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Klimawandel im Marktfruchtbau

Date post: 14-Jan-2017
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SCHULE und BERATUNG Fachinformationen aus der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Klimawandel im Marktfruchtbau Auch die Rinder fressen Bohnen KitaTreff – ein Baustein zur Nachhaltigkeit der Kitaverpflegung Zahlstelle Bayern 11-12/ 2016
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Page 1: Klimawandel im Marktfruchtbau

SCHULE und BERATUNG

Fachinformationen aus der

Landwirt schafts verwaltung

in Bayern

Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

→ Klimawandel im Marktfruchtbau → Auch die Rinder fressen Bohnen → KitaTreff – ein Baustein zur Nachhaltigkeit der Kitaverpflegung → Zahlstelle Bayern

11-12/2016

Page 2: Klimawandel im Marktfruchtbau

INHALT

KLIMAWANDEL

ENERGIE

DIGITALISIERUNG

RINDER

ERNÄHRUNG

MARKT

FÖRDERUNG

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KLIM

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INHALT

5 Vorwort

6 Klimawandel im Marktfruchtbau 10 Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimagasbilanzen

13 Nahwärmenetze für die Zukunft rüsten 16 Holzhackschnitzel lagern

21 Innovatives Projektmanagement der Wildlebensraumberatung 24 Gewusst wie: Bilder einfach kennzeichnen 25 Hundert Tage eAkte an der Führungsakademie

28 Auch die Rinder fressen Bohnen 31 Selektives Trockenstellen von Milchvieh 34 Phosphorgehalte von Grünlandaufwüchsen auf bayerischen Praxisflächen 39 Rotes Höhenvieh – ein Kulturgut zum Aufessen 42 Nicht nur produzieren, auch vermarkten!

44 KitaTreff – ein Baustein zur Nachhaltigkeit der Kitaverpflegung 46 Mittagsverpflegung als pädagogisches Handlungsfeld 49 Miteinander essen – leben – lernen 52 Biobasierte Produktideen entlang der Lebensmittel-Wertschöpfungskette

55 Der Food Price Index der FAO 58 Die Entwicklung des bayerischen Ernährungsgewerbes 2015

63 Neues bei INZEPT und ÖKONOM 65 Flächenkontrollen mit einheitlicher Messtoleranz 68 Rückgang bei Verstößen im Grünen Bereich – Cross Compliance 2015 69 Zahlstelle Bayern

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Glück entsteht oft erst durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen

Wilhelm Busch

(Foto: Stephan Wiediger, StMELF)

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VorWorT VorWorT

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Leserinnen und Leser,

die Adventszeit und die beginnende Vegetationsruhe motivie-ren uns, auf ein abwechslungsreiches Jahr zurück zu blicken. In-tensiv beschäftigt hat uns das unbefriedigende Preisniveau bei Milch, Ferkel und Getreide; ferner das Milchmengenreduzierungs-programm, Hochwasser in Niederbayern, 500 Jahre Reinheitsgebot, Auszeichnungen für unsere Spezialitäten, Diskussionen um das Tierwohl, die KWF-Tagung in Roding, 30 Jahre Schutzwaldsanierung, Terrorgefahr und Brexit. Die erfolgreiche Initiative boden: ständig weiten wir nun auf ganz Bayern aus, und die Dorf erneuerung Stadtlauringen wurde mit dem Europäischen Dorferneuerungspreis ausgezeichnet. Die Heimatstrategie setzen wir mit dem Umzug der ersten Beschäftigten nach Regen um. Für Mühldorf und Ruhstorf laufen die Vorbereitungen.

Sie haben sich 2016 wieder mit Leidenschaft für die Land- und Ernährungswirtschaft, die Forst- und Holzwirtschaft sowie für das Wohl der Menschen im ländlichen Raum ein-gesetzt. Unsere Programme sind gefragt wie selten zuvor. Doch führen die begrenzten Finanzmittel dazu, dass wir nicht allen Wünschen nachkommen können. Im Doppel-haushalt 2017/18 ist es uns gelungen, die Landesmittel für unser Ressort erheblich zu steigern. Das ist ein Lob für Ihre Arbeit und unsere Politik des Bayerischen Wegs.

Nach dem Klimakongress in Würzburg haben Sie bei vielen kreativen Aktionen den Klimawandel und die dazu erforderlichen Anpassungsstrategien öffentlichkeitswirksam dargestellt. Das 25-jährige Jubiläum der Waldklimastationen passte ideal dazu. Unsere Leistungen und Kompetenzen haben wir auch beim Zentral-Landwirtschaftsfest, der Gartenschau, den Tagen der offenen Tür, beim Programm Erlebnis Bauernhof, an Aktions-tagen, Hoffesten und den Ernährungstagen der Bevölkerung eindrucksvoll präsentiert. Öffentliche Ausstellungen im Veranstaltungssaal des Ministeriums, etwa zur Demenz, zur Bioökonomie, zu LEADER oder mit Kunstwerken präsentieren unsere Arbeit auch der Gesellschaft.

Bei meinen diesjährigen Betriebsbesuchen habe ich mich vor Ort von der Vielfalt und Kreativität der bayerischen Landwirtschaft und den Menschen und damit letztlich auch vom Erfolg unserer Agrarpolitik, überzeugen können. Es hat sich dabei wieder bestä-tigt: Die Vielzahl und die Vielfalt unserer Land-, Ernährungs-, Forst- und Holzwirtschaft sind nicht unser Nachteil, sondern im Gegenteil unsere Stärke! Dies mit guten Beispie-len immer wieder der Öffentlichkeit zu vermitteln, sachliche Aufklärung zu leisten, für gegenseitiges Verständnis zu werben und ein konstruktiver Dialog sind und bleiben eine Daueraufgabe. Unsere erfolgreichen Info-Kurzfilme und der Kalender zu meiner Betriebsbereisung sind dabei weitere Mosaiksteine.

Im Jahr 2017 werden der Schutz des wichtigsten Lebensmittels „Wasser“ und das einzelbetriebliche Risikomanagement besonders in den Mittelpunkt rücken. Zudem begehen wir das Internationale Jahr des „Nachhaltigen Tourismus“. Insgesamt dürfen wir für 2017 optimistisch sein.

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,ich möchte mich bei Ihnen ganz herzlich für Ihr Engagement und Ihre Tatkraft im abge-laufenen Jahr bedanken. Genießen Sie die kommenden Feiertage im Kreise Ihrer Familie, Freunde und Bekannten. Erholen Sie sich gut und starten Sie frisch ins neue Jahr, damit wir wieder gemeinsam die Zukunft unserer Heimat positiv gestalten können.

HELMUT BrUNNEr BAYErISCHEr STAATSMINISTEr FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND ForSTEN

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Klimawandel im Marktfruchtbau Aktuelle Studie der Landesanstalt für Landwirtschaft bewertet Chancen und Risiken

von THOMAS FELBERMEIR: Die zu erwartende Klimaänderung bringt für das Ertragsgesche-hen im Marktfruchtbau sowohl Chancen als auch Risiken mit sich. Prognosen zur zukünftigen Entwicklung können auf Basis von Modellkalkulationen erstellt werden. Sie geben einen Ein-druck, wie sich die Bedingungen nach gegenwärtiger Einschätzung verändern werden. An-passungsmaßnahmen an den Klimawandel sind dazu geeignet, das Risiko von Erlösschwan-kungen zu reduzieren. Jedoch schmälern die damit verbundenen Kosten in der Regel die Rentabilität der Produktion. Bereits ein ausgewogenes Anbauverhältnis verschiedener Kultu-ren trägt zu einer spürbaren Verringerung von Erlösschwankungen bei.

Häufig wird der Klimawandel mit negativen Auswirkungen auf den Pflanzenbau in Verbindung gebracht. Vor allem wid-rige Bedingungen, wie die Dürre 2015 oder die Unwetter Ende Mai und Anfang Juni 2016, werden einer Veränderung des Klimas angelastet. Positive Entwicklungen, wie zum Bei-spiel die Verlängerung der Vegetationsperiode, treten nicht so deutlich in Erscheinung, obwohl sie einen relevanten An-teil am Ertragsgeschehen ausmachen.

Vor diesem Hintergrund lässt sich nur schwer vorhersa-gen, mit welchen Erträgen unter zukünftigen Klimabedin-gungen gerechnet werden kann und welche ökonomischen Konsequenzen sich daraus ableiten lassen. Bioökonomi-sche Modellansätze (siehe Infobox 1) stellen in diesem Zu-sammenhang ein hilfreiches Instrument dar, um Prognosen möglicher zukünftiger Szenarien zu erstellen. Eine aktuelle Studie am Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur (IBA) stellt Modellergebnisse der Jahre 1981 bis 2010 denen der Jahre 2020 bis 2049 gegenüber.

Veränderung relevanter KlimaparameterDie Tabelle beschreibt die Veränderung von für das Pflan-zenwachstum wichtigen Klimaparametern am Beispiel des Untersuchungsstandortes Bieswang in Mittelfranken. Die Ergebnisse beruhen auf dem statistischen regionalen Kli-mamodell WETTREG („wetterlagen-basierte Regionalisie-rungsmethode“).

Ausgehend von einem deutlichen Anstieg der CO2-Kon-zentration der Atmosphäre zeigt sich eine spürbare Erhö-hung der Jahresdurchschnittstemperatur. Dies schlägt sich in einer Verlängerung der Vegetationsperiode um gut drei Wochen sowie einer Abnahme kalter und einer Zunahme warmer Tage nieder. Im Jahresdurchschnitt verändern sich die Niederschläge kaum, während sie sich übers Jahr ge-sehen jedoch eher in den Winter hinein verschieben. Die Globalstrahlungssumme als Maßzahl der für die Ertragsbil-dung zur Verfügung stehenden Energie wird gering fügig größer.

KLIMAWANDEL

→ Tabelle: Veränderung klimatischer Kenngrößen am Untersuchungsstandort Bieswang in Mittelfranken

klimatische Kenngröße Beschreibung Einheit Zeitraum Änderung

1981 – 2010 2020 – 2049 absolut relativ

Kohlendioxidkonzentration [CO2] ppm 363 465 102 28 %

Durchschnittstemperatur TØ °C 8,7 10,1 1,4 17 %

Vegetationstage TØ >= 5°C d 240 262 22 9 %

Sommertage Tmax >= 25°C d 35 57 22 62 %

Heiße Tage Tmax >= 30°C d 6 16 10 160 %

Eistage Tmax < 0°C d 24 12 –12 –49 %

Frosttage Tmin < 0°C d 91 71 –20 –22 %

Niederschlagssumme ∑ (NS) mm 811 786 –25 –3 %

Globalstrahlungssumme ∑ (GS) kWh/m2 1125 1180 55 5 %

TØ: Tagesmittel der Temperatur, Tmax: Tagesmaximum der Temperatur, Tmin: Tagesminimum der Temperatur, ∑(NS): Niederschlagssumme, ∑(GS): Globalstrahlungssumme

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Auswirkungen auf NaturalerträgeAuf der Grundlage der beschriebenen Klimaparameter las-sen sich mit Hilfe sogenannter Pflanzenwachstumsmodelle die Erträge verschiedener Kulturpflanzen ermitteln. Insge-samt untersucht die Studie an sieben Standorten in Bay-ern die Ertragsentwicklung von Winterweizen, Silo- und Körnermais, Winter- und Sommergerste, Winterraps sowie Kartoffeln.

Abbildung 1 gibt einen Überblick über das Ertragsge-schehen am Standort Bieswang für den Referenzzeitraum in der Vergangenheit („V“, Jahre 1981-2010) und für den Re-ferenzzeitraum in der Zukunft („Z“, Jahre 2020-2049). Die Er-tragssimulation umfasst für jeden Zeitraum 300 Einzelwerte. Die Säulen beschreiben anhand des Mittelwertes das durch-schnittliche Ertragsniveau. Die Spannweite zwischen Mini-mum und Maximum sowie der Minimumwert an sich geben einen Hinweis auf das Ertragsrisiko, indem sie die Schwan-kungsbreite möglicher Erträge sowie das Auftreten niedri-ger Ertragswerte verdeutlichen.

Je nach Kultur ergeben sich unterschiedliche Tendenzen: Während sich beim Weizenertrag kaum eine Veränderung ausmachen lässt, steigt bei der Wintergerste der Ertrag an. Zudem nimmt bei beiden Kulturen das Ertragsrisiko ab, weil niedrige Werte seltener vorkommen. Anders stellt sich die Situation für die Sommergerste dar. Einerseits nimmt das durchschnittliche Ertragsniveau ab, andererseits steigt auch das Ertragsrisiko an, weil vor allem die Gefahr niedriger Er-träge zunimmt.

Dass sich die Ertragslage insgesamt betrachtet nicht dra-matisch verschlechtert, liegt unter anderem daran, dass die Modelle Landessortenversuchsstandorte als Datengrund-lage nutzen. Dabei handelt es sich in der Regel um frucht-bare Ackerstandorte mit hoher Wasserspeicherfähigkeit.

Unter dieser Voraussetzung halten die positiven Wirkungen der Klimaänderung (z. B. Verlängerung der Vegetationsperi-ode, CO2-Düngungseffekt, siehe Infobox 2) den negativen die Waage (z. B. Zunahme von Hitzestress). Auf Standorten mit schwächeren Bodenprofilen führen die Ertragsmodellierun-gen zu ungünstigeren Ertragsentwicklungen.

Bei der kritischen Übertragung der vorgestellten Simu-lationsergebnisse auf reale Gegebenheiten gilt es zu be-denken, dass Modelle ein vereinfachtes Abbild der Realität darstellen. Im vorliegenden Fall bleiben zum Beispiel Ein-flüsse wie der (züchterische) technische Fortschritt außen vor. Jedoch ermöglicht die Reduzierung auf das Wesentli-che, dass effizient verschiedene Szenarien betrachtet wer-den können. So lassen sich aus dem komplexen Wirkungs-geflecht der relevanten Klimafaktoren und ihrer vielfältigen Wechselbeziehungen die resultierenden Ertragseffekte ab-leiten.

In der Tendenz profitieren Winterungen von der Klimaänderung, wohingegen Sommerungen eher das Nachsehen haben.

Letztendlich weisen die Ergebnisse am Standort Bies-wang auf Entwicklungen hin, die sich auch an den an-deren Untersuchungsstandorten andeuten: Mit Blick auf Ertragsniveau und -risiko profitieren in der Regel eher die Winterungen von der Klimaänderung, weniger dagegen die Sommerungen. Findet keine Anpassung der Bewirtschaf-tung statt (zum Beispiel Anpassung der Aussaattermine),

→ Abbildung 1: Naturalertrag (Mittelwert sowie Minimum und

Maximum) der am Standort Bieswang untersuchten Kulturen in den

Referenzzeiträumen Vergangenheit („V“) und Zukunft („Z“)

82 8091

103

55 51

0

40

80

120

160

V Z V Z V Z

Winterweizen Wintergerste Sommergerste

Ertr

ag [d

t / h

a]

Zur Abschätzung möglicher Klimafolgen für den Markt-fruchtbau kommen sogenannte bioökonomische Modell-ansätze zum Einsatz. Diese bestehen aus einer Abfolge auf-einander aufbauender Modelle. Den Ausgangspunkt bilden Daten aus Klimamodellen. Biophysikalische Pflan-zenwachstumsmodelle, die das System Atmosphäre – Pflanze – Boden abbilden, nutzen die Klimadaten für sogenannte Ertragssimulationen. Sie bilden wiederum die Grundlage für ökonomische Folgenabschätzungen. Um die Auswirkungen der Klimaänderung einordnen zu können, wird die Modellkette einmal mit Klimamodelldaten aus der Vergangenheit und einmal mit Klimamodelldaten aus der Zukunft gerechnet. Aus dem Vergleich der Ergebnisse der einzelnen Modelle werden die Klimaänderung und ihre Folgen ersichtlich.

Infobox 1: Bioökonomische Modellansätze

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drohen insbesondere bei den Sommerungen Ertrags-rückgänge. Vor allem Stand-orte mit geringer Wasser-speicherkapazität haben mit den Auswirkungen der Klimaänderung zu kämpfen.

Ökonomische Konse-quenzenBezieht man den Marktpreis der Kulturen in die Betrach-tung mit ein, so lassen sich die Erlöse der Produktions-verfahren ermitteln. Da über Marktpreise im relevanten Zukunftszeitraum nur spe-kuliert werden kann, wur-den für die Untersuchung Preise der vergangenen zehn Jahre als Referenz he-rangezogen. Unter der An-nahme, dass alle in der Ver-gangenheit aufgetretenen Preise auch in der Zukunft gleich wahrscheinlich sind, wurden nach dem Zufallsprinzip Preise ermittelt.

Ausgehend vom Erlös der Produktionsverfahren un-tersucht die Studie, inwieweit sich die Durchführung von Bewässerungsmaßnahmen bzw. der Abschluss einer Er-tragsversicherung zur Reduzierung von Erlösschwankun-gen bzw. des Produktionsrisikos eignen. Als Zielgröße wird die „anpassungskostenfreie Leistung“ (akfL) als Saldo aus

Erlös und den Kosten, die für die Anpassungsmaßnahme anfallen, definiert. Im Falle der Bewässerung umfassen die Kosten die fixen und variablen Kosten beim Einsatz einer Trommelberegnung mit Einzelregner. In Abhängigkeit von Anzahl und Höhe der Bewässerungsgaben ergeben sich Kosten zwischen rund 170 und 360 €/ha. Die Kosten der Versicherung ergeben sich aus der zu zahlenden Prämie, die sich aus dem Erwartungswert der Schadenersatzleistung sowie einem Aufschlag der Versicherung zusammensetzt. Im Mittel der Jahre belaufen sich die Prämienzahlungen auf rund 48 €/ha.

Abbildung 2 gibt einen Überblick über die anpassungs-kostenfreie Leistung der Kulturen am Untersuchungsstand-ort Bieswang. Die Veränderung des Erlöses zwischen den Referenzzeiträumen der Vergangenheit („V“, Jahre 1981-2010) und der Zukunft („Z“, Jahre 2020-2049) folgt im We-sentlichen der Ertragsentwicklung der Kulturen. Eine Ver-besserung der durchschnittlichen Erlössituation stellt sich bei der Wintergerste ein. Beim Winterweizen ergeben sich kaum Veränderungen. Die nachteiligste Entwicklung zeigt die Sommergerste.

Die Untersuchungsszenarien mit Bewässerung („ZB“) bzw. mit Versicherung („ZV“) führen stets zu einer Schmä-lerung des Erlöses im Vergleich zur Situation ohne Anpas-sungsmaßnahmen („Z“). Insbesondere die hohen Fixkosten der Bewässerung tragen dazu bei, dass diese Maßnahme nicht nur nicht wirtschaftlich ist, sondern in der Regel das

Ein Einflussfaktor, der wesentlichen Anteil daran hat, ob die Erträge in Zukunft eher zu- oder abnehmen, ist der sogenannte CO2-Effekt. Dahinter verbirgt sich das Anstei-gen des Kohlendioxidgehaltes in der Atmosphäre. Für das Pflanzenwachstum führt dies zu einer verbesserten Kohlenstoffversorgung, also gleichsam zu einer Kohlen-dioxiddüngung (direkter CO2-Effekt). Gleichzeitig verbes-sert sich auch die Wassernutzungseffizienz der Pflanzen, da bei erhöhter CO2-Konzentration der Gasaustausch über die Stomata mit geringeren Wasserverlusten einhergeht (indirekter CO2-Effekt). In welchem Ausmaß diese Effekte tatsächlich in der Praxis zum Tragen kommen, ist Gegen-stand aktueller Forschungsarbeiten (z. B. FACE-Versuche) und noch nicht abschließend geklärt.

Infobox 2: CO2-Düngungseffekt

→ Abbildung 2: Anpassungskostenfreie Leistung (Mittelwert sowie Minimum und Maximum) am Standort

Bieswang im Vergleich der Untersuchungsszenarien „V“ (Vergangenheit), „Z“ (Zukunft), „ZB“ (Zukunft mit

Bewässerung) und „ZV“ (Zukunft mit Versicherung). Das Anbauverhältnis spiegelt eine Gewichtung der

Einzelkulturen wider (55 Prozent Winterweizen, 40 Prozent Wintergerste, 5 Prozent Sommergerste)

1 316 1 314

1 130

1 305 1 331

1 5281 414

1 513

803749

650746

1 2961 371

1 220

1 360

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500

1 000

1 500

2 000

2 500

3 000

V Z ZB ZV V Z ZB ZV V Z ZB ZV V Z ZB ZV

Winterweizen Wintergerste Sommergerste Anbauverhältnis

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Risiko schlechter Betriebsergebnisse sogar noch verstärkt. Unter dem Aspekt der Risikoreduzierung erweist sich die Versicherung als die effizientere Anpassungsmaßnahme. Da im Modell sowohl die Witterungsbedingungen als auch die realisierten Erträge und Preise bekannt sind, gelingt es sehr gut, extrem negative Ergebnisse zu verhindern. Dennoch geht dies im Schnitt der Jahre zu Lasten der Rentabilität, weil die Versicherung stets mit Kosten in Höhe der jährlichen Prämienzahlung verbunden ist.

Gegenüber der Betrachtung der Einzelkulturen zeigt der Blick auf das Anbauverhältnis der Kulturen einen Rückgang schlechter Ergebnisse. Aus dem räumlichen Nebeneinander der Kulturen resultiert ein Risikoausgleich, da sich dieselbe Witterungskonstellation bei verschiedenen Kulturen unter-schiedlich auf das Wachstumsverhalten und die Ertragsbil-dung auswirkt. Letztendlich wird der Risikoausgleich jedoch

mit einem Verzicht auf besonders hohe Erlöse „erkauft“, je nachdem in welchem Umfang wettbewerbsstarke Kulturen im Anbau eingeschränkt werden.

THOMAS FELBERMEIR bis 15. August 2016 BAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr BETrIEBSWIrTSCHAFT UND [email protected]

ANSPrECHPArTNEr AN DEr LFLROBERT SCHÄ[email protected]

„Schau mal, hier kannst du den Duft sehen … wenn du da drauf drückst, kommt der Duft raus“, riefen kleine und große „Forscher“ begeistert beim Anblick der Lavendelblüten unter dem Licht-mikroskop im Pavillon des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Er wan-delte sich vom 9. bis 11. September zur Pilgerstätte für Besucher der Landes-gartenschau in Bayreuth. Die dreitägige Sonderausstellung „Pflanzendüfte riechen, fühlen, schmecken – hautnah erleben“ zog über 6 000 begeisterte Besucher an.

Die Arbeitsgruppe Heil- und Gewürz-pflanzen am Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Landesan-stalt für Landwirtschaft (LfL) in Frei-sing hatte sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Mit spezieller Licht-technik wurden ätherische Öltropfen zu leuchtenden Sternen auf der Blatt-oberfläche der Aromapflanzen erhellt. Bei guter Stimmung und mit sinnlichen Düften erfüllter Luft prüften die geschul-ten „Nasen“ unverfälschte, direktdestil-lierte, ätherische Öle aus der transpa-renten Wasserdampf-Destille der LfL.

Düfte hautnah erleben – Sonderausstellung „Pflanzendüfte“ begeistert auf der LaGa in Bayreuth

Gut kamen auch die Exper-tengespräche über natür-liche Aromen in der Küche und die Zusammenhänge und Hintergründe genuiner, authentischer, natürlicher und naturidentischer Düfte heimi-scher Aromapflanzen an. Ihre Bedeutung für die Gesundheit weckte Interesse bei den Be-suchern. Als Belohnung gab es für sie noch einen erfrischen-den Tropfen frisch destillier-ten Pfefferminzöls mit auf den Weg durch die Gartenschau.

Der Einsatz auf der Landes-gartenschau brachte viele neue Eindrücke und nütz-lichen Anregungen für die Akteure Rudolf Rinder (LfL) und Babette Menz (Landes-anstalt für Weinbau und Gartenbau) und positive Außenwirkung für die land-wirtschaftliche Forschung.

Rudolf Rinder, LfL→ Volles Haus an den Aromatagen

(alle Fotos: Rudolf Rinder/Babette Menz)

→ Destillation ätherischer Öle mit Rudolf Rinder

→ Stereomikroskop mit Babette Menz

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Berechnungsstandard für einzelbetriebliche KlimagasbilanzenArbeitsgruppe einigt sich auf Standard zur Treibhausgasbilanzierung in landwirtschaftlichen Betrieben

von DR. MATHIAS EFFENBERGER und BIANCA ZERHUSEN: Klarheit, Transparenz und Ver-gleichbarkeit bei der Berechnung betrieblicher Klimagasbilanzen – darum ging es der bun-desweiten Arbeitsgruppe, die sich im November 2012 gründete. Die Fachleute verschiedener Institutionen, die bereits Erfahrung in der Klimabilanzierung landwirtschaftlicher Betriebe mitbrachten, veröffentlichten nach zahlreichen Sitzungen und intensiven Diskussionen im Oktober 2016 einen gemeinsamen Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimabilan-zen – BEK. Mit dem BEK sollen betriebliche Treibhausgasbilanzen in der Landwirtschaft trans-parenter und besser vergleichbar werden.

Landwirtschaftliche Betriebe müssen sich heutzutage im-mer stärker mit Nachhaltigkeitsfragen auseinandersetzen. Die Bewirtschaftungsintensität ist deutlich gestiegen, und es gilt eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Als alles überschattendes Problem aus globaler Sicht erscheint der Klimawandel und dessen mögliche weitreichende Aus-wirkungen auf die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist in Sachen Klimawandel sowohl Opfer als auch Täter. Am deutschen Treibhausgas (THG)-Inventar hat die landwirt-schaftliche Produktion einen Anteil von sieben Prozent, un-ter Berücksichtigung der Emissionen aus der Landnutzung vor allem organischer Böden sind es 14 Prozent [1]. Anders sieht dies in Ländern aus, in denen der landwirtschaftliche Sektor dominiert. Beispielsweise beträgt der Anteil der Treib-hausgasemissionen aus der Landwirtschaft (ohne Landnut-zungsänderung) in Brasilien ca. 48 Prozent, in Argentinien 44 Prozent oder in Costa Rica 38 Prozent [2].

Rolle der Landwirtschaft für den KlimaschutzIm Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD für die 18. Legis-laturperiode des Deutschen Bundestages formulierten die Regierungsparteien das Ziel, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu verringern [3]. Um dies zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen aus Energiebereitstellung und Verkehr auf null gesenkt und die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft in etwa hal-biert werden [4]. Hierfür wird es notwendig sein, alle tech-nisch machbaren und ökonomisch vertretbaren Optionen zu nutzen.

Landwirtschaftliche Produktionssysteme sind komplex, so dass es sehr aufwendig ist, dafür Treibhaus- bzw. Kli-magasbilanzen zu erstellen. Es erfordert viel „Know-how“, diese zu interpretieren. Verschiedene methodische Ansätze und Berechnungsgrundlagen für die Bilanzierung und Be-wertung der Emissionen können hierbei zu unterschied-lichen Schlussfolgerungen führen. Diese Situation spiegelt sich in einer Vielzahl sogenannter „Treibhausgasrechner“ wider, mit denen die THG-Emissionen einzelner landwirt-schaftlicher Betriebe und/oder Produkte abgeschätzt wer-den können. Das Angebot reicht von einfachen Anwen-dungen zur Bewusstseinsbildung bis hin zu komplexen Betriebsmodellen, mit denen Optionen für die Verringe-rung der THG-Emissionen bewertet werden können [5]. Vor diesem Hintergrund bildete sich im Nachgang zur Tagung des bundesweiten Arbeitsforums Treibhausgas-bilanzen und Klimaschutz in der Landwirtschaft im Jahr 2012 auf Initiative von Ansgar Lasar, Klimaschutzberater bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, eine Ar-beitsgruppe zur einzelbetrieblichen THG-Bilanzierung in der Landwirtschaft.

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→ Bild 1: Treffen der Arbeitsgruppe und praktische Anwendung des BEK

am Legehennen-Betrieb von Jan Eilers (Foto: Ansgar Lasar)

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Die BEK-ArbeitsgruppeDas erste Treffen der Arbeitsgruppe fand im November 2012 bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen am Stand-ort Oldenburg statt. Als Ziele für die Arbeit der Gruppe wur-den der Informationsaustausch über bereits existierende „Treibhausgasrechner“ und die Entwicklung gemeinsamer Berechnungsstandards formuliert. Ständige Mitglieder der Arbeitsgruppe sind Vertreter(innen) folgender Institutionen in Deutschland:

→ Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft → Bodensee-Stiftung → Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Land-

wirtschaft → Landwirtschaftskammer Niedersachsen → Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen → Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim → Technische Universität München → Thünen-Institut → Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft → Verband der Landwirtschaftlichen Untersuchungs-

und Forschungsanstalten

In den Jahren 2012 bis 2015 traf sich die Arbeitsgruppe mehrmals jährlich in den verschiedenen beteiligten Insti-tutionen und führte zusätzliche Telefonkonferenzen durch. Es wurde intensiv über Quellen und Senken von Treibhaus-gasen, Berechnungsmethoden, Emissionsfaktoren, Allokati-onsfragen für Nebenprodukte und Betriebszweige und die Verfügbarkeit von Praxisdaten diskutiert. Im Hinblick auf die Klimaschutzberatung herrschte in der Arbeitsgruppe schnell Einigkeit, dass der Bilanzierungsaufwand nicht zu groß sein dürfe. Ansonsten könnte die Thematik in der Praxis auf ge-ringe Akzeptanz stoßen. Es musste also ein möglichst einfa-

ches Berechnungsschema erarbeitet werden, das dennoch detailliert genug ist, um treffsichere Beratungsempfehlun-gen ableiten zu können.

Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimagasbilanzen (BEK)Im Frühjahr 2016 konnte die erste vollständige Version des BEK abgeschlossen werden. Mit dem BEK schlägt die bun-desweite Arbeitsgruppe einen Standard für das methodi-sche Vorgehen bei der Berechnung von THG-Bilanzen für landwirtschaftliche Produkte auf Betriebsebene einschließ-lich der dabei zu verwendenden Emissionsfaktoren und Pa-rameter vor. Der Berechnungsstandard besteht aus folgen-den drei Teilen:

→ BEK-Handbuch: Beschreibung der Systematik sowie Anleitungen zum Gebrauch der Parameterdatei und der Berechnungsbeispiele

→ BEK-Parameterdatei: Tabellen mit allen Emissions-faktoren und Begleitwerten

→ BEK-Berechnungsbeispiele: Tabellenblätter mit Be-rechnungsbeispielen für produktbezogene THG-Bi-lanzen

Nach der Systematik des BEK werden die THG-Emissionen bei der Erzeugung eines landwirtschaftlichen Produktes als Summe aus dem „THG-Rucksack“ der eingesetzten Be-triebsmittel und den THG-Emissionen aus Umsetzungspro-zessen im Betrieb berechnet. Der landwirtschaftliche Be-trieb wird hierbei in die drei Betriebszweige Pflanzenbau, Tierhaltung und Energiegewinnung (Vergärung von Wirt-schaftsdüngern und Energiepflanzen zu Biogas) gegliedert (siehe Abbildung 1). Diese Trennung in Betriebszweige soll es erleichtern, einzelbetriebliche Potenziale zur Verbesse-

rung der Treibhausgasbilanz zu lokalisieren.

Erfahrungen aus der Praxis der Klimaschutzbe-ratung zeigen, dass Land-wirte für den Klimaschutz grundsätzlich aufgeschlos-sen sind. Maßnahmen zur Minderung der THG-Emissi-onen sind nicht nur oftmals kostengünstiger als erwar-tet, sondern können sogar betriebswirtschaftlich luk-rativ sein. Allerdings sind die Maßnahmen im Einzelnen so vielfältig wie die landwirt-schaftlichen Betriebe selbst. → Abbildung 1: Systematik der Treibhausgas-Bilanzierung nach dem BEK (Quelle: BEK-Handbuch)

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Ein sinnvolles Konzept zur Emissionsminderung kann daher nur in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsleiter erstellt werden. Die betriebliche Klimabilanz zeigt die wichtigsten Stellschrauben für eine klimaschonende Produktion auf.

Mit den Hilfsmitteln des BEK können Berater oder land-wirtschaftliche Unternehmer Klimagasbilanzen erstellen. Alternativ können sie eigene Anwendungen nach dem BEK entwickeln bzw. mit diesem abgleichen. Auf diese Weise sollen die Berechnungen einzelbetrieblicher THG-Bilanzen transparenter und besser vergleichbar werden. Es ist der Wunsch der BEK-Arbeitsgruppe, dass hierdurch die Quali-tät und Akzeptanz der Klimaschutzberatung für die land-wirtschaftliche Praxis verbessert werden.

Der BEK steht auf den Webseiten des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. für nicht-gewerbliche Zwecke kostenfrei zur Verfügung: https://www.ktbl.de/inhalte/ausgewaehlte-projekte/klimagasbi-lanzen/. Die Inhalte werden jährlich auf Aktualität geprüft. Nähere Auskünfte erteilen die Autoren sowie alle weiteren Mitglieder der BEK-Arbeitsgruppe. Gewerbliche Nutzer kön-nen eine Microsoft®Excel-Anwendung nach dem Berech-nungsstandard bei der Landwirtschaftskammer Niedersach-sen erwerben (Kontakt: [email protected]).

Literatur[1] UMWELTBUNDESAMT (UBA) (Hrsg.): Berichterstattung

unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Na-tionen und dem Kyoto-Protokoll 2014: Nationaler In-ventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar 1990 – 2012. Dessau-Roßlau: 2014, 963 S.

[2] UNITED NATIONS FRAMEWORK CONVENTION ON CLI-MATE CHANGE (UNFCCC): GHG Emission Profiles. [http://unfccc.int/ghg_data/ghg_data_unfccc/ghg_profiles/items/3954.php] Zugriff: 08.08.2016

[3] CHRISTLICH-DEMOKRATISCHE UNION (CDU); Christ-lich-Soziale Union (CSU); Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) (Hrsg.): Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. 18. Legislaturperiode des Dt. Bundestags. Ber-lin: 2013, 185 S.

[4] ALBERT, R.; ANGRICK, M.; BADE, M.; BALZER, F.; BERTRAM, A. et al.: Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung – Diskussionsbeitrag des Umweltbundesamtes. Um-weltbundesamt (UBA), Dessau-Roßlau, 2016 [https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/klima-schutzplan-2050-der-bundesregierung]

[5] KÄTSCH, S.; OSTERBURG, B.: Treibhausgasrechner in der Landwirtschaft – Erfahrungen und Perspektiven. Landbauforschung 66(2016), 1: 29-44 [http://litera-tur.ti.bund.de/digbib_extern/dn056445.pdf]

DR. MATHIAS EFFENBERGER BIANCA ZERHUSEN BAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr LANDTECHNIK UND TIErHALTUNG ArBEITSGrUPPE TECHNIKFoLGENABSCHÄ[email protected] [email protected]

Die Abschlusstagung des Forschungspro-jektes „ExpRessBio“ am 7. und 8. Dezember 2016 in München im Bayerischen Staats-ministerium für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten bietet praxis relevante Ergebnisse aus der ökologischen und ökonomischen Bewertung von Agrar- und Forst-Rohstoffen. Experten aus den Berei-chen Treibhausgas-Bilanzierung, Ökono-mie, Forst- und Holzwirtschaft, Landwirt-schaft, Biogas und Biokraftstoffe stehen Rede und Antwort.

ExpRessBio – Klima- und Ressourcenschutz in der bayerischen Land- und Forstwirtschaft

Ziel des Projektes „ExpRessBio“ ist es, Treibhausgasemissionen von Rohstoffen aus der bayerischen land- und forstwirt-schaftlichen Produktion zu analysieren und das Einsparungspotenzial durch Op-timierung der Produktion und durch effi-ziente Nutzung vorhandener Ressourcen aufzuzeigen. Auf Basis dieser Ergebnisse werden Handlungsempfehlungen für Produzenten, Verbraucher und Entschei-dungsträger erarbeitet.

Weitere Informationen und Anmeldung unter www.tfz.bayern.de/nachhaltig-keit/140218/index.php

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Nahwärmenetze für die Zukunft rüsten Ein Beispiel der M & M Wärmeservice GmbH in Oettingen

von JAN RÖGER und MATTHIAS LECHNER: Die Stadt Oettingen ersetzte 2013 die beste-hende Mittelschule durch einen Neubau und musste in diesem Zuge eine regenerative Ge-bäudeheizung nachweisen. Das Ergebnis war die Gründung der M & M Wärmeservice GmbH und ein wohl in dieser Weise einzigartiges Wärmekonzept. Von der Heizzentrale bis hin zur Wärmeübergabestation beim Kunden stechen Besonderheiten gegenüber anderen Wärme-netzen ins Auge. Die intelligente Steuerung und Vernetzung der Anlagentechnik runden das Konzept ab.

Im August 2014 hat die M&M Wärmeservice GmbH ein zu-kunftsträchtiges Wärmenetz in Oettingen in Betrieb genom-men. Seitdem werden die Mittelschule, die Turnhalle, das Rathaus und elf weitere Privatkunden mit Wärme versorgt.

