folgenden Abschnitten werden die vergleichende

Versuchssimulation fur jene Versuchskonfigurationen durchgefuhrt, zu denen die in Unterka-

pitel 6.1 dargestellten Versuche angehoren.

Die hervorgehobenen blauen Linien entsprechen jeweils den Ergebnissen einer Simulation,

auf der Basis des idealen Verzerrungspfades. Die restlichen vollausgezogenen Linien ent-

sprechen wiederum den Versuchsergebnissen, wobei auf die Berechnung und die Darstellung

des initialen Verzerrungszustandes verzichtet wurde. Um die Versuchsergebnisse mit der Si-

mulation vergleichen zu konnen, ist es deshalb erforderlich, die Verlaufe aus den Versuchen

gedanklich durch den Ursprung des Koordinatensystems zu verschieben.

Zusatzlich werden in jedem Abschnitt jene Materialparameter angegeben, die im Zuge der

individuellen Versuchssimulation verandert wurden. Mit dieser Methode der Versuchssimu-

lation wird nur ein Beanspruchungsverhaltnis betrachtet, eine Beurteilung der Ubereinstim-

mung ist somit nach wie vor nur fur jeweils einen Bereich im orthotropen Spannungsraum

moglich.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.2: Vergleichende Versuchssimulation 95

6.2.1 Zugversagen quer zur Faserrichtung

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 40

1

2

3

4

5

6

7

σL [N/mm2]

σ R [N

/mm

2 ]

089090091155156157437Simulation

Abbildung 6.5: Vergleichende Versuchssimulation von Konfiguration κ=0:+1/ϕ=0

Die Zahlen bezeichnen die Versuchsnummer nach [5]. Da der linear elastische Bereich bei

den Versuchen nicht beim Versuchsstart beginnt, wurden die aufgetretenen Fertigungstole-

ranzen zwischen Probekorper und Belastungseinrichtung durch die gewahlte Vorspannung

nicht vollstandig beseitigt. Die fur die Simulation erforderlichen Materialparameter und

Kennwerte sind in Tabelle 6.2 zusammengestellt.

Tabelle 6.2: Materialparameter fur alle Versuche der Konfiguration κ = 0:+1/ϕ = 0

EL = 12000 N/mm2 κ = 0:+1

ER = 500 N/mm2 ϕ = 0

νLR = 0.80 max ε22 = +0.050

Die Simulation zeigt, dass ab einer elastischen Grenzspannung von σR ≈ 4.5 N/mm2 die

in den entsprechenden Versuchen beobachtete Entfestigung auftritt. Dies entspricht einem

faserparallelen Riss.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.2: Vergleichende Versuchssimulation 96

6.2.2 Duktiles Verhalten unter Druck normal zur Faserrichtung

−7 −6 −5 −4 −3 −2 −1 0−9

−8

−7

−6

−5

−4

−3

−2

−1

0

σL [N/mm2]

σ R [N

/mm

2 ]

043044045248249988997998Simulation

Abbildung 6.6: Vergleichende Versuchssimulation von Konfiguration κ = 0:−1/ϕ = 0

Die Zahlen bezeichnen die Versuchsnummer nach [5]. Die fur die Simulation erforderlichen

Materialparameter und Kennwerte sind in Tabelle 6.3 zusammengestellt.

Tabelle 6.3: Materialparameter fur alle Versuche der Konfiguration κ = 0:−1/ϕ = 0

EL = 12000 N/mm2 κ = 0:−1

ER = 700 N/mm2 ϕ = 0

kc,⊥ = 300 min ε22 = -0.020

Die Simulation zeigt, dass ab einer elastischen Grenzspannung von σR ≈ -4.0 N/mm2 die

in den entsprechenden Versuchen beobachtete Verfestigung auftritt. Bei der vorliegenden

rein einaxialen Druckbeanspruchung quer zur Faser verlauft der Spannungspfad der Simu-

lation im plastischen Bereich tendenziell in eine andere Richtung als der Versuch. Dies ist

durch eine große Sensibilitat des Modells bezuglich der Materialparameter ausschließlich in

diesem Grenzfall begrundet. Im allgemeinen Fall ist diese Sensibilitat nicht vorhanden, wie

in Unterkapitel 6.3 gezeigt werden wird.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.2: Vergleichende Versuchssimulation 97

6.2.3 Zugversagen in Faserrichtung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90−1

0

1

2

3

4

5

σL [N/mm2]

σ R [N

/mm

2 ]

143144145318319320436Simulation

Abbildung 6.7: Vergleichende Versuchssimulation von Konfiguration κ = +1:0/ϕ = 0

Die Zahlen bezeichnen die Versuchsnummer nach [5]. Die fur die Simulation erforderlichen

Materialparameter und Kennwerte sind in Tabelle 6.4 zusammengestellt.

Tabelle 6.4: Materialparameter fur alle Versuche der Konfiguration κ =+1:0/ϕ = 0

EL = 13000 N/mm2 κ = +1:0

ER = 700 N/mm2 ϕ = 0

νLR = 0.50 max ε11 = +0.020

Die Simulation zeigt, dass die Entfestigung in zwei Phasen auftritt. Nachdem Entfestigung

quer zur Faser auftritt (Bereich 0.005 ≤ ε11 ≤ 0.006), tritt die Verfestigung in Faserrichtung

auf. Aufgrund der Nichtberucksichtigung des initialen Verzerrungszustandes der Versuche

treten plastische Verformungen bei entsprechend hoherer elastischer Grenzspannung auf.

Das vorliegende Einflachen-Plastizitatsmodell erfasst diesen Effekt richtig.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.2: Vergleichende Versuchssimulation 98

6.2.4 Druckversagen parallel zur Faserrichtung

−50 −45 −40 −35 −30 −25 −20 −15 −10 −5 0−2

−1.5

−1

−0.5

0

0.5

1

σL [N/mm2]

σ R [N

/mm

2 ]

221222233364365366Simulation

Abbildung 6.8: Vergleichende Versuchssimulation von Konfiguration κ = −1:0/ϕ = 0

Die Zahlen bezeichnen die Versuchsnummer nach [5]. Die fur die Simulation erforderlichen

Materialparameter und Kennwerte sind in Tabelle 6.5 zusammengestellt.

Tabelle 6.5: Materialparameter fur alle Versuche der Konfiguration κ = −1:0/ϕ = 0

EL = 12000 N/mm2 κ = −1:0

ER = 500 N/mm2 ϕ = 0

kc,‖ = 503 min ε11 = -0.100

Die Simulation zeigt, dass schon ab einer Verzerrung von ε22 ≈ 0.004 plastische Verformun-

gen auftreten. Trotz der Wahl von kc,‖ = 503 tritt die in den entsprechenden Versuchen

beobachtete Entfestigung nur eher gering auf.

