Das Magazin für Vorausdenker
Juli 2007
KlimawandelSo gehört er in die BilanzHandelsimmobilienSo wirkt sich der Nachfragedruck ausKrankenhäuserSo löst man den Investitionsstau auf
Young ExecutivesEine Generation will nach oben. Ihre Pläne, ihre Ziele, ihre Ängste enthüllt eine PwC-Studie.
pwc:So wirkt sich der Nachfragedruck aus
So löst man den Investitionsstau auf
Young ExecutivesEine Generation will nach oben. Ihre Pläne, ihre Ziele, ihre Ängste enthüllt eine PwC-Studie.
Trends Seite 14
BrasilienSchon einmal stand das Land an der Schwel-le zum Industriestaat. Klappt es im zweiten Anlauf? Seite 16
Interview: Luis Frisoni
Der PwC-Brasilienchef über die Perspek-
tiven des Landes. Seite 20
Chemie
Die neue Kennzeichnungspflicht für Chemi-
kalien wird massive Auswirkungen auf viele
Produktportfolios haben. Seite 22
HandelsimmobilienDie hohe Nachfrage von Finanzinvestoren macht für Handelskonzerne den Verkauf ihrer Immobilien attraktiv. Seite 24
Interview: Zygmunt MierdorfDer Metro-Vorstand über die Immobilienstra-tegie des Konzerns. Seite 27
Trends Seite 28
KlimawandelAm Klimaschutz kommt niemand mehr vorbei
– auch nicht der Geschäftsbericht. Seite 30
Interview: Claudia Kemfert
Die Umweltökonomin des DIW über die Kos-
ten des Klimawandels und die Chancen zum
Umsteuern. Seite 32
MiFIDDie Vorbereitungen für die neue Finanzmarkt-richtlinie sind auf der Zielgeraden. Seite 34
Interview: Detlev DietzDer MiFID-Projektleiter der Commerzbank über den Stand der Umsetzung und die Fol-gen der MiFID-Einführung. Seite 36
PPP im KrankenhausDie Partnerschaft mit privaten Investoren kann öffentliche Kliniken wieder wettbe-werbsfähig machen. Seite 38
Titel
Young ExecutivesEine PwC-Untersuchung porträtiert die Wirt-schaftselite von morgen, ihre Hoffnungen, Ziele und Ängste. Seite 4
Interview: Frank BrownDer INSEAD-Dekan über den Unterschied zwischen Managern und Leadern und die Jugend von gestern und heute. Seite 12
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c: In
halt
Märkte Wissen
2_pwc: juli 2007
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Lösungen
Trends Seite 42
Neue UNIONEin Chemnitzer Maschinenbauer fiel unter die Investoren, wurde von der Belegschaft gerettet und hat jetzt einen Investor, der es (hoffentlich) ernst meint. Seite 44
Latente Steuern
Mit IFRS werden die latenten Steuern vom
Restposten zu einer entscheidenden Größe
in der Bilanz. Seite 50
Private Wealth Control
Eine neue Software hilft vermögenden Pri
vatkunden beim Überblick über Größe und
Performance des Vermögens. Seite 52
Publikationen Seite 54Impressum Seite 55
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
den Nachwuchsführungskräften, da sind sich viele Soziologen und
Psychologen, Trendforscher und Personaltrainer einig, sei einiges
gemeinsam: Die Manager und Macher von morgen gelten als welt
offen, flexibel und in einem hohen Maße darauf bedacht, Karriere und
Privatleben ausgewogen unter einen Hut zu bringen. Ist das wirklich
so? Das haben wir uns gefragt und eine Studie in Auftrag gegeben,
die sich mit Menschen beschäftigt, die in einigen Jahren das Ruder
in den Unternehmen übernehmen; die zwischen Ende zwanzig und
vierzig Jahre alt sind, Traineeprogramme durchlaufen oder eine Füh
rungskräftelaufbahn eingeschlagen haben. Wir wollten herausfinden,
welche Zukunftspläne sie haben, aber auch, welche Ängste sie um
treiben. Dass die Nachwuchsführungskräfte keine homogene Ein
heit sind, überrascht sicher wenig. Aber dass der Anteil derer, die so
ganz anders sind als Führungskräfte des alten Schlages, gar nicht so
hoch ist, verblüfft. Nach unserer Studie ist gerade mal ein Drittel so,
wie oben kurz angerissen, daneben gibt es drei weitere Grundtypen.
Worin sich diese unterscheiden und was das für die Führungskräfte
von heute bedeutet, das stellen wir Ihnen in der Titelstrecke über die
„Young Executives“ vor, die sich übrigens durchaus Züge der „Old
Executives“ bewahren.
Eines jedoch ist sicher: Die jungen Kollegen werden sich künftig mit
jungen oder neuen Themen beschäftigen müssen. Dazu gehört ohne
Frage der Klimawandel, der in die Geschäftsbücher der Unterneh
men Einzug hält und damit auch Auswirkungen auf den Kapitalmarkt
haben wird. Dazu gehören neue EUVerordnungen wie REACH für
den Chemiesektor, Finanzierungsmodelle wie PublicPrivate Partner
ship, die in Kürze vielleicht auch im Krankenhaussektor Anwendung
finden; und Emerging Markets wie Brasilien, das zwar langsam, aber
stabil und stetig wächst.
Über all das und noch einiges mehr lesen Sie in diesem Magazin,
und dabei wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre
Hans Wagener, Vorstandssprecher der PricewaterhouseCoopers AG
Hans Wagener
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dito
rial
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Die im Schnitt jüngste – und zupackendste –
Gruppe. Niemand hält die Probleme in Wirt-
schaft und Gesellschaft für so lösbar, und
niemand liebäugelt so stark mit dem Gang
ins Ausland. Sie fühlen sich, als hätten sie
den Marschallstab im Tornister; ob das tat-
sächlich so ist, müssen sie noch beweisen.
1. Die jungdynamischen Globalisten
offen
pragmatisch
reflektiert selbstbewusst
Die Dynamischen
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Die Kindheit war satt und schön und sicher.
In der Jugend kamen Fitness-Studios, Bo-
ris Becker und irgendwann der erste Golf.
Doch als aus Raider Twix wurde, stan-
den der Generation 196� plus plötzlich die
Schweißperlen auf der Stirn. Was tun mit
dem Leben? Welchen Weg gehen in der
Optionenvielfalt? Irgendwann, viele Jahre
später, wurde ein Name für dieses Phäno-
men gefunden, „ein Name für jene Ratlo-
sigkeit, die nicht durch zu viele, sondern
durch zu wenige Widerstände entsteht, für
jene Erschöpfung, die einen beschleicht,
weil man nicht weiß, wofür man eigentlich
kämpfen soll. Wenn man kapituliert vor der
Fülle der Möglichkeiten. Keine Eltern mehr
hat, die einen zwingen, Jura zu studieren,
obwohl man doch so gerne Maler gewor-
den wäre. Wenn man alles darf. Was ganz
schön anstrengend ist. Das Phänomen
heißt Quarterlife Crisis“. Schreibt Florian
Illies in seinem Buch „Generation Golf II“.
Auch die Blase der New Economy konnte
dieser Generation nur kurzfristig Zuversicht
einflößen. Illies macht keinen Hehl daraus.
„Es war besonders passend, dass der Ro-
man, der am Ende dieser Blase stand, ,Die
Korrekturen‘ hieß.“ Ein Buch über Ängs-
te, Neurosen und das Scheitern. „Spätere
Mentalitätshistoriker“, so Illies, „werden
sich freuen, wenn sie zeigen können, dass
Jonathan Franzens Bestseller genau zu
dem Zeitpunkt erschien, als die einschnei-
denden Korrekturen an den naiven Wirt-
schaftsprognosen vorgenommen wurden.
Vielleicht lasen einfach alle in der Zeit, in
der sie früher über Aktien geredet hatten,
erst einmal ‚Die Korrekturen‘. Ich saß auf
dem Sofa und blätterte, weil ,Die Korrek-
turen‘ eindeutig zu dick ist, den neuen ,Fo-
cus‘ mit der Titelgeschichte ‚Mut zur zwei-
ten Karriere‘.“
Spätestens als junge Erwachsene hat die-
se Generation also, die voller Optimismus
ins Diesseits startete, ein Zwacken in der
Bauchgegend gespürt. Der Soziologe Ul-
rich Beck spricht in diesem Zusammen-
hang sogar von einem Generationenbruch:
„Konsumkindheit und hedonistisches An-
spruchsdenken gefolgt von Desillusionie-
rung über Arbeitsmarktchancen.“
Bis heute haben etliche Experten Gemüts-
lage und Wertgefüge der heute um die 40-
Jährigen erforscht, die in den nächsten Jah-
ren, wenn ein Generationswechsel in den
YoungExecutivesEine neue Manager-Generation strebt an die Spitze. PwC hat sie nach ihren Zielen, Hoffnungen und Ängsten befragt.Von Anja Dilk und Heike Littger
Durchschnittsalter: 32,� Jahre
Berufserfahrung: 7,7 Jahre
Stark vertreten in: Marketing, Chemie
Wichtigste Probleme: Arbeitslosigkeit,
Rente, Staatsverschuldung
Lösbarste Probleme: Angleichung neue
Länder, Sozialmissbrauch, Arbeitslosigkeit
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Führungsetagen ansteht, die frei werdenden
Posten besetzen werden. Wie hat diese
Erfahrung die Menschen geprägt? Wel-
ches Gefühl dominiert ihr Leben? Und wie
geht es der Generation danach? Denen, die
nichts anderes kennen als Instabilität, Brü-
che, Neuorientierung und Neuanfang – und
wahrscheinlich noch ein weiteres Jahr-
zehnt haben, bevor sie in die Top-Etagen
der Unternehmen einziehen. Diesen beiden
Generationen hat man viele Titel verliehen,
ob Golf oder Praktikum, Patchwork oder
schlicht @. Wie werden sie die Gesellschaft
verändern? Wie Führungsstil, Unterneh-
menskultur und Wirtschaftsweise verändern,
wenn sie an der Spitze ankommen?
PricewaterhouseCoopers (PwC) hat in der
Studie „Young Executives“ den deutschen
Führungsnachwuchs zwischen Mitte 20 und
40 befragt. Trainees, die ihr Studium erfolg-
reich abgeschlossen haben und von Unter-
nehmen auserkoren wurden, eine höhere
Laufbahn zu beschreiten. Manager bis 40,
deren Führungsverantwortung noch steigen
soll. Wie optimistisch blicken diese Män-
ner und Frauen in ihre berufliche Zukunft?
Was wollen sie erreichen, wovor haben sie
Angst? Aber auch: Halten sie das demo-
kratische System für fähig, die anstehen-
den gesellschaftlichen Probleme zu lösen?
Welche Probleme halten sie für besonders
wichtig? Und welche davon für am ehesten
lösbar?
Studienleiterin Yvonne Fritzsche-Sterr hat
308 Interviews gesichtet. Die Sozialwissen-
schaftlerin, Mitte der 90er-Jahre Hauptau-
torin von zwei Shell-Jugendstudien, ist von
den Ergebnissen überrascht: „Die Befragten
haben eine ausgezeichnete Ausbildung, ge-
hören zur Bildungselite. Aber auch das ist
keine Lebensversicherung mehr. Die Angst
frisst sich immer tiefer in die kommenden
Führungsschichten hinein.“ Angst, von heu-
te auf morgen den Job zu verlieren. Weil sie
den hohen Anforderungen nicht gewachsen
sind, dem enormen Druck nicht standhalten.
„Die Furcht vor unterbrochenen Erwerbs-
verläufen bestimmt vielleicht nicht das Le-
bensgefühl, aber bei fast jedem ist sie latent
vorhanden – und sie treibt die Männer und
Frauen mehr oder weniger an, alles daran-
zusetzen, die Gefahr der eigenen Arbeitslo-
sigkeit zu minimieren.“
Laut Fritzsche-Sterr packt der Nachwuchs
dieses Risikomanagement mit „fünf biogra-
fischen Strategien“ an: Karriere an die erste
Stelle setzen, sich auf das Machbare kon-
zentrieren, das Selbstbewusstsein stärken,
den Gang ins Ausland erwägen und Bezie-
hungen außerhalb der Arbeit festigen: Wenn
alle Stricke reißen, will man nicht alleine da-
stehen. Die meisten Befragten optieren da-
bei unbewusst für mehr als eine dieser Stra-
tegien, wenn auch in unterschiedlich starker
Ausprägung.
Hinter all diesen Bemühungen, so Fritzsche,
stehe das Bestreben dieser Generation,
sich zu lösen:
• von der Gesellschaft: Die neue Manager-
Generation erwartet kaum noch Unterstüt-
zung aus den großen sozialen Sicherungs-
systemen.
• von konjunkturellen Schwankungen: Heute
bist du in, morgen bist du out.
• manchmal auch von Deutschland.
Der Nachwuchs bastelt sich auf diese Wei-
se Step by Step selbstbewusst das perfekte,
allumfassende Portfolio, um gegebenenfalls
wechseln zu können. In ein anderes Unter-
nehmen, eine andere Branche oder auch ein
anderes Land.
In vielen Studien wird den Probanden ein
vorgefertigter Fragenkatalog vorgesetzt,
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Für mich sind hohe
Mobilität, Lernbereit-
schaft und Flexibili-
tät enorm wichtig. Die
Bedürfnisse der Kun-
den und damit unsere
Aufgaben ändern sich
permanent, diesen
Wandel müssen un-
sere Führungskräfte
bewältigen. Ich erlebe den Nachwuchs als
sehr international und weltoffen, nicht so
tradiert geprägt wie frühere Generationen.
Sie sind weniger hierarchisch orientiert und
fordern deutlicher Feedback, Information,
Transparenz.
Für mich muss sich
eine Führungs-
kraft mit der Firma
identifizieren kön-
nen, optimistisch
sein, ein Vorbild. Sie
darf sich auch vor
unerfreulichen Auf-
gaben nicht scheu-
en – dem schlecht
performenden Mitarbeiter beispielsweise
offen eine unangenehme Wahrheit sagen zu
können. Ich wünsche mir mehr Mobilität bei
den jungen Leuten, für ein internationales
Unternehmen wie PwC ist gerade Auslands-
erfahrung sehr wichtig.
Wir müssen uns seit
einigen Jahren einem
erheblich verschärf-
ten Wettbewerb stel-
len. Führungskräfte
müssen deshalb nicht
nur fachlich exzellent
sein, sondern auch
Leadership Skills mit-
bringen. Ein wachsen-
der Teil der jungen Leute nimmt Rücksicht
darauf, dass ihr Partner ebenfalls Karriere
machen möchte. Also brauchen wir inno-
vative und sehr flexible Modelle, wenn wir
nicht hervorragendes Potenzial verschen-
ken wollen.
Martin Scholich, Advisory
Dieter Endres, Tax
Georg Kämpfer, Assurance
Was erwarten PwC-Vorstände von ihren jungen Führungskräften?
�_pwc: juli 200�
Sie sehen sich auf dem richtigen Weg: Kei-
ne andere Gruppe schätzt ihre eigenen Kar-
rierechancen so positiv ein. Und auf diese
Karriere konzentrieren sie ihre Anstrengun-
gen – und auf das Unternehmen, in dem sie
sich gerade befinden. Die eine oder andere
Station im Ausland gehört da dazu.
Durchschnittsalter: 32,� Jahre
Berufserfahrung: �,3 Jahre
Stark vertreten in: Controlling, Anlagenbau
Wichtigste Probleme: Arbeitslosigkeit,
Rente, Staatsverschuldung
Lösbarste Probleme: Krankenversicherung,
Ressourcenknappheit, Gewaltbereitschaft
2. Die konzentrierten Macher
Die Konzentrierten
offen
pragmatisch
reflektiert selbstbewusst
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Bloß keine Schmalspur! Und neben der
Karriere das Leben nicht vergessen! Stärker
als alle anderen betont diese Gruppe die bi-
ografische Vielseitigkeit sowie die Rolle von
Freunden und Familie. Nur gering ausge-
prägt ist dafür die Konzentration auf ein ein-
ziges Unternehmen.
3. Die aufgeschlossenen Netzwerker
Die Aufgeschlossenen
offen
pragmatisch
reflektiert selbstbewusst
�_pwc: juli 2007
hinter jeder Frage zwei Kästchen zum An-
kreuzen. Ja oder Nein. Ergebnis ist ein mehr
oder minder interessengeleitetes Generati-
onenbild: Der zahlende Absender bestimmt
die Inhalte. Bewusst ist PwC einen anderen
Weg gegangen. „Wir wollten die zukünftigen
Manager ihre Themen selbst setzen lassen“,
so PwC-Vorstandssprecher Hans Wagener,
„um nachvollziehen zu können, was sie um-
treibt.“ Und um ein Gefühl dafür zu bekom-
men, wohin die Reise geht: Wie sieht er aus,
der Führungsnachwuchs der Zukunft?
Deshalb wurden im Vorfeld 18 Tiefeninter-
views geführt, in denen ausgewählte Män-
ner und Frauen über sich, ihren Beruf, ihr
Leben reden konnten – frei von der Leber
weg. Aus den Gesprächen wurden fast 70
Statements destilliert. Zum Beispiel: „Für ei-
nen guten Job muss man schon bereit sein,
sich und seiner Familie einiges zuzumuten“
oder „Ständige Fortbildung ist heutzutage
der Schlüssel für eine günstige Berufsper-
spektive“. Diese Aussagen mussten die Teil-
nehmer der Hauptstudie bewerten. Dabei
hat sich gezeigt: Trotz der gemeinsamen
Angst vor Arbeitslosigkeit sind die zukünf-
tigen Manager zwischen 25 und 3� Jahren
keine homogene Gruppe. Es haben sich vier
Typen herauskristallisiert, die die „fünf bio-
grafischen Strategien“ unterschiedlich stark
verfolgen.
Die jungdynamischen Globalisten (21 %):
Die im Schnitt jüngste – und zupackendste –
Gruppe. Niemand hält die Probleme in Wirt-
schaft und Gesellschaft für so lösbar – und
niemand liebäugelt so stark mit der Opti-
on, ins Ausland zu gehen. Ihr Wunsch: eine
saubere berufliche Biografie ohne Brüche.
Ihr Lebensmotto: Wer nach oben kommen
will, muss privat verzichten können.
Die konzentrierten Macher (22 %): Sie seh-
en sich auf dem richtigen Weg: Keine an-
dere Gruppe schätzt ihre eigenen Karriere-
chancen so positiv ein. Und auf diese
Karriere konzentrieren sie ihre Anstrengun-
gen – und auf das Unternehmen, in dem
sie sich gerade befinden. Sie nehmen mit,
was geht, beruflich wie privat. Sie glauben
an das System. Und sind davon überzeugt,
dass „die da oben“ die anstehenden Pro-
bleme schon lösen werden. Ihr Wunsch: ein
sorgenfreies Leben. Ihr Lebensmotto: Wird
schon gut gehen.
Die aufgeschlossenen Netzwerker (34 %):
Stärker als alle anderen betont diese Grup-
pe die biografische Vielseitigkeit sowie die
Rolle von Freunden und Familie. Der Be-
ruf ist ihnen wichtig, aber für Partnerschaft,
Kinder, private Ziele würden sie ihre Karriere
vorübergehend einfrieren. Hoher Frauenan-
teil. Ihr Wunsch: ein Leben in Balance. Ihr
Motto: Arbeit ist nicht alles.
Die erfahrenen Pragmatiker (22 %): Keine
Gruppe ist älter und keine schon so weit auf
der Karriereleiter. Sie wollen in Deutschland
arbeiten, wünschen sich eine funktionieren-
de Partnerschaft und auch Kinder, ohne da-
für auf ihre Karriere zu verzichten. Der be-
sonders starke Pessimismus bezogen auf
die Lösbarkeit der dringendsten Probleme
von Wirtschaft und Gesellschaft lässt sie
wie das abgeklärte Gegenstück zu Typ 1 er-
scheinen – mit ein paar Jahren mehr Berufs-
erfahrung sieht die Welt nicht mehr so offen
und verlockend aus. Ihr Wunsch: Ich will al-
les. Ihr Motto: Bloß keine Schwäche zeigen.
Ginge es nach den Trendforschern, gäbe
es nur einen dieser vier Typen: die aufge-
schlossenen Netzwerker. Warnfried Dettling
und Klaus Hurrelmann, Matthias Horx, Hol-
ger Rust und Brigitte Witzer – alle haben
sie über eine neue Manager-Generation ge-
schrieben, der Karriere nicht alles ist, die
eher netzwerkt als kommandiert und sogar
eine Revolution in den Unternehmen her-
aufbeschwören könnte. Doch wie die neue
PwC-Studie zeigt, sind diese „posthero-
ischen Manager“ (Witzer) nicht unter sich.
Sie werden umringt von Mitstreitern, die
noch oder schon wieder ganz anders ti-
cken. Kann also von einem Kulturwandel in
der neuen Manager-Generation keine Rede
sein?
Rudi Wimmer, Professor am Management
Zentrum Witten bereitet Jahr für Jahr junge
High Potentials auf ihre künftigen Führungs-
jobs vor. Auch er weiß von jenen, die genug
haben von der Karriere um jeden Preis und
„auch bereit sind, Nein zu sagen, wenn sie
etwa Zeit für die Familie brauchen“. „Le-
bensstilintegration“ nennt er den Weg, den
diese Gruppe beschreitet. Sind sie gut, ste-
hen ihre Chancen nach Wimmers Einschät-
zung gar nicht mal schlecht, sich in den
Unternehmen durchzusetzen, Gestaltungs-
spielraum gäbe es, das Schlagwort vom
Karriereknick hält er für eine „aus Angst ge-
borene Selbstkonstruktion“.
Doch er warnt davor, die Bedeutung dieser
Gruppe zu überschätzen.„Ein erheblicher
Teil des Führungsnachwuchses steckt mehr
denn je alle Kraft in die eigene Karriere. Un-
ter dem Druck von ausgedünnten Kapa-
zitätsreserven und börsennotierter Leis-
Wer eine Einladung für den Genesis Park
erhält, muss sich um seine Karriere kei-
ne Sorgen machen. In die Kaderschmie-
de von PwC kommen nur High Potentials.
In den vergangenen sechs Jahren haben
sich die Besten der Besten aus aller Welt
in Washington getroffen. Und fünf Monate
lang miteinander diskutiert, das PwC-Pro-
duktportfolio durchleuchtet, neue Märkte
erforscht und mit professionellen Coachs
über sich und ihre Karriere nachgedacht:
Wo will ich hin? Wie komme ich weiter?
Im Oktober eröffnet eine zweite Denkfabrik
in Berlin, direkt am Potsdamer Platz. Zu-
nächst startet das Programm mit zehn Teil-
nehmern. Im Lauf der Zeit soll die Zahl bis
auf 50 steigen. In den USA genießt Genesis
Park einen sehr guten Ruf. „Harvard Ma-
nagement Update“, „Financial Times“ und
„Washington Post“ haben das Entwicklungs-
programm für Führungskräfte als „Best
Practice weltweit“ geadelt.
Der PwC Genesis Park
Durchschnittsalter: 32,� Jahre
Berufserfahrung: 8,3 Jahre
Stark vertreten in: Personalwesen, IT
Wichtigste Probleme: Demographie,
Arbeitslosigkeit, Rente
Lösbarste Probleme: Sozialmissbrauch,
Angleichung neue Länder
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Keine Gruppe ist älter und keine schon so
weit auf der Karriereleiter: 72,5 Prozent ha-
ben bereits Personalverantwortung. Kaum
einer sieht Auslandserfahrungen als karrie-
refördernd an, kein einziger der Befragten
gibt an, demnächst vermutlich ins Ausland
zu gehen.