Das Konzept: Biogas und Solar Die Wärmebereitstellung von ca. 900 Megawattstunden (MWh) thermischer Energie pro Jahr (entspricht jährlich 90 000 Liter Heizöl) ist ein Zusammenspiel verschiedener Technologien. Den größten Teil übernimmt ein Blockheiz-kraftwerk (BHKW) mit einer elektrischen Leistung von 360 Kilowatt (kW) und einer thermischen Leistung von 380 kW. Der Verbrennungsmotor läuft mit Biomethan aus einer re-gionalen Biogasanlage und versorgt mit der entstehenden Wärme das Wärmenetz. Der erzeugte Strom wird in das öf-fentliche Netz eingespeist. Darüber hinaus wandelt ein Pow-er-to-Heat-Modul mit einer elektrischen Leistung von 500 kW negative Regelenergie in nutzbare Wärme um. Vor kurzem wurde eine Solarthermieanlage mit 100 Quadratmeter als sommerliche Unterstützung für das Wärmenetz in Betrieb genommen. Die durchschnittliche Heizleistung beträgt bei Sonnenschein 60 bis 70 kW. Das Dach ist zwar vollständig belegt, dennoch kann es ohne Demontage der Solaranlage geöffnet werden für einen BHKW-Tausch oder eine Erwei-terung. Zur Absicherung der Wärmeversorgung ist ein 560 kW Gaskessel installiert. Er stellt pro Jahr ca. 10 MWh Wärme bei einem Gasverbrauch von ungefähr 12 MWh bereit (ent-spricht jährlich 1 200 Liter Heizöl). In der Heizzentrale stehen vier Zentralspeicher mit je einem Volumen von 27 Kubikme-ter, bei den privaten Wärmeabnehmern dezentrale Puffer mit je einem Kubikmeter und in den öffentlichen Gebäuden wei-tere mit je vier Kubikmeter. Daneben sind Druckhalte- und Pumpstation wesentliche Bestandteile der Heizzentrale. Die Druckhaltestation gleicht die Wasserausdehnung des Hei-zungswassers aus, füllt Wasser nach und entfernt Sauerstoff

zum Schutz vor Korrosion. Die Pumpstation besteht aus einer Nassläuferpumpe und einer mehrstufigen Kreiselpumpe. Ihr Zusammenspiel steigert die Effizienz der Pumpen im Netz.

Gebäude und SchallschutzDas Betriebsgebäude wirkt unspektakulär und nicht wie ein Heizkraftwerk (Bild 1), vor allem weil die Zu- und Abluft-Ka-näle sich von außen nicht erkennbar unter der Holzfassade befinden. Auf dem Dach erzeugt eine Photovoltaik-Anlage Strom mit einer Nennleistung von 18 kWp bei einer Eigen-verbrauchsquote von ca. 25 Prozent. Die Strombezugs-kosten sind entsprechend niedriger. In Summe liegt der Eigenstrombedarf des Heizkraftwerks bei circa 15 000 Kilo-wattstunden (kWh) pro Jahr.

Auf den Schallschutz wurde besonderer Wert gelegt. Das Gebäude befindet sich ca. einen Meter im Erdreich, der lär-mintensive BHKW-Raum in der Mitte des Gebäudes. Damit grenzen an drei Wände jeweils ein weiterer Raum als Schall-schutz und an die vierte ein Erdwall. Auch eine gedämmte

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→ Bild 1: Das Betriebsgelände der M&M Wärmeservice GmbH

(Foto: M&M Wäremeservice GmbH)

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Schallschutzkapsel um das BHKW reduziert den Lärm. Au-ßerdem sind die Zu- und Abluftkanäle aus schweren Kalk-sandstein und Schalldämmplatten sowie um Ecken geführt. Das verringert den Lärmpegel ebenso wie drei Meter tiefe Schalldämmkulissen.

Wärmenetz und Wärmeübergabe am GebäudeDie Wärmeleitung ist circa 1,4 Kilometer lang mit einer Vor- bzw. Rücklauftemperatur von 80 °C bzw. 42 °C. Die dezent-ralen Übergabestationen beim Wärmeabnehmer bestehen aus einer Frischwasserstation zur hygienischen Trinkwasse-raufbereitung und den dezentralen Pufferspeichern (siehe Bild 2). Dieser bietet einen Wärmevorrat im Gebäude und trennt gleichzeitig Wärmenetz und Hausheizungssystem. Durch den Wärmevorrat der dezentralen Pufferspeicher las-sen sich auftretende Spitzenlasten beim Wärmeabnehmer glätten und entsprechend hohe Leistungen vom Heizkraft-werk vermeiden. Die dezentralen Speicher sind innen mit einem Glattrohrwärmetauscher ausgestattet, der komplett von oben nach unten verläuft. Dadurch wird eine gute Was-serschichtung mit effektiver Wärmeübergabe erreicht.

Minimierung der WärmeverlusteDie Dimensionierung eines Wärmenetzes erfordert eine genaue Abschätzung der vorhandenen Situation. Für die Rohrleitungsdurchmesser gilt: so groß wie nötig und so klein wie möglich. Lastspitzen, die oft zu einer Überdimen-sionierung führen, können durch das intelligente Zusam-menspiel von Steuerung und dezentralen Pufferspeichern teilweise geglättet werden. Abgesehen von bewusst über-dimensionierten Netzen entstehen durch zu große Rohr-leitungen unnötig hohe Wärmeverluste und damit auch höhere Betriebskosten. Neben dem Durchmesser nimmt vor allem die Isolierung der Rohrleitungen entscheiden-den Einfluss auf die Wärmeverluste. In Oettingen wurden daher Stahl- und PEX-Kunststoff-Leitungen mit jeweils ver-stärkter Isolierung verbaut. Grundsätzlich führt eine hohe Wärmebelegungsdichte, dem Quotient aus der gelieferten Wärmemenge pro Jahr und der Trassenlänge, zu einer pro-zentualen Minimierung der Wärmeverluste und zu einer besseren Verteilung der Investitionskosten pro abgenom-mener Wärme. Die M&M Wärmeservice GmbH hat in Oet-tingen eine relativ gute Wärmebelegungsdichte von 640 Kilowattstunden je Meter Trasse. Physikalisch bedingt füh-ren höhere Temperaturunterschiede zwischen Umgebung und Transportmedium auch zu höheren Wärmeübergängen bzw. Verlusten. Deshalb wird das Netz mit möglichst niedri-gen Vor- und Rücklauftemperaturen betrieben. So wird z. B. speziell in den Sommermonaten die Vorlauftemperatur im Netz auf unter 60 °C abgesenkt. Vorlauftemperaturen von unter 60 °C sind jedoch aufgrund von Hygienevorschriften (Legionellengefahr) nur möglich, wenn die Abnehmer über

eine Frischwasserstation zur Trinkwasserbereitung verfü-gen. Die äußerst niedrigen Rücklauftemperaturen von 42 °C im Netz werden durch eine bedarfsgerechte Steu-erung der Pumpenleistung und einen hydraulischen Abgleich des Heizsystems der Abnehmer erreicht. Dies stellt sicher, dass die Überga-bestationen der Abnehmer das Heizwasser mit niedri-gen Temperaturen in den Rücklauf des Wärmenetzes zurückspeisen. Die richtige Steuerung kann ebenso die Wärmeverluste im Netz sen-ken. Während Nahwärme-netze im ländlichen Raum nicht selten Wärmeverluste von über 25 Prozent aufwei-sen, konnten die beschriebenen Maßnahmen den Wärme-verlust im Nahwärmenetz Oettingen auf 8,7 Prozent senken.

Intelligente Steuerung Die Steuerung mit der dazugehörigen Software ist in drei Be-reiche aufgebaut: visualisieren, archivieren und steuern. Die Grundlage für die Steuerung in Oettingen bildet ein Glasfa-sernetz, das gleichzeitig mit der Wärmeleitung verlegt wurde. Es sorgt für einen schnellen Datenaustausch zwischen der Heizzentrale und den Übergabestationen im jeweiligen Ge-bäude. Die daraus resultierende Visualisierung im Betriebsge-bäude am Computer, auf dem Tablet oder dem Smartphone ermöglicht es, jeden relevanten Parameter im System ein-zusehen und zu verändern. Jeder Beteiligte hat Kompeten-zen für den Zugriff auf die für ihn relevanten Daten. Dadurch können Fehler sofort erkannt und per Fernwartung behoben werden. Zudem werden alle erfassten Daten auf einem zent-ralen Messwertserver archiviert und stehen somit dauerhaft zur Verfügung, z. B. bei der Erstellung von Abrechnungen.

Eine Standardsteuerung fordert bei einem leeren Puffer-speicher eine sofortige Wiederbeladung ohne die umliegen-den Gegebenheiten mit einzubeziehen. Im Nahwärmenetz Oettingen wird stattdessen nicht ein einzelner Pufferspei-cher geladen, sondern gleich der komplette Wärmestrang mit allen angeschlossenen Wärmeabnehmern, um anschlie-ßend diesen Teil des Wärmenetzes auszukoppeln. Dies ist so-lange der Fall, bis der erste Wärmeanschluss im Strang wie-der Wärmeenergie anfordert. Diese Betriebsweise wirkt sich positiv auf den Eigenstromverbrauch und die Wärmever-luste aus. Neben der beschriebenen Strangsteuerung sorgt

→ Bild 2: Hausübergabestation als

gleichzeitiger Pufferspeicher mit

Rohrwendelwärmetauscher und

außenliegender Frischwasser-

station (Foto: AELF Nördlingen)

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die Steuerungssoftware für ein optimales Zusammenspiel der Wärmeerzeuger. Für eine möglichst genaue Abschät-zung des Wärmebedarfs der nächsten Tage greift eine Soft-ware auf die archivierten Daten aus der Steuerung zurück. Der hinterlegte Trendrechner analysiert den Wärmebedarf zurückliegender Tage und berechnet über entsprechende Algorithmen den zu erwartenden Wärmebedarf. Allerdings hat der Heizkraftwerksbetreuer jederzeit die Möglichkeit Pa-rameter zu verändern und optimal auf den Wärmebedarf bzw. die flexible Stromerzeugung einzustellen. Mithilfe die-ses Trendrechners kann der Einsatz des Spitzenlastkessels im Netz der M& M Wärmeservice GmbH minimiert werden (siehe Abbildung 1). Die Spitzenlast von bis zu 900 KW Wärme wird im Winter vor allem dann abgerufen, wenn die öffent-lichen Gebäude aus der Nachtabsenkung kommen und in den Heizbetrieb übergehen. Dann wird ein früherer Start des BHKWs veranlasst, um die zentralen Pufferspeicher zu laden. Bei Beginn der Aufheizphase läuft das BHKW dann bereits unter Volllast und kann sofort Wärme liefern, während die zusätzlich benötigte Wärme aus den vollen Pufferspeichern bezogen wird. Erst wenn diese immer noch nicht ausreicht, startet automatisch der Gaskessel.

Bedarfsorientierte StromproduktionDer Strom von M&M Wärmeservice wird an der Strom-börse in Leipzig vermarktet. Dort schwankt der Strompreis tag- und stundenabhängig. Durch die Kombination einer intelligenten Steuerung in Verbindung mit ausreichend Pufferspeicher besteht die Chance, den Strom zu Hoch-preisphasen an der Strombörse zu erzeugen und über ent-sprechende Direktvermarkter zu verkaufen. Hierzu wird von der M&M Wärmeservice nur vorgegeben, wann sie welche BHKW-Laufzeit benötigt, um die Wärmeversorgung mög-lichst ohne Einsatz des Gaskessels zu decken. Die restliche Steuerung des BHKW übernimmt der Direktvermarkter. Je nach Fahrplan des Wärmenetzes werden zusätzlich positive

und negative Sekundärregelleistung angeboten. Für weitere negative Rege-lenergie steht das Power to Heat-Mo-dul zur Verfügung. Dessen Abrufhäu-figkeit und -dauer ist jedoch nicht planbar, wodurch die produzierte Wär-meenergiemenge nicht kalkulierbar ins Wärmenetz eingespeist wird. Für Regeldienstleistungen dieser Art muss kein Leistungspreis an den Energiever-sorger gezahlt werden. Voraussetzung dafür ist der Nachweis, dass es sich bei der großen Leistungsabnahme um Re-gelenergie handelt. So können durch die beschriebene Direktvermarktung an der Strombörse und der Bereitstel-lung von Regelenergie in gewissem

Rahmen Zusatzerlöse generiert werden.

Geplante OptimierungsmöglichkeitenChancen zur Optimierung des Wärmenetzes Oettingen se-hen die Verantwortlichen vor allem in der Weiterentwick-lung der Steuerungssoftware. Der Trendrechner wird in na-her Zukunft die Daten des Deutschen Wetterdienstes mit in die Bedarfsprognosen einbeziehen. Vor allem bei wet-terabhängiger Wärmeproduktion über die Solarthermie ist dies ein entscheidender Faktor zur genaueren Berechnung des prognostizierten Wärmebedarfs. Auch die Laufzeit des BHKW soll optimiert werden, um möglichst hohe Erlöse an der Strombörse zu erzielen. In der flexiblen Fahrweise ist des Öfteren die zentrale Speicherkapazität für Wärme der limitierende Faktor. Die Wärmemenge in den Pufferspei-chern im Heizkraftwerk reicht unter Umständen nicht bis zur nächsten Hochpreisphase an der Strombörse bzw. solllte in gewissen Preisphasen das BHKW noch länger laufen. Die-ses Problem soll steuerungstechnisch gelöst werden, indem die dezentralen Pufferspeicher weiter ins Management mit einbezogen werden. Alle im Wärmenetz vorhandenen Wär-mespeicher sollen als virtueller Großspeicher miteinander vernetzt werden, um alle Reserven voll auszuschöpfen.

Die M&M Wärmeservice GmbH hat in Oettingen ein zu-kunftsweisendes Wärmenetz hervorgebracht. Erweiterungs-schritte mit weiteren großen Wärmekunden sind geplant.

JAN RÖGER AMT FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND ForSTEN [email protected] LECHNER AMT FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND ForSTEN NÖ[email protected]

→ Abbildung: Intelligente Steuerung des BHKWs in Abhängigkeit zum Börsenstrompreis und

Ladezustand der zentralen Pufferspeicher: Der Spitzenlastkessel wird nicht benötigt

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Holzhackschnitzel lagernUntersuchung zu Qualitätsveränderungen und Energieverlusten

von THERESA MENDEL und NICOLAS HOFMANN: Die Lagerung von Holzhackschnitzeln wird in der Praxis oft als Puffer zwischen Brennstoffanfall und -verbrauch angewendet. Jedoch können bei der Lagerung von frischen Hackschnitzeln hohe Energieverluste auftreten. In groß angelegten Freilandversuchen wurde die Hackschnitzellagerung von zwei Sortimenten untersucht: Waldrestholz und Energierundholz. Hackschnitzel von Waldrestholz zeigten hö-here Verluste als von Energierundholz. Der höhere Feinanteil verursachte einen verstärkten Abbau durch Mikroorganismen. Eine starke Trocknung der Hackschnitzel kann diese Verluste zum Teil kompensieren. Zudem kann ein Regenschutz zur Vermeidung von Wiederbefeuch-tung durch Niederschlag einen positiven Effekt auf die Lagerung haben.

Waldholz für die energetische Nutzung fällt ganzjährig an. Durchforstungsmaßnahmen, Käferbefall oder Sturm-ereignisse bedingen die Menge und den Zeitpunkt des Anfalls. In Bayern sind es jährlich knapp fünf Millionen Schüttraummeter (Srm) Waldhackschnitzel [1]. Dabei ist der Zeitpunkt des Brennstoffanfalls und der -verwertung bzw. des Verbrauchs oft entkoppelt. Als Puffer zum Aus-gleich spielt daher die Lagerung von Hackschnitzeln eine wichtige Rolle. Bei der Lagerung von frischen Waldhack-

schnitzeln besteht jedoch auch ein Verlustrisiko. Durch den Abbau organischer Substanz aufgrund von Mikro-organismen (v. a. Pilze und Bakterien) kann sich die Brenn-stoffqualität verschlechtern und die nutzbare Energie-menge verringern.

Das vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) geförderte Projekt „Qualitätserhaltende Hackschnitzellagerung“ startete 2014 und ist ein Gemeinschaftsprojekt der Bayerischen Landes-anstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und des Techno-logie- und Förderzentrums (TFZ). Ziel war es, umfassende Verfahrensdaten zur Lagerung und Qualitätssicherung von Hackschnitzeln zu erarbeiten. Hierfür wurden Freilandversu-che durchgeführt, welche sich an der typischen Lagerungs-praxis in Bayern orientierten.

Hackschnitzel – klimafreundlich und nachhaltigDas Heizen mit Holz hat eine lange Tradition. Auch heute ist Holz der bedeutendste Energieträger unter allen Erneuer-baren. Der Anteil der Biomasse an allen erneuerbaren Ener-gieträgern Bayerns beträgt derzeit circa 60 Prozent [2]. Holz kann nicht nur klimaschonend erzeugt werden, sondern ist auch speicherbar und gilt bei der Verbrennung als nahezu CO2-neutral. Zudem ist es dezentral verfügbar und fördert die regionale Wertschöpfung. In den letzten Jahren hat da-her die Zahl der Hackschnitzelheizungen stark zugenom-men [3]. Um mögliche Umweltbelastungen, z. B. CO- oder Staubemissionen, die bei der Verbrennung entstehen, zu mi-nimieren, wurde bereits 2010 die 1. Verordnung zur Durch-führung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (1. BImSchV) novelliert, deren zweite Stufe am 1. Januar 2015 in Kraft ge-treten ist. Durch strengere Emissionsgrenzwerte für alle Festbrennstofffeuerungen unter 1  000  kW stellt die Ver-ordnung Anlagenbetreiber und Kesselhersteller vor neue

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Als Holzhackschnitzel, Hackschnitzel oder Hackgut be-zeichnet man gehackte, holzartige Biomasse in Form von Stücken mit einer festgelegten Partikelgröße (5–50 mm), vorwiegend hergestellt durch den Einsatz von Trommel-hackern oder Scheibenradhackern.

Qualitativ hochwertige Hackschnitzel zeichnen sich durch folgende Kriterien aus:• geringer Wassergehalt• geringer Feinanteil• gleichmäßige Kantenlängen zur Verbesserung der

Fließ- und Fördereigenschaften• geringer Anteil an überlangen Partikeln• saubere Schnittstellen und geringe Faser- oder

Rindenbeschädigung zur Verringerung der spezifi-schen Oberfläche der Hackschnitzel

• kein Bodenmaterial und keine Steine

Weitere Informationen unter: www.tfz.bayern.de/festbrennstoffe

Infobox: Holzhackschnitzel

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Herausforderungen. Zum Erreichen der Grenzwerte spielt neben der optimalen Einstellung und Bedienung der An-lage auch die Qualität der eingesetzten Hackschnitzel eine wichtige Rolle. Für einen emissionsarmen Betrieb benö-tigen insbesondere kleine Anlagen unter 100 kW, wie sie im privaten Bereich häufig zu finden sind, eine gute und gleichbleibende Brennstoffqualität [4].

Niedriger Wassergehalt verringert VerlusteDer Wassergehalt von Hackschnitzeln ist der wichtigste Qualitätsparameter. Er kann sich auf den Heizwert, die La-gerfähigkeit, die Schüttdichte, die Verbrennungstempera-tur sowie auf die Lieferpreise auswirken [5]. Der Wasserge-halt von frisch geschlagenem Holz liegt in einem Bereich von 45 bis zu mehr als 50 Prozent [6]. Dieser ist für kleine Hackschnitzelheizungen, wie sie im privaten Bereich zu finden sind, zu hoch. Daher müssen Hackschnitzel vor ih-rem Einsatz in der Feuerungsanlage zunächst getrocknet werden. Dies kann gezielt über eine Trocknungsan-lage erfolgen, z.  B. mittels Abwärme aus der Biogas-anlage oder über die na-türliche Trocknung wäh-rend der Lagerung [7]. Bei der Lagerung von frischen Hackschnitzeln kommt es zu einer Eigenerwärmung der Lagermiete. Durch den Metabolismus von Pilzen und Bakterien kann die Temperatur in Lagermieten innerhalb weniger Tage sehr stark ansteigen [5, 8]. Bei ei-nem Wassergehalt zwischen 30 und 50 Prozent können Pilze optimal wachsen. So-

mit kann es in diesem Was-sergehaltsbereich zu einem starken Abbau der orga-nischen Substanz und zu einem Verlust an Trocken-masse kommen. Erst unter-halb eines Wassergehalts von circa 20 Prozent sind Hackschnitzel lagerstabil, d.  h. in diesem Bereich ist kein weiterer Abbau zu er-warten [5].

Aschegehalt und PartikelgrößeWeitere Qualitätsparameter von Hackschnitzeln sind unter anderem der Aschegehalt und die Partikelgrößenverteilung. Qualitativ hochwertige Hackschnitzel verfügen über einen geringen Aschegehalt, d. h. einen geringen Anteil an anor-ganischem Material und gleichzeitig einen geringen Anteil an Feinmaterial (kleine Äste, Nadeln, Blätter) und überlan-gen Partikeln [4, 7]. Die Partikelgröße des Brennstoffs sollte zudem gleichmäßig und homogen sein. Ein hoher Feinanteil bietet Mikroorganismen einen guten Nährboden, aufgrund leicht verfügbarer Nährstoffe und einer hohen spezifischen Oberfläche. Dies kann bei der Lagerung von frischen Hack-schnitzeln eine erhöhte Abbaurate verursachen.

Hackschnitzelsortimente im VergleichGegenstand der Untersuchung waren zwei Hackschnitzel-sortimente, die in Bayern im Wald am häufigsten anfallen (siehe Bild 1): Waldrestholzhackschnitzel (aus Kronenmaterial)

→ Bild 2: Lagerungsversuche mit zwei Energierundholzmieten (links) und zwei Waldrestholzmieten (rechts),

jeweils abgedeckt und offen gelagert (Foto: Fabian Schulmeyer, LWF)

→ Bild 1: Waldrestholzhackschnitzel (a) und Energierundholzhackschnitzel (b) (Fotos: Nicolas Hofmann, LWF)

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und Energierundholzhackschnitzel (aus dünnen Stammabschnitten geringer Qualität). Beide Sortimente stammten jeweils fast ausschließlich von Nadel-bäumen.

Hackschnitzel aus Waldrestholz be-sitzen im Vergleich zu Hackschnitzeln aus Energierundholz einen hohen An-teil an Nadeln und kleinen Ästen. Die-ser kann in kleinen Anlagen zu Proble-men führen. Waldrestholzhackschnitzel sind daher eher für größere Heiz(kraft)-werke geeignet. Energierundholz-hackschnitzel sind dagegen nicht nur optisch, sondern auch aufgrund ihrer Brennstoffqualität hochwertiger und homogener. Dieses Sortiment ist, ei-nen niedrigen Wassergehalt vorausge-setzt, auch für Kleinfeuerungsanlagen gut geeignet.

Mit den genannten zwei Sorti-menten wurden zwei Lagerungsver-suche durchgeführt: Ein Winterver-such (November 2014 bis April 2015) und ein Sommerversuch (Mai bis Ok-tober 2015). Es wurden dabei jeweils vier Hackschnitzellagermieten aufge-schüttet mit einem Volumen von circa 200 Srm, je zwei Mieten stammten aus frischem Energierundholz und zwei Mieten aus frischem Waldrestholz. Zu-sätzlich wurde der Einfluss eines Re-genschutzes auf die Qualität und Ver-luste untersucht (siehe Bild 2).

Während der beiden Lagerungs-versuche wurden insgesamt mehr als 1 000 Hackschnitzelproben gewon-nen und auf ihre Brennstoffqualität und Trockenmasseverluste hin unter-sucht und ausgewertet. Temperatur-sensoren in jeder Lagermiete zeichne-ten über den gesamten Lagerverlauf kontinuierlich die Wärmeentwicklung in den Hackschnitzeln auf.

Temperaturverlauf zeigt mikrobielle AktivitätDie Waldrestholzmieten zeigten eine deutlich höhere Eigen-erwärmung als die Energierundholzmieten. Die Tempera-tur innerhalb der Waldrestholzmieten stieg binnen weniger Tage auf über 60 °C, wohingegen die Energierundholzmie-ten ein deutlich niedrigeres Temperaturniveau aufwiesen,

mit Temperaturen, die um die 20 bis 30 °C schwankten (siehe Abbildung 1 und 2).

Der Grund für die stärkere Erwärmung ist vor allem der hohe Feinanteil bei den Waldrestholzhackschnitzeln. Dieser führt nicht nur zu einer geringeren Durchlüftung innerhalb der Lagermiete, sondern auch zu stärkeren Abbauprozessen [9]. Diese spiegeln sich auch in den gemessenen Trocken-masseverlusten wider (siehe Tabelle 1). Die Waldrestholzmie-ten zeigten sowohl über den Sommer als auch über den Win-

→ Abbildung 1: Mittlere gemessene Mietentemperaturen der Lagermieten während der

Winterlagerung (Wrh = Waldrestholz, Er = Energierundholz)

→ Abbildung 2: Mittlere gemessene Mietentemperaturen der Lagermieten während der

Sommerlagerung (Wrh = Waldrestholz, Er = Energierundholz)

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ter höhere Verlustraten als die Mieten aus Energierundholz. Das Vlies hatte im Winter keinen eindeutig nachweisba-ren Einfluss auf den Trockenmasseab-bau. Im Sommer allerdings verursachte es bei der Miete aus Waldrestholzhack-schnitzeln durch einen Wärmestau eine stärkere Zersetzung.

Gute Trocknung im Sommer − geringe im WinterDer Winter 2014/15 kennzeichnete sich durch typische Klimabedingungen für die Region. Die Veränderung des Was-sergehalts der Lagermieten war insge-samt gering. Nur bei der Waldrestholz-miete, die mit einem Vlies abgedeckt war, konnte eine Trocknung festgestellt werden. Die hohe Eigenerwärmung und der Schutz vor Niederschlag ver-ursachte eine Verringerung des Wassergehalts um 13,8 Pro-zentpunkte nach fünf Lagermonaten (siehe Tabelle 1).

Der Sommer 2015 war deutlich wärmer und trockener im Vergleich zu vorangegangenen Jahren. Diese Bedin-gungen führten zu einer starken Trocknung aller Lager-mieten. Beste Trocknungseffekte wurden bei den beiden abgedeckten Lagermieten festgestellt (siehe Tabelle 1). Die Hackschnitzel erreichten nach einer Lagerung von fünf Mo-naten einen Wassergehaltsbereich, wie er für Anlagen im mittleren Leistungsbereich > 100 und < 1 000 kW geeig-net ist und vom Kesselhersteller häufig vorgegeben wird (≤ 35 Prozent).

Energiegewinn durch starke TrocknungFür den Verbraucher stellt sich vor allem die wichtige Frage, wie viel Energie am Ende der Lagerung noch zur Verfügung steht. Der nutzbare Energieinhalt ist dabei eine wichtige Kenngröße. Er errechnet sich aus den Trockenmasseverlus-ten, dem Wassergehalt und dem wasserfreien Heizwert. Der Zeitpunkt der Einlagerung stellt 100 Prozent dar. Neben dem Aschegehalt und der Partikelgrößenverteilung schwankte auch der wasserfreien Heizwert sowohl im Sommer als auch im Winter nur geringfügig. Haupteinfluss auf das Ergebnis haben somit die Trockenmasseverluste und Trocknungsef-fekte während der Lagerung.

Im Winter wurden nach fünf Mona-ten beziehungsweise nach 21 Wochen bei allen Lagermieten Energieverluste festgestellt (siehe Abbildung 3). Die ge-messenen Trockenmasseverluste und gleichzeitig eine geringe oder aus-bleibende Trocknung sind hierfür als Grund zu nennen. Die höchsten Ver-luste in der nutzbaren Energie wurden bei der Waldrestholzmiete ohne Vlies-abdeckung festgestellt (–11,3 Prozent). Diese Miete zeigte gleichzeitig die höchsten Trockenmasseverluste. Bei den abgedeckten Lagermieten waren die Veränderungen dagegen während des gesamten Lagerzeitraums eher ge-ring (< 5 Prozent).

→ Tabelle 1: Mittlerer Wassergehalt und mittlere Trockenmasse(TM)-verluste der vier Lagermieten

bei den Winter- und Sommerversuchen (∆ = Änderung im Vergleich zum Ausgangswassergehalt)

Lagerzeitraum, Hackschnitzelsortiment,

Regenschutz

Wassergehalt (%) TM-Verluste (%)

Einlagerung nach 5 Monaten (∆) nach 5 Monaten

Winter Wrh – offen 51,1 52,7 (+1,6) 7,8

Wrh – Vlies 50,7 36,9 (–13,8) 8,0

Er – offen 56,6 58,7 (+2,1) 3,4

Er – Vlies 55,1 52,8 (–2,3) 4,2

Sommer Wrh – offen 50,4 34,1 (–16,3) 7,0

Wrh – Vlies 56,8 34,2 (–22,6) 11,1

Er – offen 47,9 36,5 (–11,4) 6,8

Er – Vlies 53,2 31,0 (–22,2) 6,9

Wrh = Waldrestholz, Er = Energierundholz

→ Abbildung 3: Nutzbarer Energieinhalt der Lagermieten während der Winterlagerung 2014/15

(Wrh = Waldrestholz, Er = Energierundholz)

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Im Sommer waren die Veränderun-gen des nutzbaren Energieinhalts vor allem in den ersten Lagerwochen bei allen Lagermieten positiv. Die starken Trocknungseffekte kompensierten da-bei die teils sehr hohen Trockenmas-severluste. Somit kam es zu einem Gewinn in der nutzbaren Energie um wenige Prozentpunkte. Beste Ergeb-nisse wurden bei der Energierundholz-miete mit Vliesabdeckung erzielt. Nach zwölf Lagerwochen wurde hier ein ma-ximaler Gewinn an Energie von 4,6 Pro-zent festgestellt (siehe Abbildung 4).

Zusammengefasst können somit im Winter bei Waldrestholzmieten ohne Regenschutz die höchsten Ener-gieverluste erwartet werden. Bei kürze-rer Lagerdauer könnte der Energiein-halt jedoch zu einem gewissen Maße erhalten werden. Im Sommer hingegen müssen höhere Tro-ckenmasseverluste erwartet werden, welche aber durch ein besseres Trocknungsvermögen kompensiert werden kön-nen. Daher ist eine verlustarme Lagerung hinsichtlich des Energieinhalts im Sommer auch bei einer längeren Lager-dauer möglich.

Das Projekt „Qualitätserhaltende Hackschnitzellage-rung“ ist seit September 2016 abgeschlossen. Alle Ergeb-nisse dieses Projekts werden in Kürze in einem TFZ-Bericht zum kostenlosen Download auf www.tfz.bayern.de erschei-nen.

Literatur[1] WEIDNER, U.; HIENDLMEIER, S.; ZENKER, M.; BORCHERT,

H.; FRIEDRICH, S.; SCHULMEYER, F.; LEUCHTWEIS, C. (2016): Energieholzmarkt Bayern 2014. Abschlussbe-richt. Freising

[2] BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND MEDIEN, ENERGIE UND TECHNOLOGIE (2016): Bayerisches Energieprogramm – für eine sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversor-gung. Download unter: www.stmwi.bayern.de

[3] FACHAGENTUR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE E.  V. (2015): Hackschnitzelheizungen 2015 – Was muss aktuell beachtet werden. Download unter: mediathek.fnr.de

[4] KUPTZ, D. & HARTMANN, H. (2014): Qualität aus Bayern –Physikalische Eigenschaften von Waldhackschnitzeln nach DIN EN 17225. LWF aktuell Jg. 21, Nr. 6. S. 8–11.

[5] HARTMANN, H. (2016): Lagerung biogener Festbrenn-stoffe, Energie aus Biomasse – Grundlagen, Techniken

und Verfahren, 3rd Edition, Springer-Verlag Berlin Heidelberg. S. 533–564.

[6] KUPTZ, D.; SCHULMEYER, F.; HÜTTL, K.; DIETZ, E.; TU-ROWSKI, P.; ZORMAIER, F.; BORCHERT, H. & HART-MANN, H. (2015): Optimale Bereitstellungsverfahren für Holzhackschnitzel. Berichte aus dem TFZ, Nr. 40. Download unter: www.tfz.bayern.de

[7] NEUHOF, I.; MERGLER, F.; ZORMAIER, F.; WEINERT, B. & HÜTTL, K. (2012): Hackschnitzel richtig lagern! Merkblatt 11. Freising: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Download unter: www.lwf.bayern.de

[8] SCHOLZ, V.; IDLER, C.; DARIES, W. & EGERT, J. (2004): La-gerung von Feldholzhackgut – Verluste und Schim-melpilze. Agritechnische Forschung 11, Heft 4. S. 100–113.

[9] JIRJIS, R. (2005): Effects of particle size and pile height on storage and fuel quality of comminuted Salix vimina-lis. Biomass and Bioenergy 28, S. 193–201.

THERESA MENDELTECHNoLoGIE- UND FÖrDErZENTrUM IM KoMPETENZZENTrUM FÜr NACHWACHSENDE [email protected] HOFMANNLANDESANSTALT FÜr WALD UND [email protected]

→ Abbildung 4: Nutzbarer Energieinhalt der Lagermieten während der Sommerlagerung 2015

(Wrh = Waldrestholz, Er = Energierundholz)

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Innovatives Projektmanagement der Wildlebensraumberatung Information, Kommunikation und Dokumentation in einem Tool

von DR. CHRISTOF JANKO und DR. HOLGER FRIEDRICH: Ziel der Wildlebensraumberatung in Bayern ist die Förderung der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft. Hierzu beraten Wildlebensraumberater im Schwerpunkt Landwirte, Jäger und Jagdgenossen bezüglich Le-bensraum verbessernder Maßnahmen. Um ein hochwertiges Projektmanagement zu gewähr-leisten, richtete die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) eine interaktive Arbeitsplattform ein. Ein digitaler „Gesprächsleitfaden zur Wildlebensraumberatung“ ermöglicht sowohl die Erstellung von kundenbezogenen Beratungsdokumenten, als auch eine Evaluation der Bera-tungsleistung.

Mit der Einführung der Wildlebensraumberatung bietet der Freistaat Bayern seit Beginn 2015 eine fachpraktische Be-ratungsleistung bezüglich wildlebensraumverbessernder Maßnahmen an. Ziel ist es, die Artenvielfalt im Agrarraum zu steigern. Hierzu sollen Lebensräume für Wildtiere in der Kul-turlandschaft erhalten, verbessert und neu geschaffen wer-den. Das Projekt und dessen Ziele wurden bereits in „Schule und Beratung“, Ausgabe 8-9/2015 (Seite 53-55), vorgestellt. Im vorliegenden Beitrag wird ein Rückblick auf das erste Jahr der Beratung geworfen. Fragen, die sich aufdrängen sind z. B.: Wel-che Kundengruppen wurden beraten? Welche Maßnahmen wurden vermittelt? Zusätzlich zur statistischen Beratungsda-tenbank werden im System soziologische Aspekte gemäß der drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie, Sozia-les – erfasst. Sie erlauben einen Blick hinter die Fassade und eruieren, worin die Motivation bzw. Demotivation des Kunden liegt, Maßnahmen umzusetzen oder zu verwerfen.

Zentrales Projektmanagement notwendigDie Wildlebensraumberater sind in der bayernweiten Verwal-tungsstruktur an den jeweiligen Ämtern für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten (ÄELF) verankert und sitzen an den Fachzentren für Agrarökologie. Die Koordinationsstelle für das Gesamtprojekt mit der fachlichen Koordination, Evalua-tion und Schulung liegt bei der LfL, Institut für Agrarökologie, Arbeitsgruppe Wildtiere in der Agrarlandschaft (IAB 4b), in Freising. Somit sind die Wildlebensraumberater dezentral in den einzelnen Regierungsbezirken verankert. Dies ist zum ei-nen ein Erfolgsgarant, da bereits eine Bindung der Landwirte an das Fachzentrum Agrarökologie besteht und die Berater innerhalb der Landwirtschaftsverwaltung auf die landwirt-schaftlichen Grunddaten zurückgreifen können. Zum ande-ren stellt die Koordination der Beratung eine Herausforde-rung für ein einheitliches Projektmanagement dar. Ebenso muss eine enge fachliche Abstimmung mit den Fachzentren

für Agrarökologie gegeben sein. Aufgrund der Tatsache, dass mit der Wildlebensraumberatung in Bayern fachliches Neu-land betreten wurde – kein anders Bundesland verfügt über eine derartige Beratungsstruktur – ist der fachliche Verschnitt zwischen den Themenfeldern Landwirtschaft, Biodiversität, Agrarumweltprogramme, Agrarökologie, Wildbiologie und unterschiedlichen Interessensvertretern komplex. Die Koor-dination und Schulung der Wildlebensraumberater durch die LfL beinhaltet somit intensive fachliche Betreuung. Das Pro-jekt stellt neben der fachlichen Komponente einen zusätzli-chen Anspruch an das Projektmanagement.

Koordinieren mit interaktiver Arbeitsplattform Um ein dauerhaftes, qualitativ hochwertiges Projektma-nagement zu gewährleisten, richtete IAB 4b in Zusammen-arbeit mit der Abteilung für Information und Wissensma-nagement (AIW) eine interaktive Arbeitsplattform innerhalb des LfL-Collaboration-Centers ein (siehe Infobox). Dieser Workspace ist eine Austausch- und Umschlagsplattform für Wissen und Information in Bezug auf das Projekt. Jeder Nut-zer erhält einen separaten Zugang zum System und kann so z. B. auf Fachinformationen zurückgreifen oder Termine ko-ordinieren. Besonders wertvoll ist die zentrale Kommunika-tion bezüglich fachlicher Anfragen. Jeder Wildlebensraum-berater kann fachliche Anfragen zu einem Thema einstellen. Beantwortet wird die Frage von der Koordinationsstelle. Ge-rade bei agrarpolitischen Fragen zum Bayerischen Kultur-landschaftsprogramm (KULAP) und Greening hat sich dieses Medium bewährt. Alle im Lauf der Zeit eingestellten Fach-fragen werden tabellarisch gebündelt, der Sachstand steht zentral zur Verfügung.

