+ All Categories
Home > Documents > Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime,...

Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime,...

Date post: 24-Jan-2017
Category:
Upload: mark
View: 214 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
12
1 3 ORIGINALARBEIT Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2014) 8:84–95 DOI 10.1007/s11757-014-0266-3 Zusammenfassung Im Rahmen der Längsschnittstudie „Chancen und Risiken im Lebensverlauf“ wird die Ent- stehung devianten und delinquenten Verhaltens untersucht. Die Datengrundlage der vorliegenden Arbeit bilden die Selbstberichte von männlichen Neuntklässlern aus Dort- munder und Nürnberger Schulen (n = 726). Ausgewer- tet wurden insbesondere die Angaben zur Täterschaft im letzten Jahr, die u. a. Dunkelfelddaten zu Gewaltdelikten umfassen. Die Täterindizes zu Gewaltkriminalität wurden unter Berücksichtigung der Schulart und des Migrationssta- tus mit psychosozialen Merkmalen (z. B. gewaltakzeptie- renden Einstellungen, egozentrischen Persönlichkeitsmerk- malen, erlebter körperlicher Bestrafung in der Erziehung) in Beziehung gesetzt, die aus entwicklungspsychopatholo- gischer Sicht zu Jugenddelinquenz und Gewalt beitragen können. Insgesamt legen die empirischen Befunde nahe, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Jugendlichen ohne Migrationshintergrund signifikant höhere Werte in Bezug auf Gewalt- und Peer-Delinquenz aufweisen. Die Unterschiede zwischen Gewalttätern und Nichtgewalttätern bzw. Jugendlichen mit Migrationsstatus und Jugendlichen ohne Migrationsstatus gehen z. T. auf verschiedene Ausprägungen psychosozialer Merkmale zurück. Zusätzliche relativierende Ergebnisse zu schul- artspezifischen Auswertungen ergänzen die Darstellung. Einschränkungen der vorliegenden Arbeit werden erörtert, und Implikationen für zukünftige Forschungsarbeiten zu Jugendgewalt werden vor dem Hintergrund möglicher An- sätze der Gewaltprävention und -intervention diskutiert. Schlüsselwörter Jugenddelinquenz · Gewalt · Schülerbefragung · Migrationsstatus Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background Abstract As part of the longitudinal study „Chances and risks during the life course“, the emergence of deviant and delinquent behavior is studied. The data basis of the pres- ent study consists of self-reports of male ninth grade pupils from Dortmund and Nuremberg schools (n = 726). Particu- larly, data applying to perpetration of an offence in the past year were analyzed, including dark-figures data for vio- lent offences. The indices for violent crime were related to several psychosocial characteristics (e.g. violence-approv- ing attitudes, self-centered personality traits and corporal punishment by parents), considering type of school and migration background. From a developmental psychopa- thology perspective, these psychosocial characteristics can contribute to juvenile delinquency and violence. Overall, the empirical findings suggest that juveniles with migra- tion backgrounds show significantly more violence and peer delinquency than juveniles without migration back- grounds. Furthermore, there seems to be empirical evi- dence that there are significant differences between violent offenders and non-violent offenders or young people with migration backgrounds and young people without migra- tion backgrounds, respectively, with regard to various psy- chosocial characteristics. Additional results refer to school type specific analyses. Limitations of the present study and implications of the findings for future research on juvenile Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus Susanne Wallner · Mark Stemmler S. Wallner () · M. Stemmler Universität Erlangen-Nürnberg, Institut für Psychologie, Nägelsbachstraße 49c, 91052 Erlangen, Deutschland E-Mail: [email protected] Eingegangen: 17. Januar 2014 / Angenommen: 14. Februar 2014 / Online publiziert: 22. März 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
Transcript
Page 1: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

1 3

ORIGINALARBEIT

Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2014) 8:84–95DOI 10.1007/s11757-014-0266-3

Zusammenfassung Im Rahmen der Längsschnittstudie „Chancen und Risiken im Lebensverlauf“ wird die Ent-stehung devianten und delinquenten Verhaltens untersucht. Die Datengrundlage der vorliegenden Arbeit bilden die Selbstberichte von männlichen Neuntklässlern aus Dort-munder und Nürnberger Schulen (n = 726). Ausgewer-tet wurden insbesondere die Angaben zur Täterschaft im letzten Jahr, die u. a. Dunkelfelddaten zu Gewaltdelikten umfassen. Die Täterindizes zu Gewaltkriminalität wurden unter Berücksichtigung der Schulart und des Migrationssta-tus mit psychosozialen Merkmalen (z. B. gewaltakzeptie-renden Einstellungen, egozentrischen Persönlichkeitsmerk-malen, erlebter körperlicher Bestrafung in der Erziehung) in Beziehung gesetzt, die aus entwicklungspsychopatholo-gischer Sicht zu Jugenddelinquenz und Gewalt beitragen können. Insgesamt legen die empirischen Befunde nahe, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Jugendlichen ohne Migrationshintergrund signifikant höhere Werte in Bezug auf Gewalt- und Peer-Delinquenz aufweisen. Die Unterschiede zwischen Gewalttätern und Nichtgewalttätern bzw. Jugendlichen mit Migrationsstatus und Jugendlichen ohne Migrationsstatus gehen z. T. auf verschiedene Ausprägungen psychosozialer Merkmale zurück. Zusätzliche relativierende Ergebnisse zu schul-artspezifischen Auswertungen ergänzen die Darstellung. Einschränkungen der vorliegenden Arbeit werden erörtert, und Implikationen für zukünftige Forschungsarbeiten zu

Jugendgewalt werden vor dem Hintergrund möglicher An-sätze der Gewaltprävention und -intervention diskutiert.

Schlüsselwörter Jugenddelinquenz · Gewalt · Schülerbefragung · Migrationsstatus

Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background

Abstract As part of the longitudinal study „Chances and risks during the life course“, the emergence of deviant and delinquent behavior is studied. The data basis of the pres-ent study consists of self-reports of male ninth grade pupils from Dortmund and Nuremberg schools (n = 726). Particu-larly, data applying to perpetration of an offence in the past year were analyzed, including dark-figures data for vio-lent offences. The indices for violent crime were related to several psychosocial characteristics (e.g. violence-approv-ing attitudes, self-centered personality traits and corporal punishment by parents), considering type of school and migration background. From a developmental psychopa-thology perspective, these psychosocial characteristics can contribute to juvenile delinquency and violence. Overall, the empirical findings suggest that juveniles with migra-tion backgrounds show significantly more violence and peer delinquency than juveniles without migration back-grounds. Furthermore, there seems to be empirical evi-dence that there are significant differences between violent offenders and non-violent offenders or young people with migration backgrounds and young people without migra-tion backgrounds, respectively, with regard to various psy-chosocial characteristics. Additional results refer to school type specific analyses. Limitations of the present study and implications of the findings for future research on juvenile

Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus

Susanne Wallner · Mark Stemmler

S. Wallner () · M. StemmlerUniversität Erlangen-Nürnberg, Institut für Psychologie,Nägelsbachstraße 49c,91052 Erlangen, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Eingegangen: 17. Januar 2014 / Angenommen: 14. Februar 2014 / Online publiziert: 22. März 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Page 2: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

85

1 3

Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus

violence are discussed focusing on violence prevention and interventional approaches.

Keywords Juvenile delinquency · Violence · School-based survey · migration background

Einleitung

In Medienberichten wird eine Zunahme der Gewalthand-lungen von jungen Menschen mit Migrationshintergrund thematisiert: „Seit Jahren registriert die Polizei weniger tat-verdächtige Ausländer. Die Gewalttaten junger Migranten nehmen dagegen zu“ [24]. Tatsächlich scheinen ethnische Unterschiede bezüglich delinquenten Handelns am deut-lichsten bei Gewaltdelinquenz vorhanden zu sein; mehr oder weniger deutliche Relationen zwischen jugendlicher Gewaltdelinquenz und Migrationsstatus werden dargelegt [4, 11, 49, 50, 55, 67]. Uslucan [65] geht in diesem Kontext davon aus, dass spezifische Faktoren im Leben von Jugend-lichen mit Migrationsstatus vorliegen, die deren Risiko für Gewaltdelinquenz erhöhen. Die Tatsache beispiels-weise, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger Hauptschulen besuchen, könne deren höhere Gewaltbelas-tung erklären [65]. Bestätigt wird diese Annahme durch eine Studie von Lösel und Bliesener [41], die Hinweise darauf liefert, dass die Bildungsteilhabe von Jugendlichen rele-vant für Aggression und Delinquenz ist. Aus entwicklungs-psychopathologischer Sicht ungünstige biopsychosoziale Merkmale von Jugendlichen, wie beispielsweise Impulsivi-tät, Anschluss an deviante Peers oder ein problematisches Selbstbild, stehen nach Lösel und Bender [40] im Zusam-menhang mit Antisozialität sowie mit Defiziten in Fertigkei-ten und Qualifikation – auch im schulischen Kontext [41]. Vor diesem Hintergrund sollte berücksichtigt werden, dass soziale Faktoren, die mit dem Migrationsstatus verknüpft sind, bedeutsam für die Entwicklung von Delinquenz und Gewalt sein können [50]. Somit sollte insbesondere erforscht werden, auf welche Faktoren und Merkmale etwaige delinquenz- und gewaltbezogene Unterschiede zwischen Jugendlichen mit Migrationsstatus und einheimi-schen Jugendlichen zurückzuführen sind [50].