Die Versuche entsprechen offensichtlich nicht dem idealen Verzerrungszustand, da der theo-

retisch einaxiale Verzerrungszustand eine der Langsspannung proportionale Querspannung

hervorrufen musste, wie in der Simulation mit dem idealen Verzerrungszustand ersichtlich

ist.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.3: Indirekte Versuchssimulation 99

6.3 Indirekte Versuchssimulation

Die dritte und letzte Methode der durchgefuhrten Versuchssimulation stellt die leistungs-

starkste Variante dar. Mittels dieser Methode ist es moglich, die in [5] dargestellten Ver-

sagensdiagramme zu berechnen. Diese Diagramme stellen eine Sammlung der Bruchpunkte

und der Spannungspfade aller biaxialen Versuche mit je einem konstanten Faserwinkel dar.

Da funf Faserwinkel untersucht wurden, ergeben sich somit funf Diagramme.

Die Abbildungen 6.9, 6.11, 6.13, 6.15 und 6.17 stammen aus [5]. Die Abbildungen 6.10, 6.12,

6.14, 6.16 und 6.18 fassen die entsprechenden Ergebnisse der indirekten Versuchssimulation

zusammen. Tabelle 6.6 stellt die in den erwahnten Abbildungen dargestellten Versuchskon-

figurationen ϕ, κ zusammen. Insgesamt werden 77 Versuchskonfigurationen untersucht.

Tabelle 6.6: Dargestellte Versuchskonfigurationen

κ 0 7.5 15 30 45

−10 : +3 - x x x x−7 : +4 - - - - x−4 : −5 - - x - -−4 : +5 x x - x x−3 : −5 x - x x -−2 : −5 - x - - -−2 : +5 x x x x x−1 : −10 x - - - -−1 : −5 x x x - -−1 : −1 - - - - x−1 : 0 x x x x x−1 : +1 - - x - -

0 : −1 x x x x x0 : +1 x x x x x

+1 : −10 x x - - -+1 : −2 x x x - -+1 : 0 x x x x x+1 : +1 - - - - x+2 : +5 x x x x x+3 : −10 x x x - x+3 : −5 x - - - -+5 : −4 x x x x x+5 : −2 x x x x x+5 : +2 x x x x x

+13 : −50 - - x - -

Wie bereits erwahnt, werden fur die indirekte Versuchssimulation ideale Verzerrungszustande

betrachtet, die sich durch Vorgabe des Beanspruchungsverhaltnisses κ und Gleichung (6.1)

ergeben. Fur die Simulationen werden Grenzverzerrungen von bis zu ±0.018 fur die großte

Verzerrungskomponente gewahlt. Fur die in Tabelle 6.6 rot markierten einaxialen Beanspru-

chungsverhaltnisse werden Grenzverzerrungen von bis zu ±0.050 gewahlt.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.3: Indirekte Versuchssimulation 100

-75 -50 -25 0 25 50 75 100 1 N mm 2

-10

-5

0

5

10

15

2

N mm 2

0

5 : 2 5 : 4 3 : 5 1 : 2 3 : 10 1 : 10 0 : 1 1 : 10 1 : 5 3 : 5 1 : 0

4 : 5

2 : 5

0 : 1

2 : 5

5 : 2

1 : 0

Abbildung 6.9: Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 0 nach [5]

−70 −60 −50 −40 −30 −20 −10 0 10 20 30 40 50 60 70−6

−5

−4

−3

−2

−1

0

1

2

3

4

5

6

σ1 [N/mm2]

σ 2 [N/m

m2 ]

κ=+1:0κ=+5:+2κ=+2:+5κ=+1:−10κ=+3:−10κ=+1:−2κ=+3:−5κ=+5:−4κ=+5:−2κ=0:+1κ=−2:+5κ=−4:+5κ=−1:0κ=−3:−5κ=−1:−5κ=−1:−10κ=0:−1

Abbildung 6.10: Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 0

Bei allen Diagrammen sind jeweils die Spannungshauptachsen der ebenen Beanspruchung fur

das Koordinatensystem herangezogen worden. Deshalb sind die Hauptachsen der gedachten

Bruchkurven mit elliptischer Form etwa um einen den Faserwinkel ϕ entsprechenden Winkel

gegenuber der σ1-Achse geneigt.

Fur die Versuchssimulationen werden die erforderlichen Daten in das Materialhauptsystem

transformiert. Durch Rucktransformation der ermittelten Spannungspfade vom LR-System

in das dazu um −ϕ gedrehte Referenzsystem nach [5] erhalt man die, in den Abbildungen

6.10, 6.12, 6.14, 6.16 und 6.18 dargestellten, Spannungen σ1 und σ2.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.3: Indirekte Versuchssimulation 101

-60 -40 -20 0 20 40 60 80 1 N mm 2

-10

-5

0

5

10

15

2

N mm 2

7.5

5 : 2 5 : 4 1 : 2 3 : 10 1 : 10 0 : 1 1 : 5 2 : 5 1 : 0

10 : 3

4 : 5

2 : 5

0 : 1

2 : 5

5 : 2

1 : 0

Abbildung 6.11: Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 7.5 nach [5]

−50 −40 −30 −20 −10 0 10 20 30 40 50−6

−5

−4

−3

−2

−1

0

1

2

3

4

5

6

σ1 [N/mm2]

σ 2 [N/m

m2 ]

κ=+1:0κ=+5:+2κ=+2:+5κ=+1:−10κ=+3:−10κ=+1:−2κ=+5:−4κ=+5:−2κ=0:+1κ=−2:+5κ=−4:+5κ=−10:+3κ=−1:0κ=−2:−5κ=−1:−5κ=−0:−1

Abbildung 6.12: Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 7.5

Da es sich dabei theoretisch exakt und praktisch in guter Naherung um Hauptspannungs-

zustande handelt, ist die zugehorige Schubspannung τLR ≈ 0. Sie muss deshalb nicht

gesondert dargestellt werden.

Bei Zugbeanspruchungen parallel und quer zur Faser wird der in den Versuchen beobachtete

Riss und das daraus resultierende Versuchsende richtig wiedergegeben. Ab der elastischen

Grenzspannung tritt die von der charakteristischen Lange abhangige Entfestigung auf. Da `c

nur mit 5 mm gewahlt wurde, anstatt einem dem Probekorper entsprechenden Wert (siehe

Abschnitt 4.2.5), tritt Entfestigung nicht so gravierend, wie beim Versuch festgestellt, auf.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.3: Indirekte Versuchssimulation 102

-40 -20 0 20 40 60 1 N mm 2

-10

-5

0

5

10

15

2

N mm 2

15

5 : 2 5 : 4 1 : 2 3 : 10 13 : 50 0 : 1 1 : 5 3 : 5 4 : 5 1 : 0

10 : 3

1 : 1

2 : 5

0 : 1

2 : 5

5 : 2

1 : 0

Abbildung 6.13: Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 15 nach [5]

−40 −30 −20 −10 0 10 20 30 40−6

−5

−4

−3

−2

−1

0

1

2

3

4

5

6

σ1 [N/mm2]

σ 2 [N/m

m2 ]

κ=+1:0κ=+5:+2κ=+2:+5κ=+13:−50κ=+3:−10κ=+1:−2κ=+5:−4κ=+5:−2κ=0:+1κ=−2:+5κ=−1:+1κ=−10:+3κ=−1:0κ=−4:−5κ=−3:−5κ=−1:−5κ=0:−1

Abbildung 6.14: Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 15

Bei Druckbeanspruchungen quer zur Faser tritt die Verfestigung zu gering auf, da, wie in

Abschnitt 6.1.2 bereits festgestellt, der Verfestigungsparameter kc,⊥ zu klein gewahlt wurde.