Innovatives Kernstück der Arbeitsplattform ist ein spezi-ell für das Projekt konzipierter digitaler „Gesprächsleitfaden zur Wildlebensraumberatung mit integrierter Beratungs-dokumentation“. Dieses Arbeitsmedium ermöglicht ein

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strukturiertes Arbeiten, die Erstellung kundenbezogener Beratungsunterla-gen und gibt dem Wildlebensraum-berater stets eine Übersicht über den aktuellen Beratungsstand. Die Berater arbeiten ihre Beratungsinhalte anhand einer webbasierten Checkliste ab. Hier-bei werden Kundendaten (Adressda-ten) und Beratungsdaten erfasst und gespeichert. In den Beratungsdaten werden alle wesentlichen Bausteine festgehalten wie z. B. Art des Kunden, Beratung zum Programm (z. B. KULAP, Greening) oder Beratung zu Maßnahmen (z. B. B48 Blühflä-che, 058 Feldrand) (siehe Abbildung 1 und 2). In der Endabfrage wird nach den vom Kunden umgesetzten Maßnahmen rück-gefragt. Hierzu nimmt der Berater nochmals mit dem Kun-den Kontakt auf. Je nach Maßnahme findet dies zeitnah oder mit mehrmonatigem Versatz statt. Dies dient der Evaluation und vor allem der Wertschätzung des Kunden. Ziel ist, es dass Landwirte lebensraumverbessernde Maßnahme nachhaltig in ihre Betriebsstruktur integrieren. Hierfür ist ein vertrauens-volles Verhältnis und der mehrmaliger Kontakt zwischen Be-rater und Kunde von großer Bedeutung. Die Endabfrage ist zudem ein wesentlicher Evaluationsparameter des Projektes, da hierdurch der Übergang zwischen beratenen Maßnahmen (Beratungsdaten) und den tatsächlich in die Praxis umgesetz-ten Maßnahmen (Endabfrage) erfolgt. Ein weiterer Evaluati-onsparameter ist die Frage nach den tieferen Beweggründen des Kunden, die für oder gegen eine Maßnahmenumsetzung sprechen. Gemäß dem Prinzip der „Drei Säulen der Nachhal-

tigkeit“ werden die Antworten nach den Themenfeldern Öko-nomie, Ökologie und Soziales eingruppiert.

Ergebnisse der Beratungsdokumentation Das Projekt erfährt eine hohe Nachfrage aus der Kernkund-schaft von Landwirten, Jägern und Jagdgenossen. Ein Rück-blick auf die Resonanz und Annahme des Projekts im ersten Jahr zeigt, dass eine weitaus größere Gruppe an Interessier-ten auf die Wildlebensraumberater zugreift. Neben der ge-nannten Kernkundschaft findet auch eine Beratung und Zu-sammenarbeit mit Kommunen, Imkern, Naturschützern und ökologisch interessierten Bürgern statt. Im Jahr 2015 konn-ten per Veranstaltungen und Versammlungen rund 4 500 Personen erreicht werden. Über 1 000 Kunden fanden Ein-gang in die Kundenkartei. Die TOP 3 Maßnahmen der Wild-lebensraumberatung 2015 waren:

→ Bayerisches Kulturlandschaftsprogramm (KULAP): Mehrjährige Blühfläche (B48) ist die am meisten be-ratene Maßnahme, gefolgt von jährlich wechseln-den Blühflächen (B47) und Gewässer- und Erosions-schutzstreifen (B34).

→ Greening: Stilllegung/Brache (NC062) ist die am meisten beratene Maßnahme, gefolgt von Feldrand-streifen (NC058) und dem Zwischenfruchtanbau.

→ Nicht förderfähige Maßnahmen: Anlage von Wild-äckern ist die am meisten beratene Maßnahme, gefolgt von alternierenden Mahd-Mulchkonzepten und der Anlage von Blühflächen und Bienenweiden.

Die Beratung nach Kundentyp zeigt, dass die Gruppe der Landwirte und der Jägerschaft am intensivsten beraten wurde. Maßnahmen im Rahmen des KULAP wurden am häu-figsten nachgefragt, gefolgt von Greening und nicht förder-fähigen Maßnahmen (siehe Abbildung 3). Die breite Maßnah-menpalette macht es möglich, Lebensräume für Wildtiere auf vielfältigste Art und Weise zu schaffen und die Beteilig-ten vor Ort mit unterschiedlichen Ansätzen zu unterstützen. Garant hierbei ist die fachpraktische Beratung, wobei sowohl das technisch-förderrechtliche Regelwert (KULAP, Greening) als auch die praktische Umsetzung kompetent beraten wird.

→ Abbildung 1: Blick in den Wildlebensraum-Workspace

→ Abbildung 2: Die Eingabemaske der Beratungsdokumentation

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Die Motivation der Kunden findet sich vor allem im Bereich der Ökologie. Förderung und Schutz von Wildtieren sowie Natur und Artenvielfalt waren die am häufigsten genannten Gründe. Dicht gefolgt von ökonomischen Aspekten, welche sich vor allem aus dem Antrieb zu Schutz und Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Flächen und agrarpolitischen Belan-gen (Anreizhonorierung KULAP Maßnahmen, Greening Auf-lagen) zusammensetzten. Soziale Aspekte folgten an dritter Stelle. Besonders offenkundig waren sowohl die Komponen-ten Imageverbesserung und positives Ansehen der Landwirt-schaft als auch Freude an der Verbesserung von Wildlebens-räumen oder die persönliche Prägung auf Wildtiere.

Fazit und AusblickDer Wildlebensraum-Workspace ist ein ideales Instrument, um die Kommunikation der auf sieben Regierungsbezirke verteilten Wildlebensraumberater, deren Zusammenarbeit und ihre einheitliche Informationsversorgung sicherzustellen. Es ermöglicht sowohl die Dokumentation als auch die Evalua-tion der Beratungsleistung. Sie liefert sowohl einen zeitnahen, aktuellen Sachstand als auch einen qualitativen Rückblick auf das Geleistete. Hoch anzusiedeln ist der bewusst eingefügte sozialwissenschaftliche Ansatz und nicht nur durch die reine Annahme der Programme, sondern durch die zusätzliche sozialwissenschaftliche Komponente bzw. die inneren Be-weggründe, die für oder gegen wildlebensraumfreundliche Maßnahmen sprechen. Dieses Wissenspaket liefert essentielle Rückschlüsse für eine zukünftige, kundenorientierte Ausge-staltung von Agrarumweltprogrammen und zielorientierter, agrarökologischer Beratung.

Im Rahmen der Wildlebensraumberatung wurde dieses Element neu konzipiert und gilt als Novum in der Beratungs-

dokumentation. Vorteilhaft ist, dass dieses erstmalig aufge-setzte Sharepoint-Gerüst im Geschäftsbereich von weiteren Beratungsgruppen genutzt werden kann. Aufgrund seiner Kompatibilität und Effizienz wurde es an der LfL mittlerweile von der Wasserberatung übernommen und ein Einsatz im Bereich Fischottermanagement steht kurz bevor.

DR. CHRISTOF JANKOBAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr ÖKoLoGISCHEN LANDBAU, BoDENKULTUr UND [email protected]. HOLGER FRIEDRICH BAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTABTEILUNG INForMATIoN UND WISSENSMANAGEMENT [email protected]

→ Abbildung 3: Landwirte und Jäger nehmen die Beratung in Bezug auf

KULAP, Greening und nicht förderfähige Maßnahmen am intensivsten an

Das LfL-Collaboration Center (LfL-CC) ist eine Plattform zur Organisation der Zusammenarbeit über Organisationsein-heiten und Standorte hinweg. Es resultiert aus der Not-wendigkeit, an der LfL mit ihren 28 Standorten, 9 Instituten und 6 Abteilungen eine effiziente fachliche wie auch orga-nisatorische Zusammenarbeit zu ermöglichen. Das LfL-CC beruht auf dem Microsoft-Produkt Sharepoint und wird im staatlichen IT-Dienstleistungszentrum (IT-DLZ) betrieben. Das Konzept des Sharepoint beruht auf passwortgeschütz-ten, im Webbrowser bedienbaren Arbeitsräumen (Work-spaces). Über Benutzergruppen wird gesteuert, wer auf welchen Workspace Zugriff erhält. Zugriffsrechte können bei Bedarf jedem Mitarbeiter einer Behörde im Bayerischen Behördennetz (ByBN) erteilt werden. Auch die Beteiligung externer Partner über das Internet ist möglich.

In den Workspaces befinden sich Listen und Bibliotheken. Mit den Listen erfassen die Projektpartner Inhalte in fest-gelegten Spalten über alle beteiligten Standorte hinweg. Sie verfügen damit gleichsam über eine gemeinsame Da-tenbank im Intranet und schaffen Informationstransparenz zu einem Sachverhalt. In den Bibliotheken befinden sich Dokumente, Foliensätze, Beratungsunterlagen, Fotos und vieles mehr, was man sich gegenseitig zur Verfügung stellt oder das man im Projekt gemeinsam bearbeitet.

Das LfL-Collaboration Center beherbergt eine Vielzahl von Workspaces für die gesamte LfL, für Gremien der LfL, wie die Leitungskonferenz oder den Personalrat, und für Pro-jektteams. In einigen Projektarbeitsräumen sind bereits Mitarbeiter des StMELF oder der ÄELF beteiligt.

Infobox: LfL-Collaboration Center

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Gewusst wie: Bilder einfach kennzeichnen

Eine schnelle und einfache Möglichkeit, Bilder für die Archivierung vorzuberei-ten, finden Sie im Windows Explorer. Sie sollten dort direkt bei jedem Bild einen Titel vergeben, Informationen zu den Verwendungsrechten hinterlegen und den Urheber eintragen. Dies kann dazu beitragen, Ordnung zu schaffen und Bild rechte zu dokumentieren. Es ist auch eine wichtige Voraussetzung für die Verschlagwortung in einer Bild-datenbank.

So gehen Sie vor:

Suchen Sie im Windows Explorer den Ordner mit den entsprechenden Bildern auf, die Sie kennzeichnen wollen.

→ Abbildung 1: Mit rechter Maustaste auf ein oder mehrere Bilder

klicken und „Eigenschaften“ auswählen

→ Abbildung 2: Im Reiter „Details“ die Werte „Titel“, ggf. „Kommentare“,

„Autor“ und „Copyright“ ausfüllen, Änderungen speichern

Klicken Sie dort mit der rechten Maus-taste auf das Bild. (Hinweis: Sie können auch die Werte für mehrere Bilder gleichzeitig ändern, wenn Sie mit gedrückter Strg-Taste mehrere Bilder auswählen und die Eigen-schaften wie unten beschrieben aufrufen.)

Im Kontextmenü klicken Sie ganz unten auf „Eigenschaften“ (siehe Abbildung 1).

Es öffnet sich der Dialog „Eigenschaften“.

Wählen Sie mit der Maus den Reiter „Details“ aus (siehe Abbildung 2).

Befüllen Sie folgende Felder der Beschrei-bung, indem Sie in die Spalte „Wert“ klicken:

1. „Titel“ – ein kurzer aussagekräfti-ger Bildtitel, möglichst ein Wort (hier: Tacker);

2. „Kommentare“ – Befüllen Sie das Feld nur, wenn Sie möchten, dass der Fotograf oder das Amt bei jeder Verwendung genannt wird. Üblich ist der Verzicht auf die Nennung innerhalb des Geschäftsbereichs;

3. „Autoren“ – der Fotograf des Bildes;4. „Copyright“ – Ihr Amt,

Beispiel AELF Ansbach

Speichern Sie Ihre Änderungen der Beschreibung mit „Übernehmen“ und klicken Sie danach auf „OK“.

Katharina Erhardsberger, FüAk

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Hundert Tage eAkte an der Führungsakademie Erfahrungen mit der Einführung der elektronischen Vorgangsbearbeitung

von IRIS HAAS: Die Einführung der elektronischen Vorgangsbearbeitung in der bayerischen Staatsverwaltung bedeutet einen Paradigmenwechsel für die Mitarbeiter. Das „papierarme Büro“ erfordert die Bereitschaft zur Anpassung gut eingespielter Arbeitsabläufe auf ein EDV-gestütztes System. An der Führungsakademie wird der Paradigmenwechsel derzeit voll-zogen. Nach und nach stellen die Organisationseinheiten auf die elektronische Vorgangs-bearbeitung um. Und die gute Nachricht zuerst: Das Arbeiten mit der eAkte ist effektiv und kann sogar Spaß machen!

Gerne blickt man nach den ersten 100 Tagen im Amt auf das zurück, was man bis dahin erreicht hat. Auch an der Führungsakademie wollen wir nach diesen 100 Tagen, seit denen wir mit der eAkte arbeiten, Bilanz ziehen über die Einführung und das Arbeiten mit der eAkte. Wohlwollend, je-doch auch selbstkritisch.

Vorteile zeigen sich deutlich„Insbesondere bei Verwaltungseinheiten mit vie-len Einzelvorgängen stellt die eAkte eine große Hilfe dar“, zieht Ulrich Stemmler, Sachgebietslei-ter Förderrechtsangelegenheiten an der Staat-lichen Führungsakademie für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten (FüAk), Bilanz. Man könne auf Vorgänge schnell zugreifen, was v. a. im Ver-tretungsfall eine Erleichterung bedeute.

„Der Workflow, d. h. die Mitzeichnung, die Erstellung der reinschrift und der Versand, findet um ein Vielfaches schneller statt als in der Papierwelt“,

Ulrich Stemmler, Jurist an der FüAk.

Besonders hilfreich sei die eAkte, wenn die Verwaltungsein-heit auf Außenstellen verteilt sei bzw. mit Außenstellen zu-sammenarbeiten müsse.

Die Piloteinheiten Abteilung F Förderung und Abteilung B Bildung der FüAk arbeiten flächendeckend in der elek-tronischen Vorgangsbearbeitung: Posteingänge in Papier-form werden gescannt und bis zur Vernichtung in der Re-

gistratur aufbewahrt. Digitale Posteingänge (z. B. E-Mails) werden in das System importiert und im Aktenplan (APL-ELF) abgelegt. Die Vorgänge werden an den betroffenen Sachbearbeiter weitergeleitet und dort weiterbearbeitet, die Mitzeichnung erfolgt durch die Vorgesetzten, alles elektronisch im System. Der federführende Sachbearbei-ter ist dafür verantwortlich, dass sämtliche eingehenden und selbst verfassten, aktenrelevanten Schriftstücke lü-ckenlos in der elektronischen Akte (eAkte) geführt werden und die Zeichnungsverfahren sauber durchlaufen werden. Nach Abschluss eines Vorgangs wird dieser digital zum Akt geschrieben, d. h. die Aussonderungsfristen beginnen zu laufen, und eine Bearbeitung ist nicht mehr ohne weiteres möglich.

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→ Bild 1: Aktenregale in der Registratur an der FüAk: Nach und nach macht die eAkte

sie überflüssig (Foto: Iris Haas, FüAk)

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Durch die durchgängige elektronische Vorgangsbearbei-tung kommen in den Piloteinheiten die Vorteile der eAkte zum Tragen:

→ Die Beschleunigung der Sachbearbeitung durch den Wegfall von Transportzeiten macht sich im Hause deutlich bemerkbar.

→ Als außerordentlich wertvoll erweist sich dies für die Außenstelle der Abteilung F in Regen.

→ Besonders wichtig ist im Haus auch die orts- und zeitunabhängige Verfügbarkeit von Dokumenten und Vorgängen, unabhängig vom Stand der Bear-beitung. Hier wird die parallele, sachgebietsüber-greifende Bearbeitung deutlich vereinfacht.

→ Einfache Recherchemöglichkeiten sind ebenso ge-währleistet wie systemübergreifender, kompatibler Austausch von Dokumenten und Vorgängen.

→ Die gemeinsame, einheitliche und strukturierte Datenhaltung gewährleistet die Grundsätze der Rechtmäßigkeit und Aktenmäßigkeit des Verwal-tungshandelns.

Verwaltung startet mit PilotbehördenAufgrund eines Ministerratsbeschlusses vom 7. Januar 2013 wird in der gesamten bayerischen Staatsverwaltung und da-mit auch im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) die eAkte eingeführt. Das Bayerische E-Government-Gesetz schreibt die elektronische Aktenführung durch die staatlichen Behör-den vor: Sämtliche aktenrelevanten Schriftstücke müssen in digitaler Form gespeichert und jederzeit den Berechtigten zugänglich gemacht werden.

In der Landwirtschaftsverwaltung wurde dazu im ersten Schritt zunächst je ein Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) pro Regierungsbezirk und die FüAk er-tüchtigt, die in Form von Projekten die elektronische Vor-gangsbearbeitung einführen. Seit Mai dieses Jahres arbei-ten in diesen Behörden bestimmte Piloteinheiten produktiv mit der eAkte. Nach und nach werden diese Ämter vollstän-dig auf die elektronische Akte umstellen. Sukzessive folgen dann die restlichen Behörden in der Landwirtschaftsverwal-tung, so dass die flächendeckende Einführung voraussicht-lich bis 2020 abgeschlossen sein wird.

Die Projektleitung für den Einführungsprozess der eAkte lag bei der FüAk, fachlich begleitet vom Competence-Center Dokumentenmanagement (CC DMS) früher an der Regie-rung von Schwaben, jetzt am Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (LDBV) in Bayern.

Die Einführung an der FüAkDie vorbereitenden Arbeiten zur Einführung der eAkte an der FüAk zogen sich über ein gutes Jahr hin. Startschuss war im Februar 2015 mit der Bildung einer Projektgruppe, der Beschäftigte aus allen Abteilungen sowie der Registratur angehörten. Nach einer zweitägigen Schulung im EDV-Sys-tem Fabasoft eGov-Suite Bayern konnte die Projektgruppe in einem Demosystem arbeiten und das Gelernte üben. Das Team traf sich wöchentlich in einem Jour-fixe und erarbei-tete ein breites Know-How. So konnten die Teammitglieder bei Produktivsetzung den Anwendern als erste Ansprech-partner zur Verfügung stehen.

Die Einführungsphase folgte einem strikten Projektplan mit Meilensteinen, die vom IT-Dienstleistungszentrum am

LDBV, vorgegeben waren. In zahlreichen Workshops er-arbeitete die Projektgruppe ein Einführungskonzept, wie die FüAk die bisherige Aktenführung auf die elek-tronische Vorgangsbearbei-tung umstellen kann.

Technisch mussten zu-nächst die sogenannte „Initial daten“ der FüAk für die Fabasoft eGov-Suite be-reitgestellt werden. Dies be-deutet, dass als Erstes der Aktenplan (APL-ELF), der zentral vom StMELF vorge-geben ist, überprüft und modifiziert werden musste (siehe Abbildung). Behör-→ Abbildung: Vergleich der Objekthierarchie im APL-ELF und im elektronischen Aktenplan

Der Aktenplan als Grundlage

Die Bearbeitung von Sachverhalten und die Dokumentation dazu erfordern ein Ordnungssystem.Dieses Ordnungssystem ist im Geschäftsbereich der Landwirtschaftsverwaltung der

Der (APl-ELF) sorgt für eine Ordnung ausschließlich nach dem Sachzusammenhang

Aktenplan für den Geschäftsbereich des

Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

(APl-ELF)

bisher:Akt

(Aktenzeichen z. B. 0211 „Aufgabengliederung“)

-1 Vorgangsnummer(erster, innerhalb des Akts erzeugter Vorgang)

-1 Dokumentennummer(erstes, innerhalb des Vorgangs erzeugtes

Dokument)-1 weitere Nummer

(bei Bedarf)

neu (eAkte):Aktenplankennzeichen

(Aktenzeichen z. B. 0211 „Aufgabengliederung“)

-1 Aktennummer (erste, innerhalb des Aktenplankennzeichens

erzeugte Akte)-1 Vorgangsnummer

(erster, innerhalb der Akte erzeugter Vorgang)

-1 Dokumentennummer(erstes Dokument innerhalb des Vorgangs )

Gliederungsebene

1. Nummerierungsebene(durch APl nicht vorgegeben)

2. Nummerierungsebene(durch APl nicht vorgegeben)

3. Nummerierungsebene(durch APl nicht vorgegeben)

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denspezifische Informationen wie Organisationseinheiten und Mitarbeiterdaten sowie weitere Informationen muss-ten zur Verfügung gestellt werden. Um hier mühsame Tip-parbeit zu vermeiden, entwickelte die FüAk einen Automa-tismus, mit dem die Daten automatisch eingelesen werden konnten.

Eine besondere Herausforderung an der FüAk war die Migration der vorhanden Registraturdaten, den sogenann-ten Metadaten (Absender, Betreff, Aktenzeichen, …) aus der bisherigen Access-Datenbank in die Fabasoft eGov-Suite Bayern. Hierzu mussten Routinen entwickelt werden, um die Datensätze den Strukturen der eGov-Suite anzu-passen.

Arbeitsabläufe neu definiertAls weitaus zeitintensiver für die Projektgruppe stellte sich die Auseinandersetzung mit den organisatorischen Abläu-fen heraus. In einem separaten Workshop visualisierte die Projektgruppe die bisherigen Arbeitsschritte vom Postein-gang bis zum Postausgang auf Pinnwänden und stellte sie den neuen Gegebenheiten gegenüber.

Schnell wurde klar:

Das Arbeiten mit der eAkte erfordert ein Überdenken der bisherigen Arbeitsabläufe.

Mit dem Lenkungsausschuss an der FüAk, bestehend aus der Präsidentin Ingeborg Bauer und den Abteilungsleitern Bernhard Lautenschlager, Josef Wein, Wolfgang Angermül-ler und Dr. Horst Neuhauser, wurden die Erkenntnisse des Workshops abgestimmt. In einem Organisationshandbuch mussten nun diese Festlegungen vom Posteingang bis zum Postausgang in drei verschiedenen Einführungsvarianten – von der elektronischen Registrierung bis hin zur elektro-nischen Vorgangsbearbeitung mit der Fabasoft eGov-Suite Bayern – detailliert dokumentiert werden.

Die besondere Schwierigkeit war hierbei die Umsetzung in die Praxis. In den Übungen der Projektgruppe im Demo-system wurden die tatsächlichen Arbeitsschritte, die in den verschiedenen Sachgebieten anfallen, nachgebildet, um für das Organisationshandbuch eine Alltagstauglichkeit zu ge-währleisten. Doch „das Organisationshandbuch ist kein ab-geschlossenes, sondern ein „lebendes“, fortzuschreibendes Dokument, an dessen Weiterentwicklung sich alle Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter beteiligen können und sollen.“, wie

es in dessen Vorbemerkung formuliert ist. Immer und immer wieder wurde das Nachschlagewerk überarbeitet, mit inten-siver Unterstützung des CC DMS.

Lenkungsausschuss und Personalrat der FüAk geneh-migten das Organisationshandbuch mit den Regelungen der FüAk-spezifischen Abläufe und gaben ihm so den Cha-rakter einer Dienstanweisung.

Die Einführung an der FüAk begleiteten Informations-veranstaltungen darüber, welche Akten für die eAkte rele-vant sind, und über die künftige praktische Arbeit mit der elektronischen Akte.

Innerhalb von drei Monaten nahmen knapp 300 Teilneh-mer der FüAk und der ÄELF an den zweitägigen Anwender-schulungen teil und konnten am nächsten Tag mit ihrer Ar-beit beginnen. Die Motivation, mit der eAkte zu arbeiten war groß.

Resümee nach hundert TagenDie Einführung der eAkte an der FüAk war eine Herausfor-derung. Bei der Bearbeitung von aktenrelevanten Vorgän-gen in der eAkte ist zwingend darauf zu achten, dass auch wirklich alle aktenrelevanten Unterlagen erfasst werden. Änderungen in den Geschäftsabläufen sind unabdingbar, doch der Paradigmenwechsel wurde von den Anwendern bravourös gemeistert.

Nachdem eine gewisse Routine eingetreten ist, werden nun die Effektivitätsvorteile der elektronischen Vorgangs-bearbeitung spürbar. In den berühmten 100 Tagen an der FüAk wurden leichte Korrekturen der ursprünglich ange-dachten Vorgehensweisen in der Praxis vorgenommen. Die Piloteinheiten kommen inzwischen hervorragend mit dem System zurecht, nicht zuletzt deshalb, weil sie der Einführung der eAkte offen und motiviert gegenüberge-standen sind. Der weitere Rollout an der FüAk kann begin-nen, so dass hier die flächendeckende Einführung bereits Ende 2016 abgeschlossen sein könnte. Der erste Schritt zum Abschied von den Akten ist getan und gar nicht so schwergefallen.

IRIS HAASKARL-HEINZ KUBITZASTAATLICHE FÜHrUNGSAKADEMIE FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND [email protected]@fueak.bayern.de

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Auch die Rinder fressen BohnenKörnerleguminosen neben oder zusätzlich zu Rapsextraktionsschrot, Biertreber und Schlempe?

von DR. HUBERT SCHUSTER, JENNIFER BRANDL, PETRA RAUCH: Das Greening hat einen stark gestiegenen Anbau von Körnerleguminosen, insbesondere von Ackerbohnen und Erb-sen nach sich gezogen. Aber auch Sojabohnen und Lupinen werden verstärkt hierzulande angebaut. Grund hierfür ist, dass diese zu 70 Prozent angerechnet und im selben Jahr auch noch verfüttert werden können, was bei anderen Zwischenfrüchten nicht der Fall ist. Auto-matisch kommen folgende Fragen: „Wie kann ich Ackerbohnen und Co. verwerten? Wie in die Fütterung einbauen? Als Ergänzung zu Rapsextraktionsschrot, Biertreber und Schlempen oder sogar als Ersatz dafür?“

Stellt man in der Fütterung obige Fragen, so steht zuvorderst die Überlegung: Was ist drin? Danach richten sich Einsatz und Grenzen.

Inhaltsstoffe: Stärken- und SchwächenvergleichIn Tabelle 1 sind neben den drei „großen“ heimischen Ei-weiß-Kraftfuttermitteln Rapsextraktionsschrot, Biertreber und Weizenschlempe als Vertreter für die Schlempen die vier Körnerleguminosen Sojabohnen, Süßlupinen, Ackerbohnen und Erbsen mit ihren wichtigsten Inhaltsstoffen gegenüber gestellt. Rapsextraktionsschrot dient dabei als Vergleichs-maßstab.

Der erste Blick fällt natürlich auf die knappe Ressource „Rohprotein“: Sojabohnen und Lupinen liegen hier auf ähn-lich hohem Niveau wie Rapsextraktionsschrot und Weizen-schlempe; Ackerbohnen und Erbsen dagegen sind in diesem Merkmal dem Biertreber ähnlich. Beim nXP-Gehalt nivelliert

sich das Bild etwas, da hier neben dem Anteil an UDP (im Pansen unabgebautes Protein) auch der Energiegehalt eine Rolle spielt. Rapsextraktionsschrot und Weizenschlempe sind hier aufgrund ihres höheren Anteils an UDP im Vorteil. Neben der Quantität steht die Qualität: Aus verschiedenen Versuchen bei Milchkühen, Fressern und Mastbullen ist be-kannt, dass mit Schlempen als alleiniger Eiweißergänzung nicht das Leistungsniveau von Rapsextraktionsschrot er-reicht wird. Grund hierfür ist nach derzeitigem Stand, dass auch das Rind auf die Zufuhr essentieller Aminosäuren an-gewiesen ist. Diese werden zwar größtenteils im Pansen gebildet, aber darüber hinaus ist eine Zufuhr nötig. Jedoch besteht noch keine Klarheit über das „Wieviel“. Bei den Ami-nosäuren liegen Rapsextraktionsschrot und Sojabohnen klar an der Spitze, wobei Rapsextraktionsschrot wegen des hö-heren Gehalts an Methionin etwas besser zu bewerten ist. Weizenschlempe und Biertreber liefern deutlich weniger

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→ Tabelle 1: Stärken-/Schwächentabelle von großkörnigen Körnerleguminosen, Biertreber und Weizenschlempe im Vergleich zu Rapsextraktonsschrot

Je kg TM Acker-bohnen

Erbsen Soja- bohnen

Süß-lupinen

Rapsextraktions-schrot

Bier- treber

Weizen-schlempe

XP g 295 235 400 376 392 249 382

UDP % 15 15 30 20 35 40 40

nXP g 194 183 198 217 254 188 269

NEL MJ 8,6 8,5 9,9 9,2 7,1 6,69 7,29

Stärke+Zucker g 451 539 137 147 79 23 44

pabKH* g 348 420 126 129 79 21 41

Rohfett g 16 15 203 87 36 84 61

Kalzium g 1,6 0,9 2,9 2,9 8,7 3,6 1,4

Phosphor g 4,8 4,8 7,1 5,1 13,6 6,0 10,8

Lysin g 16,2 14,5 23,0 15,6 20,2 8,9 8,0

Methionin g 1,8 1,9 5,0 2,0 7,6 5,3 5,7

*pabKH – pansenabbaubare Kohlenhydrate Schwäche des Futtermittels Stärke des Futtermittels

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Lysin und Methionin. Bei der Energie weisen dagegen die vier Körnerleguminosen einen deutlichen Vorsprung gegen-über Rapsextraktionsschrot und Schlempen auf. Biertreber liegt hier noch niedriger. Die hohen Energiegehalte beruhen insbesondere bei Ackerbohnen und Erbsen auf den hohen Gehalten an pansenabbaubaren Kohlenhydraten. Deren Ge-halt in der Gesamtration sollte auch in Hochleistungsrati-onen höchstens bei rund 25 Prozent liegen, da sonst der pH-Wert im Pansen zu stark absinkt und die Gefahr einer Azidose stark ansteigt. Theoretisch könnte dies durch hö-here Gaben an strukturwirksamem Grobfutter wieder aus-geglichen werden, was sich aber bei Hochleistungsrationen aufgrund der begrenzten Futteraufnahme ausschließt. Der Fettgehalt bildet einen weiteren limitierenden Faktor. Er soll in der Gesamtration vier Prozent nicht übersteigen, da es sonst zu einer Beeinträchtigung der zellulose-abbauenden Bakterien kommt. Bei einem Vergleich dürfen die Mineral-stoffe nicht fehlen. Hierin liegt eine zusätzliche Stärke von Rapsextraktionsschrot, da insbesondere Phosphor bei der Mineralstoffergänzung eingespart werden kann.

Im Mischfutter für Milchvieh verwertbare Mengen Zur Beantwortung der Frage nach der verwertba-ren Menge im Mischfutter ist in Tabelle 2 zu jeder Kör-nerleguminose ein Rations-beispiel angeführt. Ziel ist

aus einer Grundration mit 20 kg Frischmasseertrag (FM) Maissilage, 18 kg FM Grassilage und einem kg FM Heu jeweils eine aufgewer-tete Mischration zu erstel-len, die für ca. 25 kg Milch ausreicht und nach Eiweiß und Energie in etwa ausge-glichen ist. Zudem müssen die Zielwerte für die Para-meter pansenabbaubare Kohlenhydrate, Fettgehalt und Struktur-/index beach-tet werden.Beim Vergleich der Kraft-futterergänzung mit Eiweiß und Energie kommen die oben genannten Stärken und Schwächen zum Tra-

gen: Für Ackerbohnen und Erbsen ist weniger Ergänzung an Energie durch eine Schrotmischung und mehr Ergänzung an Eiweiß durch Rapsextraktionsschrot nötig als bei Süß-lupinen. Die Menge an Sojabohnen muss dagegen in die-ser Ration auf 0,7 kg begrenzt werden, da sonst die „Schall-mauer“ für Rohfett in der Gesamtration durchbrochen wird. Eine Möglichkeit, den Fettgehalt in der Ration zu reduzieren, wäre der Einsatz von Sojakuchen. Zudem steigt hier auch die Wertschöpfung durch den Verkauf des Öls. Die drei Kriterien, die die Pansengesundheit betreffen, also der Gehalt an pan-senabbaubaren Kohlenhydraten, die Neutrale Detergenti-enfaser aus dem Grobfutter und der Strukturindex (NDF), weisen noch einigen Puffer auf. Das heißt, es kann noch Kraftfutter für höhere Leistungen darauf gelegt werden, bevor ein für den Pansen kritischer Bereich erreicht wird.

Großkörnige Körnerleguminosen in eigenen Kraftfuttermischungen In Tabelle 3 sind hofeigene Kraftfuttermischungen mit Kör-nerleguminosen dargestellt, die einen Milcherzeugungs-

→ Tabelle 2: Rationsbeispiele mit großkörnigen Leguminosen für ca. 25 kg Milch1)

Ackerbohnen Erbsen Süßlupinen Sojabohnen

Körnerleg. kg FM 1,5 1,5 1,5 0,7

WW/WG/KM2) kg FM 2,7 2,7 3,0 3,3

Rapsextr.S. kg FM 0,8 0,9 0,3 0,9

Milchleistung und Rationskennwerte (i.d.TM)

Milch (NEL) kg 25,0 25,2 25,0 25,1

Milch (nXP) kg 25,5 25,6 25,2 25,4

RNB g 3,8 –4,4 2,9 1,9

Fett % 3,3 3,3 3,8 4,0

pabKH % 19,4 19,9 18,6 19,0

aNDFom (GF)3) % 40,4 40,4 40,1 40,9

Strukturindex4) 77 74 80 78

1) Grundration aus 20 kg FM Grassilage, 18 kg FM Maissilage, 1 kg FM Heu, Mineralfutter 2) WW/WG/KM – Energiemischung aus je einem Drittel Winterweizen, Wintergerste und Körnermais 3) aNDFom (GF) – Neutrale Detergentien Faser aus dem Grobfutter, mindestens 32 Prozent 4) Strukturindex – hierin sind die beiden gegenläufigen Größen pabKH und NDF (GF) miteinander verrechnet; sollte mindes-tens 50 betragen (siehe „SuB“ …..)

→ Tabelle 3: Beispiele für Kraftfuttermischungen mit Körnerleguminosen

% Ackerbohnen Erbsen Süßlupinen Sojabohnen

(Körnerleguminose) 25 25 20 20

Rapsextraktionsschrot 25 30 20 20

Gerste 28 18 18 18

Weizen 18 23 38 38

Mineralfutter 4 4 4 4

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wert von ca. 2 kg Milch aufweisen und nach Energie und Eiweiß in etwa ausgeglichen sind.

Grundsätzlich ist in jeder Mischung eine Ergänzung mit Rapsextraktionsschrot nötig:

→ im Falle von Ackerbohnen und Erbsen um Eiweiß und essentielle Aminosäuren zu ergänzen und den Gehalt an pansenabbaubaren Kohlenhydraten zu begrenzen

→ im Falle von Süßlupinen um essentielle Aminosäu-ren zu ergänzen

→ im Falle von Sojabohnen um den Fettgehalt zu begrenzen

ZusammenfassungRapsextraktionsschrot als Vergleichsmaßstab lässt sich so-wohl in einer aufgewerteten Mischration als auch in einer hofeigenen Kraftfuttermischung für Milchkühe als alleinige Eiweißkomponente einsetzen. Bei den großkörnigen Kör-nerleguminosen ergeben sich im Vergleich mit Rapsextrak-tionsschrot folgende Einschränkungen:

→ der geringere Gehalt an Eiweiß und der sehr hohe Gehalt an pansenabbaubaren Kohlenhydraten bei Ackerbohnen und Erbsen

→ der hohe Fettgehalt bei Sojabohnen → der geringere Gehalt an Kalzium und Phosphor bei

allen Körnerleguminosen → der geringere Gehalt an essentiellen Aminosäuren,

insbesondere Methionin

In einer hofeigenen Kraftfuttermischung sollte deshalb immer Rapsextraktionsschrot als zweite Eiweißkompo-nente enthalten sein. In einer Grundration für Milchkühe lassen sich mit Ausnahme von Sojabohnen ohne weiteres 1,5 kg Körnerleguminosen bei entsprechendem Ausgleich an Eiweiß und Energie verwerten.

DR. HUBERT SCHUSTERJENNIFER BRANDLPETRA RAUCHBAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr TIErErNÄHrUNG UND [email protected]@[email protected]

→ Körnerleguminosen statt Rapsextraktionsschrot (von oben Lupinen,

Ackerbohnen und Soja) (Foto: Dr. Hubert Schuster, LfL)

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Selektives Trockenstellen von Milchvieh Interview mit Martin Kühberger und Charlotte Stricker zum Projekt „RAST“

Der Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion wird in der Gesellschaft vor dem Hinter-grund von Verbraucherschutz, Ausbreitung von multiresistenten Keimen und Tierwohl zunehmend kritisch gesehen. Erzeugung, aber auch Forschung und Beratung müssen sich fragen: Welche alternativen Konzepte gibt es zum Antibiotikaeinsatz? Wie lassen sich neue Konzepte in die Praxis umsetzen? Was für Hemmnisse bzw. Probleme gibt es beim prakti-schen Einsatz? Antworten darauf soll das Projekt RAST oder „Reduktion des Antibiotikaein-satzes beim Milchvieh durch selektives Trockenstellen“ der Landesanstalt für Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit der LMU München und dem Tiergesundheitsdienst e. V. geben. Die Projektmitarbeiter Martin Kühberger und Charlotte Stricker erläutern die Zielsetzung und das Vorgehen im Projekt.

Warum wurde das Projekt ins Leben gerufen?Martin Kühberger: Die Öffentlichkeit diskutiert das Thema Medikamenteneinsatz in der Nutztierhaltung und in diesem Zusammenhang auch die Thematik der Resistenzbildung bestimmter Keime intensiv. Das fordert die Landwirtschaft, selbst aktiv zu werden und sinnvolle sowie mögliche Einspa-rungen beim Antibiotikaeinsatz zu finden. Es wird natürlich auch in der Milchviehhaltung daran gearbeitet, die Verfah-ren und den Produktionsprozess weiter zu verbessern. Die Phase des Trockenstehens bietet gute Ansatzpunkte zur Re-duzierung des Antibiotikaeinsatzes.