4. Die erfahrenen Pragmatiker
Die Erfahrenen
offen
pragmatisch
reflektiert selbstbewusst
11_pwc: juli 2007
Kontakt
[email protected]. 069 9585-1577
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc221
Die von Trendforschern beschriebene „neue Manager-Generation“ stellt nur etwa ein Drit-tel der 25- bis 40-jährigen Nachwuchskräfte. Diese konkurrieren mit traditioneller orien-tierten Altersgenossen um die Spitzenplätze.
tungskultur verschärfen sich die klassischen
Karrieremuster.“ Die Babyboomer, die in
den Unternehmen meist am Ruder sitzen,
erwarten diesen vorbehaltlosen Einsatz wie
eh und je selbstverständlich. „Da ändert
sich wenig.“
Die Schweizer Managementforscherin Betty
Zucker macht zwei Gruppen aus, eine äu-
ßerst karriereorientierte, die anpacken, sich
im Wettbewerb beweisen will; und eine, der
neben dem Beruf auch Freunde und Fami-
lie sehr wichtig sind. Doch weil sie gemein-
same Generationenerfahrungen gemacht
haben, würden beide Gruppen ganz anders
ticken als die arrivierten Manager der Baby-
boomer-Generation: „Die 20- bis 40-Jäh-
rigen sind mit extremen Wettbewerb auf-
gewachsen, das Leben im Global Village,
permanenter Wandel und die Aussicht auf
eine lebenslängliche Probezeit sind eben-
so selbstverständlich wie – vor allem für die
unter 30-Jährigen – vernetztes Denken und
Arbeiten, geprägt durch die digitale Welt.“
Wenn diese Generation in die Chefetagen
aufsteigt, werde sich insofern in jedem Fal-
le einiges ändern, auch wenn die Karriere-
fixierten der nachwachsenden Generation
die Ausgleichsorientierten in den Hinter-
grund drängen sollten. „Die Karrieristen
dieser Generation werden mit Sicherheit
anders als die heutigen Führungskräfte da-
mit umgehen, wenn Mitarbeiter sagen, wir
wollen Zeit für anderes als den Job“, re-
sümiert Zucker. „Sie können diese Bedürf-
nisse eher verstehen.“ Für sie liege es daher
nahe zu sagen: „Okay, dann beiß noch mal
drei Monate die Zähne zusammen und hau
60 Stunden die Woche rein. Und wenn das
Projekt abgeschlossen ist, kannst du eine
Weile kürzertreten.“
Schon in ihrem 2005 erschienenen Buch
„Denn sie wissen, was sie nicht tun“, mahnte
Zucker die Unternehmenslenker in den
Chefetagen, sich auf diesen Führungsnach-
wuchs rechtzeitig einzustellen und seine
Bedürfnisse ernst zu nehmen. Denn die
unterschiedlichen Erfahrungs- und Erwar-
tungshorizonte können im Arbeitsalltag zu
einer Fülle von Missverständnissen führen,
die wertvolles Potenzial brachlegen.
Zucker kennt reichlich Beispiele: Wenn der
Nachwuchs Employability, Perspektiven
und Weiterentwicklungsmöglichkeiten im
Unternehmen ganz nach oben stellt, inter-
pretieren es ältere Chefs rasch als zu selbst-
bezogen. Wenn Jüngere Just-in-Time-Feed-
back wünschen, wie es in der digitalen Welt
selbstverständlich ist, empfinden das Ältere
oft als zu fordernd, ungeduldig.
Wenn der Nachwuchs eher spielerisch mit
der Arbeit umgeht, vermuten 50-plus-Bosse
dahinter immer wieder mangelnde Ernsthaf-
tigkeit. Wenn jüngere mehrere Dinge gleich-
zeitig tun, entwertet die ältere Generation
das immer wieder als Unkonzentriertheit.
Zuckers Rat für solche Situationen: „Sich
gegenseitig zuhören, Chancen und Risiken
aufdecken.“ Zumal „die Strategien der jün-
geren Generationen relevanter werden in
einer der Umwelt, die sich radikal ändert.
Denn ihre Strategien sind aus der Erfahrung
des Wandels geboren“.
Damit ist auch der größte Unterschied zwi-
schen den heute Twenty- und Thirtysome-
things sowie den Fortysomethings der
„Generation Golf“ genannt: Für die Spät-
Babyboomer mit Geburtsjahr in der ersten
Hälfte der 60er-Jahre war die prägende Er-
fahrung die Stabilität: Ein das halbe Leben
lang von Helmut Kohl regiertes Land in ei-
ner von zwei Supermächten beherrschten
Weltordnung – was sollte sich da schon
groß ändern.
Die später Geborenen wurden dagegen
gleich mit einer Kaskade von radikalen Um-
brüchen konfrontiert: Erst der Mauerfall und
die deutsche Einheit, dann der Kollaps des
Kommunismus und in der Folge eines hal-
ben Kontinents, dann die New Economy,
die alle bislang geltenden ökonomischen
Gesetze auf den Kopf zu stellen schien, und
schließlich die globalisierte Welt-Unordnung
sowie die Anschläge vom 11. September
2001. Kein Wunder, wenn da ewige Ge-
wissheiten auf der Strecke bleiben oder gar
nicht erst entstehen.
Für Yvonne Fritzsche-Sterr ist es noch zu
früh, um sagen zu können, ob sich diese
Kultur des Wandels bereits in den biogra-
fischen Strategien der kommenden Mana-
ger-Generationen niederschlägt. „Es wäre
verführerisch, die eklatanten Differenzen
zwischen dem dynamischen Typ 1 und dem
abgeklärten Typ 4 mit den unterschiedlichen
Sozialisationserfahrungen zu erklären – hier
die Schwarmgeister der New Economy, dort
die Verteidiger des alten Systems. Aber
ebenso gut kann diese Differenz schlicht
daher rühren, dass die einen schon ein paar
Jahre mehr Berufserfahrung gesammelt ha-
ben als die anderen.“
Um herausfinden zu können, welche dieser
beiden Erklärungen besser passt, wird man
wohl die nächste Auflage der PwC-Studie
„Young Executives“ abwarten müssen.
Durchschnittsalter: 34,2 Jahre
Berufserfahrung: 8,9 Jahre
Stark vertreten in: Vertrieb, Medien
Wichtigste Probleme: Arbeitslosigkeit,
Demografie, Staatsverschuldung
Lösbarste Probleme: Krankenversicherung,
Angleichung neue Länder
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Kultur des WandelsINSEAD-Dekan Frank Brown über den Unterschied zwischen Leadern und Managern und der Jugend von gestern und heute.Interview: Detlef Gürtler
pwc: Herr Brown, in einer Ihrer ersten öf-
fentlichen Äußerungen als INSEAD-Dekan
sagten Sie: „Das Letzte, was die Geschäfts-
welt braucht, sind mehr Manager.“ Eine
merkwürdige Aussage für einen Top-Mana-
ger einer Top-Manager-Akademie.
Brown: Im gleichen Zusammenhang sagte
ich: Was die Geschäftswelt wirklich braucht,
sind mehr Führungskräfte. Damit klärt sich
der scheinbare Widerspruch schon auf: Bei
INSEAD bilden wir nicht so sehr Manager
aus als vielmehr Leader.
Was ist der Unterschied zwischen Mana-
gern und Leadern?
Manager sind eher Verwalter und Orga-
nisatoren. Sie kontrollieren Abläufe und
Prozesse und sind bestrebt, Dinge beim
Alten zu belassen. Leader hingegen fokus-
sieren sich darauf, Menschen zu begeistern,
sie zu motivieren, ihr Bestes zu geben. Sie
suchen den Wandel.
Traditionell beschreibt man auf diese oder
ähnliche Weise den Unterschied zwischen
den Oberhäuptlingen des Top-Manage-
ments, die einer starr zementierten Orga-
nisation den Wandel einimpfen wollen, und
den Unterhäuptlingen des mittleren Ma-
nagements, die genau das zu verhindern
suchen.
Dann ist das traditionell falsch. Unsere Wirt-
schaft könnte überhaupt nicht funktionie-
ren, wenn der Wandel immer nur von oben
verordnet würde. Leader werden nicht nur
an der Spitze einer Organisation gebraucht,
sondern auf allen Ebenen.
Sogar in der Poststelle?
Sogar in der Poststelle. Die Aufgabe, Mit-
arbeiter zu motivieren, zu begeistern, exis-
tiert auf allen Unternehmensebenen. Ein
stark in Projekten arbeitendes Unternehmen
wie PwC beispielsweise braucht Leader in
jedem Projektteam.
Nach 26 Jahren bei PwC können Sie uns
sicher verraten: Hat PwC so viele Leader?
Lassen Sie es mich so formulieren: In mei-
ner Zeit bei PricewaterhouseCoopers habe
ich viele Konzerne von innen kennengelernt.
Der vorherrschende Eindruck war in der
Regel derselbe: zu viel Kontrolle, zu wenig
Wandel.
Ist das ein Vorwurf oder eine Feststellung?
Es gehört offenbar zur menschlichen Natur,
stark auf die Sicherung der eigenen Posi-
tion bedacht zu sein. Deshalb ist es auch
geradezu natürlich, dass sich Manager mit
Menschen umgeben, die ihnen nicht ge-
fährlich werden können. Leader sind anders.
Also widerspricht Leadership, wie Sie es
definieren, der menschlichen Natur?
Es verbessert sie. Auch im alltäglichen
Leben unternehmen wir ja den immer-
währenden Versuch, den Naturzustand zu
verbessern – wir nennen das Kultur. Und
Leadership ist die Kultur des Wandels.
Muss das sein?
Ja. Wenn Sie einfach ruhig in ihrem Vor-
garten sitzen bleiben, werden Sie früher
oder später Opfer des Wandels, der um
Sie herum passiert.
Immer schnellerer Wandel, immer rasan-
terer Fortschritt – kann das dauerhaft und
nachhaltig funktionieren?
Es ist zumindest kein Ende absehbar. Den-
ken Sie an all das, was Sie heute können
und was Sie vor zehn Jahren noch nicht
konnten. Vergleichen Sie einen Blackberry
von heute mit einem der ersten PDAs von
vor zehn Jahren. Und führen Sie sich dann
das Tempo der Entwicklung in Ländern
wie China oder Indien vor Augen. Ich sehe
die Gefahr nicht so sehr darin, dass dieser
Wandel nicht nachhaltig ist – sondern eher
darin, dass Deutschland und die ande-
ren entwickelten Länder bei diesem Tempo
nicht mithalten können.
Was brauchen wir in Deutschland, um
mithalten zu können?
Eine Atmosphäre, die Wandel nicht nur
zulässt, sondern fördert.
Und wer muss diese Atmosphäre schaffen?
Der Staat, die Gesellschaft, die Unterneh-
„Leader werden nicht nur an der Spitze gebraucht, sondern auf allen Ebenen.“
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13_pwc: juli 2007
men, jeder für sich oder alle Institutionen
zusammen?
Alle zusammen. Das Bildungssystem und
andere öffentliche Einrichtungen müssen
dazu beitragen, aber die Unternehmen
können sich nicht darauf verlassen, dass
andere ihnen die Aufgabe abnehmen, in
einer Welt im rasanten Wandel zurechtzu-
kommen. Sie müssen selbst die Initiative
ergreifen, wenn sie überleben wollen. Denn
ihre Wettbewerber schlafen nicht. Und die
sitzen nicht in Deutschland oder Frankreich,
sondern in China und Indien.
So wie Sie das sagen, klingt das bedrohlich.
Wenn sich westliche Konzerne entschei-
den, westliche Konzerne zu bleiben, sind
die Emerging Markets für sie auch eine
Bedrohung. Wenn sie sich öffnen, wenn sie
wahrhaft globale Konzerne werden, sind die
Emerging Markets eine Chance.
Sie haben in Ihrem Berufsleben schon eine
ganze Reihe junger Generationen kommen
und gehen sehen …
… außerdem war ich auch selbst einmal
jung …
… ist denn die „Jugend von heute“, wie sie
sich in den Unternehmen präsentiert, an-
ders als früher junge Generationen?
Die Zeiten ändern sich stärker als die
Menschen, und junge Menschen fielen
früher und fallen heute am meisten dadurch
auf, dass sie jung sind. Trotzdem gibt es
zweierlei, was mir an der jungen Genera-
tion von heute besonders positiv auffällt:
ihre enorme Lernbegierde und ihre enorme
Offenheit für Welt und Gesellschaft. Diese
Generation weiß nicht nur, dass es Armut,
Hunger und Konflikte bei ihr zu Hause und
in der Welt gibt, sie will auch zur Bewälti-
gung beitragen.
Also die erste globalisierte Generation?
Und eine Generation, der ich das möglichst
schnelle Hineinwachsen in die unternehme-
rische Verantwortung wünsche.
Was die derzeit in der Verantwortung ste-
hende Generation womöglich anders sieht?
Meine Generation? Ich glaube nicht. Es
geht ja nicht um einen revolutionären Um-
sturz, sondern um eine graduelle Verjün-
gung, bei der auch jüngeren Kräften die
Gelegenheit gegeben wird, sich in führen-
den Positionen zu bewähren. Gesprochen
wird darüber häufig, praktiziert wird es je-
doch selten: Der Altersschnitt der Vorstän-
de in den großen Konzernen liegt üblicher-
weise bei 55 bis 60 Jahren.
Eigentlich noch kein Alter.
Da kann man problemlos noch 20 Jahre
weiterarbeiten. Die jungen Menschen von
heute haben sehr gute Chancen, 100 Jah-
re alt zu werden – warum sollten sie nicht
bis 75 arbeiten? Allerdings empfehle ich
dabei eher eine zweite Karriere als ein jahr-
zehntelanges Festklammern an einer einmal
erreichten Position.
Ist für Sie die Position als Dekan von
INSEAD eine solche zweite Karriere?
Ja. Und ich kann mir auch vorstellen, da-
nach noch eine dritte Karriere zu beginnen.
Noch einmal zurück zur ersten Karriere:
Was raten Sie jemandem, der gerade auf
dem Sprung ins Berufsleben ist und ein Big
Shot im Big Business werden will?
Lernen Sie Chinesisch, Kisuaheli oder eine
andere Sprache aus der sich entwickelnden
Welt. Suchen Sie sich einen Job, bei dem
Sie Projekterfahrung in einem Teil der Welt
machen können, den Sie noch nicht kennen.
Lernen Sie, Netze zu knüpfen, beispielswei-
se, indem Sie sich in einer Non-Profit-Orga-
nisation engagieren. Ach ja: Vergessen Sie
nicht zu leben.
Und wann sollte man bei Ihnen und INSEAD
vorbeischauen? Vor der Karriere, nach der
Karriere oder während der Karriere?
Wann Sie wollen. Das Durchschnittsalter
in unseren MBA-Studiengängen liegt bei
29 Jahren, in unseren Executive-MBA-Pro-
grammen bei 39 Jahren. Wenn Sie meinen,
dass der Zeitpunkt für Sie der richtige ist,
wird es wahrscheinlich auch so sein.
Frank Brown ist seit Juli 2006 Dekan der Top-Management-Akademie INSEAD in Fontainebleau bei Paris. Zuvor war er 26 Jahre lang in Führungspositionen bei PricewaterhouseCoopers tätig, zuletzt als Global Leader of Advisory Services.
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1,9 Millionen Autos mehr als im Jahr 2006
werden in diesem Jahr aus den Werkstoren
der Automobilfabriken in aller Welt rollen.
Insgesamt liegt die Produktion damit bei
66,5 Millionen Pkw. Das ergibt die aktuelle
Prognose des Automotive Institute von
PricewaterhouseCoopers (PwC).
Mit einem Plus von geschätzten 550.000
Personenwagen kommt 2007 mehr als
jedes vierte zusätzlich produzierte Auto aus
China. Damit ist das Land mit großem Ab
stand der wachstumsstärkste Produktions
standort. Aber schon auf Platz zwei steht
überraschenderweise ein europäischer
Standort: die Slowakei. Dank der Investi
tionen des französischen PSAKonzerns
und der koreanischen HyundaiGruppe
verdoppelt sich die slowakische PkwPro
duktion in diesem Jahr voraussichtlich auf
540.000 Einheiten. In der Rangliste fol
gen Indien mit einem Zuwachs von rund
230.000 Einheiten, Japan (plus 200.000)
und Russland (plus 120.000).
„Das insgesamt stabile Produktionswachs
tum darf allerdings nicht darüber hinweg
täuschen, dass die weltweiten Über
kapazitäten weiter wachsen“, gibt Karl
Gadesmann, Leiter des Bereichs Automo
tive bei PwC, zu bedenken. So dürfte die
Auslastung der PkwFabriken von 79,5 Pro
zent im Jahr 2006 auf 79 Prozent zurückge
hen. Die weltweiten Überkapazitäten liegen
damit bei 17,7 Millionen Pkw.
Vizeweltmeister Slowakei
Kennen Sie Changchung?
Nein? Dann wird es aber
Zeit. Denn die Industrie
stadt in Nordchina wird bis
zum Jahr 2020 das stärks
te Wirtschaftswachstum un
ter den 150 größten Städten
der Welt erzielen: 6,9 Prozent
Wachstum der Wirtschafts
leistung pro Jahr. Auch auf
den folgenden 29 Plätzen
der Rangliste des „PwC Economic Outlook 2007“ stehen Metro
polen aus den Schwellenländern. Stellten die Industrieländer 2005
noch 63 der 100 wirtschaftlich bedeutendsten Städte der Welt, wer
den es 2020 nur noch 55 sein. Die vier deutschen Städte unter den
Top 150 fallen bis 2020 deutlich zurück: Berlin von Rang 69 auf 86,
Hamburg von 77 und 95, München von 83 auf 100, und Köln ver
schlechtert sich vom 121. auf den 134. Platz.
BoomStädte„Offshore“ hieß einmal
das Zauberwort der deut
schen Windenergiebran
che. Statt auf dem Festland
sollten Windräder küsten
nah im Meer platziert wer
den. 15 Prozent des deut
schen Strombedarfs sollten
bis 2030 so gedeckt wer
den. Doch daraus wird wohl
nichts werden. In Deutsch
land seien in Küstennähe praktisch keine Standorte für Offshore
Windparks zu finden, sagt PwCBranchenexperte Heiko Stohl
meyer. Das naturgeschützte Wattenmeer und die stark befahrenen
Schifffahrtsstraßen in der Deutschen Bucht sprächen dagegen. Die
möglichen Standorte seien sämtlich mindestens 30 Kilometer vom
Ufer entfernt – und, so Stohlmeyer, „je weiter eine Anlage von der
Küste entfernt ist, desto teurer der Betrieb“.
Viel Wind um wenig Energie
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Die europäischen Postmärkte werden sich
öffnen. Um das Wann und das Wie wird
jedoch noch gerungen. Je früher, desto
besser, ergibt eine PwC-Studie. Im Rah-
men der Untersuchung kommen die PwC-
Experten zu dem Schluss, dass 2009 das
Briefmonopol in sämtlichen Mitgliedsstaa-
ten abgeschafft werden sollte. Dies deckt
sich mit den Forderungen der Deutschen
Post und der niederländischen TNT, die
beide bereits in den Startlöchern für einen
liberalisierten Postmarkt stehen. Die bis-
herigen nationalen Monopolisten und die
Regulierungsbehörden befi nden sich in un-
terschiedlichen Vorbereitungsphasen auf
die Marktöffnung. Einige
haben vor über zehn Jah-
ren angefangen, andere
stehen noch am Anfang.
Für alle Länder gilt je-
doch, dass der europäi-
sche Postsektor von ei-
ner Restrukturierung der
Postunternehmen pro-
fi tieren wird, da dies zu
effektiveren Leistungen
und sinkenden Kosten
führen wird. Das zeigt die
Erfahrung mit der Liberalisierung der Tele-
kommunikationsmärkte.
Lebe wohl, Monopol
Es gibt gar kein Flüssiggas. Rein physika-
lisch gesehen – entweder ein Stoff ist gas-
förmig, oder er ist fl üssig. Auf dem Energie-
markt jedoch spielt Flüssiggas (physikalisch
korrekt: verfl üssigtes Erdgas) eine immer
größere Rolle. Mehr als 50 Prozent Wachs-
tum in nur fünf Jahren prognostiziert PwC
dem Welthandel mit Flüssiggas: von 192
Billionen Kubikmetern im Jahr 2005 auf 300
bis 350 Billionen Kubikmeter im Jahr 2010.
Zugleich vereinen sich die bislang eher regi-
onal orientierten Märkte in den USA, Europa
und Asien immer mehr zu einem globalen
Markt. Mindestens ein Drittel des weltwei-
ten Importwachstums zwischen 2005 und
2015 wird auf die USA entfallen. Auf der Ex-
portseite wird Katar seine führende Markt-
position durch Lieferungen in die USA und
nach Europa weiter ausbauen. Zwei Drittel
des weltweiten Exportwachstums entfallen
auf das Golf-Emirat.
Flüssiggasmarkt wächst rasant
Drei Fragen an ...... Volker Bootenzur Vertrauenskrise der Pharmaindustrie
pwc: Die Menschen trauen der Pharmain-
dustrie nicht, ergab eine PwC-Studie in den
USA. Ist das Bild hier ähnlich verheerend?
Booten: Eigentlich müsste eine für die Ge-
sundheit so wichtige Branche positiv wahr-
genommen werden. Das ist aber auch
in Deutschland nicht der Fall. Es fehlt an
Kenntnis über die Rahmenbedingungen,
insbesondere den Forschungsaufwand und
die hiermit verbundenen Risiken sowie die
bestehenden Renditeerwartungen.
Wer kein Geld verdient, kann aber auch
keine neuen Medikamente entwickeln.
Dieses Bewusstsein ist bei den Menschen
jedoch kaum vorhanden. Hinzu kommt eine
grundlegende Skepsis gegenüber der Infor-
mationspolitik der Pharmaunternehmen.
Weil immer wieder überraschende Risiken
und Nebenwirkungen auftauchen?
Das lässt sich nicht vollständig ausschlie-
ßen. Am Ende bleibt klinische Forschung
immer ein Verfahren, das nicht alles vor-
hersieht, was bei Millionen von Anwendern
passieren kann. Deshalb sollten die Unter-
nehmen die Überwachung nach der Zulas-
sung der Medikamente verstärken.
Volker Booten leitet bei PwC Deutsch-land den Bereich Chemie- und Pharma-industrie.
150 Mrd. € betrug das Transaktionsvolumen von Beteiligungen und Übernahmen in der europäischen Telekom -munikationsbranche im Jahr 2006. Die PwC-Studie „M&A Insights“ konstatierte damit eine Vervier fachung des Volumens von 2004. Bis zum Rekordergebnis aus dem Jahr 2000 ist es aber noch weit: Damals lag das Volumen der M&A-Transaktionen bei 500 Milliarden Euro.
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Die Bonbons sind nicht totzukriegen. Ob-
wohl die Regierung sogar Fernsehspots
ausstrahlt, um den Brasilianern Respekt vor
dem Kleingeld beizubringen, schieben die
Kassiererinnen im Supermarkt noch immer
Bonbons statt Münzen über den Tresen.
Zu lange war das brasilianische Kleingeld
so lächerlich wertlos, dass man es eben-
so gut wegwerfen konnte. Die Inflationsrate
ist so niedrig wie seit sechs Jahren nicht
mehr, der einheimische Real steigt gegen-
über dem US-Dollar sogar an Wert – aber
die Menschen trauen dem Währungsfrieden
nicht, und die Zentralbank stellt die Prä-
gung von 1-Centavo-Münzen ein, weil kei-
ner sie benutzt.
Ein „Land der Zukunft“ sei Brasilien,
schwärmte Stefan Zweig im Jahr 1941. Ein
Jahr später nahm sich der Schriftsteller das
Leben – und Brasilien hat seine Zukunft
immer noch vor sich. In den 70er-Jahren
schaffte das Schwellenland mit Import-
bremse und Exportförderung eine hoff-
nungsfrohe Take-off-Phase – dann kamen
Öl- und Schuldenkrise. Die nächste große
Hoffnung brachte 1994 der Plano Real, die
Währungsreform zur Bekämpfung der Hy-
perinflation. Doch als sich 2002 abzeichne-
te, dass Gewerkschaftsführer Inácio Lula da
Silva der nächste Präsident werden würde,
zogen die ausländischen Investoren ihr Ka-
pital ab und brachten die Stabilisierung ins
Wanken.
Ein Linker am Wirtschaftsruder des süd-
amerikanischen Riesen? Das führt ins po-
pulistische Chaos! Dachten die Investoren.
