+ All Categories
Home > Documents > Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen...

Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen...

Date post: 11-Sep-2021
Category:
Upload: others
View: 2 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
555
Internationale Professionalität
Transcript
Page 1: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität

Page 2: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Esther Ruiz Ben

Internationale Professionalität

Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Page 3: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Esther Ruiz Ben Berlin, Deutschland

DFG Projekt INITAK

ISBN 978-3-531-17973-5 ISBN 978-3-531-93183-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-531-93183-8

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio-n a lbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar.

Springer VS© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu-stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über-setzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die-sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürft en.

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der FachverlagsgruppeSpringer Science+Business Media. www.springer-vs.de

Page 4: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Den INITAK Mitarbeiter/innen und

den IT Experten/innen gewidmet.

Page 5: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Inhaltsverzeichnis

Vorwort .......................................................................................... 13

Einführung ..................................................................................... 15

I Theoretische Grundlagen ................................................. 31

I.1 Fordistische Modelle der Arbeitsorganisation: Bürokratische und berufliche bzw. professionelle Modelle der Arbeits- und Wissenskontrolle .................... 31

I.1.1 Professionalität und die Transformation fordistischer Produktionsformen ........................................................... 45

I.1.2 Arbeit, Professionalität und Geschlechterasymmetrien ................................................ 53

I.1.3 Die Transformation der Produktion aus der Sicht der Theorien der Wissensgesellschaft .................................... 59

I.2 Postfordistische Theorien der Arbeitsorganisation .......... 64

I.3 Alternative Interpretationen: Hybridisierung und Koexistenz von Arbeitsorganisationsmodellen ............... 69

I.3.1 Gemischte Formen der Professionalität und Karrieren .......................................................................... 85

I.4 Zwischenfazit: Gemischte Professionalität als Paradigma der Arbeitsorganisation .................................. 94

I.5 Die Internationalisierung von Arbeitskapazitäten ........... 97

Page 6: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Inhaltsverzeichnis 8

I.5.1 Ökonomische und Management-Analysen der

Internationalisierung von Arbeitskapazitäten multinationaler Unternehmen ........................................ 101

I.5.1.1. Das Modell von Dunning ............................................... 102

I.5.1.2. Das Uppsala-Modell ...................................................... 105

I.5.1.3. Das Modell des transnationalen Unternehmens aus kontingenztheoretischer Sicht ................................. 109

I.5.2. Institutionalistische Analysen der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten multinationaler Unternehmen: Organisationelle Konvergenz ........................................ 115

I.5.3. Europäische Institutionalismus: Divergente multinationale Organisationsformen der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten ......................................................... 122

I.5.4. Akteurzentrierte Analysen der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten multinationaler Unternehmen .................................................................. 141

I.5.5. Die Analyse der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten mit Fokus auf Wertschöpfungsketten ................................................... 153

I.6 Zusammenfassung und Fazit ......................................... 158

II. Theoretischer Rahmen für die Analyse der Arbeitsorganisation in transnationalen Arbeitsfeldern ................................................................ 165

II.1 Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis in transnationalen Arbeitsfeldern ........................ 170

Page 7: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

9 Inhaltsverzeichnis

II.2 Unternehmen und Arbeitsorganisation: Mechanismen der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis .................................................................. 178

II.3 Konstruktion beruflicher Identitäten in transnationalen Arbeitsfeldern ....................................... 182

II.4 Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien ...... 183

III. Empirische Untersuchung: Internationalisierung von Informationsarbeit und Implikationen für die Arbeitsorganisation ........................................................ 190

III.1 Informationsarbeit in der deutschen IT-Branche ........... 191

III.1.1 Institutionalisierte Wissensformen in der deutschen IT-Branche ..................................................................... 197

III.1.2 Interessenvertretungen: Mitbestimmung und professionelle Verbände in der Informationsarbeit ....... 212

III.1.3 Internationalisierung der Informationsarbeit ................. 216

III.1.4 Geschlechterasymmetrien in der Informationsarbeit ..... 218

III.1.5 Die Beteiligung von Frauen in der Informationsarbeit in Deutschland ................................. 233

III.2 Analyse der Arbeitsorgansiation im Zusammenhang mit der Internationalisierung von Informationsarbeit .... 235

III.2.1 Methodologische Grundlagen der Studie ...................... 239

III.2.2. Beschreibung der für die Fallstudien ausgewählten Firmen ..................................................... 241

III.3 Analyse der Fallstudien in den jeweiligen Produktionsfeldern der IT-Branche ............................... 245

III.3.1 Produktionsfeld IT-Dienstleistungen ............................. 245

Page 8: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Inhaltsverzeichnis 10

III.3.1.1 Gamma: Fragmentierte Internationalisierungspläne ...... 245

III.3.1.2 Alpha 2: Substitutive internationale Beschäftigungspolitik .................................................... 272

III.3.1.3 Zwischenfazit: Transformation der Arbeitsorganisation durch die Internationalisierung von IT-Dienstleistungen ................................................ 302

III.3.2 Produktionsfeld Softwareentwicklung ........................... 307

III.3.2.1 Beta 1: Expansive internationale Beschäftigungspolitik .................................................... 307

III.3.2.2 Alpha 3: Expansive Beschäftigungspolitik im internen Arbeitsmarkt .................................................... 339

III.3.2.3 Zwischenfazit: Internationalisierung der Arbeit und Transformation der Arbeitsorganisation in der Softwareentwicklung ..................................................... 374

III.3.3 Produktionsfeld Telekommunikation ............................ 383

III.3.3.1 Alpha 1: Substitutive internationale Beschäftigungspolitik .................................................... 383

III.3.3.2 Zwischenfazit: Internationalisierung der Arbeit und Transformation der Arbeitsorganisation in der Telekommunikation ....................................................... 416

III.3.4 Produktionsfeld Hardwareentwicklung ......................... 420

III.3.4.1 Delta: Fragmentierte kerngeschäftsbezogene internationale Beschäftigungspolitik ............................. 420

III.3.4.2 Zwischenfazit: Internationalisierung der Arbeit und Transformation der Arbeitsorganisation in der Hardwareentwicklung .................................................... 448

Page 9: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

11 Inhaltsverzeichnis

III.4 Typologie internationaler Beschäftigungspolitiken und gemischter Professionalitäts- und Karriereformen ............................................................... 452

III.4.1 Internationale Professionalitätsformen .......................... 466

III.4.2 Internationale Professionalitätsformen und implizite Asymmetrien: Geschlecht, Alter, Nationalität und Qualifikation als interaktionale Segregationsfaktoren in transnationalen Arbeitsfeldern ................................................................ 477

IV Diskussion der Ergebnisse: Formen internationaler Professionalität und implizite Mitarbeiterasymmetrien ................................................. 481

Verzeichnis der Graphiken und Tabellen ..................................... 489

Literaturverzeichnis ..................................................................... 490

Page 10: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Vorwort

Dieses Buch stellt die überarbeitete Fassung meiner Habilitations-schrift dar, die während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche As-sistentin im Institut für Soziologie der Technischen Universität Berlin enstanden ist. Der empirische Teil wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert, wofür ich mich sehr bedanken möchte. An dem empirischen Teil der Arbeit haben sich mehrere Nachwuchswissenschaftler/innen beteiligt: Dr. Martina Maletzky, Michaela Thoma (M.A.), Michaela Wieandt (M.A.) und Dennis Sztuka. Dass dieses Buch überhaupt gelingen konnte, geht auf de-ren Engagement bei der drei jährigen Feldforschung und in den produktiven Diskussionen zurück. Darüber hinaus möchte ich mich ganz besonders bei den zahlreichen Personen in den ausgewählten Organisationen bedanken, die uns die Türen ihrer täglichen Arbeit geöffnet haben und von denen wir viel lernen durften. Nicht zuletzt hat die institutionelle Einbettung der Forschung im Institut für So-ziologie der Technischen Universität Berlin die Entstehung dieses Buches ermöglicht. Besonders Prof. Dr. Werner Rammert und Prof. Dr. Hubert Knoblauch haben wichtige Impulse und Unterstützung bei allen Phasen der Arbeit gegeben. Aber auch die positiven und innovativen Umfeldbedingungen im Institut für Soziologie haben dazu beigetragen, die Forschung stets in Auseinandersetzung mit theoretischen Grundlagen zu entwickeln. Weiterhin habe ich zahl-reiche fachliche Impulse für die Untersuchung im Rahmen von Seminaren, Lehrforschungsprojekten sowie Kolloquien und inter-

Page 11: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Vorwort 14

nationalen Konferenzen erhalten. Dabei konnte ich meine eigenen Ideen kritisch überprüfen und weiterentwickeln.

Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie und ganz beson-ders bei meinem Mann bedaken, der mich stets begleitet und unter-stützt hat.

Page 12: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Einführung

Die internationale Verteilung von Erwerbsarbeit mit Unterstützung von Informations- und Telekommunikationstechnologien (IT) stellt die Arbeitsorganisation1 und ihre institutionelle Ordnung vor neue Herausforderungen.

Soziale Arbeitsräume bilden sich als organisationale grenz-überschreitende Interaktionsverflechtungen von sozialen Akteuren

1 Die Arbeitsorganisation stellt den operativen Kern von Unternehmen dar, der die Strukturen und Abläufe der Arbeitsprozesse definiert. Tätigkeiten sowie deren Zuordnung zu Personen oder Gruppen im Zusammenhang mit Unternehmenszielen bzw. Geschäftsprozessen und mit den vorhandenen Ressourcen sind ebenso Gegenstand arbeitsorganisatorischer Gestaltung wie die Koordination und Synchronisation von Zielen und Interessen der Personen, die in die Arbeitsprozesse des Unterneh-mens eingebunden sind. Regelungen der Arbeitsorganisation zielen darauf ab, Konflikte zwischen Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen zu vermeiden bzw. die Interessen der beiden begrenzt rationalen und von Unsicherheiten geprägten Parteien zu vereinbaren. Die Arbeitsteilung, die Defini-tion von Arbeitsleistungen bzw. -qualität und -intensität und damit die Transformation von Arbeits-kraft in konkrete Arbeit werden durch Institutionen der Arbeitsorganisation kontrolliert, legitimiert und sinnvoll gemacht (Müller-Jentsch 2003). Die Debatte über Arbeitsorganisation und Arbeitsteilung wurde bereits von Marx, Durkheim und Weber im Kontext der Industrialisierung als Diskussion um den Klassenkampf oder die Krisen gemeinschaftlicher Institutionen und sozialer Werte eröffnet. Sie wurde zunächst durch den Human-Relations-Ansatz und seiner Kritik an der Expansion tayloristischer Methoden im Rahmen der Dis-kussion um eine Humanisierung der Arbeit (Friedman 1977) fortgeführt. In den siebziger Jahren schließlich wurde sie mit der Arbeitsprozessdebatte (Braverman 1974) sowie der weiteren Differen-zierung der Konzeptualisierung von Arbeitskontrollmechanismen (Edwards 1979; Burawoy 1985) erneut aufgegriffen. In den achtziger Jahren betonen Burawoy (1982) oder Cockburn (1983) und in Deutschland später Jürgens und Naschold (1984) die Bedeutung arbeitspolitischer Aspekte der Arbeitsorganisation. Ab den neunziger Jahren ändert sich diese Fokussierung auf politische Aspekte und parallel zur Umsetzung neuer Arbeitsorganisationsformen. Im Kontext der Nutzung von Infor-mations- und Kommunikationstechnologien konzentriert sich die Debatte dann auf die Transformati-on bürokratischer Regime zugunsten intrinsischer Kontrollformen der Arbeit bzw. auf Fragen über Handlungsspielräume und den Autonomiegrad der Arbeitnehmer/innen. Speziell in Bezug auf Wis-sensarbeit analysieren zahlreiche Autoren/innen diese Transformationsprozesse bzw. post-bürokratische Regime (Reed 1996; Courpasson/Clegg 2006).

Page 13: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 16

aus unterschiedlich verorteten institutionellen Hintergründen, die immer mehr indirekte Kontrollformen der Arbeit und des Wissens benötigen. Lokal angesiedelte Institutionen der Arbeitsorganisation wie zum Beispiel der Beruf werden infrage gestellt und in ver-schiedenen Ländern, Branchen und Organisationen unterschiedlich neu konzipiert.

Tätigkeiten und Arbeitsanforderungen müssen neu definiert und an die Situation international verteilter Arbeit angepasst wer-den: Die räumliche und zeitliche Zuordnung von Mitarbeiter/innen zu Arbeitsprozessen erfordert neue Mechanismen der Koordination und Synchronisation von Arbeit sowie neue Kriterien der Arbeits-befähigung von Experten/innen.

Die Arbeitskontrolle soll eine einheitliche Leistungsqualität si-cherstellen, gleichzeitig jedoch ausreichend Spielräume für die Anwendung von Kreativität und Innovation in der Arbeitspraxis zulassen, nicht zuletzt um flexibel in unsicheren internationalen Märkten reagieren zu können. Um ihr Innovationspotenzial zu er-halten, sollen die Experten/innen ihr Wissen beispielsweise durch Weiterbildung kontinuierlich weiterentwickeln und mithilfe von Wissensmanagementsystemen in den Organisationen weitergeben.

Hier stellt sich die Frage, wie Unternehmen und Mitarbei-ter/innen mit den Veränderungen in der Arbeitsorganisation umge-hen, die mit der Verlagerung von Tätigkeiten ins Ausland einher-gehen: Wie werden Tätigkeiten und Arbeitsanforderungen definiert und klassifiziert? Wie wird die erforderliche Motivation und Krea-tivität in der international verteilten Arbeitspraxis gewährleistet? Wie wird normiert, welches Wissen angesichts der beschleunigten Transformationsdynamik erworben werden soll?

Meine Kernthese ist, dass diese Herausforderungen zur Herausbildung einer gemischten Professionalität als Institutionali-sierungsform der Arbeit und des Wissens in transnationalen Ar-beitsfeldern führt. Es handelt sich um eine Professionalitätsform, die den klassischen professionellen Wert der Entscheidungsverant-

Page 14: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

17 Internationale Professionalität

wortung von Experten/innen mit organisationalen bürokratischen Kontrollformen der Arbeit und des Wissens in Organisationen er-gänzt.

Ausgehend von einer institutionellen theoretischen Basis ar-gumentiere ich, dass Organisationen unterschiedliche Flexibilitäts-strategien entwickeln, um Arbeit und Wissen in transnationalen Arbeitsfeldern institutionell mit Hilfe gemischter Professionalitäts-formen zu strukturieren und zu steuern. Organisationen passen ihre Beschäftigungspolitiken an die unterschiedlichen Expertise-bedürfnisse und institutionellen Kontexte an, in denen sie operie-ren. So entstehen unterschiedliche Formen gemischter Professiona-lität und verschiedene Karriereformen sowie Geschlechterasym-metrien, je nachdem, welche Charakteristika und Gouvernavilitäts-form die Organisationen aufweisen, wie die jeweiligen transnatio-nalen Arbeitsfelder gestaltet sind, wie die Unternehmen Tätigkeiten und Wissensanforderungen definieren, international verteilen, kon-trollieren und bewerten sowie je nachdem, welche Anreize sie für Beschäftigte in transnationalen organisationalen Feldern anbieten.

Einerseits erfordert die zunehmende internationale Differenzie-rung der Arbeit standardisierte Lösungen, die vermittelbar und er-lernbar sein sollen. Solche Lösungen setzen ein bestimmtes Wissen über definierte Situationen und darüber hinaus bestimmte Zweck-Mittel-Relationen voraus. Andererseits sind aber weder die Prob-leme noch die Situationen noch das dafür notwendige Wissen sta-tisch, invariabel oder international gleich verteilt und genau defi-nierbar. Die Innovation, die Produktion und vor allem die Erbrin-gung von Dienstleistungen, die immer mehr im Vordergrund steht, sind mehr denn je auf eine individuell-spezifische Wissensanwen-dung angewiesen. Damit nimmt die Bedeutung von professionel-lem Wissen bzw. von Professionalität im Sinne der Bereitschaft, Befähigung und Befugnis von Experten/innen zur fallspezifischen Anwendung und Entfaltung von Wissen für Organisationen und auch für die Experten/innen selbst zu.

Page 15: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 18

Für Unternehmen stellt der Appell an Professionalität als Ideo-logie der Entscheidungsfreiheit, der Eigenverantwortung und der Macht eine effiziente Ergänzung traditioneller bürokratischer Kont-rollmechanismen dar, um Steuerungsflexibilität in unsicheren in-ternationalen organisationalen Feldern zu erzielen. Dieser Gedanke knüpft an die These von der Subjektivierung der Arbeit insofern an, als Professionalität hier als Passungsmoment zwischen Exper-ten/innen und den konkreten betrieblichen Situationen begriffen wird, das zwischen Anforderungen an die Beschäftigten und deren Ansprüchen an die Arbeit vermittelt und somit zwangsläufig Wi-dersprüche und Machtkonflikte birgt. Auch für Experten/innen, die über ein Sonderwissen zur Definition der Ursachen von Problemen sowie über Standards zu deren Lösung verfügen, ist der Appell an Professionalität nicht nur wegen der begrifflichen Konnotation mit Entscheidungsfreiheit attraktiv. Professionalität dient darüber hin-aus als Grundlage für Anerkennung und als Basis organisationaler Karriereoptionen bzw. professioneller Karrierechancen, aber auch als sinnstiftende und legitimierende Instanz in der alltäglichen un-sicheren transnationalen Arbeitspraxis.

In transnationalen Arbeitsräumen müssen Experten/innen aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Wissensbeständen zusammenarbeiten. Um die Zusammenarbeit steuern zu können, werden gemeinsame Normen und kulturelle Orientierungen benö-tigt. Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen einen Informationsaustausch zwischen den auf Standorte in unter-schiedlichen Ländern verteilten Experten/innen und eine Vorstruk-turierung von Arbeitsabläufen und Handlungsoptionen. Die „fremd“ zugeschnittenen Tätigkeiten müssen durch die Exper-ten/innen in ihrem jeweiligen Kontext interpretiert werden, sodass es der Kommunikation zwischen den Mitarbeiter/innen und ge-meinsamer geregelter Handlungsnormen bedarf. Einige Organisati-onen schaffen deshalb eigene Zertifizierungen, um die transnatio-nale Arbeitspraxis in organisationalen Feldern zu legitimieren und

Page 16: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

19 Internationale Professionalität

zu steuern. Experten/innen werden durch solche Zertifizierungen zu Professionals. Weil sich die Produktionszyklen jedoch sehr schnell ändern und der permanente Innovationsdruck eine ständige Wis-sensentfaltung erfordert, stellt sich allerdings die Frage der Exklu-sivität des Wissens und der Gültigkeit solcher Zertifikate in den jeweiligen nationalen Standorten bzw. in den transnationalen Ar-beitsräumen, die mit unterschiedlichen Zeitlichkeiten und räumli-chen Verbreitungen aus der Projektarbeit hervorgehen.

Am Beispiel der Internationalisierung von Informationsarbeit in großen deutschen IT-Unternehmen zeige ich empirisch, welche Professionalitätsformen und Geschlechterasymmetrien sich im Zu-sammenhang mit der Internationalisierung von Arbeit entwickeln. Dafür konzentriere ich mich auf die Definitionen, Bedeutungen und Klassifikationen von Arbeit und Wissen zwischen Beschäftigungs-politiken und Arbeitspraxis in diesen Organisationen. Gerade die Informationsarbeit, als ein sehr heterogenes und dynamisches Ar-beitsfeld in der IT-Branche verortet, liefert ein Beispiel dafür, wie sich die Arbeitsorganisation durch Internationalisierung verändert und wie gemischte Professionalitätsformen, die verschiedene (bü-rokratische, marktbezogene und kollegiale) Kontrollformen der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern kombi-nieren, sich in Verbindung mit Karrieren und Geschlechterasym-metrien institutionalisieren.

Informationsarbeit begreife ich als ein Erwerbsarbeitsfeld, das Tätigkeiten in der Produktion und Weiterentwicklung von Informa-tions- und Kommunikationstechnologien umfasst, die überwiegend in der IT-Branche organisiert werden und deren Wissensbasis teil-weise in der Informatik institutionalisiert ist.

Für die Praxis in diesem Arbeitsfeld wird eine kodifizierte ex-plizite technische Wissensbasis benötigt, doch gerade die enorme Dynamik der Innovation und Wissenstransformation in der IT-Branche erfordert kreative und kommunikative Leistungen. Die Bewältigung von je nach Kontext sehr variablen und unerwarteten

Page 17: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 20

Anforderungen setzt ein ständiges Engagement der Beschäftigten in der Wissensproduktion und –entwicklung voraus. Weil hoch qualifiziertes und implizites Wissen für die Arbeitspraxis zentral ist, kann Informationsarbeit als eine Form sogenannter Wissensar-beit verstanden werden. Informationsarbeit wird in diesem Sinne als paradigmatisches Beispiel der Transformation der Arbeit in der Wissensgesellschaft bezeichnet, die sich weg von einem Anwei-sungsmodus hin zur Anwendung von Problemlösungssteuerungs-formen bewegt. Eine flexible projektbezogene Arbeitsorganisation mit starkem Kunden- und Dienstleistungsbezug sowie eine Steue-rung auf der Basis von Zielvereinbarungen sind dafür charakteris-tisch. Dabei ist davon auszugehen, dass solche paradigmatischen Steuerungsformen in der Praxis der Organisation von Informati-onsarbeit verschiedene gemischte Formen zeigen, die u. a. je nach Unternehmensgröße und -kultur variieren (Töpsch 2001; Menez 2005).

Auch wenn eine solche Transformation der Koordinationsmodi von Arbeit nicht ausschließlich die Informationsarbeit (Braczyk/Schienstock 1996; Minssen 1999; Weber et al. 1999), sondern die Wissensarbeit allgemein kennzeichnet, stellt die schnelle Dynamik der Produktinnovation und der Wissenstrans-formation ein Spezifikum dieses Erwerbswissensarbeitsfeldes dar, das gerade fordistische Steuerungsformen noch stärker als in ande-ren Feldern der Wissensarbeit infrage stellt.

