Jan Mecklenburg:
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KaZa
(Kavango Zambezi Transfrontier Conservancy*)
Das Kavango Zambezi Naturschutzgebiet
Die Vision eines länderübergreifenden Naturschutzgebiets wird Realität:
Vom Projekt zum Produkt
*Freie Übersetzung von Transfrontier Conservancy: “Schutzgebiet mit transnationalen Wildkorridoren”
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FÜNF AFRIKANISCHE STAATEN UNTERSCHREIBEN STAATSVERTRAG FÜR EIN RIESIGES NATURSCHUTZGEBIET IM SÜDEN AFRIKAS
In der angolanischen Hauptstadt Luanda fiel am 18. August 2011 der offizielle Startschuss für das zweitgrößte Naturschutz-
gebiet der Erde. „Wir freuen uns sehr über diesen Meilenstein im südlichen Afrika und sprechen den beteiligten Regierungen
unsere Anerkennung und Respekt aus. Die Vertreter aller beteiligten Staaten, viele NGOs vor Ort, und nicht zuletzt das
deutsche Entwicklungsministerium und die KfW haben großen Anteil daran, dass aus der faszinierenden Vision eines
afrikanischen Megaparks nun Wirklichkeit wird.
Das Besondere an Kaza ist, dass es Naturschutz mit
Armutsbekämpfung vereinen kann.“, freut sich WWF-
Vorstand Eberhard Brandes.
Beteiligt am Kaza-Naturpark sind die fünf Staaten Angola,
Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe. Sie wollen 36
Schutzgebiete so vernetzen, dass ein zusammenhängendes
Gebiet von fast 300.000 Quadratkilometern entsteht, in dem
die heimischen Wildtiere ungestört leben und wandern können.
Großzügige Unterstützung vom WWF und dem
Entwicklungsministerium der Bundesrepublik Deutschland
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Der WWF unterstützt das Kaza-Projekt seit Jahren mit Expertenwissen und jährlich zwei Millionen Euro.
Das Entwicklungsministerium der Bundesrepublik Deutschland hat über die Entwicklungsbank KfW für
das Projekt bislang 20 Millionen Euro bereitgestellt. „Die unvergleichliche Natur dieser Region wirkt
wie ein Magnet auf Touristen. Aber in Kaza fließen die Einnahmen nicht an irgendwelche Investoren,
sondern direkt an die Menschen“, sagt Philipp Goeltenboth, WWF-Experte für Kaza. „Das Land mit
allen Naturschätzen gehört ihnen, den Stämmen und Dorfgemeinschaften. Sie entscheiden, was damit
geschieht“.
Niemand, weder die Regierung noch irgendeine NGO, darf ihnen etwas vorschreiben. Deshalb schützen
sie die Natur. Sie wissen, dass sie ihnen ihr Auskommen sichert.“ Nach WWF-Schätzungen gilt als
Faustformel für Kaza: Sieben Touristen sichern einen Arbeitsplatz, von dem in dieser Region bis zu 15 Menschen ernährt
werden können. Für die Artenvielfalt der Region ist der Megapark laut WWF immens wichtig. Beispiel Elefanten: Rund
300.000 der Tiere leben in der Kavango-Zambezi Region - 135.000 sind es allein in Botswana, nur 800 in Angola. In Botswa-
na leidet die Artenvielfalt unter dem massiven Appetit und Durst der Elefanten. Die Wanderkorridore sollen hier Abhilfe
schaffen und den Lebensraum der Elefanten wie auch vieler anderer Tiere erweitern.
„Die Idee zu Kaza ist 20 Jahre fast alt. Der WWF war von Anfang an als einer der Geburtshelfer dabei. Aber die wahren
Treiber hinter der Idee sind die Stammeshäuptlinge und die Vertreter der beteiligten Länder, die alte Auseinandersetzungen
hinter sich lassen und über den Naturschutz zu einer länderübergreifenden Vision finden“, sagt Philipp Goeltenboth.