Allgemein sind in der prospektiven Längsschnittfor-schung zahlreiche Merkmale des Individuums, der Fami-lie, der Peer-Gruppe, des schulischen Hintergrunds und des nachbarschaftlichen Umfelds definiert worden, die im Zusammenhang mit Delinquenz und Gewalt stehen [9, 16, 23, 26, 32, 33, 39, 44, 58]. Für Gewaltdelinquenz schei-nen bestimmte psychosoziale Merkmale von besonderer Bedeutung zu sein [3, 5, 12, 53, 67, 69]. Gewalt wird als Teilaspekt einer besonders schwerwiegenden delinquenten Entwicklung angesehen [17, 35]. Die spezifischen Lebens-lagen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshinter-

grund, die oftmals durch problematischere Voraussetzungen und stärkere Belastungen, z. B. in Bezug auf Sprachdefizite, Umstände des Migrationsprozesses, Ausgrenzungserfahrun-gen oder Gewalterfahrungen in der Familie, gekennzeichnet sind, scheinen u. a. die Anfälligkeit der Kinder und Jugend-lichen für psychische Störungen und Gewalt zu erhöhen [65][50]. Schwerwiegende Antisozialität bzw. Gewalt und allgemeine psychische Probleme überlappen sich zusätzlich [6]. Außerdem können sich kulturspezifische Risiken, z. B. besondere Wertevorstellungen und traditionelle Männlich-keitsnormen, kriminogen auswirken [65, 20].

Generell bestehen auch Relationen zwischen Gewalt- und Peer-Delinquenz [35, 50]. Delinquenz in der Gleich-altrigengruppe gilt als bedeutsames Dissozialitätsrisiko und trägt nach Farrington zur Erklärung von Gewalt im Alter von 18 Jahren bei [22]. Ein Anschluss an delinquente Peers oder subkulturelle Jugendbanden spielt eine wichtige Rolle für verschiedene Formen gravierender Dissozialität, Gewalt und Delinquenz [7, 12, 63, 64]. Delinquente Peers scheinen delinquente Entwicklungen zu begünstigen; delin-quente Verhaltensweisen werden als normativ von Gleich-altrigen übernommen [34, 46, 50]. Zusätzlich stehen auch Gewalterfahrungen in der Familie im Zusammenhang mit Gewaltdelinquenz [1, 4, 34, 62]. Des Weiteren tra-gen gewaltakzeptierende Einstellungen zur Erklärung von Gewalt bei [20, 28, 63]. Baier et al. postulieren in diesem Kontext eine „… Veränderung der Erklärungsfaktoren hin zu eher persönlichkeitsbezogenen Faktoren … zwischen der vierten und neunten Jahrgangsstufe …“ ([4], S. 263). Merkmale einer antisozialen Persönlichkeit und egozen-trische Persönlichkeitsfacetten, z. B. Selbstaufwertung, Selbstüberschätzung und Selbstbeschönigung [59], stehen im Zusammenhang mit Sozio- und Psychopathie [13, 19, 25, 66]. Ein problematisches Selbstbild gilt als Risikofak-tor für die Herausbildung einer antisozialen Persönlichkeit [39]. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergund scheint eine „feindselige Persönlichkeit“ in Relation zu Gewalt zu stehen ([65], S. 103). Von Bedeutung für delinquente Ent-wicklungsverläufe sind ferner auch Faktoren des sozialen Kontexts bzw. des Wohnumfelds [27, 47], die sich als soziale Desorganisation delinquenzerhöhend auswirken können. Nach Catalano et al. [14] sind ein zerrüttetes Wohnumfeld bzw. ein Multiproblemmilieu, das z. B. durch Verwahrlo-sung, in Bezug auf sozioökonomische Merkmale stärker belastete Familien und eine desintegrierte, deprivierte oder gewalttätige Nachbarschaft gekennzeichnet sein kann, bedeutsame Delinquenzrisiken. In diesem Zusammenhang müssen auch psychosoziale Belastungsfaktoren der Familie, z. B. Armut, als kriminogene Risiken berücksichtigt werden [8, 20, 51]; Armut scheint in diesem Zusammenhang beson-ders relevant zu sein [22, 27]. Derartige Risikofaktoren für Kriminalität wie beispielsweise Armut oder ein depriviertes Wohnumfeld können als kulturunspezifische Risiken bei

Page 3: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

86

1 3

S. Wallner, M. Stemmler

men der vorliegenden Arbeit wurden nur die Daten der männlichen Jugendlichen der 9. Jahrgangsstufe (n = 726) analysiert, um Geschlecht und Alter zu kontrollieren. Für Dortmund liegen zum 1. Erhebungszeitpunkt insgesamt 471 Fragebogen von männlichen Befragten der 9. Klassen vor; in Nürnberg konnten 255 Jungen der 9. Jahrgangsstufe befragt werden. In Dortmund sind Schulen aller Schulfor-men involviert; in Nürnberg besteht die Stichprobe nur aus Mittelschulen. Die Schüler verteilen sich auf 4 verschiedene Schulformen (Haupt- und Mittelschulen wurden zusammen-gefasst): Haupt-/Mittelschule (54,8 %; n = 398), Realschule (14,3 %; n = 104), Gymnasium (27,7 %; n = 201) und Gesamt-schule (3,2 %; n = 23). Der Altersdurchschnitt der männ-lichen Neuntklässler beträgt 15,2 Jahre (SD   ± 0,82 Jahre). Die Befragten der ausgewählten Stichprobe schätzen ihre Familie im Mittel als leicht überdurchschnittlich wohlha-bend ein (M = 5,35; SD ± 1,39). Den Teilnehmern wurde in diesem Zusammenhang eine 10-stufige „Wohlstandstreppe“ vorgelegt (Crime in the Modern City, CRIMOC; [9]; ähn-lich wie im ALLBUS, Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften), anhand derer die finanziellen Ressourcen der eigenen Familie von „arm“ (Punktwert 0) bis „reich“ (Punktwert 9) eingeschätzt werden sollten. Etwa 57 % (n = 415) der untersuchten Subgruppe der männlichen Neuntklässler haben einen Migrationshintergrund. Der Migrationsstatus wurde in Anlehnung an eine Definition des Statistischen Bundesamts [61] bestimmt. Demnach haben Personen einen Migrationshintergrund, die nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zuge-wandert sind sowie alle in Deutschland geborenen Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit und alle in Deutschland mit deutscher Staatsangehörigkeit Geborenen mit zumin-dest einem zugewanderten oder ohne deutschen Pass in Deutschland geborenen Elternteil.

Messinstrumente

Gewaltakzeptanz. Zur Erfassung gewaltakzeptierender Einstellungen wurde eine Skala zur Gewaltakzeptanz aus der CRIMOC-Studie herangezogen [10]. Auf einer 5-stufi-gen Skala von trifft gar nicht zu bis trifft völlig zu sollen insgesamt 9 Aussagen eingeschätzt werden (Beispiel: „Ein bisschen Gewalt gehört einfach dazu, um Spaß zu haben“). Für die Gesamtskala konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit (für die Substichprobe der männlichen Neuntkläss-ler) ein Wert für Cronbachs α von 0,74 berechnet werden.

Egozentrische Selbstgefälligkeit. Zusätzlich fand die Skala Egozentrische Selbstgefälligkeit aus dem Persönlichkeits-fragebogen für Kinder zwischen 9 und 14 Jahren (PFK 9–14; [59]) Anwendung. Hier sollen 6 Aussagen in Bezug auf Selbstaufwertung, -überschätzung und -beschönigung (z. B. „Viele Leute, die ich kenne, sind ziemlich dumm“)

Jugendlichen mit Migrationshintergrund von besonderer Bedeutung sein [4, 50, 65].

Die vorliegende Arbeit befasst sich zunächst mit der Frage, ob Jugendliche mit Migrationshintergrund in höhe-rem Ausmaß gewalttätig sind als einheimische Jugendliche. Zusätzlich soll aus der Perspektive des Dunkelfelds zum einen untersucht werden, ob sich Jugendliche mit Mig-rationsstatus von einheimischen Jugendlichen bezüglich psychosozialer Merkmale und Belastungsfaktoren unter-scheiden. Zum anderen sollen Vergleiche zwischen Gewalt-tätern und Nichtgewalttätern bezüglich dieser Merkmale durchgeführt werden. Untersucht werden soll in diesem Zusammenhang auch, welche Merkmale für die Unterschei-dung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und ohne Migrationshintergrund bzw. von Gewalttätern und Nicht-gewalttätern relevant sind. Im Rahmen der Analysen soll insbesondere der Bildungshintergrund der Jugendlichen als potenzieller Verzerrungsfaktor berücksichtigt werden.

Methode

Studie

Im Rahmen der Längsschnittstudie „Chancen und Risiken im Lebensverlauf“ [55, 56] wird insbesondere die Entste-hung devianten und delinquenten Verhaltens untersucht. Die Studie ist Teil des Projekts A2 des Sonderforschungsbe-reichs „Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten“ (SFB 882), der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an der Universität Bielefeld gefördert wird [18]. In Anlehnung an den Ansatz der „developmental criminology“ steht hier-bei die Entwicklung von Dissozialität im soziostrukturellen Kontext im Vordergrund [47]. Die psychologisch-krimi-nologisch und soziologisch-kriminologisch ausgerichtete Studie basiert auf einem Kohorten-Sequenz-Design, das die Untersuchung der Entwicklung der Studienteilnehmer vom Kindesalter bis in die 4. Lebensdekade ermöglicht. Der Fokus der Studie liegt somit auf der Entwicklung der Studienteilnehmer über die Zeit. Die Erhebungen finden im jährlichen Abstand statt. Die Datengrundlage der 1. Erhe-bungswelle 2012 bilden die Selbstberichte von Schülern der 5. und 9. Jahrgangsstufe aus Dortmunder und Nürnberger Schulen.