Deshalb uberwiegt bei der Kombination mit Zugbeanspruchungen parallel zur Faser Entfes-

tigung parallel zur Faser.

Bei Druckbeanspruchungen parallel zur Faser tritt die Entfestigung zu gering auf. Da der

Entfestigungsparameter kc,‖ von der charakteristischen Lange abhangt, tritt bei entsprechen-

den Beanspruchungskombinationen nahezu keine Entfestigung auf.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.3: Indirekte Versuchssimulation 103

-30 -20 -10 0 10 20 30 40 1 N mm 2

-10

-5

0

5

10

15

2

N mm 2

30

5 : 2 5 : 4 0 : 1 3 : 5 1 : 0

10 : 3

4 : 5

2 : 5

0 : 1

2 : 5

5 : 2

1 : 0

Abbildung 6.15: Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 30 nach [5]

−20 −15 −10 −5 0 5 10 15 20−10

−8

−6

−4

−2

0

2

4

6

8

10

σ1 [N/mm2]

σ 2 [N/m

m2 ]

κ=+1:0κ=+5:+2κ=+2:+5κ=+5:−4κ=+5:−2κ=0:+1κ=−2:+5κ=−4:+5κ=−10:+3κ=−1:0κ=−3:−5κ=0:−1

Abbildung 6.16: Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 30

Zur indirekten Versuchssimulation wurden alle Materialparameter gemaß Tabelle 6.1 unter

Zugrundelegung des modifizierten Parametersatzes p1 eingesetzt.

Die in den Abschnitten 6.1 und 6.2 festgestellten Unterschiede zwischen den Materialpara-

metern werden nicht berucksichtigt.

Aufgrund der betrachtlichen Rohdichteunterschiede (siehe [5]) und der damit verbundenen

Variation der Steifigkeiten innerhalb eines Stammes gibt es Unterschiede zwischen den elas-

tischen Konstanten zwischen den Probekorpern. Diese konnen bei der Simulation nicht

berucksichtigt werden.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.3: Indirekte Versuchssimulation 104

-15 -10 -5 0 5 10 15 20 1 N mm 2

-10

-5

0

5

10

15

2

N mm 2

45

5 : 2 5 : 4 4 : 7 3 : 10 0 : 1 1 : 1 1 : 0

10 : 3

7 : 4

4 : 5

2 : 5

0 : 1

2 : 5

1 : 1

5 : 2

1 : 0

Abbildung 6.17: Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 45 nach [5]

−10 −8 −6 −4 −2 0 2 4 6 8 10−10

−8

−6

−4

−2

0

2

4

6

8

10

σ1 [N/mm2]

σ 2 [N/m

m2 ]

κ=+1:0κ=+5:+2κ=+1:+1κ=+3:−10κ=+4:−7κ=+5:−4κ=+5:−2κ=+2:+5κ=0:+1κ=−2:+5κ=−4:+5κ=−10:+3κ=−1:0κ=−1:−1κ=0:−1

σL + σR√

2

τLR

Abbildung 6.18: Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 45

Im orthotropen Spannungsraum entsprechen die Bildebenen, der in den Abbildungen 6.9 bis

6.18 dargestellten Diagramme, jeweils einer gegenuber der σL-σR-Ebene um den Winkel 2ϕ

gedrehten Ebene. Die dargestellten Bruchpunkte liegen naherungsweise auf den Schnittkur-

ven dieser Ebenen mit der Bruchflache im orthotropen Spannungsraum.

Fur ϕ = 45 wird deshalb auf der Abszisse die Schubspannung τLR aufgetragen (siehe Ab-

bildung 6.18). Der Entfestigungsparameter kshr hangt gemaß Unterabschnitt 4.2.3.6 von

der charakteristischen Lange ab. Da `c nur mit 5 mm gewahlt wurde, anstatt einem dem

Probekorper entsprechenden Wert, tritt Entfestigung nicht so gravierend auf.

Versuchssimulation mit dem Materialmodell 6.4: Vergleich 105

Bei Betrachtung der Abbildungen 6.10, 6.12, 6.14, 6.16 und 6.18 fallen die unterschiedlich

dargestellten Spannungspfade auf. Der entsprechende Spannungspfad wird strichliert dar-

gestellt, wenn die, zur Berechnung des idealen Verzerrungspfades erforderliche Verzerrungs-

komponente ε11 ein negatives Vorzeichen besitzt. Bei Vorgabe einer Verzerrungskomponente

ε11 mit positivem Vorzeichen wird der entsprechende Spannungspfad mit voller Linie darge-

stellt. Bei den Spezialfallen κ = 0:+1 und κ = 0:−1 ist ε22 anstelle von ε11 vorzugeben.

Zusammenfassend stellt man fest, dass die indirekte Versuchssimulation die anschaulichste

Variante darstellt um das entwickelte Materialmodell zu uberprufen. Man stellt weiters fest,

dass das Einflachen-Plastizitatsmodell mit nicht-assoziierter Verfestigungsregel ein gutgeeig-

netes Materialmodell fur fehlerfreies Fichtenholz darstellt.

6.4 Vergleich der vorgestellten Simulationsvarianten

Die drei prasentierten Arten der Versuchssimulation unterscheiden sich hauptsachlich durch

die Anzahl der jeweilig betrachteten Versuche. Dadurch ergeben sich weitere Unterschiede,

die in Tabelle 6.7 zusammengefasst sind.

Tabelle 6.7: Unterschiede der vorgestellten Simulationsvarianten

Direkte Vergleichende Indirekte

Simulation Simulation Simulation

nach 6.1 nach 6.2 nach 6.3

Bezeichnung Versuchs- Versuchs- Faser-

der Variante nummer konfiguration winkel

Anzahl- 1 ≈ 6 ≈ 90

der Versuche

Verwendete aus dem idealer idealer

Verzerrungspfade Versuch Verzerrungspfad Verzerrungspfad

Anpassung ja ja nein

der Parameter

Darstellung σ-ε- σL-σR- σ1-σ2-

der Ergebnisse Diagramme Diagramme Diagramme

Beurteilungs- detailliert detailliert generell

moglichkeit

In diesem Kapitel wurde das in dieser Arbeit entwickelte Materialmodell mittels unterschied-

licher Versuchssimulationen angewandt. Es wurden die vier unterschiedlichen Versagensme-

chanismen von Fichtenholz, durch Einfuhrung von Evolutionsgesetzen fur funf verschiedenen

charakteristischen Festigkeiten, im wesentlichen richtig erfasst. Die auftretende Entfestigung

bei Zugbeanspruchungen wurde richtig wiedergegeben. Die Verfestigung bei Druckbeanspru-

chungen quer zur Faser wird zufriedenstellend dargestellt.