Das Länderrisiko stieg auf nahezu 2000
Punkte, und das Land drohte dem Bei-
spiel des soeben untergegangenen argen-
tinischen Nachbarn zu folgen. Doch der
Mann aus der Arbeiterpartei gewann nicht
nur die Wahl, sondern mit einer höchst
konservativen Finanzpolitik auch das er-
neute Vertrauen der Investoren. Zu Be-
ginn von Präsident Lulas zweitem Mandat
ist das Länderrisiko auf rekordverdächtige
190 Punkte gesunken, die Handelsbilanz
ist seit Jahren positiv, die Kapitalreserven
des Landes wachsen nicht zuletzt aufgrund
erfolgreicher Privatisierungen ständig, die
politische Kontinuität scheint längerfris-
tig gesichert. Es gibt wieder Hoffnung. Und
diesmal könnte sie berechtigt sein.
Peter Herzog ist seit 30 Jahren im Land, hat
mehrere Hyperinflationen und sechs ver-
schiedene Währungen erlebt und bleibt bei
den jüngsten euphorischen Höhenflügen
gelassen. „Die wirtschaftliche Lage ist po-
sitiv“, bestätigt der Wirtschaftsprüfer von
PricewaterhouseCoopers (PwC) Brasilien,
„aber Brasilien ist nicht China – ein Wachs-
tum dieser Größenordnung ist hier kurz-
fristig nicht zu erwarten.“ Schwierig sei vor
allem die Lage im Export – wegen der neu-
erdings und zur allgemeinen Überraschung
konstant starken Landeswährung, die alle
Exportgüter verteuert. Gleichzeitig drängt
billige Importkonkurrenz etwa im Textil-
bereich aus China ins Land.
Samba PartieDen Sprung vom Schwellen- zum Industrieland hatte Brasilien schon einmal fast geschafft. Jetzt springt es erneut. Diesmal erfolgreich?Von Christine Wollowski
Die Wirtschaftskraft von Brasiliens BundesstaatenBruttoinlandsprodukt pro Kopf 2004, indexiert: Brasilien gesamt = 100
Quelle: StatistischesAmt Brasiliens
Bevölkerungsanteil Anteil am Bruttoinlandsprodukt
Amazonas
AcreRondonia
Roraima
Para
Tocan-tins
Amapa
Maranhao
Ceara
Sergipe
Alagoas
Pernam-buco
Paraiba
Rio Grandedo Norte
BahiaMato Grosso
Mato Grosso do Sul
Goias
Rio Grande do Sul
Santa Catarina
Parana
Sao Paulo
Minas Gerais
Espirito Santo
Rio de Janeiro
Distrito Federal
118 %
53 %
64 %
104 %
55 %
70 %
51 %
43 %
Piaui30 %
28 % 43 %
70 %
65 %
40 %
39 %
90 %92 %
59 %
141 %
77 %
125 %
140 %
110 % 150 %
106 %
196 %
50 %
7,9 %Norte
14,7 %Sul 27,8 %
Nordeste
42,6 %Sudeste
7,0 %Centro-Oeste
181,6Mio.
5,3 %Norte
18,2 %Sul
14,1 %Nordeste
54,9 %Sudeste
7,5 %Centro-Oeste
1.766,5Mrd.Reais
Norte
Sul
Nordeste
SudesteCentro-Oeste
über 140
100–140
60–100
bis 60
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„Aber das Investitionsklima ist gut“, sagt
Herzog, „ThyssenKrupp wird knapp
2,5 Milliarden Dollar in ein neues Stahlwerk
mit angeschlossenem Kraftwerk und Ko-
kerei investieren. Wenn man bedenkt, dass
Brasilien der weltweit größte Eisenerzexpor-
teur ist, macht es durchaus Sinn, im Land
Stahl zu produzieren.“ Die brasilianische
Stahlindustrie plant bis 2011 insgesamt In-
vestitionen in Höhe von knapp 17 Milliarden
Euro und eine Verdopplung der Produkti-
onskapazitäten.
Auch in der Landwirtschaft sieht Herzog
gute Chancen: „Orangensaft und Fleisch,
das bleiben konkurrenzfähige brasilianische
Produkte“, sagt er. Das momentane Lieb-
lingsprodukt im Agrarbereich ist das Erste,
was jeder Brasilienreisende riecht, wenn
er aus dem Flugzeug steigt: Der süßliche
Duft des Bioethanol aus Zuckerrohr würzt
die Luft aller Großstädte (siehe Kasten). Al-
lein im Bundesstaat São Paulo sind derzeit
100 neue Ethanolfabriken im Bau. „Brasi-
lien hat und beherrscht die Technologie seit
mehreren Jahrzehnten“, sagt Herzog, „es
produziert sehr effizient und damit konkur-
renzfähig.“
Neben Roh- und Treibstoffen werden auch
hochwertige Industriegüter exportiert: Die
brasilianische Embraer ist der drittgrößte
Flugzeugbauer der Welt, und in der Welt-
liga der Autoproduktion soll Brasilien in ab-
sehbarer Zeit Tabellenplatz fünf erreichen.
Und noch eine Branche, in der Brasilien zur
Weltspitze gehört, trägt fühlbar zur Leis-
tungsbilanz bei: Fußball. Ins Ausland ver-
kaufte Fußballspieler brachten zwischen
1994 und 2005 mehr als 1 Milliarde Dollar
ins Land. Und dabei sind die privaten Hil-
feleistungen an Familienangehörige und
Freunde nicht mitgezählt.
Fußball, Samba und Karneval funktionieren
als gemeinsame Nenner im fünftgrößten
Land der Erde, in dessen 8,5 Millionen Qua-
dratkilometer Fläche Deutschland unge-
fähr 24-mal hineinpassen würde. Ansons-
ten regieren die Gegensätze: Die Brasilianer
haben mehr als 100.000 Millionäre und 30
Millionen Hungernde. Sie sind führend in
der Schönheitschirurgie und Schlusslichter
in PISA-Studien. Sie haben mehr Fitness-
center pro Person als US-Amerikaner und
Deutsche, eine überraschend hohe Dichte
an Psychiatern und mit Paulo Coelho den
am zweitmeisten gelesenen Autor der Welt
– gleich nach John Grisham. Das Pro-Kopf-
Einkommen in der ärmsten Provinz Maran-
hão beträgt gerade mal ein Siebtel des Wer-
tes der reichsten Provinz Brasilia.
Dort, in der Reißbrettstadt genau in der
Landesmitte, sitzt die Zentralregierung Bra-
siliens, aber das wirtschaftliche Zentrum
ist São Paulo im Süden des Landes: die
sechstgrößte Stadt der Welt – und die größ-
te deutsche Industriestadt.
Mercedes der A-Klasse rollen in Brasilien
vom Band, VW, Bosch und BASF produ-
zieren im Land, und Branchenriesen wie
ThyssenKrupp und Continental sind eben-
falls seit Jahrzehnten ansässig. Die meis-
ten deutschen Unternehmen sind im Süden
und Südosten des Landes vertreten, mehr
als 1200 hat die Industrie- und Handels-
kammer von São Paulo gezählt. Eine viertel
Million Menschen sind in Firmen mit mehr-
heitlich deutschem Kapital beschäftigt –
bislang vor allem in den Bereichen verarbei-
tende Industrie, Automobilproduktion und
Maschinenbau.
Die deutsch-brasilianische Handelskammer
schätzt, dass die bisher 14 Milliarden Euro
deutsches Anlagevermögen in Brasilien
bis zum Jahr 2010 um weitere 5 Milliarden
aufgestockt werden. Heute schon gehört
Deutschland nach den USA und Argenti-
nien zu Brasiliens wichtigsten Handelspart-
nern. Die Vorteile: Brasilien hat eine breitere
Produktpalette und eine bessere Infrastruk-
Brasilien hat das Zeug zum weltweit füh-
renden Produzenten von Bioethanol. Und
Biokraftstoff ist der Sprit der Zukunft. Das
glauben jedenfalls die Präsidenten Lula da
Silva und George Bush und haben deswe-
gen Anfang März eine strategische Allianz
im Bereich der Biokraftstoffe vereinbart.
Gegenwärtig teilen sich die beiden Länder
mehr als 70 Prozent der Ethanol-Weltpro-
duktion – allein Brasilien produziert 16 Milli-
arden Liter im Jahr. Allerdings gewinnen die
Brasilianer aus einem Hektar Zuckerrohr die
doppelte Menge Sprit wie die US-Amerika-
ner aus der gleichen Anbaufläche Mais. In
den Tropen sind rund 80 Prozent aller Neu-
wagen sogenannte Flex-Modelle, die mit
jeder beliebigen Mischung aus Benzin und
Ethanol fahren können, sogar dem Normal-
benzin sind 23 Prozent Ethanol beigemischt.
Bislang macht Ethanol nur ein Prozent des
Weltmarkts für Treibstoffe aus, aber das
wird sich infolge des klimawandelbedingten
Umsteuerns der Energiepolitik ändern. Fir-
men aus den USA, Frankreich, England und
Singapur planen bereits eigene Ethanol-
fabriken in Brasilien, die Japaner, drittgrößte
Spritverbraucher der Welt, wollen Biotreib-
stoffprojekte finanzieren. Nur deutsche Un-
ternehmen sind noch nicht dabei.
Zucker für die Welt – Bioethanol aus Brasilien
19_pwc: juli 2007
tur als Indien oder China. Und das gemein
same europäische Erbe macht es leichter,
juristische, politische und wirtschaftliche
Entscheidungsprozesse zu verstehen.
Ausländer können ohne wesentliche Ein
schränkungen Firmen gründen oder Betei
ligungen erwerben, Grunderwerb ist fast un
beschränkt möglich, und kleine und mittlere
deutsche Unternehmen, die an Joint Ven
tures interessiert sind, können sogar durch
die EU gefördert werden.
Bleibt ein Wermutstropfen: Das zähe Wirt
schaftswachstum, das sogar hinter den
fünf Prozent Weltwirtschaftsdurchschnitt
zurückbleibt – und mit 2,9 Prozent in 2006
nicht einmal die Hälfte der BRICStaaten
China und Indien erreicht hat. Das brasilia
nische Finanzministerium erhofft für 2007
immerhin 4,1 – unabhängige Banker erwar
ten wieder nur 3,5 Prozent.
Alles Ansichtssache: Jim O’Neill von Gold
man Sachs, Erfinder des Begriffs BRIC
Staaten, hält 3,5 Prozent BIPWachstum in
den nächsten Jahrzehnten für völlig aus
reichend und nennt hohe Staatsausgaben,
Bildungsdefizit und Paragrafendschungel
als Problempunkte für die wirtschaftliche
Entwicklung. Weitere Kritikpunkte sind die
hohen Abgaben (38 Prozent des BIP), das
wenig transparente Steuersystem und die
starre Arbeitsgesetzgebung.
Wichtig für BrasilienEinsteiger sei es des
halb, so PwCExperte Herzog, sich profes
sionell zu Steuern und Gesetzgebung be
raten zu lassen: „Es werden viele Steuern
verlangt, und das System ist sehr komplex,
ebenso die Devisenvorschriften. Da kann
man leicht böse Überraschungen erleben.“
Mentalitätsprobleme hingegen gebe es mit
den Brasilianern selten, anders als in den
meisten asiatischen Schwellenländern.
Und Bonbons als Wechselgeld an der
Supermarktkasse bekommt man bei den
Asiaten auch nicht.
Hochhausschluchten in den Straßen von São Paulo: Die sechstgrößte Stadt der Welt ist zugleich der ökonomische Motor Brasiliens. Auch die meisten der 1200 in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen haben hier ihren Sitz.
Kontakt
[email protected]. +55 11 36743586
PwC Brasilien: www.pwc.com/br
Brasilien befindet sich auf einem nicht gerade dynamischen, aber stabilen Wachstumspfad. Eine stabilitätsorientierte Währungs und Finanzpolitik sollte dafür sorgen, dass diesmal der Sprung zum Industriestaat gelingt.
20_pwc: juli 2007
„Wir brauchen eine Bildungsrevolution“Luis Frisoni, PwC-Länderchef Brasilien, über die Vorzüge von politischer Kontinuität und die Perspektiven des Landes für ausländische Investoren.Interview: Christine Wollowski
pwc: Herr Frisoni, als Profis für Fußball und
Samba haben die Brasilianer weltweit ei-
nen hervorragenden Ruf – nützen ihnen ihre
Talente in diesem Bereich auch im Wirt-
schaftsleben?
Frisoni: Eine typische Eigenschaft, die bei-
de Bereiche gemein haben, ist die enorme
Fähigkeit der Brasilianer zur Selbstmoti-
vation. Außerdem haben wir ein außerge-
wöhnliches Talent, nach Rückschlägen im-
mer wieder aufzustehen. Das haben wir in
den schwierigen Phasen in den 80er- und
90er-Jahren des 20. Jahrhunderts gezeigt:
Das brasilianische Unternehmertum rea-
giert unglaublich schnell auf Veränderungen
– und ist damit unseren Politikern haushoch
überlegen.
In den 70er-Jahren gab es schon einmal
Hoffnungen auf ein brasilianisches Wirt-
schaftswachstum – das leider nie stattfand.
Was ist seitdem anders geworden?
Die Welt ist anders geworden seitdem –
und Brasilien natürlich auch. Wir haben
vor allem zwei große Erfolge zu verzeich-
nen. Erstens haben wir mit dem Plano Real
nach zwei Jahrzehnten Hyperinflation im
Jahr 1994 endlich die Inflation unter Kon-
trolle gebracht. Und zweitens haben wir im
Jahr 2000 das Gesetz zur finanzpolitischen
Verantwortung verabschiedet – beides in
der Regierungszeit von Fernando Henrique
Cardoso, Lulas Amtsvorgänger. Dadurch
hat Brasilien eine enorme Stabilität erreicht,
die Basis für jedes Wachstum.
Welche Reformen benötigt Brasilien außer-
dem, um die Wirtschaft anzukurbeln?
Eine PwC-Umfrage bei weltweit 1100 CEOs
aus dem Jahr 2007 zeigt, dass die auslän-
dischen Investoren die gleichen Sorgen
haben wie die einheimischen: Beide be-
klagen sich über exzessive Bürokratie und
extreme Steuerlast – bei uns machen Steu-
ern und Abgaben knapp 38 Prozent des BIP
aus. Wenn man bedenkt, dass beinahe die
Hälfte aller brasilianischen Unternehmen
im sogenannten informellen Bereich agiert,
bleibt die Steuerlast an der anderen Hälfte
hängen ... Hemmschwellen sind auch die
hohen Zinsen und die mangelnde Verfüg-
barkeit von Krediten. Außerdem müssen wir
unsere Staatsausgaben deutlich reduzieren,
um Mittel für Investitionen freizubekommen,
die wir für Straßenbau, Schienenbau und
Häfen dringend benötigen. Am wichtigsten
für mich ist aber der Bildungsbereich …
... in dem die Regierung gerade Reformen
angekündigt hat, die Investitionen von um-
gerechnet knapp 3 Milliarden Euro erfor-
dern. Wird das reichen, damit Brasilien in
der Bildung den Anschluss an die Industrie-
staaten bekommt?
Für mich sind die angekündigten Reformen
noch viel zu schüchtern. Was wir brau-
chen, ist eine Bildungsrevolution. Untersu-
chungen haben gezeigt, dass Brasilien neue
Technologien nicht zunehmend nutzt, son-
dern in diesem Bereich stagniert. Ursache
dafür ist die mangelnde Bildung. Das be-
deutet, wir schneiden uns durch Bildungs-
mangel von der Technologie ab – die wir
brauchen, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Da reichen keine kurzfristigen regierungs-
abhängigen Programme – wir brauchen ei-
nen Konsens, der über Regierungswechsel
hinaus gültig bleibt.
In der Wirtschaftspolitik setzt die jetzige
Regierung die Strategien der Vorgängerre-
gierung fort und schafft damit Kontinuität ...
... und das hat hervorragende Ergebnisse
gebracht! Wir brauchen eine solche Kon-
tinuität auch in anderen Bereichen. Ein Bei-
spiel: 50 Prozent der vom Staat an Inves-
toren verliehenen Konzessionen sind in den
letzten Jahren Änderungen unterworfen
„Brasilien hat mehr Rechtssicherheit und Stabilität als etwa China oder Indien.“
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21_pwc: juli 2007
„Wir brauchen eine Bildungsrevolution“Luis Frisoni, PwC-Länderchef Brasilien, über die Vorzüge von politischer Kontinuität und die Perspektiven des Landes für ausländische Investoren.Interview: Christine Wollowski
worden. Wer in Infrastruktur investiert, rech-
net aber mit langfristigen Gewinnen. Wenn
sich da plötzlich die Regeln ändern, ist das
ein Desaster für die Investoren.
Wie steht Brasilien im Vergleich zu den an-
deren BRIC-Staaten Russland, Indien und
China da?
Sehr gut, finde ich: Wir haben eine größere
Rechtssicherheit und mehr Stabilität aufzu-
weisen als etwa Indien und China. Und wir
mögen über unsere Bürokratie schimpfen,
im Vergleich zu den anderen BRIC-Staaten
ist sie durchaus effektiv.
Finanzminister Guido Mantega hat sich
kürzlich in New York mit Vertretern der
Rating-Agenturen getroffen, die Schwellen-
ländern die zur Investment-Grade-Kategorie
nötige Bonitätsnote verleihen. Noch fehlen
zwei Stufen. Ist es schon an der Zeit, Ihrem
Land die begehrte Note zu geben?
Brasilien verdient den Investment Grade
und wird ihn sicher in Kürze bekommen.
Auch wenn wir noch mit einer großen inter-
nen Schuldenlast zu kämpfen haben, die
wegen der hohen Zinsen nicht leicht abzu-
tragen ist. Aber die bessere Bonitätsnote
allein wird keine Investitionsexplosion im
Land verursachen. Das ist wie in der Schu-
le: In der Investment-Grade-Kategorie sind
die normalen Schüler. Bis zum Klassen-
ersten ist der Weg aber noch weit – und da
wollen wir hin.
Was hält Brasilien davon ab?
Unsere Arbeitsgesetzgebung zum Beispiel,
die aus den 30er-Jahren des vorigen Jahr-
hunderts stammt und nun wahrlich nicht
zur Schaffung von Arbeitsplätzen einlädt ...
Große Veränderungen sind in diesem Be-
reich kurzfristig leider nicht abzusehen.
Warum sollten Europäer trotzdem in Bra-
silien investieren?
Erinnern Sie sich an das Buch des Inders
Prahalad, „Reichtum für die Dritte Welt“?
Stichwort „das untere Ende der Pyrami-
de“? Die fünf Milliarden Menschen auf der
Welt, die heute weniger als 15.000 US-
Dollar im Jahr verdienen, werden in den
nächsten Jahren den Konsumentenmarkt
erobern und dann entscheidend für viele
Unternehmen sein, sagt Prahalad. Ein Teil
dieser Menschen lebt hier.
Welche Vorteile erwarten Investoren sonst
noch in Brasilien?
Die politische Stabilität und viel weniger
kulturelle Unterschiede als etwa in Indien
und China – gerade im Südosten Brasi-
liens ist der europäische Einfluss enorm.
Und Brasilien ist ein Emerging Market, kei-
ne Frage. Es ist ja nicht so, dass das Land
nicht vorankäme, es kommt nur nicht so
schnell voran, wie wir das gerne hätten.
Wir haben den drittgrößten Flugzeugbauer
der Welt, die beste Bioethanol-Technologie,
und die Petrobras ist weltweit technisch
führend in der Offshore-Förderung
(Erdölexploration in tiefen Gewässern, d.
Red.).
Wann stößt Brasilien an seine Wachstums-
grenzen?
Wir müssen unterscheiden zwischen natür-
lichen und politischen Wachstumsgrenzen.
Unsere politischen Begrenzungen lassen
sich überwinden. Natürliche Wachstums-
grenzen gibt es kaum: Wir sind zusammen
mit Argentinien und Uruguay die Protein-
lieferanten des Planeten, sei es als Soja
oder Rindfleisch. Außerdem verfügen Bra-
silien und seine Nachbarländer über eine
der größten Wasserreserven der Erde. Geo-
politisch ist die Region dafür prädestiniert,
künftig eine wichtige Rolle zu spielen, da
müssen europäische Investoren einfach
präsent sein.
Was vermissen Sie am meisten, wenn Sie
fern von Brasilien unterwegs sind?
Das Fleisch ... Wir sind ja hier große
Fleischfresser, die Qualität und die Vielfalt
sind einfach außergewöhnlich. Manchmal
fehlen mir auch das brasilianische Licht,
das Klima und die menschlichen Bezie-
hungen, die bei uns enger sind. Ansons-
ten bin ich durch meine italienischen Eltern
kulturell sowieso zur Hälfte Italiener und
fühle mich in Europa sehr wohl.
Luis Frisoni ist bei PricewaterhouseCoopers (PwC) verantwortlich für South and Central America und Länderchef Brasilien.
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Wenn schon die Überschrift einer EU-Ver-
ordnung sieben Zeilen lang ist, ist auch vom
Rest des Textes keine leichte Kost zu er-
warten. In der Tat: Die EU-Verordnung „zur
Registrierung, Bewertung, Zulassung und
Beschränkung chemischer Stoffe (REACh)“
vom Dezember 2006 darf wohl als eines der
komplexesten Regelwerke in der europä-
ischen Gesetzeslandschaft gelten.
Im Vergleich zum bestehenden EU-Chemi-
kalienrecht bezieht REACh alle Wirtschafts-
treibenden stärker in die Verantwortung für
die sichere Verwendung von Stoffen ein. Im
Sinne einer mit REACh geltenden Umkehr
der Beweispflicht sollen vor allem die Her-
steller grundlegende Stoffeigenschaften er-
heben und transparent machen, sich der Ri-
siken bei ihrer Verwendung bewusst werden
und diese Risiken natürlich weitestmöglich
vermeiden.
Von REACh sind aber nicht nur Hersteller
von Chemikalien betroffen, sondern auch
Anwender und Händler – und damit prak-
tisch jedes Unternehmen: die gesamte ver-
arbeitende Industrie (wie Verpackungs-,
Textil- und Autoindustrie), die Konsumgü-
terindustrie, auch der Einzelhandel. Und die
Verordnung betrifft nicht nur Hersteller in
der EU: Jeder, der (weiter) im EU-Markt Pro-
dukte vertreiben möchte, muss den Aufla-
gen der REACh-Verordnung genügen.
Seit Juni läuft der REACh-Vorregistrierungs-
Zeitraum, in dem im Rahmen einer Stoff-
Inventur all jene Chemikalien erfasst werden
sollen, die überhaupt in den Produktions-
verfahren eingesetzt werden.
Auch die Anwender sind gefordert. Sie
müssen sicherstellen, dass der Hersteller
die jeweilige Anwendung der Produkte auch
anmeldet. Sollte er dies nicht tun, kann
auch der Anwender die Anmeldung vorneh-
men – intensive Kommunikation zwischen
Lieferanten und Abnehmern ist dadurch er-
forderlich.
Damit ergeben sich aus REACh vor allem
vier Auswirkungen auf die Produktpolitik
von Händlern, Herstellern und Anwendern.
Zwei davon entsprechen den von der EU
ins Feld geführten Verbraucherschutz-
Motiven: Die Unternehmen werden sich
erstens bemühen, schädliche Chemikalien
aus den Rezepturen ihrer Produkte zu elimi-
nieren. Und zweitens werden sie versuchen,
die Zahl der jeweils eingesetzten Stoffe zu
reduzieren, um dadurch Zeit und Geld bei
der Registrierung zu sparen.
Der dritte Effekt könnte eine erhebliche Re-
duzierung des Produkt-Portfolios der Her-
steller sein. Da bei der Registrierung relativ
hohe Kosten je Produkt anfallen können,
wird sich für nur in kleinen Mengen herge-
stellte, wenig profitable Nischenprodukte
dieser Aufwand häufig nicht rentieren – also
werden sie mitunter aus dem Sortiment
gestrichen. Dadurch fehlen insbesondere
nachgelagerten Industrien wichtige Stof-
fe in den auf die jeweilige Anwendung zu-
geschnittenen Formulierungen, die häufig
– wenn überhaupt – nur mit hohem Aufwand
substituiert werden können. Man rechnet
damit, dass bis zu 30 Prozent aller Rezep-
turen neu formuliert werden müssen.
