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Kapital & Märkte: Ausgabe Mai 2014

Date post: 25-Jan-2015
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Die aktuelle Ausgabe von Kapital & Märkte zeigt, welche Chancen und Risiken die Investition in Schwellenländer bietet:  Von den „Emerging Markets“ zu den „Diverging Markets“  China: Langsameres Wirtschaftswachstum  Mexiko: Hohes Reformtempo
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Schwellenländer Hoffnungsträger und Sorgenkinder der Weltwirtschaft Mit der zunehmenden Bedeutung der Schwellenländer wer- den diese auch für Anleger zu einem immer wichtigeren Thema. Am deutlichsten zeigt sich das an China, dem größ- ten Vertreter dieser aufsteigenden Länder. Das Land hatte nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) 2013 ein Bruttoinlandsprodukt von 9,2 Billionen Dollar, was weit hinter den 16,8 Billionen Dollar der USA, dem größten Industrieland, liegt. Nimmt man für diesen Vergleich nicht die aktuellen Wechselkurse, sondern bereinigt diese entspre- chend ihrer Kaufkraftparität, wie das die Weltbank in einer aktuellen Studie getan hat, liegt China allerdings nur noch ganz knapp hinter den USA und dürfte schon in diesem Jahr, real betrachtet, die USA auf Platz zwei der Rangliste verweisen. Danach kommen dann Indien und Japan auf den Plätzen drei und vier (Vergleich Tabelle 1). Hinter dem Begriff Schwellenländer verbergen sich viele ver- schiedene Volkswirtschaften, die in der Regel undifferenziert zusammengefasst werden. Dabei lohnt jedoch eine detaillier- te Betrachtung, um Stärken und Schwächen für die Anlage- strategie auszunutzen. Hauptsächlich seit Beginn der 90er haben Anleger diese Länder mehr und mehr entdeckt, was zu regelrechten Kaufwellen führte. Trotz der Volatilität ihrer Aktienmärkte lieferten sie insgesamt klar bessere Wertentwick- lungen als vergleichbare Aktienanlagen in den entwickelten Ländern. TABELLE 1: BEDEUTUNG DER SCHWELLENLÄNDER INNERHALB DER GRÖSSTEN VOLKSWIRTSCHAFTEN Rangliste nach BIP (Kaufkraft- parität [KKP] gewichtet) Volkswirt- schaft Anteil am globalen BIP, KKP gewichtet Anteil am globalen BIP, auf Basis aktueller Wechselkurse Rangliste nach BIP pro Kopf, KKP gewichtet 1 USA 17.1 22.1 12 2 China 14.9 10.4 99 3 Indien 6.4 2.7 127 4 Japan 4.8 8.4 33 5 Deutschland 3.7 5.2 24 6 Russische Förderation 3.5 2.7 55 7 Brasilien 3.1 3.5 80 8 Frankreich 2.6 4.0 30 9 Groß- britannien 2.4 3.5 32 10 Indonesien 2.3 1.2 107 11 Italien 2.3 3.1 34 12 Mexiko 2.1 1.7 72 Seit dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 entwickelten sich nicht nur Aktien, sondern oft auch Anleihen in lokaler Wäh- rung besser als Papiere der Industrieländer, deren Währun- gen unter der Geldflut der Zentralbanken litten. Die unor- thodoxe, expansive Geldpolitik der westlichen Zentralbanken, Kapital & Märkte erhalten Sie sehr gerne auch per E-Mail. Wenn Sie hiervon Gebrauch machen möchten, senden Sie uns bitte eine kurze E-Mail an: [email protected] Kapital & Märkte Ausgabe Mai 2014 Quelle: Purchasing Power Parities and Real Expenditures of World Economies, © 2014 International Bank for Reconstruction and Development/The World Bank
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Page 1: Kapital & Märkte: Ausgabe Mai 2014

Schwellenländer

Hoffnungsträger und Sorgenkinder der Weltwirtschaft

Mit der zunehmenden Bedeutung der Schwellenländer wer-den diese auch für Anleger zu einem immer wichtigeren Thema. Am deutlichsten zeigt sich das an China, dem größ-ten Vertreter dieser aufsteigenden Länder. Das Land hatte nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) 2013 ein Bruttoinlandsprodukt von 9,2 Billionen Dollar, was weit hinter den 16,8 Billionen Dollar der USA, dem größten Industrieland, liegt. Nimmt man für diesen Vergleich nicht die aktuellen Wechselkurse, sondern bereinigt diese entspre-chend ihrer Kaufkraftparität, wie das die Weltbank in einer aktuellen Studie getan hat, liegt China allerdings nur noch ganz knapp hinter den USA und dürfte schon in diesem Jahr, real betrachtet, die USA auf Platz zwei der Rangliste verweisen. Danach kommen dann Indien und Japan auf den Plätzen drei und vier (Vergleich Tabelle 1).