Kapitel7Zusammenfassung und Ausblick

7.1 Zusammenfassung

Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit bestand in der Entwicklung eines Einflachen-Plas-

tizitatsmodells fur fehlerfreies Fichtenholz unter biaxialen Beanspruchungszustanden. Be-

trachtet wurden ebene Beanspruchungszustande in der LR-Ebene eines Stammes. Den Aus-

gangszustand stellten die 439 durchgefuhrten biaxialen Versuche an fehlerfreiem Fichten-

holz nach Eberhardsteiner [5] und ein existierendes Mehrflachen-Plastizitatsmodell nach

Mackenzie-Helnwein et al. [12] dar.

Der Werkstoff Holz wurde dabei als makroskopisch homogenes Material betrachtet. Die Be-

schreibung des mechanischen Verhaltens von Holz erfolgt im Rahmen der Plastizitatstheorie

fur orthotrope Werkstoffe.

Zur Beschreibung des elasto-plastischen Materialverhaltens wurde ein Einflachenmodell nach

Tsai und Wu [24] herangezogen, dessen Form mittels eines nicht-assoziierten Ver- bzw.

Entfestigungsgesetzes, bestehend aus sechs Evolutionsgesetzen fur funf verschiedene charak-

teristische Festigkeiten und fur ein Festigkeitsverhaltnis, gesteuert wird. Die mathematische

Form der Fließbedingung selbst bleibt bei beliebiger Beanspruchung unverandert. Mittels

des Newton-Raphson-Iterationsverfahrens werden die Parameter der Fließflache geeignet

ermittelt. Die numerische Zeitintegration des Materialmodells wird durch Anwendung des

Projektionsverfahrens nach Simo und Hughes [23] bewerkstelligt. Der große rechentech-

nische Aufwand dieser Vorgangsweise konnte durch Portionierung des Problems deutlich

reduziert werden.

Damit wurden durch Vorgabe eines idealen Verzerrungszustandes, der den Einfluss der me-

chanischen Versuchsparameter (Faserwinkel ϕ und Beanspruchungsverhaltnis κ) berucksich-

tigt, die funf in Eberhardsteiner [5] dargestellten Versagensdiagramme simuliert. Auf

dieser Basis wurde eine Evaluierung des entwickelten Materialmodells durchgefuhrt.

Zusammenfassung und Ausblick 7.2: Ausblick 107

Folgende Merkmale des Materialmodells wurden dabei festgestellt:

• Bei Zugbeanspruchungen quer zur Faser und gemischter Beanspruchung (Zug-Schub)

wird die in den Versuchen beobachtete Entfestigung richtig modelliert. Dies entspricht

einem faserparallelen Riss.

• Bei Druckbeanspruchungen quer zur Faser tritt die Verfestigung zu gering auf, weil

sich der angenommene Verfestigungsparameter kc,⊥ aus dem Mehrflachenmodell fur

die vorliegende Formulierung als zu klein erweist.

• Bei Zugbeanspruchungen parallel zur Faser tritt, ab der elastischen Grenzspannung,

die von der charakteristischen Lange abhangige Entfestigung auf.

• Bei Druckbeanspruchungen parallel zur Faser zeigen sich die wesentlichen Merkmale

der Entfestigung. Da die charakteristische Lange des Probekorpers deutlich großer ist

als die des Materialmodells, kann die im Versuch beobachtete abrupte Entfestigung auf

der Basis eines materiellen Punktes nicht vollstandig wiedergegeben werden.

7.2 Ausblick

Eine verbesserte Identifikation der verwendeten Materialparameter fur Ver- und Entfestigung

ist empfehlenswert. Erganzende eindimensionale Versuche an kleinen Proben zur Bestim-

mung des Nachbruchverhaltens (`c < `c,critical) waren wunschenswert.

Um die charakteristischen Lange `c und deren Einfluß auf die Berechnungsergebnisse richtig

berucksichtigen zu konnen, ist die Implementierung in ein Finite Element Programm erfor-

derlich. Mit Hilfe dessen ist das Materialmodell auf den gesamten Probekorper anwendbar.

Damit wird eine wesentlich bessere Moglichkeit in der Versuchssimulation und der Vorhersage

des Materialverhaltens gegeben.

Fur die Festlegung des Restreibungswinkels φ∞ und die einwandfreie Identifikation des di-

mensionslosen Entfestigungsparameters kshr sind weitere experimentelle und numerische Un-

tersuchungen erforderlich. Diese betreffen primar gemischte Beanspruchung durch Schub-

und Zugspannung.

Weitere Untersuchungen im linear elastischen Bereich von Holz sind sinnvoll. Die mathema-

tisch richtige Behandlung des Messfehlers der Versuchsdaten tragt zur richtigen Bestimmung

der elastischen Konstanten aus den Versuchsdaten bei.

Um das Materialmodell fur andere Nadelholzer anwenden zu konnen, ist die Bestimmung der

entsprechenden Festigkeiten analog zu den fur Fichtenholz durchgefuhrten experimentellen

Untersuchungen erforderlich. Aufgrund der unterschiedlichen Mikrostruktur von Laub- und

Nadelholzern wurde eine Anpassung der Ver- und Entfestigungsgesetze fur Laubholzer eine

grundlegende Studie der entsprechenden Versagensmechanismen erfordern.

Eine Erweiterung zur Berucksichtigung relevanter Holzmerkmale wie Aste und Wachstums-

fehler durch Modifikation der jeweiligen Parameter der Fließflache ware der nachste logische

Schritt zur realitatsnahen Beschreibung von Bauholz.

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McGraw-Hill, London, 1991.

AnhangAKoeffizientenfunktionen der Matrix K

K ist die Matrix der Ableitungen der sechs, im Vektor Rp (4.171) zusammengefassten, Glei-

chungen nach den sechs, im Vektor p (4.92) zusammengefassten, Parametern des Ellipsoids.

Die Zuordnung der jeweiligen Koeffizientenfunktionen ∂Rp,i/∂pj, mit i, j ∈ 1, ..., 6 zur

Matrix K erfolgt gemaß (4.174).

Aufgrund der Gleichheit der ersten und zweiten bzw. dritten und vierten Eintrage des Vek-

tors Rp gemaß (4.171), mit Ausnahme jeweils eines Vorzeichenunterschiedes, sind die ent-

sprechenden Koeffizientenfunktionen ∂Rp,i/∂pj, mit i ∈ 1, 2 bzw. 3,4 zu einem Block

von Gleichungen zusammengefasst. Die Abkurzungen X und Z sind in (4.119) und (4.118)

festgelegt.

dRp,1/2

daLL=

1

2Z

(

bLLRR ±√bLLLL (−aRR bLLRR + aLL bRRRR)

X

)

(A.1a)

dRp,1/2

daRR=

1

2Z

(

−bLLLL ∓√bLLLL (−aRR bLLLL + aLL bLLRR)

X

)

(A.1b)

dRp,1/2

dbLLLL=

1

2Z

(

−aRR ± (a2RR + 4 bRRRR)

√bLLLL

2X± X

2√bLLLL

)

+

+1

2Z2

(

bRRRR (aRR bLLLL − aLL bLLRR ∓√

bLLLLX))