Insbesondere der Mittelstand fühlt sich
nach einer Umfrage der IKB Deutsche In-
dustriebank von REACh hart getroffen: Bei
Unternehmen der Spezialchemie im Seg-
ment zwischen 10 und 50 Millionen Euro
Jahresumsatz denkt etwa jeder zweite über
Portfolioänderungen sowie einen Kapazi-
tätsabbau in Deutschland nach.
Dabei soll das OSOR-Prinzip („One
Substance, One Registration“) neben einer
Kosten- und Aufwandsbegrenzung auch die
Anzahl der für die Datenerhebung nötigen
Tierversuche minimieren. Die Möglichkeit,
Konsortien zu bilden, verfolgt das Ziel der
Kosten- und Informationsteilung, wobei in
der Ausgestaltung des Konsortialvertrages
die besondere Herausforderung besteht.
Der vierte Effekt der neuen Regelung wird
von der EU in Brüssel nur selten genannt,
dürfte aber von Anfang an eine große Rolle
bei der REACh-Gesetzgebung gespielt ha-
ben: Die Zahl der Billigimporte aus Nicht-
EU-Ländern dürfte stark zurückgehen. Die
Registrierungspflicht ist nämlich jeweils bei
der Einfuhr eines Produkts oder Vorpro-
dukts in die EU zu erfüllen. Wer also Chemi-
kalien sowie aus diesen entstehende Pro-
dukte in Europa verkaufen will, muss erst
einmal begreifen, welche Verpflichtungen
ihm die 851 Seiten starke REACh-Verord-
nung auferlegt.
Time to REAChDie EU-Verordnung zur Registrierungspflicht von Chemikalien verändert ganze Wertschöpfungsketten – und das nicht nur in der Chemieindustrie. Von Volker Fitzner und Bernd Schneider
[email protected]. 069 [email protected]. 069 9585-5620
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc226
Der hohe Aufwand der neuen Chemikalien-Kennzeichnungspflicht wird zu Bereinigungen der Produkt-Portfolios der Verwender führen. Damit wird der Wettbewerbsdruck in vielen Branchen sinken.
Jedes zweite Spezialchemie-Unternehmen plant wegen REACh Kapazitätsabbau in Deutschland.
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Thomas Middelhoff hängt nicht an Immo-
bilien. So rasch und offenbar ungerührt
wie kein anderer trennte sich der Karstadt-
Quelle-Vorstandsvorsitzende vom eigenen
Immobilienbesitz. Zunächst waren es die
Modehäuser Wehmeyer und Sinn Leffers
mitsamt ihren Gebäuden, dann folgten Kar-
stadt-Filialen in den Nebenlagen der Groß-
städte sowie in Klein- und Mittelstädten wie
Hückelhoven, Tuttlingen oder Görlitz.
Was noch als Konsequenz aus dem defizi-
tären Geschäft der jeweiligen Vertriebsmar-
ken am Standort verstanden werden konnte,
entpuppt sich spätestens seit der Trennung
vom (fast) gesamten Rest-Immobilienver-
mögen als Grundsatzentscheidung. Um den
Umbau des Unternehmens vom Handels-
zum Touristikkonzern finanziell schultern
zu können, setzte der ehemalige Bertels-
mann-Chef zielgerichtet auf den Verkauf
immobiler Werte. „Für Karstadt eine gute
Möglichkeit, Liquidität zu generieren“, ur-
teilt Gerhard Kemper, Geschäftsführer des
auf Einzelhandelsimmobilien spezialisierten
Maklers Kemper’s Deutschland. „Außerdem
ist die Nachfrage nach Handelsflächen seit
gut zwei Jahren sehr hoch, entsprechend
lassen sich sehr attraktive Verkaufspreise
erzielen.“
Wie groß der Appetit der internationalen
Investoren auf deutsche Einzelhandels-
immobilien ist, zeigt die Verkaufsbilanz des
vergangenen Jahres: Objekte im Wert von
18,5 Milliarden Euro wechselten den Besit-
zer. „Das entspricht nahezu einer Verdrei-
fachung des Vorjahresergebnisses“, sagt
Uwe Wegner, Leiter Retail Capital Markets
beim internationalen Immobilienberatungs-
unternehmen Jones Lang LaSalle (JLL). Zu
verdanken ist dies zu einem guten Stück
Thomas Middelhoffs Aktivitäten: Allein der
Verkauf des riesigen Karstadt-Portfolios an
den Goldman Sachs Whitehall Fund schlägt
in dieser Bilanz mit 4,5 Milliarden Euro zu
Buche.
Doch das war nicht der einzige Riesendeal:
Für 250 Lidl-Supermärkte in Deutschland
und der Schweiz zahlte der australische In-
vestor Babcock & Brown rund 1 Milliarde
Euro, Nomura International kaufte für rund
800 Millionen Euro Max-Bahr-Fachmärk-
te, Merrill Lynch und Shoppingcenter-Be-
treiber ECE schließlich legten 700 Millionen
Euro für vier Brune-Einkaufszentren auf den
Tisch, darunter die Kö-Galerie in Düsseldorf
und die Opern Passagen in Köln.
„Weil die Nachfrage derart hoch ist, sind die
zu erzielenden Nettorenditen allerdings im
vergangenen Jahr weiter gesunken“, sagt
JLL-Fachmann Wegner. Sie bewegen sich
je nach Nutzung und Standort in der Spit-
ze zwischen 5,9 und 6,7 Prozent, so eine
Analyse aus dem Hause Degi Deutsche Ge-
sellschaft für Immobilienfonds – 80 bis 100
Basispunkte weniger als im Vorjahr. Was
für die Käufer von Nachteil ist, freut die Ver-
käufer. Denn deren Verkaufserlöse stiegen.
„Besonders aktiv waren deshalb deutsche
Einzelhandelsunternehmen“, beobachtet
Wegner. Sie hätten die günstige Preisent-
wicklung genutzt, um große Portfolios an
den Markt zu bringen.
Die Zeiten, sich von Immobilienbestän-
den zu trennen, sind für Handelskonzerne,
mittelständische Einzelhändler, aber auch
private Eigentümer von Geschäftshäusern
so gut wie lange nicht. Denn die Bedeu-
tung der Anlageklasse „Immobilie“ wächst
zunehmend – und dies wird wohl auf ab-
sehbare Zeit so bleiben. Institutionelle An-
leger insbesondere aus dem angloamerika-
nischen und angelsächsischen Raum sehen
hier große Chancen: „Aus Sicht eines Inves-
tors aus Großbritannien oder den USA sind
die deutschen Kaufpreise äußerst günstig“,
stellt etwa Degi-Research-Leiter Thomas
Beyerle fest. „Einzelhandelsimmobilien gel-
ten aufgrund der verbesserten konjunktu-
rellen Entwicklung in Deutschland – und
damit auch wieder steigenden Mieten – als
eine der sichersten und lukrativsten Anla-
gen.“ Zudem sei die Differenz aus Immo-
bilienrendite und Finanzierungszins immer
noch positiv.
Hinzu kommt, dass die nun auch in
Deutschland beschlossene Einführung
steuerbegünstigter Immobilien-Aktienge-
Raus das Haus?Deutsche Handelsimmobilien sind derzeit weltweit begehrt. Doch nicht immer ist es für die Händler sinnvoll, dem Lockruf des Geldes zu folgen.Von Anne Wiktorin
„Deutsche Einzelhandelsimmobilien gelten als eine der sichersten und lukrativsten Anlagen.“Thomas Beyerle, Research-Leiter Degi Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds
Eine weiche Landung prognostiziert eine neue PwC-Studie
dem Markt für deutsche Handelsimmobilien. Nach dem Re-
kordjahr 2006 befinde sich der Markt derzeit in einer zwei- bis
dreijährigen Übergangsphase, ein Crash sei äußerst unwahr-
scheinlich. Für die Studie wurden Handelsunternehmen mit
einem gemeinsamen Marktanteil von etwa 25 Prozent des deutschen Einzelhandelsum-
satzes und Projektentwickler von 110 deutschen Shoppingcentern befragt. Die Analyse
stützt sich zudem auf die Aussagen von Experten führender Private-Equity-Gesellschaften
sowie Investment- und Hypothekenbanken. Download unter: www.pwc.de/de/pwc215
PwC-Studie zum Thema
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sellschaften – sogenannter Real Estate
Investment Trusts (REITs) –, die Nachfra-
ge nach Einzelhandelsimmobilien beflü-
geln dürfte. Wie das Beispiel USA zeigt,
sind REITs vor allem dann auf den Kapi-
talmärkten erfolgreich, wenn sie sich auf
eine Immobilienklasse spezialisieren: Büro
oder Einzelhandel, Wohnen oder Logis-
tik etwa. Wohn-REITs indes wird es vor-
erst in Deutschland nicht geben, und auch
das Vertrauen in die Büromärkte kehrt nur
langsam zurück. Der Einzelhandelssektor
gilt daher als das derzeit aussichtsreichste
Betätigungsfeld für REIT-Initiatoren.
Was aber motiviert den Handel, sich von
Flächen zu trennen, die im Wortsinn be-
triebsnotwendig sind? „Die Erträge aus Im-
mobilienverkäufen sind für viele Handels-
unternehmen unabdingbar, um weiterhin
international expandieren zu können“, sagt
JLL-Einzelhandelsexperte Wegner. Aller-
dings habe die eigengenutzte Immobilie
gerade für Handelsunternehmen auch Vor-
teile, warnt Spezialmakler Kemper: „Sie ist
das Instrument par excellence, um einen
Standort zu sichern.“
Je schwieriger es daher sei, sich in be-
stimmten, bevorzugten Lagen mit Flächen
zu versorgen, desto größer sei die Zahl
der Eigentümer. „Das gilt insbesondere für
Fachmarktzentren oder großflächigen Ein-
zelhandel am Stadtrand, wo aufgrund der
schwierigen und noch schwieriger wer-
denden Genehmigungspraxis das Angebot
bereits heute äußerst knapp ist.“ Susan-
ne Eickermann-Riepe, Immobilien-Expertin
von PricewaterhouseCoopers (PwC), nennt
einen weiteren Grund: „Lebensmittelmärkte
müssen flexibel und rasch einem gewan-
delten Handelskonzept angepasst werden
können – das gelingt besser, wenn sie im
Eigentum sind.“
Wer ein 200 Quadratmeter großes Laden-
lokal in guter Einkaufslage einer Stadt sucht,
ist hingegen gut damit beraten zu mieten.
Parfümeriefilialist Douglas etwa sitzt so
gut wie ausschließlich in angemieteten Flä-
chen, und auch Textilketten wie H&M, Zara
oder Esprit gehören zur Mieterfraktion. „Sie
schätzen die Flexibilität, die das Mieter-
dasein mit sich bringt“, sagt Kemper.
Zudem spiele etwa die demografische
Entwicklung einer Region eine eminent
wichtige Rolle bei der Bewertung des
Standortes, betont PwC-Expertin Eicker-
mann-Riepe: „Wo Bevölkerung abwandert
und Kaufkraftverlust droht, ist auch der
Handelserfolg gefährdet.“ Mieter sind da
im Vorteil: Sie können rascher auf sich wan-
delnde Anforderungen reagieren.
Und das hat Auswirkungen auch auf die
Handelsimmobilie selbst, erläutert Gerd
Bovensiepen, Leiter des Competence Cen-
ters Retail & Consumer Deutschland bei
PwC: „Die Halbwertszeit der Gebäude
nimmt ab. Man muss flexibler werden, die
Immobilien müssen flexibler werden, und es
muss auch so gebaut werden, dass man im
Zweifel umnutzen – oder vielleicht auch mal
vernichten kann.“
Dennoch: Die eine – richtige – Antwort auf
die Frage „Halten oder verkaufen?“ gibt es
für Handelsunternehmen nicht. „Eigentum
und Miete stehen gleichberechtigt neben-
einander“, sagt Eickermann-Riepe. „Aber
wenn ein Unternehmen Handelsflächen
im Eigentum hält, sollte es sich genauso
aufstellen wie ein professioneller Immo-
bilieninvestor.“ Denn ein Trend sei defini-
tiv unumkehrbar, sagt Gerd Bovensiepen:
„Die Immobilie wird mobil. Das müssen die
Deutschen noch lernen.“
Kontakt
[email protected]. 0211 981-2939
[email protected]. 069 9585-5909
Die starke Nachfrage nach Handelsimmobilien macht es für die Handelskonzerne attraktiv, ihre Objekte zu veräußern. Ob Eigentum oder Miete sinnvoller ist, hängt sowohl von der Lage als auch vom Geschäftsmodell ab.
Bei internationalen Immobilieninvestoren
sind Einzelhandelsflächen nicht nur in
Deutschland derzeit gefragt. Im Frühjahr
etwa deckte sich die europäische Invest-
mentgesellschaft Cordea Savills – in einem
Joint Venture mit dem kleineren Partner
Aedes Financial Services – mit einem 350
Millionen Euro schweren Einzelhandels-
portfolio in Italien ein. Auch dort sind es
innerstädtische Shoppingflächen, Fach-
und Supermärkte, die Investoren besonders
interessieren. In Frankreich haben sich die
Groupe Arnault, Holdinggesellschaft von
LVMH-Chef Bernard Arnault, und der US-
Fonds Colony Capital ebenfalls im Frühjahr
mit rund 9,8 Prozent am Supermarktriesen
Carrefour beteiligt – einer der Gründe da-
für, so sagen Gerüchte, könnte der Wunsch
nach „Versilberung“ des Carrefour-Immo-
bilienbestandes sein.
Die Renditen für Spitzenobjekte befin-
den sich indes europaweit auf Talfahrt: Bei
mageren drei Prozent liegt die Marke im
irischen Dublin, London rentiert gerade
50 Basispunkte besser. Hamburger Einzel-
handelsobjekte in Top-Lage indes verzinsen
sich immer noch mit 4,85 Prozent, so die
Analyse des Maklerhauses Kemper’s. Beste
Renditen von 7,75 Prozent verspricht immer
noch Warschau – bei Spitzenmieten von
gerade einmal 75 Euro pro Quadratmeter
und Monat.
Europaweit auf Einkaufstour
27_pwc: juli 200727_pwc: juli 2007
„Substanzwerte schaden nie“Zygmunt Mierdorf, Vorstandsmitglied der Metro AG, zur Immobilienstrategie seines Unternehmens.
pwc: Welche Strategie verfolgt der Metro-
Konzern bei seinen betriebsnotwendigen
Handelsimmobilien: Halten, verkaufen oder
je nachdem?
Mierdorf: Die Metro Group betreibt ein
aktives Portfoliomanagement. Das heißt,
wir analysieren regelmäßig den Bestand an
Handelsflächen anhand bestimmter Para-
meter. Auf dieser Basis werden Cluster un-
terschiedlicher Qualität identifiziert: Interes-
sant für uns sind dabei A- und B-Standorte,
C-Locations stoßen wir gegebenenfalls
ab, sofern sie für unser Kerngeschäft nicht
mehr erforderlich sind.
Da kommt einiges zusammen, was man
verkaufen kann ...
Die derzeitige Lage auf dem Immobilien-
markt kommt unserer Strategie entgegen:
In den vergangenen beiden Jahren haben
wir Immobilien im Wert von mehr als 1 Mil-
liarde Euro veräußern können.
Gelten die Vorgaben des Konzerns zur
Clusterung sowie zum Halten und zum Ver-
kaufen der Immobilien für alle Vertriebsmar-
ken einheitlich?
Da gibt es durchaus Unterschiede. Un-
sere Cash-&-Carry-Märkte beispielswei-
se sind „not for sale“. Dahinter steckt die
Überlegung, dass wir mit unseren Cash-
&-Carry-Märkten meist der „first mover“
im jeweiligen Land sind. Das versetzt uns
in die Lage, Standorte zu noch günstigen,
marktüblichen Konditionen zu erwerben.
Mit der konjunkturellen Aufwärtsentwick-
lung dieser Länder steigen auch die Immo-
bilienwerte. Und an dieser Wertentwicklung
möchten wir gern selbst partizipieren, statt
dies einem Investor zu überlassen.
Wenn Cash & Carry typisch für Immobilien
im Eigenbestand ist: Welche Marken treten
als Mieter auf?
Der ganz überwiegende Teil der Media-
Markt- und Saturn-Flächen zum Beispiel ist
angemietet. Real- und Extra-Märkte halten
wir in A- und B-Lagen hingegen meist im
Bestand, auch hier gilt, dass vor allem im
Ausland solche Standorte ein gutes Wert-
entwicklungspotenzial bieten. Auch unsere
Galeria-Kaufhof-Häuser sind zum Großteil
im Eigentum, allerdings agieren wir auch
hier gemäß unserer geschilderten Strategie
und haben zwölf Häuser an C-Standorten
jüngst veräußert.
Erst vor einigen Monaten hat sich die Metro
Group außerdem von 36 Kaufhalle-Immo-
bilien getrennt – steht das Signal also nicht
doch eher auf Verkaufen?
Nein, sicher nicht. Der Verkauf der Kaufhalle
erfolgte vor dem Hintergrund, dass wir hier
in der Rolle eines bloßen Vermieters wa-
ren. Wir betreiben aber kein reines Immo-
biliengeschäft, das heißt, wir halten keine
Immobilien, wenn wir für sie nicht selbst ein
Handelskonzept haben. Insofern war der
Verkauf nur konsequent. Wir trennen uns
aber nicht von Immobilien, um Fantasien
am Kapitalmarkt zu beflügeln.
Es hat also auch Nachteile, das Kernge-
schäft nicht im Eigentum zu betreiben?
Sofern die Mietverträge sinnvoll und lang-
fristig gestaltet sind, sehe ich keine Nach-
teile. Die einzige Gefahr besteht ja dar-
in, dass ein Vermieter nach Auslaufen des
Vertrages die Fläche an einen unserer Wett-
bewerber vergibt ...
... weil das signalisieren würde, dass deren
Handelskonzept besser ist ...
Da unsere Handelskonzepte hochattraktiv
sind, besteht dafür kein Anlass: Saturn oder
Media Markt etwa sind wichtige Anker mit
enormer Zugkraft. Insofern gibt es hier aus
unserer Sicht kaum Risiken – wenngleich
wir selbstverständlich unsere Handelskon-
zepte und -standorte permanent überprü-
fen und optimieren. Andererseits haben
Substanzwerte in der Bilanz noch nie ge-
schadet – und wir sind in der glücklichen
Lage, uns davon nicht trennen zu müssen.
Zygmunt Mierdorf ist im Vorstand der Metro Group zuständig für die Bereiche Personal und Soziales, Informatik, E-Business, Immobilien und Umwelt.
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Private Equity liegt im Trend. Diese Finanz
investoren, die mit reichlich Fremdkapital
im Rücken ganze Unternehmen aufkaufen
und nach ein paar Jahren wieder verkau
fen, werden von institutionellen Anlegern
in aller Welt mit Geld überhäuft. Um dieses
Geld sinnvoll anzulegen, müssen sie Fir
men kaufen – und weil damit die Nachfra
ge steigt, steigen auch die Preise. Die Kas
sen der Finanzinvestoren sind gut gefüllt,
wissen die PrivateEquityExperten von
PricewaterhouseCoopers (PwC) Deutsch
land. Das gesamte Volumen der europa
weiten M&ATransaktionen könne in diesem
Jahr den Rekordwert des Vorjahres von
1,4 Billionen Dollar noch einmal übertreffen.
Eine andere traditionelle Finanzierungsquel
le könnte jedoch darunter leiden: die Börse.
Es zeichnet sich ab, dass sich der Wettbe
werb zwischen Übernahmen und Fusionen
einerseits sowie der Börse andererseits im
Jahr 2007 zulasten der Börse verschieben
kann. Für Großkonzerne wird es demnach
vergleichsweise unattraktiv, beispielswei
se einen abzuspaltenden Unternehmens
bereich an die Börse zu bringen.
Das bedeutet zwar noch nicht, dass Pri
vateEquityInvestoren genauso viel zahlen,
wie ein Börsengang einbringen würde. Aber
dafür bringt der Verkauf an Finanzinvestoren
andere Vorteile mit sich. Sie zahlen schnell,
da die komplexe und zeitraubende IPO
Vorbereitung entfällt. Und sie zahlen sicher,
während ein Börsengang noch in der letzten
Minute scheitern kann.
Private Equity attraktiver als IPO
Als Talentschmiede für den
ManagementNachwuchs ist
PwC bekannt. Dass auch lite
rarische Talente dort heran
wachsen, ist eher ungewöhn
lich. Aber an Marisha Pessl
ist ja auch nicht viel gewöhn
lich. Die gerade 30jährige US
Amerikanerin hat erst eng
lische Literatur studiert und mit
Auszeichnung abgeschlossen
und dann eine Weile als Finanzberaterin bei PwC gearbeitet. Sie hat
mehrere Romane fix und fertig in der Schublade liegen und gleich
für ihren ersten, „Special Topics in Calamity Physics“, vom Viking
Verlag einen sechsstelligen Vorschuss bekommen (deutsch: „Die
alltägliche Physik des Unglücks“, S. Fischer Verlag). Und sie hat es
mit ihrem Debütwerk bei der „New York Times“ auch gleich auf die
Liste der zehn besten Bücher des Jahres 2006 geschafft.
PwCRomancieuse
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Der Finanzplatz Luxemburg
ist immer wieder für eine lo
ckere Regelung gut. Dies
mal ist es ein kürzlich in Kraft
getretenes Spezialfonds
Gesetz, mit dem das Groß
herzogtum vor allem Hedge
Fonds zu sich locken möchte.
Sowohl steuerlich als auch
institutionell wird Luxemburg
dadurch eine Alternative für
Fondsmanager, die dem etwas anrüchigen Image eines Domizils in
Steuerparadiesen wie den Cayman Islands entfliehen wollen. „Das
SpezialfondsGesetz bietet eine schöne Kombination von Anlage
flexibilität und einer gewissen Aufsicht“, urteilt Catherine Rückel
von PwC Luxemburg. Die ersten Anträge von HedgeFonds sind
in Luxemburg bereits eingegangen, im weiteren Verlauf des Jahres
wird mit einigen Dutzend Anträgen gerechnet.
HedgeFonds nach Luxemburg
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Viele Wege führen zum Eigenkapital. Aber
die meisten davon bringen es mit sich, dass
die Investoren nicht nur am Kapital, sondern
auch an der Entscheidungsfi ndung im Unter-
nehmen beteiligt werden wollen. Hybrid-Anlei-
hen jedoch, eine bislang in Deutschland noch
kaum bekannte Finanzierungsform, stellen bilan-
zielles Eigenkapital bereit, ohne dass dafür Unter-
nehmensanteile abgegeben werden müssten. „Diese
Anleihen werden so ausgestaltet, dass sie im Rahmen von
Rating-Verfahren zumindest teilweise als Eigenkapital anerkannt
werden“, sagt Bernd-Joachim Kruth, Finanzierungsexperte bei PricewaterhouseCoopers
Deutschland. Erforderlich dafür ist, dass das Anleihekapital dem Unternehmen langfristig zur
Verfügung steht (mit Laufzeiten von in der Regel mehr als zehn Jahren) und dass es nach-
rangig ist, im Insolvenzfall also erst nach den Kreditgebern bedient wird. Der Preis, den ein
Unternehmen für solche Konditionen zu zahlen hat, liegt bei einem Zinsaufschlag in Höhe
von zwei bis vier Prozentpunkten.