Hinter dem Begriff Schwellenländer verbergen sich viele ver-schiedene Volkswirtschaften, die in der Regel undifferenziert zusammengefasst werden. Dabei lohnt jedoch eine detaillier-te Betrachtung, um Stärken und Schwächen für die Anlage-strategie auszunutzen. Hauptsächlich seit Beginn der 90er haben Anleger diese Länder mehr und mehr entdeckt, was zu regelrechten Kaufwellen führte. Trotz der Volatilität ihrer Aktienmärkte lieferten sie insgesamt klar bessere Wertentwick-lungen als vergleichbare Aktienanlagen in den entwickelten Ländern.

TABELLE 1: BEDEUTUNG DER SCHWELLENLÄNDER INNERHALB DER GRÖSSTEN VOLKSWIRTSCHAFTEN

Rangliste nach BIP

(Kaufkraft-parität [KKP] gewichtet)

Volkswirt-schaft

Anteil am globalen BIP, KKP

gewichtet

Anteil am globalen BIP,

auf Basis aktueller

Wechselkurse

Rangliste nach BIP pro Kopf,

KKP gewichtet

1 USA 17.1 22.1 12

2 China 14.9 10.4 99

3 Indien 6.4 2.7 127

4 Japan 4.8 8.4 33

5 Deutschland 3.7 5.2 24

6 Russische Förderation 3.5 2.7 55

7 Brasilien 3.1 3.5 80

8 Frankreich 2.6 4.0 30

9 Groß-britannien 2.4 3.5 32

10 Indonesien 2.3 1.2 107

11 Italien 2.3 3.1 34

12 Mexiko 2.1 1.7 72

Seit dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 entwickelten sich nicht nur Aktien, sondern oft auch Anleihen in lokaler Wäh-rung besser als Papiere der Industrieländer, deren Währun-gen unter der Geldflut der Zentralbanken litten. Die unor-thodoxe, expansive Geldpolitik der westlichen Zentralbanken,

Kapital & Märkte erhalten Sie sehr gerne auch per E-Mail.Wenn Sie hiervon Gebrauch machen möchten, senden Sie uns bitte eine kurze E-Mail an: [email protected]

Kapital & Märkte Ausgabe Mai 2014

Quelle: Purchasing Power Parities and Real Expenditures of World Economies, © 2014 International Bank for Reconstruction and Development/The World Bank

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angeführt von der US-Notenbank, führte dazu, dass neu geschaffene Liquidität aus den entwickelten Ländern in die Schwellenländer floss. Viele dieser Staaten meisterten die Finanzkrise deutlich besser als die Industrieländer und wuch-sen deshalb auch sehr viel schneller aus dieser Krise heraus. Als dann seit Ende 2009, hervorgerufen durch die Vorgänge in Griechenland, Gelder aus den europäischen Peripherie-ländern abflossen, entstand im Vergleich dazu in praktisch allen aufstrebenden Staaten eine wesentlich bessere Entwick-lung. Der immer stärker werdende Zustrom an Anlagekapital in die Schwellenmärkte führte dort zu Währungsaufwertungen, Zinssenkungen und steigenden Aktien- sowie Immobilien-preisen. Dieser positive Prozess wurde zunächst begrüßt und führte zu einem sich selbst verstärkenden wirtschaftlichen Aufschwung. Dabei kam es im weiteren Verlauf zu teilweise spekulativen Überhitzungen. Am besten wird dies am Beispiel Brasiliens deutlich (Vergleich Abbildung 1).