(A.1c)

dRp,1/2

dbRRRR= ± 1

4X Z(a2

LL + 4 bLLLL)√

bLLLL +

+1

2Z2

(

bLLLL (aRR bLLLL − aLL bLLRR ∓√

bLLLLX))

(A.1d)

dRp,1/2

dbLLRR=

1

2Z

(

aLL ∓ (aLL aRR + 4 bLLRR)√bLLLL

X

)

− 1

Z2

(

bLLRR (aRR bLLLL − aLL bLLRR ∓√

bLLLLX))

(A.1e)

dRp,1/2

dbLRLR= 0 (A.1f)

Koeffizientenfunktionen der Matrix K 111

dRp,3/4

daLL=

1

2Z

(

−bRRRR ±√bRRRR (−aRR bLLRR + aLL bRRRR)

X

)

(A.2a)

dRp,3/4

daRR=

1

2Z

(

bLLRR ∓√bRRRR (−aRR bLLLL + aLL bLLRR)

X

)

(A.2b)

dRp,3/4

dbLLLL= ± 1

4X Z(a2

RR + 4 bRRRR)√

bRRRR −

− 1

2Z2

(

bRRRR (aRR bLLRR − aLL bRRRR ±√

bRRRR X))

(A.2c)

dRp,3/4

dbRRRR=

1

2Z

(

−aLL ± (a2LL + 4 bLLLL)

√bRRRR

2X± X

2√bRRRR

)

− 1

2Z2

(

bLLLL (aRR bLLRR − aLL bRRRR ±√

bRRRR X))

(A.2d)

dRp,3/4

dbLLRR=

1

2Z

(

aRR ∓ (aLL aRR + 4 bLLRR)√bRRRR

X

)

+

+1

Z2

(

bLLRR (aRR bLLRR − aLL bRRRR ±√

bRRRR X))

(A.2e)

dRp,3/4

dbLRLR= 0 (A.2f)

dRp,5

daLL= 0 (A.3a)

dRp,5

daRR= 0 (A.3b)

dRp,5

dbLLLL= 0 (A.3c)

dRp,5

dbRRRR=bLLRR

b2RRRR

(A.3d)

dRp,5

dbLLRR= − 1

bRRRR

(A.3e)

dRp,5

dbLRLR= 0 (A.3f)

dRp,6

daLL= −aRR bLLRR − aLL bRRRR

4X√Z bLRLR

(A.4a)

dRp,6

daRR=aRR bLLLL − aLL bLLRR

4X√Z bLRLR

(A.4b)

dRp,6

dbLLLL= −(aRR bLLRR − aLL bRRRR)2

8X√Z3 bLRLR

(A.4c)

dRp,6

dbRRRR= −(aRR bLLLL − aLL bLLRR)2

8X√Z3 bLRLR

(A.4d)

dRp,6

dbLLRR=

(aRR bLLLL − aLL bLLRR) (aRR bLLRR − aLL bRRRR)

4X√Z3 bLRLR

(A.4e)

dRp,6

dbLRLR= − X

8√

Z b3LRLR

(A.4f)

AnhangBKoeffizientenfunktionen der Matrix L

L ist die Matrix der Ableitungen der sechs Komponenten des Vektors R∗ gemaß Gleichung

(4.167) nach den sechs Komponenten des Vektors der primaren Variablen α gemaß Gleichung

(4.135). Es ist somit eine 6×6-Matrix, die folgendermaßen definiert ist:

L =∂R∗

n+1

∂αn+1

:=

L1 0 0 0 0 0

0 L2 0 0 0 0

0 0 L3 0 0 0

0 0 0 L4 0 0

0 0 0 0 L5 0

L7 L8 0 0 0 L6

(B.1)

Die verschiedenen Koeffizienten L1 bis L8 erhalt man aus (4.167) zu

L1 = −kt,⊥R∗1 (B.2a)

L2 = +kc,⊥ Y1,⊥ e−kc,⊥ αc,⊥ +

∂qR∂αc,⊥

(B.2b)

L3 = −kt,‖R∗3 (B.2c)

L4 = −kc,‖ Y1,‖ e−kc,‖ αc,⊥ +

∂qL∂αc,‖

(B.2d)

L5 = −kt,⊥R∗5 (B.2e)

L6 = −kshrR∗

1 +R∗2

2

[1 + tan(φ∞ + (φ0 − φ∞) e−kshr αshr)2

·(φ0 − φ∞) e−kshr αshr (B.2f)

L7 = +L1

2tan(φ∞ + (φ0 − φ∞) e−kshr αshr) (B.2g)

L8 = −L2

2tan(φ∞ + (φ0 − φ∞) e−kshr αshr) (B.2h)

Koeffizientenfunktionen der Matrix L 113

Die Koeffizienten ∂qR/∂αc,⊥ und ∂qL/∂αc,‖, die aus der in Abschnitt 2.4 beschriebenen Kom-

paktion herruhren, ergeben sich durch Ableitung der Gleichungen (4.146) und (4.158) nach

αc,⊥ bzw. αc,‖ zu

∂qR∂αc,⊥

= HR,d〈αc,⊥ − αR,d〉 (2αR,∞ − αc,⊥ − αR,d)

(αR,∞ − αc,⊥)2(B.3)

∂qL∂αc,‖

= HL,d

〈αc,‖ − αL,d〉 (2αL,∞ − αc,‖ − αL,d)

(αL,∞ − αc,‖)2(B.4)

Abbildung B.1 veranschaulicht die Funktionen |x| und 〈x〉 und deren Ableitungen nach x.

1 2 3 4 x−1−2−3−4 0

4

1 2 3 4 x−1−2−3−4 0

1

1

1

−1

00.5

1

−1

y (x)

y’ (x)

y=|x|

y’=d|x|dx

=sign x

y’=d〈x〉dx

=1 + signx

2

y=〈x〉 = 12 (x + |x|)

Abbildung B.1: Darstellung der Funktionen y=|x| und y=〈x〉

AnhangCParameterstudien fur verschiedene

Evolutionsgesetze

Im folgenden Anhang wird wechselweise ausschließlich eine der Variablen α variiert und

der dadurch erzielte Einfluss auf die charakteristischen Festigkeiten und die Parameter der

Fließbedingung studiert. Alle restlichen Komponenten von α sind null gesetzt.

Die Studie basiert auf den Parameterwerten p1 gemaß (4.134) und den in Tabelle 4.5 zusam-

mengefassten Material-, Verfestigungs- und Entfestigungsparametern. Als charakteristische

Lange wurde `c = 5 mm angenommen.

Da die Komponenten αt,⊥ gemaß (4.143) und αref gemaß (4.161) den analogen Identifikatio-

nen entsprechen, werden fur den Fall der Vorgabe der Zugfestigkeit in Radialrichtung, diese

Komponenten gleichgesetzt. Fur alle Parameterstudien wird außerdem die Evolution der

Schubspannung gleichzeitig mit der jeweiligen Zug- oder Druckfestigkeit berucksichtigt.