Ein weiteres Charakteristikum der Informationsarbeit nach meiner Definition ist ihre sektorale Institutionalisierung, auch wenn mehrere Tätigkeiten, die zu diesem Arbeitsfeld gehören, nicht nur in der IT-Branche zu finden sind (GfK et al. 2000). Die Informati-onsarbeit etabliert sich als eine eigene Arbeitsform im IT-Sektor mit ihrer eigenen institutionellen Ordnung bezüglich der Regelung und Normierung der Arbeit und des Wissens und auch im Zusam-menhang mit dem Sinn der Arbeit und des Wissens kontextualisiert in der Produktion von Informations- und Telekommunikationspro-

Page 18: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

21 Internationale Professionalität

dukten. IT-Unternehmen, die sich auf die Produktion von Informa-tions- und Kommunikationstechnologien und damit auf die Er-werbsarbeit in diesem Produktionssektor konzentrieren, rechnen sich selbst zur Branche, worauf Töpsch et al. (2001: 310) zu Recht hinweisen. Zur Vertretung und Durchsetzung ihrer Interessen in Deutschland gründeten diese Unternehmen 1999 den Bundesver-band Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM). Inwieweit hierdurch eine gemeinsame Identität der IT-Branche geschaffen wurde, die für alle Segmente und Pra-xisebenen bindend ist, und welche Wirkungen die zunehmende Internationalisierung der Branche darauf hat, ist eine offene Frage.

Im Rahmen der Internationalisierungsstrategien von IT-Unternehmen bezeichnet Nearshoring die Auslagerung (externes Outsourcing) bzw. Ausgliederung (internes Outsourcing) von Ar-beitsschritten oder Geschäftsprozessen in Niedriglohn-Länder, die eine geografische und kulturelle Nähe zur Absenderorganisation aufweisen. Offshoring hingegen bezieht sich auf die Verlagerung von Arbeitsmodulen ins fernere Ausland. Es erlebte in der deut-schen IT-Branche direkt nach der dot.com-Krise Anfang dieses Jahrhunderts eine erste Boom-Phase. Off- und Nearshoring kann sich auf alle Bereiche, Ebenen, Entwicklungsphasen und Tätigkei-ten eines Unternehmens beziehen (ähnlich Boes/Schwemmle 2004: 83), es findet daher auf der Ebene der Infrastruktur (Produktion von Hard- oder Softwarekomponenten, Applikationsmanagement), der Anwendungen (Entwicklung von Individual-Software oder Appli-kationen) oder der (Geschäfts-)Prozesse statt (Amberg/Wiener 2005: 2). An Bedeutung gewinnen Back-Office-Prozesse in den Bereichen Humanressourcen, Finanzen oder Rechnungswesen, die über das Internet abgewickelt werden können. Tätigkeiten, die viel Abstimmung benötigen, an Kundennähe gebunden oder sehr kom-plex sind, eignen sich aufgrund des Koordinationsaufwands weni-ger bis gar nicht zur Auslagerung (Boes/Schwemmle 2004: 83). Firmen aus den sogenannten Nearshore-Ländern lieferten in ersten

Page 19: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 22

Offshoring-Phasen hauptsächlich Individualsoftwareentwicklung (zu 86,7%), web-basierte Anwendungen (zu 70,7%) und Consul-ting (Beyer 2004: 8)2.

Bei Off- bzw. Nearshore-Projekten werden zunächst verlagerbare Aufgaben in Deutschland aufbereitet und koordiniert, während gleichzeitig Mitarbeiter/innen in den Offshore-Zentren geschult und für weitere Vergabephasen von Aufgaben vorbereitet werden. Schon seit Jahren unterstützen ausländische Unternehmen gezielt den Ausbau der Infrastrukturen in Off- bzw. Nearshore-Ländern. In diesen Ländern existiert ein sehr großes Angebot an hoch qualifizierten Arbeitskräften, die zudem oft durch die Weiter-entwicklung von Curricula in Kooperation mit ausländischen Uni-versitäten ergänzend ausgebildet werden. Somit können sie sehr schnell an die Nachfrage und die Innovationsdynamik ausländi-scher IT-Unternehmen anpassen (Ruiz Ben/Wieandt 2006). Diese Reserve an hoch qualifizierten, preisgünstigen Arbeitskräften in Off- bzw. Nearshore-Ländern konkurriert derzeit mit der ver-gleichsweise kleinen Zahl teurer, hoch qualifizierter Fachkräfte in Deutschland, die noch bis zur Krise der Branche – die sich in Deutschland v. a. ab 2002 bemerkbar machte – als konkurrenzlos auf dem IT-Arbeitsmarkt galten und ihre Arbeitsbedingungen vor-teilhaft aushandeln konnten (Boes/Schwemmle 2005; Boes/Trinks 2006). Welche Auswirkungen solche Internationalisierungsprakti-ken auf die Arbeitsorganisation und damit auf die Kontrollformen und Hierarchisierungen von Arbeit und Wissen haben, wurde bis-her nur unzureichend untersucht.

In Deutschland haben sich vor allem Studien des Münchener Instituts für Sozialforschung (aus der Perspektive der Mitbestim-mungsforschung) und des Göttinger SOFI Instituts Meyer-Ahuya 2006; 2007; Faust et al. 2005) mit diesem Thema beschäftigt.3 Of-

2 S. http://www.european-media-network.com/pdf/skilldeal_OffshoreStudie1_Ergebnisse.pdf (ac-cessed 29.07.2009) 3 Diese Analysen fokussieren hauptsächlich auf den Software- und IT-Dienstleistungssektor.

Page 20: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

23 Internationale Professionalität

fen bleibt in diesen Untersuchungen, inwieweit ihre Diagnosen für die unterschiedlichen Segmente der IT-Branche gleichermaßen gelten. Mayer-Ahuya und Feuerstein (2008) weisen zwar auf eine „Ungleichmäßigkeit“ in der Entwicklung der IT-Branche hin, ma-chen jedoch keine Aussagen darüber, was dies für die Arbeitsorga-nisation und die Kontrolle von Arbeit und Wissen in den einzelnen Segmenten der Branche bedeutet. Meines Erachtens ist es jedoch wichtig, solche Ungleichmäßigkeiten und darüber hinaus auch mögliche wechselseitige Effekte auf unterschiedlichen sozialen Ebenen der Internationalisierung von IT-Arbeit zu analysieren. Welche Auswirkungen diese neuen internationalen Produktions-formen auf Geschlechterasymmetrien haben, wird in den Studien über IT-Offshoring in Deutschland ebenfalls nur unzureichend un-tersucht.

Konkret in Bezug auf gemischte Professionalität im Sinne der Befähigung, Befugnis und Bereitschaft von Experten/innen zur Bereitstellung von Wissen in transnationalen Arbeitsfeldern stellen sich folgende Fragen: – Wie werden Tätigkeiten definiert und lokalisiert? – Welches Wissen wird für welche Tätigkeiten angefordert? – Wie wird Arbeitshandeln und Wissen kontrolliert und normiert? – Welche Asymmetrien entstehen bei der internationalen

Recodierung der Arbeit und des Wissens? – Welche Faktoren beeinflussen die Bereitschaft der Exper-

ten/innen zu einem bestimmten Arbeitshandeln? Die vorliegende Arbeit antwortet auf solchen Fragen und bietet eine arbeits- und organisationssoziologische Erklärung für die Transformation von Kontrollformen der Arbeit in internationalen Arbeitsräumen sowie für die impliziten Asymmetrien zwischen Beschäftigten.

Die Arbeit ist in vier Teile gegliedert. Der erste Teil diskutiert theoretische Ansätze zur Transformation der Arbeitsorganisation, insbesondere im Zusammenhang mit der Internationalisierung der

Page 21: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 24

Arbeit. Im zweiten Teil wird der theoretische Rahmen für die empi-rische Untersuchung über die Arbeitsorganisation in transnationa-len Arbeitsfeldern der Informationsarbeit erläutert, der dieser Ar-beit zugrunde liegt. Die Ergebnisse der Studie sind Gegenstand des dritten Teils. Der vierte Teil schließlich resümiert diese Ergebnisse und reflektiert sie vor dem Hintergrund der theoretischen Ausfüh-rungen in den vorangehenden Teilen.

Gemischte internationale Professionalität entsteht im Rahmen der Transformation von Kontrollformen der Arbeitsorganisation in postbürokratischen Produktionsregimen. Deswegen bilden theoreti-sche Ansätze der Arbeits-, Organisations- sowie Wissenssoziolo-gie, die sich mit der Transformation der Arbeitsorganisation be-schäftigen, den Diskussionsfokus des ersten Teils. Postfordistische Ansätze bieten nur unzureichende bzw. zu pauschale Antworten auf die Frage der Transformation der Arbeit. Problematisch ist nicht nur die unklare Periodisierung kapitalistischer Entwicklungs-phasen, die in engem Zusammenhang mit der These von der Kon-vergenz kapitalistischer Regime entwickelt wird, sondern auch die unspezifische Verwendung des Flexibilitätsbegriffs. Im Gegensatz zu diesen Ansätzen sehen alternative theoretische Perspektiven wie die des europäischen Institutionalismus hingegen keinen komplet-ten Bruch zwischen fordistischen und postfordistischen Arbeitsor-ganisationsmodellen. Sie konstatieren vielmehr eine Ko-Existenz fordistischer bürokratischer Modelle der Arbeitsorganisation mit kontextuell angepassten Regeln und Normen der Organisation von Arbeit. Dies führt zu einer Hybridisierung bürokratischer Organisa-tionsmodelle mit anderen indirekten Kontrollformen der Arbeit und des Wissens, die den Mitarbeiter/innen unterschiedliche Entschei-dungsspielräume in ihrer Arbeitspraxis eröffnen. An diese Perspek-tive knüpfe ich an und ergänze sie mit Professionalitätstheorien, um zunächst in diesem Kapitel das Paradigma der gemischten Profes-sionalität zu skizzieren.

Page 22: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

25 Internationale Professionalität

Gemischte Professionalitäts- und Karriereformen, die verschie-dene Wissenstypen als Expertise ergänzen und eine Kombination von bürokratischen mit weichen Kontrollaspekten ermöglichen, werden zum Paradigma der institutionellen Ordnung der Arbeits-praxis, die in unterschiedlicher Weise in verschiedenen Branchen und institutionellen Kontexten Eigenverantwortung von den Mitar-beiter/innen verlangt. Mit dieser Entwicklung sind verschiedene implizite Risiken und Chancen für Beschäftigte bzw. Spezialis-ten/innen und Experten/innen verbunden, je nachdem, wie Gender, Alter, Qualifikation und Nationalität auf der Mesoebene der Ar-beitsteilung ergänzend institutionalisiert und in den verschiedenen Kontexten interpretiert und situiert werden.

Hier bleibt zunächst noch offen, welche Wirkung die Interna-tionalisierung der Arbeit auf solche Organisationsmodelle und Kontrollformen der Arbeit hat. Deswegen diskutiere ich im zweiten Teil theoretische Ansätze zur Internationalisierung von Arbeit. Theorien aus der Managementforschung liefern trotz ihrer engen Fokussierung auf ökonomische Aspekte wichtige Erkenntnisse über die Internationalisierungsformen multinationaler Unternehmen in den letzten Jahren. Das gilt vor allem für das Konzept des transna-tionalen Unternehmens von Bartlett und Ghoshal (1990), das Aus-sagen zu zahlreichen Theorien über die internationalen Organisati-onsformen der Arbeit trifft. Sowohl die Managementforschung als auch die kontingenztheoretischen Ansätze von Bartlett und Ghoshal betonen transnationale Angleichungen, die auch neoinstitutionalistische Theorien aus der nordamerikanischen Tra-dition nach isomorphen Prinzipien in den Vordergrund ihrer Argu-mentation stellen. Europäische Autoren/innen hingegen (insbeson-dere Whitley 1999; Morgan/Quack 2005) postulieren eine Diver-genz von Internationalisierungspraktiken sowie mögliche instituti-onelle Transformationen und Pfadkreationen (Djelic/Quack 2005) abhängig von nationalen institutionellen Umständen. Dieser An-satz, der an die Ideen der Pluralität von Arbeitsorganisationsmodel-

Page 23: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 26

len und der Hybridisierung bürokratischer und indirekter Kontroll-formen der Arbeit und des Wissens anknüpft, bildet den Ausgangs-punkt meiner theoretischen Argumentation, die ich mit Aspekten aus akteurzentrierten Theorien sowie institutionalistischen Ge-schlechtertheorien ergänze. Auf dieser Basis formuliere ich den theoretischen Rahmen für die empirische Untersuchung über inter-nationale gemischte Professionalitäts- und Karriereformen entlang von vier Dimensionen: 1. die Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis, 2. die Mechanismen der Kontrolle und der Legitimierung der Arbeitspraxis sowie des Wissensaustauschs, 3. die Konstruktion beruflicher Identitäten und 4. die Institutionali-sierung von Geschlechtsasymmetrien zwischen Mitarbeiter/innen.

Grundsätzlich folge ich einem relationalen Ansatz (Emirbayer 1997), der es auf der Basis strukturationstheoretischer Ideen (Giddens 1988) erlaubt, rekursive Wirkungen zwischen Struktur und Handlung und damit zwischen verschiedenen sozialen Ebenen internationaler Arbeitsfelder zu analysieren. Gemischte internatio-nale Professionalitäts- und Karriereformen, die verschiedene Wis-senstypen in Form institutionalisierter Expertise ergänzen und eine Kombination von bürokratischen mit weichen Kontrollaspekten erlauben, stellen Interpretationsschemata für die transnationale Ar-beitspraxis bereit und ermöglichen das Handeln von Organisatio-nen und Experten/innen in Arbeitsfeldern, die sie durch ihre sozia-len Praktiken strukturieren. In Anlehnung an Morgan und Quacks (2005) Ansatz behaupte ich, dass die Natur der Firmen, ihre Be-schäftigungspolitiken, die Koordinationsformen ihrer Tätigkeiten sowie die Anreize, die sie den international verteilten Exper-ten/innen hinsichtlich Arbeit, Weiterbildung und Karriereentwick-lung setzen, Faktoren sind, die zeigen, inwieweit internationale Formen gemischter Professionalität und Karrieren organisations-übergreifend bzw. lokal institutionalisiert werden. Dazu zählen auch Aspekte bezogen auf die individuellen Akteursperspektiven bzw. auf die Positionierung von Mitarbeiter/innen bezüglich unter-

Page 24: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

27 Internationale Professionalität

schiedlich relevanter, zeitlich verankerter Ressourcen und interpre-tierbarer Regeln (Becker-Ritterspach 2006). Sie gestatten eine Ana-lyse der Asymmetrien zwischen Mitarbeiter/innen im Zusammen-hang mit den verschiedenen Professionalitäts- und Karriereformen.

Aus dieser theoretischen Perspektive konzentriere ich mich im dritten Teil der Arbeit auf die empirische Untersuchung der Inter-nationalisierung von Informationsarbeit als Beispiel für die Institu-tionalisierung internationaler gemischter Professionalität in interna-tionalen Arbeitsfeldern. Anhand von sechs Fallstudien in verschie-denen Standorten deutscher multinationaler IT-Firmen, die in den letzten Jahren Arbeit ins Ausland ausgelagert haben, und auf der Basis ihrer internationalen Beschäftigungspolitiken entwickle ich eine Firmentypologie, die der Charakterisierung verschiedener in-ternationaler gemischter Professionalitätsformen dient.

Im Zusammenhang mit der Koordination von Expertise und Arbeit können drei Haupttypen von internationalen Beschäfti-gungspolitiken unterschieden werden, nämlich substitutive, expan-sive und fragmentierte Beschäftigungspolitiken. Bei der substitutiven internationalen Beschäftigungspolitik werden Stellen in Deutschland abgebaut und die entsprechenden Tätigkeiten ad hoc nach Projektkriterien im Ausland angesiedelt. Eine expansive internationale Beschäftigungspolitik verfolgt vor allem das Ziel, zusätzliche Wissenskapazitäten in die Firma zu integrieren, sodass durch die Auslagerung in Deutschland keine Stellen und Tätigkei-ten wegfallen. Bei der fragmentierten internationalen Beschäfti-gungspolitik geht es prinzipiell um eine strategische Suche nach Arbeits- bzw. Wissenskapazitäten, die als Unterstützung des Kern-geschäfts bzw. des Kernwissens der Firma gelten.

Während sich bei Firmen mit substitutiven und fragmentierten Beschäftigungspolitiken situierte Professionalitätsformen als Lö-sung des Transformationsproblems der Arbeit in transnationalen Arbeitsfeldern herausbilden, wird in Firmen mit expansiven Be-schäftigungspolitiken eine reflexive Professionalität international

Page 25: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 28

institutionalisiert. Situierte Professionalität erfordert eine ständige an den lokalen Kontext angepasste Implementierung von Regeln des Mutterkonzerns. Im Unterschied dazu entsteht internationale reflexive Professionalität im Spannungsfeld zwischen organisatori-schem und professionellem Wissen bzw. Expertise aus verschiede-nen Quellen, die die Innovation des Wissens und damit auch die Produktivität in unsicheren Märkten begünstigen. Gerade die Fä-higkeit, solches Wissen aus heterogenen Quellen zu identifizieren, zu filtern und für die Arbeitsfelder der Firmen zu rekombinieren, stellt einen zentralen Bestandteil internationaler reflexiver Profes-sionalität dar.

Beide Professionalitätsformen implizieren verschiedene asym-metrische Positionierungen zwischen Mitarbeiter/innen im Hin-blick auf ihren Zugang zu Ressourcen, ihre Integration als Exper-ten/innen und ihre Karrierechancen im Unternehmen. Internationa-le situative Professionalitätsformen basieren auf technischen Quali-fikationen, die in Verbindung mit zertifiziertem konzern- bzw. kernbereichsbezogenem Wissen Verbleibmöglichkeiten in den Firmen und Aufstiegschancen eröffnen. Geschlecht ist im Zusam-menhang mit der geforderten Expertise situativer Professionals nach wie vor mit dem „social/technical divide“ (Henninger 2001; Ruiz Ben 2005; Huber et al. 2003) verbunden und darüber hinaus auch mit Generativität und Nationalität. Von Bedeutung ist jedoch vor allem, dass Technikwissen in den priorisierten Dienstleistungs-karrierewegen in Deutschland in Interaktion mit Kunden/innen inszeniert werden soll, sodass solches Wissen mit dem Stereotyp des traditionellen männlichen Technikhabitus übereinstimmen muss. Reflexive Professionalität ist noch stärker an formelle infor-matische Qualifikationen gebunden als situative Professionalität. Doch wird bei Ersterer der Druck zur Expertiseerweiterung nicht speziell auf den Konzern oder auf den Kernbereich des Unterneh-mens beschränkt und durch Zertifikate geschützt. Qualifikation sowie zeitliche Ressourcen und Mobilität sind zentral, um die

Page 26: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

29 Internationale Professionalität

Expertisebasis reflexiver Professionalität zu erweitern, die auf selbst professionalisierte transnationale Arbeitsfelder orientiert ist. Hier werden Geschlechterasymetrien speziell im Zusammenhang mit der Zugangsbarriere für Frauen ohne Informatikexpertise kon-struiert.

Die Untersuchungsergebnisse bestätigen eine Divergenz von Internationalisierungsformen der Arbeit im Sinne von Morgan und Quack (2005) und zeigen darüber hinaus, dass Firmen Arbeit nicht nur aus Kostengründen (Boes/Trinks 2006) internationalisieren. Offshoring erfolgt vielmehr auch aus spezifischen Wissens- und Innovationsbedürfnissen, die je nach Produktionsorientierung un-terschiedlich sind und auf verschiedene Weisen in unterschiedli-chen Standorten arrangiert werden. Basisqualifikationen und beruf-liche Habitualisierungen behalten damit ihre Wichtigkeit als erste „Disziplinierungsgrundlage“ von Experten/innen (Deutschmann 2005), die aber flexible genug bleiben soll, um sie jederzeit an si-tuative Umstände und Wissensbedürfnisse unternehmerischer Pro-duktionsschwerpunkte anpassen zu können. Gerade solche Wis-sensbedürfnisse bilden die Grundlage für die Definition und Be-wertung von Arbeit und Expertise, an denen entlang unterschiedli-che Asymmetrien zwischen Mitarbeitern/innen entstehen. Ge-schlecht als Differenzkategorie wird dabei nicht de-institutionalisiert (Heintz/Nadai 1998), sondern kontextuell in In-teraktion mit anderen relevanten Kategorien (wie Alter und Gene-rativität) unterschiedlich institutionalisiert, je nach Definition und Bedeutung der Ressourcen (wie Zeit und Mobilität) in Organisatio-nen (Funder et al. 2006) und transnationalen Arbeitsfeldern. Ge-schlecht als Institution im Verbund mit gemischter Professionalität als institutionalisierter Expertise bestimmen die Ordnung der inter-nationalen Arbeitspraxis und die Positionierungen von Mitarbei-tern/innen in transnationalen Arbeitsfeldern, prägen die Muster der sozialen Rollen und geben den Individuen Identitäten und Werte vor. Sie beeinflussen sich wechselseitig kontextuell im Zusammen-

Page 27: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 30

spiel mit anderen Institutionen. International gemischte Professio-nalitätsformen bieten damit eine Lösung, um in heterogenen Ar-beitsräumen Mitarbeiter/innen mit unterschiedlichen Arbeitshabi-tualisierungen und Wissensvorräten zu gemeinsamen Projekten bzw. Arbeitshandlungen zu bewegen und zu motivieren.

Page 28: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

I Theoretische Grundlagen

I.1 Fordistische Modelle der Arbeitsorganisation: Bürokratische und berufliche bzw. professionelle Modelle der Arbeits- und Wissenskontrolle

Betriebliche Erwerbsarbeit wurde am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts auf der Grundlage tayloristischer Effizienzideale der optimalen Ausnutzung der Arbeitskraft organisiert. Zentralisierung der Arbeitskontrolle, Trennung zwischen Kopf- und Handarbeit und die extreme funktionale Arbeitsteilung und Hierarchisierung charakterisieren die tayloristischen Prinzipien, die Henry Ford in der Fließbandproduktion von Autos in den USA konsequent um-setzte, indem er unter anderem Manager als Kontrollinstanzen der bürokratischen Arbeitsorganisation einführte.