Der Inflations- und Kostenanstieg sowie die wegen der Mittel-zuflüsse überbewertete Währung – der brasilianische Real – führten zusammen mit der seit dem Amtsantritt der jetzigen Präsidentin, Rousseff, begonnenen Gängelei der Wirtschaft zu einem Einbruch des brasilianischen Wirtschaftwachstums und dann zu einem regelrechten Teufelskreis: Noch immer hohe Inflation, abnehmende Wettbewerbsfähigkeit, schwa-ches Wirtschaftswachstum – und deshalb wiederum massive Kapitalabflüsse mit Währungsschwäche als Folge.

Ähnlich erging es auch einer ganzen Reihe von anderen Schwellenländern. Deutlich ist dies etwa auch an der Entwick-lung der chinesischen Aktienkurse (Vergleich Abbildung 2) zu erkennen, die sich aus der allgemeinen, weltweiten Auf-wärtsbewegung der Aktienmärkte schon 2010 ausklinkten. ❚

China: Langsameres Wachstum

Ähnlich wie in Brasilien begann die chinesische Politik be-reits 2010 den Boom zu bremsen. Ziel war es, das durch den massiven Stimulus im Jahr 2009 sehr schnelle Wachstum mit seinen negativen Begleiterscheinungen wie Inflation und Kostendruck zu dämpfen. Darüber hinaus wollte und will China seine Wirtschaft von der bisherigen Abhängigkeit von Exporten sowie Infrastruktur- und Bauausgaben hin zu einer mehr vom Binnenkonsum und Dienstleistungen getragenen Entwicklung ausrichten. Auch wegen der seit 2005 stetigen Aufwertung der chinesischen Währung kam die Exportin-dustrie vor allem seit Ende 2012 unter zunehmenden Margen-druck. Während zunächst Japan und 2013 auch fast alle Nach-barländer deutliche Wechselkursrückgänge zu verzeichnen hatten, stieg der lange Zeit als unterbewertet geltende Ren-minbi unaufhaltsam weiter. Erst im Februar diesen Jahres änderte die chinesische Notenbank ihre Währungspolitik und es kam zum bisher stärksten Rückgang des Wechselkurses um rund vier Prozent.

Die chinesische Regierung hat seit langer Zeit ihr Augenmerk auch auf den Immobilienmarkt gerichtet. Wegen der Preis-steigerungen für Eigentumswohnungen fällt es auch der chi-nesischen Mittelklasse immer schwerer, Eigentum zu erwerben. Die nun erneut in Gang gekommene Abkühlung beim Woh-nungsbau dürfte sich noch verstärken und führt in Europa und Amerika zu äußerst negativen Urteilen über die Wirt-schaftsaussichten in diesem Land. Dies obwohl in China die privaten Haushalte kaum verschuldet sind und die meisten Wohnungen ohne wesentliche Kreditanteile gekauft werden.

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Quelle: Bloomberg

ABBILDUNG 1: ENTWICKLUNG DER WÄHRUNGEN (NORMIERT)

Wechselkurs US-Dollar/Euro Wechselkurs Renminbi/Euro

Wechselkurs Br. Real/Euro Wechselkurs Mex. Peso/Euro

Wechselkurs Vietn. Dong/Euro

siehe auch Hinweise im Impressum zu (2) und (3)

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Auch die Staatsverschuldung ist für westliche Verhältnisse noch moderat. Hoch verschuldet sind im Reich der Mitte dagegen viele Kommunen und andere Gebietskörperschaften sowie vor allem die teilweise noch staatlichen Großunterneh-men. Es dürfte jedoch auch zukünftig außer Frage stehen, dass die Zentralregierung diesen quasi öffentlichen Schuldnern im Notfall wie in der Vergangenheit zur Seite springen wird.

Weil der chinesische Bankensektor noch nicht ausreichend liberalisiert ist – so gibt es beispielsweise Zinsobergrenzen –, hat sich zur Finanzierung riskanter Projekte und für kleinere und mittlere Unternehmen ein großer unregulierter Schatten-banksektor entwickelt. Dort kam es in den vergangenen Monaten zu Ausfällen auch von größeren Schuldnern. Eine Bankenkrise a la USA oder Europa ist jedoch nicht zu erwarten, weil die Branche vom Staat gelenkt und gegebenenfalls gestützt wird.