Warum bietet gerade die Trockenstehphase hier Ansatzpunkte?Kühberger: Rund die Hälfte der eingesetzten Antibiotika-menge wird in der Milchviehhaltung beim Trockenstellen der Tiere verwendet (siehe Bild 1). Zum einen bietet diese „Ruhephase“ des Euters gute Voraussetzungen, um beste-hende Infektionen im Euter zu bekämpfen und auszuheilen, andererseits sollen mit dem Einsatz von Antibiotika Neuin-fektionen in dieser infektionsträchtigen Zeit verhindert wer-den. Der selektive und tierindividuelle Einsatz von Antibio-tika hat gegenüber einem generellen Einsatz den Vorteil, Antibiotika einzusparen und gleichzeitig bei entsprechend akkurater Auswahl und Behandlung der Tiere die Euterge-sundheit und damit das Tierwohl nicht zu gefährden.

Was genau bedeutet „Selektives Trockenstellen“?Charlotte Stricker: Am Ende der Laktation werden Milch-kühe für ca. sechs bis acht Wochen trockengestellt, d. h. nicht gemolken. Dabei wird oft zur Krankheitsvorbeugung

ein Langzeitantibiotikum, ein sogenannter Trockensteller, in die Euterviertel verabreicht. Das fehlende Melken wäh-rend der Trockenstehphase führt zum Wegfall der zweimal täglichen Kontrolle und stellt höhere Anforderungen an den Tierhalter, beginnende Entzündungen frühzeitig zu erkennen. Beim selektiven Trockenstellen werden nur die Tiere mit einem antibiotischen Trockensteller behandelt, die auffällig sind und daher ein höheres Krankheitsrisiko haben.

Wann ist ein Tier „auffällig“?Stricker: Dazu muss beispielsweise die Zellzahl erhöht sein oder ein Erreger in der Milch nachgewiesen werden. Bei eu-tergesunden Tiere kommt kein Trockensteller zum Einsatz. Allenfalls wird der Kuh ein interner Zitzenversiegler verab-

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→ Bild 1: Viele Milchkühe werden unter antibiotischem Schutz trocken

gestellt (Foto: Charlotte Stricker, LfL und Katharina Schmon, LMU)

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reicht. Er verhindert das Aufsteigen von Krankheitserregern über den Strichkanal.

Welche Ziele verfolgt das Projekt RAST genau?Stricker: Langfristig verfolgt das Projekt RAST das Ziel, eine praxistaugliche Vorgehensweise für das selektive Trocken-stellen zu erarbeiten und damit Antibiotika in der Milchvieh-haltung einsparen. Das Verfahren des selektiven Trocken-stellens wird in Ansätzen in der Praxis ja bereits angewandt. Um noch mehr Landwirte dafür zu gewinnen, müssen wir aber genau wissen, welche Voraussetzungen für den Erfolg gegeben sein müssen. Wir versuchen also zu klären, welche Probleme bei der Umsetzung in den Betrieben auftauchen können und wie man sie lösen kann. Dazu betreuen wir die teilnehmenden Betriebe während der Projektlaufzeit inten-siv, erfassen wichtige Daten rund um das Trockenstellen und werten sie aus. Daraus wollen wir Risiken für die Euterge-sundheit der Tiere beschreiben und Faktoren festlegen, die den Erfolg des selektiven Trockenstellens ermöglichen oder behindern.

Wie sieht das in der Praxis aus?Stricker: Im Rahmen unseres Projekts werden die einzelnen Kühe sehr genau untersucht und beobachtet. Die teilneh-menden Landwirte ziehen zu fünf verschiedenen Zeitpunkten Viertelgemelksproben (siehe Bild 2). Der Tiergesundheitsdienst e. V. (TGD) untersucht sie bakteriologisch auf eventuell vorhandene Mastitiserreger. Zusätzlich wird die Milch der einzelnen Viertel bei der Probenahme anhand des Schalmtests beurteilt, um Abweichungen und beginnende Euterprobleme zu erkennen. Die Zellzahlen und die Mastitishistorie während der laufenden Laktation spielen eine wichtige Rolle, um eine präzise Aussage für die Trocken-stellentscheidung treffen zu können. Neben die-sen klinischen Parametern zur Eutergesundheit der Tiere werten wir auch Daten zur Fütterung und zur Haltung in den Betrieben aus. Und ganz wichtig ist auch das Trockenstell- bzw. Abkalbe-management insgesamt. Besonders wichtig ist hier, dass die Tiere bzw. deren Eutergesundheit im Blick behalten werden und in diesem Bereich hygienisch einwandfrei gearbeitet wird.

Wann kann bei einer Kuh auf einen antibio-tischen Trockenstellschutz verzichtet werden?Stricker: Das hängt von mehreren Faktoren ab. Wir haben extra für das Projekt einen Entscheidungs-baum entwickelt, der für jedes Tier zum Einsatz kommt: Die Zellzahlen der drei letzten Proben

der Milchleistungsprüfung sowie die Mastitishistorie wäh-rend der vorangegangenen Laktation geben Aufschluss da-rüber, ob ein Tier grundsätzlich für ein Trockenstellen ohne antibiotischen Trockensteller geeignet ist. Für das selektive Trockenstellen kommen nur Tiere in Frage, die keine Mas-titis in der laufenden Laktation hatten und deren Zellzah-len nicht über 200 000 Zellen pro Milliliter Milch gestiegen

→ Bild 2: Viertelgemelksproben zur bakteriologischen Untersuchung

bilden eine der Grundlagen für die Entscheidung beim „Selektiven

Trockenstellen“ (Foto: Charlotte Stricker, LfL und Katharina Schmon, LMU)

→ Bild 3: Verteilung der RAST-Projektbetriebe in Bayern (beteiligte Lehranstalten im

grünen Kreis)

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sind. Ein weiteres Kriterium stellt der mikrobiologische Befund ca. 10 bis 14 Tage vor dem Trockenstellen dar. Ist der Befund positiv, wird grundsätzlich ein antibioti-scher Trockensteller unab-hängig von den Zellzahlen verabreicht. Eine Ausnahme bilden nur die Koagulase-negativen Staphylokokken. Als letzte Kontrolle darf zum Zeitpunkt des Trockenstel-lens der Schalmtest nicht über Grad 1 (leichte Schlie-renbildung) hinausgehen. Fällt auf allen drei Ebenen – Zellzahlen mit Mastitishis-torie, mikrobiologischer Befund, Schalmtest – die Entschei-dung für ein Trockenstellen ohne Antibiotika, sollte das Tier auch während der Trockenstehperiode regelmäßig auf An-zeichen einer Euterentzündung untersucht werden.

Wie arbeiten Sie mit Ihren Projektpartnern zusam-men?Kühberger: Die 20 beteiligten Projektbetriebe, die aus ganz Bayern kommen (siehe Bild 3), selektieren ihre Tiere nach den Projektvorgaben. Sie ziehen die Milchproben und dokumen-tieren die für das Projekt notwendigen Daten. Das ist ein nicht unerheblicher Aufwand. Die Erfahrungen der Betriebe mit dem selektiven Trockenstellen und den damit verbun-denen Arbeitsabläufen sollen in die Ergebnisse des Projekts direkt einfließen.

Die Klinik für Wiederkäuer der LMU betreut insbesondere die tiermedizinischen Fragestellungen des Projekts. Und der TGD kümmert sich schwerpunktmäßig um die mikrobiologi-sche Analyse und Interpretation der umfangreichen Milch-proben. Außerdem unterstützt der TGD das Screening der Betriebe und die Überprüfung der Melktechnik. Die Projekt-leitung und -koordination sowie die Bearbeitung von hal-tungstechnischen Fragen liegt bei uns, d. h. beim Institut für Landtechnik und Tierhaltung der LfL (siehe Bild 4).

Wie sollen die Ergebnisse des Projekts weitergege-ben werden?Kühberger: Die gewonnen Daten und Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten Chancen und Risiken für ein selektives Trockenstellen fließen in Beratungsempfehlungen ein. Un-sere Auswertung soll sowohl eutergesundheitliche, als auch ökonomische Aspekte näher beleuchten.

Das Ziel des Projekts RAST geht über die reine Analyse und Auswertung des Verfahrens „Selektives Trockenstellen“

hinaus. Das Projekt soll die Diskussion in der Praxis anstoßen, Betriebe und Fachleute zusammen bringen und fundierte Ergebnisse für die objektive Diskussion liefern.

Nach unseren Erfahrungen werden neue Erkenntnisse und Verfahren besser und schneller in die Praxis überführt, wenn von Anfang an landwirtschaftliche Praxisbetriebe in die Projektdurchführung, aber auch bei der Darstellung der Ergebnisse mit eingebunden sind. Für den Winter 2016/17 sind bereits verschiedene Info-Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern für Er-nährung, Landwirtschaft und Forsten und den Fachzen-tren geplant.

Natürlich werden wir die Ergebnisse auch in der Fach-presse, bei regionalen Info-Veranstaltungen und im Rahmen von Vorträgen und Workshops vorstellen. Eine laufende In-formationen zum Konzept und dem aktuellen Stand des Projekts RAST sowie weiterführende Informationen finden Interessierte im Internet unter www.LfL.bayern.de/RAST

MARTIN KÜHBERGERCHARLOTTE STRICKERBAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr LANDTECHNIK UND [email protected]@lfl.bayern.de

DAS INTERVIEW FÜHRTE:EVA REICHERTBAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTABTEILUNG INForMATIoN UND [email protected]

→ Bild 4: Referenten und Projekt-Landwirte bei der Auftaktveranstaltung im April 2016 in Grub

(Foto: Wolfgang Seemann, LfL)

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Phosphorgehalte von Grünlandaufwüchsen auf bayerischen Praxisflächen

von DR. MICHAEL DIEPOLDER und SVEN RASCHBACHER: Im Rahmen des sechsjährigen For-schungsprojekts „Ertrags- und Nährstoffmonitoring Grünland Bayern“ der Bayerischen Lan-desanstalt für Landwirtschaft (LfL) wurden von 2009 bis 2014 auf ca. 150 Praxisflächen die Phosphor-Gehalte von insgesamt rund 2000 Grünlandaufwüchsen bzw. 537 vollständigen Jahresernten untersucht. Die Ergebnisse belegen, dass die mittlere P-Konzentration mit Erhö-hung der Nutzungsintensität signifikant zunimmt und dies bei der Ableitung von Faustzahlen zur P-Düngebedarfsermittlung zu berücksichtigen ist. Die P-Konzentrationen der Aufwüchse steigen im Jahresverlauf meist an. Teilweise war eine Abhängigkeit vom Wiesentyp nachweis-bar. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der Bodenuntersuchung zeigen die Pflanzenanalysen der Aufwüchse weitestgehend optimale bis hohe P-Gehalte.

Im Entwurf zur Novellierung der Düngeverordnung (BMEL, 2015) sind Stickstoff und Phosphor zentrale Nährstoffe. Wäh-rend jedoch bei Stickstoff Bedarfswerte bundesweit abge-stimmt wurden und im Entwurf enthalten sind, trifft dies zumindest bis dato (Herbst 2016) für Phosphor nicht zu. Auch besteht derzeit in Fachgruppen über die Höhe des zu veranschlagenden spezifischen Entzuges (g P/kg TM) kein bundeseinheitlicher fachlicher Konsens. Regionale Ver-suchs- und Monitoringdaten bilden daher eine wertvolle fachliche Basis für Diskussionen.

Dies auch deshalb, da die Frage einer optimalen P-Ver-sorgung und damit fachgerechten P-Düngung wieder verstärkt in den Focus rückt, zumal Phosphor essentieller Nährstoff für den pflanzlichen und tierischen Organismus ist. Viele Grünlandflächen in Bayern und Österreich weisen jedoch nach den derzeit gültigen Düngungsrichtlinien sub-optimale pflanzenverfügbare P-Konzentrationen im Wurzel-raum auf (BUCHGRABER, 2007; PÖTSCH UND BAUMGARTEN, 2010, BOHNER, 2011, DIEPOLDER UND RASCHBACHER, 2011, 2013). Sie bedürften somit eigentlich einer deutlich über der veranschlagten Nährstoffabfuhr liegenden P-Düngung („Aufdüngung“). Dies wiederum ist aufgrund neuerer Ver-suchsergebnisse (GREINER, 2006; GREINER ET AL., 2010, 2014), aber auch angesichts der weltweit nur sehr begrenzt vorhandenen qualitativ hochwertigen, d. h. abbauwürdi-gen, primären P-Lagerstätten sowie häufig hoher Preise für P-Dünger zunehmend kritisch zu hinterfragen. Zudem werden einer Aufdüngung bei der neuen Düngeverordnung (BMEL, 2015) vor dem Hintergrund maximal zulässiger po-sitiver P-Bilanzen wohl engere Grenzen als bisher gesetzt.

Im Beitrag werden als Schwerpunkt die Ergebnisse einer Auswertung zu P-Gehalten von 537 vollständigen Jahresern-ten bzw. insgesamt rund 2 000 Grünlandaufwüchsen vorge-stellt, die im Rahmen eines sechsjährigen (2009 bis 2014) Monitorings (Heinz et al., 2016; Diepolder et al., 2016 a) von insgesamt 150 Flächen auf bayerischen Praxisbetrieben ge-wonnen wurden. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des Gesamtprojekts findet der Leser in der Aus-gabe 09-10/2016 von „Schule und Beratung“ (Diepolder et al., 2016 b).

Material und MethodenAuf den nach geographischer Lage, Nutzungsintensität und Wiesentyp ausgewählten Flächen wurden mittels ge-nau definierter Schnittproben die Frisch- und Trockenmas-se-Erträge aller Aufwüchse erhoben (7 x 1 m2 pro Schlag, Abgrenzung der Fläche durch tragbare Rahmen, Schnitt mit elektrischer Rasenkantenschere mit Höhenbegrenzung, Schnitthöhe 5 – 6 cm, Schnittzeitpunkt max. 2 bis 3 Tage vor der Beerntung durch den Landwirt). Pro Aufwuchs und Fläche wurden in einer Mischprobe die Mineralstoffgehalte (N, P, K, Mg, Ca, S, Na, Zn) im getrockneten Grüngut nach Methoden der VDLUFA nasschemisch bestimmt.

Auf jeder Fläche wurde einmal im Projektzeitraum im Frühjahr vor der ersten Düngung eine Bodenprobe in 0 bis 10 cm Tiefe nach der gleichen Methode entnommen und auf Humusgehalt, Gesamt-N-Gehalt, pH-Wert (CaCl2) sowie den Gehalten an CAL-P2O5, CAL-K2O und Mg (CaCl2) analysiert.

Die Daten wurden auf Plausibilität geprüft und unvoll-ständige Datensätze von der weiteren Auswertung ausge-

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schlossen. In Anlehnung an Literaturangaben (Amberger, 1996; Greiner et al., 2010, 2014; Voigtländer und Jakob, 1987; LfL, 2015; Rieder 1983) wurde zudem versucht, die P-Gehalte in Hinblick auf pflanzenbaulich/tierische Bedarfsnormen zu klassifizieren.

P-Gehalte nach Nutzungsintensität und JahresverlaufDie mittleren Phosphor-Gehalte lagen in Abhängigkeit von Nutzungsintensitätsstufe und Aufwuchs in einem weiten Be-reich von ca. 2,3 bis 5,0 g P/kg TM (Tabelle 1). Dabei wurden in der Regel in der zweiten Vegetationshälfte deutlich hö-here mittlere P-Gehalte als im Frühjahr gemessen.

Generell nahmen die mittleren P-Konzentrationen mit zunehmender Nutzungsintensität (Schnitte pro Jahr) zu, wo-bei der Anstieg der Jahresmittel bis zu einer Intensität von fünf Schnitten signifikant war (Tabelle 1).

Für die Paxis folgt aus diesen Resultaten: Es ist nach wie vor sinnvoll, Faustzahlen zur P-Abfuhr – u. a. im Zusammen-hang für die Ableitung der optimalen P-Düngung im Grün-land und mehrjährigen Feldfutterbau – nicht nur nach dem Ertragsniveau, sondern auch nach der Nutzungsintensität zu bemessen.

P-Gehalte im VergleichIn Futterrationen für Milchkühe werden bei Trockenstehern P-Gehalte von 2,5 g P/kg TM, bei Milchleistungen von 20 bzw. 40 kg/Tag dagegen P-Gehalte von 3,3 bzw. 4,0 g P/kg TM in der Gesamtration empfohlen (LfL, 2015). Vor diesem Hintergrund geht aus Tabelle 1 hervor, dass zumindest der obere Wert im Durchschnitt der Drei- und Vierschnittflächen häufig noch nicht erreicht wird. Die P-Gehalte bei drei und viermaliger Schnittnutzung (3,47 bzw. 3,87 g P/kg TM) liegen

aber auf dem Niveau der Jahresmittel bayerischer Grassila-gen, welche sich meist in einem Bereich von 3,3-3,6 g P/kg TM bewegen (Diepolder und Raschbacher, 2013).

Mit Ausnahme des ersten Aufwuchses von Ein- und Zweischnittwiesen wurden im Mittel P-Konzentrationen von 3,0 g P/kg TM stets überschritten (Tabelle 1). Ab dreimaliger Nutzung erreichten die durchschnittlichen P-Gehalte im ge-trockneten Grüngut der im Spätsommer oder Herbst geern-teten Schnitte sogar meist Werte über 4,0 g P/kg TM.

Unterstellt man in Anlehnung an Amberger (1996) eine P-Konzentration unter 2 g P/kg TM als Mangelsituation, so lässt sich anhand der Daten in Tabelle 1 kein Hinweis auf eine unzureichende P-Versorgung bei einer bestimmten Inten-sitätsstufe ableiten. In Anlehnung an Greiner et al. (2010, 2014) sowie Voigtländer und Jakob (1987) könnte ein P-Ge-halt ab etwa 3 g P/kg TM als Schwellenwert für eine optimale pflanzenbauliche Bedarfsnorm gelten, wobei auch tierische Ansprüche (LfL, 2015) zumindest teilweise mit berücksich-tigt wären.

Nach Pflanzenanalyse kaum P-MangelDie Pflanzenanalysen weisen nach der vorgenommenen Klas-sifizierung auf eine gute Versorgung des bayerischen Grün-lands mit Phosphor hin. Rund 82 Prozent der untersuchten, kurz vor dem jeweiligen Schnitt genommenen 2 000 Auf-wüchse erreichten Konzentrationen von über 3,0 g P/kg TM und zeigen damit eine optimale bis hohe P-Versorgung an (Tabelle 2). Nur bei insgesamt etwa 2 Prozent der Proben lag ein ausgesprochener P-Mangel vor, dies jedoch fast nur bei den Ein- bis Zweischnittwiesen. Möglicherweise wird ein Großteil dieser Wiesen selten oder nie gedüngt. Anderser-seits erreichten die Aufwüchse von Grünlandbeständen mit

→ Tabelle 1: P-Gehalte in g/kg Trockenmasse (TM) im Jahresverlauf und im nach Ertragsanteil der Aufwüchse gewichteten Jahresmittel bei unter-

schiedlicher Nutzungsintensität des Grünlands (Mittel 2009-2014; ± Standardabweichung 1))

Nutzungsintensität (Schnitte a-1)

Aufwuchs 1 2 3 4 5 6

1. 2,28 ± 0,85 2,72 ± 0,85 3,22 ± 0,96 3,70 ± 0,82 4,02 ± 1,00 3,92 ± 0,85

2. 3,33 ± 1,18 3,48 ± 0,85 3,69 ± 0,80 4,03 ± 0,78 4,56 ± 0,83

3. 4,13 ± 1,23 4,10 ± 0,95 4,07 ± 0,81 4,08 ± 0,93

4. 4,42 ± 1,01 4,46 ± 0,91 4,47 ± 0,70

5. 4,80 ± 1,07 4,62 ± 0,93

6. 5,00 ± 1,08

Δ A. 1-6 - 0,61 0,91 0,73 0,78 1,08

Ø 2,28± 0,85

e2,88

± 0,90 d

3,47± 0,76

c3,87

± 0,67 b

4,20± 0,65

a4,32

± 0,57 a

n 2) 18 62 131 176 122 28

1) Unterschiedliche Buchstaben unter der Standardabweichung bedeuten signifikante Unterschiede der Mittelwerte zwischen den Nutzungsintensitätsstufen (SNK-Test bei α =0,05)2) Anzahl (n) bedeutet die Anzahl der vollständigen Schnittproben in den sechs Jahren 2009-2014; so lagen z. B. bei Vierschnittwiesen 176 vollständige Ertragserfassungen im Untersuchungszeitraum vor.

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fünf und sechs Schnittnutzungen pro Jahr in mehr als der Hälfte bzw. knapp zwei Drittel der Fälle P-Gehalte über 4,0 g P/kg TM (Tabelle 2)

Im Bereich einer mittel- bis hochintensiven Nutzung, d. h. im Bereich von drei bis sechs Schnitten pro Jahr, er-reichten insgesamt rund 37 Prozent aller Aufwüchse P-Kon-zentrationen zwischen 3,0 und 4,0 g P/kg TM, bei weiteren 48 Prozent liegen die P-Gehalte sogar darüber; nur rund 15  Prozent der Aufwüchse lassen bei P-Gehalten unter 3,0 g/kg TM vermuten, dass hier die P-Versorgung durch Boden und/oder Düngung während des Wachstums sub-optimal war (Tabelle 3).

Die offensichtlich nach Pflanzenanalyse gute P-Versor-gung ist auch deshalb bemerkenswert, da dies in einem ge-wissen Widerspruch mit den P-Gehaltswerten des Bodens steht. So lagen die Phosphatgehalte bei etwa der Hälfte der im Projekt untersuchten Flächen unterhalb der Versorgungs-klasse „C“ (10-20 mg CAL-P2O5/100 g Boden). Auch gesamt-bayerische Auswertungen von Bodenuntersuchungsergeb-nissen (LFL, 2015) zeigen einen ähnlich hohen Anteil von Proben unterhalb der Versorgungsklasse „C“.

Bei den drei- bis sechsmal pro Jahr geschnittenen Pro-jektflächen wiesen mehr als zwei Drittel der Böden eine Bo-denversorgung unter 15 mg CAL-P2O5, jedoch überwiegend optimale bis hohe P-Gehalte im Pflanzenmaterial auf; ein (klarer) Trend, dass optimal-hohe P-Gehalte von Grünland-aufwüchsen an entsprechende PCAL-Gehalte im Oberboden gekoppelt waren, ließ sich nicht ersehen (Tabelle 3). Auch bei den TM-Erträgen (hier nicht eigens dargestellt) zeigte sich keine klare Beziehung zur PCAL-Versorgung des Bodens.

Starke Streuung der WerteSelbst bei identischer Nutzungsintensität streuten die Ein-zelwerte generell stark um die jeweilen Mittelwerte (siehe Tabelle 1). Bildet man die Variationskoeffizienten der Mittel-werte der einzelnen Nutzungsintensitäten (Standardabwei-chung relativ zum jeweiligen Mittel), stellt man fest, dass diese mit steigender Nutzungsintensität immer kleiner wer-den, während die Mittelwerte mit steigender Nutzungsin-tensität zunehmen.

Für die Praxis folgt jedoch aus den allgemein hohen Streuungen um die Mittelwerte (Tabelle 1) selbst bei ähnli-

→ Tabelle 2: Eingruppierung der P-Gehalte bei unterschiedlichen Nutzungsintensitäten

Nutzungs- intensität

(Schnitte a-1)

Proben (n)

Anteil in Prozent der Proben (gerundet)

≤ 2,0 g P/kg TM „Mangel“

2,0 – 3,0 g P/kg TM „niedrig“

> 3,0 – ≤ 4,0 g P/kg TM „optimal“

> 4,0 g P/kg TM

„hoch“

1 18 44 44 6 6

2 122 16 37 29 18

3 390 3 28 37 31

4 694 0 14 41 44

5 609 0 8 34 58

6 167 1 4 30 65

Mittel 2 16 36 46

(∑ Proben) (2 000) (846) (316) (724) (914)

→ Tabelle 3: P-Gehaltsklassen in Abhängigkeit der P-Versorgung des Bodens (in 0 bis 10 cm Tiefe) bei Grünlandbeständen mit 3 bis 6 Schnitten pro

Jahr (1838 Proben)

Anteil in Prozent der Gesamtprobenzahl (gerundet)

P-Gehalt Boden (mg CAL-P2O5 pro 100 g

Boden)

≤ 2,0 g P/kg TM „Mangel“

2,0 – 3,0 g P/kg TM „niedrig“

> 3,0 – ≤ 4,0 g P/kg TM „optimal“

> 4,0 g P/kg TM

„hoch“

Summe

< 5 < 1 2 2 1 5

5 – < 10 < 1 7 14 11 32

10 – < 15 < 1 4 12 17 32

15 – < 20 < 1 1 5 6 11

20 – < 25 0 < 1 2 6 8

≥ 25 0 < 1 3 8 11

Summe 1 14 37 48 100

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chem Nutzungszeitpunkt (siehe diesbezüglich Tabelle 5), dass aus wenigen oder gar nur einer Probe (z. B. der Silgageprobe eines Schnittes) nicht auf den spezifischen P-Gehalt einer Futterfläche, eines Jahres oder gar eines Betriebes geschlos-sen werden kann.

Bedeutung des WiesentypsEin Teil der Streuung der P-Gehalte um die Mittelwerte ei-ner Nutzungsintensitätsklasse ließ sich – zumindest bei Vierschnittwiesen – sowohl auf unterschiedliche Grünlan-danbaugebiete als auch auf unterschiedliche Wiesentypen zurückführen.

Hinsichtlich der Wiesentypen fielen Vierschnitt-Wiesen mit hohem Anteil an Wiesenfuchsschwanz durch signifikant niedrigere P-Gehalte, aber auch niedrigere P-Abfuhren ge-genüber Wiesen mit höherem Weidelgras- bzw. Kräuteran-teil auf (Tabelle 4). Damit werden im Prinzip frühere baye-rische Untersuchungen (Rieder 1983, 1985) auf Basis von mineralisch gedüngten Exaktversuchen bestätigt, aus de-nen hervorgeht, dass neben der Nutzungshäufigkeit auch der Wiesentyp Einfluss auf den Ertrag, die Futterqualität und Nährstoffabfuhr hat.

Bei Zweischnittwiesen deuteten sich bei der P-Abfuhr ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen einzelnen Wie-sentypen an, welche allerdings nicht auf die P-Konzentration im Aufwuchs sondern vorwiegend auf das Ertragsniveau zurückzuführen waren. Dabei erreichten Wiesen-Fuchs-schwanz-Wiesen bei der P-Abfuhr etwas höhere Werte als Extensivwiesen mit Glatt-bzw. Goldhafer, während kräuter-reichere Wiesen im Zweischnittbereich die niedrigste P-Ab-fuhr aufwiesen (nicht explizit dargestellt). Bei dreimaliger bzw. fünfmaliger Nutzung ließen sich aus dem Datensatz dagegen weder bei der spezifischen P-Abfuhr (g P/kg TM)

noch bei der hektarbezogenen P-Abfuhr signifikante Unter-schiede zwischen einzelnen Wiesentypen ableiten.

Basierend auf Exaktversuchen wird seit rund 30 Jah-ren bei der Düngebedarfsermittlung (LBP 1984, 1985, 1997) von Grünland mit Schnittnutzung in Bayern neben der Nutzungsintensität auch der Wiesentyp berücksichtigt bzw. kann vom Anwender berücksichtigt werden (LfL, 2007, 2012). Dies kann im Prinzip durchaus sinnvoll sein, da die Erträge und das Mineralstoffmuster von Grünlandbestän-den auch von deren Artenzusammensetzung abhängen. Al-lerdings erscheint es künftig aus mehreren Gründen über-legenswert, auf die Differenzierung von Faustzahlen nach Wiesentypen zu verzichten, wie es auch in anderen Bundes-ländern der Fall ist. So werden bei wissenschaftlichen Erhe-bungen (Exaktversuche, Monitoring) Pflanzenbestände von geschulten Schätzern nach bestimmten festgelegten Krite-rien aufgenommen und die Ergebnisse dieser Untersuchun-gen zusammen mit Ertrags- und Qualitätsdaten diskutiert. In der Praxis ist dieses Vorgehen durch den Landwirt, insbe-sondere die genaue Charakterisierung seines Grünlandes wohl kaum möglich. Außerdem deuten auch die Ergebnisse des Montorings an, dass neben Phosphor auch bei anderen Nährstoffen häufig keine eindeutige bzw. einfache Zuord-nung von wiesentypspezifischen Mineralstoffgehalten und Nährstoffabfuhren möglich war.

Bedeutung des SchnittzeitpunktsIm Bereich mittelintensiver bis sehr intensiver Schnittnut-zung (d. h. 3 bis 6 Aufwüchse pro Jahr) wurden beim ersten Schnitt im Mittel etwa 3,2 bis 4,0 g P/ha im Futter gemessen (siehe Tabelle 1). P-Gehalte von über 4 g P/kg TM standen dabei in engem Zusammenhang mit einem Schnitt in der ersten Maidekade (Tabelle 5). In diesem Zeitraum wurden

→ Tabelle 4: Mittlerer spezifischer P-Gehalt im Aufwuchs und P-Abfuhr von drei charakteristischen Wiesentypen des Grünlands bei vier Nutzungen pro

Jahr (GD 5 Prozent: Grenzdifferenz bei 5 Prozent Irrtumswahrscheinlichkeit)

Wiesentyp mit erhöhten Anteilen an

Wiesen-Fuchsschwanz Weidelgras-Arten Kräutern GD 5 Prozent

Ø P-Gehalt (g/kg TM) 3,6 3,9 4,1 0,2

Ø P-Abfuhr (kg P2O5/ha) 85 99 97 7

→ Tabelle 5: N- und P-Gehalte (in g/kg TM) im ersten Aufwuchs von Grünlandbeständen in Abhängigkeit vom Schnittdatum – hier: Grünland mit drei

bis sechs Schnitten pro Jahr (Mittel 2009-2014; ± Standardabweichung)

Schnittzeitraum 1. Aufwuchs

20. – 30. April 1. – 10. Mai 11. – 20. Mai 21. – 31. Mai 1. – 10 Juni 11. – 20. Juni

n 29 160 163 44 36 20

N-Gehalt 27,0 ± 3,7 26,3 ± 4,2 24,1 ± 5,3 22,9 ± 4,6 17,5 ± 3,9 18,3 ± 7,1

P-Gehalt 3,65 ± 0,77 4,02 ± 0,94 3,70 ± 0,86 3,54 ± 0,91 2,74 ± 0,71 2,86 ± 0,98

N:P 7,6 ± 1,8 6,8 ± 1,4 6,7 ± 1,4 6,7 ± 1,3 6,6 ± 1,4 6,5 ± 1,2

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auch Rohproteingehalte (XP = N x 6,25) von rund 165 g/kg TM gemessen. Anfang Juni sind dagegen die P-Konzentrati-onen auf deutlich weit unter 3,0 g P/kg TM bzw. die Rohpro-teingehalte unter 110 g XP/kg TM abgesunken. Das N:P-Ver-hältnis wiederum blieb über einen langen Zeitraum hinweg ähnlich (Tabelle 5).

SchlussfolgerungenFür die Ableitung von Faustzahlen ist eine Abstufung mitt-lerer P-Gehalte nach der Nutzungintensität gerechtfertigt. Eine große Streuung der Nährstoffgehalte sowie der Erträge bei gleicher Nutzungsintensität ist aber auch ein deutlicher Hinweis, dass Faustzahlen einzelbetriebliche Gegebenhei-ten und Jahreseffekte nur näherungsweise widerspiegeln können und demnach regelmäßige Ertrags- und Futterana-lysen der Betriebe nicht ersetzen können. Hierbei ist gerade eine realistische Einschätzung der geernteten und vom Tier verwerteten Erträge eine große Herausforderung für die Zu-kunft – dies auch im Zusammenhang mit den Vorgaben des Entwurfs der neuen Düngeverordnung (BMEL, 2015).

Auf der Basis von Pflanzenanalysen weist das bayerische Grünland weitestgehend eine gute P-Versorgung auf. Dies steht in gewissem Kontrast zu den Ergebnissen der Boden-analysen. Daraus ergeben sich Anhaltspunkte zu einer Dis-kussion über eine fachlich begründete Anpassung der P-Ge-haltsklassen (VDLUFA, 2015) von Böden.

Die Ergebnisse des sechsjährigen Projekts sind ein Bei-trag zur Validierung von bayerischen Faustzahlen und auch Diskussionsgrundlage für eine gegebenenfalls künftig län-derübergreifende Abstimmung zu Fragen der Grünlanddün-gung.

DanksagungDie Autoren danken den beteiligten Betrieben, dem Landes-kuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern e. V. (LKP) für die technische Durchführung sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Fors-ten für die Finanzierung des Projekts.

LiteraturZitierte Literaturstellen sind über den Erstautor erhältlich.

DR. MICHAEL DIEPOLDERSVEN RASCHBACHERBAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr ÖKoLoGISCHEN LANDBAU, BoDENKULTUr UND rESSoUrCENSCHUTZ [email protected]@lfl.bayern.de

Vor etwa 7 000 Jahren begann der Mensch Pferde zu züchten. Sie wurden lange Zeit als Transportmittel, Lastenträ-ger und Arbeitstiere eingesetzt. Heute gibt es weltweit über 200 Pferderassen, die sich im Aussehen, ihren Eigenschaf-ten und Verwendungszweck stark un-terscheiden. Der aid infodienst stellt auf einem Poster 24 der bekanntesten Rassen vor, eingeteilt in Vollblüter, Warmblüter, Kaltblüter und Ponys/Kleinpferde. Kalt-blüter sind kräftige, schwere Tiere mit einem ruhigen, ausgeglichenen Charak-ter. Sie wurden bevor es Traktoren gab, als Arbeitstiere in der Landwirtschaft eingesetzt. Zu den Vollblütern gehö-ren nur die beiden Rassen „Englisches Vollblut“ und „Arabisches Vollblut“. Diese sensiblen, temperamentvollen Tiere mit grazilem Körperbau wurden schon im-mer als Rennpferde gehalten. Die große und heterogene Gruppe der Warmblü-

Poster „Pferderassen“ neu aufgelegt – Die Schönheit von 24 Rassen auf einem Blick

ter sind in Deutschland die klassischen Sport-, Reit- und Freizeitpferde. Einige Vertreter diese Gruppe wie der Friese sehen aus wie Kaltblüter, andere wie der Achal-Tekkiner kann man vom Ausse-hen her für einen Vollblüter halten.

Das neue aid-Pferderassenposter ist vielseitig einsetzbar: In der Ausbil-dung, in Reitschulen und allgemein-bildenden Schulen. Aber natürlich verschönert es auch jede Wand vom Kinderzimmer bis zum Stall. Durch die Veredelung mit Dispolack ist das Pos-ter unempfindlich und haltbar.

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Rotes Höhenvieh – ein Kulturgut zum AufessenStaatsminister Helmut Brunner besucht Mutterkuhbetrieb in der Oberpfalz

von GERHARD SCHWARZ: Die Mutterkuhhaltung genießt durch ihre extensive und umwelt-schonende Landbewirtschaftung beim Verbraucher ein hohes Ansehen. Wie sich dieses Anse-hen für den Landwirt erfolgreich vermarkten lässt und es gleichzeitig gelingt, eine bedrohte Rinderrasse zu erhalten, schaute sich Staatsminister Helmut Brunner beim Betriebsbesuch auf dem Mutterkuhbetrieb der Familie Sauer in der Oberpfalz an. Ein zentrales Gesprächs-thema war die Besetzung der Wertschöpfungskette vom Erzeuger zum Verbraucher durch den Landwirt selbst sowie die damit verbundenen und zu bewältigenden Schwierigkeiten.

Landwirtschaftliche Familienbetriebe flächendeckend in Bayern wettbewerbsfähig zu halten, ist das erklärte Ziel von Staatsminister Helmut Brunner. Individuelle Alternativen zum Motto „Wachsen oder Weichen“ zu finden, ist der Weg, die vielfältige Struktur, die flächendeckende Bewirtschaf-tung und somit die Kulturlandschaft in Bayern zu erhalten. Seit Jahresbeginn besucht Staatsminister Helmut Brunner jeden Monat einen Betrieb, der diesen „Bayerischen Weg“ in die Praxis umgesetzt hat. Der Minister will sich ein Bild vom Facettenreichtum der bayerischen Betriebe mit den unterschiedlichsten Unternehmensschwerpunkten, Be-wirtschaftungsformen und Einkommenskombinationen machen. Eine Facette spiegelt der Mutterkuhbetrieb von Erika und Günter Sauer aus Moosbach im Landkreis Neu-stadt an der Waldnaab wider, den der Minister im August besuchte.

Bedeutung der Mutterkuhhaltung in BayernEtwa 8 000 Betriebe halten in Bayern derzeit rund 70 000 Mutterkühe. Dies entspricht ca. 6 Prozent aller in Bayern ge-haltenen Kühe. Nach einem Rückgang der Mutterkuhzahlen in den Jahren 2006 bis 2013 um etwa 20 000 Tiere, bleibt die Gesamtzahl in den letzten Jahren annähernd konstant. Kennzeichnend für die Mutterkuhhaltung in Bayern sind die überwiegend kleinen Betriebe, die diese Haltungsform arbeitsextensiv meist im Nebenerwerb betreiben. Dies zei-gen auch die Zahlen der durchschnittlichen Bestandsgrö-ßen. Während in Bayern die Zahl der Mutterkühe je Betrieb bei etwa neun Kühen liegt, weisen die Betriebe im Bundes-durchschnitt mit etwa 36 Mutterkühen je Betrieb die vier-fache Herdengröße auf. Bei den gehaltenen Fleischrinder-rassen zeigt sich in Bayern eine große Vielfalt. Gemessen an

den Herdbuchkühen dominiert mit knapp einem Drittel aller Tiere die Rasse Angus. Ihr folgen die Rassen Limousin, Fleck-vieh und Charolais, die zusammen ebenfalls gut ein Drittel aller Herdbuchtiere abdecken. Das restliche Drittel gliedert sich in viele verschiedene Rinderrassen, von denen einige wie das Murnau-Werdenfelser, das Pinzgauer Rind oder das Rote Höhenvieh vom Aussterben bedroht sind.