Willkürliche Grenzziehungen aus der Kolonialzeit seien dank Kaza bald Geschichte.
(Pressenotiz des WWF – August 2011)
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Das Kavango Zambezi Naturschutzgebiet
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Die mediale Aufmerksamkeit, welche dieses Naturschutzprojekt im August 2011 in Europa erhalten hat, war sehr ermutigend.
Bei allem Wohlwollen muss man die Entwicklung der Kavango Zambezi Transfrontier Conservation Area (das ist die
offizielle Bezeichnung) aber mit einigem Realismus betrachten. Die teilweise schikanösen Fahrzeug- und Personenkontrollen
an den Grenzübergängen einiger teilnehmenden Länder sind immer noch alles andere als touristenfreundlich. Ein seit vielen
Jahren verhandeltes „Afrikanisches Schengen Visum“ soll jedoch bald in Kraft treten, damit zukünftig auch Touristen „gren-
zenlos“ wandern können.
2011/12 ist zunächst einmal nur der Startschuss für die Umsetzung eines jahrelangen Traums der afrikanischen Naturschützer
gefallen. „KaZa“ ist auch kein Nationalpark wie häufig berichtet, sondern eine Schutzgebiet für Mensch und Tier. Und das ist
genau das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zu den üblichen National Parks & Game Reserves. „KaZa“ heißt Afrika ohne
Zäune. Fast wie zu Livingstone‘s Zeiten!
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Conservation Area kann im Falle von Kaza am besten als „Schutzgebiet mit transnationalen Wildkorridoren“ übersetzt
werden. Etliche Grenzzäune sind bereits abgerissen worden, und die ersten Elefantenverbände sind mittlerweile quer über die
Landesgrenzen von Botswana nach Sambia und Angola gewandert. Die uralten „Elephant Trails“ funktionieren wieder bzw.
noch. Welch ein Glück! Die touristische Infrastruktur im Ost Caprivi (Namibia), in Sambia und in Botswana ist gut bis sehr
gut. Und die traditionelle Safaridestination Simbabwe ? Alle Experten sind sich einig: „It’s time to go back!“
Die Anreise ?
Seit Februar 2012 steuert die in Dubai beheimatete Emirates Airline von ihrem heimischen Drehkreuz in Dubai auch Lusaka
und Harare an – zunächst drei mal pro Woche und ab Oktober 2012 täglich. Als „Gateways“ (siehe Karte) bieten sich auch
Johannesburg und Windhoek an. Innerhalb des „grünen Bereichs“ auf der Karte sind dann die Flughäfen Livingstone, Victoria
Falls, Katima Mulilo und Maun die besten Gateways für die An- und Abreise.
Produkt ?
Bislang besteht noch kein buchbares Produkt – allenfalls einige Fragmente. Die Entwicklung vom Projekt bis zum Produkt im
Sinne eines klassischen touristischen Produktes wird noch etliche Jahre dauern. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt die Kavango
Zambezi Region ein unglaublich spannendes Reiseziel für naturbegeisterte Entdecker.
Wenn Marketingleute über Produkte reden, verstehen sie darunter in der Regel die vier Instrumente des Marketing-Mix – das
4-P Prinzip: Product, Price, Place, Promotion. Im südlichen Afrika kommt noch ein weiteres P für „Politics“ hinzu. Wer wie
ich mit dem Herzen im Süden Afrikas zu Hause ist und die Mentalität der Menschen kennt und respektiert, kann sich jedoch
recht gut damit arrangieren. Europäer verzweifeln zuweilen daran. Meine 15-jährige Erfahrung als Overland Safari Guide hat
mich gelehrt, dass ein weiteres „P“ bei der Produktgestaltung berücksichtigt werden muss: Das P für People. Und genau das
ist es, was mich am Kavango Zambezi Projekt so begeistert: Die Einheimischen wurden von vorne herein ganz bewusst in
dieses Jahrhundertprojekt eingebunden.