In dieser Entwicklungsphase der kapitalistischen Gesellschaft basiert das Akkumulationsregime auf großindustrieller Massenan-fertigung und auf Normalarbeitsverhältnissen. Erwerbsarbeit wurde in industrialisierten Ländern unterschiedlich durch den Wohlfahrts-staat und durch Institutionen wie den Produktivitätslohn oder kol-lektive Tarifverträge reguliert, die Bestandteil eines auf dem Kom-promiss zwischen Arbeit und Kapital beruhenden Sozialstaates waren. Speziell in Westdeutschland war Erwerbsarbeit sachlich, zeitlich und räumlich strikt von anderen Tätigkeiten und Arbeits-formen wie der Reproduktionsarbeit getrennt, die als „Leben“ oder freie Zeit institutionalisiert wurde. Eine solche strikte Trennung der meist von Männern ausgeübten Erwerbsarbeit von als privat dekla-

E. Ruiz Ben, Internationale Professionalität,DOI 10.1007/978-3-531-93183-8_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Page 29: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 32

rierter und im Haushalt verorteter Reproduktionsarbeit, die meis-tens von Frauen geleistet wurde, diente als Grundlage des fordistischen Normalarbeitsregimes. Die in späteren Phasen durch die Bildungsexpansion wachsende Inklusion von Frauen in die Sphäre der Erwerbsarbeit vollzog sich in Westdeutschland lediglich als „Teilzeitintegration“ (Jürgens/Voß 2007), die das „Selbstver-ständnis als Hausfrau“ nicht infrage stellte (Pfau-Effinger 1993: 645).4 Für die betriebliche Erwerbsarbeit bedeutete dies eine Ge-staltung von Indifferenzzonen außerhalb des Betriebes und eine Konzentration auf die Arbeitsorganisation männlicher Erwerbsar-beit.

Zentrales Element der Arbeitsorganisation ist der Arbeitsver-trag, der die Nutzung der Arbeitskraft von Arbeitnehmer/innen durch die Arbeitgeber/innen bzw. die Transformation der Arbeit5 reguliert, wodurch beide Vertragsparteien aufeinander angewiesen bleiben. Gerade eine solche Beschäftigungsbeziehung zwischen Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen will Taylor durch orga-nisatorische und technische Mittel in einer asymmetrischen Balan-ce zu Gunsten der Arbeitgeber/innen bewegen.

Die fordistische Arbeitsorganisation basierte auf der Grundidee von Taylor, wonach Beschäftigte Arbeitsleistungen grundsätzlich unfreiwillig erbringen, sodass sie ihnen durch effiziente Organisa-tionsprinzipien abgerungen werden müssen. Hierzu bedurfte es einer Erfassung und Bewertung fragmentierter Tätigkeiten, die von 4 „Im Arbeitsrecht der Nachkriegszeit wurde zu diesem Zweck explizit das Konzept der ‚geringfügi-gen‘ Teilzeitarbeit eingeführt, das darauf beruht, dass Frauen mit dem Selbstverständnis als Haus-frau unter dem materiellen Schutz der Versorgerehe ein geringes zusätzliches Einkommen erzielen, ohne dabei die Verpflichtung bzw. den individuellen Anspruch zur Zahlung von Beiträgen zur Sozial-versicherung zu haben.“ (Pfau-Effinger 1993: 645). 5 Grundsätzlich besteht das auf Marx’ Theorie bezogene Transformationsproblem darin, dass die Arbeitgeber/innen das Arbeitspotenzial der Arbeitnehmer/innen nicht direkt in eine bestimmte Ar-beitsleistung transformieren können, sie kaufen vielmehr „die Katze im Sack“, wie Deutschmann (2002: 97) formuliert. In diesem Zusammenhang stellt sich nicht nur die Frage, wie die eingekaufte Arbeitskraft im Arbeitsalltag aktualisiert und in eine konkrete Leistung umgewandelt werden kann, sondern auch wie eine solche Leistung vergütet wird und wie sich der Eigensinn der Arbeitneh-mer/innen in Konformität und Engagement verwandeln lässt (Hirsch-Kreinsen 2008; Türk 2004; Deutschmann 2002).

Page 30: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

33 Internationale Professionalität

jeder Subjektivität bereinigt waren. Das Arbeitsvermögen der Ar-beitnehmer/innen sollte ihnen durch Arbeitsteilung entrissen und durch strenge bürokratische Regeln kontrolliert werden. Durch die Teilung der Arbeit in einen kreativen und einen routinisierten Teil versuchte Taylor, das Transformationsproblem der Erwerbsarbeit auf organisatorischer Ebene zu lösen: Der operative Arbeitsanteil sollte den Maschinen unterworfen werden und in die rationalisier-ten Ablaufstrukturen und Anreizsysteme integriert werden, wäh-rend die kreative führende (Management-)Arbeit Experten und Führungskräften vorbehalten bleiben sollte, die den Unternehmen verpflichtet sind (Deutschman 2002).

Neben heftiger Kritik an diesen tayloristischen Prinzipien gab es auch zahlreiche Befürworter des tayloristischen Systems, vor allem weil es die damaligen heterogenen gesellschaftlichen Interes-sen gemeinsam dadurch bedienen konnte, dass es technischen Fort-schritt und Massenwohlstand als Lösung für soziale und politische Konflikte versprach. Darüber hinaus fungierten tayloristische Ideen als Grundlage, um wissenschaftliche Disziplinen und industrielle Produktion miteinander zu verbinden sowie um bestimmte Berufe technischer und organisatorischer Natur, wie die des Ingenieurs oder des Managers, aufzuwerten. Deutschmann (2002: 111) weist darauf hin, dass damit speziell in Deutschland das Prestige techni-scher Wissenschaften gegenüber den traditionell hervorgehobenen Geisteswissenschaften wuchs und dass die tayloristischen Effizi-enzprinzipien in den Kanon der Ingenieur-, Arbeits- und Organisa-tionswissenschaften integriert wurden. Dieser Kanon ist, wie Paulitz (2007) bemerkt, männlich geprägt, sodass er mit der männ-lich konnotierten „Ratio“ bzw. mit dem Bild des wissenschaftlich-rationalen Ingenieurs und des „Maschinenkünstlers“ in Verbindung gebracht wird. Fantasie, Wille und Kraft sowie Intuition und Krea-tivität werden solchen „Maschinenkünstlern“ zugeschrieben. Diese Eigenschaften, die nach der bürgerlichen Geschlechterordnung traditionell eher mit Männern assoziiert werden, sind speziell im

Page 31: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 34

Kontext der Ingenieurwissenschaften codiert (ebd.). Technische und ingenieurwissenschaftliche Disziplinen sind im deutschen fordistischen beruflichen System männlich besetzt. Damit wird die prestigeträchtige und monopolisierte Qualifikationsbasis von Tech-nikern und Ingenieuren die Grundlage für die männliche Codierung technischer Berufe.

Tayloristische Arbeitsorganisationsprinzipien werden darüber hinaus stark kritisiert, weil sie mit Entwürdigung und Entfremdung bzw. einem Qualifikationsverlust („de-skilling“) bei den Arbeit-nehmer/innen einhergehen. Aus diesem Grund versuchten einige Autoren Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, im Rahmen des sogenannten „Human Relations“-Ansatzes auf der Grundlage der psychologischen Arbeiten von Elton Mayo die tayloristischen Me-thoden zu verfeinern und weiterzuentwickeln. Dabei wird der Be-trieb als Instanz zur Vermeidung von Arbeiter/innen-Anomie be-griffen. Mayo (1945) betont in Anlehnung an Durkheim die große Bedeutung sekundärer Institutionen, wie etwa lokale Gemeinschaf-ten oder professionelle Korporationen, für die Verhinderung von Anomie, sieht diese allerdings in den Betrieben bzw. in der Ar-beitsorganisation verortet. Der Human-Relations-Ansatz hatte vor allem auf die Managementideologien und -praktiken in US-Betrieben großen Einfluss (Bendix 1956). Entscheidend für solche Erfolge waren vor allem die technischen bzw. maschinellen Ent-wicklungen Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, die zum einen zu einer Lockerung der hierarchischen Disziplinierung als Kont-rollmittel der Arbeitsteilung führten und zum anderen die zuneh-mende Durchsetzung von Gruppenarbeit erforderten. Speziell die zunehmende entpersonalisierte Gruppenarbeit am Fließband mach-te eine Humanisierung erforderlich, um bei den Belegschaften die nötige Motivation zu erzeugen bzw. aufrechtzuerhalten. Hierzu sollte der Human-Relations-Ansatz beitragen.

Diesen Ansatz kritisiert vor allem der Durkheim-Schüler Geor-ges Friedman (1977), weil sich seiner Ansicht nach die Human-

Page 32: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

35 Internationale Professionalität

Relations-Theorie auf sozialintegrative Strategien konzentriert, ohne die zur Degradierung der Arbeitnehmer/innen führenden technisch-organisatorischen Aspekte des Arbeitsprozesses zu be-greifen. Friedmann sieht in Anlehnung an das durkheimsche Kon-zept der „organischen Solidarität“ zwei mögliche Formen, in denen sich Emanzipation im Zusammenhang mit Arbeit vollziehen kann: einerseits die Emanzipation der Beschäftigten in der Arbeit durch die geistige Aufwertung der Tätigkeiten und andererseits die Emanzipation von der Arbeit durch die sozialintegrativen Bezie-hungen inner- und außerhalb des Betriebes (vgl. Brandt 1989). Gleichzeitig weist Friedmann (1977) darauf hin, dass die Emanzi-pation in der Arbeit sowohl mit technischen Entwicklungen als auch mit institutionalisierten Formen der Bildung und der Weiter-bildung verbunden ist. Die Aufwertung der Arbeit soll aus Fried-manns Sicht intellektuell durch die Einführung anspruchsvoller Tätigkeiten, normativ durch Anerkennung von Rechten und Würde der Arbeiter/innen sowie sozial durch die Zusammenarbeit der Be-schäftigten erreicht werden.

Gerade solche Aspekte wie die Auswirkungen der technischen Entwicklungen und der wissenschaftlichen Betriebsführung auf die Arbeitsorganisation, auf die Entwertung der Qualifikationen sowie auf die Autonomie der Arbeiter/innen traten in den siebziger Jahren immer mehr in den Vordergrund arbeitssoziologischer Theorien, die durch die marxistisch orientierten Arbeiten von Braverman (1977) und die Arbeitsprozessdebatte geprägt wurden.

Die Arbeitsprozesstheorien konzentrieren sich auf die Taylorismuskritik und wendeten sich insbesondere den Manage-mentstrategien zu, die die Kontrolle über die Arbeit gewährleisten bzw. opportunistisches Verhalten der Beschäftigten vermeiden und ein günstiges Verhältnis von Lohn und Arbeitsleistung erzielen sollten. Eine solche Fokussierung der Arbeitsprozesstheorien auf den Konflikt bzw. den Kampf zwischen Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen ist charakteristisch für diesen Ansatz in den frü-

Page 33: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 36

hen siebziger Jahren. Speziell die Kritiken der tayloristischen Me-thoden von Harry Braverman (1977) stellen einen Ausgangspunkt solcher Arbeitsprozesstheorien dar.

Die Arbeitsprozesstheorien lösten in angelsächsischen Ländern zahlreiche Untersuchungen aus, die die Aufmerksamkeit auf inter-nationale, branchen- sowie betriebsbezogene Unterschiede in den Einsatzformen und bei der Qualifizierung von Arbeit lenkten. Da-mit traten vermehrt arbeitspolitische statt ökonomische Argumenta-tionen bezüglich des Arbeitsprozesses und der Arbeitsorganisation in den Vordergrund.6

Für Braverman (1977) ist die tayloristische betriebliche Kon-trolle Ausdruck des monopolistischen Kapitalismus. Dieser führt nach Braverman zur Degradierung menschlicher Arbeit durch eine zunehmende Trennung zwischen körperlicher und geistiger Arbeit und ist verantwortlich für die Dequalifizierung der Arbeiter. Lang-fristig verschwinden wissensbasierte Arbeitselemente durch die Fragmentierungsprozesse im Rahmen der Standardisierung der Arbeit oder durch Enteignung mit technologischen Mitteln. Damit verkündet Braverman das Ende des Taylorismus. Braverman lässt jedoch nicht nur die Marktbeziehungen und deren politische Regu-lierung außer Acht, sondern auch die Tatsache, dass das Manage-ment auf Verhandlungen mit den Arbeitnehmer/innen sowie auf gegenseitige Kompromisse angewiesen ist. Damit bleibt auch der potenzielle Widerstand der Arbeitnehmer/innen in Bravermans Ansatz ausgeblendet, wie beispielsweise Burawoy (1982) hervor-hebt.

Auch Richard Edwards (1981) kritisiert Bavermans Ansatz. Der Schwerpunkt seiner Analyse der fordistischen Arbeitsorganisa-tion liegt auf einer differenzierten Untersuchung der Arbeitskon-trolle. Edwards definiert die Arbeitskontrolle als ein System, in dem drei Elemente miteinander verbunden sind: Anweisung, Be-

6 Für einen ausführlichen Überblick aus industriesoziologischer Sicht s. Deutschmann 2002: 13 ff.

Page 34: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

37 Internationale Professionalität

wertung und Disziplinierung.7 Dieses System ändert sich Edwards zufolge (ebd.: 27 ff.) je nach Größe, Betriebsaktivitäten und Um-welt des Unternehmens sowie danach, mit welchem Erfolg die Be-schäftigten ihre Interessen in den Betrieben durchsetzen konnten. In der Entwicklung der Arbeitskontrolle unterscheidet Edwards drei Hauptphasen: Zu Beginn dominiert die direkte persönliche Kontrolle, die zunächst von einer technologisch vermittelten Kon-trolle und schließlich von einer bürokratischen Kontrolle abgelöst wird.

In der ersten Phase der Entwicklung der Arbeitskontrolle als Methode der Arbeitsorganisation, die Edwards (ebd.: 28) im neun-zehnten Jahrhundert ansiedelt, waren die Unternehmen klein und agierten in einem harten wettbewerbsorientierten Gütermarkt. Fir-menpatriarchen übten unstrukturiert, persönlich und unmittelbar ihre Macht aus. Die Arbeitskontrolle zielte auf die Umsetzung von gekaufter Arbeitskraft in verausgabte Arbeit und erfolgte in Form sowohl von Sanktionierungen als auch von Belohnungen. Da die Belegschaften relativ klein waren, hatten sie aus Edwards Sicht geringe Widerstandschancen. Ende des neunzehnten Jahrhunderts wandelte sich dieses Kontrollsystem infolge der Konzentration ökonomischer Ressourcen und der zunehmenden Größe der Beleg-schaften. Die Kluft, so Edwards (ebd.), zwischen Kapitalisten und Arbeitern wurde größer und der Widerstand der Arbeiter gegen die Macht der Kapitalisten erfolgreicher. Neue strukturelle Organisati-

7 „Im folgenden wollen wir uns ein Kontrollsystem (oder mit anderen Worten: die sozialen Beziehun-gen innerhalb des Unternehmens) als eine Methode vorstellen, in der drei Elemente verbunden sind: 1. Anweisung; oder ein Mechanismus bzw. eine Methode, durch die der Arbeitgeber die Arbeitsauf-gaben leitet, indem er definiert, was, in welcher Reihenfolge, mit welcher Präzision und in welcher Zeit getan werden muss. 2. Bewertung; oder ein Verfahren, mit dessen Hilfe der Arbeitgeber kontrolliert und beobachtet, um Fehler oder andere Mängel in der Produktion zu korrigieren, um die Leistung seiner Beschäftigten abzuschätzen und um die Arbeiter bzw. Arbeitergruppen herauszufinden, die keine angemessenen Leistungen erbringen. 3. Disziplinierung; oder eine Einrichtung, mit deren Hilfe der Arbeitgeber die Arbeiter disziplinieren und belohnen kann, um Kooperationen zu erzielen und um die Arbeiter zu zwingen, sich der Leitung des Arbeitsprozesses durch den Kapitalisten zu unterwerfen.“ (Edwards 1981: 27).

Page 35: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 38

onsmethoden wurden notwendig. Sowohl die technische als auch die bürokratische Kontrolle wurden praktiziert, um eine stärkere Institutionalisierung des Kontrollsystems zu gewährleisten und es gleichzeitig unsichtbar zu machen.8 Bei der technischen Kontrolle sieht Edwards die Maschinen im Mittelpunkt des Produktionspro-zesses: Sowohl der Arbeitsprozess als auch die Arbeitsgeschwin-digkeit werden von den Maschinen determiniert und die Unterneh-mer befanden sich in einer bequemen Lage. Doch mit den ersten massiven Streiks in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhun-derts fand diese Bequemlichkeit der Unternehmer ein Ende. Sie erkannten die Gefahr einer Vereinigung der Arbeiter durch die technisierten Produktionsprozesse und führten eine bürokratische Arbeitskontrolle ein. Bei diesem dritten Kontrollsystem steht die Institutionalisierung der hierarchischen Macht im Mittelpunkt, wo-durch sowohl Aufsichtführende als auch Arbeiter dem Diktat der Unternehmenspolitik unterworfen werden. Die Arbeit wird in ein-zelne Tätigkeiten aufgeteilt, die genau beschrieben und bezeichnet werden. Beförderungen richten sich nach unpersönlichen Kriterien und den Arbeitern wird suggeriert, dass sie Karriere im Betrieb machen können, wenn sie ihm die Treue halten (vgl. Edwards 1981: 30). Die veränderte Arbeitsteilung führt zu einer Fragmentie-rung der Belegschaften, die eine Verbreitung der Gewerkschafts-bewegung verhindert.

Mit dieser Typologie der Kontrollsysteme der Arbeit will Ed-wards die historische Entwicklung der Arbeitsorganisation abbilden und gleichzeitig die Palette ihrer Methoden konzeptualisieren. Da-rüber hinaus kritisiert Edwards sowohl Bravermans als auch Marx’ Ansatz. Beide Ansätze erklären seiner Ansicht nach nicht, wie die

8 „Bei diesem ‚strukturellen‘ Kontrolltypus gab es zwei Möglichkeiten: Diese formaleren, ausgeklü-gelteren Kontrollen konnten entweder in die stoffliche Struktur des Arbeitsprozesses integriert wer-den (‚technische‘ Kontrolle) oder aber in seiner soziale Struktur (‚bürokratische‘ Kontrolle). Im Laufe der Zeit bedienten sich die Unternehmer beider Methoden; denn sie stellten fest, dass dadurch die Kontrolle stärker institutionalisiert und für die Arbeiter unsichtbarer wurde und zudem auch die ‚mittleren Ebenen‘ des Aufsichtspersonals besser kontrolliert werden konnten.“ (ebd.: 29).

Page 36: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

39 Internationale Professionalität

notwendige Integration des Beitrags von Arbeitern zum Arbeits-prozess vor allem angesichts der zunehmenden Komplexität der Produktion und der technischen Entwicklung sowie des steigenden Innnovationsdrucks in Unternehmen jenseits der erfolglosen tech-nologischen und bürokratischen Lösungen realisiert werden kann. Der Betrieb wird nach Edwards zum „contested terrain“, in dem die Belegschaften informelle Machtpotenziale haben, die durch techni-sche und organisatorische Mittel nicht vollständig gesteuert werden können, und in dem prekäre Machtbalancen immer wieder neu aus-gehandelt werden müssen.

In den achtziger Jahren betonen auch Burawoy (1982) oder Cockburn (1983) und in Deutschland später Jürgens und Naschold (1985) die enorme Bedeutung solcher arbeitspolitischen Aspekte der Arbeitsorganisation. Andrew Friedman (1977) unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen zwei Hauptalternativen des Ein-satzes von Machtmitteln, um das grundsätzliches Transformations-problem in den Griff zu bekommen: „direkte Kontrolle“ und „ver-antwortliche Autonomie“. Die direkte Kontrolle zielt darauf ab, das Transformationsproblem mit technischen und organisatorischen Mitteln zu lösen und setzt dafür auf eine genaue Aufgaben-zuschneidung bzw. die Standardisierung der Arbeitsprozesse, die die individuelle Verantwortlichkeit einschränken, sowie auf starke Kontrollen und technische Mechanisierung. Der Vorteil für die Arbeitgeber/innen liegt dabei darin, dass Löhne und Weiterqualifi-zierungskosten niedrig gehalten und Mitarbeiter/innen relativ ein-fach ersetzt werden können und dass die betriebliche Leistungspoli-tik im operativen Bereich überschaubar bleibt. Andererseits ist die Motivation der Arbeiter gering und die Steuerung des bürokrati-schen Kontrollsystems aufwendig. Darüber hinaus ist dieses Sys-tem nur wenig flexibel, sodass es sich nach Ansicht von Friedman (ebd.) grundsätzlich nur für Massenproduktion und nicht für andere Produktionsformen eignet.

Page 37: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 40

Mit dem Konzept der „verantwortlichen Autonomie“ versu-chen Manager dagegen die Loyalität der Arbeiter/innen zu gewin-nen, indem Arbeitsverträge offen gestaltet werden und die Arbeits-organisation genügend Spielraum für eine eigenverantwortliche Erledigung der Tätigkeiten lässt. Die positiven Seiten des Arbeits-vermögens und seiner Gestaltbarkeit werden damit betont. Über-zeugungsarbeit sowie Vertrauen stehen im Mittelpunkt der Ar-beitspolitik. Damit werden die Arbeitgeber zunehmend von den Beschäftigten abhängig, gleichzeitig aber werden Kontrollkosten reduziert und die Anpassungsmöglichkeiten an den flexiblen und unsicheren Markt werden größer.