Stichprobe

Insgesamt nahmen 37 Schulen mit 192 Schulklassen an den Erhebungen der 1. Welle teil [45, 55, 56]. Die Erhe bungen fanden in Form von schriftlichen Befragungen in den Klas-senräumen der beteiligten Schulen statt. Befragt wurden Schüler der 5. und 9. Jahrgangsstufe; die Gesamtstichprobe ist somit aus 2 Teilstichproben zusammengesetzt. Im Rah-

Page 4: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

87

1 3

Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus

(d. h. die Indizes zur Gesamtkriminalität) wurden über verschiedene Messinstrumente erhoben. Zum einen wurde eine leicht modifizierte Version der Delinquenzbelastungs-skala (DBS; [36, 42]) herangezogen, die Items zu Eigen-tums-, Aggressions- und Rückzugsdelinquenz umfasst. Für die ursprüngliche Version der DBS werden Reliabilitäten (interne Konsistenzen) berichtet: Cronbachs α beträgt für die Skala Eigentumsdelinquenz 0,78, für die Skala Aggres-sionsdelinquenz 0,74 und für die Skala Rückzugsdelinquenz 0,70; für die Gesamtskala wird ein Konsistenzkoeffizient von 0,89 angegeben [41, 42]. Zum anderen wurden weitere einzelne Delikte, z. B. „scratching“ und Körperverletzung mit Waffe, ergänzend mit der Delinquenzskala (CRIMOC; [10]) abgefragt. Insgesamt wurden 19 strafrechtlich rele-vante Delikte berücksichtigt; vier dieser Delikte beziehen sich auf Gewalt (Körperverletzung ohne Waffe, Raub, Bedrohung mit Waffe, Körperverletzung mit Waffe). Die Daten liegen zum einen als Summen-Scores für (Gewalt-) Delinquenz vor. Zum anderen wurden auf Basis dieser Infor-mationen u. a. Täterindizes zu Gewaltdelinquenz gebildet, die angeben, ob im letzten Jahr mindestens eines der abge-fragten Gewaltdelikte begangen wurde (Jahresprävalenzen). Zusätzlich wurden u. a. Informationen zur Anzahl der Taten und zur Polizeikenntnis der jeweiligen Delikte erfragt.

Ergebnisse

Gewaltdelinquenz, Peer-Delinquenz und Migrationsstatus

Ermittelt wurden zunächst die Jahresprävalenzen sowie die Angaben zur Polizeikenntnis für die Gewaltdelinquenz, die im Einzelnen als Körperverletzung ohne Waffe, Raub, Bedrohung mit Waffe und Körperverletzung mit Waffe abgefragt wurde. Es zeigte sich, dass von den Neuntkläss-lern der vorliegenden Stichprobe Dortmunder und Nürn-berger Schüler am häufigsten Körperverletzung ohne Waffe begangen wurde; die anderen Gewaltdelikte kamen insge-samt seltener vor. Zusätzlich weisen die Prävalenzen dar-auf hin, dass in der spezifischen Stichprobe Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger in Gewaltdelinquenz invol-viert waren. Berücksichtigt man die Anzahl der einzelnen Gewalttaten, wird ersichtlich, dass knapp 40 % der Gewalt-täter 5 oder mehr Gewalttaten begangen haben. Allerdings muss an dieser Stelle betont werden, dass diese deskriptiven Angaben nicht nach Schulart kontrolliert bzw. nicht gewich-tet wurden. Jeweils ein geringer Anteil der selbstberichteten Gewaltdelikte wurde laut Schülerangabe polizeilich regist-riert: Die entsprechenden Häufigkeiten für die Polizeikennt-nis sind vergleichsweise gering. Einen Überblick über die skizzierten Befunde gibt Tab. 1.

Zusätzlich wurden die Angaben zu Gewalt, Peer-Gewalt und Peer-Delinquenz in Abhängigkeit vom Migrationsstatus

mit stimmt bzw. stimmt nicht beantwortet werden. Für die Originalskala wird ein Wert für Cronbachs α von 0,63 ange-geben [59].

Körperliche Bestrafung. Der Alabama Parenting Questi-onnaire (APQ) ermöglicht in der Version für Kinder und Jugendliche die Erfassung des erlebten elterlichen Erzie-hungsverhaltens bzw. der elterlichen Erziehungspraktiken ([21]; Kurzform/deutsche Adaptation; [4, 43]). Die im Rah-men der vorliegenden Arbeit relevante Skala körperliche Bestrafung umfasst in der verwendeten leicht modifizierten Version 4 Items, die elterlichen Verhaltensweisen entspre-chen. (Beispiel: „Meine Eltern geben mir eine Ohrfeige, wenn ich ungehorsam war.“) Auf einer 5-stufigen Skala von nie bis immer soll die Intensität des jeweiligen Verhaltens eingeschätzt werden. Für diese Skala wurde im Rahmen der vorliegenden Studie für die Teilstichprobe der Jungen der 9. Jahrgangsstufe eine innere Konsistenz (Cronbachs α) von α = 0,89 ermittelt.

Ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld. Zur Erfassung des nachbarschaftlichen Umfelds wurde eine Skala aus der CRIMOC-Studie [54] ausgewählt. Anhand von insgesamt 12 fünffach gestuften Items (sehr selten bis sehr oft) soll eingeschätzt werden, wie häufig in der eigenen Nachbar-schaft z. B. „heruntergekommene, leer stehende Gebäude“, „Drogenabhängige“, „besprühte, beschmierte Hauswände“, „lärmende Nachbarn“ oder „sich langweilende und nichts tuende Jugendliche“ anzutreffen sind. Hinsichtlich der Reliabilität dieser Skala konnte im Rahmen der eigenen Studie für die Teilstichprobe der Jungen der 9. Jahrgangs-stufe eine innere Konsistenz (Cronbachs α) von α = 0,89 berechnet werden.

Delinquente Peers und Peer-Gewalt. Zur Erfassung von delinquenten Peers wurde eine Skala aus der CRIMOC-Studie herangezogen [54], die insgesamt 12 Items umfasst. (Beispiel: „Um Spaß zu haben, tun wir auch schon mal etwas Verbotenes.“) Auf einer 5-stufigen Skala von trifft gar nicht zu bis trifft völlig zu sollen die jeweiligen Aus-sagen eingeschätzt werden. Vier der Items können dem Bereich Peer-Gewalt zugeordnet werden (Beispiel: „Um unsere Interessen durchzusetzen, wenden wir auch Gewalt an“). Im Rahmen der vorliegenden Studie konnten für die Teilstichprobe der männlichen Neuntklässler innere Konsis-tenzen (nach Cronbachs α) von α = 0,88 (delinquente Peers, Gesamtskala) bzw. α = 0,86 (Peer-Gewalt) ermittelt werden.

Delinquenz und Gewalt. Im Rahmen der Befragungen wur-den selbstberichtete Angaben zur Täterschaft im letzten Jahr erfasst, welche Dunkelfelddaten zu Gewalt-, Eigen-tums- und Sachbeschädigungsdelikten umfassen. Die auf den gruppierten Deliktbereichen basierenden Täterindizes

Page 5: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

88

1 3

S. Wallner, M. Stemmler

und auch für Peer-Gewalt auf als einheimische Jugendli-che: Diese Unterschiede sind für Peer-Gewalt jeweils sta-tistisch signifikant (Haupt-/Mittelschule: U = 11.559,50; p ≤ 0,05; andere Schularten: U = 8888.00; p ≤ 0,001), für all-gemeine Peer-Delinquenz allerdings in der Teilgruppe der Haupt- und Mittelschüler nur tendenziell statistisch bedeut-sam (Haupt-/ Mittelschule: U = 11.903,50; p ≤ 0,10; andere Schularten: U = 8797.00; p ≤ 0,01). Auch unter Kontrolle der Schulart bestehen keine statistisch bedeutsamen Unter-schiede zwischen Jugendlichen mit Migrationsstatus und einheimischen Jugendlichen hinsichtlich der Gesamtde-linquenz (Haupt-/ Mittelschule: U = 13.172,00; ns.; andere Schularten: U = 11.077,00; ns.).

Gewalttäterstatus, Migrationsstatus und psychosoziale Merkmale

Einfaktoriell kovarianzanalytische Auswertungen. Im Rah-men kovarianzanalytischer Auswertungen wurden neben dem Gewalttäter- bzw. Migrationsstatus auch psychosoziale Merkmale, d. h. gewaltbezogene Merkmale und psycho-soziale Belastungsfaktoren (Gewaltakzeptanz, egozentri-sche Selbstgefälligkeit, körperliche Bestrafung, delinquente Peers, ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld), berück-sichtigt. Dabei erfolgte jeweils die Kontrolle der Variablen finanzielle Ressourcen (s. Abschn. „Stichprobe“) und Schul-art (als dichotome Variable; s. Abschn. „Gewaltdelinquenz, Peer-Delinquenz und Migrationsstatus“). Während in bei-den kovarianzanalytischen Auswertungen die Variable Schulart auf mehrere abhängige Variablen (Gewaltakzep-tanz, körperliche Bestrafung und delinquente Peers) signi-fikanten Einfluss hatte, beeinflusste die Variable finanzielle Ressourcen nur die abhängige Variable ungünstiges nach-barschaftliches Umfeld. Gewalttäter weisen im Vergleich zu Nichtgewalttätern in höherem Ausmaß psychosoziale Belastungen auf (Tab. 2). Die Ergebnisse verdeutlichen somit, dass jugendliche Gewalttäter durchschnittlich stär-ker belastet sind als jugendliche Nichtgewalttäter. Es zeigte sich, dass jugendliche Gewalttäter insbesondere eine deut-lich stärkere Affinität zu gewaltakzeptierenden Einstellun-gen haben (p ≤ 0,001). Markante Differenzen fanden sich auch für die weitere delinquenznahe Variable delinquente Peers und für die Variable ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld. Hinsichtlich des Gewalttäterstatus sind die Diffe-renzen in Bezug auf nahezu alle berücksichtigten Variablen signifikant.