Hybrides Kapital
Wer bei Betriebsrenten sparen will, muss aufpassen, um keine bösen Überraschungen zu
erleben. So können zwar Unternehmen auf eine eigentlich fällige Erhöhung der Betriebs-
renten verzichten, wenn dadurch Arbeits-
plätze oder die Wettbewerbsfähigkeit des
Unternehmens gefährdet würden. Allerdings
müsse das den Rentnern auch mitgeteilt
werden, was viele Firmen schlicht unterlas-
sen. PwC-Experte Andreas Eckhardt weist
auf das gravierende Risiko dieses Versäum-
nisses hin: „Pensionäre können grundsätz-
lich binnen drei Jahren eine nachträgliche
Überprüfung und rückwirkende Anpassung
der Rentenleistung verlangen. Wenn der
Arbeitgeber seine Entscheidung nicht aus-
drücklich erklärt hat, verlängert sich diese
Frist sogar um weitere drei Jahre.“ Unter-
nehmen können also mit sechs Jahre rück-
wirkenden Forderungen konfrontiert werden.
Rückwirkender Rentenhammer
Drei Fragen an ...Andreas Mackenstedtzur IFRS-Umsetzung in Europa
pwc: Wie schlagen sich die europäischen
Konzerne im Jahr eins nach der Bilanz-
umstellung auf IFRS?
Mackenstedt: Wacker. Die große Mehrheit
der von der Universität Gießen in unserem
Auftrag getesteten 357 Blue Chips hat die
M&A-bezogenen Rechnungslegungsvor-
schriften erfolgreich umgesetzt. Allerdings
gibt es noch Nachholbedarf hinsichtlich
Verständlichkeit, Vergleichbarkeit und Infor-
mationsgehalt der Anhangsangaben.
Liegt die Transparenz höher als in der Vor-
IFRS-Zeit?
Eindeutig ja. Das Ziel des neuen Rech-
nungslegungsstandards, die Transparenz
zu erhöhen, ist erreicht. Das zeigt sich allein
schon an den Angaben, die zur Höhe des
Goodwills und den Ergebnissen der Impair-
ment-Tests gemacht werden.
Berichten deutsche Konzerne transparenter
als etwa französische?
Wenn überhaupt solche generellen Trans-
parenz-Unterschiede feststellbar sind, dann
nicht zwischen den Nationen, sondern zwi-
schen den Branchen.
Andreas Mackenstedt leitet den Bereich Valuation & Strategy bei PwC Eurofi rms
Goodwill ist Chefsache
Angaben in Prozent der befragen UnternehmenWo wird der Impairment-Test durchgeführt?
Quelle: PricewaterhouseCoopers
Konzernrechnungswesen
RechnungswesenEinzelgesellschaften
ControllingKonzernebene
ControllingEinzelgesellschaften
49
6
20
12
29
33
14
18
für Goodwillfür Vermögenswerte
Deutliche Unterschiede bei Impairment-Tests ergab eine Befragung der International Re-
porting Group von PwC bei 94 deutschen Konzernen. Jeder zweite prüft die nach IFRS not-
wendige Werthaltigkeit von Goodwill im zentralen Rechnungswesen – nur 29 Prozent ma-
chen das beim Test einzelner Vermögenswerte. Umgekehrt das Bild beim Rechnungswesen
der Einzelgesellschaften: 33 Prozent testen Vermögenswerte, nur 6 Prozent den Goodwill.
kaum bekannte Finanzierungsform, stellen bilan-
zielles Eigenkapital bereit, ohne dass dafür Unter-
nehmensanteile abgegeben werden müssten. „Diese
Anleihen werden so ausgestaltet, dass sie im Rahmen von
Rating-Verfahren zumindest teilweise als Eigenkapital anerkannt Drei Fragen an ...Andreas Mackenstedt
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31_pwc: juli 2007
Bilanzerwärmung Der Klimawandel beeinflusst die Bilanzen. Nicht immer, aber immer öfter. Also müsste er auch in die Geschäftsberichte Einzug halten.Von Dieter W. Horst
Klimawandel hat gute Chancen, zum Wort
des Jahres 2007 zu werden. Nachdem über
die Erderwärmung bereits seit Jahrzehnten
geredet wird, hat sich in jüngster Vergan
genheit zum Reden das Handeln gesellt.
Die Reduktion von Treibhausgasen, insbe
sondere von Kohlendioxid, steht auf der
Tagesordnung – und die Unternehmen wer
den nicht nur von Umweltschützern, son
dern immer häufiger auch von Investoren
gefragt, ob und wie sie dazu beitragen.
Der Klimawandel ist also gerade dabei, zu
einem wichtigen Einflussfaktor für den
Geschäftsverlauf zu werden. Das wiederum
hat für die Unternehmen eine bislang noch
kaum wahrgenommene Konsequenz: Die
Chancen und Risiken, die der Klimawandel
für sie mit sich bringt, müssen Aufnahme in
der Geschäftsberichterstattung finden.
Müssen? Müssen. Seit dem Bilanzrechts
reformgesetz von 2004 ist nämlich klar for
muliert, wann nichtfinanzielle Informationen
in den Lagebericht eines Konzerns aufzu
nehmen sind. Für die „ausgewogene und
umfassende, dem Umfang und der Komple
xität der Geschäftstätigkeit entsprechende
Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage
des Konzerns“ seien Informationen über
nichtfinanzielle Leistungsindikatoren wie
Umweltbelange insoweit mit aufzuführen,
als sie „für das Verständnis des Geschäfts
verlaufs und der Lage von Bedeutung sind“.
Und das gilt inzwischen für viele Unterneh
men. In direkt betroffenen Branchen wie
Energieerzeugung und Automobilbau ohne
hin, aber auch bei scheinbar weit von der
KohlendioxidDebatte entfernten Unterneh
men. So waren die deutschen Brauereien
von einer massiven Verteuerung des Roh
stoffs Gerste betroffen – die stark steigende
Rohstoffnachfrage von Biomassekraftwer
ken und Biogasanlagen lässt die Preise stei
gen. In den kommenden Jahren werden die
Kapazitäten dieser regenerativen Energie
quellen weiter stark ausgebaut werden. Auch
Bier ist folglich vom Klimawandel betroffen!
Betrachtet man nicht die bereits eingetre
tenen, sondern die erst in Zukunft eintre
tenden Entwicklungen, ist tendenziell sogar
jede Branche betroffen – vom Schuhherstel
ler bis zum Touristikkonzern. Ob extreme
Wetterereignisse die Schiffsverbindungen
nach Ostasien unterbrechen, ob die Top Ten
der Urlaubsländer sich in Wüstengebiete
verwandeln – der Klimawandel kann die ver
schiedensten Auswirkungen auf die Bezie
hungen zu Kunden und Lieferanten und auf
den Geschäftsverlauf haben.
Noch allerdings erfüllen nur wenige Unter
nehmen ihre Pflicht zur Nachhaltigkeits
berichterstattung sicher, effizient und effek
tiv. Das wiederum liegt nicht zuletzt daran,
dass sich hier noch keine Standards der
Berichterstattung eingespielt haben. Für die
Finanzdaten gibt es umfassende externe
Vorgaben – durch HGB und Aktiengesetz,
durch USGAAP und IFRS. Diese Standards
sind – teilweise seit Jahrzehnten – erprobt,
durch Rechtsprechung und behördliche
Auslegung detailliert ausgelegt und werden
kontinuierlich weiterentwickelt.
All das fehlt bei der Nachhaltigkeitsbericht
erstattung. Fehlende Standards zur Daten
erhebung, fehlende ITUnterstützung, ein
fehlendes internes Kontrollsystem sowie
nicht zuletzt die dezentrale Organisation
der Nachhaltigkeitsthemen ergeben oft eine
mangelhafte Datenqualität.
Diese Lücken können nicht von heute auf
morgen geschlossen werden. Auch die Stan
dardisierung der Finanzinformationen dau
erte Jahrzehnte und ist noch immer nicht
abgeschlossen. Einen ähnlichen Zeithorizont
bei der klimarelevanten Berichterstattung zu
prognostizieren heißt deshalb nicht, das Pro
blem auf die lange Bank zu schieben.
Das größte Verbesserungspotenzial liegt
dabei kurzfristig in der Qualität der Daten
erhebung und analyse. Zwei einfache Maß
nahmen ermöglichen schnelle und zählbare
Erfolge: Zum einen die Entwicklung eines
Corporate Responsibility Accounting Manu
al, das Methoden für eine revisionssichere
Erhebung und Dokumentation der Basis
informationen sowie der aus ihnen abgelei
teten Kennzahlen festlegt.
Zum Zweiten, noch einfacher: Man verwen
de für die Berichterstattung nur Daten und
Key Performance Indicators, die das Ma
nagement auch zur internen Steuerung der
Nachhaltigkeitsleistung einsetzt. Dies erhöht
nicht nur die Effektivität der internen Pro
zesse zur Planung, Kontrolle und Leistungs
messung, sondern auch die Datenqualität
der externen Berichterstattung – und damit
die Glaubwürdigkeit des Unternehmens.
Kontakt
[email protected]. 069 95851397
Der Klimawandel beeinflusst bei immer mehr Unternehmen das Geschäft. Also muss er Aufnahme in die Geschäftsberichterstattung finden. Doch viele Unternehmen kommen dieser Pflicht noch nicht ausreichend nach.
32_pwc: juli 2007
792,5 Milliarden EuroUmweltökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert über die Kosten mangelhaften Klimaschutzes und über die schnellsten und effektivsten Wege zu nachhaltigem Wirtschaften.Interview: Detlef Gürtler
pwc: Frau Professor Kemfert, pünktlich zum
Ende des mildesten Winters seit Menschen
gedenken haben Sie prognostiziert, was der
Klimawandel die deutsche Volkswirtschaft
kosten wird: 792,5 Milliarden Euro bis zum
Jahr 2050.
Kemfert: Prognose ist das falsche Wort.
Diese Rechnung, die ich für das Deutsche
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ge
macht habe, erhebt nämlich nicht den An
spruch, die tatsächliche Entwicklung der
kommenden Jahrzehnte vorherzusagen. Es
handelt sich um eine Simulation: Was wür
de uns der Klimawandel kosten, wenn wir
keine Maßnahmen dagegen unternehmen,
wenn kein Klimaschutz betrieben würde?
Wie setzen sich diese knapp 800 Milliarden
Euro zusammen?
Etwa 330 Milliarden Euro entfallen auf
direkte Schäden, also etwa zerstörte Infra
struktur durch extreme Klimaereignisse.
Mit knapp 300 Milliarden Euro schlagen
erhöhte Energiekosten zu Buche, der Rest
entfällt auf Anpassungsmaßnahmen wie
Hochwasserschutz oder Umstellungen in
der Landwirtschaft. Insgesamt ergibt diese
Simulation, dass Verzicht auf Klimaschutz
bis zum Jahr 2050 das Wachstum des Brut
toinlandsprodukts um etwa einen halben
Prozentpunkt pro Jahr reduziert.
Aber gerade erst haben wir doch gesehen,
dass ein milder Winter das Wirtschafts
wachstum fördert. Einige Konjunkturfor
scher beziffern diesen positiven Effekt in
diesem Jahr auf ebenfalls 0,5 Prozent
punkte.
Beim DIW beziffern wir den positiven Effekt
des milden Winters aufs ganze Jahr gerech
net auf 0,1 Prozentpunkte. Unsere Simula
tionsrechnung bis 2050 zeigt zwar ebenfalls
einen Energiespareffekt im Winter. Dieser
wird jedoch mehr als kompensiert durch
den höheren Kühlungsaufwand in den hei
ßeren Sommern. Zudem rechnen wir in die
sen Sommern mit massiven Problemen, da
wesentlich häufiger als bisher der Wasser
stand der Flüsse so weit absinken wird,
dass die Binnenschifffahrt eingestellt wer
den muss und für die Kraftwerke nicht mehr
genug Kühlwasser da ist.
Die Tourismusbranche hingegen dürfte sich
über solche mediterranen Sommer eher
freuen.
In den Alpen wird das sicherlich anders
aussehen als an der Ostsee. Aber per sal
do könnte die Tourismusbranche in der Tat
eine der wenigen Branchen unserer Volks
wirtschaft sein, die vom Klimawandel pro
fitieren.
Wer gehört sonst noch zu den Profiteuren?
Die Bauwirtschaft. Was bei Hochwassern
oder Sturmfluten zerstört wird, muss ja
hinterher wieder aufgebaut werden …
… so wie ja auch jeder Verkehrsunfall das
Bruttoinlandsprodukt steigert – in Werkstät
ten, Auto und Krankenhäusern …
Vorsicht! Für sich betrachtet, steigert zwar
die Reparatur einer beim Bergrutsch zer
störten Brücke das Bruttoinlandsprodukt.
Aber der negative dynamische Wachstums
effekt, der durch die Zerstörung von Infra
struktur, Immobilien und Sachkapital aus
gelöst wird, wiegt weit schwerer. Zudem
handelt es sich hier volkswirtschaftlich um
einen CrowdingoutEffekt: Das Geld, das
der Staat für Reparaturmaßnahmen nach
Katastrophen ausgeben muss, steht ihm
nicht mehr für andere, produktive Investi
tionen zur Verfügung.
Die Schäden durch extreme Klimaereig
nisse, sprich: durch Naturkatastrophen,
beziffern Sie bis zum Jahr 2050 auf etwa
7 Milliarden Euro pro Jahr, für die 50 Jah
re danach auf 22 Milliarden Euro pro Jahr.
Haben Sie dafür in die Kristallkugel ge
schaut?
Niemand weiß, wann genau ein Wirbel
sturm, ein Erdrutsch oder eine Dürreperiode
kommt. Auch wir nicht. Für die Kalkulation
solcher Katastrophen arbeiten wir mit Ins
trumenten der Klimaforscher, die es möglich
machen, Wahrscheinlichkeiten zu berech
nen. Aus der Kombination der Wahrschein
lichkeit verschiedener Schadensereignisse
„Der Kapitalmarkt ist der effizienteste Hebel, um den Klimaschutz in der Welt voranzutreiben.“
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33_pwc: juli 2007
792,5 Milliarden EuroUmweltökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert über die Kosten mangelhaften Klimaschutzes und über die schnellsten und effektivsten Wege zu nachhaltigem Wirtschaften.Interview: Detlef Gürtler
und ihren potenziellen Kosten ergeben sich
die von Ihnen genannten Zahlen.
Gerade mal eine Woche nach Ihnen hatte
McKinsey noch mal ein paar Hundert Mil-
liarden draufgelegt: 1100 Milliarden Euro
koste es, wenn die EU-Staaten die soeben
beschlossenen Klimaschutzziele bis 2020
auch tatsächlich erreichen wollen. Wer hat
nun richtig gerechnet: Sie oder die?
Weder noch. Oder sowohl als auch. Wir
kommen im Übrigen zu ähnlichen Zah-
len wie McKinsey: Heruntergerechnet auf
Deutschland, würden die Klimaschutzkosten
weniger als ein Prozent des Bruttoinlands-
produkts betragen. Die McKinsey-Studie ist
allerdings eine ingenieurwissenschaftliche
Betrachtung, sie geht von heutigen Tech-
niken aus und bezieht für die kommenden
13 Jahre keinen technischen Fortschritt und
keine marktwirtschaftlichen Instrumente in
die Kalkulation ein.
Lange Zeit scheinen viele Unternehmen
darauf gehofft zu haben, dass das Thema
Klimawandel wieder aus den Schlagzeilen
verschwindet. Danach sieht es jetzt nicht
mehr aus …
Kurzfristig kann es natürlich immer wie-
der passieren, dass andere Themen den
Klimawandel in die zweite Reihe zurück-
drängen. Aber dauerhaft wird das The-
ma eher noch an Bedeutung gewinnen.
Wer bislang glaubte, den Klimawandel als
„Modeerscheinung“ aussitzen zu können,
wird schnell umsteuern müssen.
Apropos steuern: Die Aussitz-Strategie war
wohl besonders bei der Autoindustrie ver-
breitet.
Genauer gesagt: bei der deutschen Auto-
industrie. Die wäre durchaus in der Lage
gewesen, das Thema Klimawandel und
Klimaschutz offensiv und konstruktiv an-
zugehen. Aber die deutschen Autokonzerne
haben das leider verschlafen. In Schulno-
ten gemessen, bekommt die Branche dafür
eine glatte Fünf, allerdings muss man auch
fairerweise sagen, dass viele Verbraucher
in der Vergangenheit gerne spritfressende
Autos gekauft haben.
Andere Branchen stehen besser da?
Die deutsche Umwelttechnikbranche: Der
Maschinenbau ist ohnehin eine deutsche
Domäne, und weltweit hat Umwelttechnik
made in Germany einen hervorragenden
Ruf. Und vor allem der Wirtschaftsbereich
der erneuerbaren Energien. Durchwach-
sener präsentiert sich die Energiebranche
insgesamt. Sie ist am härtesten vom Klima-
wandel betroffen und muss den größten
Beitrag zum Klimaschutz leisten. Viele von
den großen Energiekonzernen befinden sich
da noch mitten im Lernprozess.
Je größer der Konzern, desto länger dauert
der Lernprozess?
Nein. Die Geschwindigkeit des Lernpro-
zesses bei Unternehmen wird im Wesent-
lichen vom Kapitalmarkt bestimmt. Wenn
dieser ein bestimmtes Verhalten honoriert
und ein anderes Verhalten bestraft, kann
man gar nicht so schnell schauen, wie sich
die Unternehmen daran orientieren. Unter-
nehmen sind in der Anpassung ihres Ver-
haltens wesentlich flexibler als die privaten
Haushalte oder der Staat, und der Kapital-
markt ist der flexibelste Markt, über den wir
derzeit verfügen. Deshalb handelt es sich
hier um den effizientesten Hebel, um in
Deutschland – und in der Welt – den Klima-
schutz voranzutreiben.
Wenn der Kapitalmarkt klimaschonendes
Verhalten honoriert …
Aber das tut er ja schon. Immer mehr An-
leger fragen die Unternehmen, ob und wie
sie nachhaltig wirtschaften. Und dabei han-
delt es sich nicht mehr nur um Kleinanleger,
sondern um große institutionelle Investoren.
Dieses Feedback aus dem Kapitalmarkt ist
gerade für Unternehmen sehr wichtig, die
bislang noch dachten, der Kelch des Klima-
wandels gehe an ihnen vorbei.
Claudia Kemfert ist Professorin für Umweltökonomie an der Humboldt-Universität Berlin und leitet die Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“ am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Sie berät EU-Präsident Barroso, die Weltbank und die UNO.
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35_pwc: juli 2007
Fit for MiFIDNach langen Wehen wird die EU-Finanzmarktrichtlinie zum 1. November in Kraft treten. Doch der große Wurf bringt erst einmal viel Kleinarbeit.Von Günter Borgel und Martina Rangol
Wäre alles so gelaufen, wie es sich die EU
vorstellte, wäre MiFID schon längst in Kraft.
Immerhin wurde diese europäische Finanz-
marktrichtlinie bereits am 21. April 2004 ver-
abschiedet. Nach dem ursprünglichen Zeit-
plan hätten die EU-Staaten zwei Jahre Zeit
gehabt, um die Vorgaben der Richtlinie in
nationales Recht umzusetzen, und seit An-
fang dieses Jahres wäre MiFID europaweit
im Einsatz – der große Wurf für Transparenz
und Fairness am Finanzmarkt.
Aber europäische Uhren gehen nun mal
anders als nationale Uhren, und je größer
ein Wurf werden soll, desto deutlicher wird
dieser Effekt. Denn zum einen fordern neue
EU-Richtlinien viele Änderungen an vielen
nationalen Gesetzen, zum anderen rufen
sie eine Vielzahl von Lobbyisten und Inter-
essenverbänden auf den Plan, da sie die
Geschäftsinteressen zentraler Branchen
jeder Volkswirtschaft tangieren.
Deshalb ist es kein Wunder, dass es in den
meisten EU-Ländern auf allen Ebenen des
Umsetzungsprozesses zu vielfältigen Kom-
plikationen kam. Zwei Jahre nach dem
Startschuss (und nur wenige Wochen vor
dem ursprünglichen Termin für die Umset-
zung in nationales Recht) zog die EU des-
halb die Reißleine und gab noch drei Quar-
tale Umsetzungszeit zu. Nunmehr war der
31. Januar 2007 der definitive Stichtag, um
MiFID in Gesetzesform zu gießen.
Aber auch das sollte noch nicht ganz rei-
chen. An eben diesem 31. Januar gab
es in Deutschland immerhin schon einen
Kabinettsentwurf für das „Finanzmarkt-
Richtlinie-Umsetzungsgesetz“, kurz FRUG,
und der hatte auch schon eine erste Ab-
stimmungsrunde mit dem Bundesrat hin-
ter sich. Aber von der tatsächlichen, end-
gültigen Gesetzesform, die an diesem Tag
vorliegen sollte, war dieser Entwurf noch
einige weitere Monate entfernt. Die für die
MiFID-Anwendung wichtige „Wertpapier-
dienstleistungs-Verhaltens- und Organisa-
tionsverordnung“ lag Ende Januar erst in
einem ersten Entwurf vor. Am 29. März 2007
wurde das FRUG im Bundestag verabschie-
det, der Bundesrat folgte am 11. Mai.
Wenn die Uhren des Gesetzgebers lang-
samer gehen als geplant, müssen eben die
Uhren in den Unternehmen schneller laufen.
Denn für sie bleibt es dabei: Ab dem 1. No-
vember 2007 muss MiFID verpflichtend und
EU-weit von allen Wertpapierdienstleistern
angewendet werden.
Womit sich eine pikante Frage stellt: Wie
bereitet man sich auf die Anwendung eines
Gesetzes vor, das es noch gar nicht gibt?
Denn hinterher würde sich niemand darauf
hinausreden können, dass ihm die Umset-
zungszeit zu kurz war – die Grundzüge sind
aus der Finanzmarktrichtlinie schließlich seit
mehr als drei Jahren bekannt:
• Kunden müssen in die Klassen „Privat-
kunden“, „Professionelle Kunden“ und „Ge-
eignete Gegenparteien“ eingeteilt werden.
• Interessenkonflikte müssen identifiziert
und vermieden oder offengelegt werden.
• Für die bestmögliche Auftragsausführung
sind Grundsätze zu entwicklen und die
Kunden hierüber zu informieren.
• Kundeninformationen und Marketing-
material müssen umfangreichen Transpa-
renz- und Qualitätskriterien entsprechen.
Die meisten Wertpapierdienstleister haben
deshalb bereits im Vorfeld der gesetzlichen
Regelung zumindest einen Schnellcheck
durchgeführt: Ist mein Unternehmen über-
haupt betroffen? Wenn ja: Wie? Und was
muss ich ändern? Wer Wertpapierdienst-
leistungen anbietet, muss beispielsweise
klären, ob es bei ihm bei der Ausführung
von Kundenaufträgen zu Interessenkon-
flikten kommen kann. Ist das der Fall,
müssen spezifische Grundsätze für den
Umgang mit solchen Konflikten aufgestellt
werden sowie gesichert sein, dass unver-
meidbare Interessenkonflikte dem betrof-
fenen Kunden offengelegt werden.
Wenn es nur solche Einzelfälle wären, wä-
re der Umsetzungsaufwand klar kalkulier-
bar. Durch die große Zahl von neuen De-
finitionen und Bestimmungen im großen
Wurf des Finanzmarkts wird jedoch eine
entsprechend große Menge von Prozess-
veränderungen und Anpassungen der IT-
Systeme erforderlich werden. Dabei unter-
scheiden sich die Auswirkungen je nach
Geschäftsfeldern und Finanzinstrumenten,
nach Kundenklasse, nach Serviceart und
nach Funktion im Unternehmen.
Dabei bietet MiFID und deren Umsetzung
nicht nur mühevolle Kleinarbeit, sondern
auch Chancen. Wertpapierdienstleister ler-
nen ihr eigenes Unternehmen neu kennen.
Hier können sich ganz neue Ideen für das
(Kunden-)Geschäft ergeben.
Und wenn tatsächlich am 1. November der
MiFID-Startschuss fällt, beginnt die nächs-
te Uhr zu laufen: Denn dann muss sich
herausstellen, wie lange die Halbwerts-
zeit eines großen EU-Wurfs währt. Schon
im Jahr 2008, so zumindest die Ankündi-
gung, will die EU-Kommission jedenfalls
mal schauen, ob und wie sich die MiFID-
Regelungen – und die Ausnahmen von den
Regelungen – in der Praxis bewähren.