Ein deutlich langsameres Wachstum als bisher ist indes un-vermeidbar. Das immer irgendwie erreichte Ziel von mindes-tens sieben Prozent Wirtschaftswachstum steht ohnehin nur auf dem Papier. Dennoch sind wegen der niedrigen Bewer-tungen chinesische Aktien auch über den nach wie vor flo-rierenden Finanzplatz Hongkong attraktiv und versprechen längerfristig attraktive Kurschancen. Die auf dem Rückzug befindliche Inflation, die schwächere Währung und das Nach-lassen der Konjunktur werden zu geldpolitischen Lockerungen führen, welche die Aktienmärkte befeuern werden. Die ge-änderte Geldpolitik mit dem Ende der ständigen Aufwertung macht dagegen Anleihen in Renminbi wesentlich riskanter als früher. ❚

Von den „Emerging Markets“ zu den „Diverging Markets“

Neben den exemplarisch an Brasilien und China dargestellten Entwicklungen haben die Schwellenländer ihre in Anleger-kreisen bis 2012 bestehende Favoritenstellung auch aus an-deren Gründen verloren: Die berühmt gewordene Rede des europäischen Zentralbankpräsidenten Draghi vom Sommer 2012 führte zu Mittelabflüssen aus den Schwellenländern. So wie das Vertrauen in die Fähigkeit der EZB, den Euro zusam-menhalten zu können seit dieser Rede wieder wuchs, trauten sich Anleger allmählich wieder in Anleihen der europäischen Peripherieländer zu investieren. Diese Bewegung verstärkte sich dann ab dem Sommer 2013 noch.

Hier war der Mai im vergangenen Jahr ein entscheidendes Datum. Zu diesem Zeitpunkt begann der damalige amerika-nische Notenbankpräsident, Bernanke, laut über eine Rück-führung der massiven Anleihenkäufe durch die Federal Reserve nachzudenken. Es kam in den Wochen danach zu einem sehr heftigen Abzug von Anlagegeldern aus den Schwellenländern. Erst im September 2013 beruhigte sich diese Entwicklung wieder etwas, nachdem klar wurde, dass die USA sich mit dem Ausstieg aus ihrer ultra lockeren Geld-politik sehr viel Zeit lassen würden.

Während zunächst praktisch alle Schwellenländerwährungen, soweit sie nicht wie viele asiatische Währungen an den US-Dollar gekoppelt sind, relativ deutlich an Wert verloren, ent-wickelte sich danach das Geschehen an den Devisen- und Kapitalmärkten sehr viel unterschiedlicher. Das entscheiden-de Kriterium für die Verwundbarkeit waren die jeweiligen

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Quelle: Bloomberg

ABBILDUNG 2: ENTWICKLUNG DER AKTIENKURSE (IN EURO, NORMIERT)

USA Brasilien Mexiko China (Shanghai, Shenzhen) Vietnam

siehe auch Hinweise im Impressum zu (2) und (3)

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Der Reformmeister trägt Sombrero

Unter den Währungen der Schwellenländer erscheint zurzeit insbesondere der gemessen an seiner Kaufkraft deutlich unterbewertete mexikanische Peso attraktiv. Das Land hat ein hohes Reformtempo eingeschlagen. Dreh- und Angel-punkt der Reformen ist, das Ölmonopol von Pemex zu be-enden. So soll es auch möglich sein, dass private Ölfirmen und ausländische Ölkonzerne nach 76 Jahren Monopolwirt-schaft wieder tätig werden können. Die Reformen werden, weil politisch heikel, schrittweise vorgenommen. Zwar stehen sie im Detail noch nicht fest, und es kann zu Verzögerungen kommen. Dennoch werden sie dazu führen, dass umfang-reiche Mittel in das Land fließen. Darüber hinaus ist die Nähe zum großen Wirtschaftsraum USA über die NAFTA-Mitgliedschaft (nordamerikanische Freihandelszone) ein großer Vorteil.

Fazit: Mit strukturierter Auswahl und Streuung trotz höherem Risiko zu mehr Ertrag

Die typischen Risiken der Schwellenländer zeigen sich dem Anleger in einer deutlich höheren Schwankungsbreite ihrer Aktienkurse, Währungen sowie ihrer Zinsen. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen:

Leistungsbilanzen. Länder mit großen Leistungsbilanzdefiziten wie die Türkei, Südafrika, Indien, Indonesien und Brasilien („The Fragile Five“) kamen besonders unter Druck und mussten zum Teil die Zinsen anheben, um die Inflation wegen der Abwertung ihrer Währungen nicht ausufern zu lassen. Das wiederum führte zu dem vorher dargestellten Teufelskreis, aus dem sich die meisten Länder aber im Verlauf dieses Jahres zumindest teilweise befreien konnten.