Für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund lie-ßen sich im Vergleich zu den einheimischen Jugendlichen sowohl für die untersuchten psychosozialen Merkmale als auch für die Belastungsfaktoren im Mittel ungünstigere Bedingungen aufzeigen. Schüler mit Migrationshintergrund weisen im Durchschnitt höhere Werte für die delinquenz-

untersucht. Berücksichtigt man im Rahmen deliktspezifi-scher Auswertungen nur das Gewalthandeln, offenbart sich ein Unterschied zwischen Jugendlichen mit Migrationssta-tus und einheimischen Jugendlichen. Jugendliche mit Mig-rationshintergrund haben eine höhere Gewaltbelastung als einheimische Jugendliche (U-Test; U = 54.373,00; p ≤ 0,05). Auch für Peer-Delinquenz (U = 40.919,50; p ≤ 0,001) und Peer-Gewalt (U = 40.627,00; p ≤ 0,001) konnte ein signi-fikanter Unterschied zwischen Schülern mit Migrations-hintergrund und einheimischen Schülern ermittelt werden; Jugendliche mit Migrationsstatus sind auch hier jeweils stärker belastet. Ergänzend konnte festgestellt werden, dass sich Jugendliche mit Migrationsstatus von einheimi-schen Jugendlichen hinsichtlich der Gesamtdelinquenz im letzten Jahr nicht statistisch bedeutsam unterscheiden (U = 52.344,50; ns.). Die Befunde werden im Folgenden zusätzlich getrennt nach Schulart dargestellt; Haupt- und Mittelschulen sowie die anderen Schulformen wurden hier-für jeweils zusammengefasst. So ist unter Kontrolle der Schulart der Unterschied zwischen Schülern mit Migra-tionshintergrund und einheimischen Schülern hinsichtlich der Gewaltdelinquenz nicht für die Haupt- und Mittelschü-ler (U = 15.863,00; ns.), sondern nur für die Schüler der anderen Schularten (U = 11.240,50; p ≤ 0,01) signifikant. In differenzierenden Auswertungen zeigte sich weiter-hin, dass die Bedeutsamkeit des Migrationsstatus auch für Peer-Delinquenz und -Gewalt eingeschränkt ist, wenn die Schulart als Indikator für die Bildungsteilhabe berücksich-tigt wird. Jugendliche mit Migrationshintergrund weisen in beiden Schulartgruppen höhere Werte für Peer-Delinquenz

Tab. 1 Jahresprävalenzen und selbst berichtete Angaben zur Polizei-kenntnis für die verschiedenen Gewaltdelikte (nur männliche Gewalt-täter der 9. Jahrgangsstufe; n = 139)

Tatbegehung: n (%)a Polizeikenntnisb: nOhne MGH Mit MGH Ohne MGH Mit MGH

Körperverlet- zung ohne Waffe

29 (67,4) 76 (83,5) 7 20

Raub 10 (23,3) 19 (20,9) 0 2Bedrohung mit Waffe

8 (18,6) 23 (25,3) 4 4

Körperverlet- zung mit Waffe

9 (20,9) 10 (11,0) 3 4

Berücksichtigt wurden nur Gewalttäter (n = 139). Als Gewalttäter wurden diejenigen Befragten klassifiziert, die mindestens ein Gewaltdelikt im letzten Jahr angegeben haben. Insgesamt 25,2 % der Gewalttäter (n = 35) haben 2 oder mehr unterschiedliche Gewaltdelikte im letzten Jahr angegeben. Insgesamt 38,8 % der Gewalttäter (n = 54) haben 5 oder mehr einzelne Gewalttaten im letzten Jahr berichtet. Die Angaben wurden nicht nach Schulart kontrolliert bzw. nicht gewichtetMGH MigrationshintergrundaJa-Antworten in Prozent beziehen sich auf die jeweilige Subgruppe (jugendliche Gewalttäter ohne Migrationshintergrund bzw. jugendliche Gewalttäter mit Migrationshintergrund)bLaut Angaben der befragten Schüler

Page 6: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

89

1 3

Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus

statistisch bedeutsam (vgl. die Ergebnisse für die einfakto-riellen „Analyses of covariance“, ANCOVA). Im Rahmen der multivariaten Analysen zeigte sich weiter ein signifi-kanter Effekt des Gewalttäterstatus auf die psychosozialen Merkmale: V = 0,19, F (5,547) = 25,41, p ≤ 0,001 (Pillai-Spur). Im Einzelnen ergaben sich hinsichtlich des Gewalt-täterstatus statistisch signifikante Differenzen bezüglich der Variablen Gewaltakzeptanz, körperliche Bestrafung, delinquente Peers und ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld (Follow-up-ANOVA). Zusätzlich ließ sich ein sta-tistisch bedeutsamer Effekt des Migrationsstatus auf die abhängigen Variablen ermitteln: V = 0,04, F (5,547) = 5,03, p ≤ 0,001 (Pillai-Spur). Die Unterschiede hinsichtlich des Migrationsstatus in Bezug auf die Merkmale egozentrische Selbstgefälligkeit, körperliche Bestrafung und delinquente Peers fielen jeweils statistisch signifikant aus (Follow-up-ANOVA). Auf die Darstellung der Mittelwertdifferenzen, auf denen diese Ergebnisse basieren, soll an dieser Stelle verzichtet werden, um unnötige Redundanzen zu vermei-den. Diese Befunde entsprechen weitgehend den oben dargestellten Ergebnissen. Für die abhängigen Variablen egozentrische Selbstgefälligkeit und körperliche Bestrafung sollten allerdings bei der Interpretation der Befunde auch die vorliegenden Interaktionen berücksichtigt werden, die im multivariaten Test tendenzielle statistische Signifikanz erreichten: V = 0,02, F(5,547) = 1,84, p ≤ 0,10 (Pillai-Spur). In der Gruppe der Jugendlichen mit Migrationshintergrund weisen Gewalttäter eine höhere Ausprägung für egozen-trische Selbstgefälligkeit auf als Nichtgewalttäter, wohin-gegen die einheimischen jugendlichen Gewalttäter eine niedrigere Ausprägung für egozentrische Selbstgefällig-keit zeigen als Nichtgewalttäter (p = 0,23; ns.). In der Teil-stichprobe der Schüler mit Migrationsstatus ließen sich hinsichtlich körperlicher Bestrafung durch die Eltern für

bzw. gewaltbezogenen Variablen Gewaltakzeptanz, kör-perliche Bestrafung und delinquente Peers auf als Schüler ohne Migrationshintergrund. Besonders deutlich (p ≤ 0,001) fiel der Unterschied in Bezug auf die körperliche Bestra-fung durch die Eltern aus. Jugendliche mit Migrationsstatus haben im Durchschnitt auch höhere Werte für egozentri-sche Selbstgefälligkeit sowie im Mittel ein ungünstigeres nachbarschaftliches Umfeld als einheimische Jugendliche. Alle Differenzen zwischen den Gruppen konnten statistisch abgesichert werden.

Die dargestellten Differenzen fielen zwar größtenteils statistisch signifikant aus, sind aber für die nicht direkt delinquenzbezogenen Variablen teilweise als eher gering einzustufen. Um die Relevanz der Befunde zu Gewalttäter-status bzw. Migrationsstatus und psychosozialen Merkma-len einschätzen zu können, werden ergänzend Effektstärken angegeben (Cohens d; Tab. 2).

Zweifaktoriell kovarianzanalytische Auswertungen. Im Rahmen weiterer Auswertungen wurde eine 2-faktorielle multivariate Kovarianzanalyse mit den Faktoren Gewalttä-terstatus und Migrationsstatus, den abhängigen Variablen Gewaltakzeptanz, egozentrische Selbstgefälligkeit, körper-liche Bestrafung, delinquente Peers und ungünstiges nach-barschaftliches Umfeld sowie den Kovariaten finanzielle Ressourcen (s. Abschn. „Stichprobe“) und Schulart (als dichotome Variable; s. Abschn. „Gewaltdelinquenz, Peer-Delinquenz und Migrationsstatus“) durchgeführt, um das multivariate Bedingungsgefüge differenzierter zu unter-suchen. Während der Einfluss der Kovariate Schulart auf die abhängigen Variablen Gewaltakzeptanz, körperliche Bestrafung und delinquente Peers signifikant war, beein-flusste die Variable finanzielle Ressourcen nur die abhän-gige Variable ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld

Tab. 2 Gewalttäterstatus, Migrationsstatus und psychosoziale MerkmaleNein Ja

Gewalttäterstatus M (± SD) M (± SD) F (1,567) ES (d)Gewaltakzeptanz 1,30 (± 0,59) 1,98 (± 0,70) 91,06*** 1,05Egozentrische Selbstgefälligkeit 0,39 (± 0,24) 0,41 (± 0,23) 1,86 0,09Körperliche Bestrafung 1,25 (± 0,55) 1,49 (± 0,84) 9,62** 0,34Delinquente Peers 0,65 (± 0,56) 1,44 (± 0,87) 121,32*** 1,08Ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld 0,91 (± 0,70) 1,30 (± 0,93) 22,60*** 0,47Migrationsstatus M (± SD) M (± SD) F (1,568) ES (d)Gewaltakzeptanz 1,35 (± 0,65) 1,50 (± 0,67) 3,99* 0,23Egozentrische Selbstgefälligkeit 0,37 (± 0,23) 0,41 (± 0,24) 6,95** 0,17Körperliche Bestrafung 1,18 (± 0,49) 1,40 (± 0,69) 13,08*** 0,37Delinquente Peers 0,68 (± 0,65) 0,89 (± 0,72) 8,40** 0,31Ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld 0,89 (± 0,71) 1,06 (± 0,80) 3,79* 0,22

ES (d): Effektstärke (Cohens d). Effekte der Kovariaten für Analysen zum Gewalttäterstatus: finanzielle Ressourcen (ungünstiges nachbarschaftliche Umfeld: p ≤ 0,001); Schulart (körperliche Bestrafung: p ≤ 0,05; Gewaltakzeptanz, delinquente Peers: jeweils p ≤ 0,001). Effekte der Kovariaten für Analysen zum Migrationsstatus: finanzielle Ressourcen (Gewaltakzeptanz: p ≤ 0,10; ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld: p ≤ 0,001); Schulart (körperliche Bestrafung: p ≤ 0,01; Gewaltakzeptanz, delinquente Peers: jeweils p ≤ 0,001)*p ≤ 0,05; **p ≤ 0,01; ***p ≤ 0,001