[email protected]. 069 [email protected]. 069 9585-2280
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc225
MiFID bringt dem Finanzmarkt in der EU mehr Transparenz und Verlässlichkeit. Doch weil die Politiker sich mit der Umsetzung der EU-Vor-gabe zu viel Zeit ließen, ist jetzt bei den Unter-nehmen der Spielraum für Änderungen gering.
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MiFID ist wie ...Weihnachten. Und ein bisschen wie Altbausanierung. Sagt Detlev Dietz, bei der Commerzbank verantwortlich für die MiFID-Umsetzung.Interview: Detlef Gürtler
pwc: Mit quietschenden Reifen bringt der
Gesetzgeber gerade noch das MiFID-Umset-
zungsgesetz auf den Weg. Ist da der Start-
termin 1. November überhaupt zu halten?
Dietz: Hätten wir das Gesetz früher haben
wollen? Ja. Schaffen wir die Umsetzung
noch? Auch ja. Natürlich kann man über die
späte gesetzliche Regelung jammern. Aber
wer jetzt laut jammert, zeigt im Grunde,
dass er das Thema bislang verschlafen hat.
Sie jammern also nicht?
Mit MiFID ist das wie Weihnachten. Wer erst
am 23. Dezember abends feststellt, dass
er am 24. Dezember Geschenke braucht,
kommt natürlich in Hektik – ist aber selbst
dran schuld. Dass MiFID kommen würde,
war seit Jahren bekannt, es war auch im
Wesentlichen bekannt, was kommen würde.
Offen war lediglich, ob der deutsche Ge-
setzgeber als vorbildlicher Europäer noch
ein paar Bestimmungen auf die Mindest-
anforderungen der EU-Richtlinie drauf-
sattelt. Das ist aber nicht geschehen, wir
bekommen praktisch genau das, was die
EU-Richtlinie vorsieht. Und darauf konnte
man sich auch schon früher einstellen.
Aber beim Thema Weihnachten kriegen
viele Menschen leuchtende Augen. Beim
Thema MiFID ist uns das nicht aufgefallen.
MiFID ist ein rein regulatorisches Projekt,
ein Muss-Projekt. Auf einer von 1 bis 10
reichenden Beliebtheitsskala liegt es damit
ziemlich genau bei 1 – wenn nicht sogar
drunter.
Aber es bleibt beim 1. November?
Hier könnte man unterscheiden. Es gibt bei
MiFID regulatorische Anforderungen – da
kann man sicherlich darüber reden, ob tat-
sächlich der 1. November 2007 ein geeig-
neter Stichtag ist, oder ob, sagen wir, der
1. Januar 2008 sich nicht eher anbieten wür-
de. Anders liegt der Fall beim zivilrechtlichen
Teil des Gesetzes: Da steht der Termin bom-
benfest. Wenn der Kunde am 1. November
ein Geschäft abschließt und dabei Nachteile
erleidet, weil die Bank MiFID nicht imple-
mentiert hat, hat die Bank ein Problem.
Was haben Sie getan, um dieses Problem
nicht zu bekommen?
Rechtzeitig angefangen. Ich bin 2006 als
Gesamtprojektleiter für die MiFID-Um-
setzung bei der Commerzbank eingesetzt
worden. Es war von Anfang an klar, dass es
sich um einen erheblichen Aufwand han-
deln würde: Das ist ein Projekt mit einem
Höchstmaß an Querschnitt durch die gan-
ze Bank. Sie müssen sämtliche Kunden-
beziehungen anfassen, nicht nur Privat-
kunden-, sondern auch Firmenkunden- und
Bankbeziehungen. Alle Markt- und alle
Servicebereiche der Bank werden tangiert.
Hören wir da doch ein leises Jammern?
Aber nicht doch. Es wird zwar alles tan-
giert, aber nichts komplett umgestülpt. Man
muss ran an die Prozesse, muss die IT neu
stricken und das eine oder andere auch
händisch machen, aber nichts Revolutio-
näres. MiFID ist keine Rocket Science: Was
da beispielsweise in Sachen Kundenschutz
verlangt wird, war in unserer Bank zum
großen Teil auch vorher schon verankert.
Aber eben nicht genau so, wie es der
Gesetzgeber jetzt verlangt.
Nehmen wir das Beispiel „Best Execution“.
Natürlich hat die Commerzbank auch bis-
her versucht, dem Kunden bei jeder einzel-
nen Transaktion die bestmögliche Ausfüh-
rung zu gewährleisten. Neu ist hier lediglich,
dass MiFID sehr hohe Anforderungen an
Prozess- und Kundendokumentation stellt,
damit alle Transaktionen auch von der Auf-
sicht nachvollzogen werden können.
Wie sind Sie beim Umsetzungsprojekt
konkret vorgegangen?
Im ersten Schritt wurden die mit MiFID
verbundenen Themen auf drei große Kom-
plexe aufgeteilt: Transaktion, Kundenbezie-
hung, Compliance. Innerhalb dieser Kom-
plexe wurden Modulteile definiert, wie etwa
Best Execution, und dann betrachtet, wie
sie sich jeweils auf die einzelnen Unterneh-
mensbereiche auswirken. Dabei war die IT
von Anfang an involviert.
„MiFID ist ein Projekt mit einem Höchstmaß an Querschnitt durch die ganze Bank.“
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Und dann haben Sie bestimmt, was geän-
dert werden muss?
Das haben die Unternehmensbereiche
schon selber gemacht. Zentral vorgegeben
wurden nur einzelne Grundsätze …
… zum Beispiel?
Bleiben wir bei der Best Execution. Dort
war die Vorgabe, dass die Best-Execution-
Policy über die ganze Bank hinweg gleich
definiert sein muss. Ausnahmen sind allen-
falls andere rechtliche Rahmenbedingungen
in anderen Ländern: In Großbritannien oder
Polen sieht die Umsetzung der EU-Richt-
linie etwas anders aus als in Deutschland.
Dann haben die Unternehmensbereiche
ihre Hausaufgaben gemacht?
Wir haben aus den einzelnen Bereichen die
Fachkonzepte zur Umsetzung zurückbe-
kommen und sie in IT-Konzepte umgearbei-
tet. Diese wurden – und werden – erprobt
und gehen schließlich in die Umsetzung.
Klingt nach viel Arbeit.
In der Spitze waren in Sachen MiFID bis zu
200 Mitarbeiter des Hauses in unterschied-
lichen Teams involviert.
Haben Sie schon einen Überblick, was das
die Commerzbank am Ende kosten wird?
Für eine genaue Abrechnung ist es natur-
gemäß noch zu früh. Aber vermutlich wer-
den die Kosten der MiFID-Einführung am
Ende in einem zweistelligen Millionenbetrag
liegen. Wobei dabei nicht die Arbeitszeit
eingerechnet ist, die die Mitarbeiter hier im
Haus aufgewendet haben und aufwenden –
MiFID zwingt uns ja nicht, für unsere Leute
Stundenzettel auszufüllen.
Bei anderen Instituten kursieren Zahlen
zwischen 5 und 100 Millionen Euro.
Der direkte Aufwand für die MiFID-Um-
setzung ist sehr schwer berechenbar, weil
in vielen Fällen ein derart umfangreiches
Projekt zum Anlass genommen wird, auch
gleich noch ein paar andere Umbaumaß-
nahmen an den internen Abläufen und den
Produktionsprozessen vorzunehmen. Das
ist wie bei einer Altbausanierung. Wenn Sie
ohnehin ein Gerüst aufbauen müssen, um
das Dach neu zu decken, können Sie ja
auch gleich die Fassade noch mitmachen
oder das Dachgeschoss ausbauen.
Bringt MiFID außer Kosten auch Nutzen?
Das ist noch viel schwerer zu berechnen.
Den Kunden jedenfalls bringt MiFID ein
höheres Maß an Transparenz und Informa-
tion. Ob eine vorbildliche MiFID-Umsetzung
der Bank neue Kunden bringt oder mehr
Geschäft mit den bestehenden Kunden,
wage ich nicht zu prognostizieren. Ein Blick
auf das Wettbewerbsumfeld, mit möglicher-
weise neuen Marktteilnehmern, legt jedoch
eine Reduktion von Transaktionskosten
nahe, ausgelöst durch die Best-Execution-
Regelungen.
Was kommt auf mich zu, wenn ich am
1. November eine Ihrer Filialen betrete?
Wenn Sie bisher schon Kunde bei uns sind,
sind Sie rechtzeitig vorher über die Sie be-
treffenden Änderungen informiert worden.
Aber Sie müssen nicht extra 17 Formulare
ausfüllen, um weiter Geld aus dem Auto-
maten ziehen zu können. Nur wenn Sie
eine Transaktion durchführen wollen, für die
neue Abläufe vorgesehen sind, werden Sie
mit Änderungen konfrontiert.
Und wenn ich bislang noch kein Kunde bei
Ihnen bin, aber einer werden will?
Dann erfahren Sie einen Beratungsprozess,
der um MiFID-Neuerungen erweitert wurde,
Sie aber nicht verzweifeln lässt.
Detlev Dietz ist seit 2003 für die Commerzbank tätig. 2007 wurde er zum Chief Opera-tional Officer für das Asset-Management der Commerzbank ernannt. Seit Anfang 2006 leitet er zudem das Projekt zur konzernweiten MiFID-Umsetzung.
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39_pwc: juli 2007
Alltag in einem Krankenhaus: Der 71-jährige
Theo Ebensberger lässt sich in einer Privat-
klinik ein neues Hüftgelenk einsetzen. Der
Patient bleibt sechs Tage, für das Kranken-
haus optimal, denn genau bei sechs Tagen
liegt die untere Verweildauer. Die 68-jährige
Ruth Walter lässt sich dagegen in einem um
1900 erbauten Universitätsklinikum behan-
deln, sie liegt 15 Tage stationär. Neun Tage
länger, beide Kliniken bekommen das glei-
che Geld – die Fallpauschale.
Jede Klinik erhält je Patient und Diagnose
von der gesetzlichen Krankenversicherung
einen fixen Betrag, wenn die Dauer seines
Krankenhausaufenthalts innerhalb des vor-
geschriebenen Zeitkorridors liegt. Das ist
für die modernen, gut organisierten Kran-
kenhäuser schön, für die veralteten Kliniken
aber schlecht. Denn: Die Fallpauschalen
zwingen die Krankenhäuser zwar, wirt-
schaftlich zu arbeiten, doch oftmals können
die öffentlichen mit den privaten Kliniken
gar nicht mithalten, weil ihnen das Geld für
Modernisierungen fehlt. Dazu kommt außer-
dem, dass die Personalkosten steigen. „Die
öffentlichen Krankenhäuser müssen sparen,
haben aber kein Geld, um ihre Prozesse
zu verbessern und damit Einsparpoten-
ziale zu erschließen“, fasst Harald Schmidt,
Gesundheitsexperte bei Pricewaterhouse-
Coopers (PwC), den Teufelskreis zusammen.
Die Kosten steigen, die Einnahmen aber
nicht. In dieser Situation können sich die
Leiter der öffentlichen Kliniken nur noch
retten, indem sie Investitionen in Gebäude,
Geräte und Reparaturen verschleppen. Auf
30 Milliarden Euro schätzt das Fritz Beske
Institut für Gesundheits-System-Forschung
in Kiel mittlerweile den Investitionsstau.
Pessimistischere Schätzungen gehen sogar
von bis zu 50 Milliarden Euro aus.
Gebäude verfallen, werden nicht gepflegt,
die Abläufe werden unwirtschaftlich. Es
gibt beispielsweise öffentliche Krankenhäu-
ser, in denen das Personal bis zu zehnmal
längere Wege zurücklegen muss als in gut
geführten Privatkliniken. „Wenn die Pfleger
ständig unterwegs sind, können sie keine
Patienten versorgen“, bringt es Schmidt
auf den Punkt. Er weiß von einer Uni-Klinik,
die allein 70 Mitarbeiter für Botengänge be-
schäftigt. Unnötig lange Korridore bedeuten
aber nicht nur längere Strecken für das Per-
sonal, sondern auch mehr Fläche, die der
Betreiber reinigen und instandhalten muss.
In anderen Infrastrukturbranchen wie Ener-
gieversorgung, Nahverkehr oder dem Bau
von öffentlichen Gebäuden heißt eine der
häufigsten Antworten auf Investitionsstau
ÖPP (Öffentlich-Private Partnerschaften),
auch unter dem englischen Begriff PPP
(Public-Private Partnership) bekannt: Privat-
unternehmen und öffentliche Stellen teilen
sich Kosten und Nutzen einer Investition
und/oder der Bewirtschaftung (s. Grafik
Seite 40).
Bei Krankenhäusern jedoch gibt es in
Deutschland bislang keine ÖPP. Dafür gab
es vor allem zwei Gründe. Der erste war
das bisherige duale Finanzierungsmodell,
wonach das Land die Bau- und Investitions-
kosten der Kliniken trug und die Kranken-
kassen die Betriebskosten. Logischerweise
entschied sich das Land stets für die kos-
tengünstigeren Bauangebote, auch wenn
diese höhere Betriebskosten verursachten,
da diese von den Kassen getragen wurden.
Den Krankenhausbetriebswirten konnte es
also schlicht egal sein, ob ein Krankenpfle-
ger beim Essenverteilen 2,5 oder 5,5 Kilo-
meter zurücklegen musste.
Der zweite Grund: die Richtlinien für die
PPP-Fördergelder der Bundesländer. Bei-
spiel: Bei einem Förderverfahren für ein-
zelne Investitionsprojekte muss der Pri-
vatinvestor bereits bei Beantragung der
Fördermittel Detailangaben machen, die er
zu dem Zeitpunkt entweder noch gar nicht
kennt oder die eine hohe Preisgabe sei-
nes internen Know-hows bedeuten. Selbst
wenn der Investor bereit wäre, mit dem Bau
vor Zusage der Fördermittel zu beginnen,
darf er diese Fördermittel dann gar nicht
mehr bekommen. Grund dafür ist ein „haus-
haltsrechtliches Verbot der Förderung be-
reits begonnener Vorhaben“.
Durch die Einführung der Fallpauschalen
entfiel im Jahr 2005 Grund eins. Seither
lohnt es sich für Krankenhäuser, durch In-
vestitionen ihre Betriebskosten zu senken.
Und um Grund zwei noch loszuwerden, gab
das hessische Gesundheitsministerium bei
PwC ein Gutachten in Auftrag. „Eine mo-
derne Krankenhauspolitik muss dafür sor-
gen, dass Ökonomie und Qualität der medi-
zinischen Versorgung kein Gegensatz sind“,
sagt die hessische Sozialministerin Silke
Lautenschläger, und das Gutachten zeigt
den Weg dorthin.
Öffentlich-Private Partnerschaften, so das
Fazit, sind auch in Hessens Krankenhäu-
Skalpell ... Tupfer ...Finanzspritze ...Deutschlands öffentliche Kliniken stecken im Investitionsstau. Partnerschaften mit privaten Investoren können jetzt Abhilfe schaffen.von Geraldine Friedrich
„Viele öffentliche Kliniken müssen sparen, haben aber kein Geld, um die Sparpotenziale zu erschließen.“Harald Schmidt, PwC-Experte für die Gesundheitsbranche
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sern möglich – allerdings nur bei einer Än-
derung der bisherigen Förderpraxis. Künf-
tig soll die Bewilligung von Fördermitteln
auf Grundlage einer „Wirtschaftlichkeits-
untersuchung“ erfolgen. PwC-Gutachter
Schmidt: „Ich war überrascht, wie zielstre-
big und schnell die hessische Regierung
darauf reagierte und nun bereit ist, diese
gesetzliche Hürde abzubauen. Das ist wirk-
lich ungewöhnlich.“
Allerdings stehen die verantwortlichen Ge-
sundheitspolitiker in Ländern und Kommu-
nen auch unter ungewöhnlichem Druck:
Die durch die Fallpauschalen eingeleitete
Konsolidierung der Branchen geht bislang
fast ausschließlich zulasten der öffentlichen
Träger. Schon jetzt hat sich ihr Anteil an den
Kliniken bundesweit deutlich reduziert, und
nach PwC-Prognosen würde mehr als die
Hälfte der bislang noch öffentlich betrie-
benen Krankenhäuser bis zum Jahr 2020 an
private Träger verkauft oder gar geschlos-
sen werden.
Von den 2170 im Jahr 2004 gezählten Akut-
krankenhäusern (also den Standardkliniken)
waren 38 Prozent öffentlich, 39 Prozent
gemeinnützig und 26 Prozent privat ge-
führt. Im Jahr 2020 rechnet PwC mit 1850
Akutkrankenhäusern, von denen 46 Pro-
zent von privaten und nur noch 18 Prozent
von öffentlichen Trägern betrieben werden.
Wenn diese Prognose tatsächlich so ein-
tritt, befürchten Bund, Länder und Kranken-
kassen, dass die großen Klinikketten wie
Rhön, Helios oder Asklepios die Preise und
die Marktbedingungen bestimmen könnten.
Schmidt: „Die Angst wächst, dass Privat-
kliniken ihre Patienten nur noch innerhalb
des eigenen Konzerns hin- und herschicken.
Die freie Wahl des Krankenhauses wäre da-
mit beeinträchtigt.“
Der beste Weg, das zu verhindern: die
Wettbewerbsposition der öffentlichen Kli-
niken zu verbessern. Und zumindest einer
der besten Wege dafür heißt ÖPP. „Öffent-
lich-Private Partnerschaften bieten für
Krankenhäuser die Chance, ihre dringend
notwendigen Investitionen mithilfe privater
Partner zu finanzieren und endlich aus dem
Teufelskreis ‚Kein Geld für Reparaturen –
Betriebskosten steigen weiter – Einnahmen
sinken‘ auszubrechen“, sagt Martin Weber,
Experte für Public-Private Partnership bei
PwC.
Das Prinzip funktioniert so: Der private
Investor, zum Beispiel ein Baukonzern, baut
neue Krankenhäuser beziehungsweise mo-
dernisiert bestehende. Er kümmert sich
auch um die Finanzierung, an der sich Ban-
ken mit Krediten und das Land in Form von
Fördergeldern beteiligen. Anschließend ver-
mietet oder verleast er das Gebäude über
eine vorab festgelegte Dauer, meist 25 bis
30 Jahre, an die Betreiber und bekommt
dafür Miete oder eine Leasinggebühr.
In der Regel sind die Investitionen in die
Gebäude bei allen Modellen sehr hoch.
Durchschnittlich rechnet ein privates Kran-
kenhaus mit Investitionen in Höhe von
180.000 Euro pro Bett, bei den öffentlichen
liegt dieser Betrag bei 200.000 Euro. So
kommen bei einem neu zu planenden 500-
Betten-Haus schnell 100 Millionen zusam-
men. Der Charme der PPP-Lösung liegt
darin, dass sich die hohen Investitionen zu
Beginn über die Projektlaufzeit in deutlich
niedrigeren Betriebskosten niederschla-
gen – Lebenszykluskonzept nennt sich das.
„Derjenige, der baut, muss von vorneherein
überlegen, wie das Krankenhaus im Betrieb
läuft und was es kostet“, erläutert Weber.
Die wichtigsten PPP-Modelle und die häufigsten Anwendungsfelder.
PPP-Anwendungsfelder
So funktioniert PPP
Hoheitsträger einerseits und ein privates Unternehmenandererseits bilden ein Gemeinschaftsunternehmen inprivater Rechtsform, das die öffentliche Aufgabe erfüllt.
Vertrag
Die Verantwortung für die Erfüllung verbleibt beim Ho-heitsträger (Leistungsverpflichtung). Die zur Aufgaben-erfüllung notwendigen Leistungen beschafft sich derHoheitsträger durch einen Vertrag mit einem privatenUnternehmen, das die notwendigen Anlagen betreibtund meist errichtet hat.
Betreibermodell
Auf Grund einer vom Hoheitsträger erteilten Konzessionunterhält das privatrechtlich organisierte Unternehmenunmittelbare Leistungsbeziehungen mit den Bürgern.
Konzessionsmodell
Konzession
Verkehrsinfrastrukturprojekte
Immobilienprojekte(Verwaltungsgebäude, Hoch-schulen und Krankenhäuser)
Logistik mobiler Wirtschaftsgüter(z. B. IT-Bereich, Telefonanlagen,Fahrzeugflotten)
kommunale Ver- und Entsorgung,öffentlicher Nahverkehr
Städtebau, Stadtentwicklung(Planung, Erschließung,Bebauung, Revitalisierung)
Wirtschaftsförderung(Standortförderung unterBeteiligung von Städten undGemeinden)
Infrastrukturentwicklung(Wirtschafts- und Beschäfti-gungsförderung)
Forschung und Entwicklung,Technologietransfer
IT-Projekte (E-Government)
Sicherheitspartnerschaften(Rahmenvereinbarungen,Organisationen des Sicherheits-gewerbes)Quelle: Difu
Kooperationsmodell
öffentlicheHand
privateWirtschaft
öffentlicheAufgabe
Gemeinschafts-unternehmen
„Mit PPP können die Kliniken aus dem Teufelskreis steigender Kosten und sinkender Erlöse ausbrechen.“Martin Weber, PwC-Experte für Public Private Partnership
41_pwc: juli 2007
Beispiel: Oftmals setzen die Bauherren bei
Böden billige Materialien ein, die später viel
aufwendiger zu pflegen sind und häufiger
repariert werden müssen.
„Sowohl die Baufirmen als auch die Banken
sind sehr interessiert, das wissen wir aus
Gesprächen, die wir bereits geführt haben“,
sagt Schmidt. Die Baubranche könnte neue
Umsatzpotenziale erschließen, für die Ban-
ken fällt das Problem weg, dass die meisten
öffentlichen Krankenhäuser in ihrer bishe-
rigen Bilanzstruktur nach Basel-II-Kriterien
nur beschränkt oder gar nicht kreditwürdig
sind. Auch Private-Equity-Unternehmen be-
ginnen, sich für deutsche Krankenhäuser
zu interessieren. Schmidt: „In sechs Mona-
ten bis zwölf Monaten werden wir auf dem
Krankenhausmarkt mit ganz neuen Interes-
senten zu tun haben.“
PPP bietet aber noch weitere Vorteile: Der
Träger kann fast alle Dienstleistungen wie
Wäscherei, Reinigung, Abfall, aber auch IT
und Diagnostik auslagern. Nur der medizi-
nisch-pflegerische Bereich bleibt als Kern
öffentlich. Die meisten Kosten lassen sich
beim Personal sparen: Im Durchschnitt
wendet eine Privatklinik wie das Rhön-Klini-
kum 56 Prozent ihrer Umsatzerlöse für Per-
sonal auf, bei den von den Kommunen und
Kreisen betriebenen Krankenhäusern sind
es laut Schmidt bis zu 75 Prozent. „Es kann
natürlich sein, dass eine Privatklinik mehr
Dienstleistungen ausgelagert hat und diese
damit unter die Sachkosten fallen, trotzdem
lässt sich sagen: Viele der öffentlich be-
triebenen Häuser arbeiten unwirtschaftlich,
weil sie den Faktor Arbeit nicht durch den
Faktor Kapital ersetzen können.“
Kann also der Teufelskreis von Investitions-
stau, hohen Betriebskosten und geringer
Produktivität durch einen Engelskreis aus
modernen Kliniken mit geringen Betriebs-
kosten und attraktiven Angeboten ersetzt
werden? Schmidt warnt davor, PPP als
„Allheilmittel“ zu sehen. Die durch private
Investitionen erzielten Vorteile kämen nur
zum Tragen, wenn die Krankenhausleitung
sie auch im täglichen Betrieb nutze: „Der
knappste Faktor im Gesundheitswesen
sind Managementkapazitäten, denn gute
Krankenhausmanager wechseln lieber in
die Privatwirtschaft.“ Dort locken weniger
Bürokratie, kurze Entscheidungswege und
die Chance, auch politisch unpopuläre Ent-
scheidungen fällen zu können, etwa stärker
leistungsbezogene Gehälter zu bezahlen.
Noch ein anderer Grund dämpft die ÖPP-
Euphorie. Der ständige Kostendruck im
hoch lobbyisierten Gesundheitssystem wird
es schlicht nicht zulassen, dass sich im Teil-
system Krankenhaus ein Engelskreis bildet.