Schützenswertes KulturgutGemeinsam mit ihrer Familie bewirtschaftet Erika Sauer im Nebenerwerb einen Mutterkuhbetrieb mit 25 Kühen der Rasse Rotes Höhenvieh. Mit den vier Zuchtbullen und der gesamten Nachzucht kümmert sich die Familie Sauer um rund 80 Rinder. Den Sommer verbringen die Tiere im Herdenverband auf der Weide. In den Wintermonaten sind sie im Tretmiststall. Auf die Frage des Staatsministers nach

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→ Bild 1: Betriebsleiterin Erika Sauer (links) und Staatsminister Helmut

Brunner (Mitte) beim Betriebsrundgang (alle Fotos: Nicolas Armer, StMELF)

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dem Grund für die Haltung dieser Rasse antwortet Erika Sauer:

„Weil das rote Höhenvieh stark in der region verwurzelt ist! Auch früher hat es im raum Moosbach schon rotes Höhenvieh gegeben, wovon beispielsweise der Gasthausname „roter ochse“ in Moosbach zeugt.“

Hinzu kommt, dass sich das Rote Höhenvieh mit seiner be-sonderen Kombination an Leistungsmerkmalen sehr gut für die Landschaftspflege und für nachhaltige, extensive Hal-tungsformen eignet. Neben Robustheit werden der Rasse Genügsamkeit, Fruchtbarkeit, gute Konstitution, Langlebig-keit, Leichtkalbigkeit, gute Muttereigenschaften sowie eine hervorragende Fleischqualität zugeschrieben. Mit den Züch-terkollegen aus der Region kämpft Erika Sauer, die zugleich erste Vorsitzende des Fleischrinderverbandes Bayern e.V. ist, um den Erhalt dieser bedrohten Rinderrasse. Mit Erfolg, wie die Entwicklung der Bestandszahlen zeigt. So ist in Bayern die Zahl der Rinder beim Roten Höhenvieh seit dem Jahr 2007 von 329 auf heute knapp 1 000 Rinder angestiegen. Staatsminister Helmut Brunner hob hervor: „Die Vielfalt bei den Rinderrassen ist ein Aspekt der Biodiversität und alte Rinderrassen wie das Rote Höhenvieh sind ein erhaltens-wertes Kulturgut!“

Diese Auffassung zeigt sich auch in der bayerischen Agrarpolitik. So fördert Bayern den Erhalt gefährdeter Rin-derrassen, darunter auch das Rote Höhenvieh, mit knapp 400 000 Euro pro Jahr, um eine ausreichende Zuchtbasis für zukünftige Generationen zu erhalten. Doch eine Förderung allein reicht nicht. Es braucht besonders auch ideenreiche Vermarktungskonzepte.

„Erhalten durch Aufessen“Die Mutterkuhhaltung bietet einen Lösungsansatz. Auf-grund der extensiven und umweltschonenden Landbe-wirtschaftung genießt die Mutterkuhhaltung ein hohes Ansehen beim Verbraucher und damit auch Vermarktungs-potential. Um dieses Marktpotential zu nutzen, vermarktet die Familie Sauer ihr Fleisch aus der Mutterkuhhaltung unter dem Motto „Erhalten durch Aufessen“. Zwei Drittel des er-zeugten Fleisches werden direkt in Form von Mischpaketen ab 5 kg an den Verbraucher verkauft. Ein Drittel wird über die örtliche Gastronomie abgesetzt.

„Wichtig sind uns Qualität, regionalität und kurze Wege“

Betriebsleiterin Erika Sauer

Gewährleistet wird dies, indem jährlich ca. zwölf Bullen aus der Mutterkuhherde direkt vor Ort im EU-zertifizierten Schlachthaus der Bäuerlichen Schlachtgemeinschaft Moos-bach-Waidhaus geschlachtet werden. Auch der Reifeprozess und die Zerlegung der Schlachtkörper finden im Schlacht-haus statt. Dass dieses Konzept bei den Verbrauchern in der Region gut ankommt und auch wertgeschätzt wird, bewei-sen die vollen Bestelllisten für die anstehenden Schlachtun-gen. Durch die Mutterkuhhaltung und Direktvermarkung einer regionalen Spezialität gelingt es Familie Sauer, das Kul-turgut Rotes Höhenvieh zu erhalten. Die hohe Wertschöp-fung durch den direkten Fleischverkauf an den Verbraucher ermöglicht zudem, die Mutterkuhhaltung rentabel zu ge-stalten. Staatsminister Helmut Brunner würdigte die krea-tive Umsetzung des Mottos „Erhalten durch Aufessen“ und unterstrich, dass das Konzept der Familie Sauer für viele Be-triebe eine Chance für die Zukunft darstelle.

„Vorhandene Nischen müssen durch unsere bäuerlichen Familienbetriebe aufgedeckt und bedient werden“

Staatsminister Helmut Brunner

Darüber hinaus hob Staatsminister Helmut Brunner hervor, dass die Mutterkuhhalter die zentralen Wünsche der Verbrau-cher wie die Pflege der Kulturlandschaft, tiergerechte Hal-tungsverfahren, heimische Futtergrundlage und Produktion hochwertiger Lebensmittel erfüllen. Die Mutterkuhhaltung ist ein Paradebeispiel für eine nachhaltige, multifunktionelle Landwirtschaft, die nicht nur Lebensmittel erzeugt, sondern auch zum Erhalt der Kulturlandschaft beiträgt. Aus diesem Grund unterstützt Bayern die Mutterkuhhalter mit verschie-denen Förderprogrammen. Zu nennen ist hier das bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) mit Maßnahmen wie

→ Bild 2: Das Rote Höhenvieh ist eine ursprüngliche Oberpfälzer Rasse,

die als gefährdete Rasse staatlich gefördert wird

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dem Ökologischen Landbau, der extensiven Grünlandnut-zung für Raufutterfresser sowie der Sommerweideprämie.

Handlungsbedarf weiterhin gegebenDennoch besteht zusätzlicher Handlungsbedarf. Dies zeigte sich während des Betriebsrundganges und der anschließen-den Diskussion mit verschiedenen Vertretern der Beratung, der Fleischrinderzucht und der Kommunal- und Landtags-politik. Von Erika Sauer wurde bei der Besichtigung des Schlachthauses der bäuerlichen Schlachtgemeinschaft die rechtliche Einschränkung angesprochen. Der Familie ist es derzeit nicht möglich, ihre Tiere „from nose to tail“, also voll-ständig, zu vermarkten. Grund hierfür ist eine fehlende Zer-tifizierung als Verarbeitungsbetrieb, um auch anfallendes Wurstfleisch wertschöpfend weiterverarbeiten zu können. Leider ist eine derartige Zulassung ohne den Verlust der EU-Zertifizierung als Schlachtbetrieb laut Erika Sauer nicht möglich. Ebenso wenig darf momentan Fleisch an einen verarbeitenden Metzgerbetrieb geliefert werden. „Was bis-lang fehlt, ist eine Zwischenstufe für bäuerliche Selbsthilfe-einrichtungen, wie wir es sind. Hier ist es die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen zu verbessern“, so die Be-triebsleiterin. Staatsminister Brunner versprach, gemeinsam mit den Kollegen aus dem Verbraucherschutzministerium zu prüfen, inwieweit Erleichterungen möglich sind. Ein weiteres Anliegen der Vorsitzenden und ihrer Kollegen des Fleisch-rinderverbands betraf die Unterstützung im Bereich der Ver-marktung: „Das große Potential, das in der Mutterkuhhal-tung steckt, muss noch besser herausgearbeitet werden.“ Erika Sauer und ihre Kollegen wünschen sich eine staatlich geförderte Stelle, die sich dem Thema der Rindfleischver-marktung aus der Mutterkuhhaltung annimmt und die Be-triebe bei der Erstellung von Vermarktungskonzepten un-terstützt.

„Die Wertschätzung der Verbraucher für die Wertschöpfung der Mutterkuhhaltung muss weiter ausgebaut werden!“

Erika Sauer

Konrad Wagner vom Fachzentrum für Fleischrinderzucht und Mutterkuhhaltung in Schwandorf wies auf die Ent-wicklung der Bestandszahlen beim Gelbvieh hin. Die Zahl an Gelbviehrindern sank in Bayern von 6 291 im Jahr 2007 auf heute 3 841 um nahezu die Hälfte. Um dem Abwärts-trend bei den Bestandszahlen entgegenzuwirken, forderte Konrad Wagner ein rechtzeitiges Handeln der Politik und eine Ausweitung der staatlichen Förderung beim Gelbvieh auf die Mutterkuhhaltung. Das Gelbvieh wird bereits heute als gefährdete Rinderrasse staatlich gefördert, jedoch bis-lang nur in der Milchviehhaltung und nicht in der Mutter-kuhhaltung. Die Erfolge bei den Rassen Rotes Höhenvieh und dem Pinzgauer Rind zeigen, dass gerade durch die re-gionale Vermarktung Potential vorhanden ist, die Bestands-zahlen mit Hilfe der Mutterkuhhaltung wieder anzuheben.

Schaufenster der regionalen ProduktvielfaltIm Anschluss an die Diskussionsrunde konnten sich der Staatsminister und die Teilnehmer des Betriebsbesuchs von der erfolgreichen Zusammenarbeit des Betriebs Sauer mit dem Landhotel Goldenes Kreuz in Saubersrieth überzeugen und sich die Köstlichkeiten vom Roten Höhenvieh schme-cken lassen. Staatsminister Helmut Brunner lobte die bei-spielhaften Vermarktungswege des Betriebs Sauer und hob die Bedeutung der Regionalvermarktung für die Landwirt-schaft und die Gastronomie hervor. So können beide Sei-ten von dem starken Image regionaler Zutaten profitieren. Staatsminister Helmut Brunner stellte fest:

„Die Gastronomie dient als Schaufenster der regionalen Produktvielfalt.“

Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützt mit dem Programm „Ausgezeichnete Bayerische Küche“ und dem Online-Portal „Wirt sucht Bauer“ den stärkeren Einzug regional erzeugter Lebensmittel in die heimische Gastronomie.

GERHARD SCHWARZAMT FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND ForSTEN WEIDEN I. D. [email protected]

→ Bild 3: Die Mutterkuhhalter erfüllen zentrale Wünsche der Verbraucher:

Pflege der Kulturlandschaft, tiergerechte Haltungsverfahren, heimische

Futtergrundlage – und sie produzieren ein hervorragendes Lebensmittel

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Nicht nur produzieren, auch vermarkten!Interview mit den Mutterkuhhaltern Erika und Günter Sauer

Der Mutterkuhbetrieb von Erika und Günter Sauer liegt im idyllischen Hügelland Ostbayerns am Rande der Gemeinde Moosbach im Landkreis Neustadt an der Waldnaab. Auf den Grün-landflächen hält die Familie 25 Kühe mit vier Zuchtbullen und die gesamte Nachzucht. Aus-hängeschild des Betriebs ist die Zucht des Roten Höhenviehs und dessen Direktvermarktung an Verbraucher und Gastronomie vor Ort.

Frau und Herr Sauer, was macht Ihren Betrieb so beispielhaft für den Bayerischen Weg?Bei unserem Mutterkuhbetrieb handelt es sich um einen ty-pischen Familienbetrieb, den wir im Nebenerwerb bewirt-schaften. Mein Mann und ich gehen beide einer außerland-wirtschaftlichen Beschäftigung nach. Daher ist für uns die Unterstützung unserer Kinder und Eltern sehr wichtig. Mit den Mutterkühen schaffen wir es, zu einer flächendecken-den Landbewirtschaftung beizutragen. Auch passt diese Be-wirtschaftungsform sehr gut ins Bild einer multifunktionalen Landwirtschaft. Unsere Mutterkuhherde erzeugt nicht nur qualitativ hochwertige Lebensmittel, sie trägt auch zum Er-halt der Kulturlandschaft und der Biodiversität bei.

Was zeichnet Ihren Betrieb aus?Zum einen die Zucht des Roten Höhenviehs und zum ande-ren die regionale Direktvermarktung. Das Rote Höhenvieh ist eine alte Rinderrasse, die früher typisch für den Oberpfäl-zer Wald und um 1900 mit fast 90 Prozent die dominierende Milchviehrasse war. Heute ist sie vom Aussterben bedroht. Mit Züchterkollegen in Bayern kämpfen wir um den Erhalt der Rasse. Um die Mutterkuhhaltung wirtschaftlich rentabel zu gestalten, sind wir in die Direktvermarktung eingestie-gen. Unter dem Motto „Erhalten durch Aufessen“ vermark-ten wir auf Vorbestellung direkt an den Verbraucher und an die örtliche Gastronomie.

Frau Sauer, beschreiben Sie doch mal, wie sich Ihr Betrieb entwickelt hat.Der elterliche Betrieb war früher noch ein typischer Milch-viehbetrieb mit rund 30 Fleckviehkühen. Es war nicht ange-dacht, dass ich den Betrieb einmal übernehmen werde. Ich selbst habe mich nie als Bäuerin auf einem landwirtschaft-lichen Betrieb gesehen. Doch es sollte anders kommen. Nachdem mein jüngerer Bruder vor 18 Jahren tödlich verun-glückte, stand ich gemeinsam mit meinem Mann und mei-

nen Eltern vor der Entscheidung, wie es weitergehen sollte. Wir entschieden uns, den Betrieb weiterzuführen. Jedoch ohne Milchvieh, da wir beide unsere außerlandwirtschaftli-che Berufstätigkeit nicht aufgeben wollten. Als Alternative stand die Mutterkuhhaltung im Raum. Geprägt von meiner Leidenschaft für das Rote Höhenvieh starteten wir 2003 mit den ersten Rassetieren – drei Kühe mit Absetzer und ein Bulle. Seitdem hat sich unsere Mutterkuhherde stetig vergrößert. Heute halten wir als Herdbuchzuchtbetrieb rund 80 Rinder, darunter 25 Kühe und vier Zuchtbullen. Die Flä-chenausstattung des Betriebes umfasst rund 44 Hektar LF, wovon 25 Hektar Dauergrünland sind. Wichtig war uns, die Wertschöpfung im Betrieb zu lassen. Daher stiegen wir mit dem Schlachten der ersten Tiere in die Direktvermarktung ein. Bis auf die verkauften Zuchttiere werden bei uns alle erzeugten Tiere selbst geschlachtet und direkt vermarktet.

Was hat sich für Ihre Familie geändert?Mit der Übernahme des Betriebs, der Entscheidung in die Mutterkuhhaltung einzusteigen und nicht nur die betriebs-

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→ Erika und Günter Sauer, Staatsminister Helmut Brunner und Rotvieh -

Stier Salvator (Foto: Nicolas Armer, StMELF)

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eigenen Flächen zu bewirtschaften, stieg auch die Arbeits-belastung für mich und meinen Mann an. Wir haben die Mutterkuhherde ausgeweitet, uns in der Zucht engagiert, uns dem Erhalt des Roten Höhenviehs gewidmet und sind in die arbeitsintensive Direktvermarktung eingestiegen. Den-noch hat bis heute unsere Lebensqualität nicht darunter gelitten. Im Gegenteil: Wir haben große Freude an der land-wirtschaftlichen Tätigkeit. Auch der ehrenamtliche Einsatz im Fleischrinderzuchtverband Bayern oder in der Bundes-arbeitsgemeinschaft Rotes Höhenvieh bereitet mir große Freude. Insgesamt ist der Nebenerwerbsbetrieb eine Berei-cherung für uns.

Was sind für Sie die wichtigsten Betriebskennzah-len, an denen Sie den Erfolg messen?Für uns spielt die Investitionsquote eine wichtige Rolle. Das heißt, inwiefern wir es uns leisten können, das aus dem landwirtschaftlichen Betrieb erwirtschaftete Geld zu rein-vestieren, beispielsweise in Technik, Stallgebäude oder auch Neueinzäunungen. Schließlich wollen wir unseren Betrieb zukunftsfähig halten. Außerdem messen wir unseren Erfolg natürlich an den Tieren. Sei es an einfachen produktions-technischen Kennzahlen wie den täglichen Zunahmen oder den Erfolgen auf Zuchtschauen.

Welchen Nutzen oder Mehrwert hat der Betrieb durch die Unterstützung, Beratung und Förderung durch die Landwirtschaftsverwaltung?Die Unterstützung durch das Fachzentrum für Fleischrinder-zucht und Mutterkuhhaltung am Amt für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten in Schwandorf ist besonders wert-voll. Konrad Wagner und seine Kollegen vom Fachzentrum leisten tolle Arbeit. Sie stehen uns bei Fragen rund um die Haltung und Vermarktung unserer Tiere beratend zur Seite. Da das Fachzentrum auch für die Planung und Durchfüh-rung des Zuchtprogramms der Fleischrinderrassen in Bay-ern und die Zuchtleitung des Fleischrinderverbands Bayern e.V. verantwortlich ist, gibt es auf züchterischer Ebene einen regen Austausch und eine bereichernde Zusammenarbeit. Auch möchten wir das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Weiden hervorheben, das unter anderem die örtlichen Direktvermarktertage mitorganisiert. Diese bieten uns eine hervorragende Plattform, um Informationen auszu-tauschen und neue Kontakte zu knüpfen, um beispielsweise Absatzwege und Produktpaletten in der Direktvermarktung auszubauen.

Wie hat Ihr Betrieb den Ort bzw. die Region verändert?Es gibt bei uns im Ort wieder Kühe auf der Weide, die das Landschaftsbild der Region prägen. Dies hat auch positive

Effekte auf die touristische Attraktivität der Region. Die in-tensive Zusammenarbeit mit der örtlichen Gastronomie hat die regionale Wertschöpfung gesteigert.

Wie und wo erfolgt der Dialog mit dem Verbraucher? Der Dialog mit dem Verbraucher erfolgt überall und ständig. Sei es mit Spaziergängern, die an unseren Weiden vorbei-kommen und das Gespräch mit uns suchen oder direkt bei der Direktvermarktung unserer Produkte am Hof. Auch über die Gastronomie, die für uns als Sprachrohr dient, kommen wir mit interessierten Verbrauchern und neuen Kunden in Kontakt. Ergänzt wird dies durch Schauteilnahmen oder Ver-anstaltungen wie dem Zentral-Landwirtschaftsfest, bei dem die Mutterkuhrassen vorgestellt werden und sich Gelegen-heit bietet, den Verbraucher über unsere Wirtschaftsweise zu informieren.

Welche nächsten Schritte planen Sie für den Betrieb?Auf unserer alten Hofstelle im Dorf gab es einmal ein Wirts-haus. Ein Traum von unserer Familie ist es, dieses in Form einer kleinen Kommune oder Stube wieder zu öffnen. Be-schränkt auf einzelne Tage in der Woche oder zu beson-deren Anlässen. Damit wäre es möglich, unsere eigenen Produkte weiter zu veredeln. Die Kommune wäre auch ein Stück Kultur- und Brauchtumspflege – ein Treffpunkt an dem Menschen zusammenkommen, um Köstlichkeiten aus der Region zu genießen. Wie schnell sich dieser Traum verwirk-lichen lässt, hängt vor allem von der beruflichen Zukunft unserer Kinder ab, und ob diese in Zukunft dem Betrieb zur Verfügung stehen. Im Moment fehlt es aber an Zeit, um ein solches Vorhaben umzusetzen.

Was möchten Sie anderen Betrieben mit auf den Weg geben? Wir finden, dass es allgemein wichtig ist, mit einer positiven Einstellung an die Aufgaben und Herausforderungen in der Landwirtschaft heranzugehen. Betriebe dürfen und sollten den Mut haben, neue Wege zu suchen und Vermarktungsni-schen für sich zu besetzen. Es sollte nicht nur die Produktion sondern auch der Absatz im Vordergrund stehen. Einzelne Betriebe wie auch Genossenschaften im Großen sind gefor-dert, sich über Vermarktungswege Gedanken zu machen.

DAS INTERVIEW FÜHRTE:GERHARD SCHWARZ AMT FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND ForSTEN WEIDEN I. D. [email protected]

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KitaTreff – ein Baustein zur Nachhaltigkeit der KitaverpflegungErfahrungen aus dem Pilotprojekt in Regensburg

von MARIA TREIBER-BANSE: Das Kitacoaching ist eine gut bewährte Maßnahme der Fach-zentren Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung an den Ämtern für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten, um eine gesundheitsförderliche Verpflegung in den Kitas umzusetzen. Viele Kitaleitungen wünschen sich nach dem Coaching die Möglichkeit, sich auch mit anderen Fachkolleginnen außerhalb ihrer eigenen Kita auszutauschen. Ähnlich dem Arbeitskreis der Küchenleiter in der Gemeinschaftsverpflegung, die sich in größeren zeitlichen Abständen un-ter der Leitung des Fachzentrums treffen, wurde deshalb der KitaTreff für die Verpflegungs-verantwortlichen der Kitas installiert.

Die Kitaleitungen trugen ihren Wunsch nach einer weiteren Betreuung über das Coaching hinaus an die Ansprechpart-nerin Kitaverpflegung, Christina Betz und an die Fachzent-rumsleitung am Amt in Regensburg heran. Daraufhin reifte der Entschluss, den Teilnehmern eine Plattform zu bieten, die einen Erfahrungsaustausch untereinander ermöglicht. Mit Genehmigung des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten testete das Fachzentrum in Re-gensburg den KitaTreff als Pilotprojekt im Regierungsbezirk Oberpfalz.

Zielgruppe und Zielsetzung Die Zielgruppe setzt sich aus Kitaleitung, Verpflegungsver-antwortlichen der Kitas (Erzieherinnen und Erzieher) und bei Einrichtungen mit Selbstversorgung aus den Köchen bzw. Hauswirtschaftsfachkräften zusammen. Ziele des KitaTreffs sind: Die Mitglieder tauschen ihre Erfahrungen zu verschie-denen Problemen im Bereich der Verpflegung aus und fri-

schen ihre fachlichen Kenntnisse durch aktuelle Infos aus dem Bereich Kitaverpflegung auf.

Auftaktveranstaltung Das Fachzentrum schrieb alle ehemaligen gecoachten Ein-richtungen an und lud sie zur Gründung eines KitaTreffs ein. Für das erste Treffen haben sich zwölf Teilnehmer angemel-det. Einige haben sich entschuldigt, zeigten aber generell In-teresse an diesem Arbeitskreis. Die erste Besprechung fand im Frühsommer 2015 am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regensburg statt und dauerte ca. drei Stunden. Um den Anreiz für das Treffen zu erhöhen, stand als fachli-cher Input das Thema „Allergenmanagement“, das zu dieser Zeit in aller Munde war, auf der Tagesordnung. Die Modera-tion übernahm die Fachzentrumsleitung mit Unterstützung durch die Ansprechpartnerin Kitaverpflegung. Bei diesem Gründungstreffen wurde mit den Teilnehmern festgelegt, wie die künftigen Treffen ablaufen sollen (siehe Infobox 1).

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→ Beispiel für den bildlichen Speiseplan: Hauptspeise: Vollkornpizza mit Salat, Nachspeise: Obstteller (Foto: Susanne Hintermeier)

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Wie von den Teilnehmern gewünscht, nimmt der Erfah-rungsaustausch breiten Raum bei allen Treffen ein. Die An-regungen zu fachlichen Themen waren sehr vielfältig, z. B. Speisenplanung, Verpflegungssysteme und Einführung von Bioregio in der Kita. Sie können zum größten Teil von den Mitarbeitern des Fachzentrums abgedeckt werden (siehe Infobox 2). Es empfiehlt sich aber bei fachlichen Fragen, die nicht ausschließlich die Verpflegung betreffen, sich an Ko-operationspartner zu wenden. So wurden bei einem der KitaTreffs zum Thema „Bauliche Voraussetzungen für eine Frischküche“ die Lebensmittelkontrolleure des jeweiligen Landratsamtes eingeladen, in deren Zuständigkeitsgebiet der KitaTreff stattgefunden hat. Es ist auch durchaus vor-stellbar, evtl. bei Anbietern verschiedener Verpflegungs-systeme nachzufragen, vorausgesetzt die Teilnehmer wün-schen dies.

Fazit: Viele Nachahmer gewünscht Der KitaTreff wird von den Kitaleitungen und den Verpfle-gungsverantwortlichen sowie den Köchinnen und Köchen sehr gut angenommen. Die Auswertung der Evaluierung zeigte, dass den Teilnehmern der Erfahrungsaustausch ein großes Anliegen ist, aber auch der fachliche Input und die dazu passenden Unterlagen. Die Atmosphäre während des KitaTreffs wurde ebenso positiv erwähnt.

Der Austausch in einer geschlossenen Gruppe mit den-selben fachlichen Problemen wird rege genutzt und führt zu Synergieeffekten. Die Möglichkeit sich darüber zu in-formieren, wie die anderen Kitas mit der Verpflegungs-situation zurechtkommen, welche positiven oder auch negativen Erfahrungen sie erlebt haben, ist hilfreich bei an-stehenden Entscheidungsprozessen. Praktische Ratschläge aus den eigenen Reihen werden oft eher angenommen

als die Außenstehender. Die Plattform des Fachzentrums Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung trägt zur Nachhal-tigkeit einer gesundheitsförderlichen Verpflegung in der Kita bei und festigt den Kontakt zwischen den Kinder-tageseinrichtungen und dem Fachzentrum.

MARIA TREIBER-BANSE AMT FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND ForSTEN [email protected]

1. TreffenJuni 2015 mit Gründung des KitaTreffs Fachlicher Beitrag des Fachzentrums zum „Allergenmanagement“ mit Erfahrungsaustausch

2. TreffenNovember 2015: Kita-Küchenplanung • Anforderungen aus der Sicht der Lebensmittelüber-

wachung• Ausstattung einer Küche• Besichtigung einer Frischküche• Unterschiede bei den Verpflegungssystemen• Erfahrungsaustausch

3. Treffen April 2016 • Neuerungen bei der Speiseplanbewertung • Erfahrungsaustausch zu Rollierspeiseplänen • Möglichkeiten der bildhaften Darstellung von

Speiseplänen (Praxisbeispiele von Kitas)

4. Treffen November 2016• Vorstellen der Infoveranstaltung „Auf den Geschmack

kommen – Sinnesrituale in der Kitaverpflegung“ (in Kurzfassung) durch Ansprechpartnerin Kitaver-pflegung

• Besichtigung der Verpflegungsräume mit anschließendem Erfahrungsaustausch

Infobox 2: Programme der KitaTreffs

• Häufigkeit der Treffen: zwei bis drei Mal pro Jahr• Veranstaltungsort: wechselnd in den verschiedenen

Einrichtungen, mit Besichtigung der für die Verpfle-gung relevanten Räume

• Ablauf: Hauptaugenmerk auf Erfahrungsaustausch, fachlicher Input zeitlich nicht zu umfangreich und als Anstoß zur Diskussion

• Dauer pro Treffen: ca. drei Stunden• Uhrzeit: nachmittags ab 14 Uhr

Infobox 1: Teilnehmerwünsche für den Ablauf des KitaTreffs

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Mittagsverpflegung als pädagogisches HandlungsfeldMit ganzheitlichem Blick zu einer erfolgreichen Schulverpflegung

von HEIKE STEINHÄUSER: Was macht eine gelungene Mittagsverpflegung aus? Ein gesund-heitsförderliches Speiseangebot, eine gute Organisation der Essensabläufe in der Schule, qualifizierte und freundliche Mitarbeiter auf Seiten des Speisenanbieters und des pädago-gischen Betreuungspersonals, eine ruhige und gemütliche Essensatmosphäre – die Liste möglicher Erfolgsfaktoren ist beliebig erweiterbar. Und sie offenbart: Das schulische Mittag-essen kann nicht allein als reine Verpflegungsaufgabe gesehen werden. Auch pädagogische Bemühungen spielen bei der Akzeptanz der Mittagsverpflegung eine wesentliche Rolle. Indem alle Akteure im Rahmen ihrer Fachlichkeit und Zuständigkeiten mitwirken, kann die Mittagsverpflegung langfristig zu einem Erfolg werden. Kommunikation und Partizipation sind hier ausschlaggebende und zentrale Prinzipien der Zusammenarbeit.

Mit dem Ausbau offener und gebundener Ganztagsan-gebote entwickelt sich die Schule für viele Kinder und Ju-gendliche immer mehr zum zweiten Lebensort. In diesem „Lebensraum Schule“ stellt das gemeinsame Mittagessen ein Bindeglied zwischen Unterrichts- und Betreuungsange-boten am Vor- und Nachmittag dar. Es bietet Schülern die Möglichkeit eines gesunden Essens, aber auch des Austau-sches und informellen Zusammentreffens. Im Rahmen des Mittagessens können Kinder und Jugendliche vieles an all-täglichen Fähigkeiten lernen. Vor diesem Hintergrund ist die Mittagsverpflegung ebenso als Bildungs- und Erziehungs-aufgabe zu verstehen. Diese ist von Schulleitungen, Lehr-personal und pädagogischen Fachkräften, die im Rahmen des offenen Ganztags oftmals die außerunterrichtliche Be-

treuung übernehmen und über einen externen Kooperati-onspartner angestellt sind, im Rahmen ihrer Verantwortung aktiv mitzugestalten.

Das einvernehmlich getragene Mensakonzept Je nach örtlicher Gegebenheit und schulischen Vorausset-zungen finden sich in der Praxis verschiedene Schulverpfle-gungskonzepte („Mensa konzepte“). Da die Zuständigkeiten innerhalb der Mittagsverpflegung auf viele Akteure (siehe Abbildung 1) verteilt sind, kann ein langfristig akzeptiertes Mensakonzept nur unter Beteiligung aller Verantwortlichen entstehen. Die kontinuierliche Kommunikation aller Betei-ligten stellt einen wichtigen Erfolgsfaktor bei der Planung, Umsetzung und Qualitätssicherung der Mittagsverpflegung dar. Daher hat sich die Einrichtung eines Essensgremiums, als eine Art regelmäßiger Arbeitskreis, bewährt.

Was beinhaltet ein Mensakonzept? Sachaufwandsträger und Schulfamilie formulieren hier konkrete Maßnahmen in Bezug auf die Organisation und den Ablauf der Mittagsver-pflegung. Wie sollen etwa Bestellung und Ausgabe des Es-sens an der Schule erfolgen? Nach welchen Vorgaben wer-den Speiseplan und Getränkeversorgung gestaltet? Welche Entscheidungen hier in gemeinsamer Absprache zu treffen sind, stellt die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Bayern in ihrer „Schritt-für-Schritt-Anleitung für eine erfolgrei-che Mittagsverpflegung – Phase 3“ ausführlich dar (siehe Abbildung 2).

Darüber hinaus enthält das Mensakonzept aber auch jene Aspekte, die für die jeweilige Schulgemeinschaft zentral und wichtig sind. Hier besteht für Schulleitung und pädago gisches Personal die Möglichkeit, die Mittagsverpflegung auch un-ter pädagogischen Zielsetzungen zu implementieren. Was

ErNÄHrUNG

→ Abbildung 1: Akteure, Aufgaben und Interessen (Darstellung:

Vernetzungsstelle Schulverpflegung Bayern)

Abbildung 1: Akteure, Aufgaben und Interessen (Darstellung Vernetzungsstelle Schulverpflegung Bayern)

Freizeit

Qualität

Gesundheit

Pädagogik

Aussehen Geschmack

Verwaltung

Kosten

Zufriedenheit

Bezahlung

Sensorik

Hygiene

AtmosphäreMotivation

Bildung

Preis

Nachhaltigkeit

Speisen-anbieter

RegelmäßigeKommunikation

(Essensgremium)

Sachaufwands-träger

Kooperations-partner

Schule & Lehrer

Eltern

Schüler

Pädagogische Fachkraft

VertreterSachaufwands-

träger

Schulvertreter

Elternvertreter

Schüler-vertreter

Mitarbeiter

Interessens - vertretung

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sollen unsere Schüler im Zusammenhang von Essen und Trinken lernen? Welche Aspekte von Ess- und Tischkultur sind für uns von Bedeutung? Welche Eindrücke zur Pausenkultur möchten wir vermitteln? Welche Bedürfnisse bringen unsere Schüler mit in ihre Pause? Wie sollte die Mittags-verpflegung und der Raum Mensa gestaltet sein? Welche pädagogische Begleitung sollen unsere Schüler im Rahmen der Mahlzeit erfahren? Wie kann das Thema Ernährung inner- und außerhalb des Unterrichts aufgegriffen werden? Wie können wir unsere Schüler bei all diesen Maßnahmen ak-tiv einbinden und den Transfer des Gelernten fördern? Diese Überlegungen sind nur in enger Verbindung mit dem jeweiligen pädagogischen Schulkonzept möglich. Ein Mensakonzept, das or-ganisatorische, gesundheitsförderliche und päda-gogische Aspekte stimmig vereint, erlaubt einen ganzheitlichen Blick auf das Thema Mittagsver-pflegung.

Wird dieses Mensakonzept im Schulalltag „ge-lebt“? Diese Frage nimmt natürlich alle Akteure in ihren je-weiligen Tätigkeitsbereichen in die Pflicht – auch Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte. Sind sie für die Aufsicht und Betreuung im Rahmen der Mittagszeit eingesetzt, erleben sie die praktische Umsetzung hautnah und erfahren, inwieweit die theoretischen Vorgaben tatsächlich zu einer akzeptierten Verpflegung führen. Stellen pädagogische Fachkräfte etwa fest, dass es trotz Umgangsregeln und guter Organisation in der Mensa immer noch zu laut ist oder die Schüler un-zufrieden mit dem Speisenangebot sind, sollten sie dies im Essensgremium zur Sprache bringen. Dies trägt wesentlich zu einer Qualitätssicherung und -entwicklung der Mittags-verpflegung bei.

Die Mensa als sozialer Treffpunkt und Lernfeld Was können Schüler beim gemeinsamen Mittagessen ler-nen? Wieso ist es wichtig, über eine adäquate Gestaltung und pädagogische Begleitung der Mittagsverpflegung nachzudenken? Im Rahmen der schulischen Verpflegung bietet sich die Chance Essen als etwas Gemeinschaftliches positiv erlebbar zu machen. Es ist eine Art Treffpunkt, um über die Ereignisse des Tages zu sprechen und sich auszu-tauschen. Für viele Kinder und Jugendliche ist die Fami-lienmahlzeit am heimischen Küchentisch heute nicht (mehr) die Regel. In der Mensa können sie erfahren, wie gut es tut, sich für das Essen gemeinsam Zeit zu nehmen, fern von alltäglichen Aufgaben und stetiger Beurteilung, und an einem separaten Ort zusammenzukommen.

Beim täglichen Mittagstisch festigen sich ebenso ele-mentare Tischsitten und -manieren – sei es der Umgang mit

dem Essbesteck, den Lebensmitteln oder adäquaten Verhal-tensweisen („man spricht nicht mit vollem Mund“). Das Spei-senangebot der Mensa und der jeweilige Tischgast prägen: Ausländische, unbekannte einheimische Gerichte und Mit-schüler, die aus kulturellen Gründen gewisse Lebensmittel nicht essen, werfen Fragen auf, machen neugierig und öff-nen somit den Blick für verschiedene Esskulturen. Vielfältige Situationen innerhalb der Mensa fordern die Schüler in ihrer Persönlichkeit und ihrem Umgang mit anderen heraus. So lernen sie etwa, dass für ein friedliches Mittagessen Regeln, eine wertschätzende Kommunikation und Rücksichtnahme wichtig sind. Gemeinschaftsaufgaben, wie etwa das Einde-cken, Abräumen und Reinigen der Tische (Mensa- Dienst), fördern Verantwortungsbewusstsein und Selbstständigkeit.

Entsprechende Rahmenbedingungen auf Seiten des Speisenanbieters und der Schule – eine ausreichende Es-senszeit, eine ansprechende Raumgestaltung (Mensa) und ein gesundheitsförderliches Angebot – stellen die Wei-chen für eine gelungene Mittagsmahlzeit. Welche Rolle nimmt das pädagogische Personal innerhalb der Mittags-betreuung ein? Dies hängt im Einzelfall natürlich von den Parametern und Vorgaben an der jeweiligen Schule sowie den Schülern selbst (Alter, Bedürfnisse,…) ab. Nehmen Lehrkräfte und/oder pädagogische Fachkräfte im Rahmen ihrer Betreuungsaufgabe am Mittagessen teil, dienen sie hinsichtlich Tischsitten und Kommunikationsregeln je-doch immer als Vorbild, an denen sich die Schüler orientie-ren können. Negative Äußerungen, etwa über die eigene Teilnahme am Essen („lästige Pflicht“) oder das Schulessen selbst, sind in diesem Kontext nicht passend. Sollten sie

→ Abbildung 2: Erstellung eines Mensakonzepts – wichtige Organisationsent-

scheidungen (Schritt-für-Schritt-Anleitung für eine erfolgreiche Mittagsverpflegung)

Abbildung 2: Erstellung eines Mensakonzepts – wichtige Organisationsentscheidungen (Phase 3 der Schritt- für-Schritt -Anleitung)

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doch die Schüler eher dazu motivieren, regelmäßig und mit Freude in der Mensa zu erscheinen, neue Gerichte aus-zuprobieren oder sich selbstständig eine Portion nachzu-nehmen. Dadurch unterstützen sie ihre Schüler auf dem Weg zu mehr Selbstüberzeugtheit und Entscheidungsfä-higkeit. Bei Bedarf helfen sie natürlich oder beantworten Fragen. Die Mittagspause sollten den erholenden Charak-ter – auch unter pädagogischer Aufsicht – nicht verlieren. Es empfiehlt sich, Regeln für die Vor- und Nachbereitung des Essens sowie den gegenseitigen Umgang zusammen mit den Schülern zu erarbeiten (Mensa-Regeln).