Page 7: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

90

1 3

S. Wallner, M. Stemmler

71,0 %). Bezüglich der Unterscheidung von Jugendlichen mit Migrationsstatus und ohne Migrationsstatus erwiesen sich die Variablen körperliche Bestrafung und delinquente Peers als relevant für die Klassifikation (kanonisches R2 = 0,05; Λ = 0,95; χ2 (2) = 27,41, p ≤ 0,001; richtige Klas-sifikationen: 56,6 %). In differenzierenden Auswertungen zeigte sich, dass für Schüler der Haupt- und Mittelschu-len der Migrationsstatus nur durch das Merkmal körperli-che Bestrafung gekennzeichnet ist (kanonisches R2 = 0,03; Λ = 0,98; χ2 (1) = 7,83, p ≤ 0,01; richtige Klassifikationen: 51,3 %). Für die Subgruppe der Schüler anderer Schular-ten trennten, wie für die Gesamtstichprobe, die Variablen körperliche Bestrafung und delinquente Peers am besten zwischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund und den anderen Jugendlichen (kanonisches R2 = 0,04; Λ = 0,96; χ2 (2) = 12,31, p ≤ 0,01; richtige Klassifikationen: 59,1 %). Insgesamt konnten die Gruppen (Gewalttäter vs. Nichtge-walttäter; Migrationsstatus vs. kein Migrationsstatus) durch die jeweils ermittelten Diskriminanzfunktionen signifikant getrennt werden; insbesondere die Modelle für den Migra-tionsstatus weisen aber noch Optimierungsbedarf auf.

Diskussion

Die dargestellten empirischen Befunde legen nahe, dass sich in der zugrunde liegenden Stichprobe Dortmunder und Nürnberger 9. Klassen die Schüler mit Migrationshin-tergrund von den Schülern ohne Migrationshintergrund in Bezug auf selbst berichtete Gewalt- und Peer-Delinquenz (sowie Peer-Gewalt) substanziell unterscheiden. Die Diffe-renzen blieben unter Kontrolle der Bildungsteilhabe größ-tenteils erhalten, d. h., sie scheinen nicht grundsätzlich mit gruppenbedingten Unterschiedlichkeiten hinsichtlich der besuchten Schulart im Zusammenhang zu stehen. Zudem wurden Hinweise auf Unterschiede zwischen Gewalttätern und Nichtgewalttätern bzw. Jugendlichen mit Migrations-status und Jugendlichen ohne Migrationsstatus hinsicht-lich verschiedener psychosozialer Merkmale gefunden. Es zeigte sich, dass Gewalttäter im Durchschnitt jeweils höhere, d. h. ungünstigere, psychische und soziale Merk-malsausprägungen aufweisen als Nichtgewalttäter; Jugend-liche mit Migrationshintergrund sind im Mittel stärker psychosozial belastet als Jugendliche ohne Migrationshin-tergrund. Auch diese Unterschiede behaupten sich unter Kontrolle von intervenierenden Merkmalen wie Schulart und finanziellem Status, sind aber nicht in allen Fällen sta-tistisch bedeutsam. Diese Befunde sollten zunächst vor dem Hintergrund der spezifischen Stichprobenauswahl diskutiert werden: Im Hinblick auf das „sample“ ist zu berücksich-tigen, dass die Möglichkeiten der Generalisierbarkeit die-ser Ergebnisse eingeschränkt sind, da lediglich Jungen der

Gewalttäter höhere Werte als für Nichtgewalttäter ermit-teln; dahingegen liegen bei den Schülern ohne Migrations-status die entsprechenden Werte für körperliche Bestrafung bei Gewalttätern unter den Werten, die für Nichtgewalttä-ter ermittelt werden konnten (p ≤ 0,01; Abb. 1). Besonders gravierend ist der Unterschied zwischen Gewalttätern und Nichtgewalttätern bei den Jugendlichen mit Migrations-hintergrund: Jugendliche mit Migrationshintergrund, die gewalttätig sind, werden in deutlich höherem Ausmaß kör-perlich bestraft als Jugendliche mit Migrationshintergrund, die nicht gewalttätig sind.

Ergänzende diskriminanzanalytische Auswertungen. Die Ergebnisse schrittweiser Diskriminanzanalysen verdeut-lichen die Bedeutsamkeit der verschiedenen psychosozia-len Charakteristika für Gewalttäter- bzw. Migrationsstatus. Es zeigte sich zunächst erwartungsgemäß die besondere Bedeutung der delinquenznahen Merkmale delinquente Peers und Gewaltakzeptanz für die Klassifikation von Gewalt- und Nichtgewalttätern. Zusätzlich zu diesen beiden Variablen verblieb die Variable egozentrische Selbstgefäl-ligkeit in der Analyse (kanonisches R2 = 0,24; Λ = 0,76; χ2 (3) = 163,37, p ≤ 0,001; richtige Klassifikationen: 77,4 %). Unter Kontrolle der besuchten Schulform ergab sich, dass für die Teilstichprobe der Haupt- und Mittelschüler die Kriterien (1.) delinquente Peers und (2.) Gewaltakzep-tanz am besten die Gewalttäter von den Nichtgewalttätern trennten (kanonisches R2 = 0,27; Λ = 0,73; χ² (2) = 96,74, p ≤ 0,001; richtige Klassifikationen: 76,5 %), während für Schüler anderer Schulformen (1.) Gewaltakzeptanz und (2.) delinquente Peers relevant blieben (kanonisches R2 = 0,12; Λ = 0,88; χ2 (2) = 36,36, p ≤ 0,001; richtige Klassifikationen:

Abb. 1 Interaktionsdiagramm für körperliche Bestrafung, Migrations-hintergrund und Gewalttäterstatus

Page 8: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

91

1 3

Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus

den sozioökonomischen Status angesehen werden kann. Die Beachtung zusätzlicher sozioökonomischer Faktoren, die Aufschluss geben über z. B. den Bildungsstand der Eltern, die Wohnung und die Wohnumgebung oder das tatsächliche Einkommen der Eltern, wäre sicherlich sinnvoll. Generell erscheint gerade in diesem Zusammenhang die Erhebung genauer und verlässlicher Angaben im Rahmen von Schü-lerbefragungen jedoch schwierig. Ergänzend anzumerken ist auch, dass vor dem theoretischen Hintergrund das Kri-terium Armut als besonders relevant erachtet wurde [22, 27, 65]. Zusätzlich anzumerken ist, dass die Bildungsbeteiligung der Schüler im Hinblick auf Delinquenz bedeutsamer zu sein scheint als der sozioökonomische Status der Eltern [67]. Eine weitere Einschränkung hinsichtlich der Interpretierbarkeit bezieht sich auf die Definition des Migrationshintergrunds im Rahmen dieser Auswertungen, die als relativ breit bzw. unspezifisch zu beschreiben ist. Die Berücksichtigung weite-rer Charakteristika, wie z. B. des Alters bei der Immigration [50], könnte sinnvoll sein. Bezüglich des Migrationsstatus wäre auch evtl. eine zusätzliche Differenzierung nach kul-turellem Hintergrund, z. B. kein Migrationshintergrund vs. Migrationshintergrund „Kultur der Ehre“ vs. sonstiger Mig-rationshintergrund, sinnvoll. Es wird davon ausgegangen, dass Männlichkeitsnormen, wie sie in den „Kulturen der Ehre“ anzutreffen sind, für Gewaltdelinquenz relevant sind [15, 20]. Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass die regionale Herkunft von Personen mit Migrationshintergrund in Bezug auf Gewaltdelinquenz nicht bedeutsam ist [67]. Weitere, spezifischere Auswertungen werden diesbezüglich Hinweise auf sinnvolle Abgrenzungen bzw. Gruppenbil-dungen liefern können. Als allgemeine Einschränkung der Interpretation kann die Tatsache angesehen werden, dass der Fokus der Analysen auf Gewaltdelinquenz lag, die teilweise als dichotome Variable berücksichtigt wurde. Grundlage der Klassifikation als Gewalttäter bildeten insgesamt nur 4 ein-zelne (jeweils dichotome) Items zu Gewalthandlungen (vgl. Abschn. „Gewalttäterstatus, Migrationsstatus und psycho-soziale Merkmale“), sodass bezüglich des korrespondie-renden Summenwerts von Zähldatenniveau auszugehen ist. Zusätzliche Analysen sollten sich auf die Anzahl der jeweils begangenen Gewalttaten beziehen und die jeweiligen Häu-figkeitsangaben berücksichtigen. Die im Rahmen des vor-liegenden Beitrags durchgeführten Auswertungen beziehen sich jeweils auf sämtliche männlichen Neuntklässler. Wei-terführende Arbeiten sollten den Fokus auf die Gruppe der (Gewalt-)Täter richten, d. h., die Angaben der nichtdelin-quenten Schüler unberücksichtigt lassen, sodass der Einfluss der Prävalenz ausgeschlossen wird [49]. In diesem Kontext wären auch empirische Auswertungen interessant, die sich insbesondere auf Mehrfachgewalttäterschaft, ferner auch auf Intensivtäterstatus und Versatilität beziehen. Ergänzend erwähnt werden soll, dass die Definition der Gewaltde-linquenz generell nicht nur von den abgefragten Variablen