Wie Deutschmann (2002: 118) feststellt, sind in der Realität beide Kontrollstrategien oft im selben Unternehmen zu finden. Gleichzeitig können Arbeitgeber/innen auch ihre Gegenmacht durch betriebliche und überbetriebliche Arbeitsmarktstrategien sowie durch betriebliche Leistungspolitik mobilisieren, die gegen-über verschiedenen Gruppen von Beschäftigten9 durchaus unter-schiedlich angewendet werden können. Burawoys (1982) Untersu-chung konzentriert sich gerade auf eine solche „Gegenmacht“ der Arbeitnehmer/innen und lehnt eine Trennung zwischen Politik und Ökonomie ab. Burawoy betrachtet im Unterschied zu Edwards und Friedmann die politischen Aspekte getrennt vom Arbeitsprozess, und sieht sie als Basis, um die Entwicklung des kapitalistischen Arbeitsprozesses auszugliedern. Die Gestaltung der Arbeitsorgani-sation begreift Burawoy als Ergebnis von staatlicher Regulierung und Interventionen, aber auch von Prozessen der Konfliktregulie-rung und Konsensbildung zwischen Arbeitnehmer/innen und Ma-nagern (vgl. Bruch 2000: 192 ff.). 9 So weist beispielsweise Deutschmann darauf hin, dass „[j]e erfolgreicher sie ihre Kompetenzen verteidigen, desto eher sind sie eher in der Lage, mit der Unternehmensseite auf der Basis des Prin-zips der ‚verantwortlichen Autonomie‘ zu verhandeln. Im Fall anderer Beschäftigtengruppen – ungelernte Arbeiter/innen, Teilzeitarbeitskräfte, Angestellte mit einfachen Tätigkeiten – ist die Situa-tion häufig durch Atomisierung und Konkurrenz geprägt. Ihre Arbeitsbedingungen, ihr Arbeits-rhythmus sind fremdbestimmt und werden ihnen durch technische und organisatorische Abläufe aufgezwungen.“ (ebd.: 121).

Page 38: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

41 Internationale Professionalität

In der Labour-Prozess-Debatte wurde die Kontrolle des Pro-duktionsprozesses in Bezug auf das Transformationsproblem disku-tiert. Burawoy hingegen stellt eine Verbindung zwischen dem Ar-rangement des Arbeitsprozesses und der Sicherstellung der Mehr-wertproduktion sowie der Verdunkelung der Enteignungsbeziehung zwischen Arbeiter/innen und Kapitalisten her, die der Neutralisie-rung des Widerstands der Arbeiter/innen dient. Herrschaftssiche-rung durch Kontrolle wird dann nicht wie bei Braverman primär als Enteignungsprozess begriffen, sondern als „ideologische“ Einglie-derung der Arbeitnehmer/innen in das kapitalistische Unternehmen, die allerdings nicht konstant bleibt. Der Kerngedanke in Burawoys Ansatz ist, dass Ideologie10 zentral für die Reproduktion kapitalisti-scher Produktionsbeziehungen und damit für die Arbeitsorganisati-on ist, insbesondere in monopolistischen kapitalistischen Regimen. Der Ort, an dem Arbeitsideologien entstehen, ist der Arbeitsplatz, und es sind die Praktiken am Arbeitsplatz, in denen der Konsens der Arbeiter/innen mit der eigenen Enteignung verortet ist. Um solche Praktiken zu bezeichnen, benutzt Burawoy im Anschluss an Crozier und Friedberg (1977) die Spielmetapher.11 Wie die Arbeit ist das Spiel eine Praxis, in der die Arbeiter/innen sich engagieren und die durch Regeln strukturiert ist, die die Legitimität von Hand-lungen festlegen. Doch innerhalb der durch die Regeln definierten Grenzen existieren gewisse freie Räume, die eine relative Hand-lungsautonomie zulassen und dem Spielen einen Sinn geben. Das bloße Spielen impliziert nach Burawoys Ansatz bereits die Zu-stimmung der Arbeiter/innen zu den Spielregeln. Die Form der Konsensbildung zwischen Beschäftigten und Management erweist

10 „Ideology acts as a cement for social relations; it binds individuals to one another; it connects immediate experiences to each other, to the past and to the future.“ (Burawoy 1982: 18). 11 „The ideological effect of playing the game is to take ‚extraneous‘ conditions (such as having to come to work) as unchangeable and unchanging, together with a compensatory emphasis on the little choice and uncertainty offered in the work context. That is, the game becomes an ideological mecha-nism through which necessity is presented as freedom. […] Playing the game generates the legiti-macy of conditions that define its rules and objectives.“ (Burawoy 1985: 38; zit. nach Bruch 2000: 192).

Page 39: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 42

sich nach Burawoy als trügerisch, denn die Beschäftigten sind durch das Spiel selbst an der Reproduktion der herrschenden Ver-hältnisse beteiligt.

Auch wenn Burawoy einen wichtigen Beitrag zur Öffnung des Labour-Prozess-Ansatzes hin zu arbeitspolitischen Theorien bzw. zu mikropolitischen Ansätzen leistet, unterstellt er zu pauschal eine Einwilligung der Beschäftigten in das „Mitspielen“ und blendet soziale Kategorisierungen wie Gender, Alter, Qualifikation etc. völlig aus, indem er sie zu externen Aspekten des Arbeitsprozesses erklärt.

Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass die direkte bürokrati-sche Kontrolle und extreme Spezialisierung der Arbeitneh-mer/innen an die Massenproduktion, überwiegend von Sachgütern, in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhundert angepasst war. Im Mittelpunkt des Arbeitssystems fordistischer Regime stand die Ra-tionalisierung der Arbeitsprozesse, die durch die Substitution le-bendiger Arbeit durch Technik und strikt bürokratische Organisati-onsprinzipien zur Steigerung der Unternehmensprofite führen soll-te. Die zentrale Bedeutung der Technik als Substitut lebendiger Arbeit sowie die Rigidität des fordistischen Arbeitsorganisations-modells ließen den Arbeitnehmer/innen wenig Spielräume zur Ge-staltung ihrer Beschäftigungsbeziehungen. Fordistische Systeme sind gleichzeitig dadurch gekennzeichnet, dass Erwerbsarbeit von anderen Arbeitsformen getrennt wird, die unbezahlt und prestigelos bleiben und überwiegend von Frauen geleistet werden.

Speziell in Deutschland ist betriebliche Erwerbsarbeit in fordistischen Regimen gesellschaftlich als Beruf organisiert. Berufe als „relativ dauerhafte Arbeitskraftmuster“ (Daheim/Schönbauer 1993: 13) strukturieren im deutschen fordistischen Arbeitsregime die gesellschaftlichen und die subjektiven Ebenen und beziehen beide aufeinander (Voß 2001: 288). Die für fordistische Arbeitsre-gime charakteristische strikte Arbeitsteilung und Spezialisierung, die zunehmenden Anforderungen an die Beschäftigten sowie die

Page 40: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

43 Internationale Professionalität

expandierende Bildung führten zu einer umfassenden Ausrichtung industrieller Berufe auf Funktionen und Fachleistungen. Auf die solchermaßen standardisierte Arbeit bezogen sich sowohl die Be-schäftigungspolitik in den Unternehmen und das Bildungssystem als auch die sozialen Sicherungssysteme. Damit organisierten die fordistischen Arbeitserfordernisse das Gesellschaftssystem berufs-förmig. Für die Individuen war der Beruf für ihre persönliche und soziale Identität, ihre Biografie sowie für ihre gesellschaftliche Positionierung und Kategorisierung prägend.12 Wie Mayer (2000: 390) feststellt, gibt es in Deutschland traditionell eine strikte Tren-nung zwischen Allgemeinbildung und Berufsausbildung, die sich etwa in den Hochschulen in der Unterscheidung zwischen den auf wissenschaftliche Forschung orientierten Universitäten und den auf die Praxis ausgerichteten Fachhochschulen niederschlägt. Während allgemeine Bildung auf die „zunächst zweckfreie Entfaltung der Fähigkeiten jedes Einzelnen zur Teilhabe an Kultur, zur Erbrin-gung von Sinn- und Orientierungsleistungen, zur aktiven Auseinan-dersetzung mit natürlicher Umwelt, Geschichte und Gesellschaft“ zielt, bezieht sich die Bildung im Sinne von Qualifikation auf spe-zifisches Wissen und praktische Fähigkeiten als Basis für den Be-ruf13 (Mayer 2000: 391).14 In Deutschland gilt der Beruf als „insti-

12 Nach Kocka (1998: 1 ff.; zit. nach Mayer 2000: 383) ist Arbeit als Erwerbsarbeit typischerweise berufsförmig strukturiert, „das heißt, sie ist spezialisiert und Teil eines (sich verändernden, aber zugleich stabilen) arbeitsteiligen Systems, sie setzt spezifische erworbene Qualifikationen (und damit ein besonderes Wissen) voraus, und sie wird innerhalb eines großen, zusammenhängenden Ab-schnitts der Lebenszeit wahrgenommen, der Tendenz nach das ganze Leben lang“. 13 Im Unterschied zu den angelsächsischen Begriff „job“, der sich auf eine Tätigkeit bezieht, die lediglich dem Lebensunterhalt dient, aber auch zum Begriff „occupation“, der die Positionierung auf dem Arbeitsmarkt in Bezug auf eine bestimmte Qualifikation beschreibt, hat der deutsche Begriff „Beruf“ einen religiösen Hintergrund. Darauf hat bereits Weber (2005: 66) aufmerksam gemacht: „Nun ist unverkennbar, dass schon in dem deutschen Wort ‚Beruf‘ ebenso wie in vielleicht noch deutlicherer Weise in dem englischen ‚calling‘ eine religiöse Vorstellung – die einer von Gott gestell-ten Aufgabe – wenigstens mitklingt und, je nachdrücklicher wir auf das Wort im konkreten Fall den Ton legen, desto fühlbarer wird.“ 14 Mayer (2000: 395) nennt folgende Elemente als charakteristisch für das deutsche Ausbildungs- und Berufssystem: Erstens existiert ein dreigliedriges und hierarchisch aufeinander aufgebautes Schulsys-tem, das den Zugang zu möglichen Ausbildungen vorstrukturiert. Zweitens gibt es klar voneinander getrennte Sektoren berufsfachlicher Ausbildung (Ausbildung im dualen System, staatliche Berufs-

Page 41: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 44

tutionalisierte Arbeitskraftschablone“ (Beck, Brater, Daheim 1980), als Basis für die Arbeitsteilung und auch für den Qualifikationser-werb. In anderen Ländern, wie zum Beispiel den USA, haben Bil-dungsabschlüsse nicht eine solche zentrale Bedeutung für die Rek-rutierung von Arbeitnehmer/innen (Koppetsch 2006) oder für die Gestaltung beruflicher Biografien.

Solche internationalen Unterschiede bezüglich der beruflichen Strukturierung der Erwerbsarbeit beziehen sich auch auf die Bedeu-tung der im Vergleich zu der vom Markt oder bürokratisch kontrol-lierten Erwerbsarbeit privilegierten Form der Arbeitsorganisation (bezüglich Status, Prestige und Autonomie), die professionelle Be-rufe (Wilensky 1964; Etzioni 1969) darstellen.

In fordistischen Produktionsregimen sind ideale professionelle Arbeitsformen durch staatlich garantierte Wissens- sowie Lösungs-exklusivität für gesellschaftlich nachgefragte Probleme (Mandat) gekennzeichnet. Professionelle Arbeit und professionelles Wissen sowie entsprechende professionelle Karrieren werden kollegial durch Verbände organisiert und kontrolliert. Hierdurch entsteht eine asymmetrische Beziehung zwischen den Professionellen als Experten/innen mit garantiertem Überblickwissen in ihrem ge-schützten Wissens- und Handlungsfeld auf der einen und den „Mandanten/innen“ oder Klienten/innen auf der anderen Seite. Ge-rade der staatlich garantierte Schutz professioneller Arbeit variiert international, je nachdem, welche Spielräume der Staat für die selbstständige Dienstleistung und für die Wissensexklusivität ge-genüber bürokratisch bzw. beruflich und marktbezogen kontrollier-

fachschulen, Fachhochschulen und Universitäten). Drittens sind mit den entsprechenden sektoralen Abschlüssen unterschiedliche Einkommens- und Aufstiegschancen sowie Arbeitslosigkeitsrisiken verbunden. Viertens steht im Zentrum dieser Sektoren das duale System einer betrieblich-schulischen Berufsausbildung. Fünftens prägt die Orientierung an Berufen das deutsche Ausbildungswesen sowie das individuelle Verhalten und auch die innerbetriebliche Arbeitsorganisation und Mobilität auf dem Arbeitsmarkt. Sechstens ist trotz Zunahme der Weiterbildung die erste berufliche Ausbildung in Deutschland noch immer entscheidend für das weitere Berufsleben. Und siebtens ist das deutsche Ausbildungs- und Arbeitsmarktmodell von einem festen lebenszeitlichen Muster des Übergangs zwischen Schule, Berufsausbildung, Erwerbstätigkeit und Ruhestand gekennzeichnet.

Page 42: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

45 Internationale Professionalität

ter Erwerbsarbeit garantiert. Speziell Freidsons (2001) Idealtypen der Professionalität beleuchten die Bedeutung verschiedener Logiken der Arbeitsorganisation, die ich im nächsten Kapitel dis-kutiere.

I.1.1 Professionalität und die Transformation fordistischer Produktionsformen

Professionen werden in der Soziologie allgemein als eine spezielle Organisationsform von Arbeit begriffen, deren Ursprung sich im neunzehnten Jahrhundert findet (Siegrist 1988: 42; Stichweh 1996: 50; Kurtz 2002: 47). Mit der Manufaktur und weiterhin mit der Industrialisierung der Produktion, die zur Arbeitsteilung und Ein-bindung von Produktionsprozessen in Maschinenrhythmen führt, entstehen Rationalisierungsmaßnahmen (Luckmann/Sprodel 1979: 15).15 Sie sind im Gegensatz zu traditionalistischen Arbeitsformen und irrationaler Willkürlichkeit von Kalkulierbarkeit geprägt (We-ber 1922). Vor dem Hintergrund der Zunahme rechtlicher Rege-lungen bzw. technisch-medizinischer Entwicklungen etablieren sich beispielsweise Jura und Medizin als klassische Professionen mit einem spezifischen gesellschaftlichen Mandat und abgegrenz-ten Handlungsgebieten, die durch Wissens- und Zugangsexklusivi-tät geschützt sind.

Seit dem neunzehnten Jahrhundert wurden Professionen in den Sozialwissenschaften thematisiert (Stichweh 1996: 50; Siegrist 1988: 42; Kurtz 2002: 47). Bereits Spencer (1896: 179–318) analy-siert in seinem Werk „The Principles of Sociology“ die Funktionen und Evolution von Professionen aus ökologischer Sicht. Zwar be-tont Parsons (1968: 3) in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die damalige Irrelevanz von Spencers Ideen; dennoch 15 Luckmann und Sprodel (1972: 15) weisen darauf hin, dass der „Sinn“ der eigenen Arbeit unter den Bedingungen der Industriegesellschaft nicht mehr in Bezug auf eigene Bedürfnisse definiert wird, sondern „nur sehr mittelbar mit Bezug auf die kooperative Abhängigkeit aller Arbeit und der eigenen Lage in der Organisation des ‚Systems‘ Arbeit.“

Page 43: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 46

haben einige Prinzipien seines Ansatzes spätere Autoren, insbeson-dere aus der Tradition der Chicago-Schule, merklich beeinflusst (vgl. Dingwall 2008: 85 ff.). Diese Autoren entwickeln ihre Theo-rien im Kontext der angloamerikanischen Gesellschaften, in denen die Rolle des Staates als Garant und Schutzinstanz für einen be-stimmten Status von Professionen aus den Forderungen nach Auto-nomie von beruflichen Gruppen entsteht. Hier muss zwischen den je nach Land unterschiedlichen Entwicklungen professioneller Mo-delle und insbesondere zwischen angelsächsischen und kontinental-europäischen Modellen differenziert werden (Evetts 2002; Kurtz 2002). So stellen zum Beispiel Neal und Morgan (2000)16 auf der Basis ihrer Längsschnittsanalyse des Rechnungswesens in Deutsch-land und Großbritannien fest, dass in Deutschland eine Professio-nalisierung „von oben“ mit starker staatlicher Unterstützung statt-gefunden hat, während in Großbritannien der Professionalisie-rungsprozess „von unten“ bzw. durch Berufsgruppen initiiert wur-de. Eine solche Differenzierung bezogen auf die unterschiedlichen Professionalisierungsformen in beiden Kulturkreisen wird auch von Autoren wie Macdonald (1993: 72–79) und Siegrist (1990: 46) oder Rüschmeyer (1983) bestätigt.17

Gemeinsam ist fordistischen Systemen, dass in ihnen Professi-onalität durch Zertifizierungssysteme von anderen Erwerbsarbeits-formen abgegrenzt und geschützt wird. Damit wird garantiert, dass nur Personen mit der dafür vorgesehenen Bildung, Fortbildung und Erfahrung Zugang zu den professionellen Feldern erhalten, wo sie

16 In dieser Studie wird darüber hinaus gezeigt, dass sich im Laufe der europäischen Integration die Beziehungen zwischen Professionen und dem Staat sowohl in Großbritannien als auch in Deutsch-land deutlich geändert haben. Die Kontrolle über die Professionen wurde an die EU-Behörden über-geben. 17 Diese Unterscheidung bezieht sich nicht nur auf die historische Entwicklung von Professionen, sondern auch auf die Begriffe, die in der einschlägigen soziologischen Literatur benutzt werden, sowie auf die theoretischen Ansätze, die für die Analyse von Professionen und Professionalität verwendet werden. Während in Deutschland Professionen im Zusammenhang mit Beruflichkeit bzw. Professionalität begriffen werden (Kurtz 2002; Voß 2001; Daheim 2001; Pfadenhauer 2003: 29), wird in der angloamerikanischen Professionssoziologie der Fokus auf die Konstruktion von Professi-onen und auf Machtaspekte gelegt (Larson 1976; Abbott 1988).

Page 44: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

47 Internationale Professionalität

als anerkannte Professionelle selbstständig Probleme definieren bzw. diagnostizieren und über angemessene Lösungen selbst ent-scheiden dürfen bzw. Ermessen ausüben können. Auch ihre Karrie-ren innerhalb dieser Felder sind vordefiniert (Hughes 1958).

Aus funktionalistischer Sicht (Parsons 1964; in Deutschland aus dieser Tradition z. B. Oevermann 1996) sind Professionen auf das Gemeinwohl der Gesellschaft orientiert und dafür nutzen sie ein bestimmtes durch Sozialisation erworbenes Wissen. Parsons (1964) betont, dass die „Professionals“ eine gewisse Distanz zu partikularistischen und personenbezogenen Interessen benötigen, um eine universalistische Perspektive auf ihre Tätigkeiten einneh-men zu können. In diesem Ansatz wird vor allem der Rationalisie-rungssteigerung eine zentrale Bedeutung im Laufe des Modernisie-rungsprozesses beigemessen. Sowohl Parsons (1951) als auch an-dere Autoren/innen aus der funktionalistischen Tradition (z. B. Lynn 1963) bemühen sich darum, Kriterien für Professionen fest-zulegen. Solche Klassifikationen werden aber angesichts der Dy-namik der Professionen und anderer Arbeitsformen schnell obsolet. Vor allem die Organisation der Arbeit und die Machtkämpfe zwi-schen Berufsgruppen spielen eine immer wichtigere Rolle in der soziologischen Analyse von Professionen. Denn die Beschleuni-gung und Expansion der Wissensproduktion ab den siebziger Jah-ren eröffnen neue Möglichkeiten, funktionelle Äquivalente zu pro-fessionellen Leistungen anzubieten.

Aus organisationstheoretischer Perspektive werden die Selbst-organisation der Professionen bzw. die Professionalisierungspro-zesse von Berufsgruppen in den Vordergrund gestellt (Wilensky 1979), während aus machttheoretischer Sicht besonders in den siebziger Jahren (Johnson 1972; Larson 1977) auf der Grundlage von Webers Theorien die Strukturen und Macht von Professionen hervorgehoben werden, die diese in Bezug auf Wissen sowie auf die Kontrolle über den Zugang zur Profession und über Arbeitsfel-der gegenüber anderen beruflichen Gruppen haben. Die letztge-

Page 45: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 48

nannte theoretische Position der sogenannten revisionistischen Gruppe der angloamerikanischen Professionssoziologie (Johnson 1972; Larson 1977; Collins 1979; Starr 1982) kritisiert den Funkti-onalismus vehement. Sie wirft funktionalistischen Ansätzen eine statische Perspektive vor, die sich auf standardisierte Aspekte von Professionen fokussiere, ohne die Transformation professioneller Bereiche und impliziter Machtmechanismen zu beachten. Im Ge-gensatz dazu orientiert sich eine dynamische Sicht an der Konkur-renz zwischen Berufsgruppen, die der Abgrenzung der jeweiligen Zuständigkeiten auf der Basis abstrakten Wissens dient.

Besonders diese Konkurrenzsituation zwischen Berufsgruppen wird später von Abbott (1988) und auch von Freidson (2001) in der Tradition von Hughes (1958) und der Chicago-Schule mit wissens-theoretischen Aspekten ergänzt. Für meine Fragestellung ist diese Perspektive besonders relevant, weil sie im Unterschied zu funkti-onalistischen Theorien die Charakteristika von Professionalität nicht a priori festlegt und eine relationale Analyse von Arbeitsfel-dern in unterschiedlichen institutionellen Kontexten ermöglicht. Besonders Freidsons (2001) Theorie über ideale Professionalitäts-formen ist wichtig, um Professionalität im Kontext fordistischer Arbeitsregime zu verstehen. Denn hier sorgt die relative Stabilität der Nationalstaaten für den Schutz von Professionen und Berufen sowie von nationalen Arbeitsmärkten und sichert so die Existenz relativ homogener beruflicher und professioneller Felder. Schutz-räume für Professionelle sind in fordistischen Systemen durch den Staat u. a. in Form von zertifizierten Qualifikationen garantiert und durch ein System von Symbolen erzeugt, deren Sinn vor allem da-rin besteht, Verlässlichkeit zu erzeugen. Der Begriff der Schutz-räume geht zurück auf Webers Ideen zur sozialen Schließung18

18 Webers (1968: 342) Begriff von sozialer Schließung beinhaltet die Ausübung von Macht. Mit Bezug auf diese Begrifflichkeit weist Coleman (1988: 107) darauf hin, dass soziale Schließung ein Set effektiver Sanktionen generiert. Solche Sanktionen können das Verhalten überwachen und lenken und folglich erlauben sie das Verbreiten von Verbindlichkeiten und Erwartungen, welche soziales Kapital beinhalten, da sie als Hort für Gefälligkeiten dienen.