Insgesamt wird sich das Wirtschaftswachstum in den Schwel-lenländern in den nächsten Jahren verlangsamen. Dennoch wird die wirtschaftliche Leistung weitaus stärker zunehmen als in den Industrieländern. Der wirtschaftliche Aufholprozess, die wesentlich günstigere demografische Lage und die weit-aus geringere Verschuldung, insbesondere gegenüber den Industrieländern, sprechen für Anlagen dort. Fast alle Schwel-lenländerbörsen haben inzwischen sehr niedrige Bewer-tungen ihrer Aktienmärkte. Besonders tief ist beispielsweise das Kurs-Gewinn-Verhältnis in Russland und in China, wäh-rend andererseits die Bewertungen der Aktien in den Indus-trieländern überdurchschnittlich hoch ausfallen (Vergleich Abbildung 3).

Die ökonomische Robustheit der meisten Schwellenländer kann nicht mehr etwa mit der Zeit der Asienkrise 1996/1997 verglichen werden. Heute haben die meisten dieser Länder sehr hohe Währungsreserven. Obwohl die aufstrebenden Länder kaufkraftbereinigt fast 50 Prozent des Weltsozialpro-duktes erarbeiten, liegt ihre Börsenkapitalisierung noch im-mer nur bei einem Zehntel der entwickelten Länder. ❚

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Quelle: Bloomberg

ABBILDUNG 3: RELATIVE BEWERTUNG DER SCHWELLENLÄNDER GEMESSEN AM KURS-GEWINN-VERHÄLTNIS

Relatives Kurs-Gewinn-Verhältnis Schwellenländer vs. Globaler Aktienmarkt

Schwellenländer relativ überbewertet

Schwellenländer relativ unterbewertet

siehe auch Hinweis im Impressum zu (2)

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Page 5: Kapital & Märkte: Ausgabe Mai 2014

sich bald im Zusammenhang mit der Fußballweltmeister-schaft in Brasilien zeigen werden oder die oft bedrohliche Umweltverschmutzung, beispielsweise in China, hemmen die Entwicklung. All dies macht das Investieren riskanter. Bei positiven Entwicklungen wie in Mexiko winken dann jedoch auch entsprechend enorme Chancen.

Wie soll sich ein Anleger angesichts dieser unübersichtlichen Gemengelage verhalten? Es gilt, jedes Land individuell zu betrachten und dabei auch zwischen den verschiedenen Anlageklassen zu unterscheiden. So sind aktuell im Wäh-rungsbereich angesichts des hoch bewerteten Euro auf mitt-lere Sicht grundsätzlich alle an den US-Dollar mehr oder weniger eng angebundenen Währungen – wie dies in vielen asiatischen Ländern der Fall ist – interessant. Wo diese Bin-dung in Frage steht, wie jetzt in China, sollte aus Sicherheits-gründen zunächst von Anlagen Abstand genommen werden. Zurzeit weist hingegen etwa der mexikanische Peso ein sehr überzeugendes Chance-Risiko-Verhältnis auf.

Bei Anleihen können die zum Teil sehr hohen Zinsen, wie aktuell in Brasilien, eine gewisse Währungsschwäche über-kompensieren. Gehen die Wahlen im Oktober gegen die amtierende Präsidentin Yousseff aus, wären die Chancen noch größer. Wem diese Feinarbeit, Währungs- und Rendite-kombinationen gegeneinander abzuwägen, zu aufwendig ist, der kann diese Aufgabe von Managern entsprechender Fonds für sich erledigen lassen (Vergleich Abbildung 4).

Die politische Lage erscheint in der Regel weniger berechen-bar als in den westlichen Industrieländern – man denke etwa an die aktuelle Lage in und um die Ukraine oder Spannungen zwischen Vietnam und China wegen Ölvorkommen im süd-chinesischen Meer. Auch sind viele Länder, etwa die beiden großen ehemals kommunistischen Länder Russland und – noch ausgeprägter – China keine echten Demokratien und Marktwirtschaften. Es belasten auch sozialistische Experimen-te und staatlicher Interventionismus, wie er etwa in Latein-amerika, vor allem in Argentinien, Bolivien, Brasilien und besonders in Venezuela herrscht.