9. Jahrgangsstufe untersucht wurden. Zudem ist davon aus-zugehen, dass die Ergebnisse zwar für die Stadt-, nicht aber für die Landbevölkerung gültig sind. Von einer ungefähren Vergleichbarkeit der Daten für Dortmund und Nürnberg kann zwar im Hinblick auf die Größe und die Struktur der Städte ausgegangen werden, allerdings muss berücksichtigt werden, dass die beiden Städte sich möglicherweise auf-grund der geografischen Lage und des regionalen Kontextes unterscheiden. Bezüglich der Auswertungen, die auf den gruppierten Schulformen basieren, ist darauf hinzuweisen, dass die Angaben der Schüler beider Gruppen jeweils durch ein gewisses Ausmaß an Heterogenität gekennzeichnet sein können. Somit ist einschränkend anzumerken, dass sich möglicherweise nicht nur die „anderen Schularten“ unter-einander, sondern auch die Hauptschulen (Dortmund) und Mittelschulen (Nürnberg) in Bezug auf die Schülerschaft (geringfügig) unterscheiden. Eine Unterteilung dieser bei-den Schularten erschien im Rahmen der durchgeführten Analysen jedoch als nicht sinnvoll, da von einem zumindest ähnlichen schulischen Hintergrund ausgegangen werden musste. Es gibt auch Hinweise darauf, dass sich Real-schüler und Gymnasiasten in Bezug auf Delinquenz nicht bedeutsam unterscheiden, z. B. [41]; im Zusammenhang mit Gewalt scheint der Besuch einer Hauptschule (im Vergleich zu anderen Schulformen) besonders relevant zu sein [4]. Zudem wäre bei einer weiteren Unterteilung nicht zuletzt wegen des jeweils geringeren Teilstichprobenumfangs die Generalisierbarkeit der Befunde zusätzlich eingeschränkt. An dieser Stelle soll nochmals hervorgehoben werden, dass im Dortmunder Teil-Sample Schüler aller Schulformen ent-halten sind, wohingegen in Nürnberg die Stichprobe nur aus Mittelschülern besteht, sodass ein potenzieller Selektions-bias berücksichtigt werden musste. Von einer Gewichtung nach Schulart wurde jedoch abgesehen, weil eine Kont-rolle der Schulart als sinnvoller erachtet wurde: Durch die Kontrolle der Schulart sollte vermieden werden, dass die Ergebnisse durch Unterschiede, die potenziell zwischen den Schularten bestehen, verzerrt werden. Schulartspezifische Analysen erbrachten zwar im Wesentlichen vergleichbare Ergebnisse; es wurde aber deutlich, dass die Befunde für die unterschiedlichen Schularten z. T. durchaus divergie-ren. Insgesamt zeigte sich übereinstimmend mit anderen Studien, dass sich Schüler mit Migrationshintergrund von einheimischen Schülern weniger deutlich unterscheiden, wenn die Bildungsteilhabe jeweils ähnlich ist (Baier 2008 zit. nach [67]).

Im Rahmen der durchgeführten Analysen wurden neben der Schulart auch die finanziellen Ressourcen der Familie kontrolliert. Als einschränkend festzuhalten ist allerdings die Tatsache, dass auf eine differenzierte und adäquate Berück-sichtigung des sozioökonomischen Status verzichtet wurde. Anwendung fand lediglich eine Einschätzung der finanziel-len Ressourcen der Familie, die als ein einzelner Indikator für

Page 9: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

92

1 3

S. Wallner, M. Stemmler

können beispielsweise zu negativen Emotionen führen, die durch Delinquenz und Gewalt kompensiert werden [1]. Generell finden sich Hinweise darauf, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger Opfer elterlicher Gewalt werden als einheimische Jugendliche [65]. Baier et al. beto-nen im Zusammenhang mit geringerer Bildungsteilhabe und defizitärer sozialer Integration von Jugendlichen mit Mig-rationshintergrund die Problematik einer Kompensation der „… erlittenen Enttäuschungen über den Aufbau einer anti-egalitären, die Männlichkeit und die Ehre betonenden Kul-tur im Freundeskreis …“ ([4], S. 264). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie legen zudem nahe, dass Beziehungen zwischen dem sozialen Kontext bzw. dem nachbarschaftli-chen Umfeld und Gewaltdelinquenz bestehen [14, 27, 68]. Im Rahmen weiterführender Arbeiten sollte thematisiert werden, welche Variablen zusätzlich berücksichtigt werden können, um die Modelle weiter zu optimieren. Vor diesem Hintergrund ist v. a. zu klären, ob und in welchem Umfang weitere prädelinquente Variablen inkludiert werden sollten, um dem damit verbundenen multifaktoriellen Bedingungs-gefüge für Gewaltdelinquenz längsschnittlich gerecht zu werden. Beispielsweise sollte in zukünftigen Arbeiten ein differenziertes Maß für die jeweils erlebte Mediengewalt als zusätzlicher kriminogener Faktor berücksichtigt werden [3, 5, 67]. Marker für allgemeine Dissozialität, z. B. Drogen- bzw. Alkoholkonsum, Schuleschwänzen, Arbeitslosigkeit der Eltern oder Sozialhilfestatus, sollten ebenso untersucht werden wie migrationsspezifische Variablen, z. B. Diskri-minierungserfahrungen [2, 23]. Methodenkritisch festzuhal-ten ist somit, dass diese zusätzlichen, potenziell relevanten Variablen bzw. Drittfaktoren im Rahmen der Auswertun-gen dieser Arbeit nicht (multivariat) kontrolliert wurden. Zusätzliche Analysen für jüngere Schüler könnten ferner auch Aufschluss geben über frühe (Gewalt-)Delinquenz; in diesem Kontext sind beispielsweise spezifische Merk-male der „early starters“ relevant (z. B. Tierquälerei; [33, 35]). Untersuchungen zu Geschlechtsunterschieden können ebenfalls Gegenstand weiterführender Arbeiten sein: Das Geschlecht kann zwar als einer der besten Risikofaktoren für Delinquenz angesehen werden; zudem sind delinquente Verhaltensmuster vom Geschlecht abhängig [57]. Allerdings muss bezüglich der entsprechenden (psychosozialen) Merk-malsstrukturen bei Jungen und Mädchen nicht von einem grundlegend anderen Ansatz ausgegangen werden [48, 60]. Abschließend soll nochmals explizit betont werden, dass die Auswertungen im Rahmen des vorliegenden Beitrags nur auf Querschnittsdaten basieren. Längsschnittliche Analysen des Einflusses der psychosozialen Merkmale auf Gewalt erscheinen notwendig und werden (ab dem 2. Erhebungs-zeitpunkt) ggf. auch Kausalinterpretationen ermöglichen. Zusätzlich sollte längsschnittlich die Identifikation von Fak-toren des Ausstiegs bzw. Einstiegs sowie der längerfristigen

abhängig ist, sondern auch vom rechtlichen Bezugssystem der Bundesrepublik Deutschland. Eigentums- und Rückzugs-delinquenz wurden im Rahmen der durchgeführten Analysen nicht berücksichtigt, sodass auch in diesem Zusammenhang weiterführende, differenziertere Analysen als sinnvoll erach-tet werden. Ferner relevant sind auch grundlegende Ein-schränkungen, die an dieser Stelle nur kurz genannt werden sollen: Zum einen ist die Problematik der teilweise unzu-reichenden Verlässlichkeit selbst berichteter Delinquenz zu nennen, zum anderen die Schwierigkeit der Erreichbarkeit auskunftswilliger Jugendlicher [29, 50]. Als weniger valide erweisen sich im Speziellen auch Dunkelfelddaten zu selbst berichteter Delinquenz bei Jugendlichen mit Migrationshin-tergrund mit kurzer Aufenthaltsdauer [49].

Als psychosoziale Merkmale, d. h. gewaltbezogene Cha-rakteristika und psychosoziale Belastungsfaktoren, wurden die Variablen Gewaltakzeptanz, egozentrische Selbstge-fälligkeit, körperliche Bestrafung, delinquente Peers und ungünstiges nachbarschaftliches Umfeld ausgewählt. Die untersuchten Gruppen zum Gewalttäterstatus bzw. Migra-tionsstatus differieren hinsichtlich der genannten Variablen zwar größtenteils statistisch signifikant, jedoch z. T. nur gering, sodass bei der Interpretation auch der relativ große Stichprobenumfang berücksichtigt werden muss, der die statistische Absicherung der Mittelwertvergleiche beein-flussen kann. In diesem Zusammenhang sind die zusätzlich angegebenen Effektstärken relevant, die zumindest für die gewaltnahen Variablen auf durchaus substanzielle Effekte hinweisen. Allerdings muss auch beachtet werden, dass diese gewaltaffinen Merkmale Teil des als Kriterium zu erfassen-den Gewalthandelns sein können, d. h. selbst dissoziale Verhaltensweisen abbilden. Die diskriminanzanalytischen Auswertungen im Rahmen dieses Beitrags verdeutlichen die Relevanz derartiger delinquenzbezogener Merkmale, die auch in der entwicklungspsychopathologischen Lite-ratur thematisiert werden [7, 22, 34, 64]: Gewalt ist in der untersuchten Stichprobe v. a. durch delinquente Peers und gewaltlegitimierende Einstellungen bestimmt. Egozentri-sche Persönlichkeitsmerkmale scheinen in der untersuch-ten Stichprobe bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund etwas stärker ausgeprägt zu sein. Generell trägt ein proble-matisches Selbstbild zu dissozialen Entwicklungen bei [39]; durch Feindseligkeit geprägte Persönlichkeitsfacetten stehen wohl insbesondere bei Jugendlichen mit Migrationshinter-grund in Relation zu Gewalt [65]. Hinsichtlich des Migra-tionsstatus scheint die gewaltgeprägte Erziehung am besten zwischen den beiden Gruppen zu trennen; delinquente Peer-Gruppen-Beziehungen erweisen sich im Rahmen der durch-geführten diskriminanzanalytischen Auswertungen als zusätzliche Variable nur für Schüler anderer Schulformen, nicht für Haupt- und Mittelschüler, als bedeutsam. Elter-liche Gewalt in der Erziehung und schulische Defizite, die zu einer geringeren Bildungsbeteiligung beitragen können,

Page 10: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

93

1 3

Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus

ihrer Kontrolle. Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach, S 169–190

4. Baier D, Pfeiffer C, Windzio M (2006) Jugendliche mit Migra-tionshintergrund als Opfer und Täter. Fachwissenschaftliche Analyse. In: Heitmeyer W, Schröttle M (Hrsg) Gewalt. Beschrei-bungen, Analysen, Prävention. Bundeszentrale für politische Bil-dung, Bonn, S 240–275