Folgende Diagramme werden fur die verschiedenen Parameterstudien erstellt:

1. Entwicklung der Festigkeiten parallel bzw. normal zur Faserrichtung, wobei einaxiale

Festigkeiten und die entsprechenden Extrema betrachtet werden. Da die Bestimmungs-

gleichungen der Extremwerte des Ellipsoids zur Berechnung des Gleichungssystems

nach Gleichung (4.171) herangezogen wurden, bleiben jene Verlaufe der Extrema, die

den Vorgaben nach Abschnitt 4.2.6 entsprechen, konstant.

2. Veranderung der einzelnen Parameter des Ellipsoids, bezogen auf deren ursprunglichen

Wert, aufgetragen uber den jeweiligen Wertebereich der untersuchten Laufvariablen.

3. Gegenuberstellung des Ellipsoids fur den jeweiligen Maximalwert der untersuchten

Laufvariablen und des initialen Zustandes im orthotropen Spannungsraum.

Eine Diskussion der Verlaufe der verschiedenen Diagramme und Abbildungen ist dem jewei-

ligen Abschnitt beigefugt.

Parameterstudien C.1: Zugfestigkeit in Radialrichtung 115

C.1 Vorgabe der Zugfestigkeit in Radialrichtung βt,⊥

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.053.9

4

4.1

4.2(a) Druck − quer zur Faserrichtung

β c,⊥

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

2

4

6(b) Zug − quer zur Faserrichtung

β t,⊥

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

20

40

60(c) Druck − in Faserrichtung

β c,

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.0520

40

60

80(d) Zug − in Faserrichtung

β t,

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05−10

−5

0(e) Schub − negativ

−β sh

r

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

5

10(f) Schub − positiv

β shr

Abbildung C.1: Einaxiale Festigkeiten (volle Linien) und Extremwerte (strichlierte Linien)

bei Vorgabe von max βt,⊥, aufgetragen uber den Wertebereich der Laufva-

riablen αt,⊥

Bei Vorgabe der Zugfestigkeit max βt,⊥ wird αt,⊥ = αref = αshr ∈ [0, 0.05] betrachtet. Alle

restlichen Komponenten von α sind auf null gesetzt. Da das Maximum der Zugfestigkeit

quer zur Faser vorgegeben wird, entspricht der Graph des entsprechenden Evolutionsgesetzes

der Abbildung C.1 (b).

In Abbildung C.1 (c) erreicht die einaxiale Druckfestigkeit in Faserrichtung bei αt,⊥ ≈ 0.008

ein Maximum. Dadurch weist der Verlauf einen Tendenzwechsel auf. Neben der Zugfestig-

keit in Radialrichtung nehmen die einaxialen Festigkeiten parallel zur Faserrichtung gemaß

Abbildung C.1 (c) und (d) stark ab. Da in der Evolutionsgleichung fur die Schubspannung

die betrachtete Zugfestigkeit vorkommt und diese durch die Entfestigung und bei hinreichend

großem α den Wert null annimmt, nimmt auch die Schubspannung gemaß Abbildung C.1 (f)

einen kleinen Wert an.

Durch diesen Sachverhalt ist die Reduktion des Ellipsoids auf die in Abbildung C.3 darge-

stellte Flache begrundet.

Parameterstudien C.1: Zugfestigkeit in Radialrichtung 116

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

5

10

15

αt,⊥

(a)

a LL/a

LL0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05−400

−200

0

200

αt,⊥

(b)

a RR

/aR

R0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

5

10

15

αt,⊥

(c)

b LLLL

/bLL

LL0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

20

40

60

αt,⊥

(d)

b RR

RR

/bR

RR

R0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050.9

1

1.1

1.2

1.3

αt,⊥

(e)

b LLR

R/b

LLR

R0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

50

100

150

200

αt,⊥

(d)

b LRLR

/bLR

LR0

Abbildung C.2: Parameter des Ellipsoids bei Vorgabe von max βt,⊥

Abbildung C.3: Veranderung des Ellipsoids bei αt,⊥ = αref = αshr = 0.05 im Vergleich zum

initialen Zustand (transparent)

Parameterstudien C.2: Druckfestigkeit in Radialrichtung 117

C.2 Vorgabe der Druckfestigkeit in Radialrichtung βc,⊥

0 0.1 0.2 0.3 0.43

4

5

6

7(a) Druck − quer zur Faserrichtung

β c,⊥

0 0.1 0.2 0.3 0.44.55

4.555

4.56

4.565(b) Zug − quer zur Faserrichtung

β t,⊥

0 0.1 0.2 0.3 0.449.6

49.8

50

50.2

50.4(c) Druck − in Faserrichtung

β c,

0 0.1 0.2 0.3 0.462

63

64

65

66(d) Zug − in Faserrichtung

β t,

0 0.1 0.2 0.3 0.4−10

−8

−6

−4

−2(e) Schub − negativ

−β sh

r

0 0.1 0.2 0.3 0.42

4

6

8

10(f) Schub − positiv

β shr

Abbildung C.4: Einaxiale Festigkeiten (volle Linien) und Extremwerte (strichlierte Linien)

bei Vorgabe von max βc,⊥, aufgetragen uber den Wertebereich der Laufva-

riablen αc,⊥

Bei Vorgabe der Druckfestigkeit max βc,⊥ wird αc,⊥ = αref =∈ [0, 0.40] betrachtet. Alle

restlichen Komponenten von α sind auf null gesetzt. Da das Maximum der Druckfestigkeit

quer zur Faser vorgegeben wird, entspricht der Graph des entsprechenden Evolutionsgesetzes

der Abbildung C.4 (a).

In Abbildung C.4 (c) erreicht die einaxiale Druckfestigkeit in Faserrichtung bei αc,⊥ ≈ 0.04

ein Maximum. Dadurch weist der Verlauf einen Tendenzwechsel auf.

Ein Krummungswechsel ist durch das zweiteilige Evolutionsgesetz der Druckfestigkeit in Ra-

dialrichtung gemaß C.4 (a) vorgegeben. Dieses Evolutionsgesetz betrifft alle sechs Parameter

gemaß Abbildung C.5. Neben jenen funf Parametern, die die Ellipse in der σL-σR-Ebene de-

finieren, sind auch der Parameter bLRLR sowie die Schubspannung betroffen.

Die Gestalt der Fließflache im orthotropen Spannungsraum verandert sich hauptsachlich

durch Abnahme der Dicke in Richtung der Schubspannung.