Bei aller berechtigter Kritik an diesen Ländern muss auf der anderen Seite jedoch auch in den westlichen Industrie-ländern ein klarer Trend zu mehr Dirigismus konstatiert wer-den. Hingegen ist im Großen und Ganzen in den Schwel-lenländern eine gegenläufige Entwicklung – hin zu mehr Freiheit – auch in der Wirtschaft zu beobachten. Wahlen, wie sie in Indien stattfanden, führten und führen oft zu zwei-stelligen prozentualen Kursveränderungen an den Aktien-börsen. Selbst wenn deren Ergebnisse keine so gravierenden Folgen haben, wirken Wahlen meist stärker als in den ent-wickelten Ländern.

Steigende Kosten in einigen ehemaligen Niedriglohnländern wie China zwingen auch die dortigen Unternehmen, ihre Produktion in kostengünstigere Länder wie etwa nach Viet-nam zu verlegen. Kurz: Die Probleme der einen sind oft die Chancen der anderen. Mängel in der Infrastruktur, wie sie

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Quelle: Bloomberg

ABBILDUNG 4: ENTWICKLUNG DER ANLEIHENRENDITEN (5 JAHRE)

Rendite brasilianische Staatsanleihen Rendite mexikanische Staatsanleihen

Rendite chinesische Staatsanleihen Rendite US-Staatsanleihen

siehe auch Hinweise im Impressum zu (2) und (3)

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BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart

Amtsgericht Stuttgart HRA 738

Persönlich haftende Gesellschafter: Dr. Volker Gerstenmaier, Mario Caroli

Ihr Ansprechpartner: Michael Beck Leiter Portfolio Management Telefon 0711/2148-242, Telefax 0711/2148-250 [email protected]

Redaktion: Helmut Kurz Leiter Fondsmanagement Immobilienaktien

www.privatbank.de/kapitalmarkt

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(2) Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein zuverlässiger Indikator für zukünftige Entwicklungen.

(3) Finanzinstrumente oder Indizes können in Fremdwährungen notiert sein. Deren Renditen können daher auch aufgrund von Währungs-schwankungen steigen oder fallen.

Impressum Wichtige Hinweise

Bei Aktien ist die Lage ganz pauschal attraktiver als in den Industrieländern. Hier ist die Währungseinschätzung weniger wichtig als bei Zinsanlagen, weil Aktienkurse im Falle von Abwertungen diese Verluste in der Regel durch Kursgewinne früher oder später ausgleichen.

Bevorzugte Länder neben dem oben erwähnten Vietnam sind aktuell:

China, wo die Unternehmen einerseits unter den geschilderten Problemen leiden, dessen sehr heterogene Aktienmärkte aber wegen der tiefen Kurs-Gewinn-Verhältnissen (7–12) gute Einzelchancen bieten.

Taiwan: Die von China als abtrünnige Provinz angesehene Insel weist sehr gute makroökonomische Kennzahlen auf und die Aktien haben mit einem KGV von durchschnittlich zirka 15

eine Bewertung, die wegen der deutlichen Gewinnzuwächse der Unternehmen attraktiv ist. Eigentlich sollte das Land in den Staus eines entwickelten Landes erhoben werden.

Der unter den großen aufstrebenden Ländern am niedrigsten bewertete Aktienmarkt ist Russland mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 5. Zwar liegt die Bewertung nur wenig über den extrem tiefen Werten von 2008, aber die politischen Risiken im Falle einer Zuspitzung der Lage in und um die Ukraine lassen noch ein Abwarten angeraten sein. Auch die Wirtschaftsstruktur mit ihrer Rohstoffabhängigkeit ist ein Pro-blem. Wer sich hier engagiert, sollte wie in China mehr auf Einzelwerte setzen.

Insgesamt empfiehlt sich bei Aktien eine zweigleisige Strategie mit einer diversifizierten Basisanlage mittels Fonds und Ergän-zungen durch aktuelle Favoriten. ❚

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