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Über ein Viertel Million Elefanten sind in Deutschland
ein tolles Verkaufsargument…
…aber 12 Graue Riesen, welche in zwei Stunden die gesamte
Ernte der Bauern vernichten, gelten am Sambesi Fluss nicht
gerade als Freudenspender. Die jahrelangen Aufklärungs-
arbeiten der Naturschutzverbände – allen voran der Peace
Parks Organisation – haben bei den Einheimischen jedoch
sichtbar gute Erfolge erzielt. Praktikable Tricks zur Vermei-
dung von Ernteschäden (z. B. mit „Chilli Bomben“), sowie
finanzielle Entschädigungen, falls die Dickhäuter trotz aller
Vorkehrungen doch einen Schaden angerichtet haben, führen
dazu, nicht gleich zur Flinte zu greifen oder Gift auszulegen.
Die Wilderei wird wahrscheinlich nie ganz verschwinden.
Aber das Bewusstsein, dass ein lebendiges Nashorn auf
Dauer mehr Geld in die Gemeindekasse bringt, als ein Totes,
wächst.
Beteiligung der einheimischen Bevölkerung
Die Dorfbewohner werden gemäß des Kaza Konzepts durch verbriefte Rechte auf ihr Gebiet, sowie die finanzielle Beteiligung
an Tourismusprojekten ein gesteigertes Interesse an der Aufrechterhaltung des Wildbestands haben. Europäische Touristen -
jedenfalls die natursensiblen Reisenden - lieben es, einen Einblick in das Leben der lokalen Bevölkerung zu bekommen. Klar,
die Pirsch auf die „Big Five“ steht bei der Reiseentscheidung immer im Vordergrund. Aber die spontane Begegnung mit der
einheimischen Bevölkerung, zum Beispiel mit Mitgliedern des Lozi Stammes im Ost Caprivi und in Sambia, sind auf jeder
Overland Safari durch die KaZa Region ein ganz besonderes Highlight. Dabei wird die vermeintliche „Elefantenplage“ immer
wieder gerne diskutiert und trägt viel zum Verständnis auf beiden Seiten bei.
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„Culture & Heritage“: Mehr als eine leere Floskel
Hier folgt das Leitbild der KaZa Organisation im O-Ton. Es ist keine blutleere Leitlinie, sondern eine innere Haltung.
„The goal of the KAZA TFCA is to sustainably manage the Kavango Zambezi ecosystem, its heritage and cultural resources
based on best conservation and tourism models for the socio-economic wellbeing of the communities and other stakeholders in
and around the eco-region through harmonization of policies, strategies and practices”.
Das Bestreben meiner Frau Monica Nalucha (eine Lozi aus Sambia) und
mir geht daher eindeutig dahin, den „People’s Aspect“ zum gleichwer-
tigen Bestandteil der Safariberatung zu machen. Die Qualität der Begeg-
nung und die kommunizierten Werte könnten ein entscheidender
Wettbewerbsfaktor werden.
Wenn ich mit meinen Safarikunden im südlichen Afrika unterwegs bin,
werden die Begriffe “Naturtourismus” und “Ökotourismus” von den
Teilnehmern aus den Ländern Europas, Australiens und den USA nicht
immer identisch definiert. Bei den meisten meiner deutschen Ü-39
Kunden ist der Begriff „Ökotourismus“ oder „Eco Tourism“ wie wir im
südlichen Afrika sagen, fast verpönt. Mit dem sperrigen Begriff
„Nachhaltige-Natur-Erlebnis-Reisen“ sind sie jedoch mehrheitlich einverstanden. Das ist dann auch in etwa auf der Linie der
The International Ecotourism Society (TIES):
„Responsible travel to natural areas that conserves the environment and improves the well-being of local people.“
Dass die “German Nature Tourists” es in der Regel schön komfortabel haben wollen, dass “was los sein muss”, und dass alles
perfekt organisiert sein muss, habe ich in den vielen Jahren als Safari Driver Guide verstanden und akzeptiert. Kurz: Sie sind
an ethisch und umweltmäßig korrekten naturnahen Erlebnisreisen interessiert, die einigen Komfort bieten. Und das schließt
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neben der Unterkunft vor allem gutes Essen ein - möglichst zur gewohnten (deutschen!) Zeit. Letzteres ist im Busch oft ein
ziemliches Problem. Erstens sind die meisten Veranstalter nicht bereit, ein adäquates “Food & Beverage” Budget zu bewilligen,
und zweitens ist es logistisch nicht immer möglich, um Punkt 13 Uhr einen schattigen, trockenen, moskitofreien Flecken zu
finden, um die Töpfe zu schwingen!