5. Baier D, Pfeiffer C, Simonson J, Rabold S (2009) Jugendliche in Deutschland als Opfer und Täter von Gewalt. Erster Forschungs-bericht zum gemeinsamen Forschungsprojekt des Bundesministe-riums des Innern und des KFN. Forschungsbericht Nr. 107. KFN, Hannover

6. Bailey S (2006). Difficult to place children: key characteristics, challenges, and opportunities. In: Hagell A, Jeyarajah-Dent R (Hrsg) Children who commit acts of serious interpersonal violen-ce: messages for practice. Kingsley, London, S 23–41

7. Battin SR, Hill KG, Abbott RD, Catalano RF, Hawkins JD (1998) The contribution of gang membership to delinquency beyond de-linquent friends. Criminology 36:93–115

8. Bauer M (2013) Die Rolle von Peergruppenbeziehungen und Mig-rationshintergrund bei Jugenddelinquenz. Unveröffentlichte Mas-terarbeit. Universität Erlangen-Nürnberg, Institut für Psychologie

9. Bliesener T, Beelmann A, Stemmler M (Hrsg) (2012) Antisocial behavior und crime. Hogrefe, Göttingen

10. Boers K, Reinecke J (2007) Delinquenz im Jugendalter. Erkennt-nisse einer Münsteraner Längsschnittstudie. Waxmann, Münster

11. Boers K, Reinecke J, Bentrup C, Kanz K, Kunadt S, Mariotti L, Pöge A, Pollich D, Seddig D, Walburg C, Wittenberg J (2010) Ju-gendkriminalität – Altersverlauf und Erklärungszusammenhänge. Ergebnisse der Duisburger Verlaufsstudie Kriminalität in der mo-dernen Stadt. N Kriminalpol 22:58–66

12. Boers K, Reinecke J, Mariotti L, Seddig D (2010) Explaining the development of adolescent violent delinquency. Euro J Criminol 7:499–520

13. Brockmann M, Bock M (2013) Die Kriminalprognose bei persön-lichkeitsgestörten Straftätern. Teil II: einzelne Persönlichkeitsstö-rungen aus Sicht der angewandten Kriminologie. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 7:193–201

14. Catalano RF, Arthur MW, Hawkins JD, Berglund L, Olson JJ (1998) Comprehensive community- and school-based interventi-ons to prevent antisocial behavior. In: Loeber R, Farrington DP (Hrsg) Serious and violent juvenile offenders: risk factors and suc-cessful interventions. Saga, CA, S 248–283

15. Cohen D, Nisbett RE (1994) Self-protection and the culture of honor: explaining Southern violence. Pers Soc Psychol Bull 20:551–567

16. Cooke D, Michie C, De Brito SA, Hodgins S, Sparkes L (2011) Measuring life-long patterns of instrumental aggression: a metho-dological note. Psychol Crime Law 17:319–329

17. Dahle KP (2001) Violent crime and offending trajectories in the course of life: an empirical life span developmental typology of criminal careers. In: Farrington DP, Hollin C, McMurran M (Hrsg) Sex and violence: the psychology of crime and risk assessment. Routledge, London, S 197–209

18. Diewald M, Faist T (2011) Von Heterogenitäten zu Ungleichhei-ten: Soziale Mechanismen als Erklärungsansatz der Genese sozia-ler Ungleichheiten. Berlin J Soziol 21:91–114

19. Dolan M, Doyle M (2000) Violence risk prediction: clinical and actuarial measures and the role of the psychopathy checklist. Br J Psychiatry 177:303–311

20. Enzmann D, Brettfeld K, Wetzels P (2003) Männlichkeitsnormen und die Kultur der Ehre. Empirische Prüfung eines Modells zur Erklärung erhöhter Delinquenzraten jugendlicher Migranten. Koln Z Soziol Sozialpsychol 43:264–287

Persistenz in (gewalt-)delinquenten Entwicklungsverläufen möglich sein [55].

Die skizzierten querschnittlichen Befunde für den ersten Erhebungszeitpunkt können jedoch insbesondere wegen der Aktualität der zugrunde liegenden Daten für den Vergleich mit den Resultaten anderer Dunkelfeldstudien bedeutsam sein. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Studie mit einem relativ großen Stichprobenumfang handelt, sollten die Ergebnisse trotz aller skizzierten Einschränkungen relativ verlässliche und somit durchaus relevante Hinweise für Möglichkeiten der frühen entwicklungsbezogenen Gewaltprävention [30, 31, 37, 38] liefern. Für Jugendliche mit Migrationshintergrund können spezifische Maßnahmen, die sich z. B. nicht nur auf das Lernen von sozialen Kompetenzen und Selbstkontroll-fähigkeiten, sondern auch auf den Erwerb von Sprachkom-petenzen sowie politischen Bildungsinhalten beziehen, als sinnvoll erachtet werden [65]. Auch delinquenzmindernde protektive Faktoren sollten in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden [39, 50]. Eine höhere Gewaltbelas-tung von ethnischen Minderheiten ist generell als Zeichen einer mangelhaften bzw. nichtgelungenen Integration zu werten [49, 50, 65]. Vor diesem Hintergrund soll insbeson-dere die Bedeutsamkeit von Präventionsmaßnahmen im Sinne sozialer Integration von Jugendlichen mit Migrations-status und von korrespondierenden Ansätzen der Gewalt-vorbeugung [49, 52, 65] prononciert werden.

Danksagung Dieser Beitrag enthält Ergebnisse der Studie „Chancen und Risiken im Lebensverlauf“, die von Prof. Dr. Jost Reinecke und Prof. Mark Stemmler, Ph.D., geleitet wird. Die Studie ist Teil des Pro-jekts A2 des Sonderforschungsbereichs „Von Heterogenitäten zu Un-gleichheiten“ (SFB 882), der von der DFG an der Universität Bielefeld gefördert wird. Die Autoren danken an dieser Stelle den hauptamtlich Mitarbeitenden Jost Reinecke, Maria Arnis, Nihad El-Kayed, Julia Meinert, Andreas Pöge, Deborah Schepers, Zara Sünkel, Burcu Uysal, Maren Weiss und Jochen Wittenberg sowie den beteiligten studenti-schen Hilfskräften. Ein besonderer Dank gilt auch den an der Studie teilnehmenden Schulen sowie den Befragten und ihren Eltern.

Interessenkonflikt  Die Autoren erklären, dass kein Interessenkon-flikt besteht.

Literatur

1. Agnew R (2009) General strain theory: current status and direc-tions for further research. In: Cullen FT, Wright JP, Blevins KR (Hrsg) Taking stock: the status of criminological theory. Transac-tion, New Brunswick, S 101–124

2. Baier D (2005) Abweichendes Verhalten Jugendlicher. Ein empi-rischer Vergleich verschiedener Erklärungsansätze. ZSE Z Soziol Erziehung Sozialisat 25:381–398

3. Baier D (2013) Entwicklung und Bedingungsfaktoren des Gewalt-verhaltens. Ergebnisse wiederholt durchgeführter Schülerbefra-gungen. In: Dölling D, Jehle JM (Hrsg) Täter – Taten – Opfer. Grundlagenfragen und aktuelle Probleme der Kriminalität und

Page 11: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

94

1 3

S. Wallner, M. Stemmler

39. Lösel F, Bender D (2003) Resilience and protective factors. In: Farrington D, Coid J (Hrsg) Early prevention of adult antisocial behavior. Cambridge University Press, Cambridge, S 130–204

40. Lösel F, Bender D (2006) Risk factors for serious and violent an-tisocial behaviour in children and youth. In: Hagell A, Jeyarajah-Dent R (Hrsg) Children who commit acts of serious interpersonal violence: messages for practice. Kingsley, London, S 42–72

41. Lösel F, Bliesener T (2003) Aggression und Delinquenz unter Jugendlichen. Untersuchungen zu kognitiven und sozialen Be-dingungen. Reihe Polizei und Forschung, Bd 20. Luchterhand, München

42. Lösel F, Bliesener T, Averbeck M (1999) Hat die Delinquenz von Schülern zugenommen? Ein Vergleich im Dunkelfeld nach 22 Jah-ren. In: Schäfer M, Frey D (Hrsg) Aggression und Gewalt unter Kindern und Jugendlichen. Göttingen, Hogrefe, S 65–87

43. Lösel F, Beelmann A, Jaursch S, Scherer S, Stemmler M, Wallner S (2003) Skalen zur Messung elterlichen Erziehungsverhaltens bei Vorschul- und Grundschulkindern. Die deutschen Versionen der Parenting Sense of Competence Scale (PSOC), der Parenting Scale (PARS) und des Alabama Parenting Questionnaire (APQ). Universität Erlangen-Nürnberg, Institut für Psychologie

44. Lussier P, Corrado R, Healey J, Tzoumakis S, Deslauriers-Varin N (2011) The Cracow instrument for multi-problem violent youth: examining the postdictive validity with a sample of preschoolers. Int J Child. Youth Fam Stud 2:294–329

45. Meinert J, Sünkel Z (2013) Die Entstehung und Entwicklung de-vianten und delinquenten Verhaltens im Lebensverlauf und ihre Bedeutung für soziale Ungleichheitsprozesse: Methodendoku-mentation der Schülerbefragungen in Dortmund und Nürnberg. Erste Erhebung 2012. SFB 882 Technical Report Series. Vol 01. Bielefeld, DFG Research Center (SFB) 882 From Heterogeneities to Inequalities

46. Moffitt TE (1993) Adolescence-limited and life-course-persis-tent antisocial behavior: a developmental taxonomy. Psychol Rev 100:674–701

47. Moffitt TE, E-Risk Study Team (2002) Teen-aged mothers in con-temporary Britain. J Child Psychol Psychiatry 43:727–742