Parameterstudien C.2: Druckfestigkeit in Radialrichtung 118

0 0.1 0.2 0.3 0.40.85

0.9

0.95

1

(a)

a LL/a

LL0

αc,⊥

0 0.1 0.2 0.3 0.4−3

−2

−1

0

1

(b)a

RR

/aR

R0

αc,⊥

0 0.1 0.2 0.3 0.4

1

1.05

(c)b

LLLL

/bLL

LL0

αc,⊥

0 0.1 0.2 0.3 0.40.4

0.6

0.8

1

(d)

b RR

RR

/bR

RR

R0

αc,⊥

0 0.1 0.2 0.3 0.40.4

0.6

0.8

1

(e)

b LLR

R/b

LLR

R0

αc,⊥

0 0.1 0.2 0.3 0.40

5

10

15

αc,⊥

(f)

b LRLR

/bLR

LR0

Abbildung C.5: Parameter des Ellipsoids bei Vorgabe von max βc,⊥

Abbildung C.6: Veranderung des Ellipsoids bei αc,⊥ = αshr = 0.40 im Vergleich zum initialen

Zustand (transparent)

Parameterstudien C.3: Zugfestigkeit in Langsrichtung 119

C.3 Vorgabe der Zugfestigkeit in Langsrichtung βt,‖

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

2

4

6(a) Druck − quer zur Faserrichtung

β c,⊥

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

2

4

6(b) Zug − quer zur Faserrichtung

β t,⊥

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.0549.6

49.8

50

50.2

50.4(c) Druck − in Faserrichtung

β c,

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

20

40

60

80(d) Zug − in Faserrichtung

β t,

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05−10

−5

0(e) Schub − negativ

−β sh

r

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

5

10(f) Schub − positiv

β shr

Abbildung C.7: Einaxiale Festigkeiten (volle Linien) und Extremwerte (strichlierte Linien)

bei Vorgabe von max βt,‖, aufgetragen uber den Wertebereich der Laufvaria-

blen αt,‖

Bei Vorgabe der Zugfestigkeit max βt,‖ wird αt,‖ = αref =∈ [0, 0.05] betrachtet. Alle rest-

lichen Komponenten von α sind auf null gesetzt. Da das Maximum der Zugfestigkeit in

Faserrichtung vorgegeben wird, entspricht der Graph des entsprechenden Evolutionsgesetzes

der Abbildung C.7 (d).

In Abbildung C.7 (a) erreicht die einaxiale Druckfestigkeit quer zur Faser bei αt,‖ ≈ 0.006

ein Maximum. Dadurch weist der Verlauf einen Tendenzwechsel auf. Durch die Abnahme

der Zugfestigkeit in Langsrichtung reduzieren sich, mit Ausnahme der Druckfestigkeit in

Faserrichtung gemaß Abbildung C.7 (c), alle einaxialen Festigkeiten.

Bei Reduktion der Zugfestigkeit in Faserrichtung verandern sich die Parameter des Ellipsoids

gemaß Abbildung C.8 sehr stark. Der Parameter aLL ist durch die betragsmaßig großte

Veranderung sowie einen Vorzeichenwechsel charakterisiert.

Die modifizierte Fließflache im orthotropen Spannungsraum ist durch eine starke Stauchung

in Richtung von σL charakterisiert.

Parameterstudien C.3: Zugfestigkeit in Langsrichtung 120

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05−15

−10

−5

0

5x 10

4

αt,

(a)

a LL/a

LL0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

500

1000

1500

2000

αt,

(b)

a RR

/aR

R0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

2

4

6x 10

4

αt,

(c)

b LLLL

/bLL

LL0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

2000

4000

6000

8000

αt,

(d)

b RR

RR

/bR

RR

R0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

2000

4000

6000

8000

αt,

(e)

b LLR

R/b

LLR

R0

0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.050

1

2

3x 10

4

αt,

(f)

b LRLR

/bLR

LR0

Abbildung C.8: Parameter des Ellipsoids bei Vorgabe von max βt,‖

Abbildung C.9: Veranderung des Ellipsoids bei αt,‖ = αshr = 0.05 im Vergleich zum initialen

Zustand (transparent)

Parameterstudien C.4: Druckfestigkeit in Langsrichtung 121

C.4 Vorgabe der Druckfestigkeit in Langsrichtung βc,‖

0 0.2 0.4 0.63.8

3.9

4

4.1

4.2(a) Druck − quer zur Faserrichtung

β c,⊥

0 0.2 0.4 0.64.5

4.55

4.6(b) Zug − quer zur Faserrichtung

β t,⊥

0 0.2 0.4 0.640

50

60

70(c) Druck − in Faserrichtung

β c,

0 0.2 0.4 0.664.95

65

65.05(d) Zug − in Faserrichtung

β t,

0 0.2 0.4 0.6−10

−5

0(e) Schub − negativ

−β sh

r

0 0.2 0.4 0.60

5

10(f) Schub − positiv

β shr

Abbildung C.10: Einaxiale Festigkeiten (volle Linien) und Extremwerte (strichlierte Linien)

bei Vorgabe von max βc,‖, aufgetragen uber den Wertebereich der Laufva-

riablen αc,‖

Bei Vorgabe der Druckfestigkeit max βc,‖ wird αc,‖ = αref =∈ [0, 0.70] betrachtet. Alle

restlichen Komponenten von α sind auf null gesetzt. Da das Maximum der Druckfestigkeit in

Faserrichtung vorgegeben wird, entspricht der Graph des entsprechenden Evolutionsgesetzes

der Abbildung C.10 (c).

In Abbildung C.10 (a) erreicht die einaxiale Zugfestigkeit quer zur Faser bei αt,‖ ≈ 0.65 ein

Maximum. Dadurch weist der Verlauf einen Tendenzwechsel auf.

Die modifizierte Fließflache im orthotropen Spannungsraum ist durch eine starke Streckung

in Richtung σL charakterisiert.

Parameterstudien C.4: Druckfestigkeit in Langsrichtung 122

0 0.2 0.4 0.60

0.5

1

1.5

2

(a)

a LL/a

LL0

αc,

0 0.2 0.4 0.60.8

1

1.2

1.4

(b)

a RR

/aR

R0

αc,

0 0.2 0.4 0.60.6

0.8

1

1.2

1.4

(c)

b LLLL

/bLL

LL0

αc,

0 0.2 0.4 0.6

1

1.05

(d)

b RR

RR

/bR

RR

R0

αc,

0 0.2 0.4 0.6

1

1.05

(e)

b LLR

R/b

LLR

R0

αc,

0 0.2 0.4 0.60

5

10

15

20

αc,

(f)

b LRLR

/bLR

LR0

Abbildung C.11: Parameter des Ellipsoids bei Vorgabe von max βc,‖

Abbildung C.12: Veranderung des Ellipsoids bei αc,‖ = αshr = 0.70 im Vergleich zum initialen

Zustand (transparent)

Tabellenverzeichnis

3.1 Ergebnisse der Ruckrechnung der elastischen Materialparameter . . . . . . . 21

3.2 Elastische Materialparameter im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4.1 Koordinatenverzeichnis der Punkte aus der Kurvendiskussion fur p0 . . . . . 57