Wenn die Krankenhäuser mit dem Fall-
pauschalensystem attraktive Profitmargen
erzielen, werden die Vertreter von Ärzte-,
Pharma- oder Kassenlobby schon bald
damit beginnen, die Margen abzuknapsen;
indem sie entweder versuchen, die Fallpau-
schalen wieder zu reduzieren oder das Sys-
tem schlicht zu kippen.
„Natürlich könnten die Krankenkassen auf
die Idee kommen, den Einspareffekt aus
den günstigeren Betriebskosten für sich zu
nutzen“, gibt auch PwC-Experte Schmidt
zu bedenken. Je nachdem, wie drastisch
dann die Umverteilungseffekte ausfallen,
könnten am Ende sogar diejenigen das
Nachsehen haben, die jetzt im Vertrauen
auf die Berechenbarkeit des aktuellen Sys-
tems der Krankenhausfinanzierung in die
Modernisierung investieren.
[email protected]. 069 [email protected] 069 9585-5921
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc224
Das neue Fallpauschalensystem der Kranken-hausfinanzierung setzt vor allem die öffent-lichen Kliniken unter Konsolidierungsdruck. ÖPP ist eine attraktive Variante, um die Wett-bewerbsposition zu verbessern.
Klinik-ÖPP im AuslandWährend sich Deutschland mit ÖPP in Krankenhäusern noch schwertut, sind solche Pro-
jekte in vielen anderen Ländern gang und gäbe. In Großbritannien gibt es in der Gesund-
heitsbranche bereits seit über 30 Jahren Öffentlich-Private Partnerschaften. Aber auch in
Japan, Kanada, Spanien und Portugal ent-
stehen Kliniken auf diesem Weg. Im spa-
nischen Maja da Honda existiert dank PPP
ein 900-Betten-Krankenhaus mit einem In-
vestitionsvolumen von 200 Millionen Euro.
Grundsätzlich nimmt international nicht nur
die Zahl der PPP-Kliniken, sondern auch
deren Investitionstiefe zu. Es geht also im-
mer häufiger nicht nur um die Finanzierung
des Baus von Klinikgebäuden und deren In-
standhaltung, sondern auch darum, Dienst-
leistungen wie Catering, IT, Pflege und Re-
habilitation an externe Auftragnehmer zu
vergeben.
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Wer auf Dienstreise geht, hat in der Regel Anspruch auf eine Ver-
pfl egungspauschale. Eine PwC-Studie zu Reisekostenrichtlinien
ergab jedoch unterschiedliche Vorgehensweisen, wenn der Mit-
arbeiter auf Reisen zum Essen eingeladen wird. Die Mehrheit der
Unternehmen kürzt in diesen Fällen die Verpfl egungspauschale
entsprechend. Recht hoch ist allerdings auch der Anteil der Unter-
nehmen, die für diesen Fall keinerlei Regelung getroffen haben.
EinladungsabrechnungAls erster Leiter der Verein-
ten Nationen hat der neue
Generalsekretär Ban Ki-moon
jetzt seine Finanzverhältnisse
veröffentlicht. Nach der von
PwC-Mitarbeitern überprüf-
ten Offenlegung verfügen der
Südkoreaner Ban und seine
Ehefrau über Immobilienbe-
sitz in ihrem Heimatland im
Wert von etwa 1 Million Dol-
lar sowie über mehrere Konten mit insgesamt weniger als 250.000
Dollar Guthaben. Mit dieser Offenlegung seines Vermögens will
Ban Ki-moon ein Zeichen der Transparenz in der zuletzt immer wie-
der von Korruptionsskandalen erschütterten UNO setzen. Sein Vor-
gänger Kofi Annan hatte zwar ebenfalls seine Vermögensverhält-
nisse von PwC überprüfen lassen, die Ergebnisse allerdings nicht
veröffentlicht.
Bonuszahlungen und Aktienoptionen machen nach wie vor einen
Großteil der Gehälter von Vorständen und Topmanagern aus.
Allerdings setzen immer mehr Unternehmen eine Obergrenze für
Erfolgsprämien, wie aus der Studie „Trends bei Mid und Long Term
Incentive Plänen 2006“ von PricewaterhouseCoopers (PwC) her-
vorgeht. Zudem erhalten Manager anstelle von Aktienoptionen zu-
nehmend einen mittel- oder längerfristig orientierten cashbasierten
Bonus, der an konkrete Zielvorgaben geknüpft ist.
Zwar bleibt die Entwicklung des Aktienkurses bei den untersuchten
Incentive-Plänen noch immer der wichtigste Maßstab für die Be-
urteilung der Managementleistung, allerdings gewinnen alterna-
tive Unternehmenskennzahlen an Bedeutung. Auslöser für diesen
Trend ist weniger die zum Teil heftige Kritik von Aktionären und
Öffentlichkeit an der Höhe der Manager-Boni. Vielmehr erwarten
die meisten Unternehmen von der Umstellung eine verbesserte
Anreizwirkung. Für die Studie wurden börsennotierte Unternehmen
aus Dax, MDax, SDax und TecDax befragt.
Fast zwei Drittel der Unternehmen zahlten im Geschäftsjahr 2006
erfolgsabhängige Gehaltsbestandteile nur bis zu einer Obergren-
ze. Diese obere Schranke ist meist über die Steigerung des Aktien-
kurses oder der Entwicklung der verwendeten Kennzahlen festge-
legt. Demgegenüber gab es eine Deckelung der Boni im Jahr 2005
erst bei 56 Prozent und 2004 sogar nur bei 42 Prozent der be-
fragten Unternehmen. Die meisten Incentive-Programme (81 Pro-
zent) sehen eine Sperrfrist von zwei bis drei Jahren für die Aus-
übung einer Aktienoption oder die Auszahlung einer Erfolgsprämie
vor. Demgegenüber ist der Anteil von Programmen mit langen
Sperrfristen von vier und mehr Jahren (drei Prozent) deutlich ge-
ringer. Kommt es zur Auszahlung, sehen 64 Prozent der Incentive-
Pläne eine Barausschüttung und 21 Prozent eine Vergütung durch
Aktienausgabe vor. Bei den verbleibenden 15 Prozent besteht ent-
weder eine Wahlmöglichkeit, oder der Vorstand entscheidet über
die Vergütungsmodalitäten.
Aussagen in Prozent der BefragtenWer auf Dienstreise zum Essen eingeladen wird ...
Quelle: PricewaterhouseCoopers
44... bekommt die
Verpflegungs-pauschalegekürzt
29... muss die Einladung
nicht melden
23... darf das Essen
nicht abrechnen
4... keine Angabe
UNO-Generalsekretär für Transparenz
Boni statt Optionen
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Hotelzimmer kauft man nicht, man mietet.
Es sei denn, man springt auf den Hotel-
„buy-to-let“-Trend auf – und macht beides.
Insbesondere in der Londoner City und dort
insbesondere im Luxushotel-Segment gibt
es immer mehr Hotels, in denen man sein
Eigentumszimmer erwerben kann. Der Ei-
gentümer erwirbt damit das Anrecht auf eine
bestimmte Anzahl von Übernachtungen pro
Jahr sowie auf einen Anteil an den im übri-
gen Jahr mit seinem Zimmer erzielten Miet-
einnahmen. Dieses Angebot wird nicht nur
von ausländischen Geschäftsreisenden an-
genommen, die sich so ihren „Koffer in Lon-
don“ leisten, sondern auch von Londoner In-
vestmentbankern. Wenn die Verhandlungen
zu einem Deal (oder das Beisammensein
danach) mal wieder bis in die Nacht gedau-
ert hat, sparen sie sich so die lange Fahrt ins
private Häuschen im Grünen.
Eigentumshotel
Neue Trends im Risikomanagement ent-
deckte die PwC-Studie „Creating Value:
Effective Risk Management in Financial Ser-
vices“. Während bei Finanzdienstleistern
hier bislang die Anpassung an Vorgaben
der Regulierungsbehörden im Vordergrund
stand, geht es nunmehr bei den Investiti-
onen verstärkt um die Realisierung von zu-
sätzlichem Nutzen. „Bei immer mehr Insti-
tuten setzt sich die Erkenntnis durch, dass
systematisches Risikomanagement Wett-
bewerbsvorteile schafft und damit unmit-
telbar zur Wertsteigerung beitragen kann“,
sagt Stefan Palm, Leiter des PwC-Be-
reichs Financial Services Risk Management.
„Zweifellos können Risikomanager einen
Mehrwert schaffen, indem sie die unter-
schiedlichen regulatorischen Anforderungen
mit der internen Ertrags- und Risikosteue-
rung in Einklang bringen und damit für das
operative Geschäft nutzbar machen.“
Risikomanagement soll sich auszahlen
Drei Fragen an ...... Marion Lörlerzum Eignungstest für Coaches
pwc: PwC prüft nicht nur Bilanzen, sondern
auch Coaches?
Lörler: Nur für den Eigenbedarf. Wir möchten
sicher sein, dass im PwC-Pool nur Coaches
sind, die mit ihrem Gegenüber auf Augen-
höhe agieren können. Sie sollen nicht nur
ihren Job, sondern auch unseren Job verste-
hen, also selbst über Management erfahrung
verfügen.
Mussten Sie aufgrund dieser neuen Vor-
gaben viele Coaches rauswerfen?
Es geht nicht so sehr ums Rauswerfen, son-
dern um die Kontrolle, wer reinkommt. Nur
wenn wir unseren Mitarbeitern gegenüber
klarmachen können, dass ihnen keine Psy-
cho-Scharlatane, sondern professionelle
Business-Coaches gegenübersitzen, kön-
nen wir auch das Image dieser sinnvollen
Dienstleistung verbessern.
Gibt es schon erste Erfolge?
Seit der Einführung des Coach-Pools im
vergangenen Jahr hat sich die Inanspruch-
nahme von Coaches durch unsere Füh-
rungskräfte um 30 Prozent erhöht.
Marion Lörler leitet bei PwC Deutschland die Führungskräfteentwicklung.
ist die Nummer des European Desk bei PwC in Schanghai: Und da der Direktor des Euro-
pean Desk Claus Schürmann heißt und aus Deutschland nach China gekommen ist, gibt
es dort ein besonders offenes Ohr für die Interessen und Anliegen deutscher Unternehmen,
die Geschäfte mit oder in China machen wollen. Ob es um die neuen chinesischen Rech-
nungslegungsstandards geht, um die Gründung von Joint Ventures oder Auslandsnieder-
lassungen, um Zoll- oder Steuerfragen: In den PwC-Büros in Schanghai und Peking sind
sowohl Steuer- als auch Rechtsexperten vor Ort, um den Kunden einen umfassenden Ser-
vice zu gewährleisten. Zum Team gehören unter anderem Jens-Peter Otto und Ralph Dre-
her (Schanghai) sowie Dirk Bongers im Büro Peking. Schürmanns Gegenpart in Deutsch-
land ist Harald Kayser, der Leiter der hiesigen China Business Group: 0711 25034-3115.
+81 21 6123-2372
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Junge UNIONDie alte UNION wurde 144 Jahre. Die neue UNION ist jetzt gute zehn Jahre alt. Mit dem Einstieg eines Finanzinvestors beginnt für sie der nächste Lebensabschnitt.Von Corinna Freudig
Verbindungen: Konrad Fröhlich (o. l.), Werkzeugmaschinenschlosser, weiß alles über Bohrwerke. Die UNION ist der Arbeitsgeber seines Lebens. Sieghard Bender (o. r.) von der IG Metall stand an der Wiege bei der Wiedergeburt der UNION – der Neugründung als Mitarbei-tergesellschaft nach der Insolvenz. Klaus Dornaus (u. r.), PwC-Wirtschaftsprüfer, prüfte das Konzept und gab seinen Segen. Jan Pieter de Graaf (u. l.), Private-Equity-Investor, steht für die neue neue UNION. Er hat 71 Prozent der Anteile übernommen.
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Konrad Fröhlich ist nicht fröhlich. Mit Inves-
toren hat der Werkzeugmaschinenschlosser
keine guten Erfahrungen gemacht. Schließ-
lich haben sie sein Unternehmen, die
UNION Werkzeugmaschinen GmbH Chem-
nitz, in die Insolvenz getrieben. Und zehn
Jahre nachdem eine neue UNION gegrün-
det wurde, als Mitarbeitergesellschaft, da
kommt wieder so ein Investor daher. Über-
nimmt 71 Prozent. Und sieht so gar nicht
aus wie ein Maschinenbauer.
Jan Pieter de Graaf will auch kein Maschi-
nenbauer sein. Mit dunkler Kunststoffbrille,
IWC-Chronometer, Siegelring und akku-
ratem Seitenscheitel würde ihm das auch
keiner abnehmen. De Graaf ist Investor.
Hands-on-Investor, um genau zu sein. Denn
so nennt sich die holländische Private-Equi-
ty-Gesellschaft Nimbus, deren Münchner
Büro er leitet. „Wir übernehmen Unterneh-
men, um sie zu stabilisieren und zu entwi-
ckeln“, sagt de Graaf. „Insofern verstehen
wir uns auch als strategischen Investor.“ Im
Dezember 2006 hat Nimbus 71 Prozent der
UNION übernommen.
Dies ist die Geschichte der UNION seit der
Wende. Eines Unternehmens, das priva-
tisiert wurde und 1996 nicht vor dem Aus,
sondern im Aus stand – weil es Investoren
hatte, die Wettbewerber waren, einen an-
geschlagenen Mutterkonzern hatten und
der UNION das Geld aus der Tasche zogen.
Eines Unternehmens, das sich aus eige-
ner Kraft wieder berappelte. Ohne Investor.
Und das mit Nimbus jetzt wieder einen In-
vestor hat.
Aber der ist anders. Bringt eine Tasche
voller Geld mit. Hält bisher seine Verspre-
chen. Nur wenige Wochen nach dem Ein-
stieg wurde die dringend notwendige neue
Werkzeugmaschine für 1,5 Millionen Euro
bestellt, der Bau einer ebenso notwen-
digen Werkhalle begonnen. Dort soll ein
neuer Maschinentyp gebaut werden, der
im Absatzmarkt Indien gefragt ist. Den hat
die UNION bisher kaum erschlossen, aber
in den künftigen Wachstumsstrategien
spielt er eine wichtige Rolle. „Wir haben so
schnell Investitionszusagen machen kön-
nen“, sagt de Graaf, „weil die UNION gut
aufgestellt ist und es als Basis für die wei-
tere Entwicklung einen sehr gut vorberei-
teten und plausiblen Businessplan gibt.“
Das freut das Geschäftsführer-Duo Kurt
Hermans, den Kaufmann, und Rolf Adams,
den Techniker. Und das freut auch Konrad
Fröhlich. Vielleicht sind ja wirklich nicht alle
Investoren Unheilsbringer. Vielleicht muss
es nicht mit allen so schieflaufen wie da-
mals nach der Wende, als die Treuhand für
die „VEB Werkzeugmaschinenfabrik UNION
Karl-Marx-Stadt und Gera im Kombinat
Fritz Heckert“ zuständig wurde.
Es gibt noch etwas, was Konrad Fröhlich
am Nimbus-Mann Jan Pieter de Graaf gut
findet: Dass er die Kapitalbeteiligung der
Mitarbeiter unterstützt. Denn de Graafs
Großvater in Holland hat das bei seiner Fir-
ma auch gemacht. Deshalb sagt de Graaf
in bestem Investorendeutsch: „Das ist ein
echtes Asset, weil es die Motivation der
Mitarbeiter richtig fördert.“
Ihn hat es nicht gestört, dass UNION-An-
teile – genug für eine Sperrminorität – in
einer Mitarbeitergesellschaft verbleiben.
„Alles in allem“, sagt Konrad Fröhlich, „bie-
tet ein neuer Investor auch gute Chancen,
um die UNION auf Wachstumskurs zu brin-
gen.“ Ein wenig Mut zureden muss er sich
aber schon. Denn das Investoren-Trauma
ist nun einmal da.
Investor Nummer eins war die Schiess-
Gruppe aus Düsseldorf, 1991. Kurze Zeit
später schloss sie den Unternehmens-
standort Gera, an dem Fröhlich arbeitete.
Mit 30 Kollegen aus Gera wurde er weiter-
beschäftigt, in Chemnitz. Noch heute pen-
delt er via Fahrgemeinschaft die rund 70
Kilometer (einfache Strecke), um Bohrwerke
zu bauen.
Wer Bohrmaschine sagt, ist schnell un-
ten durch bei den UNIONern. Denn Bohr-
maschinen können längst nicht das, was
ein Bohrwerk kann: bohren und fräsen für
Windkraftanlagen und Containerschiffe,
Turbinen und Rotoren, für Siemens, BASF,
HDW und Voith. Auf den Platten können
Werkstücke von bis zu zehn Tonnen fest-
geschnallt werden, damit sich die Bohrspin-
del mit ihrem stählernen Zahn in ebenso
stählerne Maschinenleiber fressen kann.
Konrad Fröhlich weiß alles über Bohrwerke.
Mit 14 Jahren hat er 1974 bei der UNION
seine Lehre angefangen. Er war froh, dass
er in Chemnitz weiterarbeiten konnte. Denn
die Alternative hätte damals Arbeitslosig-
keit geheißen. So heißt sie auch noch heu-
te: Chemnitz leidet an Überalterung und
Einwohnerschwund, die Arbeitslosenquote
liegt bei 20 Prozent.
Seine Freude über die Aufnahme in Chem-
nitz ist von kurzer Dauer. Schiess, Tochter
der angeschlagenen Metallgesellschaft aus
dem Frankfurt im Westen, gerät ins Trudeln.
1994 übernimmt die Dörries-Scharmann AG
aus Mönchengladbach. Wie schon Schiess
ein Wettbewerber der UNION und wieder
Tochter einer Mutter mit Schwierigkeiten:
des Bremer Vulkan. Die rutscht in den Kon-
kurs, die UNION rutscht mit. „In unfeiner
Weise wird hier die Deindustrialisierung
Ostdeutschlands praktiziert“, schrieb da-
mals die „Freie Presse Chemnitz“ voller Wut
auf die Wende und den Westen, die UNION-
Geschichte werfe „kein gutes Licht auf den
Durchhaltewillen westdeutscher Unterneh-
men in den neuen Bundesländern.“
1996 ist es vorbei. Im März stellt die Ge-
schäftsführung Antrag auf Konkurs. „Im
Nachhinein war das aber unser großes
Glück“, erzählt Konrad Fröhlich. „Nur weil
wir völlig am Ende waren, konnten wir ganz
neu anfangen.“ 138 Mitarbeiter standen da-
mals bei der UNION in Lohn und Brot. 1989,
zur Zeit der Wende, waren es noch fast 800
gewesen.
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„Die Mitarbeiterbeteiligung ist ein echtes Asset, weil sie die Motivation der Mitarbeiter fördert.“Jan Pieter de Graaf, Deutschland-Chef Nimbus Hands-On-Investors
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In guten wie in schlechten Zeiten: Der kaufmännische Geschäftsführer Kurt Hermans (r.) begleitet die UNION seit zehn Jahren. Als er kam, stand sie vor einem Neuanfang als Mitarbeitergesellschaft, jetzt steht sie mit einem neuen Mehrheitsinvestor wieder vor einem Neuanfang. Dass der gelingt, dabei hilft auch Rolf Adams (l.), seit knapp einem Jahr technischer Geschäftsführer.
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Viele dieser Mitarbeiter sind altgediente
UNIONer. Sie wollen ihren Job nicht kampf
los aufgeben. Denn: Die Produkte sind gut,
die Auftragsbücher gefüllt, die Pläne für
neue Bohrwerke liegen in der Konstrukti
onsabteilung, und die UNION ist zwar zah
lungsunfähig, aber nicht überschuldet. Die
Mitarbeiter besetzen das Werk. Alle 138,
ausnahmslos. Ein Teil arbeitet weiter, die
anderen kontrollieren jedes Fahrzeug auf
dem Werksgelände. Die Investoren haben
schon genug weggenommen – Maschi
nen abgebaut und Einnahmen aus einem
Grundstücksverkauf auf eigene Konten
übergeleitet.
Zu den Besetzern gehört Sieghard Bender,
damals Erster Bevollmächtigter der IG Me
tall in Chemnitz. Der Schwabe, heute für
die IG Metall wieder nach Esslingen zurück
gekehrt, war 15 Jahre in Chemnitz und
kennt die Geschichte der UNION seit der
Wende bis ins letzte Detail. „Das war kein
kaputtes Unternehmen. Deshalb haben wir
es einfach selbst übernommen.“
Eine Konzeptgruppe aus Mitarbeitern,
Geschäftsführung und Gewerkschaft ent
wickelt ein Rettungsmodell – die Mitarbei
terbeteiligung. 100 UNIONer sollen für je
10.000 Mark Anteile am Unternehmen kau
fen und somit eine kapitale Absicherung
für weitere Finanzierungen schaffen. Eine
gewagte Konstruktion – allemal in der Ex
DDR, wo die Grenzen zwischen Kapital und
Arbeit(er) allen politisch verbreiteten Lügen
zum Trotz unüberbrückbar waren.
Das Konzept wird den Banken vorgestellt
und dem Freistaat Sachsen. Der schickt
es zur Prüfung an Klaus Dornaus, Wirt
schaftsprüfer und Niederlassungsleiter von
PricewaterhouseCoopers (PwC) in Chem
nitz. „Ich sollte am Ende sagen: funktioniert,
oder: funktioniert nicht.“ Ein AlbtraumAuf
trag. „Schlaflose Nächte hat er mir bereitet.
Mir war ja klar, wenn ich sage: Nein, geht
nicht, ist die UNION tot. Und wenn ich Ja
sage und das geht in die Hose, habe ich mit
dem Freistaat ein Problem.“ Zwei Wochen
bunkert er das Papier in der hintersten Ecke
einer Schreibtischschublade.
Dann liest er es und kommt zu der Über
zeugung: Ja, das kann funktionieren. Noch
nicht genau so, wie es da steht, aber es
geht. Gemeinsam mit der Konzeptgruppe
feilt er an dem Papier, verhandelt mit Ban
ken und dem Land, das Bürgschaften über
nehmen sollte.
Am 23. September 1996 ist es so weit. Die
neue UNION wird gegründet als Mitarbeiter
gesellschaft von 100 Mitarbeitern, vertreten
„Hersteller von Zentren für die Bearbeitung schwerer, großvolumiger Werkstücke der metallverarbeitenden Industrie.“ So liest sich das offiziell. Auf deutsch heißt das: Die UNION baut Bohrwerke, die bei der Produktion von Containerschiffen und Windkraftanlagen bohren und fräsen.
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Kontakt
[email protected]. 0351 4402-760
Mitarbeiterbeteiligung kann auch bei Unter-nehmen in Krisensituationen funktionieren – wenn ein realistischer Business-Plan zugrun-de liegt und Stakeholder wie Banken und die Politik das Konzept unterstützen.
durch einen Beirat, der die Geschäftslei-
tung kontrolliert und unterstützt. In diesem
Beirat: Mitarbeiter, Bank, Vertreter der Stadt,
Arbeitsamt, IG Metall.
Die Neugründung bedeutet jedoch nicht
zwingend einen sofortigen Arbeitsplatz: Nur
13 Mitarbeiter können die Arbeit gleich wie-
der aufnehmen, der Rest bleibt arbeitslos.
„Wir mussten den Kunden erst einmal be-
weisen, dass wir wieder da sind“, erinnert
sich Fröhlich. Schließlich war die UNION
ein halbes Jahr insolvent gewesen, hatte in
dieser Zeit zwar noch Bohrwerke montiert,
für diese jedoch nicht einmal die Gewähr-
leistung übernehmen können. Das haben
nicht alle Kunden durchgehalten.
Die Mitarbeiter halten durch. Obwohl erst
sechs Monate später der letzte der 100 Ge-
sellschafter wieder eingestellt wird.