Das gemeinsame Mittagessen bietet somit für beide Par-teien die Chance sich informell kennenzulernen, was letzt-lich der gesamten Schulatmosphäre zu Gute kommen kann. Für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte ist die Mittags-pause auch eine gute Informationsquelle. So beobachten sie nicht nur individuelle Essgewohnheiten der Schüler, son-dern erfahren auch vieles über ihre persönlichen und sozia-len Ressourcen. Diese Eindrücke können vielfältige Ansatz-punkte für Bildungs- und Projektarbeiten bieten.

Ein Ansatz für Projektarbeit in der GanztagsschuleÜber die Essenssituation hinaus kann die Mittagsverpfle-gung ebenso Thema im Rahmen des Unterrichts und der

außerunterrichtlichen Betreuung sein. Projekte rund um Essen und Trinken ermöglichen es, die bei Tisch gesam-melten Eindrücke zu reflektieren und die Schüler bei der Ausgestaltung des Mittagessens mit einzubeziehen (z. B. bei der Speiseplanung oder der Ausgestaltung der Mensa). Der Umfang, in dem Ideen umgesetzt werden, kann sehr unterschiedlich sein, je nach z. B. Alter der Schüler, Grup-pengröße oder organisatorischen und personellen Rah-menbedingungen. Kleinere Ansätze sind im Schulalltag ebenso möglich wie Projektarbeiten über mehrere Tage. Greifen Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte hierbei Interessen der Schüler auf und unterstützen sie bei Beant-wortung ihrer Fragen, führt dies nicht nur zu mehr Ver-ständnis, sondern auch zu einer verstärkten Akzeptanz des Themenbereichs Ernährung.

Denkbar sind Ansätze, die auf das eigene Erproben und Erleben der Schüler gerichtet sind (siehe Bild): Koch-events, Sinnesschulungen, Praxisbesuche bei Ernährungs-handwerkern (z. B. Bäcker, Metzger) und Bauernhöfen, das An legen und Pflegen eines Schulgartens, die gemeinsame Speiseplanung für das anstehende Schulfest. Die Verbin-dung zu Inhalten des Unterrichts schafft hierbei einen ganzheit lichen Blick. So fördert eine Filmdokumentation über die neue Mensa nicht nur eine Auseinander setzung mit ernährungsbezogenen Inhalten, sondern schafft gleichzeitig eine Verbindung zu den Bereichen Medien-bildung/Technik, Organisation und Verwaltung.

Für einen reflektierten Umgang mit Essen und Trin-ken ist es ebenso wichtig, dass sich Schüler mit der ei-genen Essbiographie auseinandersetzen. Was essen sie, was nicht? Wieso ist das so? Wie fühlen sie sich, wenn sie z. B. etwas Süßes essen? Was essen sie, wenn sie nicht zu Hause und mit Freunden unterwegs sind? Wie erleben sie das Essen innerhalb der Familie? Diese Fragen regen zum Reflektieren an und sollen auf Seiten der Schüler ein Be-wusstsein schaffen sowie Zusammenhänge erkennen las-sen. Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte können sie mit verschiedenen Methoden biographischen Arbeitens hierin unterstützen und einen wertschätzenden Austausch unterschiedlicher Ernährungs- und Lebensgewohnheiten anleiten.

Literatur bei der Autorin.

HEIKE STEINHÄUSERKoMPETENZZENTrUM FÜr ErNÄHrUNG ErNÄHrUNGSINForMATIoN UND WISSENSTrANSFEr VErNETZUNGSSTELLE SCHULVErPFLEGUNG [email protected]

→ Schüler bereiten gemeinsam eine Mahlzeit zu (Foto: Vernetzungsstelle

Schulverpflegung Bayern)

Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Bayern hat in „Erfolgsrezepte für die Schulverpflegung“ verschiedene Ansätze zusammengetragen, die sich in der Praxis bewährt haben. Hier finden Sie u. a. Ideen zur Gestaltung des ge-meinsamen Mittagessens und der Mensa sowie zur Einbin-dung der Themen Essen und Trinken in den Schulalltag: www.schulverpflegung.bayern.de.

Infobox:

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Miteinander essen – leben – lernenFachtagung Kita- und Schulverpflegung Mittelfranken 2016

von JOHANNA WINTER: Essen verbindet! Bei der diesjährigen Fachtagung Kita- und Schul-verpflegung in Fürth griffen die Veranstalter die kulturelle Vielfalt an Schulen und Kinderta-gesstätten auf. Wie können gemeinsame Mahlzeiten für Kinder und Jugendliche egal welcher Herkunft ermöglicht werden, um interkulturellen Austausch und das gegenseitige Verständ-nis füreinander zu fördern? Und wie lassen sich die Kids für gesunde Ernährung begeistern? Auf dem Programm standen spannende Fachvorträge von hochkarätigen Referenten und eine Extraportion Austausch und Vernetzung.

Bereits zum zweiten Mal fand die Veranstaltung unter dem gemeinsamen Dach der Vernetzungsstelle Schulverpfle-gung und der Kitaverpflegung des Fachzentrums Ernäh-rung/Gemeinschaftsverpflegung Mittelfranken statt und bot ein buntes und abwechslungsreiches Programm. Gut 80 Fachkräfte aus Kitas und Schulen trafen sich in der Aula des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth, um neue Impulse, frische Ideen und aktuelle Erkenntnisse der Verpflegungslandschaft zu erhalten. Neben Erziehern, Lehrern, Ausgabepersonal und hauswirtschaftlichen Fach-kräften waren auch Essensanbieter, Sachaufwandsträger und weitere Kooperationspartner vertreten.

Der Vormittag lieferte Antworten auf viele Fragen: Inklusion durch Schulverpflegung – geht das? Wie gelingt es, Kinder und Jugendliche aller großen Religionen an ei-nen Tisch zu bekommen, ohne bereits im Vorfeld einzelne Gruppen auszuschließen oder als Außenseiter abzustem-peln? Und wie steht es eigentlich um die Essgewohnheiten

unserer „Kids und Teens“? Können aktuelle Trends genutzt werden, um die Jungs und Mädels zu gesunder Ernährung zu bewegen?

Inklusion durch Schulverpflegung – geht das?Während Johanna-Elisabeth Giesenkamp die Speisevor-schriften der fünf größten Religionen in Deutschland vor-stellte, wird schnell deutlich: Im christlichen Glauben gibt es im Gegensatz zu Judentum, Islam, Buddhismus und Hin-duismis bis auf die Fastenzeit kaum verbindliche Regelun-gen. Deshalb fällt es uns in Deutschland oft schwer, deren große Bedeutung für andere Religionen zu verstehen. „Das Weglassen von Schweinefleisch ist schon ein großer Schritt, aber es stellt nur einen Bruchteil der islamischen Speisevor-schriften dar“, so Giesenkamp. Auch auf Alkohol, welcher zum Beispiel als Auszugsmittel bei der Gewinnung von Aro-men verwendet wird, und Gelatine sollte verzichtet werden. Im Judentum geht man noch weiter und trennt milchige von

ErNÄHrUNG

→ MdL Walter Nussel begrüßt die Tagungsteilnehmer in der Aula des

AELF Fürth (alle Fotos: Katrin Merkel, AELF Fürth)

→ Ingo Barlovic zeigt, welche Aspekte der Schulverpflegung den Kindern

und Jugendlichen wichtig sind

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fleischigen Speisen, während Buddhismus und Hinduismus so unterschiedliche Strömungen umfassen, dass man hier kaum einheitliche Vorschriften ableiten kann. Diese Kom-plexität der unterschiedlichen Vorschriften lässt schnell er-ahnen, dass vieles davon in der Gemeinschaftsverpflegung nicht ohne weiteres umsetzbar ist. „Bei Unklarheiten klä-ren Sie am besten direkt mit den betroffenen Familien, ob eine derart strenge Umsetzung überhaupt erforderlich ist“, riet Giesenkamp. Um allen Religionen gerecht zu werden, müsste man eine vegetarische Linie fahren, die – falls Bud-dhisten verpflegt werden – zudem auf Zwiebelgewächse und Eier verzichtet.

Wie ticken eigentlich unsere Kids?Amüsant ging es im zweiten Vortrag zu, als Ingo Barlovic vom Institut iconkids & youth in München über die spezi-ellen Lebens- und Erlebniswelten der Kinder und Jugend-lichen sinnierte. „So schlimm wie heute war Kindheit und Jugend noch nie. Oder?“ provozierte er. Dabei ist unsere „Jugend von heute“ gar nicht so verkommen, wie in den Medien vielfach beschworen wird. Der Alkoholkonsum liegt im Durchschnitt sogar unter dem der Jugendlichen aus den 70er Jahren; außerdem fangen die heutigen Kids damit spä-ter an als damals. Auch rauchen sie weniger als ihre Eltern-generation, und zum Thema Übergewicht sei gesagt, dass es bedeutend mehr „kräftige“ Erwachsene gibt als Kinder und Jugendliche. Also alles halb so wild? Nein, denn „Kindheit und Jugend prägen ein Leben lang“, relativierte Barlovic so-fort. Von daher sei ein bewusster und gesundheitsbetonter Lebensstil durchaus zu propagieren. Dabei lohnt es, sich mit den Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen zu beschäf-tigen und sie dort abzuholen, wo sie stehen – also in ihrer jeweiligen Lebensphase, seien es Disneyfilme, Pferde, Autos oder Stars. „Sie bekommen die Kinder viel besser, wenn Sie fragen, wie sich denn ein Manuel Neuer oder eine Helene Fischer ernährt, um so auszusehen und so viel leisten zu

können“, erklärte Barlovic. Achten Sie beim Mensaessen au-ßerdem auf Geschmack, Geruch und Aussehen der Speisen – hieran zu drehen lohnt sich, denn dies stuften die Kinder in einer Umfrage als wichtigstes Kriterium für den Mensa-besuch ein.

Koscher, Halal & Co. Wie kann ich meine Speisenauswahl gestalten, um mög-lichst alle Religionen anzusprechen? Interessiert lauschten die Forenteilnehmer Johanna-Elisabeth Giesenkamp, als sie einen Speiseplan vorstellte, in dem alle religiösen Vorschrif-ten Beachtung finden. Aufgrund der unterschiedlichen An-forderungen ist ein solcher Speiseplan in der Regel vegeta-risch gestaltet. Wer in seiner Kita- oder Schulküche ernsthaft koscher oder halal kochen möchte, muss unbedingt auf ge-trennte Küchenbereiche und -utensilien achten, die auch wirklich nur mit den Speisen in Berührung kommen, für die sie jeweils gedacht sind. Prinzipiell ist eine Kita- oder Schul-verpflegung, die allen Religionen entspricht, möglich, wenn einige Regeln bei der Zubereitung beachtet werden, und die Lebensmittelauswahl entsprechend erfolgt. Dementspre-chend gibt es keine religionsspezifischen, sondern lediglich landestypische Küchen. Dort werden Lebensmittel meist an-ders als hierzulande zubereitet (z. B. Fleisch), teilweise haben sie auch einen anderen Stellenwert als bei uns. Jedoch sei es auch möglich, mit der fränkischen oder bayerischen Küche für Angehörige aller Religionen zu kochen.

Ruhe bitte! – Weniger Lärm im SpeiseraumNormalerweise müssen Arbeitgeber ab einer Lärmbelästi-gung von 80 Dezibel Gehörschutz an alle Mitarbeiter ver-teilen. Doch wie sieht das in Mensen aus, in denen nicht selten Lautstärken zwischen 90 und 100 Dezibel erreicht werden? Bekannt ist, dass Lärm zur Ausschüttung von Stresshormonen führt, wodurch die Verdauung gehemmt,

→ Helga Raab präsentierte die von den Teilnehmern zubereiteten

Köstlichkeiten

→ Koscher, Halal und Co. – Anregungen zur Lektüre stellte Johanna-Elisa-

beth Giesenkamp zur Genüge bereit

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die Herzfrequenz erhöht und der Körper auf den Kampf- oder Fluchtmodus eingestellt wird. Deshalb werden Kin-der und Jugendliche bei einem hohen Lärmpegel oftmals aggressiv und nehmen das dann auch mit in den Unter-richt. Peter Hammelbacher vom INQA-Arbeitskreis „Lärm in Bildungsstätten“ erläuterte effektive Lärmminderungs-maßnahmen in lauten Mensen. Um den Geräuschpegel so niedrig wie möglich zu halten, ist es wichtig, bereits bei der Planung an die Schalldämpfung zu denken. Dabei kommt es nicht nur darauf an, Akustikdecken zu verlegen und Filz-gleiter unter Stühle zu kleben, auch das Material und die Beschaffenheit von Möbeln und Räumlichkeiten tragen zur Lärmentwicklung bei. Insofern sei es gar nicht so einfach, eine Allzwecklösung für alle Schulen und Kitas zu finden. Vielmehr müssten Lösungen passgenau auf die jeweiligen Räume zugeschnitten werden. Als Nachbesserungsmaßnah-men schlug Hammelbacher vor, Microsorbierfolien, Absor-berbilder und Akustikspritzputz zu verwenden. Auch eine gute Akustikdecke kann Abhilfe verschaffen, allerdings ist es wichtig, hier auf Qualität zu achten, denn nicht jedes Mo-dell hält, was es verspricht. Die großen Discounter machen es bereits vor: Richten Sie beim nächsten Einkauf Ihren Blick einmal nach oben; denn dort verwendet man schon lange günstige, aber sehr effektive Akustikdecken.

Stressfalle Verpflegung? Da es in der Verpflegung unserer Kinder und Jugendlichen nicht immer entspannt zugeht, stellte Karin Straußber-ger-Christoph vom Einblick-Institut für ganzheitliche Bera-tung in Fürth, Methoden zum Umgang mit Herausforderun-gen und Belastungen vor. Sie ließ die Teilnehmer von ihren eigenen Erfahrungen berichten und ihren persönlichen „Stressfaktor“ in der Arbeit benennen. Dabei stellte die Laut-stärke während der Mittagsverpflegung eine vielgenannte Antwort dar, aber auch mangelnde finanzielle und damit einhergehende personelle Ressourcen verursachen Stress unter den Beschäftigten in der Kita- und Schulverpflegung. Anhand des SORK-Schemas (Stressoren – Wirkung auf den Organismus – Stress-Reaktionen – Konsequenzen) erklärte Straußberger-Christoph die Funktionsweise der individuel-len Stressanalyse. Sie führte eine Kurzentspannung in Form der progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen durch und betonte die Wichtigkeit einer positiven Grundeinstel-lung, um Stressfaktoren zu entkräften. So lassen sich auch scheinbar unlösbare Situationen für die Einzelperson ent-schärfen und können sie so vor der Entstehung stressbe-dingter Krankheiten wie Burnout schützen. Am Ende hielt sie für jeden Teilnehmer ein kleines Leporello mit Alltagstipps für einen besseren Umgang mit Stress bereit. Ob Achtsam-keitsübungen, tiefes Atmen, Rückwärtszählen von 30 oder

einfach nur viel Trinken, die Möglichkeiten sind so vielseitig wie einfach und schnell durchzuführen.

Gesunde Gerichte, die ankommenEinen praktischen Input zu gesunden Gerichten, die bei den Kids gut ankommen lieferte der Kochworkshop von Helga Raab, der parallel zu den Foren am Nachmittag stattfand. Hier wurde geschnippelt, geknetet, gerührt und auch ge-schwitzt – das Ergebnis konnte sich mehr als sehen lassen. Die leckeren Gerichte reichten von Maultaschenauflauf über Falafel mit Minzsoße und Fladenbrot bis hin zu Blumenkohl-kuchen und Karotten-Orangen-Drink. Nach getaner Arbeit durften die Teilnehmer es sich schmecken lassen und waren sich einig: „Das probieren wir mal bei uns in der Einrichtung“. Frau Raab belieferte selbst jahrelang Kitas und Schulen mit frisch gekochten Leckereien und stellte in ihrem Workshop die beliebtesten Gerichte jenseits von Pizza, Pasta und Pom-mes vor.

FazitAm Ende traf die Fachtagung genau den Nerv der Teilneh-mer – sie gingen zufrieden und mit vielen neuen Ideen zu-rück in ihren Kita- und Schulalltag. Auch im nächsten Jahr können sie sich wieder auf eine gemeinsame Fachtagung der Vernetzungsstelle Schulverpflegung und der Kitaver-pflegung Mittelfranken freuen.

JOHANNA WINTER AMT FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND ForSTEN FÜrTHVErNETZUNGSSTELLE SCHULVErPFLEGUNG [email protected]

→ Lecker: Falafel mit Fladenbrot und Minzsoße sowie Gemüseburger

regen zum Ausprobieren an

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Biobasierte Produktideen entlang der Lebensmittel-Wertschöpfungskette Kreativworkshop zur Bioökonomie von KErn und LfL

von DR. ANDREA SPANGENBERG, MONIKA KOHL und CHRISTINE RÖGER: Welche Handels-kanäle und Verpackungskonzepte werden unsere Zukunft prägen und sind aus bioökono-mischer Sicht nachhaltig? Welche neuen technologischen Produkte und Dienstleistungen können wir in den nächsten Jahren erwarten? Wie könnten ursprüngliche Kulturarten aus Bayern nicht nur überleben, sondern wieder auf den Teller kommen? Diese und weitere Fragen diskutierten fachkundige Experten gemeinsam mit Start-ups, Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Juni 2016 beim Kreativworkshop zur Bioökonomie „ProWert“ in Freising.

Veranstaltet wurde der Kreativworkshop gemeinsam vom Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) sowie der Lan-desanstalt für Landwirtschaft (LfL), um die Forschung und Entwicklung konkreter Produkte entlang der Lebensmit-tel-Wertschöpfungskette voranzutreiben. Ein Großteil der Finanzierung kam daher vom Bundesministerium für Bil-dung und Forschung, das gleichzeitig sein Förderprogramm „Ideenwettbewerb: Neue Produkte für die Bioökonomie“ bewarb. Fünfzig Teilnehmer erarbeiteten bio-basierte Pro-duktideen, um diese zu konkreten Geschäftsmodellen wei-terzuentwickeln. Dazu wurden zwei Entwicklungsschritte während des zweitägigen Workshops durchgeführt, die an jeweils einem Tag im Vordergrund standen:

→ Moderierte Gruppenarbeit zur Entwicklung neuer Ideen; zuvor Einstimmung auf das Thema „Bioöko-nomie“ mit Beispielen und Impulsvorträgen;

→ Nutzung der entwickelten Ideen für eine beispiel-hafte Ausarbeitung von Geschäftsmodellen (mit Hilfe der Value Proposition Canvas), um die Erfolgs-quote von Förderanträgen zu steigern und einen klaren Kundennutzen aufzuzeigen.

Diese Produktideen sollen nun bei Forschungsförderpro-grammen auf nationaler oder bayerischer Ebene eingereicht werden, um sie schließlich mit erfolgreicher Finanzierung zu realisieren. Ein anderer Schritt zur Finanzierung wäre es, passende Partner aus der Wirtschaft zu finden, die Interesse an der Produktentwicklung haben.

Visionäre Aspekte der BioökonomieDie Vision klingt einfach und plausibel, hat in der Umset-zung aber ihre Tücken: Eine am natürlichen Stoffkreislauf orientierte, nachhaltige bio-basierte Wirtschaft, die in der Lage ist, die wachsende Weltbevölkerung ausreichend und gesund zu ernähren sowie zusätzlich nachwachsende Roh-stoffe als Alternative zum fossilen Erdöl zu etablieren. Auch im Lebensmittelsektor spielt Bioökonomie bereits eine wichtige Rolle. „Elemente einer effektiven und effizienten

ErNÄHrUNG

Weg vom Erdöl, hin zum Einsatz biobasierter Stoffe: Bioökonomie steht für den Strukturwandel von einer erdöl- zu einer biobasierten Wirtschaft, der ökonomischen Wohlstand mit ökologischer und gesellschaftlicher Ver-träglichkeit vereint. Die Bundesregierung fördert das For-schungsfeld der Bioökonomie – die „Nationale Forschungs-strategie BioÖkonomie 2030“ [1] soll Deutschland zu einem führenden Forschungs- und Innovationsstandort in der Bioökonomie entwickeln. In Bayern wurde 2015 eigens ein Sachverständigenrat für Bioökonomie auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten (StMELF) einberufen. Der Rat fungiert als Impulsgeber und soll einen gesellschaftlichen Dialog über das Thema Bioökonomie anstoßen. Infos erhältlich unter www.biooekonomierat-bayern.de/

Infobox: Bioökonomie – Was ist das?

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Ernährungspolitik zu entwickeln, die das Ernährungsverhal-ten sowohl nachhaltiger als auch gesundheitsförderlicher machen, ist eine der größten Herausforderungen“, so Prof. Hannelore Daniel von der TU München [2]. Neue biobasierte Verfahren und Inhaltsstoffe haben Produkte vielseitiger, ge-sünder, preiswerter und nachhaltiger gemacht. Inhaltsstoffe wie etwa Omega-3-Fettsäuren oder Vitamine, die mit Hilfe der Biotechnologie hergestellt werden, sind hier genauso zu nennen wie neue Verpackungsfor-men und -materialien (siehe Abbildung 1).

Blick über den TellerrandUm die Teilnehmer des Workshops auf die Bioökonomie einzustimmen, wurden zu Beginn der Tagung spannende Projekte vorgestellt. Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Lebensmitteln Omega-3-Fettsäuren zu-gesetzt werden können. Mit der ProLupin GmbH, eine Ausgründung des IVV, werden Produkte aus Lupineneiweiß hergestellt, wie z. B. Speiseeis, Jo-ghurt und einiges mehr. Eine weitere Produktidee aus dem Bereich der Bioökonomie ist die Fleisch-herstellung aus Pflanzenproteinen: Die Firma „Beyond Meat“ aus den USA produziert Fleischer-satzprodukte aus Pflanzenproteinen wie Soja oder Erbsen, die wie Fleisch aussehen und auch so schmecken. Eines der klassischsten Beispiel-

projekte der Bioökonomie, welches allerdings nicht aus dem Ernährungsbereich stammt, ist der Autoreifen aus Milch des Russischen Löwenzahns. Auch ein Pilotprojekt über einen Biodübel aus Rizinusöl zählt dazu oder die künftige Geträn-ke-Flasche aus Zuckerrohr (mit Monoethylenglycol), bzw. als deutsches Produkt der Bioökonomie die Textilfasern aus Milch eiweiß [5].

Bioökonomie in Bayern„Historische Saaten von Getreiden oder Leguminosen müssen wieder auf das Feld gebracht werden, um die landwirtschaftliche Biodiversität langfristig zu sichern“, sagte Dr. Klaus Fleißner von der bayerischen Landesan-stalt für Landwirtschaft (LfL) auf dem Workshop. „Hier kann die Bioökonomie Möglichkeiten bieten, um neue Produkte aus ursprünglichen Kulturarten zu entwickeln, damit es sich für den Erzeuger lohnt, sie wieder anzubauen“ (siehe Bild 1). Hans Oppliger, Geschäftsführer des Vereins Rhein-taler Ribelmais, zeigte dazu am Beispiel des „Rheintaler Ribelmais“, wie es gelingen kann, eine alte Maissorte nach-haltig zu bewahren. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die traditionelle Maissorte nicht mehr im Rheintal ange-baut, obwohl der Ribel über Jahrhunderte das Haupt-nahrungsmittel der Region darstellte. Durch die Beantra-gung des AOP-Qualitätssiegels und Förderung des Anbaus sowie der Vermarktung von Ribelmais-Produkten wie Tortilla chips, Poularden oder Maisbier konnte diese Tra-dition weitergeführt werden. Oppliger betonte, dass dies

→ Bild 1: Alten Sorten eine neue Nutzung zuführen – auch das ist ein Bestandteil der

Bioökonomie. Durch die Gründung des Vereins Rheintaler Ribelmais 1998 wurde

die vergessene Sorte wieder kultiviert und so ein Konzept geschaffen, um die

Zukunft dieses altehrwürdigen Getreides im Schweizer Kanton Graubünden

nachhaltig zu sichern (Foto: KErn)

→ Abbildung 1: Beispiel-Projekte aus der Bioökonomie; [3, 4]

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ErNÄHrUNG

ERN

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RUN

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erst durch übergreifende Zusammen-arbeit möglich war: „Die ganze Wert-schöpfungskette arbeitet zusammen und zieht an einem Strang!“

Auch der Champagnerroggen, eine alte Roggensorte, erfährt neuen Aufwind, indem nach der Ernte der Roggen ähren die Halme als „Stroh-halme“ verarbeitet und verkauft wer-den. Dieser Bio-Strohhalm entsteht so aus einem landwirtschaftlichen „Abfall-produkt“.

Nicht am Kunden vorbeiplanenBei der Entwicklung neuer Produkte ist es wichtig abzuklären: Welche Bedürf-nisse befriedigt das neue Produkt? Was ist der wirkliche Kundenbedarf, für den das Produkt entwickelt wird? Hier kön-nen Verbraucher- und Kundenbefra-gungen – bereits in der Anfangsphase – helfen. Ein gutes Hilfsmittel ist die „Value Proposition Canvas“. Anschaulich werden hier Schlüsselfragen gestellt zu den Partnern, Res-sourcen, Aktivitäten, Kosten und Kunden eines Projektes, so dass das eigentliche „Business“ Struktur annimmt. Beim Workshop lernten alle Teilnehmer, die Canvas sinnvoll an-zuwenden, um dadurch für ihre eigenen Produktideen gute Geschäftsmodelle entwickeln zu können. Dies und die zahlreichen interessanten Eindrücke, das „Networking“ mit Gleichgesinnten sowie die eine oder andere Idee zur Finanzierung waren die Ergebnisse, die alle Teilnehmer am Ende des zweiten Workshop-Tages mit nach Hause nehmen konnten (siehe Bild 2).

Literatur [1] https://www.bmbf.de/pub/Nationale_Forschungsstrate-

gie_Biooekonomie_2030.pdf[2] PROF. DR. DANIEL, HANNELORE / PROF. DR. REISCH,

LUCIA/PROF. DR. HAMM, ULRICH (2014): Förderkon-zept des Bioökonomierats: Lebensmittelkonsum, Er-nährung und Gesundheit, online unter: http://www.biooekonomierat.de/fileadmin/Publikationen/emp-fehlungen/Empfehlungen_Ernaehrung.pdf, S. 6

[3] www.bioökonomie.de (2016) / Chemie-Bausteine aus Chicorée-Abfällen

[4] BIOÖKONOMIERAT (2013): Produktsammlung Bioökono-mie. Unter: http://www.biooekonomierat.de/filead-min/Publikationen/Sonstige/BOER_Produktsamm-lung_2013.pdf (Zugriff: 1. März 2016)

[5] BIOÖKONOMIERAT (2014): Bioökonomie in unserem All-tag: Was steckt dahinter? Geschäftsstelle des Bioöko-nomierates, c/o BIOCOM AG, Berlin

DR. ANDREA SPANGENBERG MONIKA KOHL CHRISTINE RÖGER KoMPETENZZENTrUM FÜr ErNÄHrUNG [email protected]@[email protected]

→ Bild 2: Beim Kreativworkshop „Biobasierte Produktideen entlang der Lebensmittel-Wertschöp-

fungskette“ entwickelten Wissenschaftler, Unternehmer und Start-Ups Ideen im Bereich

Bioökonomie (Foto: KErn)

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Der Food Price Index der FAOEin Indikator für die Entwicklung der Preise von Agrarrohstoffen und Lebensmitteln

von FLORIAN SCHLOSSBERGER: Der FAO Food Price Index ist der Nahrungsmittel-Preisindex der Food and Agriculture Organisation (FAO), der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. Er erfasst die Entwicklung der Weltmarktpreise von Agrarrohstoffen und Lebensmitteln aus den fünf Warengruppen Fleisch, Milchprodukte, Getreide, Öle und Fette sowie Zucker. Insgesamt werden im FAO Food Price Index 73 weltweite Preisnotierun-gen berücksichtigt. Der Index gilt auch als Indikator für die künftige Entwicklung der Infla-tion und die Kostenentwicklung in der Lebensmittelindustrie. Er wird monatlich am ersten Donnerstag des Monats veröffentlicht.

Die FAO führte den FAO Food Price Index (FFPI) 1996 ein, um die Entwicklung der Preise für Agrar-Rohstoffe auf den globalen Märkten zu beobachten. Sie fasste dafür die han-delsgewichteten Preise für verschiedene Agrarrohstoffe zu-sammen und rechnete den FFPI bis ins Jahr 1990 zurück.

2009 wurde der Index grundlegend überarbeitet und da-bei der Referenzzeitraum neu berechnet. Als Referenzzeit-raum wurden die drei Jahre 2002 bis 2004 herangezogen. Außerdem wurden zur Berechnung des Indexes teilweise andere Teilindizes und Notierungen verwendet, die Roh-stoffdeckung geändert sowie die Notierungen für einzelne Produkte fallen gelassen. Um die langfristige Beobachtung von Markt- und Preisentwicklungen zu erleichtern, wurde der FFPI im Rahmen der Überarbeitung auch bis zum Jahr 1961 zurückgerechnet.

Berechnung des Indexes Der FAO Food Price Index dokumentiert als Preisindex die Entwicklung der Weltmarktpreise von 23 Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln in US-Dollar. Die Agrarrohstoffe und Lebensmittel werden hierfür in fünf Warengruppen zusam-mengefasst. Je nach Produktgruppe bzw. Produktart wer-den unterschiedlich viele, insgesamt 73 weltweite Notierun-gen für die Rohstoffe herangezogen. Aus den Notierungen werden folgende fünf Teilindizes, die zusammen den Ge-samtindex ergeben, berechnet:

→ Fleisch/Meat Price Index: Notierungen für Geflügel, Schweine-, Rind- und Schaffleisch (Gewichtungsfak-tor 0,348 für den FFPI);

→ Milchprodukte/Dairy Price Index: Notierungen für Butter, Vollmilch- und Magermilchpulver, Käse (Ge-wichtungsfaktor 0,173);

→ Getreide/Cereals Price Index: Notierungen für Weizen, Gerste, Mais und Reis (Gewichtungsfaktor 0,272);

→ Öle und Fette/Oils Price Index: Notierungen für Soja-, Sonnenblumen-, Raps-, Erdnuss-, Baumwoll-, Kopra-, Palmkern-, Palm, Lein- und Rizinusöl (Ge-wichtungsfaktor 0,135);

→ Zucker/Sugar Price Index: Notierungen für Zucker (Gewichtungsfaktor FFPI 0,072).

Bei der Berechnung der Teilindizes werden die einzelnen Agrar-Rohstoffe, die in der jeweiligen Produktgruppe ent-halten sind, entsprechend ihres Exportwertanteils am Ge-samtexportwert der 23 Agrarrohstoffe im Durchschnitt der drei Referenzjahre berücksichtigt. Der Gesamtindex ist der gewogene Durchschnitt der getrennt ermittelten Teilindizes, die Gewichtung der Teilindizes erfolgt anhand der Export-anteile der jeweiligen Produktgruppe.

Die Indexberechnung erfolgt nach Etienne Laspeyres und setzt den Indexwert 100 für das „Basisjahr“ an (Durch-schnitt der Jahre 2002 – 2004). Der Index ermittelt den Preis der Warengruppen in der Zusammensetzung des Referenz-zeitraums zu Güterpreisen des Berichtsjahres bezogen auf den Preis derselben Warengruppen (gleiche Verbrauchs-mengen) zu Güterpreisen des „Basisjahres“.

Mit der Überarbeitung des FAO Food Price Indexes wurde beim Teilindex für Getreide der ursprüngliche Weizen-Index durch den des International Grain Councils ersetzt. Im Teil-index für Milchprodukte werden die Notierungen für Kasein nicht mehr einbezogen sowie die Notierungen für Milch-pulver und Butter erweitert. Beim Oils Price Index wurden die bisher berücksichtigen Notierungen für Fischöl und Talg fallen gelassen.

Neben dem nominalen FAO Food Price Index wird auch ein um die Inflation bereinigter „realer“ Index berechnet, um die reale Preisentwicklung für Agrarrohstoffe zu beobach-ten. Als „Deflator“ wird hierfür der „World Bank´s new ma-nufactures unit value“ (MUV) herangezogen.

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Bedeutung des FAO Food Price IndexesNeben seiner Bedeutung als Indikator für die Preisentwick-lung von Agrarrohstoffen auf den internationalen Märkten gilt der FAO Food Price Index als Indikator für die zukünftige Entwicklung der Inflation oder die Kostenentwicklung in der Lebensmittelindustrie. Denn eine Trendwende am Markt für Agrarrohstoffe gilt als guter Frühindikator für Anleihen und damit den Rentenmarkt, da Agrarrohstoffe in ihrer Tendenz gegenüber den Anleihen einen Vorlauf von drei bis sechs Monaten besitzen.

Der FAO Price Index wird oftmals auch zitiert, um über die Entwicklung der Lebensmittelpreise für die Bevölkerung und auf die jeweilige weltweite Kostensituation der Bevöl-kerung für die Ernährung hinzuweisen. Dabei wird auf die weltweit enorme Steigerung der Kosten für Lebensmittel hingewiesen. Hohe Lebensmittelpreise werden als maß-gebliche Ursachen für die Inflation in den Industrieländern ausgemacht. In Entwicklungs- und unterentwickelten Län-dern gilt die drastische Preiserhöhung der Lebensmittel als wesentlicher Grund für die schwierige Ernährungssituation und den Hunger der Bevölkerung.

Die FAO relativiert die Aussagekraft des FFPI bzgl. der Le-bensmittelpreise für die Bevölkerung. Als Basis für den FFPI werden Exportpreise für Agrarrohstoffe verwendet. Diese decken sich nicht eins zu eins mit der Entwicklung der Lebensmittelpreise, die die Bevölkerung für ihre Ernäh-rung bezahlen müssen. Nach Aussage der FAO kann der FFPI daher nicht di-rekt als Werkzeug zur Beurteilung der Ernährungssicherheit und der Lebens-mittelpreise für die Bevölkerung ver-wendet werden. Unter anderem wird auch hinterfragt, ob der zur Berech-nung des FFPI verwendete internati-onale Exportanteil der Agrarrohstoffe tatsächlich den Haushalts-Konsum der Entwicklungsländer wiedergibt. Zu-dem korrelieren internationale Preise für Agrarrohstoffe nicht immer mit de-nen, zu denen u. a. Entwicklungsländer entsprechende Produkte importieren.

Letztendlich ist allerdings die Preis-entwicklung der Agrarrohstoffe und der Lebensmittel für die Bevölkerung ähnlich gelagert, daher stellt der FFPI einen der weit genutzten Gradmesser hierfür dar. Als internationaler Indika-tor für Agrarrohstoffe gewinnt der FFPI seit der erheblichen Preissteigerungen im Jahr 2008 an Bedeutung. Gerade in

den Zeiten der verstärkten Globalisierung der Agrarmärkte besitzt der FAO Food Price Index eine große Bedeutung für die Einschätzung der weltweiten Preisentwicklungen und -trends bei Agrar-Rohstoffen und Lebensmitteln.

Verlauf des FAO Food Price Index Im Jahr 1990 startete der FFPI im Januar bei nominal 108,7 Punkten. Bis Mai 1996 stieg er auf 138,6 Punkte, im Mai 2002 notierte der Index mit 85,2 Punkten sein Allzeittief.

2007 und 2008 hatten sich wichtige Grundnahrungs-mittel, insbesondere Reis, Mais und Weizen stark verteuert. Während der Nahrungsmittelpreiskrise 2007 und 2008 stieg der FFPI im Juni 2008 auf einen Rekordstand von (nominal) 225,8 Punkten, seit dem Tief von Mai 2002 bedeutet das ei-nen Anstieg um 165 Prozent.

Als Ursachen hierfür gelten u. a. Trockenheitsperioden im Getreidebau, der Anstieg des Ölpreises, die Verwendung von Agrarrohstoffen für Biokraftstoffe und abnehmende Ge-treide-Lagerbestände. Generell sind Gründe für steigende Nahrungsmittelpreise vielfältig. Neben Wetterereignissen und demzufolge schlechten bzw. zerstörten Ernten sowie der zunehmenden Flächenkonkurrenz mit dem Non-Food-Bereich wird dies unter anderem auch mit dem Rückgang von Anbauflächen aufgrund des Klimawandels begründet.

→ Abbildung: Der Verlauf des FAO Food Price Indexes (nominal und real) seit 1990

Quelle: FAO, http://www.fao.org/fileadmin/templates/worldfood/Reports_and_docs/Special_

feature_FFPI_en.pdf (zuletzt aufgerufen am 28. Juli 2016)

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Durch die internationale Finanzkrise ausgelöst sank der FFPI in Folge bis zum Frühjahr 2009, im Februar lag sein Tief bei nominal 143 Punkten. Anschließend kletterte er wieder nach oben. Im Februar 2011 erreichte der FFPI mit nominal gut 240 Punkten sein Allzeithoch (real 176,6 Punkte) und lag damit über dem Niveau von Juni 2008. Die Weltmarktpreise stiegen innerhalb eines Jahres um 33,9 Prozent. Seit dem Allzeittief im Mai 2002 betrug die weltweite Preissteigerung 182 Prozent. Von 2000 bis 2012 lag die jährliche nominale Teuerung der Agrar-Rohstoffe im jährlichen Durchschnitt bei 11,2 Prozent. Real (inflations-, d. h. MUV-bereinigt) lag der durchschnittliche jährliche Anstieg der Lebensmittelpreise im selben Zeitraum bei 6,0 Prozent/Jahr.