4.2 Zusammenstellung charakteristischer Werte fur den Parametersatz p0 . . . . 58

4.3 Koordinatenverzeichnis der Punkte aus der Kurvendiskussion fur p1 . . . . . 60

4.4 Zusammenstellung charakteristischer Werte fur den Parametersatz p1 . . . . 60

4.5 Zusammenstellung der verwendeten Materialparameter . . . . . . . . . . . . 70

5.1 Beispiel zur Illustration der quadratischen Konvergenzrate . . . . . . . . . . 85

6.1 Materialparameter fur die Versuchssimulationen . . . . . . . . . . . . . . . . 88

6.2 Materialparameter fur alle Versuche der Konfiguration κ = 0:+1/ϕ = 0 . 95

6.3 Materialparameter fur alle Versuche der Konfiguration κ = 0:−1/ϕ = 0 . 96

6.4 Materialparameter fur alle Versuche der Konfiguration κ =+1:0/ϕ = 0 . . 97

6.5 Materialparameter fur alle Versuche der Konfiguration κ = −1:0/ϕ = 0 . 98

6.6 Dargestellte Versuchskonfigurationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

6.7 Unterschiede der vorgestellten Simulationsvarianten . . . . . . . . . . . . . . 105

Abbildungsverzeichnis

2.1 (a) Lasteinleitungssystem, (b) Anordnung der Belastungsachsen . . . . . . . 4

2.2 (a) Probenentnahme aus einem Kernbrett, (b) Probekorperherstellung . . . . 5

2.3 (a) Abmessungen des Probekorpers, (b) Verschiebungsvorschrift . . . . . . . 6

2.4 (a) Probekorper, (b) Tragkonstruktion des optischen Messsystems . . . . . . 9

2.5 (a) In-plane-Verfahren, (b) Out-of-plane-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.6 (a) Spaltbruch bzw. (b) Splitterbruch eines Probekorpers . . . . . . . . . . . 12

2.7 (a) Lineare Regression, (b) Verschiebung der σ-ε-Linien . . . . . . . . . . . . 16

2.8 Veranschaulichung der vier Versagensmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.1 Unterschied zwischen idealem und realem Verzerrungspfad . . . . . . . . . . 21

3.2 (a) Abschnitt eines Baumstamms, (b) Materialhauptrichtungen . . . . . . . 22

3.3 Benotigte Großen zur Bestimmung der elastischen Materialparameter . . . . 23

3.4 Verlauf der elastischen Materialparameter fur Versuch 098 . . . . . . . . . . 25

3.5 Verlauf der elastischen Materialparameter fur Versuch 098 aus [5] mit A=10 26

3.6 Verlauf der elastischen Materialparameter fur Versuch 098 aus [5] mit B=50 27

4.1 Geometrische Interpretation des Projektionsverfahrens . . . . . . . . . . . . 38

4.2 Ergebnisse des eindimensionalen Beispiels fur Verfestigung . . . . . . . . . . 42

4.3 Ergebnisse des eindimensionalen Beispiels fur Entfestigung . . . . . . . . . . 47

4.4 Festlegung von Punkten auf dem Hauptschnitt des Ellipsoids . . . . . . . . . 52

4.5 Zusammenhang zwischen φ und der Schubfestigkeit max τ 0LR . . . . . . . . . 56

4.6 Darstellung des Ellipsoids fur den initialen Parametersatz p0 . . . . . . . . . 57

4.7 Charakteristische Punkte fur initiale Parameterwerte p0 . . . . . . . . . . . . 58

4.8 Darstellung des Ellipsoids fur den modifizierten Parametersatz p1 . . . . . . 59

4.9 Charakteristische Punkte fur modifizierte Parameterwerte p1 . . . . . . . . . 60

4.10 Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max βt,⊥ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

4.11 Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max βc,⊥ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

4.12 Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max βt,‖ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

4.13 Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max βc,‖ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

4.14 Verlauf des Evolutionsgesetzes fur tanφ∗ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

4.15 Zusammenhang zwischen φ und der Schubfestigkeit max τLR . . . . . . . . . 68

ABBILDUNGSVERZEICHNIS 125

4.16 Verlauf des Evolutionsgesetzes fur max τLR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

4.17 Elasto-plastische Tangentenneigung bei Rissansatz . . . . . . . . . . . . . . . 71

4.18 Elemente zur Aktualisierung der Parameterwerte p . . . . . . . . . . . . . . 72

4.19 Veranderung des Hauptschnittes des Ellipsoids wahrend der Iteration . . . . 73

5.1 Geometrische Interpretation der konsistenten Tangente . . . . . . . . . . . . 87

6.1 Direkte Versuchssimulation von Versuch Nr. 090 mit κ = 0:+1/ϕ = 0 . . 90

6.2 Direkte Versuchssimulation von Versuch Nr. 248 mit κ = 0:−1/ϕ = 0 . . 91

6.3 Direkte Versuchssimulation von Versuch Nr. 144 mit κ =+1:0/ϕ = 0 . . 92

6.4 Direkte Versuchssimulation von Versuch Nr. 222 mit κ =−1:0/ϕ = 0 . . 93

6.5 Vergleichende Versuchssimulation von Konfiguration κ=0:+1/ϕ=0 . . . . 95

6.6 Vergleichende Versuchssimulation von Konfiguration κ = 0:−1/ϕ = 0 . . 96

6.7 Vergleichende Versuchssimulation von Konfiguration κ = +1:0/ϕ = 0 . . 97

6.8 Vergleichende Versuchssimulation von Konfiguration κ = −1:0/ϕ = 0 . . 98

6.9 Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 0 nach [5] . . . . . . . . . . . . . 100

6.10 Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

6.11 Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 7.5 nach [5] . . . . . . . . . . . . 101

6.12 Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 7.5 . . . . . . . . . . . . . . . . 101

6.13 Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 15 nach [5] . . . . . . . . . . . . 102

6.14 Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

6.15 Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 30 nach [5] . . . . . . . . . . . . 103

6.16 Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 30 . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

6.17 Ergebnisse der biaxialen Versuche fur ϕ = 45 nach [5] . . . . . . . . . . . . 104

6.18 Ergebnisse der Versuchssimulation fur ϕ = 45 . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

B.1 Darstellung der Funktionen y=|x| und y=〈x〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

C.1 Einaxiale Festigkeiten und Extremwerte bei Vorgabe von max βt,⊥ . . . . . . 115

C.2 Parameter des Ellipsoids bei Vorgabe von max βt,⊥ . . . . . . . . . . . . . . 116

C.3 Veranderung des Ellipsoids bei αt,⊥ = αref = αshr = 0.05 . . . . . . . . . . . 116

C.4 Einaxiale Festigkeiten und Extremwerte bei Vorgabe von max βc,⊥ . . . . . . 117

C.5 Parameter des Ellipsoids bei Vorgabe von max βc,⊥ . . . . . . . . . . . . . . 118

C.6 Veranderung des Ellipsoids bei αc,⊥ = αshr = 0.40 . . . . . . . . . . . . . . . 118

C.7 Einaxiale Festigkeiten und Extremwerte bei Vorgabe von max βt,‖ . . . . . . 119

C.8 Parameter des Ellipsoids bei Vorgabe von max βt,‖ . . . . . . . . . . . . . . . 120

C.9 Veranderung des Ellipsoids bei αt,‖ = αshr = 0.05 . . . . . . . . . . . . . . . 120

C.10 Einaxiale Festigkeiten und Extremwerte bei Vorgabe von max βc,‖ . . . . . . 121

C.11 Parameter des Ellipsoids bei Vorgabe von max βc,‖ . . . . . . . . . . . . . . . 122

C.12 Veranderung des Ellipsoids bei αc,‖ = αshr = 0.70 . . . . . . . . . . . . . . . 122


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