Page 46: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

49 Internationale Professionalität

(Freidson 2001: 78) und entspricht den (Zulas-sungs-)Mechanismen, die sicherstellen, dass Möglichkeiten und Chancen nur bestimmten Klassen, Statusgruppen oder Individuen vorbehalten bleiben. Die Generierung dieser symbolbasierten Glaubwürdigkeiten bzw. Verlässlichkeiten ist einer dieser Mecha-nismen auf Arbeitsmärkten.

Eine solche „ideale“ Position von Professionen im System der Erwerbsarbeit existiert parallel zu marktbezogenen und bürokrati-schen Berufen, die anderen Regeln für den Zugang zum Arbeits-handeln folgen. Freidson (2001: 82) unterscheidet zwischen drei Möglichkeiten des Zugangs (offen; durch eine Personalabteilung in einem Unternehmen; durch eine praxisbezogene Einrichtung), drei verschiedene Arten von Zugangsvoraussetzungen (Nachfrage; for-melle Berufsbezeichnung veränderbar je nach Position; praktische Referenzen), drei vorherrschende Wissensarten (Alltagswissen; von der Position abhängiges, aber firmenspezifisches Wissen; nach ei-genem Ermessen, aber übertragbar) und drei typische Karrieren (unregelmäßig/uneinheitlich; vertikal innerhalb eines Unterneh-mens; horizontal zwischen verschiedenen Unternehmen). Auf ei-nem freien Arbeitsmarkt sind die Arbeiter/innen verantwortlich für die Definition von Expertise, während auf einem bürokratischen Arbeitsmarkt Organisationen diese Rolle übernehmen und die Ex-pertise auf einem professionellen Hintergrund kollegial und mit staatlicher Unterstützung kontrolliert wird.

Professionalität als die „dritte Logik“ der Arbeitsorganisation (Freidson 2001), die nicht auf einer von Kunden oder dem Mana-gement ausgehenden, sondern auf der kollegial vereinbarten beruf-lichen Kontrolle basiert, beruht zum einen auf einer Monopolstel-lung und einer symbolischen Glaubwürdigkeitsstruktur als ent-scheidende Elemente zur Wahrung des ökonomischen Privilegs. Zum anderen stützt sie sich aber auch auf eine Ideologie, die auf die Verpflichtung gegenüber der Qualität der Arbeit verweist (ebd.: 200). Die Monopolstellung wurde mit Herrschaft assoziiert (Parkin

Page 47: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 50

1979; Murphy 1988) und die Qualität der Arbeit mit Rationalisie-rung (Friedman 1977). Freidson (2001: 208) argumentiert im Ge-gensatz dazu, dass eine Monopolstellung ein soziales Instrument darstellt, welches den Fortschritt der Disziplinen und auch die Qua-lität der Praxis unterstützt, und dass ein System aus symbolischen Glaubwürdigkeiten und Expertenautorität für den Schutz von spe-zialisiertem Wissen nötig ist.

Einige „Attacken“ (ebd.: 179) gegen Professionalität seitens des Marktes und der Unternehmen haben in den letzten Jahrzehnten eine solche „ideale“ privilegierte Position der Professionen bzw. der Professionalität bedroht. Freidson (ebd.: 181) berücksichtigt in seiner Theorie solche Angriffe auf die geschützten Räume der Pro-fessionen und geht folglich davon aus, dass eine Mischung aus den drei unterschiedenen Logiken existiert.19 In Übereinstimmung mit Abbotts (1988) Ideen zur Kommodifikation eines Teils an Exper-tenwissen und der wachsenden Integration von Professionen in Organisationen mit reduzierter Autonomie, analysiert Freidson (2001) die derzeitigen Eigentümlichkeiten der professionellen Pri-vilegien. Ähnlich dem Kern-Peripherie-Modell von Doering und Piore (1971) entsteht ein zweistufiges System aus einer Elite von Professionellen, die Forschung betreiben und Praxisstandards etab-lieren, und einer Gruppe meist zeitlich begrenzt angestellter, quali-fizierter Praktiker. Arbeit wird geteilt zwischen kurzzeitigen Pro-fessionellen, die Universalisten sind und in Aufgabenfeldern be-schäftigt werden, die Konzeptualisierungen und Theorie erfordern, und dauerhaft Professionellen, die auf komplexere Aufgaben spezi-alisiert sind. Darüber hinaus halten Unternehmen an Professionel-len als Alternative zu einer (noch stärkeren) Standardisierung der

19 „Reality is and should be a variable mix of all three logics, the policy issue being the precise composition of that mix. The issue should be whether the virtues of each are suppressed by emphasis on the others and their vices excessively stimulated. I believe that the emphasis on consumerism and managerialism has legitimized and advanced the individual pursuit of material self-interest and the standardization of professional work which are the very vices for which professions have been criti-cized, preserving form without spirit.“ (Freidson 2001: 181).

Page 48: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

51 Internationale Professionalität

Arbeit fest, um Kosten zu senken und zu kontrollieren, was im Ge-genzug einer Legitimation durch die Anwendung autoritativen und professionellen Wissens bedarf. Im Gegensatz zu berufsbezogener Professionalität, die intern von Berufsgruppenangehörigen begrün-det wird und auf Vertrauen, Kompetenz, einer starken beruflichen Identität und Kooperation basiert, wird betriebliche Professionalität von Arbeitgebern und Managern in Dienstleistungsorganisationen auferlegt.

Freidson (2001: 213 ff.) sieht drei wesentliche Konsequenzen dieser Transformation der Professionalität: zunächst die Standardi-sierung von Dienstleistungen, die früher von Professionellen selbst definiert und bewertet wurden, zweitens die Begrenzung von Wis-sen auf eine momentane und passive Projektion von Trends sowie drittens den Verlust der Freiheit bzw. der Autonomie, eigene dis-ziplinäre und praxisbezogene Ziele zu setzen, die auf einer profes-sionellen Ideologie der Unabhängigkeit und der transzendenten Qualität der Arbeit gründen und an öffentlichen gesellschaftlichen Interessen orientiert sind.

Zu den von Freidson unterschiedenen idealen Typen der Ar-beitsorganisation gehören bestimmte Karriereformen.20 In einem professionell kontrollierten Arbeitsmarkt mit diversen „market shelters“ bleibt die typische Karriereform während des Arbeitsle-bens stabil (ebd.: 76). Die Arbeiter/innen verbleiben im gleichen beruflichen Feld und entwickeln, was Zabusky und Barley (1996: 58; vgl. Freidson 2001: 76) eine horizontale Karriere nennen, die

20 Die berufliche Perspektive von Karrieren wurzelt auf Studien, die im neunzehnten Jahrhundert aus der sogenannten Chicago-Schule initiiert und im zwanzigsten Jahrhundert dann durch die sogenannte „zweite Chicago-Schule“ fortentwickelt wurden (Fine 1995; Abbott 1995; 2001). Besonders wichtig ist die Arbeit von Everett C. Hughes. Im Mittelpunkt von Hughes’ Interesse steht die Analyse persön-licher Laufbahnen in der institutionellen Struktur und Geschichte von Berufen und Professionen (vgl. Helmes-Hayes 1998: 653). Berufliche bzw. professionelle Karriere ist die wichtigste Karriereform, und Berufe (occupations) sind zentral, um persönliches Leben sowie seine Verbindung zu makroso-ziologischen Aspekten wie der Arbeitsteilung zu verstehen (Hughes 1958). Zwar beeinflussen institu-tionelle Konfigurationen individuelle Karriereentscheidungen; Personen haben aber gleichzeitig eine relative Freiheit, um soziale Realität zu verhandeln, also auch ihre Karrieren zu gestalten. Als einer von Hughes’ Nachfolgern entwickelt Freidson (2001) diesen theoretischen Ansatz weiter.

Page 49: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 52

auf Leistung basiert und auf die Erweiterung von Prestige oder Re-putation zielt. Prestige gründet hier auf Expertise und wird in ver-schiedenen Unternehmen entwickelt. Im Gegensatz zu diesem Kar-rieretyp wird bei einer vertikalen Karriere, die für einen bürokrati-schen Arbeitsmarkt charakteristisch ist, ein hierarchischer Aufstieg im Unternehmen sowie ein Autoritätszuwachs vorausgesetzt.

Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung im Bereich der befriste-ten Beschäftigung und in Bezug auf die marktbezogenen Arbeits-kontrollformen verweist Freidson (2001: 77) auf die zunehmende Bedeutung von Berufen für die Gestaltung interorganisationaler horizontaler Karrieren auf dem Arbeitsmarkt. Voraussetzung für eine solche interorganisationale Mobilität ist, dass die Arbei-ter/innen generalisierbare Fähigkeiten vorweisen und auch in ge-eigneter Weise belegen können. Zertifikate als Form der Informati-on über Expertise, die Kunden von Experten/innen einfordern, so-wie als Legitimation für die Tätigkeitsperformance spielen deshalb eine zentrale Rolle.

Freidsons Ansatz wird aber u. a. durch die Beschleunigung und Heterogenisierung der Wissensproduktion, die zur Erosion berufli-cher Strukturen führt, infrage gestellt. Gemischte Formen der Pro-fessionalität, die Freidson nur ansatzweise thematisiert, werden immer wichtiger. Die bisher vorherrschende Form der Festlegung von Zertifikaten über Berufsabschlüsse auf der Grundlage von Qualifikationen, die in Hochschulen und anderen staatlich ge-schützten Bildungsinstitutionen erworben werden, gerät immer mehr unter Druck. Neue berufliche Felder mit neuen Kompetenz-anforderungen wie beispielsweise Berater/innen konkurrieren da-rüber hinaus mit etablierten und auf fordistischen idealen Kontroll-formen der Arbeit basierenden Berufen und Professionen (Knights et al. 1993; Brint 1994; Alvesson 1995; Reed 1996). Sie weisen auf gemischte Kontrollformen der Arbeit und des Wissens, aber auch auf eine Recodierung von Karrieren und Prestigepositionen hin. Inwieweit und in welcher Form in welchen Branchen und Ländern

Page 50: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

53 Internationale Professionalität

eine solche Transformation stattfindet, ist aber noch umstritten, wie ich später diskutiere. Denn die Internationalisierung der Arbeit ins-besondere durch Informations- und Telekommunikationstechnolo-gien, die sich in den letzten Jahren rasant entwickelten und ausbrei-teten, bringt neue Herausforderungen für die Kontrolle der Arbeit und des Wissens und damit für die Arbeitsorganisation und ihre implizite Geschlechterordnung. Bevor ich mich auf die Diskussion der Theorien über die Transformation fordistischer Modelle der Arbeitsorganisation konzentriere, geht es im nächsten Kapitel zu-nächst um den Zusammenhang zwischen Arbeit, Professionalität und Geschlechterasymmetrien, der in den oben kommentierten Pro-fessionalitätsansätzen ausgeblendet wurde.

I.1.2 Arbeit, Professionalität und Geschlechterasymmetrien

In den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhun-derts werden verschiedene Ansätze entwickelt, um die Gesamtsitu-ation von Frauen im Zusammenhang mit den institutionellen Ver-bindungen zwischen bezahlter Berufsarbeit und nicht honorierter Haus- sowie Fürsorgearbeit zu erklären, wie z. B. das „weibliche Arbeitsvermögen“ (Beck-Gernsheim 1976; Ostner 1978) und die „doppelte Vergesellschaftung“ von Frauen (Beer 1987). Aus der Perspektive der Frauenforschung wird Arbeit nicht exklusiv als Erwerbsarbeit begriffen, sondern als Gesamtzusammenhang inner-halb und außerhalb des Erwerbssystems verstanden. Damit wird die Positionierung von Frauen in Berufs- und Professionssystemen vorrangig in Bezug auf die variablen historischen und soziokultu-rellen Zusammenhänge zwischen Produktions- und Reproduktions-bereichen (Pfau-Effinger 2000; Becker-Schmidt 2002) konzipiert.

Der Ansatz des weiblichen Arbeitsvermögens (Beck-Gernsheim 1976; Ostner 1978) geht davon aus, dass Frauen beruf-liche Interessen und Ziele im privaten häuslichen Bereich erwer-ben, die in bestimmten Berufen besonders nachgefragt und nützlich

Page 51: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 54

werden. Knapp (1987) sowie Wetterer (1995; 2005) und Lorber (1999) kritisieren den stark polarisierten sowie ahistorischen und kontextblinden Geschlechterbegriff dieses Ansatzes und schlagen vor, Geschlecht stattdessen relational zu verstehen. Damit öffnen diese Autorinnen eine neue Perspektive in der Erforschung der Zu-sammenhänge zwischen Berufen, Professionen, Karrieren und Ge-schlecht. Diese Perspektive zielt einerseits darauf, Prozesse der Geschlechterdifferenzierungen und -hierarchisierungen in den Be-rufs- und Professionssystemen und andererseits Mechanismen so-wie Muster der symbolischen Zuordnungen von Arbeit und Ge-schlecht unter gleichzeitiger Berücksichtigung von spezifischen Codierungen und Strukturierungen der Vergeschlechtlichung von Arbeit zu analysieren (Teubner 2002).

Wie Untersuchungen von Heinz et al. (1999) oder Rabe-Kleberg (1990) zeigen, bleibt die Geschlechtersegregation in Beru-fen und Professionen konstant, auch wenn die Qualifikationsni-veaus von Männern und Frauen sich angleichen (Teubner 1989; 1992; 2002; Krüger 1992; Wetterer 1992; 1995). Damit werden sowohl Humankapital- als auch Sozialisationstheorien, die Akteure in den Mittelpunkt stellen, widerlegt. So analysiert beispielsweise Krüger (1995/2009: 460) sowohl makrostrukturelle Dimensionen der Reproduktion von Verteilungen auf Bildungs- und Erwerbsni-veaus als auch strukturelle Verteilungsprinzipien in den „Konfigu-rationsinstitutionen des Lebensverlaufs“ (ebd.: 460). Krüger be-zeichnet Geschlecht als Masterstatus: Mit der Geschlechtszugehö-rigkeit sind Zuschreibungs- sowie Zuweisungsprozesse verbunden, die unabhängig von Qualifikation oder sogar Leistung für eine asymmetrische Integration und Positionierung in Berufs- und Pro-fessionssystemen verantwortlich sind (vgl. auch Teubner 2003; Gottschall 2000; Geissler et al. 1998). Der Zugang zum Berufs- und Professionssystem erfolgt größtenteils über spezifische Bil-dungsinstitutionen. Hier finden Autorinnen wie Krüger (1984; 1995/2009; 2001) oder Heintz et al. (1999) eine Entsprechung zur

Page 52: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

55 Internationale Professionalität

Trennung von Berufen und Professionen in männlich oder weib-lich. Darüber hinaus stellen Studien von Allmendinger/Pod-sialowski (2001) oder Heintz et al. (1999) eine weitere vertikale Korrespondenz in Form der Konzentration von Frauenberufen in beschränkten Laufbahnen und niedrigen Lohnstufen fest. Selbst Frauen, die mit einer „typischen männlichen Qualifikation“ Zugang zu Männerberufen bzw. -professionen haben, verbleiben nur für eine begrenzte Zeit in solchen Berufen (Jacobs 1989; Lorber 1999), denn zeitliche Arbeitsorganisationsmaßnahmen oder Arbeitszeitre-gime fungieren als Exklusionsmechanismus zugunsten des Ver-bleibs und Karriereaufstiegs von Männern in Berufen oder Profes-sionen (Teubner 2003: 6). Hier spielt das in den meisten westlichen Ländern verankerte grundlegende Prinzip des Normalarbeitsver-hältnisses, das voraussetzt, dass Männer Hauptverdiener und Frau-en hauptverantwortlich für Reproduktionsarbeit sind, eine zentrale konstituierende Rolle für asymmetrische Geschlechterverhältnisse (Müller et al. 1987; Pfau-Effinger 2000; Lenz 2000; Geissler 2000; Gottschall 2000).

Speziell in Bezug auf Professionen und mit einer erneuten Re-flexion bis dahin existierender Erklärungsansätze über den Zu-sammenhang zwischen Arbeit, Beruf, Profession, Organisation und Geschlecht entwickeln sich zwei Hauptströme in der deutschen Frauenforschung. Einerseits fokussieren Autorinnen wie Heintz und Nadai (1998: 78) auf den sozialen und gesellschaftlichen Wan-del und damit auf Prozesse des sogenannten „undoing gender“, andererseits plädieren Autorinnen wie Teubner (2003), Wetterer (2005) oder Gildemeister und Wetterer (1992) für eine sozio-konstruktivistische Perspektive, die mögliche Widersprüche zwi-schen Mikro-, Meso- und Makro-Ebenen bezüglich Geschlechter-differenzen berücksichtigt. Heintz und Nadai postulieren auf Grundlage einer empirischen Untersuchung in drei Berufen (Kran-kenpfleger/innen, Informatiker/innen, Sachbearbeiter/innen), dass die Geschlechterdifferenz ihre direkte institutionelle Basis und da-

Page 53: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 56

mit ihren „überindividuellen Faktizitätscharakter“ verloren hat, sodass sie heute kontextspezifisch „von den Handelnden aktiv er-zeugt und symbolisch bekräftigt“ wird (ebd.: 78). In manchen Be-rufen21 kann, so die Autorinnen, eher von einem „undoing gender“ statt von einer Konstruktion von Geschlecht gesprochen werden. Allerdings kritisieren Teubner und Wetterer (2003), dass in diesem Ansatz die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Ebenen der Geschlechterdifferenzierung nicht genug beachtet werden, sodass mögliche Widersprüche zwischen zum Beispiel der Mikroebene der Konstruktion und der Mesoebene der Arbeitsteilung ausgeblen-det bleiben.22 Um den möglichen sozialen Wandel der Geschlech-terkonstruktion zu untersuchen, analysiert Wetterer (2005) am Bei-spiel der Medizin als Männerberuf die Geschlechterkonstruktionen im Zusammenhang mit der Logik der Arbeitsteilung im Professio-nalisierungsprozess. Die Fokussierung auf Auseinandersetzungen zwischen Akteu-ren/innen um die Durchsetzung bestimmter Machtansprüche in professionellen Arenen ermöglicht es, Geschlecht als eine nachhal-tige Kategorie bei Machtkämpfen zu betrachten. Das heißt zu-nächst, dass Professionen den Anspruch auf einen exklusiven Sta-tus in der Gesellschaft gegenüber konkurrierenden Gruppen bean-spruchen und dass ein solcher Anspruch bereits bestimmte Inklusi-ons- bzw. Exklusionsvorstellungen und -mechanismen impliziert. Für die Analyse von Geschlecht in Professionalisierungsprozessen bedeutet dies weiterhin, dass Geschlecht als eine implizite Katego-

21 S. unten ausführlicher „Profession und Geschlecht in der Informationsarbeit“. 22 „Die ‚institutionelle Basis‘ und strukturelle Absicherung, die die Geschlechterdifferenz vorgeblich nur früher hatte, findet sich ja noch heute in den Strukturen beruflicher Arbeitsteilung, die Kranken-pflegerInnen, InfomatikerInnen und SachbearbeiterInnen als Kontext ihres beruflichen Alltagshan-delns vorfinden, auf die sie sich mit ihrem ‚doing‘ oder ‚undoing gender‘ beziehen und zu deren Reproduktion oder Modifikation sie nicht unwesentlich (wenngleich möglicherweise unwillentlich) beitragen. Zumindest auf der Meso-Ebene der beruflichen Arbeitsteilung lässt sich von der Repro-duktion einer hierarchisch strukturierten Differenz deshalb nach wie vor weit eher sprechen als davon, dass sich hier eine beginnende De-Institutionalisierung der Differenz oder gar ein Ver-schwinden der ‚institutionellen Basis’ geschlechtshierarchischer Strukturen konstatieren ließe.“ (Teubner/Wetterer 2003: 19).