In den Jahren 2012 und 2013 gingen die Nahrungsmittel-preise leicht nach unten und lagen im Dezember 2013 nomi-nal bei 206 Punkten (real 156 Punkte). Bis zum Sommer 2014 lag der FAO Preisindex anschließend stabil auf einem relativ hohen Niveau, im Juli 2014 wurde ein nominaler FFPI-Stand von 204,3 Punkten notiert. Ab dem Sommer 2014 ging es bis zum Frühjahr 2016 deutlich bergab. Während der Ge-samtjahres-Index für das Jahr 2014 noch bei nominal 201,8 Punkten lag, markierte er für das Gesamt-Jahr 2015 bei 164,0 Punkten. Im Januar 2016 lag er bei der 149,3-Punkte-Marke.

Seit dem Frühjahr 2016 steigt der Index wieder. Im Juni 2016 stieg der FAO Preisindex den 5. Monat in Folge und lag mit nominal bei 163,4 Punkten (real 120,8 Punkte) 7,6 Punkte über dem Mai-Wert und ca. 1 Prozent unter dem entspre-chenden Wert des Vorjahres.

Die fünf FFPI-Teilindizes für Fleisch, Milchprodukte, Ge-treide, Öle und Zucker verhalten sich vom Trend her ähnlich wie der Gesamtindex, wobei sie teilweise deutlich über oder unter dem Gesamtindex liegen. Im Juni gab der nominale FFPI auch bis auf geringe Unterschiede den Stand der Indi-zes für Fleisch, Getreide und Öle wieder. Der Teilindex für Milchprodukte lag mit knapp 138 Punkten etwas darunter, der für Zucker mit 276 Punkten deutlich darüber. Die Teilin-dizes (bis auf den Oils Price Index) lagen im Juni 2016 über denen der Vormonate.

Zusammenfassend lässt sich darstellen, dass der Jah-res-FFPI über lange Zeit hinweg von 1990 bis zum Jahr 2005 bis auf wenige Ausnahmen hinweg auf einem relativ gleichbleibenden Niveau von nominal rund 90 bis 120 Punk-ten lag. Vor gut zehn Jahren stieg der Index drastisch. Auch wenn er ab dem Jahr 2014 deutlich abfiel, liegt das heutige Niveau weit über dem von vor zehn Jahren. Im Jahr 2015 lag der nominale Jahres-FFPI auf dem 1,8-fachen Niveau von dem aus dem Jahr 2000, der um den „World Bank´s new ma-nufactures unit value“ (MUV) inflationsbereinigte FFPI auf dem 1,33-fachen Niveau.

Literatur beim Autor.

FLORIAN SCHLOSSBERGER BAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr ErNÄHrUNGSWIrTSCHAFT UND MÄ[email protected]

Mit der Globalisierung und Liberali-sierung der Märkte sind Informatio-nen über die Lage auf den Märkten für einzelne Produkte, sowohl auf der Erlös- als auch auf der Kostenseite, ein entscheidender Faktor. Eine möglichst umfassende Marktübersicht ist des-halb für den Betriebserfolg entschei-dend. Das Jahresheft Agrarmärkte 2016 leistet hierfür einen Beitrag, indem es Entwicklungen auf den Agrarmärk-ten aufzeigt und die Marktzusammen-hänge auf internationaler, europäischer, deutscher und Länderebene darstellt.

Bestimmend für die Entwicklung der inter-nationalen Märkte für landwirtschaftliche Produkte war in den letzten Jahren das ra-sante Wachstum einiger großer Volkswirt-schaften mit einer daraus resultierenden stark steigenden Nachfrage nach tierischen

Schriftenreihe – Agrarmärkte 2016

Produkten. Die Proteinnachfrage sowohl für die tierische Veredelung als auch für den direkten menschlichen Konsum zeigt sich z. B. in den steigenden Importen Chinas bei Soja, Milchpulver und Schwei-nefleisch. Die jüngsten Entwicklungen zeigen jedoch, dass die Importnachfrage vieler Drittstaaten starken Schwankun-gen ausgesetzt ist. Auch auf die süddeut-sche Landwirtschaft hat diese Entwick-lung der Nachfrage direkten Einfluss.

Die Schriftenreihe „Agrarmärkte“ in der Ausgabe „2016“ ist als Unterlage für die Beratung und den Unterricht konzipiert. Sie bietet Landwirten, landwirtschaftlichen Ausbildern und Auszubildenden sowie den Fachschulen in Bayern und Baden-Würt-temberg die Möglichkeit, Markttrends zu erkennen und rechtzeitig auf Marktent-wicklungen reagieren zu können.

Inhaltliche Schwerpunkte:• die wichtigsten agrarischen

Einzel- und Betriebsmittelmärkte;• aktuelle marktrelevante Ent-

wicklungen und Hintergründe (Erzeugung, Verbrauch, Absatz, Vermarktungsstrukturen, Ver-marktungswege, Preise etc.);

• Verhältnisse am Weltmarkt, auf den EU-Märkten, in Deutschland und insbesondere in Bayern;

• aktuelle rechtliche und politi-sche Rahmenbedingungen;

• aktuelle Marktsituationen und Ausblicke.

Die Schriftenreihe ist zu finden unter

www.lfl.bayern.de/iem/agrar-markt/135152/index.php

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Die Entwicklung des bayerischen Ernährungsgewerbes 2015

von JOSEF HUBER und HERBERT GOLDHOFER: Die Umsatzerlöse des Produzierenden Ernäh-rungsgewerbes in Bayern sanken 2015 im Vergleich zum Vorjahr zum ersten Mal seit 2009. Vom Gesamtumsatz wurde etwas mehr als ein Fünftel im Ausland erlöst. Gemessen an den Verkaufserlösen, der Zahl der Beschäftigten und der Betriebe rangiert es jeweils unter den vier bedeutendsten Wirtschaftsklassen des Verarbeitenden Gewerbes in Bayern. Innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige des Produzierenden Ernährungsgewerbes steht die Milch-verarbeitung bei den Gesamterlösen mit großem Abstand an erster Stelle, gefolgt von den Schlachtereien und Fleischverarbeitern sowie den Herstellern von Backwaren und Dauer-backwaren. Im Gegensatz zur Ernährungsindustrie konnte das Ernährungshandwerk im Ka-lenderjahr 2015 eine Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr verbuchen. Im selben Zeit-raum verminderte sich dagegen die Gesamtzahl der Handwerksbetriebe, während die Anzahl der Beschäftigten leicht anstieg.

Das bayerische Ernährungsgewerbe gliedert sich in das Ernährungshandwerk und Produzierende Ernährungsge-werbe, wobei letzteres auch als Ernährungsindustrie be-zeichnet wird.

Im Jahresbericht des bayerischen Landesamtes für Sta-tistik für das Verarbeitende Gewerbe in Bayern werden Betriebe mit im Allgemeinen 20 und mehr Beschäftigten erfasst. In bestimmten kleinbetrieblich strukturierten Wirt-schaftszweigen mit nur geringem Personalbestand gilt eine Grenze von zehn Beschäftigten (z. B. Herstellung von Fut-termitteln und Malz). Seit Januar 2007 werden nur noch Be-triebe mit 50 und mehr Beschäftigten monatlich befragt, alle anderen einmal im Jahr. Von Januar 2009 an wird das Produzierende Ernährungsgewerbe gemäß der ‚Klassifika-tion der Wirtschaftszweige‘ aus dem Jahr 2008 (WZ 2008) in

zwei getrennten Wirtschaftsklassen, und zwar der Herstel-lung von Nahrungs- und Futtermitteln sowie der Getränke-herstellung, ausgewiesen.

Umsatz des Produzierende ErnährungsgewerbesZum Umsatz zählen alle im Berichtszeitraum in Rechnung gestellten Lieferungen und Leistungen ohne Mehrwert-steuer. Mit Gesamterlösen von 27,6 Mrd. Euro belegte das Produzierende Ernährungsgewerbe 2015 den vierten Rang unter allen Wirtschaftsklassen des Verarbeitenden Gewer-bes in Bayern – nach den Herstellern von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, dem Maschinenbau sowie den Herstellern von DV-Geräten, elektronischen und optischen Erzeugnis-sen. Der Gesamtumsatz des Produzierenden Ernährungsge-werbes sank gegenüber dem Vorjahr zwar um 0,6 Prozent

und damit zum ersten Mal seit 2009, er-reichte aber dennoch den bisher zweit-höchsten Wert (Abbildung 1). Seit 2005 stiegen die Verkaufserlöse um durch-schnittlich 2,8 Prozent pro Jahr.

Spitzenplatz für Milchverarbei-tung in Bayern Der mit großem Abstand bedeutendste Sektor der bayerischen Ernährungs-wirtschaft ist seit Jahren die Milchver-arbeitung. In diesem Bereich wurde im letzten Jahr ein Umsatz von 10,1 Mrd. Euro erwirtschaftet (Abbildung 1). Die Molkereien verbuchten gegenüber dem Vorjahr um 5,3 Prozent niedrigere

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→ Abbildung 1: Umsatzentwicklung des Produzierenden Ernährungsgewerbes in Bayern seit 2005

20,9 21,4

22,623,5

22,823,3

25,326,0

27,127,8 27,6

16

19

22

25

28

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Mrd. Euro

Quelle: Bay. LfStat.

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Verkaufserlöse für Milch und Milchprodukte in Folge der ge-sunkenen Preise bei gleichzeitig leicht gestiegenen Absatz-mengen. Die Milchverarbeitung hat damit in Bayern einen Anteil am Umsatz des Produzierenden Ernährungsgewerbes von über einem Drittel (36,6 Prozent). Im Bundesgebiet be-legt die Milchwirtschaft hingegen mit einem Anteil von nur 13,9 Prozent den zweiten Platz.

Schlachten und Fleischverarbeitung leicht gesunkenDer Wirtschaftszweig Schlachten und Fleischverarbeitung steht in Bayern auf Grund der großen wirtschaftlichen Be-deutung der Fleischerzeugung an zweiter Stelle der Le-bensmittelindustrie. Der Umsatz sank um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 4,5 Mrd. Euro. Verursacht wurde der Rückgang vor allem durch die um 40 Prozent gesunke-nen Schlachtzahlen bei Geflügelfleisch wegen des Brand-schadens der Firma Wiesenhof im Schlachtbetrieb in Bogen. Der Anteil am gesamten Umsatz des Produzierenden Ernäh-rungsgewerbes betrug 16,3 Prozent. In Deutschland waren es dagegen 23,5 Prozent, womit dieser Sektor im Bundesge-biet an erster Stelle stand.

Erneuter Anstieg bei BackwarenDie Hersteller von Backwaren und Dauerbackwaren ver-kauften Erzeugnisse im Wert von rund 2,9 Mrd. Euro und konnten trotz des intensiven Wettbewerbs ein Wachstum von 6,2 Prozent erzielen. Die Exportquote bei diesem Wirt-schaftssegment erreicht mit 5,1 Prozent nur rund ein Vier-tel der Ernährungsindustrie insgesamt. Nach Berechnungen der Munich Strategy Group gehört die Backwarenbranche mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 2,9 Prozent (2008 – 2014) zu den wenigen dauerhaft wachsenden Sektoren bei Nahrungsmitteln.

Craft-Beer-Trend stützt BiersektorEin weiterer herausragen-der Wirtschaftszweig des bayerischen Lebensmittel-gewerbes ist die Bierher-stellung. Die bayerische Brauereiwirtschaft ist ge-prägt von zahlreichen klei-neren und einigen größeren Brauereien. Der „Craft-Beer-Trend“ hat zur Gründung von Gasthausbrauereien und Kleinbrauereien ohne Gasthausbindung geführt.

Als „Craft-Brauereien“ werden zumeist kleine Spezialbrau-ereien bezeichnet, die individuelle Biere mit vielen neuen Geschmacksrichtungen im Rahmen des Reinheitsgebots brauen. In den 626 bayerischen Braustätten werden 40 ver-schiedene Biersorten gebraut. Die daraus hergestellten rund 4 000 Markenspezialitäten stellen rund 70 Prozent aller deut-schen Biermarken dar. Die Brauereien in Bayern erzielten 2015 einen Umsatz von rund 2,1 Mrd. Euro. Das um 1,7 Pro-zent wertmäßig gestiegene Exportgeschäft der bayerischen Brauereien trug dazu bei den Rückgang beim Gesamtum-satz im Vergleich zu Vorjahr auf 0,2 Prozent zu begrenzen. Der inländische Bier-Pro-Kopf-Konsum sank im Jahresver-gleich um einen auf 105,9 Liter.

Die anderen in der Abbildung 1 aufgeführten Zweige ha-ben hinsichtlich ihrer Umsätze, der Zahl der Betriebe und Beschäftigten einen geringeren Umfang. Auf die nicht aus-gewiesenen Bereiche, die in der Übersicht als ‚übriges Er-nährungsgewerbe‘ zusammengefasst sind, entfiel ein Um-satz von 2,7 Mrd. Euro.

Auslandsumsatz des ErnährungsgewerbesBeim Auslandsumsatz werden die Direktumsätze der Be-triebe mit Kunden im Ausland und Lieferungen an inlän-dische Firmen, die die bestellten Waren ohne weitere Be- und Verarbeitung exportieren, zusammengefasst. Die dabei ermittelten Zahlenangaben sind nicht mit den Ausfuhren der ernährungswirtschaftlichen Außenhandelsstatistik vergleichbar, da beträchtliche Unterschiede bei den Erhe-bungskonzepten bestehen. Beispielsweise werden in der Außenhandelsstatistik lebende Tiere, Getreide sowie Roh-tabak und Tabakwaren zusätzlich erfasst.

→ Abbildung 2: Relative Entwicklung der Auslands- und Inlandsumsätze des Produzierenden Ernährungs-

gewerbes Bayerns (2002 = 100)

103,8

110,1

118,0

125,2

136,0139,9

130,8

138,8

160,0163,2

167,4

178,2175,5

101,7105,7

103,0 104,6

109,4

114,4111,5

113,4

120,9124,6

130,4132,6 132,1

100

120

140

160

180

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Auslandsumsatz Inlandsumsatz

%

Quelle: Bay. LfStat. – eigene Berechnungen.

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Der Auslandsumsatz erreichte 2015 einen Wert von rund 5,6 Mrd. Euro, damit wurde über ein Fünftel des er-nährungswirtschaftlichen Umsatzes auf Auslandsmärkten erwirtschaftet. Der Umsatzrückgang beim Export fiel mit 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr merklich stärker aus als die Verminderung des Inlandsumsatzes (–0,4 Prozent), weil sich wegen der vergleichsweise guten wirtschaftlichen Ent-wicklung im Inland Preissenkungen und Absatzsteigerun-gen fast ausglichen, während bei der Ausfuhr der Mengen-absatz hinter den Preisrückgängen blieb. Die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar verhinderte einen noch grö-ßeren Rückgang des Auslandsumsatzes. In Abbildung 2 ist die relative Entwicklung der Auslands- und der Inlandsum-sätze seit der Einführung des Euro als Barzahlungsmittel zum 1. Januar 2002 dargestellt. Die Grafik veranschaulicht über einen längeren Zeitraum die zunehmende Bedeutung der Ausfuhren bei der Steigerung der Gesamterlöse. Von 2002 bis 2015 steigerten sich die Exportumsätze um drei Viertel (75,5 Prozent), während die Inlandsumsätze nur um 32,1 Pro-zent zulegten. Beim Produzierenden Ernährungsgewerbe ist der Exportanteil am Gesamtumsatz mit 20,2 Prozent wegen der in erster Linie regionalen bayerischen und überregiona-len deutschen Absatzmärkte viel geringer als beim Verarbei-tenden Gewerbe insgesamt (52,3 Prozent).

Zahl der Betriebe im ErnährungsgewerbeZu den Betrieben zählen neben den Unternehmenszentralen auch alle örtlich getrennten Niederlassungen von Unterneh-

men sowie mit dem Betrieb verbundene Verwaltungs- und Hilfsbetriebsteile. Die Zahl der Betriebe des Produzierenden Ernährungsgewerbes hat 2015 gegenüber der Vorjahres-periode um 14 auf 1 026 zugenommen und stand damit im Vergleich zu den anderen Wirtschaftszweigen des ge-samten Verarbeitenden Gewerbes an erster Stelle. Innerhalb der Ernährungsindustrie ist die Verteilung auf die einzelnen Wirtschaftssektoren sehr unterschiedlich. Bei den Back- und Dauerbackwarenherstellern ab 20 Beschäftigten gibt es mit Abstand die meisten Betriebe (381). Bei den Schlachte reien und der Fleischverarbeitung sowie der Bierherstellung ist die Anzahl der Betriebsstätten ebenfalls noch dreistellig (216 bzw. 110). Die Milchverarbeitung folgt mit 77 Betrieben an vierter Stelle (Tabelle 1). Der Durchschnittsumsatz pro Be-trieb betrug 2015 im Produzierenden Ernährungsgewerbe in Bayern 26,9 Mio. Euro. In den verschiedenen Wirtschafts-zweigen schwanken die Durchschnittsumsätze erheblich. Sie liegen bei den zur Veröffentlichung freigegebenen Zah-lenangaben zwischen 7,6 Mio. Euro bei den Backwarenher-stellern und 131,2 Mio. Euro bei den Molkereien. In einigen Betriebszweigen gibt es in Bayern weniger als vier Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten, so dass aus Gründen des Datenschutzes keine Veröffentlichung der Umsätze und der Zahl der Beschäftigten erfolgt. Die Zahl der Betriebe dieser Sektoren wird nachfolgend in Klammern angegeben. Nicht einzeln bekannt gegeben wurden deshalb die Daten der Hersteller von Zucker (3), Speiseeis (2), Stärke (2), Teigwaren (1), Apfel- und Fruchtwein (1) sowie Wermutwein (1). Bei der

→ Tabelle 1: Produzierendes Ernährungsgewerbe in Bayern 2015

Wirtschaftszweig (H. v. = Herstellung von ...)

Umsatz Mrd. € Zahl der Betriebe Zahl der Beschäftigten

Milchverarbeitung 10,1 77 16 800

Schlachten und Fleischverarbeitung 4,5 216 18 200

H. v. Backwaren und Dauerbackwaren 2,9 381 46 000

H. v. Bier 2,1 110 9 500

Obst- und Gemüseverarbeitung* 1,3 47 6 200

Mineralwassergew., H.v. Erfrischungsgetränken 1,1 35 4 200

H. v. Futtermitteln 0,9 30 1 400

H. v. Süßwaren 0,7 24 3 700

H. v. Würzen und Soßen 0,5 12 1 900

Mahl- und Schälmühlen 0,5 14 3 000

H. v. homogenisierten und diätetischen Nahrungs-mitteln

0,3 5 1 000

Übriges Ernährungsgewerbe 2,7 75 9 600

Produzierendes Ernährungsgewerbe zusammen 27,6 1 026 121 500Betriebe von Unternehmen mit im Allgemeinen 20 und mehr Beschäftigten.* einschließlich Verarbeitung von Kartoffeln sowie Herstellung von Frucht- und Gemüsesäften. Quelle: Bay. LfStat. LfL, IEM 1

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Herstellung von Spirituosen gibt es zwar fünf Betriebe, aber weniger Unternehmen.

Zahl der Beschäftigten erneut gestiegenAls Beschäftigte zählen alle im Betrieb tätigen Personen, wie Inhaber, Angestellte und unbezahlte mithelfende Fa-milienangehörige, soweit sie dort mindestens ein Drittel der üblichen Arbeitszeit tätig sind. Die bayerische Ernäh-rungsindustrie beschäftigte im letzten Jahr 121 500 Perso-nen. Damit ist das Produzierende Ernährungsgewerbe nach dem Maschinenbau und den Herstellern von Kraftwagen und Kraftwagenteilen der drittwichtigste Arbeitgeber al-ler Wirtschaftsklassen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies einen Anstieg um 1,7 Prozent. Wie die Tabelle 1 zeigt, waren die Backwarenhersteller, gefolgt von den Schlach-tereien einschließlich Fleischverarbeitung, den Molkereien und den Brauereien mit fast dreiviertel (74,5 Prozent) aller Beschäftigten die wichtigsten Arbeitgeber. Pro Betrieb wa-ren durchschnittlich rund 118 Personen beschäftigt. Bei den einzelnen Wirtschaftssegmenten reicht die Zahl der im Mit-tel Beschäftigten pro Betrieb von rund 33 bei den Malzpro-duzenten bis 218 bei den Molkereien. Für den Durchschnitt des Produzierenden Ernährungsgewerbes ergibt sich für Bayern ein Umsatz pro Beschäftigtem von rund 227 000 Euro. Die Spannbreite lag zwischen 63 000 Euro bei den Backwarenherstellern und 602 000 Euro bei den Molkerei-unternehmen.

ErnährungshandwerkDie bayerischen Ernährungshandwerke verarbeiten und ver-markten ihre Erzeugnisse vorwiegend in klein- und mittel-ständisch strukturierten Betrieben. Insbesondere in ländli-chen Gebieten sichern sie die Nahversorgung und tragen maßgeblich zur regionalen Wertschöpfung bei. Zum bayeri-schen Ernährungshandwerk zählen Bäcker, Metzger, Brauer, Weintechnologen, Mälzer, Müller und Konditoren. Nach An-gaben des Bayerischen Handwerkstages hat sich der Um-satz des Handwerks im Ernährungsgewerbe 2015 im Ver-gleich zum Vorjahr um 1,7 Prozent auf rund 9,1 Mrd. Euro erhöht. Demgegenüber hat sich die Zahl der Betriebe im selben Zeitraum um 2,1 Prozent auf insgesamt 8 787 ver-ringert, aber die Zahl der Beschäftigten um 0,2 Prozent auf rund 119 000 zugenommen (Tabelle 2). Die Umsatz- und Be-

schäftigtendaten ab 2012 beruhen auf der Handwerkszäh-lung von 2009 und sind mit früheren Veröffentlichungen nicht mehr vergleichbar, weil zusätzlich Unternehmen des Großhandwerks miterfasst wurden.

Aktuelle Angaben für einzelne Handwerksgruppen sind nur für Bäcker und Metzger verfügbar, welche miteinander rund 60 Prozent des Umsatzes, 75 Prozent der Betriebe so-wie fast 70 Prozent der Beschäftigten des Ernährungshand-werks ausmachen.

Metzger: weniger Betriebe und mehr UmsatzIm Metzgerhandwerk gab es nach Veröffentlichungen des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und des bay-erischen Statistischen Landesamtes in Bayern 2015 noch 3 989 Betriebe (–2,7 Prozent) mit rund 2,81 Mrd. Euro Jah-resumsatz (+1,5 Prozent) und 34 920 Beschäftigten (–0,1 Prozent). Damit erlöste ein Handwerksbetrieb im Durch-schnitt 805 000 Euro und beschäftigte nahezu neun Mit-arbeiter. Zur Verbesserung der Marktstellung wirbt das Fleischerhandwerk mit einer ganzheitlichen Begriffsbe-stimmung von Regionalität, die aus der lokalen Verzahnung von Erzeugung, Verarbeitung, Vermarktung, Arbeitsplät-zen und Nahversorgung besteht. Durch den Einsatz mobi-ler Verkaufsstände, dem Außer-Haus-Verzehr und Catering mit Party-Service werden neue Absatzmärkte erschlossen bzw. ausgebaut.

Weniger Bäckereien, aber mehr BeschäftigteBei den in der Handwerksrolle eingetragenen Handwerks-bäckereien hat sich der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozent auf 2,62 Mrd. Euro gesteigert. Im gleichen Zeitraum hat dagegen die Zahl der Handwerksbäckereien um 3,1 Prozent auf 2 608 abgenommen, während die Zahl der Beschäftigten auf 47 740 (+0,3 Prozent) stieg. Im Durch-schnitt erzielte eine bayerische Bäckerei einen Umsatz von rund einer Mio. Euro und beschäftigte 18 Mitarbeiter. Mit rund 7 600 Verkaufsstellen (Hauptgeschäfte und Filial-standorte) sichert das Bäckerhandwerk die wohnortnahe Lebensmittelversorgung. In dem umkämpften Markt mit ei-nem rückläufigen Pro-Kopf-Verbrauch für Brot können die Handwerksbäckereien nur mit hervorragender Qualität, ei-ner individuellen und regionalen Sortimentsvielfalt sowie handwerklichem Können bestehen. Die Umsätze, die zum

→ Tabelle 2: Ernährungshandwerk in Bayern 2015

Handwerkszweig Umsatz Mrd. € Zahl der Betriebe Zahl der Beschäftigten

Metzgerhandwerk 2,81 3 989 34 920

Bäckerhandwerk 2,62 2 608 47 740

Übriges Ernährungshandwerk 3,63 2 190 36 340

Ernährungshandwerk zusammen 9,06 8 787 119 000

Quellen: Bay. Handwerkstag, Bay. LfStat, ZDH, DFV, Bäckerinnung Bayern. LfL, IEM 1

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Bereich des Quick-Service-Restaurants zählen (Snacks und Kaffee), sind erneut gestiegen.

Fazit und AusblickAngesichts der stabilen wirtschaftlichen Entwicklung auf den inländischen Lebensmittelmärkten erreichte der Um-satz beim Ernährungshandwerk 2015 einen neuen Höchst-stand, während das Produzierende Ernährungsgewerbe vor allem unter den Umsatzrückgängen im Export litt. Trotz der Einführung des Mindestlohns, des Preisdrucks des Lebens-mittelhandels und mehr Handelshemmnissen bei der Aus-fuhr wurde der bisher zweitbeste Umsatz erzielt. Der Struk-turwandel bei der Zahl der Betriebe setzte sich nur beim Ernährungshandwerk fort. Bei den Beschäftigten verzeich-nete das bayerische Ernährungsgewerbe insgesamt eine Steigerung.

Im ersten Halbjahr 2016 hat das Produzierende Ernäh-rungsgewerbe bei Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten die Vorjahreswerte bei der Zahl der Betriebe (+1,9 Prozent) und Beschäftigten (+3,2 Prozent) übertroffen. Gleichzei-tig verminderte sich der Gesamtumsatz um 0,7 Prozent, zu dem der Auslandsumsatz mit einer Abnahme um 1,1

Prozent leicht überdurchschnittlich beitrug. Der im ersten Halbjahr unveränderte Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar konnte die Auslandsverkäufe nicht unter-stützen.

Lohnerhöhungen, geringe Arbeitslosigkeit, niedrige Zinsen, Verbraucherpreisinflation und Rohölpreise sowie die Migration werden den Inlandskonsum im Gesamtjahr vermutlich steigern. Der Internationale Währungsfonds hat die Wachstumsprognose für den Welthandel 2016, nicht zu-letzt wegen der geopolitischen Spannungen, nach unten revidiert. Die exportorientierten Unternehmen der Ernäh-rungswirtschaft könnten aber dennoch von den seit Jahres-anfang weltweit wieder steigenden Nahrungsmittelpreisen profitieren.

JOSEF HUBERHERBERT GOLDHOFERBAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr ErNÄHrUNGSWIrTSCHAFT UND MÄ[email protected]@lfl.bayern.de

Der Haushaltskompass (HHK) wird schon seit langem eingesetzt, um Ergebnisse der Haushaltsbuchführung mit Durchschnitts-werten vergleichen zu können. Nutzer können damit leicht erkennen, ob sie mehr oder weniger als der Durchschnitt an Geld und Zeit für ihren Haushalt verwenden. Dabei berücksichtigt der HHK das jeweilige Anspruchsniveau des einzelnen Haushalts in den verschiedenen Bereichen: In einem Haushalt ist z. B. anspruchsvolles und auf-wändiges Kochen sehr wichtig, ein anderer legt mehr Wert auf die Bekleidung oder aber die Freizeit. Je höher die Ansprüche an einen Bereich sind, desto mehr Geld und Ar-beitszeit müssen dafür verwendet werden.

Leider basierte der bisherige HHK auf einer Software, die aktuell nicht mehr verwen-det werden kann. Die daraus resultierende Notwendigkeit einer Neuprogrammierung konnte als Chance genutzt werden, dem HHK eine neue Gestalt zu geben. Nunmehr ist das Programm im Internet eingestellt und kann bequem vom (Schul-)Rechner

Haushaltskompass in neuer Gestalt

genutzt werden. Und auch mit mo-bilen Endgeräten ist die Seite bequem zu lesen. Das Ergeb-nis wird als pdf-Do-kument angezeigt und kann so be-quem ausgedruckt werden. Damit ist der Einsatz auch auf Veranstaltungen rund um das Thema Finanzen möglich.

Die dem Programm hinterlegten Daten sind die Kosten für den privaten Haushalt einer Bedarfsberechnung aus dem Jahr 2001/2002. Diese Daten wurden durch Frau Dr. Weinberger-Miller mittels Preisindices für die Lebenshaltung an das Jahr 2014 angepasst. Sobald neue Daten vorliegen, können diese leicht eingepflegt werden. Es handelt sich bei allen Kostenposten

um Durchschnittswerte. Die Zusammen-fassung der Gesamtkosten kann daher im Einzelfall nach unten und oben abweichen. Da es sich bei den Berechnungen jeweils um Durchschnittswerte handelt, ist eine Verwendung der Ergebnisse für Gutach-ten und Stellungnahmen nicht möglich.

Dr. Anja Hensel-Liebert, LfL

→ Startseite des neuen Haushaltskompass

(https://www.stmelf.bayern.de/hhk/vorbereitung)

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Neues bei INZEPT und ÖKONOMKreditberechnung erweitert

von IRENE FAULHABER: Im Formular „Betriebliche Kredite“ bei den PC-Programmen INZEPT und ÖKONOM konnten Nutzer bestehende Darlehen bisher nur über die Eingabe von Aufnah-mejahr, Nennbetrag, Zins- und Tilgungssatz eintragen. Kredite aus vorliegenden Bankbestä-tigungen, bei denen Sondertilgungen die aktuellen Valuten entsprechend reduziert hatten, konnten nur mit Hilfe der Änderung des Aufnahmejahrs richtig eingepflegt werden. Ab den Versionen INZEPT 1.4 und ÖKONOM 6.3 erleichtern erweiterte Formulare die Dateneingabe.

Probleme mit SondertilgungenIm Formular „Betriebliche Kredite“ sind Rechenfunktionen hinterlegt, die in Abhängigkeit des eingegebenen Bezugs-jahrs Zins- und Tilgungsrate sowie die Valuta des Bezugs-jahrs berechnen und ausweisen. Mit jeder Änderung des Bezugsjahres werden diese drei Werte entsprechend fort-geschrieben. So können beispielsweise bestehende Ver-bindlichkeiten, die bei der IST-Variante eingetragen wurden, einfach in ZIEL-Varianten kopiert werden. Mit einer Ände-rung des IST-Jahres in das ZIEL-Jahr passen sich ihre Kapital-dienste und Valuten automatisch an.

Probleme gab es, wenn ein Darlehen durch Sondertil-gungen keine „reguläre“ Valuta im Bezugsjahr aufwies. Die gängige Praxis, dann das Bezugsjahr dem Aufnahmejahr und die aktuelle Valuta dem Nennbetrag gleichzusetzen, führte zwar zu korrekten Berechnungen von Zins- und Tilgungsbe-trägen. Allerdings kam es im Fördervollzug zu Irritationen, da dieser Kredit des Investitionskonzeptes nur schwer in der Bankbescheinigung des Antragstellers wiederzufinden war.

Damit also bereits bestehende Darlehen mit ihrem kor-rekten Valutastand erfasst werden können, andererseits die automatische Rechenfunktion bei einer Änderung des Be-zugsjahres erhalten bleibt, wurde ein Unterformular „Be-rechnungshilfe“ eingefügt.

Berechnungshilfe in der IST-VarianteÜber den Button „Berechnungshilfe“ können in der Variante 1 (IST-Betrieb) aktuelle Valutastände von Darlehen, die bei-spielsweise der Bankaufstellung entnommen werden, ein-getragen werden. Anhand eines Beispiels soll die Vorge-hensweise erläutert werden.

Als Bezugsjahr (IST-Jahr) wird das Jahr 2015 angenom-men. Die Bank bestätigt im Jahr 2016 vorhandene Verbind-lichkeiten wie folgt:

→ Annuitätendarlehen; Aufnahmejahr 2005; Nennbe-trag 200 000 Euro; 3 Prozent anfängliche Tilgung ohne tilgungsfreie Jahre; Zinssatz 5 Prozent; Annui-tät 16 000 Euro; Valuta 96 026 Euro;

→ Abzahlungsdarlehen; Aufnahmejahr 2010; Nenn-betrag 100 000 Euro; 5 Prozent Tilgung mit zwei tilgungsfreien Jahren; Zinssatz 2 Prozent; Valuta 69 000 Euro;

Da sowohl bei dem Annuitäten- als auch bei dem Abzah-lungsdarlehen in der Vergangenheit Sondertilgungen ge-leistet wurden, würde die direkte Eingabe von Aufnahme-jahr, Nennbetrag, tilgungsfreien Jahren sowie Zins- und Tilgungssatz in das Formular „Betriebliche Kredite“ zu un-korrekten Valuten im Bezugsjahr führen. Daher werden

die Valuten laut der Bank-bestätigung übernommen. Dazu muss im Formular „Betriebliche Kredite“ (siehe Abbildung 1) in einer neuen Zeile (1) die Bezeichnung und der Darlehenstyp ein-gegeben und anschließend der Button „Berechnungs-hilfe“ (2) gedrückt werden. Nach der Eingabe des Darle-hennamens und des Typs 1 (=Annuitätendarlehen) öff-net sich das Formular „KRE-DITE – Berechnungshilfe Annuitätendarlehen“. Jetzt

FÖrDErUNG

→ Abbildung 1: Formular Betriebliche Kredite mit Berechnungshilfe für Annuitätendarlehen

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werden die Daten der Bank-aufstellung eingetragen (3). Das Berechnungsjahr ist das Jahr, auf das sich die Valuta der Bankbestätigung be-zieht, in diesem Beispiel das Jahr 2016.

Sobald das Formular „Be-rechnungshilfe“ geschlos-sen wird, überträgt das Pro-gramm die Daten in das Hauptformular und errech-net die Werte für das ge-gebenenfalls vom Berech-nungsjahr abweichende Bezugsjahr.

Die Eingabe des Ab-zahlungsdarlehens ins Pro-gramm erfolgt analog zum Annuitätendarlehen: In einer neuen Zeile des Hauptfor-mulars werden Bezeichnung und Typ des Darlehens ein-getragen, die Berechnungs-hilfe mit Betätigen des But-tons geöffnet und die Daten aus der Bankaufstellung ein-getragen (siehe Abbildung 2).

Darlehen, die über die Be-rechnungshilfe eingegeben werden, sind mit „B“ gekenn-zeichnet und nur im Formular „Berechnungshilfe“ änderbar (1).

Betätigt der Nutzer bei Krediten, die ursprünglich direkt im Formular „Kredite“ eingegeben wurden, die „Be-rechnungshilfe“, löscht das Programm die ursprüngli-chen Daten und übernimmt die Daten aus der Berech-nungshilfe.

Kreditberechnung bei ZIEL-Varianten unverändertDa für künftige Darlehen keine Sondertilgungen einzupla-nen sind, steht für die ZIEL-Varianten Nummer 2 bis 5 die „Berechnungshilfe“ nicht zur Verfügung. Bei Betätigen des Buttons öffnet sich ein Hinweisfenster, welches mitteilt, dass die Berechnungshilfe nur in der Variante 1 nutzbar ist.

In den ZIEL-Varianten werden – wie bisher – die Kredite direkt ins Hauptformular eingetragen oder aus dem Formu-lar „FINANZIERUNG – Fremdmittel“ übernommen (sie sind

dann mit einem „F“ gekennzeichnet). Die Spalten „Berech-nungsjahr“ und „Valuta Berechnungsjahr“ werden bei die-sem Darlehen nicht gefüllt.

IRENE FAULHABER BAYErISCHE LANDESANSTALT FÜr LANDWIrTSCHAFTINSTITUT FÜr BETrIEBSWIrTSCHAFT UND [email protected]

Das PC-Programm „ÖKONOM“ unterstützt Unternehmensberater bei der Darstellung und Be-urteilung von Entwicklungsperspektiven landwirtschaftlicher Betriebe. Der aktuellen ökono-mischen und arbeitswirtschaftlichen Situation des Betriebes können bis zu vier mögliche Zu-kunftsszenarien gegenübergestellt werden. Schwerpunkt ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb, erfasst werden jedoch auch gewerbliche Unternehmensteile und sonstige außerland-wirtschaftliche Einkünfte der Unternehmerfamilie.

Das PC-Programm „INZEPT – INvestitionskonZEPT für die einzelbetriebliche Investitionsförde-rung“, auf Grundlage von „ÖKONOM“ den Erfordernissen des staatlichen Fördervollzugs ange-passt, schätzt vereinfacht und schnell ab, wie sich eine Änderung der Betriebsorganisation auf ökonomische Kennzahlen auswirkt. Mit Hilfe der hinterlegten Deckungsbeiträge, der pauscha-len Festkostenbeträge und durchschnittlicher Beträge des Haushalts aus der Statistik kalkuliert es auch ohne detaillierte Kenntnis betriebsindividueller Zahlen Ergebnisse überschlägig.