48. Moffitt TE, Caspi A, Rutter M, Silva PA (2001) Sex differences in antisocial behaviour: conduct disorder, delinquency, and violence in the Dunedin Longitudinal Study. Cambridge University Press, Cambridge

49. Naplava T (2003) Selbstberichtete Delinquenz einheimischer und immigrierter Jugendlicher im Vergleich. Eine Sekundäranalyse von Schulbefragungen der Jahre 1995–2000. Soziale Probleme: Z Soz Probl Soz Kontrolle 14(1):67–96

50. Naplava T (2011) Jugenddelinquenz im interethnischen Vergleich. In: Dollinger B, Henning SS (Hrsg) Handbuch Jugendkriminalität. VS für Sozialwissenschaften/Springer Fachmedien, Wiesbaden, S 229–240

51. Pfeiffer C, Wetzels P, Enzmann D (1999) Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. For-schungsberichte Nr. 80. KFN, Hannover

52. Pfeiffer C, Windzio M, Baier D (2006) Elf Vorschläge zur Gewalt-vorbeugung und sozialen Integration. In: Heitmeyer W, Schröttle M (Hrsg) Gewalt. Beschreibungen, Analysen, Prävention. Bun-deszentrale für politische Bildung, Bonn, S 276–290

53. Pollich D, Daniel A (2012) Youth violence in Germany. Key re-sults and findings. SIAK J J Police Sci Pract 2:68–81

54. Reinecke J, Boers K (2011) Entwicklung der Jugendkriminalität im Längsschnitt. Ergebnisse der Duisburger Längsschnittstudie „Kriminalität in der modernen Stadt“. In: Stompe T, Schanda H (Hrsg) Delinquente Jugendliche und forensische Psychiatrie. Me-dizinisch wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin, S 17–33

55. Reinecke J, Stemmler M, Arnis M, El-Kayed N, Meinert J, Pöge A, Schepers D, Sünkel Z, Kucur-Uysal B, Wallner S, Weiss M, Wittenberg J (2013) Entstehung und Entwicklung von Kinder- und

21. Essau CA, Sasagawa S, Frick PJ (2006) Psychometric proper-ties of the Alabama parenting questionnaire. J Child Fam Stud 15:597–616

22. Farrington DP (1995) The twelfth Jack Tizzard memorial lecture: the development of offending and antisocial behavior from child-hood – Key findings from the Cambridge Study in Development. J Child Psychol Psychiatry 36:929–964

23. Farrington DP, Piquero AR, Jennings WG (2013) Offending from childhood to late middle age: recent results from the Cambridge Study in Delinquent Development. Springer, New York

24. Focus M (2006) Wollen gute Gangster sein. Focus Online 1996–2013. http://www.focus.de/politik/deutschland/statistik-wollen-gute-gangster-sein_aid_215432.html. Zugegriffen: 30. Dez. 2013

25. Hare RD, Hart SD, Harpur TJ (1991) Psychopathy and the DSM-IV criteria for antisocial personality disorder. J Abnorm Psychol 100:391–398

26. Hawkins JD, Herrenkohl T, Farrington DP, Brewer D, Catalano RF, Harachi TW (1998) A review of predictors of youth violence. In: Loeber R, Farrington DP (Hrsg) Serious and violent juveni-le offenders: risk factors and successful interventions. Sage, CA, S 106–146

27. Hay C, Fortson EN, Hollist DR, Altheimer I, Schaible LM (2006) The impact of community disadvantage on the relation-ship between the family and juvenile crime. J Res Crime Delinq 43:326–356

28. Herrenkohl TI, Maguin E, Hill KG, Hawkins JD, Abbott RD, Ca-talano RF (2000) Developmental risk factors for youth violence. J Adolesc Health 26:176–186

29. Köllisch T, Oberwittler D (2005) Wie ehrlich berichten männliche Jugendliche über ihr delinquentes Verhalten? Ergebnisse einer ex-ternen Validierung. Koln Z Soziol Sozialpsychol 56:708–735

30. Kraus B, Wagner D, Görgen T (2013) Lokale Interviewstudien: lokale Expertensichtweisen zum Erscheinungsbild und zur Prä-vention von Jugendkriminalität. In: Görgen T, Taefi A, Kraus B, Wagner D (Hrsg) Jugendkriminalität und Jugendgewalt. Empi-rische Befunde und Perspektiven für die Prävention. Deutsche Hochschule der Polizei, Münster, S 78–93. http://youprev.eu/pdf/YouPrev_NationalReport_DE.pdf. Zugegriffen: 9. Jan. 2014

31. Kröber HL (2012) Gewalt. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 6:147–148

32. Lipsey MW, Derzon JH (1998) Predictors of violent or serious delinquency in adolescence and early adulthood: a synthesis of longitudinal research. In: Loeber R, Farrington DP (Hrsg) Serious and violent juvenile offenders: risk factors and successful inter-ventions. Sage, CA, S 167–193

33. Loeber R, Farrington DP (2001) The significance of child delin-quency. In: Loeber R, Farrington DP (Hrsg) Child delinquents: development, intervention, and service needs. Sage, CA, S 1–22

34. Loeber R, Hay D (1997) Key issues in the development of aggres-sion and violence from childhood to early adulthood. Annu Rev Psychol 48:371–410

35. Loeber R, Farrington DP, Waschbusch DA (1998) Serious and violent juvenile offenders. In: Loeber R, Farrington DP (Hrsg) Se-rious and violent juvenile offenders: risk factors and successful interventions. Saga, CA, S 13–29

36. Lösel F (1975) Handlungskontrolle und Jugenddelinquenz. Enke, Stuttgart

37. Lösel F (2002) Risk/need assessment and prevention of antisocial development in young people: basic issues from a perspective of cautionary optimism. In: Corrado RR, Roesch R, Hart SD, Gie-rowski JK (Hrsg) Multi-problem violent youth: a foundation for comparative research on needs, interventions and outcomes. IOS, Amsterdam, S 35–57

38. Lösel F (2012) Entwicklungsbezogene Prävention von Gewalt und Kriminalität. Ansätze und Wirkungen. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 6:71–84

Page 12: Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus; Juvenile violent crime, psychosocial characteristics and migration background;

95

1 3

Jugendliche Gewaltdelinquenz, psychosoziale Merkmale und Migrationsstatus

63. Taefi A, Görgen T (2013) Schülerbefragung – lokale Dunkelfeld-befragungen in Schulen. In: Görgen T, Taefi A, Kraus B, Wagner D (Hrsg) Jugendkriminalität und Jugendgewalt. Empirische Be-funde und Perspektiven für die Prävention. Deutsche Hochschule der Polizei, Münster, S 52–77. http://youprev.eu/pdf/YouPrev_Na-tionalReport_DE.pdf. Zugegriffen: 9. Jan. 2014

64. Thornberry TP (1998) Membership in youth gangs and involve-ment in serious and violent offending. In: Loeber R, Farrington DP (Hrsg) Serious and violent juvenile offenders: risk factors and successful interventions. Sage, CA, S 147–166

65. Uslucan HH (2012) Kriminogene Entwicklungsrisiken von Ju-gendlichen mit Zuwanderungsgeschichte und Möglichkeiten der Prävention und Intervention. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 6:102–110

66. Wahl K (2009) Aggression und Gewalt. Ein biologischer, psy-chologischer und sozialwissenschaftlicher Überblick. Spektrum, Heidelberg

67. Walburg C (2013) Wenn Integration gelingt. Delinquenzmindern-de Faktoren bei jungen Migranten. In: Dölling D, Jehle JM (Hrsg) Täter – Taten – Opfer. Grundlagenfragen und aktuelle Probleme der Kriminalität und ihrer Kontrolle. Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach, S 53–68

68. Wikström POH (2009) Crime propensity, criminogenic exposure and crime involvement in early to mid adolescence. (Sonderheft). Monatsschr Kriminol Strafrechtsreform 92:253–266

69. Yang M, Wong S, Coid J (2010) The efficacy of violence predic-tion: a meta-analytic comparison of nine risk assessment tools. Psychol Bull 136:740–767

Jugenddelinquenz: erste Ergebnisse einer Längsschnittstudie. N Kriminalpol 25:207–228

56. Reinecke J, Stemmler M, Sünkel Z, Schepers D, Weiss M, Arnis M, Meinert J, Kucur-Uysal B, Pöge A, Wallner S, Wittenberg J (2013) The development of deviant and delinquent behavior over the life course in the context of processes of social inequalities, SFB 882 Working Paper Series, no. 17. Bielefeld: DFG Research Center (SFB) 882 From Heterogeneities to Inequalities

57. Ryder JA, Gordon C, Bulger J (2009) Contextualizing girls’ vio-lence: assessment and treatment decisions. In: Andrade JT (Hrsg) Handbook of violence risk assessment and treatment: new ap-proaches for mental health professionals. Springer, New York, S 449–493

58. Schmitt-Rodermund E, Silbereisen RK (2003) „Ich war ge-zwungen, alles mit der Faust zu regeln“. – Delinquenz unter jugendlichen Aussiedlern aus der Perspektive der Entwicklungs-psychologie. Koln Z Soziol Sozialpsychol 43:240–263

59. Seitz W, Rausche A (2004) PFK 9–14. Persönlichkeitsfragebogen für Kinder zwischen 9 und 14 Jahren. Hogrefe, Göttingen

60. Silverthorne P, Frick PJ (1999) Developmental pathways to antiso-cial behaviour: the delayed-onset pathway in girls. Dev Psychopat-hol 11:101–126

61. Statistisches Bundesamt (2012) Bevölkerung und Erwerbstätig-keit. Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2011. Wiesbaden. https://www.destatis.de/DE/Pub-likationen/Thematisch/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Mig-rationshintergrund2010220117004.pdf?__blob=publicationFile. Zugegriffen: 30. Dez. 2013

62. Straus MA, Mouradian VE (1998) Impulsive corporal punishment by mothers and antisocial behavior and impulsiveness of children. Behav Sci Law 16:353–374


Recommended