Das hat Kurt Hermans fasziniert, einen tief
aus dem Westen, aus Aachen, der erst auf
der Karte schauen musste, wo Chemnitz
liegt. Ob er nicht die kaufmännische Ge-
schäftsführung für die UNION übernehmen
wolle, war er gefragt worden. Im Januar
1997 zieht er nach Chemnitz. Heute ist der
mittlerweile 60-Jährige immer noch da. Und
steht wieder an einem Neuanfang, aber
einem, den er maßgeblich mitgestaltet.
Hermans ist schon lange kein Wessi mehr,
sondern ein UNIONer. „Die ist etwas Beson-
deres. Die Initiative, die die Mitarbeiter da-
mals gezeigt haben, gibt es nicht oft. Weder
im Westen noch im Osten.“ Nach dem Neu-
anfang hat er alle Hände voll zu tun, beglei-
tet von Klaus Dornaus, seit der Neugrün-
dung Prüfer und Berater der UNION und
des Beirats. Unter den 100 Mitarbeiterge-
sellschaftern ist keiner, der sich mit Liquidi-
tätsströmen, Refinanzierungen, Kreditlinien
und Bilanzposten auskennt, der Buchhal-
tung oder Berichtswesen aufbauen kann.
Der erste Erfolg zeigt sich 1998: Die Bilanz,
die Klaus Dornaus testiert, weist einen Ge-
winn aus. Und die Zahlen werden immer
schwärzer. Bis 2003. Der Umsatz fällt von
23 Millionen auf 18,5 Millionen Euro. Wirt-
schaftsflaute, Konjunkturkrise, vor allem in
der Old Economy Maschinenbau.
„Das gefiel unserer Hausbank nicht“, erzählt
Hermans. „Schließlich stand die damals
wie alle Banken durch Basel II unter einem
enormen Druck.“ Ein Investor muss her, ver-
langt die Bank. Mit Nachdruck. Auch, als es
längst wieder aufwärts geht. 2004: 21 Milli-
onen Euro. 2005: 22,7 Millionen.
Aber die Zahlen helfen nicht. „Mir war das
unverständlich“, wundert sich Klaus Dor-
naus, „Das Krisenfrüherkennungssystem
hatte hervorragend funktioniert, wir hatten
richtig reagiert, und es war erkennbar, dass
die UNION wieder zu guter Form aufläuft.“
Schwere Zeiten für Kurt Hermans. Nicht nur
wegen der Bank. Auch der technische Ge-
schäftsführer macht ihm das Leben schwer.
Mauschelt und verbündelt sich hinter sei-
nem Rücken. „Und er trieb vor allem in die
Mitarbeiterschaft einen Spaltpilz, indem er
eigene Konzepte mit eigenen Investoren
entwickelte. Da war eine ganz miese Stim-
mung“, sagt IG-Metaller Bender.
Die Bank schaltet einen externen Bera-
ter ein. Er soll die Fortführungsfähigkeit der
UNION als Mitarbeitergesellschaft prüfen.
Das Ergebnis: Die ist gegeben – der Busi-
nessplan ist realistisch, sogar eher konser-
vativ gerechnet, die Risiken sind vernach-
lässigbar. Hilft nichts. Die Bank fordert
einen Investor. Sieghard Bender glaubt, den
Grund zu kennen: „Das Modell der Mitar-
beitergesellschaft war in der Region nicht
gewollt und hatte politisch nicht viel Rü-
ckendeckung, außer von Ministerpräsident
Kurt Biedenkopf. Und als der aus dem Amt
schied, gab es keine Unterstützung mehr.“
Dann geht der ungeliebte Geschäftsführer-
kollege, sein Nachfolger: Rolf Adams. Er
versteht sich gut mit Kurt Hermans, die bei-
den ziehen an einem Strang. Mittlerweile
hat Hermans der Bank seinen Wunsch-
Investor präsentiert. Sie lehnt ihn ab, weil
er nicht genügend Anteile übernehmen will.
Sie besteht auf einem externen M&A-Bera-
ter. Der stellt im Frühjahr 2006 den Kontakt
zu Nimbus her.
Mit Nimbus wird verhandelt, lange verhan-
delt. „Wir hatten drei Ziele“, sagt Kurt Her-
mans: „Die UNION sollte in ihrer Struktur
erhalten bleiben, mit einer eigenen Kons-
truktionsabteilung, einem eigenen Rech-
nungswesen und so weiter. Sie sollte am
Standort Chemnitz bleiben. Und ein Teil der
UNION sollte in der Hand der Mitarbeiter
bleiben.“ Die Verhandlungen dauern lange,
bis Dezember 2006. Schließlich übernimmt
Nimbus 71 Prozent des Stammkapitals. Die
Mitarbeiter schließen sich in der UNION
Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft mbH
zusammen und behalten eine Sperrmino-
rität. Ein Beirat mit Vertretern der Mitarbei-
tergesellschaft und Nimbus berät die Ge-
schäftsführung und diskutiert strategische
Entscheidungen.
Dass es seitens der Mitarbeitergesellschaft
ein Mitsprache- und Vetorecht für den Exit
gibt, den Finanzinvestoren irgendwann im-
mer anstreben, stört Hands-on-Investor
de Graaf nicht: „Ein Engagement ist ohne-
hin nur dann erfolgreich, wenn am Ende alle
Beteiligten etwas davon haben.“
Ende 2006 beschäftigte die UNION 154
Mitarbeiter. Der Umsatz lag mit rund 25,8
Millionen Euro so hoch wie nie seit der
Wende. Es gibt keinen Grund für Konrad
Fröhlich, nicht fröhlich zu sein. Seine Stim-
mung ist zwar noch immer verhalten, aber
nicht pessimistisch. „Es kam gut an“, sagt
er, „dass das Nimbus-Management letztes
Jahr, noch vor dem Einstieg bei uns, an der
Zehnjahresfeier zur Gründung der UNION
als Mitarbeitergesellschaft teilgenommen
hat.“ Manchmal sind es die kleinen Dinge,
die zählen.
„Der Konkurs war unser Glück. Nur weil wir völlig am Ende waren, konnten wir neu anfangen.“Konrad Fröhlich, Werkzeugmaschinenschlosser
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„Was kümmern mich latente Steuern in
der Zukunft – mit den jetzt realen habe ich
schon genug zu tun.“ Der Stoßseufzer eines
Vorstandschefs ist nachvollziehbar, ver-
kennt jedoch die Bedeutung dieses Themas.
Dabei genügt ein Blick in den Wirtschafts-
teil: Ein großer Konzern gab einen Steuer-
aufwand von rund 600 Millionen Euro an.
Doch wie der Geschäftsbericht offenbart,
besteht ein künftiger Ertrag durch latente
Steuern; ohne diesen wäre der Aufwand
deutlich höher – fast 900 Millionen Euro.
Durch IFRS werden latente Steuern zu
einem immer wichtigeren Thema für die
Unternehmensleitungen. Denn bei IFRS
weichen die Wertansätze an vielen Stel-
len von der Steuerbilanz ab. Diese Unter-
schiede können in späteren Jahren zu ei-
ner steuerlichen Be- oder Entlastung des
Unternehmens führen – durch künftige
Steueransprüche (aktive latente Steuern)
oder Steuerverpflichtungen (passive latente
Steuern). Daher sind beide in den Büchern
des Geschäftsjahres zu berücksichtigen.
Während das deutsche Bilanzrecht bisher
nur vergleichsweise überschaubare Vor-
schriften zu latenten Steuern enthielt, be-
stehen in den IFRS sehr komplexe Vor-
gaben, und mit vielen der Bestimmungen
betreten die deutschen Konzerne steuer-
liches wie bilanzielles Neuland.
Die Schonzeit dafür ist bereits vorbei. Denn
seit letztem Jahr haben gerade Unterneh-
men, die IFRS-Jahresabschlüsse vorlegen,
mit einer genaueren Prüfung zu rechnen,
so Sven Fuhrmann, Steuerexperte bei
PricewaterhouseCoopers (PwC): „Seit 2006
kann die Deutsche Prüfstelle für Rechnungs-
legung (DPR) die Prüfung von Konzernab-
schlüssen nach IFRS vornehmen. Und sie
tut es auch.“ Schon für 2006 waren rund
150 Unternehmen zur Überprüfung der
Jahresabschlüsse vorgesehen, schließlich
ist allein die Steuerposition in den Jahres-
abschlüssen enorm: 23 Milliarden Euro – so
hoch waren zusammengenommen die Ver-
lustvorträge aller Dax-30-Unternehmen im
Jahr 2005.
Die latenten Steuern sind damit alles ande-
re als ein buchhalterischer Korrekturposten,
sondern sie liefern wichtige Informationen
für das Management. So kann ein Anstei-
gen aktiver latenter Steuern mit einer Zu-
nahme der Verlustvorträge zusammenhän-
gen, was ein Warnzeichen für krisenhafte
Entwicklungen sein kann. Denn jede Ände-
rung einer Bilanzposition löst meist auch
latente Steuern aus. Werden zum Beispiel
Wertpapiere bei einer Neubewertung ein-
schließlich stiller Reserven bilanziert, wäre
es nicht zutreffend, den gesamten unrea-
lisierten Gewinn auszuweisen. Denn das
Unternehmen könnte bei einem Verkauf der
Papiere nur über den Betrag verfügen, der
nach Abzug der Steuern verbleibt. Daher
werden zur Aktivierung der stillen Reserven
im Jahresabschluss parallel passive latente
Steuerpositionen gebildet.
International haben latente Steuern ein we-
sentlich höheres Gewicht als im HGB. Dort
machte die Steuerberichterstattung nur ei-
nen Bruchteil dessen aus, was US-GAAP
und IFRS den Experten im Rechnungs- und
Steuerwesen abverlangen. Die formalen
Anforderungen an einen HGB-Konzernab-
schluss haben sich in den letzten zehn Jah-
ren kaum geändert. Wer jedoch heute unter
IFRS die Bücher eines kapitalmarktorien-
tierten Unternehmens führt, muss sich be-
reits für jeden Quartalsabschluss auf neue
Anforderungen einstellen, so Rüdiger Loitz,
bei PwC Mitglied der International Repor-
ting Group: „IFRS ist viel weniger fehler-
tolerant, sondern fordert höchste Professio-
nalität von Steuer- wie Bilanzfachleuten.“
Jede Unternehmensführung ist schließlich
dafür verantwortlich, einen Jahresabschluss
vorzulegen, der den gesetzlichen Anforde-
rungen entspricht. Eine nachträgliche Än-
derung, ein sogenanntes Re-Statement,
gilt als Alarmfall für jeden CEO eines ka-
pitalmarktorientierten Konzerns – welcher
Vorstand macht schon gern alte Jahres-
abschlüsse wieder auf, um Positionen zu
korrigieren? Daher muss der Vorstand
durch belastbare Prozesse im Unternehmen
sicherstellen, dass im Zahlenwerk auch die
richtigen Zahlen enthalten sind.
Ob diese Zahlen schwarz oder rot sind,
hängt nicht zuletzt von den latenten Steu-
ern in der Bilanz ab, weiß PwC-Berater
Sven Fuhrmann. Denn immer noch gelte
die alte Weisheit der Buchhalter: „Weißt du
nicht wohin, buche gegen Gewinn.“
Keine FisilatentenIn IFRS-Bilanzen spielen latente Steuern eine weit wichtigere Rolle als nach HGB. Die Gefahr eines Re-Statements steigt damit drastisch. Von Alexander Ross
[email protected]. 069 [email protected]. 0211 981-2839
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc223
Die Wertansätze in Steuerbilanz und IFRS- Bilanz unterscheiden sich so stark, dass latente Steuern vom Nebeneffekt zur relevan-ten Bilanzposition werden – und eine entspre-chend aufwendige Behandlung erfordern.
Welcher Vorstand macht schon gerne alte Jahresabschlüsse wieder auf?
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So sieht es aus, wenn ein 20-Euro-Vermögen durchleuchtet wird. Transparenz bei großen Vermögen bringt eine neue PwC-Software.
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Control kann man mit Kontrolle überset
zen. Aber Wealth Control besser nicht mit
Vermögenskontrolle. Denn in diesem Wort
schwingt zu sehr die große Neugier von
dritter Seite mit, insbesondere von Staat
und Fiskus, die gerne einen möglichst ge
nauen Einblick in die Vermögenswerte ihrer
Bürger nehmen würden – um einen mög
lichst großen Anteil davon umzuverteilen.
Die bessere Übersetzung heißt Vermögens
controlling. Denn so wie die komplexen
Strukturen und Prozesse in großen Unter
nehmen ein professionelles Controlling nö
tig machen, erfordern auch die komplexen
Strukturen großer Vermögen eine professio
nelle Herangehensweise, um den Überblick
zu behalten oder zu bekommen. Da gibt es
mobile und immobile Vermögenswerte, die
aktiv oder gar nicht gemanagt werden, die
in den unterschiedlichsten Varianten auf
die einzelnen Familienmitglieder verteilt
sind und sowohl aktuell als auch im Erbfall
die verschiedensten steuerlichen Konse
quenzen mit sich bringen. Und es gibt in
der Regel Menschen, die sich um Bewah
rung und Vermehrung dieser Vermögens
werte kümmern – aber häufig keinen, der
von einem unabhängigen Standpunkt aus
auf die Ergebnisse schaut.
Viele Banken und Vermögensverwalter
haben sich auf die Betreuung großer Ver
mögen spezialisiert, und in der Regel ver
fügen sie auch selbst über Produkte, die
Teil des jeweiligen Portfolios sein können.
PricewaterhouseCoopers (PwC) verkauft
selbst keine Anlageprodukte und gibt keine
Aktientipps. Deshalb ist das Unternehmen
besser geeignet, unabhängig und neutral
den Umgang mit großen Vermögen zu be
werten.
Dabei wurden gute Erfahrungen mit einer
speziell auf diese Anforderungen zuge
schnittenen Software gemacht. Dieses Ins
trument hat sich so gut entwickelt, dass es
nun allen vermögenden Privatpersonen und
Familien angeboten werden kann, die PwC
für die steuerliche Optimierung ihrer Port
folios und Transaktionen beauftragen. Denn
mit „Private Wealth Control“ kann PwC
zwar nicht den Vermögensberater ersetzen,
aber feststellen, ob dieser im Vergleich zu
anderen seinen Job gut gemacht hat.
Das PwCVermögenscontrolling geht nach
einem dreistufigen Ansatz vor: Bestands
aufnahme, Performance und Strukturanaly
se und schließlich steueroptimierte Struktu
rierung des Vermögens. Beim ersten Schritt,
der Bestandsaufnahme, scheint es sich um
eine pure Selbstverständlichkeit zu han
deln. Aber gerade bei Unternehmerfamilien,
die seit mehreren Generationen erfolgreich
agieren, ist es eine komplexe, manchmal
geradezu detektivische Angelegenheit, alle
Vermögenswerte auf einer vergleichbaren
Basis darzustellen. Verschiedene Unter
nehmen sind in verschiedenen Holdings mit
verschiedenen Anteilsverhältnissen organi
siert, verschiedene Familienstämme haben
sich mal geteilt, mal vereint, mal gestritten,
mal versöhnt, und alles hatte und hat noch
immer Auswirkungen auf die Organisation
der Vermögenswerte.
Von diesen ist wiederum nur ein kleiner Teil
einfach und zweifelsfrei bewertbar, etwa
börsennotierte Aktien. Für Immobilien hin
gegen, für GmbHAnteile oder den Picas
so im Salon werden keine Kurse gestellt. Je
größer und gestreuter das Vermögen, desto
schwieriger ist es folglich, allein den Be
stand festzustellen.
Im zweiten Schritt geht es um die Analyse
von Vermögensperformance und struk
tur. Welche Vermögenswerte werfen welche
Renditen ab? Sind die vorgegebenen An
lagestrategien eingehalten worden? Was
kommt insgesamt am Ende für die Eigen
tümer heraus, und das nicht nur vor, son
dern auch nach Steuern? So kann bei der
Performanceberechnung der Vermögens
verwalter durchaus zu anderen Ergebnissen
kommen als PwC, woraufhin es dann die
Ursache zu eruieren gilt.
Dies gilt insbesondere in der anschließen
den dritten Phase, wenn es um die mög
lichen steuerlichen Auswirkungen einzelner
Vermögenstransaktionen geht. Hier berüh
ren sich schließlich die Transparenz schaf
fende Tätigkeit des Vermögenscontrol
ling und die Wert schaffende Tätigkeit der
steuerlichen Beratung. Denn je klarer die
Informationen über Bestand und Entwick
lung eines Familienvermögens sind, desto
leichter und exakter fällt auch die steuer
optimierte Strukturierung des Vermögens.
Vermögen ist gut ...... mit Controlling noch besser. Mit einer neuen PwCSoftware kann geprüft werden, wie gut der Vermögensverwalter seinen Job macht.Von Carsten Rössel und Margot VoßGießwein
[email protected]. 0211 9817141margot.voss[email protected]. 0211 9812708
OnlineInfo: www.pwc.de/de/pwc222
Je größer und komplexer ein Vermögen ist, desto schwerer fällt es, die Qualität der Vermögensverwaltung zu beurteilen. Das PwCVermögenscontrolling ermöglicht es, den Überblick zu behalten.
Schon die Bestandsaufnahme von Vermögenswerten kann detektivisches Vorgehen erfordern.
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Publikationen
Global BusinessRestructuringImmer mehr Unternehmen verlagern Funk-
tionen ins Ausland. Die wichtigsten Ziele:
Senkung von Produktionskosten, Erschlie-
ßung neuer oder bessere Bedienung be-
stehender Absatzmärkte und nicht zuletzt
die Nutzung von Steuervorteilen. Aufgrund
der zunehmenden Wichtigkeit von Funk-
tionsverlagerungen hat PwC Deutschland eine Befragung zu deren
steuerlicher Behandlung durchgeführt. Untersucht wurden dabei die
Regelungen in 18 Ländern in Europa, Nordamerika und Asien. Die
Studie zeigt die exponierte Stellung Deutschlands bei dieser The-
matik im internationalen Vergleich; die Aussagen können Ausgangs-
punkt für Überlegungen zu steuerlichen Gestaltungen sein.
Ihr Ansprechpartner:
[email protected], Tel. 069 9585-5835
Download unter: www.pwc.de/de/pwc 216
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Making AcquisitionsTransparentDie IFRS zu Merger Accounting, IFRS 3,
IAS 36 und IAS 38, haben die Zugangs-
wie auch die Folgebilanzierung von Akqui-
sitionen grundlegend verändert. Die damit
angestrebte stärkere Transparenz soll den
Kapitalmarktteilnehmern einen tieferen
Einblick in Unternehmenserwerbe und
ihre zukünftigen finanziellen Auswirkungen verschaffen. Insbeson-
dere betreffen die Neuregelungen die Errechnung von Fair Value und
Goodwill bei übernommenen Vermögenswerten sowie die Durchfüh-
rung von Impairment-Tests. Für das Jahr 2005 (das erste Jahr der
verpflichtenden IFRS-Anwendung in der EU) untersuchte die Uni-
versität Gießen im Auftrag von PwC, wie die im jeweiligen Top-Index
gelisteten Unternehmen in 17 europäischen Ländern in ihren Kon-
zernabschlüssen mit diesen Regelungen umgegangen sind.
Ihr Ansprechpartner:
[email protected], Tel. 069 9585-5704
72 Seiten, 19,80 Euro, Bestellmöglichkeit: www.pwc.de/de/pwc217
Reform des Umwand-lungssteuerrechtsLebhaft diskutiert und jetzt verabschiedet:
Das „Gesetz über steuerliche Begleitmaß-
nahmen zur Einführung der Europäischen
Gesellschaft“ (SEStEG) ermöglicht innerhalb
der Europäischen Union grenzüberschrei-
tende Umwandlungen und erleichtert die
Wahl der Rechtsform. Praktiker müssen die neue Rechtslage jetzt
schnell anwenden. Was ist neu am auch „Neues Umwandlungs-
teuergesetz“ genannten SEStEG? Wie wirken sich die vielfältigen
Änderungen in den verschiedenen Steuergesetzen aus – im Um-
wandlungs-, Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Außen-
steuergesetz? Die PwC-Herausgeber dieses Buches über „Aus-
wirkungen des SeStEG auf Reorganisationen und internationale
Entstrickungen“ zeigen viele neue Gestaltungsmöglichkeiten. Bei-
spiele aus der Unternehmenspraxis erleichtern die Umsetzung.
Ihr Ansprechpartner:
[email protected], Tel. 069 9585-6459,
Schäffer-Poeschel-Verlag, 340 S., 79,95 Euro ISBN: 3-7910-2516-3
Pharmaindustrie in derVertrauenskriseEs ist schwer nachvollziehbar, dass eine
Branche, deren Ziel es ist, Leben zu ret-
ten und die Gesundheit zu erhalten, eine
so schlechte Reputation hat. Doch die
Pharmaindustrie hat aus mehreren Grün-
den in den letzten Jahren Vertrauen bei
Patienten, Versicherungen, Ärzte und Regulatoren verloren. Die Be-
richterstattung über unerwartete Nebenwirkungen gehört ebenso
hierzu wie zum Teil überzogene Marketingbemühungen. Zum Teil je-
doch, so diese PwC-Studie für den US-Pharmamarkt, resultiert das
schlechte Image der Pharmabranche auch aus Unkenntnis der Ver-
braucher. Die Studie geht detailliert auf die Gründe für diesen Ver-
trauensverlust ein und zeigt Möglichkeiten zur Umkehr des Trends.
Ihr Ansprechpartner:
[email protected], Tel. 030 2636-5217
Download unter: www.pwc.de/de/pwc218
55_pwc: juli 2007
M&A im BereichFinancial ServicesDiese (englischsprachige) PwC-Studie
zeigt: Die Fusionswelle im europäischen
Finanzdienstleistungssektor ist 2006 wei-
ter angestiegen. Das Volumen der Zusam-
menschlüsse und Übernahmen legte im
Vergleich zum Vorjahr um fast 80 Prozent
auf 137 Milliarden Euro zu. Innerhalb des
Finanzsektors führen auch 2007 die Banken die Konsolidierung an.
Anders als im Vorjahr waren es dabei vor allem nationale Übernah-
men, die für die Fusionsdynamik sorgten: Hier verdreifachte sich das
Transaktionsvolumen auf rund 76 Milliarden Euro und überholte damit
die grenzüberschreitenden Transaktionen. Die deutschen Kreditinsti-
tute und auch die übrigen heimischen Finanzdienstleister waren aller-
dings 2006 eher Zuschauer als Beteiligte des Fusionsgeschehens.
Ihre Ansprechpartner:
[email protected], Tel. 0211 981-2362
[email protected], Tel. 069 9585-5803
Download unter: www.pwc.de/de/219
Private EquityTrend Report 2007Vor dem Hintergrund des geplanten Private-
Equity-Gesetzes befragte PwC führende
Vertreter internationaler Beteiligungsgesell-
schaften über die Zukunft von Private Equi-
ty in Deutschland und weltweit. Dabei zeigte
sich die ungebrochene Attraktivität deutscher
Zielobjekte: 67 Prozent der befragten Private-
Equity-Fonds mit Sitz im Ausland wollen im laufenden Jahr über Invest-
ments in Deutschland verfügen, 4 Prozentpunkte mehr als 2006. Die
Mehrheit der Befragten ist für die Branchenentwicklung in Deutschland
zuversichtlich: 56 Prozent von ihnen erwarten, dass bis 2012 die Rah-
menbedingungen für Private-Equity-Investitionen Deutschlands ver-
bessert werden, nur 12 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus.
Ihr Ansprechpartner:
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Download unter: www.pwc.de/de/pwc 200
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PricewaterhouseCoopers bezeichnet die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständi-gen und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der PricewaterhouseCoopers International Limited.
PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.
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Erfolgsformeln
Das ist die Formel dafür, dass die USA einer weltweiten Koalition für den Klimaschutz beitreten und verstärkt in Umweltschutz-Technologien investieren. Die Formel stammt von der Berliner Umweltöko-nomin Claudia Kemfert. Was sie sonst noch zum Klimawandel berechnet? Siehe Seite 32
PUSA [(USA, EU, JPN, REC)CC,IL] > PUSA [(EU, JPN, REC)CC,IL, USA CC,IL]