Page 54: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

57 Internationale Professionalität

rie in professionellen Arenen existiert und reproduziert bzw. trans-formiert wird. Da professionelle Arenen an sozioökonomische und kulturelle Rahmenbedingungen gebunden sind, ist der Zugriff auf bestimmte Ressourcen an national unterschiedliche und historisch variable Bedingungen geknüpft. Dementsprechend differiert zum Beispiel die Relevanz von Qualifikationen oder Titeln für den Zu-gang zu einer bestimmten Profession in verschiedenen Ländern und auch die Partizipation von Frauen und Männern in bestimmten Fachbereichen. Witz (1990: 676) verwendet den Begriff „gendered professional projects“, um Strategien beruflicher Schließung sowie ihre Geschlechterdimensionen zu bezeichnen. Sie schlägt als Ana-lysebasis verschiedene Schritte vor, um die Politiken beruflicher Schließung zu erfassen. Erstens, die Konzeptualisierung professio-neller Projekten als konkrete, individuelle und historische verortete Projekte, zweitens, die Konzeptualisierung diesen Projekten als Strategien beruflicher Schliessung und drittens, die Berücksichti-gung davon, dass "Agenten/innen" professionellen Projekten nicht nur in Klassen- , sondern auch in Geschleterbeziehungen von Herr-schaft und Subordination situiert sind. Ein weiterer Schritt besteht darauf, "gendered professional projects of closure" in strukturellen und historischen Parametern des Kapitalismus zu situieren. Wichtig bei diesem Ansatz sind die historische Perspektive sowie die Einbeziehung von Machtdimensionen, um den Zusammenhang zwischen Professionalisierung und Geschlecht zu begreifen. Doch die Transformation von „professional projects“ und damit auch der Geschlechterverhältnisse bleibt bei Witz’ Ansatz unterbeleuchtet. Darüber hinaus weist Wetterer (2003: 302) in Bezug auf Witz’ Schließungstheorie darauf hin, dass in Deutschland im Gegensatz zu England innerhalb der Medizin keine „female professional pro-jects“ stattgefunden haben. Auch in anderen vergleichenden Studi-en werden die nationalen sowie internationalen Widersprüche zwi-schen „professional projects“ sichtbar. So identifiziert Costas (1992) in ihrer international vergleichenden Untersuchung über die

Page 55: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 58

Zulassung von Frauen zu Professionen konkrete hemmende bzw. begünstigende Faktoren. Sie konzentriert sich erstens auf den Akti-onsradius sowie die politische Ausrichtung der Frauenbewegung und ihre Konzepte über die Geschlechterverhältnisse, zweitens auf das Schul- und Hochschulbildungssystem und dessen Verbindun-gen zu Karrieren im Beschäftigungssystem, drittens auf den Grad der Professionalisierung und das Sozialprestige akademischer Be-rufe und viertens auf die Arbeitsmarktsituation in akademischen Berufen (ebd.: 53). Costas zeigt, dass die Frauenbewegung in Deutschland anders als in den angelsächsischen Ländern die Diffe-renz zwischen den Geschlechtern betonte. Costas (ebd.: 76–77) konstatiert weiterhin, dass hemmende Faktoren für die Zulassung von Frauen zu professionellen Bereichen, zu denen unter anderem ein einheitlich durchorganisiertes staatliches Bildungswesen und Berechtigungssystem, eine vom Staat vorangetriebene frühzeitige Professionalisierung akademischer Berufe sowie ein hohes Sozial-prestige der akademischen Professionen zählen, in Deutschland wesentlich stärker ausgeprägt sind als in anderen Ländern wie etwa den USA, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz. Daraus folgert Costas (ebd.: 77), dass die Entwicklung von Professionen unter geschlechtshierarchischen Gesichtspunkten betrachtet werden sollte, um die Geschlechtersegmentation in diesem Prozess (bezo-gen auf Qualifikationserfordernisse, den Habitus und auf die beruf-liche Identität) begreifen zu können. Costas lässt aber offen, ob solche Geschlechterhierarchien verewigt oder durchkreuzt werden. Angesichts der oben beschriebenen Erosion beruflicher Strukturen und der abnehmenden Relevanz technischer formaler Qualifikatio-nen zugunsten impliziter Wissensvorräte haben einige Autorinnen eine „De-Thematisierung“ bzw. „De-Institutionalisierung“ von Geschlecht postuliert (Pasero 1994; Heintz et al. 1999). Gerade diese Phänomene sind in Bezug auf die Transformation der Ar-beitsorganisation und der Expertiseanforderungen in der Arbeits-praxis und speziell in Bereichen wie der Informationsarbeit von

Page 56: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

59 Internationale Professionalität

besonderer Bedeutung. Einige Autorinnen (Riesin 1988; Schmitt 1992; Funken 1998; Schade 1997; Schinzel 2001; Ruiz Ben 2005; Funder et al. 2006) haben auf die Barrieren, aber auch auf die Chancen für die Beteiligung von Frauen in diesem Transformati-onsprozess hingewiesen. Wie solche Chancen bzw. Barrieren für die Frauenbeteiligung in Professionalisierungsprozessen im Zu-sammenhang mit der Internationalisierung von Arbeit konkret aus-sehen, ist aber nach wie vor unklar. Hierfür ist es meines Erachtens wichtig, international vergleichend Wissens- bzw. Expertiseansprüche sowohl von Organisationen als auch von Ar-beitsfeldern (Britton 1998; 2000) im Hinblick auf die Institutionali-sierung von Geschlechterasymmetrien (Lorber 1999; Yancey 2004) zu untersuchen. Das heißt, zwischen vergeschlechtlichten Arbeits-feldern und vergeschlechtlichten Organisationen zu unterscheiden, um kontextuell die Verbindungen zur Institutionalisierung von Ex-pertise und die entsprechenden Wissensansprüche und Ressourcen-verteilungen zwischen Organisationen und Arbeitsfeldern zu analy-sieren. Wie wichtig die Rolle des Wissens für die Transformation der Arbeitsorganisation ist, haben vor allem Theoretiker/innen der sogenannten Wissensgesellschaft herausgearbeitet, wie ich im nächsten Kapitel darlegen werde.

I.1.3 Die Transformation der Produktion aus der Sicht der Theorien der Wissensgesellschaft

Bereits in den sechziger Jahren (Lane 1966) und später in den sieb-ziger Jahren (Bell 1985) wurden Theorien über die gesellschaftli-che Transformation der Rolle der Wissenschaften und des Wissens sowie den Wandel von Produktionsformen und -strukturen disku-tiert. Vor allem Bell (1985), der wie andere Pioniere dieses Ansat-zes wie z. B. Drucker (1973) aus der Management-Theorie kam, und später Stehr (1994) haben die aktuellen Diskussionen über die Wissensgesellschaft im Zusammenhang mit der Transformation der

Page 57: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 60

Arbeit geprägt. Bell (1985) analysiert die Entwicklung der industri-ellen Gesellschaft und proklamiert die Entstehung einer „post-industriellen“ Gesellschaft, die sich seines Erachtens durch vier Hauptmerkmale auszeichnet. Erstens lässt sich ein Übergang von einer überwiegenden Güterproduktion hin zu einer dienstleistungs-basierten Wirtschaft feststellen. In der Ökonomie der post-industriellen Gesellschaft weiten sich der dritte (Verkehr, Erho-lung), der vierte (Banken, Versicherung) und der fünfte Sektor (Gesundheit, Ausbildung, Forschung, staatliche Verwaltung) aus.23 Zweitens entsteht eine privilegierte „Wissensklasse“ professionali-sierter, akademisch qualifizierter Arbeiter/innen. Drittens wächst die Bedeutung der Akquisition und Kodifizierung theoretischen Wissens, das hauptsächlich durch die Wissenschaft produziert und weiterentwickelt wird. Bell spricht hier von einem „axialen Prin-zip“, das Quelle von Innovation und verantwortlich für eine Trans-formation des Verhältnisses zwischen unterschiedlichen Berufs-mustern ist: Fabrikarbeiter/innen werden im Verhältnis zu Akade-miker/innen und Techniker/innen immer weniger gebraucht. Vier-tens werden politische Entscheidungen verstärkt durch wissensba-sierte Technologien („intellectual technologies“; Bell 1973/1985: 29) gesteuert und bewertet. Informations- und Kommunikations-technologien sind dabei der Motor sozialen Wandels.

Die post-industrielle Gesellschaft ist für Bell (1985) insofern eine Wissensgesellschaft, als theoretisches Wissen, das in Universi-täten durch Forschung und Entwicklung produziert wird, zentral für Innovationen, für neue Beziehungen zwischen Wissenschaft, Tech-nologie- und Wirtschaftsentwicklung und für die Verschiebung von Berufsklassifikationen hin zur Aufwertung von sogenannter „Kopf-arbeit“ ist. Menschen in technischen und akademischen Berufen, in denen grundsätzlich mit Information in einem durch interpersonelle Beziehungen gekennzeichneten Arbeitsfeld gearbeitet wird, wie es

23 Bells Ideen knüpfen an die v. a. von Fourastié in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhun-derts angestoßene Diskussion über die zunehmende Wichtigkeit des Dienstleistungssektors an.

Page 58: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

61 Internationale Professionalität

vor allem bei Ingenieuren/innen, Techniker/innen und Wissen-schaftler/innen der Fall ist, nehmen dadurch eine prominente Stel-lung und eine gesellschaftliche Machtposition in Abgrenzung zu Politiker/innen oder Geschäftsleuten ein. Parallel dazu steigt allge-mein das Bildungsniveau und Frauen sind zunehmend in den Ar-beitsmarkt integriert. Die neue Wissensklasse in der post-industriellen Gesellschaft ist nach Bell nicht eine Klasse im öko-nomischen Sinne, die sich durch ein gemeinsames Interesse oder durch ihr antagonistisches Verhältnnis zu anderen gesellschaftli-chen Klassen definiert, sondern eine Klasse, die auf dem Ethos der Autonomie, der technischen Fähigkeiten, der eigenen politischen Organisation und eigenen Zugangskriterien bezogen auf Bildung und Kooptation gründet.

Bells Begriff des Wissens ist vor allem utilitaristisch; er betont die notwendige Rolle des Wissens für den sozialen Wandel bezüg-lich informationeller Wertschöpfung, während er die sozialen Di-mensionen des Wissens nur unzureichend beleuchtet. Diese sozia-len Dimensionen des Wissens in der gesellschaftlichen Transfor-mation zur Wissensgesellschaft werden später von Autoren wie Stehr diskutiert.

Stehr (1994) folgt zum Teil Bells Ansatz, doch mit einem eher funktionalen und sozial fundierteren Begriff von Wissen, das er als „Fähigkeit zum sozialen Handeln“ versteht, die mit wissenschaftli-chem Wissen verbunden ist und als zusätzliche Grundlage sozialer Ungleichheit fungiert. Hauptsächlich konzentriert sich Stehrs An-satz auf Wissen als „stratifizierendes Phänomen sozialen Han-delns“ (ebd.: 209), das durch fünf wissensfundierte Handlungs-kompetenzen charakterisiert wird: erstens die Fähigkeit Ermessens-spielräume auszunutzen, um relative Vorteile zu erzielen; zweitens Eigentumsschutz organisieren zu können; drittens Fähigkeiten und Fertigkeiten zu sprechen; viertens Widerstand mobilisieren zu kön-nen und fünftens Vermeidungsfähigkeiten.

Page 59: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 62

Wissen bzw. wissenschaftliches Wissen wird aus Stehrs Sicht zur zentralen gesellschaftlichen Steuerungsressource. Er betont die Durchdringung aller gesellschaftlichen Bereiche mit wissenschaft-lichem Wissen. Eine solche Verwissenschaftlichung der Gesell-schaft zeigt sich ihm zufolge in Form von Professionalisierung, die mit einer Verdrängung anderer Wissensformen durch wissenschaft-liches Wissen einhergeht,24 in Form der Entwicklung von Wissen-schaft als Produktivkraft sowie in Form von Expertentum als Herr-schaft des Spezialwissens. In diesem Zusammenhang betont Stehr die entscheidende Rolle der Anwendung von Wissen auf Wissen in der Wissensgesellschaft, die schon Drucker (1973) in den siebziger Jahren aus einer Managementperspektive prognostiziert hatte.25 In der Wissensgesellschaft etabliert sich eine sekundäre Produktions-struktur, die auf die Anwendung von Wissen spezialisiert ist und zum Entstehen neuer Disziplinen (wie der Informatik) führt. Die Zahl von Experten/innen, Ratgebern/innen und Beratern/innen nimmt dadurch zu und sie gewinnen in der Wissensgesellschaft an Einfluss.26

24 Im Unterschied zu Stehr gehe ich davon aus, dass die Form von Professionalisierung, die sich durchsetzt, nicht exklusiv auf wissenschaftlichem Wissen basiert, sondern aufgrund der Heterogenisierung der Wissensproduktion auf Wissen aus verschiedenen Quellen zurückgreift. 25 So argumentiert Stehr (1994: 404) in Bezug auf die Gründe für das Wachstum der Berufsgruppe der Experten/innen mit Hinweis auf Drucker: „Die wachsende Nachfrage nach wissensfundierten Berufen ist, so ließe sich die These auf eine Kurzformel bringen, das Ergebnis der (wachsenden) Produktion von Expertise. Eine durchaus vergleichbare These vertritt Peter Drucker (1969: 278), wenn er behauptet, die zunehmende Nachfrage nach wissenschaftlich ausgebildeten Arbeitnehmern und damit vielleicht auch die Entwicklung zur Wissensgesellschaft könne nicht als Folgeerscheinung der Spezialisierung der Berufe gesehen werden. Drucker hält eine solche Hypothese für nicht realis-tisch. Den eigentlichen Grund kann man, so Drucker, nur in der beachtlichen Zunahme an berufli-cher Qualifikation und beruflichem Wissen sowie in dem sehr viel längeren Berufsleben des Men-schen heutzutage sehen. Daher liege der Umwandlung einer Gesellschaft in eine Wissensgesellschaft nicht eine vermehrte Nachfrage nach besonders qualifizierten Arbeitskräften oder wissensfundierten Berufsqualifikationen zugrunde, sondern ein größeres Angebot an hoch qualifizierten Kräften.“ 26 „Im Zusammenhang mit der beispiellosen Zunahme des Wissensvolumens, zu dem auch immer größer werdende Institutionen der Wissensproduktion wie Universitäten und Forschungsorganisati-onen beitragen, entwickelt sich die neue Berufsgruppe der ‚Experten‘, Ratgeber und Berater, die in ihrer Gesamtheit gegenwärtig anscheinend besonders rasch wächst und gesellschaftlichen Einfluss nimmt.“ (Stehr 1994: 357).

Page 60: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

63 Internationale Professionalität

Allerdings begründet Stehr (1994: 404) die Zunahme dieser Tätigkeiten mit dem Angebotswachstum von Expertise bzw. von Qualifikation oder, in anderen Worten, von gesellschaftlich institu-tionalisiertem Wissen. Hier fehlt bei Stehrs Theorie eine genaue Definition und Analyse des Wissens, das für die Arbeit von Exper-ten/innen, Ratgeber/innen oder Berater/innen gefordert wird und das Stehr sehr eng an wissenschaftliches Wissen ankoppelt. Gerade angesichts der kurzen Halbwertszeit des für die in internationalen Projekten organisierte Arbeit erforderlichen Wissens, ist die Wis-sensproduktion bzw. -erneuerung nicht auf die Wissenskreation in wissenschaftlichen Institutionen beschränkt. Darüber hinaus wird nicht nur bei Stehr, sondern durchgängig in den Theorien der Wis-sensgesellschaft vergessen, dass Erwerbsarbeit auf eine Finanzie-rung bzw. auf eine mit Geld verbundene Bewertung von Arbeits-leistungen und dafür verwendete Wissensformen angewiesen ist. Wie die Konstruktion von Arbeitskraft in kapitalistischen Systemen (Polanyi 1978) realisiert wird, bleibt hier offen. Welche Art von Wissen wird für welche Arbeit und für welchen Preis in welchen Kontexten mobilisiert? Darauf geben die Theorien der Wissensge-sellschaft ebenso wenig eine Antwort wie auf die Frage, inwieweit sich diese Konstruktion, der Arbeitsvertrag bzw. die Machtverhält-nisse zwischen Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen sowie die Arbeitspraxis im Zusammenhang mit der Internationalisierung von Arbeitsorganisationsmodellen verändern. Demgegenüber be-greifen postfordistische Theorien die Transformation der Wirt-schaft in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht vorrangig als Bedeutungsverlust der gesellschaftlichen Faktoren Arbeit, Kapital und Land (Polanyi 1978) zugunsten des Faktors Wissen, sondern als Übergang in eine neue kapitalistische Phase, in der Flexibilität und Innovation die Hauptmotoren kapitalistischer Produktionsregime sind.

Page 61: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 64

I.2 Postfordistische Theorien der Arbeitsorganisation

Parallel zu den Debatten über die post-industrielle und die Wis-sensgesellschaft konstatieren Theoretiker/innen einen Übergang zum Postfordismus als einer neuen kapitalistischen Produktions-phase. Sie heben vor allem drei wirtschaftliche Hauptfaktoren die-ser Übergangsphase hervor: erstens der beschleunigte technologi-sche Wandel, zweitens die Sättigung der Nachfrage in zahlreichen Marktsegmenten und daraus folgende Überkapazitäten in den ent-sprechenden Industriebranchen, drittens die zunehmende internati-onale Konkurrenz durch die wichtige Rolle von Unternehmen aus neu industrialisierten Ländern (Dörre 2002; Hirsch-Kreinsen 2008; Negt 2001). Dabei wird der Postfordismus als eine kapitalistische Phase verstanden, die nicht mehr durch die fordistische Massen-produktion charakterisiert wird, sondern durch flexible Produkti-onsregime. Die drei Hauptströmungen postfordistischer Theorien, die Regulationstheorie (s. z. B. Boyer 1989), die Theorie der flexib-len Spezialisierung (s. z. B. Piore/Sabel 1984) und der neo-schumpeterianische Ansatz (s. z. B. Dosi et al. 1988)) gehen von einer Kontinuität des Kapitalismus bzw. einer Anpassung und Er-neuerung kapitalistischer Kräfte durch sukzessive Krisen aus. In der Regulationsschule wird die Phase der Nachkriegsprosperität als Bezugsperiode für die Definition des Postfordismus bzw. des For-dismus festgelegt. Gleichzeitig wird ebenso wie beim neo-schumpeterianischen Ansatz27 angenommen, dass sich makroöko-nomische Strukturen und politisch-institutionelle Regulierungen zu einer Art Hegemonialstruktur verbinden, die für die Stabilität und Anpassungsfähigkeit kapitalistischer Systeme sorgt (Kohärenzthe-se) (Boyer 1989). Nach dem Ansatz der flexiblen Spezialisierung gewinnt im Postfordismus ein Produktionstypus zunehmend an 27 Neo-Schumpeterianer wie beispielsweise Dosi et al. (1988) gehen davon aus, dass Innovationen im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Krisen oder günstige Phasen) der Trans-formations- und Anpassungsmotor des Kapitalismus sind. Je nach wirtschaftlichen Bedingungen ändern sich Innovationsparadigmen demnach ständig.

Page 62: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

65 Internationale Professionalität

Bedeutung, der mit qualifizierten Arbeitskräften und dezentralisier-ten Unternehmensstrukturen immer flexibler mit vernetzten Einhei-ten breitere Paletten kundenspezifischer, hoch qualitativer und in-novativer Produkte und Dienstleistungen anbietet (Piore/Sabel 1984).

Leitbild im postfordistischen Wettbewerb ist das innovative Unternehmen, das über Potenzial und Kapazitäten verfügen soll, um sich flexibel und kontinuierlich in einem Prozess „zerstöreri-scher Schöpfung“ (Schumpeter 1942; Best 1990) an variable Marktansprüche anzupassen. Die Strukturen der Arbeitsorganisati-on werden dementsprechend durch Dezentralisierung, Beteiligung, Flexibilisierung und Vernetzung transformiert (Müller-Jentsch 2003: 62).

Auch andere Theorien wie der Toyotismus (Womack et al. 1990), der die Rolle der Kultur des Unternehmens und Faktoren wie Zeit und Qualität für die Produktion in den Vordergrund stellt, und der sogenannte „Lean production“-Ansatz28 setzen zwar unter-schiedliche Akzente in ihren Analysen, legen jedoch gemeinsam den Schwerpunkt auf die Flexibilität der Produktion als allgemei-nes Paradigma der postfordistischen Kapitalismusphase. Die Frage, inwieweit und in welcher Form eine solche Flexibilität der gesam-ten Industrie in verschiedenen Ländern nach den siebziger Jahren verbreitet ist, wird in postfordistischen Ansätzen mit der Annahme einer Konvergenz zwischen kapitalistischen Systemen beantwortet. Unklar ist aber, wie lange von einer postfordistischen Phase geredet werden kann. Seit Anfang dieses Jahrhunderts haben Autoren wie Aglietta (2000) oder in Deutschland z. B. Windolf (2005), Bischoff (2006) und Deutschmann (2008) die Aufmerksamkeit verstärkt auf die Finanzmärkte gelenkt, sodass immer mehr vom Finanzmarkt-

28 Unter Lean Production wird eine Form der Produktionsorganisation verstanden, bei der kleinere und mittlere Unternehmen vernetzt aus ihren spezialisierten Gebieten in industrialen Distrikten agieren.

Page 63: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 66

kapitalismus die Rede ist.29 Mit den Postfordismus-Theorien teilt dieser Ansatz die Konvergenzthese und postuliert darüber hinaus eine globale systemische Herrschaft durch eine Verbreitung von finanzkapitalistischen Rationalitäts- und Managementprinzipien (Dörre 2009).

Dadurch, dass technologische Rationalisierungspotenziale des Fordismus und später auch des Postfordismus ausgeschöpft zu sein scheinen, basierten die Restrukturierung der Arbeitsorganisation auf der Nutzung von Humanressourcen und Organisationswissen. Zum einen wird an die „Subjektivhaftigkeit der Arbeitenden“ (Dör-re 2001: 98; Moldaschl 2002, zit. nach Müller-Jentsch 2003: 64) appelliert, zum anderen werden die in tayloristischen Systemen dem Management vorbehaltenen Funktionen an „Nicht-Manager“ delegiert (Sperling 1994: 32, 64) und die tayloristische Arbeitstei-lung durch die „Rationalisierung in Eigenregie“ (s. D’Alessio et al. 2000) der Beschäftigten ersetzt. Arbeitsorganisationsmodelle sind durch sogenannte „post-bürokratische“ Steuerungsmechanismen (Heckscher 1994) und nur wenig definierte Tätigkeiten gekenn-zeichnet, denn die Arbeit orientiert sich an sehr dynamischen und heterogenen Marktansprüchen. Der Arbeitsvertrag ändert sich, in-dem die Arbeitnehmer/innen immer mehr selbst für die Kontrolle der Arbeit verantwortlich werden, womit ein erweiterter Zugriff auf ihre gesamten subjektiven Potenziale erfolgt (Voß/Pongratz 1998; Baethge 1999; Böhle 1999; 2002; Moldaschl/Voß 2002). Die Ar-beitnehmer/innen werden von fremdgesetzten arbeitsorganisatori-schen Zwängen und Kontrollmechanismen entlastet, verlieren aber 29 Deutschmann (2008: 152) fasst seine Thesen über den Finanzmarktkapitalismus wie folgt zusam-men: „1) Der Finanzmarkt-Kapitalismus betreibt eine erfolgreiche Mobilisierung privater Finanz-vermögen und fördert ein im Vergleich zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung überproportionales Wachstum der Vermögen und Vermögenseinkommen. 2) Der Mobilisierung der Finanzvermögen steht eine strukturelle Schwäche des Finanzmarkt-Kapitalismus bei der Erschließung und Entwick-lung profitabler Investitionsgelegenheiten in der Realwirtschaft gegenüber. Die daraus resultieren-den negativen Wirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum werden durch eine restriktive Finanzpo-litik der öffentlichen Haushalte verstärkt. 3) Aus den genannten Tendenzen folgen eine Neigung zur Bildung spekulativer Blasen und ein per saldo depressiver Effekt des Finanzmarkt-Kapitalismus auf die wirtschaftliche Entwicklung.“

Page 64: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

67 Internationale Professionalität

auch die institutionelle Absicherung ihrer Beschäftigungsverhält-nisse sowie Lebensverläufe (Lohr/Nickel 2005: 8). Es findet inso-fern eine doppelte Konstituierung der Subjektivierung statt, das heißt, dass die Arbeitnehmer/innen zwar über mehr Freiräume ver-fügen, diese Freiräume aber gleichzeitig instrumentalisiert werden, um Arbeitgeberanforderungen zu realisieren (Kleemann et al. 2002).