Gutes Essen ist jedoch ausgesprochen wichtig für die Zufriedenheit der
Gäste. In meinen eigenen Reisevorschlägen werde ich diese Komponente
garantiert beachten. Noch etwas: Spontaneität – zum Beispiel auf Grund von
unerwarteten und interessanten Events mal das Routing oder den Zeitablauf zu
ändern, wird von deutschen Reiseveranstaltern nicht gerne gesehen. Sehr
schade, denn das ist oft die ultimative Würze auf einer authentischen Safari.
Das deutsche Pauschalreiserecht lässt aber kaum spontane Abweichungen vom
gedruckten Programm zu. In Zusammenarbeit mit einem erfahrenen
Safarianbieter aus Simbabwe ist dieses Problem gottlob gelöst worden. Und
zwar im Sinne der Reisenden, die die lustlose Standardisierung der
Pauschalreise immer gerne gegen authentische Erlebnisse und Begegnungen
eintauschen.
Ich habe auch gelernt, dass meine natursensiblen Kunden dem „Hedonismus“ keineswegs abgeneigt sind. Nach einer staubigen
Overland Safari lassen sie es gerne mal in einer 5-Sterne Lodge richtig krachen. So widersprüchlich es auch klingen mag: Der
Cocktail aus einer durchaus respektvollen und nachhaltigen Drittweltland Erfahrung und einem gegrillten Lobster auf der
Terrasse einer Luxus Lodge ist äußerst beliebt. Wir haben es halt mit natur-sensiblen und verantwortungsbewussten Genießern
zu tun.
Für die „Kulturell Kreativen“ Kunden ist es von ganz zentraler Bedeutung, dass sie vor der Reise glaubhaftes und kompe-
tentes Erfahrungswissen aus erster Hand erhalten.
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Im Jahre 2002, als Beitrag zum „International Year of Eco Tourism“ hat die World Tourism Organization (WTO) eine
Studie über den deutschen „Eco Tourism“ Markt veröffentlicht. Störend daran ist nur, dass die Resultate der Untersuchung in
wesentlichen Teilen aufgrund von Fragebogen Aktionen bei „mainstream“ Reiseveranstaltern zustande gekommen sind. Die
großen „Kampfpreisveranstalter“ sind in der Regel nicht in der Lage, solche beratungsintensiven und hoch spezialisierten
Reisen zu vermarkten und durch ihre Reisebüros zu vermitteln.
Das Potenzial – laut WTO
Man kann davon ausgehen, dass das Marktpotenzial für Naturreisen bei ca. 14,5
Millionen Deutschen liegt. Nach einer geheimnisvollen WTO Formel wären
zwischen 1 Million und 3 Millionen „paxe“ grenzüberschreitend reisebereit.
Interessant, wenngleich nicht überraschend, kam die Studie zu dem Schluss, dass
die Hauptgruppe der naturorientierten Kunden zwischen 39 und 49 Jahre alt, über
Durchschnitt gebildet, finanziell „gut drauf“ und mehrheitlich weiblich ist. Wenn
wir von „nur“ 2 Millionen potenziell reisewilligen Nature Freaks ausgehen, und
deren Fernreiseanteil mit 7% berechnen, kommen wir auf ca.140.000 Menschen,
die sich (vielleicht !) für eine Fernreise entscheiden würden. Einige hundert
davon für die Kavango Zambezi Region zu gewinnen, sollte möglich sein!
Jan Mecklenburg – Juni 2012