Neuerungen zu den Programm-Updates der Programme ÖKONOM und INZEPT finden Be-schäftigte der Landwirtschaftsverwaltung immer im Mitarbeiterportal, wenn sie im Themen-katalog folgenden Pfad nutzen: Themen des Geschäftsbereich >> Informationstechnik und IT-Sicherheit >> Fachanwendungen >> Landwirtschaft >> Betriebswirtschaft oder unter https://map.stmelf.bybn.de/cocoon/portal/portallink?doctype=Navknoten&id=6868

Ausführliche Anleitungen zu den Programmen ÖKONOM und INZEPT sind außerdem im In-ternet unter folgenden Links zu finden: http://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/informationen/investitionskon-zept-einzelbetriebliche-investitionsfoerderung_lfl-information.pdfhttp://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/daten/informationen/oekonom6.pdf

Infobox: Die Programme ÖKONOM und INZEPT

→ Abbildung 2: Formular Betriebliche Kredite mit Berechnungshilfe für Abzahlungsdarlehen

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Flächenkontrollen mit einheitlicher Messtoleranz Validierung der Luftbilder und GPS-Geräte

von KLAUS ROTHENBÜCHER und STEFFEN DIETZ: Die von den Landwirten im Mehrfachan-trag beantragten Flächenfördermaßnahmen müssen jährlich geprüft werden. Bei der Flä-chenprüfung wendet der Prüfdienst einen einheitlichen Toleranzfaktor an. Die Europäische Kommission schreibt für die Anwendung einer Toleranz vor, dass die eingesetzten Luftbilder und GPS-Geräte im Rahmen einer Validierung regelmäßig überprüft werden. Wird keine Vali-dierung durchgeführt, sind nach Vorgaben der EU die niedrigeren Standardtoleranzen anzu-wenden. Die Folge wäre eine größere Anzahl an Abweichungen mit deutlich höherem Verwal-tungsaufwand. Die Validierungen für die eingesetzten Luftbilder und GPS-Geräte wurden in Bayern im Jahr 2015 durchgeführt. Die erfassten Daten wurden dem Joint Research Centre (JRC), der gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission, zur Prüfung vorge-legt. Das JRC hat die Ergebnisse der Validierungen bestätigt, sodass die Förderverwaltung in Bayern weiterhin einen einheitlichen Messtoleranzfaktor von 1,25 m anwenden kann.

Unter Federführung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Referat P2, orga-nisierte die Leitstelle Prüfdienst der Staatlichen Führungs-akademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unter Beteiligung der Abteilungen Prüfdienst der Ämter für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Forsten die Validierungsdurchfüh-rung.

Die Validierung der GPS-Geräte im Gelände und der Luftbilder am Bildschirm sind jeweils eigenständige Verfah-ren. Die Vorgaben für den genauen Ablauf der Validierung definiert das JRC (OTSC guidance). Um die Anforderun-gen an die Verwendung eines einheitlichen Messtoleranz-faktors für Flächenvermessungen unter Verwendung von GPS-Geräten und Luftbildern gemäß Art. 38 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 809/2014 zu erfüllen, darf das Validie-rungsergebnis für jedes geprüfte Verfahren den maxima-len Faktor von 1 Meter nicht überschreiten. Der eigentli-che Messtoleranzfaktor darf gemäß den Vorgaben des JRC um 0,25 m über dem Validierungsergebnis liegen, wobei das Verfahren entscheidend ist, das das schlechteste Vali-dierungsergebnis hervorgebracht hat. Die im Rahmen der Flächenprüfungen anzuwendende Toleranz ermittelt sich

aus dem Umfang der gemessenen Fläche multipliziert mit dem Messtoleranzfaktor.

Validierung der GPS-Geräte Für die Validierung des GPS-Gerätes der Firma Trimple GEOXH 6000 wurden acht Feldstücke ausgewählt. Faktoren für die Auswahl waren Größe (0,10 ha bis 1,60 ha) und Lage (frei oder am Waldrand liegend) sowie die Form der Fläche (kompakt oder unförmig) (siehe Tabelle 1). Die Feldstücke wurden mit Holzpflöcken im Abstand von 25 bis 30 Meter abgegrenzt. Diese Messpunkte waren auch die Basis für die Mitarbeiter des Amtes für Ländliche Entwicklung, die beauf-tragt waren eine Referenzgröße zu bestimmen.

Vier Personen haben die Feldstücke an zwei unterschied-lichen Tagen jeweils zu einer unterschiedlichen Uhrzeit ge-messen (siehe Bild 1). Dabei wurden an jedem Tag alle Flä-chen zweimal im und zweimal entgegen dem Uhrzeigersinn abgeschritten. Somit ergaben sich je Prüfer acht Messungen je Feldstück und für alle vier Prüfer in der Summe 32 Messun-gen (siehe Abbildung). Nach Messung aller acht Feldstücke lagen als Grundlage für die Validierung 256 Einzelmessun-gen vor (siehe Bild 2).

FÖrDErUNG

→ Tabelle 1: Beispiel für die Auswahl der Feldstücke und Anzahl der Pflöcke

Nr. Fid Name Größe ha

Umfang Größe Lage Form Eckpunkte Anzahl Pflöcke

1 DEBYLI1248000498 Gigert 0,3448 266 klein frei kompakt 5 Punkte 12 Pflöcke

2 DEBYLI1248000248 Gigert 1,5304 544 groß frei unförmig 11 Punkte 22 Pflöcke

3 DEBYLI1248000394 Haselsee 0,9698 432 mittel beschattet kompakt 5 Punkte 20 Pflöcke

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Validierung von Luftbildern am BildschirmDie Validierung am Bildschirm erfolgte anhand von Luftbil-dern (digitalen Orthophotos = DOP) aus der aktuellen Beflie-gung der Bayerischen Vermessungsverwaltung in Franken und anhand von Satellitenbildern einer Fernerkundungs-zone in Franken.

Für die Validierung der digitalen Orthophotos wurden die erforderlichen Feldstücke aus allen beantragten Feld-stücken im fränkischen Befliegungsgebiet ausgewählt. Für die Validierung der Satellitenaufnahmen erfolgte die Ein-schränkung auf das Fernerkundungsgebiet FRAN. Für beide Grundgesamtheiten wurden die jeweils 2,5 Prozent größten und 2,5 Prozent kleinsten Feldstücke verworfen und die ver-bliebenen Feldstücke in drei gleich große Chargen aufgeteilt (siehe Tabelle 2). Die Auswahl von jeweils 36 Feldstücken er-folgte kombiniert nach der Größe (je 12 Feldstücke klein, mittel und groß), nach der Form (je 12 Feldstücke kompakt, gestreckt und sehr gestreckt) und der Lage (18  mit leicht identifizierbarer Grenze und 18 mit unscharfer, jedoch iden-tifizierbarer Grenze).

Die Leitstelle Prüfdienst legte zur Vorbereitung der In-terpretation der Luftbilder für jede Fläche eine Referenzli-nie und einen Interpretationskorridor (3 bis 5 Meter um die Referenzlinie) fest.

In diesem Korridor waren die Nutzungsgrenzen der Flä-chen am Bildschirm zu interpretieren. Für jeden Durchgang

wurde je Fläche ein Messergebnis ermittelt (siehe Bild 3). Die Messungen der Flächen mussten nach einer vorgege-benen Reihenfolge am Vormittag und am Nachmittag in zwei Durchgängen erfolgen. Die bei jedem Durchgang ge-änderte Reihenfolge war nötig, um möglichst keine Routine bei den Messungen aufkommen zu lassen.

Sechs Interpreten werteten beide Bilder im Maßstab 1:1000 an einem Bildschirm mit 24 Zoll aus. Daraus ergaben sich pro Luftbild 864 also insgesamt 1728 Messergebnisse.

Auswertung der DatenDas Entscheidende war aus den Daten der Messungen mit dem GPS-Geräten und der Interpretation der Flächen an-hand der beiden Luftbilder jeweils einen Messtoleranzfaktor zu ermitteln. Dies erfolgte über eine statistische Auswer-tung.

→ Bild 1: Jeder Prüfer hat jedes Feldstück zweimal im und zweimal

gegen den Uhrzeigersinn abgeschritten (Foto: Klaus Rothenbücher)

→ Bild 2: Beispiel eines Feldstückes mit Referenzpunkten (weiß) und

Messergebnissen (blau) mit nur geringen Abweichungen bei den

Messergebnissen unter den einzelnen Prüfern (Differenz < 2 m)

(Foto: Screenshot aus dem Programm LaFIS)

→ Abbildung: Vereinfachte Darstellung des Ablaufs für einen Messtag

mit Start und Abschluss der Messung an einem festgelegten Punkt

Vereinfachte Darstellung des Ablaufs für einen Messtag mit Start und Abschluss der Messung an einem festgelegten Punkt:

Beispiel eines Feldstückes mit Referenzpunkten (weiß) und Messergebnissen (blau) mit nur geringen Abweichungen bei den Messergebnissen unter den einzelnen Prüfern (Differenz < 2 m)

Start Ziel

Mess- punkte

→ Tabelle 2: Beispiel: Darstellung der Auswahl nach Größe für das

Befliegungsgebiet Franken

Gruppe Auswahlkorridor

von bis

I (klein) 0,07 ha 0,51 ha

II (mittel) 0,52 ha 1,32 ha

III (groß) 1,33 ha 6,33 ha

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In einem ersten Schritt wurden alle Messungen in einer Datentabelle zusammengefasst. Die statistischen Parame-ter für den Messtoleranzwert waren ausschließlich für Da-tensätze ohne Ausreißer zu berechnen. Deshalb mussten die gesammelten Daten auf Ausreißer geprüft werden. Die-ses erfolgte über den Cochran- Test, der eine Prüfung der Variation der Standardabweichung zwischen den Klassen darstellt. Das Ziel war die Identifizierung eines Satzes (Mes-sung) mit zu hoher Varianz (Abweichung). Danach erfolgte über den Grubbs-Ausreißertest eine Prüfung der Variation von Durchschnittswerten zwischen Klassen und eine Be-

rechnung der Standardabweichung zwischen den Klassen. Anschließend erfolgte der Bias-Test, um die Verzerrung der Messergebnisse nochmals zu bereinigen.

Für das GPS-Gerät lag der Messtoleranzfaktor bei 0,23 Meter, für die DOP bei 0,71 Meter und für die Sattelitenbil-der bei 0,92 Meter. Alle Werte lagen unter der Zielvorgabe von einem Meter.

Die Leitstelle Prüfdienst legte über das Bayerische Staats-ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den technischen Bericht für die Validierung der GPS-Geräte und Luftbilder dem JRC zur Prüfung vor. Das JRC hat die Vali-dierungsergebnisse bestätigt und damit ermöglicht, dass die bayerische Landwirtschaftsverwaltung bei den Flächen-prüfungen weiterhin einen einheitlichen Messtoleranzfaktor von 1,25 Meter anwenden kann.

Die Leitstelle Prüfdienst bedankt sich für die Unterstüt-zung bei Eva Lang, Saskia Weber, Johann Auburger, Thomas Braun, Franz Geitner, Werner Gräf, Martin Hofstetter, Franz Mayer, Hermann Scharvogel, Robert Schiefer, Rainer Weber, Herbert Wenzel und Helmut Wölfel.

KLAUS ROTHENBÜCHERSTEFFEN DIETZ (oHNE BILD)STAATLICHE FÜHrUNGSAKADEMIE FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND [email protected]@fueak.bayern.de

→ Bild 3: Beispiel für ein Feldstück mit 24 Messungen, innerhalb des

vorgegeben Interpretationskorridors (gelb) (Foto: Screenshot aus dem

Programm LaFIS)

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilungen Prüfdienst an sechs über ganz Bayern verteilten Ämtern für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) kontrollieren alle EU-finanzierten Förder-maßnahmen in Bayern von Bienen bis Weinbau. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf den Direktzahlungen in Verbin-dung mit Cross Compliance. Die investiven Fördermaßnahmen werden durch spezi-alisierte Mitarbeiter geprüft. Die Fachauf-sicht über die Abteilungen Prüfdienst liegt beim Sachgebiet F5, Leitstelle Prüfdienst, der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Klaus Rothenbücher, FüAk

Vielfältige Kontrollen in den Abteilungen Prüfdienst der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

→ Anzahl und Art der Kontrollen der Abteilungen Prüfdienst der ÄELF 2016

Die Vielfältigkeit der Kontrollen in den Abteilungen L3.P der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Die Kontrollen durch die Mitarbeiter der Abteilungen Prüfdienst umfassen alle EU-finanzierten Fördermaßnahmen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt im Bereich der Direktzahlungen in Verbindung mit Cross Compliance. Zusätzlich werden von spezialisierten Mitarbeitern investive Fördermaßnahmen geprüft. Für die Fachaufsicht über die Abteilungen Prüfdienst trägt das Sachgebiet F5, Leitstelle Prüfdienst der staatlichen Führungsakademie die Verantwortung.

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1 000

10 000

Invekos

Cross Compliance

Weideprämie

Schulmilchförderung

Schulfruchtförderung

Bienen investiv

Bienen Varroa

Weinbau A

Weinbau B/C

Marktstrukturverbesserung

Leader

Investitionsförderung

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Im Jahr 2015 kontrollierten die Ab-teilungen Prüfdienst an den sechs Ämtern für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten (ÄELF) in Bayern rund 1 000 Betriebe auf die Einhal-tung der Cross Compliance (CC)-Vor-gaben. Es zeigte sich gegenüber 2014 ein Rückgang bei den Verstößen über alle Bereiche hinweg. Grundsätzlich führten aber auch wieder 2015 feh-lende Unterlagen zu Beanstandungen.

Im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2015 fielen im „Grünen Bereich“ die Klärschlammrichtlinie und die Anwendung phosphathaltiger Düngemit-tel (ApD) aus den CC-Vorgaben heraus. Diese beiden Bereiche spielten im Hin-

Rückgang bei Verstößen im Grünen Bereich – Cross Compliance 2015

blick auf Verstöße bei den systematischen Kontrollen nur eine untergeordnete Rolle.

Regelungen zum Pflanzenschutz55 der bayernweit ca. 1 000 kontrollierten Betrieben haben gegen die Regelungen zum Pflanzenschutz verstoßen (gut 5 Pro-zent). Über 90 Prozent der Verstöße sind dabei auf fehlerhafte bzw. nicht vorhan-dene Aufzeichnungen zur Pflanzenschutz-mittel (PSM)-Anwendung zurückzuführen.

Regelungen der NitratrichtlinieBei 154 Betrieben (15 Prozent) stellten die Kontrolleure insgesamt 255 Verstöße gegen die Nitratrichtlinie fest. Betrachtet man die einzelnen Vorgaben, so beruht die Hälfte der Verstöße auf einer nicht

ordnungsgemäß geführten oder nicht vorhandenen Dokumentation. Der Nähr-stoffvergleich fehlte bei 62 Betrieben bzw. war in sechs Betrieben unvollstän-dig. Die Untersuchungsergebnisse Nmin bzw. die Richtwerte für die Stickstoffdün-gung in den angebauten Kulturen lagen in 51 Betrieben nicht vor. In weiteren 12 fehlten die Untersuchungsergebnisse bzw. Richtwerte für N in den eingesetz-ten organischen Düngemitteln (Gelbes Heft oder CC-Broschüre). Des Weiteren entspricht die Festmistlagerstätte in eini-gen Betrieben nicht den Anforderungen.

Prüfung der GLÖZ-StandardsDer Wegfall der Grundwasserrichtlinie führte ab dem Kontrolljahr 2014 zur Inte-gration des Grundwasserschutzes in die GLÖZ-Standards (Erhaltung der Flächen im guten landwirtschaftlichen und ökologi-schen Zustand). Bei den GLÖZ-Standards sind die Verstöße breit gefächert, jedoch in überschaubarer Anzahl. Bei einer ge-naueren Betrachtung zeigt sich jedoch, gegen die Vorgaben des GLÖZ 3 – Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung, mit 14 Verstößen (Festmistlagerung 7, Handhabung gefährlicher Stoffe 3, Silage-lagerung 2, nicht sachgerechte Abfül-lung 2), am häufigsten verstoßen wurde.

Sonstige PrüfungenDarüber hinaus führten die Abteilun-gen Prüfdienst im Jahr 2015 noch die systematischen Kontrollen bei den Rechtsakten Vogelschutz (6 Verstöße), Flora-Fauna-Habitat (0) und zum Er-halt des Dauergrünlands (3) durch. Die Verstöße gegen diese Vorgaben sind seit jeher auf einem niedrigen Stand.

Weitere Abbildungen in Druckquali-tät finden Sie auf der Internetseite der Staat lichen Führungsakademie unter www.fueak.bayern.de/arbeits-felder/144345/index.php

Christian Geiger, FüAk

→ Anzahl und Art der Verstöße im Pflanzenschutz 2015

Regelungen zum Pflanzenschutz 55 der bayernweit ca. 1 000 kontrollierten Betrieben haben gegen die Regelungen zum Pflanzen-schutz verstoßen (gut 5 Prozent). Über 90 Prozent der Verstöße sind dabei auf fehlerhafte bzw. nicht vorhandene Aufzeichnungen zur PSM-Anwendung zurückzuführen (siehe Abbildung 1).

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2 2 1

Pflanzenschutz 2015 (55 Betriebe mit 59 Verstößen)

PSM-Aufzeichnungen nichtvorhanden/unvollständig

Nichteinhaltung der bei derZulassung oder Genehmigungfestgesetzten Anwendungsgebiete

PSM-Anwendung aufFreilandflächen oder in/anGewässern

PSM-Anwendung ohneZulassung/Genehmigung

55 Betriebe mit 59 Verstößen

→ Verstöße bei den GLÖZ-Standards 2015

34 Betriebe mit 36 Verstößen

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FÖrDErUNG

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Zahlstelle Bayern Das zentrale Element der Politikumsetzung zur Förderung des ländlichen Raumes in Bayern

von SUSANNE PLETL: In der Europäischen Union (EU) sind nur zugelassene Zahlstellen be-rechtigt, Auszahlungen zu EU-Fördermaßnahmen vorzunehmen. In Deutschland sind insge-samt 15 Zahlstellen zugelassen. Die Zahlstelle Bayern ist davon eine der größten in der EU mit einer Auszahlungssumme von rund 1,5 Milliarden Euro und damit eine tragende Säule in der Landwirtschaftsverwaltung. Sie ist gewissermaßen das Herz der Politikumsetzung. Der Artikel stellt Aufgaben, Aufbau und Organisation der Zahlstelle in Bayern vor.

Am 28. September 1995 wurde das Bayerische Staatsminis-terium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) zum ersten Mal als Zahlstelle zugelassen. Seit dem 1. Juli 2011 wird die Abwicklung der EU-Fördermaßnahmen und die Auszahlung von der Abteilung P „Förderung und Zahl-stelle“ des StMELF zusammen mit den nachgeordneten Organisationseinheiten der Ämter für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten (ÄELF), der Ämter für Ländliche Ent-wicklung (ÄLE), der Landesanstalten (LfL, LWG) und der Staatlichen Führungsakademie (FüAk) wahrgenommen.

Mithilfe der neuen Organisationsstruktur und ihrer ver-besserten Schlagkraft sowie mit dem überdurchschnittli-chen Einsatz aller beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter war es möglich, die vielfältigen Herausforderungen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik auf allen Ebenen der Zahlstelle zu bewältigen.

Bayern war somit das einzige Land, das im Jahr 2015 noch vor Weihnachten 2015 ca. 92 Prozent der Flächenprogramme, das sind 1,16 Milliarden Euro, ausbezahlen konnte.

Trotz mehrerer KOM-Prüfungen im Frühjahr 2016 konnten noch vor der Sommerpause alle Zahlungen bei den Agrar-umweltmaßnahmen abgeschlossen werden.

Was bedeutet der Begriff „Zahlstelle“?Eine Zahlstelle ist eine Dienststelle oder Einrichtung der Mitgliedstaaten, die berechtigt ist, Zahlungen aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Ent-wicklung des ländlichen Raums (ELER) vorzunehmen. Die Zahlstelle Bayern wickelt also alle Fördermaßnahmen zu-gunsten der Landwirtschaft und des ländlichen Raums in Bayern, die vollständig oder nur zum Teil aus EU-Mitteln finanziert werden, ab.

In der Regel hat jeder Mitgliedstaat eine oder mehrere Zahlstellen eingerichtet. Die in Deutschland bestehenden 15 Zahlstellen werden durch das Bundesministerium für Er-nährung und Landwirtschaft koordiniert und gegenüber der EU vertreten.

Trennung von Richtliniengestaltung und Abwicklung Die Zahlstelle Bayern in ihrer heutigen Form wurde auf-grund einer Kommissionsprüfung im Jahr 2010 am 1. Juli 2011 gegründet. Die Kommission (KOM) bemängelte un-ter anderem an der damaligen Zahlstelle, dass die Abwick-lung der Fördermaßnahmen von 14 Referaten, verteilt auf alle acht Abteilungen des StMELF, vorgenommen worden ist. Ebenso bestand nicht die von der KOM geforderte klare Trennung zwischen Verwaltungsbehörde (Erstellung der Richtlinie inkl. Förderhinweise) und der Zahlstelle (Umset-zung und Abwicklung der Fördermaßnahmen). Daraufhin wurde die neue Abteilung P „Förderung und Zahlstelle“ geschaffen, die fast ausschließlich für die Abwicklung von EU-Fördermaßnahmen zuständig ist und aus fünf Refera-ten besteht. Die unabhängige Stabsstelle Interner Revisi-onsdienst/Prüfbehörde (IRP) ist dem Leiter der Zahlstelle unmittelbar unterstellt.

Neue Struktur sichert Zahlstellenzulassung Der erste wichtige Schritt nach der Etablierung der Abtei-lung P war die Wiedererlangung der uneingeschränkten Zu-lassung. Die Zulassungsurkunde bestätigte, dass der Vorbe-halt zum 1. Juli 2012 aufgehoben und die Zahlstelle wieder ordnungsgemäß zugelassen war. Damit waren auch wieder alle Auszahlungen rechtmäßig und gesichert.

In den darauf folgenden vier Jahren wurde die Zahl-stelle bis heute 14 in der Regel einwöchigen Vor-Ort-Prü-fungen und fünf schriftlichen Prüfungserhebungen durch EU-KOM, Europäischen Rechnungshof (ERH) oder Obersten Rechnungshof (ORH) unterzogen. Bisher waren die Mängel-feststellungen in einem Bereich, der Bayern von größeren Anlastungen durch die EU-KOM weitgehend verschont hat.

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Entstehung von EU-FördermaßnahmenEU-Fördermaßnahmen, die über die Abteilung P abgewi-ckelt werden, entstehen in der Regel immer nach einem bestimmten Schema. Die EU gibt in ihren Verordnungen (Durchführungsverordnungen, delegierte Verordnun-gen) für ELER und EGFL Schwerpunktbereiche vor, für die eine Förderung möglich ist. Daraufhin erstellen die Ver-waltungsbehörden (Koordinierung der Fachreferate im StMELF durch Referat G6 Grundsatzfragen der Agrarpoli-tik) im Bereich ELER unter Berücksichtigung der politischen Zielsetzung einen Maßnahmenkatalog (Entwicklungspro-gramm für den Ländlichen Raum (EPLR)), den die EU-KOM genehmigen muss. Im Bereich EGFL sind die wesentlichen EU-rechtlichen Grundlagen für die Direktzahlungen in der Verordnung mit Vorschriften über Direktzahlungen (EU) Nr. 1307/2013 sowie den dazugehörigen Durchführungs-rechtsakten geregelt.

Als Verwaltungsbehörde sind beispielsweise im StMELF die Referate G4 Einzelbetriebliche Investitionsförderung, Ag-rarumweltmaßnahmen, M4 Schulfrucht, Schulmilch, L7 Bie-nenförderung und G6 ELER-Maßnahmen tätig.

Hat die EU-KOM die Maßnahmen genehmigt, erstellen diese Verwaltungsbehörden Richtlinien mit Förderhinwei-sen. Die Umsetzung bzw. der Vollzug der Fördermaßnahmen erfolgt dann über die Zahlstelle Bayern mit den nachgeord-neten Behörden. Die Abbildung auf der folgenden Seite zeigt die Steuerung und den Vollzug von Zahlstellenaufgaben in Bayern.

Bewilligung – Auszahlung – Verbuchung Die EU-KOM weist in der Umsetzung der Fördermaßnah-men den Zahlstellen drei Hauptaufgaben zu: Bewilligung, Auszahlung und Verbuchung. Der erste Bereich Bewilligung einschließlich der Kontrolle der Zahlungen umfasst die An-tragsannahme, die Verwaltungskontrollen und die Feststel-lung und Bewilligung des auszuzahlenden Betrages durch die zuständigen Stel-len. Ebenso zählen dazu die Vor-Ort-Kontrollen und die Ex-Post-Kontrollen, die über den technischen Prüfdienst der ÄELF durchgeführt wer-den. Die Auszahlung des bewilligten Betrages an den Antragsteller und die Verbu-chung der Zahlungen erfol-gen über das StMELF.

Die zuständigen Referate der Abteilung P erstellen für

die Antragsbearbeitung, Bewilligung und die Vor-Ort-Kon-trollen Verwaltungs- und Kontrollsysteme mit Vollzugshin-weisen. Sie enthalten die Antragsunterlagen, Unterlagen für die Sachbearbeitung, Anweisungen für die Durchfüh-rung und Dokumentation der Verwaltungs-, Vor-Ort- und Ex-Post-Kontrollen und Regelungen zur Dokumentation und Rückmeldung der Kontrollergebnisse. Zuständig für die Be-willigung sind:

→ die Abteilungen L1 Förderung, Fachzentren L3.11 Diversifizierung und Strukturentwicklung und L3.12 Einzelbetriebliche Investitionsförderung der ÄELF,

→ das Sachgebiet W4 Beratung, Förderung und Öko-nomie an der Landesanstalt für Weinbau und Gar-tenbau,

→ die Sachgebiete F3 Dorferneuerung und Bauwesen und F4 Förderung der Ämter für Ländliche Entwick-lung und

→ die Sachgebiete AFR 2 Strukturförderung und AFR 3 Produktbeihilfen der Landesanstalt für Landwirt-schaft.

Die Vor-Ort- und Ex-Post-Kontrollen nimmt der technische Prüfdienst der jeweils zuständigen Abteilung L3.P der ÄELF wahr.

Zudem ist die Zahlstelle verpflichtet, auf allen Ebenen ein internes Kontrollsystem (Fachaufsicht) zur kontinuier-lichen Überwachung des Routinebetriebs und der Tätig-keiten zur Erfüllung von Zahlstellenaufgaben einzurichten. Diese Aufgaben werden hauptsächlich von der Abteilung P des StMELF, der Abteilung F Förderung der Staatlichen Füh-rungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Sachgebiet G2 Förderung und Controlling des ALE Oberbayern wahrgenommen.

Anzahl EU-Fördermaßnahmen: 23Anzahl Antragsteller 2015: rund 114 000 Anzahl bearbeiteter Auszahlungsanträge 2015: rund 223 000Ausgereichte Fördermittel 2015: 1,5 Milliarden EuroHöhe der Rückforderungen 2015: 1,3 Millionen Euro(entspricht rund 0,1 Prozent der von der Zahlstelle ausbezahlten Mittel) Bayerische Zahlstelle im Vergleich:national: In Deutschland ist Bayern mit Abstand die größte Zahlstelle der LänderEuropa: Bayern steht an 9. Stelle von 97 Zahlstellen in 27 Mitgliedstaaten

Infobox: Die Zahlstelle Bayern DE 04 in Zahlen

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→ Abbildung: Steuerung und Vollzug von Zahlstellenaufgaben in Bayern (DE 04)Abbildung 1: Steuerung und Vollzug von Zahlstellenaufgaben in Bayern (DE 04)

Förd

erbe

reic

he

Basisdienstleistungen und

Dorferneuerung in ländlichen Gebieten

Bereich Zentrale Aufgaben (BZA)

der Bayer. Verwaltung für

Ländliche Entwicklung

SG G2Förderung und

Controlling

Zweistufig

Staatliche Führungsakademie (FüAk)

SG F3Flächen-und tierbezogene

Förderprogramme

SG F4Einzelbetriebliche

Investitions-förderung

SG F2Leader

und sonstigeFördermaßnahmen

9 Ämter fürErnährung,

Landwirtschaftund Forsten

Fachzentrum Diversifizierung

undStrukturentwicklung

4 Ämter fürErnährung,

Landwirtschaftund Forsten

Fachzentrum Einzelbetriebliche

Investitions-förderung

47 Ämter fürErnährung,

Landwirtschaftund Forsten

Abteilung L 1Förderung

7 Ämterfür

LändlicheEntwicklung

SG F4 Förderung

LeaderEinzelbetrieblicheInvestitions-förderung

einschließlichDiversifizierung

Flächen- undtierbezogeneMaßnahmen

WeinbauTeil

Umstrukturierung und Umstellung der

Rebflächen

Marktstruktur,Obst und Gemüse,

Weinbau Teil Investitionen,Schulfrucht,Schulmilch,

Bienen

Fachaufsicht . Vorgabe der Verwaltungs- und Kontrollsysteme .

Interne Revision .

Zust

ändi

ge S

telle

Landesanstaltfür

Landwirtschaft (LfL)

SG AFR 2 Strukturförderung

SG AFR 3Produktbeihilfen

Landesanstaltfür

Weinbau undGartenbau

(LWG)

SG W4 Beratung,

Förderung und Ökonomie

SG F5LeitstellePrüfdienst

Fachaufsicht

Vorgabe InVeKoSVEKOS

Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

Bescheinigende Stelle (BS)

Interner Revisionsdienst/Prüfbehörde (IRP)

Interne RevisionReferat P1

Koordinierung, Qualitätssicherung,Personal, Cross Compliance

Referat P4Auszahlung, Buchhaltung, Debitoren,

Berichtswesen

Abteilungen A - Z

Abteilungen A - Z

Abteilungen A - ZAbteilungen A - ZAbteilungen A - ZVerwaltungsbehörde

Referat P5Informations- und Kommunikationstechnik,

IT-SicherheitFachaufsicht über die Sachgebiete IuK1 und

IuK4, FüAk

Referat P3Investive und sonstige Fördermaßnahmen

ELER und EGFL sonstige

Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV)

Delegierte Stellen

IT-Dienstleistungszentrum

Delegationsvereinbarung .

SG: Sachgebiet

6 Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenAbteilung L 3.P Prüfdienst,

Ausnahme Obst und Gemüse

Tech

nisc

her

Prü

fdie

nst

Einstufig

Referat P2Flächen- und tierbezogene Zahlungen

Zuständige Behörde (ZB)

Abteilung PFörderung und Zahlstelle

P4/1Zahlungsanordnung

P4/2Buchführung

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Die Aufgaben der Abteilung P im Detail Referat P1 „Koordinierung, Qualitätssicherung, Personal, Cross Compliance (CC)“ ist erste Anlaufstelle der Zahlstelle Bayern für Prüfungsorgane, wie z. B. EU-KOM, ERH, ORH und Bescheinigende Stelle, sowie für Anfragen des Bun-desministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. P1 ko-ordiniert aber auch die nachgeordneten Behörden und die Abläufe innerhalb der Zahlstelle. Ein weiterer Aufga-benschwerpunkt ist auch die Überprüfung der Einhaltung von Vorgaben der EU-KOM hinsichtlich Qualifikation und Beschreibung der Tätigkeiten von Personal mit Zahlstel-lenaufgaben. Referat P1 kümmert sich auch um die Um-setzung der Vorgaben im Bereich CC und erstellt u. a. die notwendigen Unterlagen und Prüfvorgaben mit Hilfe ei-ner Lose-Blatt-Sammlung für den technischen Prüfdienst.

Referat P2 „Flächen- und tierbezogene Zahlungen“ ist für die Umsetzung der flächenbezogenen Fördermaßnahmen, wie z. B. Direktzahlungen, Agrarumweltmaßnahmen und Ausgleichszulage zuständig. Wesentliche Bestandteile sind hier die für die Antragsbearbeitung, Bewilligung und für die Kontrollen benötigten Unterlagen u. a. für die Bewilligungs-stellen und Prüfdienste. P2 stellt sie in einem Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (Lose-Blatt-Sammlung) zusammen und hält sie aktuell. Außerdem überprüft P2 die Einhaltung der Vorgaben über ein entsprechendes Fachauf-sichtssystem.

Referat P3 „Investive und sonstige Fördermaßnahmen“ betreut einschlägige Fördermaßnahmen in den Bereichen einzelbetriebliche Förderung, Weinbau, Bienen, Leader, Markstruktur und Schulernährung (Schulmilch, Schulobst) und stellt die dafür benötigten Unterlagen in Verwaltungs- und Kontrollsystemen (VEKOS) zusammen. Auch für diese Maßnahmen ist ein entsprechendes Fachaufsichtssystem eingerichtet.

Referat P4 „Auszahlung, Buchhaltung, Debitoren, Berichts-wesen“ ist für die Auszahlung der EU-Förderprogramme zu-ständig. Es wickelt alle Vorgänge, die zur Auszahlung an den Antragsteller führen, ab dem Zeitpunkt der Bewilligung mit Hilfe des Zentralen Auszahlungsprogramms (ZAP) ab. Im Rahmen des Arbeitsschwerpunkts Verbuchung stellt Refe-rat P4 die monatlichen und vierteljährlichen Ausgaben bei den Fördermaßnahmen zusammen und verfasst dazu den jährlichen Rechnungsabschluss. Auch die Wiedereinziehung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen werden hier verwal-tet und gesteuert. Darüber hinaus beantwortet P4 Fragen über die Veröffentlichung von Auszahlungen im Rahmen der Transparenzinitiative.

Referat P5 „Informations- und Kommunikationstechnik, IT-Sicherheit“ ist verantwortlich für die Entwicklung, Pflege

und den Betrieb der einschlägigen EDV-Anwendungen und entsprechenden Schnittstellen zur Abwicklung aller EGFL- und ELER-Fördermaßnahmen der Zahlstelle. Die dazu not-wendigen Programmiervorgaben erhält Referat P5 von den anderen Referaten. Die Sicherstellung der Einhaltung der IT-Sicherheit bei der EDV-technischen Umsetzung und An-wendung aller Fördermaßnahmen, die in diesem Jahr ei-nem Zertifizierungsverfahren unterlag, wird durch Referat P5 gewährleistet.

Die Stabsstelle Interne Revision/Prüfbehörde (IRP) ist zu-ständig für die Prüfung der Verfahren und der internen Kontrollmaßnahmen für die Zahlungen des EGFL und des ELER. Mit ihrer Prüftätigkeit sichert die IRP die Qualität aller Prozess abläufe der Zahlstelle Bayern und trägt dazu bei, das Risiko für finanzielle Anlastungen seitens der EU möglichst gering zu halten. Dabei verfügt sie über ein uneingeschränk-tes und lückenloses Recht auf Information.

Bescheinigende Stelle (BS)Jeder Mitgliedstaat ist verpflichtet, eine Bescheinigende Stelle einzurichten. Dies kann eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Prüfeinrichtung sein. Die Zuständige Be-hörde hat seit Oktober 2011 im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte GmbH beauftragt. Deloitte nimmt als BS im Rahmen ihrer Berichterstattung an die EU-KOM seitdem jährlich Stellung zur Vollständigkeit, Genauigkeit und sachlichen Richtigkeit der Rechnungslegung der Zahlstelle und zur ordnungsge-mäßen Funktionsweise ihrer internen Kontrollsysteme so-wie zur Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben, für die bei der EU-KOM eine Rückerstattung beantragt wurde.

Die BS ist in ihrer Funktion von der betreffenden Zahl-stelle vollkommen unabhängig und wirkt gewissermaßen als „verlängerter Arm“ der EU-KOM vor Ort.

Die korrekte Abwicklung und Umsetzung von EU-Fördermaßnahmen ist eine sehr komplexe und vielfältige Aufgabe, die nur über eine funktionierende Zusammenarbeit aller betroffenen Stellen zu bewältigen ist.

SUSANNE PLETL BAYErISCHES STAATSMINISTErIUM FÜr ErNÄHrUNG, LANDWIrTSCHAFT UND [email protected]

Page 73: Klimawandel im Marktfruchtbau

(Foto: Katharina Erhardsberger, FüAk)

AdventsliachtaI stell a Licht auf im Advent

für oan, der grad da Zeit nachrennt,der si an Turm vo Babel baut,

am jeden bloß was Schlechts zuatraut.Der abseits steht, wenn oana singt

und wegtragt, statt dass er was bringt.

I stell a Liacht auf im Adventfür oan, der si grad selber kennt.

Vor dem si jeder niederduckt,weil er de Kloana schind`t und druckt.Der oiwei bloß ans Reichwern denkt

und`s Fahnerl nach am Wind naushängt.

I stell a Liacht auf im Adventfür Menschen, de a Feindschaft trennt.

Für Kinder, de im Weg umgenganund Oide, de im Regn draußd stehngan.

Für Christen, de koa Schuid vogebn.Für alle, de in Tag neilebn.

I stell a Liacht auf im Adventund hoff, dass` für uns alle brennt.

Es soi uns zoagn, dass d`Liab net stirbt,dass jeder grad sovui erwirbt,

wiar er verschenkt hat in seim Lebn.Wer gibt, dem wird aa wieder gebn.

(Verfasser unbekannt)

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Autorinnen und Autoren,

für das in uns gesetzte Vertrauen möchten wir uns sehr herzlich bei Ihnen bedanken und wünschen Ihnen ein gnadenreiches Weihnachtsfest und Glück und Segen für das Neue Jahr.

Ihr Team von „Schule und Beratung“

Angelika Spitzer Monika Maier Sylvia Maier

Page 74: Klimawandel im Marktfruchtbau

IMPRESSUM

Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenISSN: 0941-360X

Internet:www.stmelf.bayern.de/SuB

Abonnentenservice:Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenPorschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-371, Fax +49 871 9522-399

Kontakt:Schriftleitung: Angelika SpitzerPorschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-394, Fax +49 871 [email protected]

Die in „Schule und Beratung“ namentlich gekennzeichneten Beiträge geben die Auffassung des Autors wieder. Eine Überprüfung auf fachliche Richtigkeit ist nicht erfolgt.

Redaktionsschluss für Heft 3/2017: 2. Januar 2017

Titelbild: Weihnachtsplätzchen (Foto: Anna Baumgartner)


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