In Deutschland wird eine Tendenz zur Vermarktlichung der Beschäftigungsverhältnisse und zum Zugriff auf das gesamte per-sönliche Arbeitsvermögen bzw. auf die Subjektivität insbesondere in der Informationsarbeit unter dem Begriff „Internalisierung des Marktes“ diskutiert (Pfeiffer 1998; Moldaschl/Sauer 2000; Moldaschl 2002; Kleemann et al. 2002). Hierarchische Kontrolle wird durch Marktsanktionen ersetzt (Moldaschl/Sauer 2000). Spe-ziell im Dienstleistungssektor kann diese Internalisierung der Märkte zu einer Abschaffung des mittleren Managements als Ver-mittler zwischen Arbeiter/innen und Kunden/innen führen, sodass die Arbeiter/innen immer mehr und direkter mit wechselnden Kun-denwünschen konfrontiert werden. Die Kunden/innen werden da-mit ein wichtiger Akteur in der Arbeitsorganisation, der auf jeden Fall in die Analyse der Transformation der Arbeitsorganisation einbezogen werden sollte (Jacobsen/Voswinkel 2005). Eine solche Exponierung der Mitarbeiter/innen im Hinblick auf die Unsicher-heiten des Marktes bezieht sich auf die in postfordistischen bzw. finanzmarkt-kapitalistischen Regimen vorhandene Orientierung an den sogenannten „share holders“, die nach Profitwachstum fragen und Druck auf das Management ausüben, Kosten zu reduzieren (Hirsch-Kreinsen 1998; Sablowski/Rupp 2001).

Unumstritten ist, dass verschiedene Wissensformen jenseits formeller Qualifikationen für die Arbeitspraxis immer mehr an Be-deutung gewinnen. Problematisch ist bei diesen Ansätzen aller-dings zum einen die Unklarheit über das Ausmaß der Verbreitung solcher Erfordernisse (wie z. B. in der Theorie der Subjektivierung

Page 65: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 68

der Arbeit und der Arbeitskraftunternehmer; Lohr/Nickel 200530) sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf internationaler Ebene. In wissensintensiven und hoch qualifizierten Arbeitsbereichen wurden die Thesen der Subjektivierung der Arbeit belegt (Voß/Pongratz 1998; Lohr/Nickel 2005) und in den letzten Jahren auch insbeson-dere für Callcenter bestätigt (Kutzner/Koch 2002; von Lühde/Nerlich 2001; Holtgrewe 2001; 2002; 2006). Doch die Übertragbarkeit der Subjektivierungsthesen auf andere Arbeitsfel-der und gesellschaftliche Bereiche wird von mehreren Autoren be-zweifelt (Wittke 1990; Aulenbacher 2003; Bosch 2002; Deutsch-mann 2001; 2008; Faust 2002).31 Für meine Untersuchung stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, in welchem Ausmaß und in welchen Bereichen von Informationsarbeit eine solche Subjekti-vierung der Arbeit im Zusammenhang mit Professionalitätsformen stattfindet.

30 Lohr und Nickel (2005: 211) plädieren deshalb dafür, deutlich herauszuarbeiten, „unter welchen organisationalen Bedingungen Subjektivierung von Arbeit tatsächlich in Gang kommt und mit wel-chen Effekten das verbunden ist.“ 31 Holtgrewe (2006: 80 ff.) kritisiert zu Recht die Unterdefinierheit und übertriebene Orientierung der Arbeitskraftunternehmer und schlägt vor, die Rationalität des Arbeitskraftunternehmers als Mythos zu begreifen. Beim Arbeitskraftunternehmer handelt es sich nach Holtgrewe (2006) nicht um einen Sozialcharakter, sondern um eine „Projektionsfläche für diverse Formen sozialen und organisationellen Wandels“. Doch auch wenn diese Autorin es als offene empirische Frage betrach-tet, ob der Arbeitskraftunternehmer als Sozialcharakter existiert, hält sie von dieser Theorie Folgen-des fest: „Die Arbeitenden übernehmen in flexibilisierten Organisationen Funktionen, von denen die klassische Organisation sie arbeitsteilig gerade entlastet hat, bzw. die sich dort beim Management konzentrierten, und, ob sie diese realiter ausüben können oder nicht, werden ihnen Verantwortlich-keiten für den Markterfolg zugerechnet. Umgekehrt bearbeiten flexibilisierte Organisationen ihre Dilemmata und Unsicherheiten, indem sie sie vermehrt und durch weniger organisationelle Struktur-bildungen vermittelt ihren Beschäftigten als Arbeitsaufgabe weiterreichen.“ (ebd.: 81). Deutschmann (2008: 124 ff.) kritisiert den Ansatz des Arbeitskraftunternehmers im Zusammenhang mit den aktuellen Transformationsprozessen der Arbeitswelt und im Rahmen der Debatte um die Erosion der Berufe (Lutz 1978; 1987; Baethge 2000; Pongratz/Voß 2004; Kurz 2001). In Anlehnung an Merton (1968: 114 ff.) schlägt Deutschmann vor, dem Beruf sowohl eine manifeste Funktion (in unserem Fall also z. B.: Die Institution Beruf erfüllt bestimmte Funktionen im Rahmen des Arbeits-marktes oder der Gesamtgesellschaft als übergeordnetes System (2008: 121)) als auch eine latente Funktion zuzuschreiben (Bei diesen Funktionen lassen sich bewusste bzw. beabsichtigte von nicht bewussten, aber faktisch, d. h. aus der Sicht eines wissenschaftlichen Beobachters gleichwohl vor-handenen Funktionen unterscheiden (ebd.)).

Page 66: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

69 Internationale Professionalität

Des Weiteren ist es unklar, inwieweit die beschriebenen Trans-formationen der Produktion bzw. der Arbeitsorganisation signifi-kant genug sind, um von einer neuen Kapitalismusphase sprechen zu können. In Bezug auf die These von der Internalisierung der Märkte ist zudem fraglich, wie die Beschäftigten solche Marktan-sprüche internalisieren und wie sie einen entsprechenden Habitus entwickeln, wenn gleichzeitig der Beruf sowie interne Arbeits-märkte erodieren32 (Grimshaw et al. 2003; Rubery/Grimshaw 200333).

Kritische Alternativen zu postfordistischen Theorien weisen auf die Persistenz des bürokratischen Prinzips (Tolbert 2005) oder darauf hin, dass neue, auf das Individuum selbst bezogene Formen der Verantwortungsübernahme für die Arbeit mit flexibleren büro-kratischen Kontrollformen koexistieren können (Couparson/Clegg 2006).34

Darüber hinaus verbergen sich hinter dem Paradigma der Fle-xibilität in postfordistischen Ansätzen sehr unterschiedliche Facet-ten der Transformation der Produktion und der Arbeit, wie ich im nächsten Kapitel ausführlich diskutiere.

I.3 Alternative Interpretationen: Hybridisierung und Koexistenz von Arbeitsorganisationsmodellen

Vor allem in Bezug auf das Konzept der Flexibilität, das in postfordistischen Ansätzen eine zentrale Rolle spielt, wird in der

32 „[L]ongstanding principles associated with the classical model of the internal labour market structure have either been overturned or, when maintained, raise new areas of conflict and contra-diction in the context of a transformed set of external conditions.“ (Grimshaw et al. 2002: 50). 33 Rubery und Grimshaw (2003: 131) beziehen sich in diesem Zusammenhang konkret auf die rasante Veränderung der Arbeitsanforderungen bzw. auf die dafür benötigten Qualifikationen und Fähigkei-ten, die u. a. durch technologische Entwicklungen verursacht wird, sowie auf die Externalisierung von Arbeit in Form von Outsourcing und Netzwerkstrukturen, womit auch Risiken unter verschiede-nen Organisationen verteilt werden und interne Arbeitsmärkte zunehmend ihre Exklusivität verlieren. 34 Couparsson und Clegg (2006: 3) bezeichnen diese neue flexiblere bürokratische Form als „empirical hybridity“.

Page 67: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 70

deutschen Diskussion über die Reorganisation der Arbeit die These vom Übergang in ein neues übergreifendes Arbeitsorganisations-modell bezweifelt. Zum einen wird eine Kontinuität von Normalar-beitsverhältnissen (Bosch 2002; Erlinghagen/Knuth 2004a; 2004b) mit lediglich internen betrieblichen Flexibilisierungsstrategien (wie Arbeitszeit, Lohnanreize etc.) behauptet. Bosch (2000) unterschei-det beispielsweise drei Hauptmuster der Arbeitsorganisation: ein tayloristisches (bei dem die Aufgaben nicht durch die Arbei-ter/innen bestimmt werden), ein partizipatives (mit kooperativer Bestimmung von Arbeitsaufgaben) und ein post-tayloristisches (mit selbstständig entscheidenden Arbeiter/innen und semiautonomen Arbeitsgruppen). Eine solche Diversität von Arbeitsorganisations-formen wird nicht nur für das gesamte Wirtschaftssystem, sondern auch innerhalb bestimmter Sektoren diagnostiziert. So unterschei-den etwa Batt und Moynihan (2002) drei verschiedene Arbeitsor-ganisationsmodelle im Bereich von Callcentern (tayloristisches, professionelle Dienstleistungen, hybride mass customization).

Demgegenüber postulieren andere Autoren/innen einen Struk-turwandel des Normalarbeitsverhältnisses durch die Auflösung von stabilen Beschäftigungsverhältnissen in internen Arbeitsmärkten (Struck/Köhler 2005; Promberger 2006) vor allem durch externe Flexibilitätsstrategien in Form von atypischen Beschäftigungsfor-men. Bei externen Flexibilisierungsstrategien wird die Leistungsbe-reitschaft durch Reputation (Marsden 2004) bzw. durch akkumu-lierte Qualifikation in Form von Projekterfahrungen (Struck 2006) unterstützt, wobei neuere Untersuchungen auf unterschiedliche kontextspezifische Beschränkungen solcher unterstützenden Fakto-ren besonders in IT-Bereichen hinweisen (Tünte et al. 2007; Mayer-Ahuja/Wolff 2007; Boes 2004). Für die Informationsarbeit soll die Implementierung solcher verschiedenen unterstützenden Faktoren in den unterschiedlichen Segmenten der IT-Branche überprüft werden. Dafür soll darauf geachtet werden, welche unter-schiedlichen Flexibilisierungsstrategien umgesetzt werden. Auf

Page 68: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

71 Internationale Professionalität

solche unterschiedlichen Flexibilisierungsstrategien komme ich in diesem Kapitel später zurück.

Allerdings stellen diese Ansätze insgesamt die Pauschalität des postfordistischen Flexibilitätskonzepts infrage und gehen davon aus, dass neue Organisationsmethoden der Arbeit entstehen, in de-nen die betriebliche Arbeitsorganisation im Sinne Edwards’ (1981) zum „contested terrain“ wird, wo Akteure mit unterschiedlichen Zielen, Interessen und Ressourcen Organisationsstrukturen aushan-deln. So bilden sich nach dem Konzept der betrieblichen Beschäfti-gungssysteme in begrenzten Arbeitsbereichen von Erwerbsorgani-sationen sozioökonomische Räume (Struck 2006; Marsden 1999; Wächter 2002; Hirsch-Kreinsen 2008) als Zusammenspiel zwi-schen Management und Belegschaft, in denen sowohl Produktivität und Effizienz gewährleistet werden sollen, als auch Lösungen für das Opportunismusproblem implementiert werden. Der Grad der Arbeitsteilung und die spezifische Personalpolitik sind die zwei Differenzierungsdimensionen solcher betrieblichen Beschäfti-gungssysteme. Sie unterscheiden sich im Hinblick auf Regelungen, Allokationspraktiken von Arbeitskräften sowie Qualifizierungen und Anreizsysteme, sodass in ein und demselben Unternehmen verschiedene betriebliche Beschäftigungssysteme koexistieren und mit internen Arbeitsmärkten sowie mit anderen institutionellen Systemen der Arbeit interagieren können.

Mit dem Ansatz der Beschäftigungssysteme versucht Marsden (1999), das Opportunismusproblem auf der Basis der neuen Institu-tionsökonomik (Williamson 1985) und ausgehend von einem öko-nomischen Verhaltensmodell zu erklären. Er zielt darauf, die mik-rosozialen betrieblichen Koordinationsformen des Handelns in An-lehnung an Williamsons Institutionsbegriff zu konzipieren. Mög-lichst genaue Tätigkeitsbeschreibungen oder Vertrauen sind dabei übliche Lösungsversuche des Opportunismusproblems. Doch einer-seits veralten Tätigkeitsbeschreibungen sehr schnell und sie können zudem „implizites Wissen“ im Sinne von Polanyi (1965) (s. S. 82

Page 69: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 72

unten) nicht integrieren. Deshalb bleiben die Festlegungen der er-warteten Leistungen als Verhandlungsbasis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Andererseits ist auch die Vertrauenslösung aufgrund von Interessenkonflikten und marktbezogenen Grenzen nicht umsetzbar. Das Konzept des Beschäftigungssystems stellt nach Marsden eine überbetriebliche institutionalisierte Lösung der Grundprobleme des Beschäftigungsverhältnisses dar. Zu einem Beschäftigungssystem gehören institutionelle Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Ausbildungsinstitutionen oder gesetzliche Nor-men, Arbeitgeberverbände, aber auch betriebliche Formen der Tä-tigkeitsbildung bzw. -zuweisung, die beiderseitig (Arbeitsgebern und Arbeitnehmern) ineinandergreifen und sich gemeinsam entwi-ckeln.

Marsden (ebd.: 32) unterscheidet zwei Hauptprobleme, um ei-nen stabilen Rahmen für die Beschäftigung zu schaffen: „those of providing a suitable means of aligning job demands and worker competencies; and of offering sufficiently robust criteria for assigning tasks to certain groups of workers that can be applied easily in a wide variety of work environments. These might be re-ferred to as the ‚efficiency‘ and ‚enforceability‘ constraints, re-spectively.“ Um dem ersten Problem der beschränkten Effizienz zu begegnen, können zwei grundsätzliche Strategien eingesetzt werden, um Tä-tigkeiten bestimmten Stellen zuzuordnen und dafür zu sorgen, dass sie mit den Qualifikationen der Arbeitnehmer/innen korrespondie-ren: Zum einen kann mit dem sogenannten „production approach“ von den Leistungserfordernissen ausgegangen werden. Damit soll die Anzahl von Mitarbeitern, die bestimmten Aufgaben zugeordnet sind, minimiert werden, um mögliche Fehlbesetzungen zu vermei-den. Zum anderen können im Rahmen des sogenanntem „training approach“ Mitarbeiter/innen nach ihren Qualifikationen geordnet

Page 70: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

73 Internationale Professionalität

und auf dieser Basis die Tätigkeiten definiert werden, um die vor-handenen Qualifikationen optimal zu nutzen.

Insbesondere wegen seiner differenzierten Konzeptualisierung von Wissen ist der Ansatz von Marsden hilfreich für die Analyse der Beschäftigungspolitiken in internationalen Organisationen. Er betont jedoch die Stabilität institutioneller Arrangements für die Begrenzung der Arbeitgeberautorität und blendet somit Aspekte aus, die auf einen Wandel der Arbeitsorganisation und eine mögli-che Koexistenz unterschiedlicher Arbeitsorganisationsmodelle hin-deuten.

Empirische Untersuchungen in verschiedenen Arbeitsbereichen haben eine solche Koexistenz verschiedener Arbeitsorganisations-modelle bestätigt. Diese Diversität von Arbeitsorganisationsmodel-len (Appelbaum/Batt 1994; Bosch 2000) wird von manchen Auto-ren auch als Hybridisierung von bürokratischen und indirekten Kontrollformen der Arbeit bezeichnet (Lutz 1992; Altieri 2002; Holtgrewe 2006; Flecker 2001; Mayer-Ahuya/Wolf 2007).

In Bezug auf die Wissensökonomie weisen Alvesson und Thompson (2005) darauf hin, dass diese nicht unbedingt post-bürokratische Formen impliziert. Auch Courpasson und Clegg (2006) kritisieren die in den Management-Ansätzen verbreitete These der post-bürokratischen Wissensorganisation. Diese Autoren postulieren auf der Basis politischer Theorien (z. B. Michels 1915) eine Hybridisierung bürokratischer und „weicher“ Organisations-modelle. Inwieweit „kompensatorische“ subjektive Leistungen ge-fordert werden und welche Wissensformen die Beschäftigten in der Praxis mobilisieren, hängt also davon ab, welche Arbeitspraktiken bzw. -steuerungsformen kontextuell in Organisationen umgesetzt werden bzw. welche Handlungsspielräume für Kreativität sowie für die Emergenz von Expertise und Innovation entstehen bzw. zuge-lassen werden.

Ausgehend von einer Diversität von Arbeitsorganisationsmo-dellen unterscheiden Brödner und Latniak (2002) zwischen zwei

Page 71: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 74

polarisierten Varianten: sogenannte „high road“- und „low road“-Arbeitsorganisationsmodelle. Während mit der „high road“-Variante (s. dazu auch Ostermann 1994; Ramsay et al. 2000) Fir-men assoziiert werden, die auf Vertrauen in die Mitarbeiter/innen setzen und durch Dezentralisierung, inhaltsreiche Tätigkeiten, Kompetenzförderung, Wissensteilung sowie integrierte Produkt-entwicklung gekennzeichnet sind, legen Firmen der „low road“-Variante im Gegensatz dazu Wert auf Kosteneinsparungen und entsprechende Personalkürzungen und Outsourcing-Strategien. Arbeitsprozesse werden in solchen Firmen nach Wertschöpfungs-kriterien definiert und durch die Kombination individueller Tätig-keiten in Geschäftseinheiten beschleunigt. Die Arbeit wird intensi-viert und es zeigt sich eine Tendenz zu einer Arbeitsteilung zwi-schen einem hoch qualifizierten Kern von Mitarbeiter/innen und einer niedrig qualifizierten Peripherie, die vor allem deshalb be-schäftigt wird, um mögliche Fluktuationen von Personalkapazitäten zu kompensieren. Die Mehrheit der Unternehmen bevorzugt nach Brödner und Latniak (2002: 133) die „low road“-Variante, während eine kleine Minderheit einer „high road“-Strategie folgt und sehr erfolgreiche Ergebnisse erreicht.

Vor allem in den USA und in Großbritannien wurde die „high road“-Variante unter dem Begriff der „high performance work practices“ untersucht (Appelbaum et al. 2000; Kalleberg/Moody 1994; MacDuffie 1995; Rousseau 1995; Ichniowski et al. 1996). Nach Appelbaum (2000) bildet sich ein sogenanntes „high perfor-mance work system“ heraus, wenn mehrere „high performance“-Arbeitspraktiken (Gruppenarbeit, flache Hierarchien, Jobrotation, leistungsbezogene Entlohnungssysteme und Weiterbildungsmaß-nahmen) zusammenkommen. Ein solches System besteht aus Ar-beitspraktiken, die hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Beschäftigten in drei Dimensionen zusammengefasst werden: Partizipation (Gruppenarbeit, Kommunikations- sowie Konsultationsstrukturen wie Mitarbeitergespräche sowie Strukturen der Qualitätssicherung),

Page 72: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

75 Internationale Professionalität

Qualifikation (Weiterbildungsmaßnahmen und Jobrotation sowie selektive Einstellungspolitik) und Motivation (extrinsische Maß-nahmen, wie Gehaltsverbesserungen, Gewinnbeteiligung, leis-tungsabhängige Bezahlung und Aktienprogramme für Mitarbei-ter/innen, sowie intrinsische Maßnahmen wie Förderung der Unter-nehmenskultur und des gegenseitigen Vertrauens). Damit wird ein vertrauensvolles Klima zwischen Mitarbeiter/innen und Arbeitge-ber/innen sowie Managern geschaffen, das die Bereitschaft zur Leistung und zur Wissensweitergabe positiv beeinflusst. Die indi-viduelle Produktivität sowie das organisationelle Lernen sollen damit unterstützt werden.

Besonders die Informationsarbeit wird wegen der Bedeutung von Kreativität für die Produktinnovation und wegen der Komple-xität ihrer Tätigkeiten mit dem „high road“-Modell in Verbindung gebracht. Die „high road“-Variante basiert auf funktioneller bzw. qualitativer Flexibilität.35 Im Unterschied zu numerischer bzw. quantitativer Flexibilität im klassischen Sinn (Arbeitszeit, Arbeit-nehmerzahl) bezieht sich die qualitative Flexibilitätsform auf Fak-toren wie Multitasking, Teamarbeit, Multiskilling oder Projektar-

35 Die klassische Definition organisationaler Flexibilität geht auf Atkinson und Meager (1986) zu-rück, die ihre Unterscheidung zwischen funktionaler und numerischer Flexibilität auf Grundlage einer Studie in Großbritannien in den achtziger Jahren entwickelten. Während die numerische Flexi-bilität sich auf quantitative Dimensionen der Arbeit wie beispielsweise die Zahl der Arbeitneh-mer/innen oder der Arbeitsstunden bezieht, erzielt die funktionale Variante eine Flexibilisierung durch qualitative Faktoren einer relativ konstanten Belegschaft durch die Restrukturierung von Tätigkeiten und Qualifikationen. Die Autoren behaupten, dass beide Flexibilitätsformen die Arbeits-platzkohäsion in zweierlei Hinsicht untergraben: Erstens kreieren sie eine neue Hierarchie und erhö-hen das soziale Exklusionsrisiko. Es kommt zu einer stärkeren Hierarchisierung in der Belegschaft, weil die Verhandlungsmacht der niedrig qualifizierten Mitarbeiter/innen abnimmt und sie so an den Rand gedrängt werden. Darüber hinaus entsteht eine stärkere Unterscheidung zwischen den Mitarbei-ter/innen, die dem Kern, und denjenigen, die der Peripherie zugeordnet werden. Zweitens reduziert die Flexiblität die soziale Kohäsion zwischen peripherisierten Mitarbeiter/innen. Die Peripherisierung der Mitarbeiter/innen ist mit einem Prozess der Vereinzelung und der Fragmentierung verbunden. Die Beschäftigungsbedingungen und die Verträge werden zunehmend differenziert und individuali-siert. Gleichzeitig entwickelt sich diesen Autoren zufolge eine stärkere Kohäsion zwischen Mitarbei-ter/innen innerhalb des Organisationskerns, die über eine höhere Arbeitsplatzsicherheit verfügen.

Page 73: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 76

beit, sodass Tätigkeiten und Qualifikationen redefiniert werden.36 Die funktionelle Flexibilität wird mit Überqualifizierung und der Schaffung einer stillen Reserve assoziiert, die allerdings teuer für die Arbeitgeber/innen ist und Arbeitsplatzsicherheit sowie gute Arbeitsbedingungen und hohen Lohn erfordert (Regini 2000: 106). Dabei versuchen die Arbeitgeber/innen die Arbeitnehmer/innen zu überzeugen, als Entrepreneurs zu agieren, um Kosten zu reduzie-ren. Die Flexibilitätsform ist von der Firmenstrategie abhängig. In manchen Fällen können Firmen von einer Flexibilitätsform nur profitieren, wenn sie auf andere Flexibilitätsformen verzichten. Dies ist zum Beispiel der Fall bei der numerischen Flexibilität, die die Basis für funktionelle Flexibilität untergräbt. Andererseits zeigt zum Beispiel Flecker (2005), dass beide Flexibilitätsformen mit dem Ziel der Kostenreduktion auch komplementär eingesetzt wer-den können, sodass Mitarbeiter/innen, die wegen qualitativer Fle-xibilität im Organisationskern arbeiten, auch von numerischer Fle-xibilität in Form von Arbeitszeitflexibilisierung betroffen sind. Al-lerdings betont Flecker, dass numerische Flexibilität in Form von flexiblen Arbeitszeiten sowie der Zunahme der Zahl von Selbst-ständigen und befristeten Verträgen in den letzten Jahren verstärkt praktiziert wurde, während sich der Einsatz interner funktioneller Flexibilität nicht so deutlich ausgeweitet hat.

Im Zusammenhang mit der Internationalisierung von Informa-tionsarbeit werden externe Flexibilisierungsformen durch Outsour-cing und Offshoring implementiert, die sowohl numerisch als auch funktional sein können. Im Flexibilitätsmodell von Atkinson et al. (1986) wurde externe Flexibilität auch durch die Einbeziehung von outgesourcten Mitarbeiter/innen in die Peripherie des Unterneh-mens berücksichtigt. Während das Outsourcing von Arbeitszeit (befristete Arbeitsverträge) als Form externer numerischer Flexibi-

36 Aktuellere Untersuchungen verweisen darüber hinaus auf weitere Flexibilitätsformen. So zählt beispielsweise Regini (2000) Zeitflexibilität sowie Gehaltsflexibilität (einschließlich Lohn- und Gehaltsverhandlungen) hinzu.

Page 74: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

77 Internationale Professionalität

lität verstanden wird (Bergstrom 2001), wird externe funktionale Flexibilität mit dem Outsourcing von Kompetenzen (Selbstständi-ge, Netzwerke, externe Firmen) assoziiert (Atkinson 1984; Gadrey et al. 1999; Lehndorf 1999; Wickam 2005). Nationale Arbeitsge-setze und entsprechende Kündigungskosten beeinflussen die exter-ne numerische Flexibilität, sodass beispielsweise die Grenzen ex-terner numerischer Flexibilität in Deutschland mit seinem korpora-tiven Beschäftigungssystem strenger sind als in liberalen Beschäf-tigungssystemen wie zum Beispiel Großbritannien (Streek 1998; Lindbeck/Snower 1998). In diesem Zusammenhang weist Streeck (1998) darauf hin, dass das funktionelle Flexibilitätsniveau in deut-schen Unternehmen wegen des strengen Kündigungsschutzes tradi-tionell sehr hoch ist. Die Schutzregeln zugunsten der Arbeitneh-mer/innen wurden jedoch speziell ab den neunziger Jahren immer mehr gelockert. So spricht Streeck (2005) von einem Verfall des deutschen Korporativismus, der „mit einer spürbaren Beschleunigung der schon seit langem in ihm wirksamen Tendenz zur Verbetrieblichung der Arbeitsbeziehungen einher[geht], wie sie unter anderem in der Umwandlung der be-trieblichen Bündnisse zur Dauereinrichtung zum Ausdruck kommt, und insgesamt mit einer erstaunlichen Restaurierung des Unter-nehmens als Herrschaftsverband, die in anderem Zusammenhang als die Herausbildung von ‚institutional firms‘ (Crouch und Streeck 1997) beschrieben worden ist.“37 Streeck (ebd.) diagnostiziert eine Ersetzung des „Wertpluralismus des Korporativismus“, der einen strengen Kündigungsschutz in deutschen Unternehmen durch die Gewerkschaftsmacht garantierte,

37 Im Zusammenhang mit der Transformation des deutschen korporatistischen Modells weist Streeck darauf hin: „In den neunziger Jahren nahm die Zahl der Unternehmen sprunghaft zu, die ihre Hoff-nung nicht mehr auf die Solidarität der „Deutschland AG“, sondern auf eigene Produktionsstätten im Ausland setzten. Diejenigen, die blieben, fanden immer öfter in ihren Betriebsräten mehr oder weniger willige Verbündete, wenn es darum ging, aus dem Flächentarif auszubrechen.“ (ebd.).

Page 75: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 78

durch einen „manageriellen Ethos der Rationalisierung“, der in den Belegschaften mithilfe von aus den USA importierten Metho-den des Human-Ressource-Management und mit der Unterstützung von Betriebsräten verbreitet werden soll.38 Die Internationalisie-rung von Unternehmen hat seit den neunziger Jahren zugenommen und somit werden die bisherigen Grenzen externer Flexibilisierung für deutsche Unternehmen immer mehr aufgeweicht.

Externe Flexibilisierung dient aber nicht nur der Kostenreduk-tion, sondern auch der Suche nach bestimmten Qualifikationen und Skills (Flecker et al. 2002; Marin 2004; Ruiz Ben et al. 2007). Im konkreten Zusammenhang mit Outsourcing in Deutschland zeigt die vergleichende Studie von Marin (2004) zu Investitionen aus Deutschland und Österreich in Osteuropa in der Zeit von 1997 bis 2000, dass deutsche Unternehmen in der zweiten Hälfte der neun-ziger Jahre aufgrund des Mangels an qualifizierten Fachkräften im Inland hoch qualifizierte Tätigkeiten nach Osteuropa ausgelagert haben. Damit konnten die Unternehmen die akute Humankapital-krise der neunziger Jahre überstehen. Marin argumentiert, dass eine solche Auslagerung von Tätigkeiten keinen Jobverlust für die Be-schäftigten in Deutschland bedeutet, weil es in Deutschland nicht genug qualifizierte Fachkräfte gibt. Im Gegenteil, deutsche Unter-nehmen profitieren vom großen Angebot an hoch qualifizierten Fachkräften in osteuropäischen Ländern.

Eine solche Suche nach externen hoch qualifizierten bzw. un-terschiedlich qualifizierten Fachkräften im Ausland stellt das Mo-

38 „Betriebsräte sind ihr [der Strategie des Human-Resource-Management], anders als die ‚betriebs-fremden Ideologen‘ der Gewerkschaftszentralen, durchaus willkommen, sofern sie sich, notgedrun-gen oder aus Überzeugung, an der Sozialisation der Belegschaft in das neue Wertsystem von Leis-tung, Effizienz und Gewinn beteiligen. Unternehmerische Mitbestimmung aber durch Vertreter eines über die Grenzen des einzelnen Unternehmens hinweg organisierten Kollektivs risiko-averser Lohn-empfänger kann für sie nur als obsoletes Überbleibsel der politisch statt marktwirtschaftlich (fehl-)organisierten Nachkriegsordnung erscheinen. Für einen institutionalisierten Pluralismus unternehmensbezogener Interessen und eine Aushandlung von Unternehmensentscheidungen zwi-schen diesen ist in den nicht länger von einem Solidarverband geschützten Unternehmen der post-korporatistischen Epoche kein Platz mehr.“ (ebd. http://www.mpi-fg-koeln.mpg.de/pu/workpap/wp05-4/wp05-4.html).

Page 76: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

79 Internationale Professionalität

dell von Kern und Peripherie39 bzw. von interner versus externer Flexibilität infrage, das für Firmen und Geschäftseinheiten konzi-piert wurde (Flecker 2005; Benner 2002). Benner (ebd.) kritisiert in seiner umfassenden Analyse der Transformation der Arbeitsorgani-sation in der Informationsarbeit in Silicon Valley die Unterschei-dung zwischen Kern und Peripherie in den Erklärungsmodellen der Flexibilität. Bei dieser Arbeitsform sind Tätigkeiten, die outgesourct werden, häufig wichtiger als diejenigen, die in der Un-ternehmenszentrale verbleiben. Darüber hinaus sind auch Mitarbei-ter/innen, die solche externalisierten Tätigkeiten durchführen, oft Vollzeit angestellt. Aus diesen Gründen verwendet Benner eine alternative Klassifizierung der Flexibilität von Arbeit und unter-scheidet zwischen „flexibler Arbeit“ und „flexibler Beschäftigung“. Flexible Arbeit bezieht sich auf die Transformation der Arbeitsin-halte, die durch die innovative Natur der Informationsarbeit geprägt wird. Demgegenüber beschreibt flexible Beschäftigung die Trans-formation der Beschäftigungsverhältnisse bzw. der Arbeitsverträge, die durch die Schaffung internationaler Wertschöpfungsketten und die Suche nach kurzfristigem Profit zustande kommt und durch zunehmenden Wettbewerb intensiviert wird. Daraus entwickelt sich eine wachsende und diverse Gruppe von sogenannten „Intermedia-ries“ bzw. Vermittlern auf dem Arbeitsmarkt (Benner et al. 2007).40 39 Zur Unterscheidung zwischen Kern und Peripherie in der Arbeitsorganisation bemerkt auch McCall (2004: 31): „As in the case of firms installing new technologies, the core-periphery distinction in subcontracting doesn’t mean what it used to. Whereas once it referred to the divide between manufacturing and service industries, now it refers to whether a worker is considered „essential” or not, measured in terms of firm-specific knowledge. Riches can be lavished upon employees with essential knowledge – the bottom line is of no consequence here. But if non-essential, even professionals desperately needed to fill critical shortages can be hired externally as independ-ent contractors. And, as of late, they can be either imported or hired from abroad.“ 40 Benner, Leet und Pastor (2007: 12) unterscheiden zwischen verschieden Typen von Vermittlern in Arbeitsmärkten: Im Profit-Sektor sind beispielsweise Arbeitsagenturen (temporary agencies), head-hunter oder Trainingseinrichtungen zu nennen. Zu den Non-Profit- oder gemeinschaftsbasierten Vermittlern gehören Non-Profit-Trainingseinrichtungen oder Vermittler für benachteiligte Arbei-ter/innen. Beispiele für mitgliedschaftsbasierte Vermittler sind die Initiativen von Gewerkschaften oder professionellen Vereinen, während „community colleges“ zu den bildungsbasierten Vermittlern und „One Stop Career Center“, Ratsversamlungen der privaten Industrie oder Wohlfahrtsagenturen zu den Vermittlern im öffentichen Sektor zählen.

Page 77: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 80

Die Relativierung des Kern-Peripherie-Flexibilitätsmodells gerade in der Informationsarbeit verdeutlicht, dass eine Refokussierung der Analyse auf die internationalen Wertschöpfungsketten statt lediglich auf einzelne Organisationen notwendig ist, wie ich in Be-zug auf die Erklärungsmodelle der Internationalisierung der Ar-beitsorganisation später diskutiere. Allerdings stellt sich die Frage, welche Kontrollformen der Arbeit und des Wissens in solchen fle-xiblen Arbeitsorganisationsmodellen und speziell in der „high road“-Variante der Arbeitsorganisation entstehen.

Der intersubjektive Charakter der Informationsarbeit sowie die relativ hohe Autonomie von Informationsarbeiter/innen, die auf eine „high road“-Variante hindeuten, müssen u. a. aufgrund exter-ner Flexibilität relativiert werden. Erstens bleibt die Kontrolle der Arbeit nicht exklusiv bei den Informationsarbeiter/innen und zwei-tens werden die Verhandlungsmacht, die Arbeits- sowie die Weiterbildungssicherheit der Beschäftigten im Organisationskern durch externe hoch qualifizierte Mitarbeiter/innen bedroht (Boes/Trinks 2006; Flecker 2005).

Indirekte Kontrollformen, wie beispielsweise die Umsetzung von informatisierter Projektplanung oder die Zentralisierung von Projektmanagementfunktionen, schränken die Autonomie der Mit-arbeiter/innen und speziell bestimmter Informationsarbeiter/innen ein (Kalkowski 2002; Mayer-Ahuya/Wolf 2007). Solche indirekten Kontrollformen der Arbeit und des Wissens werden durch die For-malisierung und Kodifizierung von Wissen sowie durch verstärkte Standardisierung in Unternehmen ergänzt, um den Unsicherheiten der Arbeitsmärkte zu begegnen (Boes/Trinks 2006). So lassen sich auch im Bereich der neuen Medien in der Informationsarbeit die Einführung neuer Hierarchien, eine zunehmende Arbeitsteilung sowie bürokratische Kontrolle feststellen (Mayer-Ahuya/Wolf 2007). Das deutet darauf hin, dass beschäftigungs- sowie arbeitsbe-zogene Flexibilitätsformen sich im Laufe der Zeit ergänzen und vor

Page 78: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

81 Internationale Professionalität

allem darauf angewiesen sind, die Wissensdynamik gleichzeitig zu koordinieren und zu kontrollieren.

Für die Arbeitsorganisation ist nicht nur die Arbeitskontrolle zentral, sondern auch die Wissenskontrolle bzw. das Wissensma-nagement (s. z. B. Wilensky 1967; Nonaka/Takeguchi 1995; Weick/Roberts 1993) und die Steuerung neuer Wissensformen (Fligstein 1997; Lam 2000). Speziell die Bedeutung des sogenann-ten „impliziten Wissens“ (Polanyi 1965), das nur schwer oder sogar unmöglich zu kodifizieren ist, stellt eine der größten Herausforde-rungen für die Arbeitsorganisation dar. Die heutige zunehmend beschleunigte und heterogenere Wissensproduktion bringt Proble-me bezüglich der Definition notwendiger Wissensformen für die Arbeitspraxis und ihre mögliche internationale Koordination und Kontrolle mit sich, die das klassische Problem der Transformation der Arbeit (Deutschmann 2008; 2004; Müller-Jentsch 2003; Minssen 2006; Hirsch-Kreinsen 2008) noch verschärfen.

Einerseits sind Organisationen stark vom Engagement und von den subjektiven Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter/innen zur Identifizie-rung, Definition und Lösung komplexer Probleme und damit vom sogenannten impliziten Wissen abhängig. Andererseits findet ein schnelles Explizieren bzw. Standardisieren von Wissen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien statt. Wäh-rend das implizite Wissen die Basis für die Entwicklung horizonta-ler Arbeitsteilung darstellt, ist das Explizieren die Grundlage der vertikalen Arbeitsteilung und der bürokratischen Betriebsformen. Beide Wissensformen sind aber komplementär, denn die vertikale Arbeitsteilung führt zu einer Spezialisierung, die gleichzeitig zu-nehmende Kommunikationsarbeit41 sowie Koordinations- und 41 Interaktive Aspekte der Wissensarbeit in Organisationen werden von Knoblauch (1996) aus einer wissenssoziologischen Perspektive im Rahmen der sogenannten Workplace Studies (vgl. Knob-lauch/Heath 1999) und mit einem Fokus auf Wissen analysiert. Wie die Analysen der Arbeit in technologisch gestützten Koordinationszentren (Flugkontrollzentren, Schiffsnavigationszentralen) zeigen, sind Routinetätigkeiten in solchen Zentren immer auf verbale und nicht-verbale Kommunika-tion angewiesen. Aus diesem Grund bezeichnet Knoblauch diese interaktive Arbeit als Kommunika-tionsarbeit. Darüber hinaus stellt technologisch vermittelte Kommunikation für Knoblauch immer

Page 79: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 82

Kontrollaufgaben nach sich zieht bzw. eine steigende Nachfrage nach Managern erzeugt, was als eine Art Tertiarisierung des Ar-beitsprozesses bezeichnet werden kann. Eine solche Komplementa-rität des impliziten und des expliziten Wissens und auch allgemein die Umsetzung indirekter Formen der Kontrolle von Arbeit und Wissen bedeuten eine Dialektik zwischen Organisieren und Indivi-dualisierung, die allerdings wegen der schnellen Wissensinnovation und Marktabhängigkeiten durch Unsicherheiten auf beiden Seiten (Arbeitgebern und Arbeitnehmern) geprägt ist. Etliche der Aufga-ben und Abläufe, die Beschäftigte speziell in wissensintensiven und innovativen Arbeitsfeldern wie der Informationsarbeit bewälti-gen müssen, sind unvorhersehbar. Deswegen bleiben Arbeitsver-träge sehr offen und formulieren Erwartungen an kreative Wissens-leistungen und an Einschätzungen der Tätigkeiten, die von den Ar-beitskräften selbst formuliert werden sollen. Arbeiter/innen sollen unter solchen Umständen nicht lediglich Entscheidungen auf der Grundlage kognitiver und normativer Dimensionen treffen, sondern eher solche Dimensionen selbst interpretieren, damit experimentie-ren und sie sogar verändern. Auch die Arbeitgeber/innen können nicht einfach kognitive und normative Regelungen vorschreiben, sondern müssen Selbstbilder und Situationsdeutungen in sozialen Interaktionen mit den in Arbeitsprozessen beteiligten Akteuren beeinflussen, um die Mitspieler/innen der Arbeitsorganisation zur Kooperation zu bewegen.

Dieses relativ autonome Arbeitshandeln soll aber habitualisiert und gelernt werden und es muss darüber hinaus auf einem be-stimmten Sinn beruhen, der die Arbeiter/innen dazu motiviert, die

Kommunikation dar, auch wenn diese durch Computer vermittelt wird. Wie Knoblauch und Heath (2000) betonen, sind Informations- und Kommunikationstechnologien ein Teil der Arbeitshandlun-gen selbst und nicht etwas Externes, das die Interaktionen zwischen kooperierenden Mitarbei-ter/innen lediglich beeinflusst. Solche Technologien sind aus ihrer Sicht Bestandteil der Interaktio-nen, die die Grundlage für jede Institutionalisierung und damit für jede Organisation darstellen. Mehrere Autoren/innen sprechen auch von Kommunikationsarbeit als einem eigenständigen Tätig-keitsfeld (Höflich 1996; Knoblauch 1996; Knoblauch/Heath 1999; Mikl-Horke 1994; Rammert 1992).

Page 80: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

83 Internationale Professionalität

erwartete Leistung zu erbringen und am Arbeitsprozess zu partizi-pieren. Denn auch wenn Reputation (Marsden 1999) oder akkumu-lierte Projekterfahrung (Struck 2006) die Leistungsbereitschaft för-dern, müssen die Mitarbeiter/innen dennoch in der Arbeitspraxis auf einer gelernten beruflichen Wissensbasis agieren und für die Arbeit nicht nur eine externe monetäre Motivation mitbringen. Deutschmann (2008) verweist in Anlehnung an Freidsons Idealty-pologie42 von Professionen auf die latenten Funktionen der Institu-tion des Berufs, weil sie einen beruflichen Wissenskorpus und da-mit das „Lernen des Lernens“ vermittelt (ebd.: 125).43 Berufliche Bildungsgänge sind nach Deutschmann der Ort der Einübung auto-nomen Arbeitshandelns. Eine solche Einübung benötigen bei-spielsweise die Arbeitskraftunternehmer, was aber die Auto-ren/innen, die das Konzept des Arbeitskraftunternehmers verwen-den, nach Deutschmanns Meinung (ebd.) nicht berücksichtigen. Offen bleibt hier, welche Rolle einer national angesiedelten beruf-lichen Habitualisierung in internationalen Arbeitsfeldern zukommt. Die Internationalisierung der Arbeit stellt die Wissensexklusivität in Freidsons Idealtypologie infrage. Die drei Kontrollformen, die Freidson (2001) idealtypisch unterscheidet, sind in postfordistischen Produktionssystemen und in transnationalen Wis-sensproduktionsregimen schwer voneinander zu trennen.

Zusammenfassend können unterschiedlichen Arbeitsorgani-sationsmodellen in der Praxis transnationaler Arbeit koexistieren.

42 Während die bürokratische Kontrolle nach der Idealtypologie von Freidson (2001) anhand formel-ler Regeln im Rahmen organisationeller Planung und Überwachung stattfindet, bedeutet die Kontrol-le durch den Markt, dass sie durch die Kunden nach der Bewahrung der Arbeitsergebnisse auf dem Markt bzw. im Wettbewerb mit anderen Leistungsanbieter gewährleistet wird. Selbstkontrolle der Arbeit ist gegenüber diesen beiden alternativen Kontrollformen der Arbeit (ebd.: 12) die Macht, um die genau benötigte Qualifikation für die Ausübung einer Tätigkeit festzulegen, Konkurrenten auszu-schalten und die Kriterien der Leistungsevaluation zu formulieren. 43 „Ungeachtet der beschleunigten Entwertung und Umwälzung des Wissens liegt eine zentrale latente Funktion der beruflichen Bildung darin, dass sie gerade mit der Vermittlung des notwendi-gerweise spezifischen beruflichen Wissenskorpus auch das Lernen des Lernens selbst einübt. Nur an spezifischen Inhalten kann, wie ich oben unter Rückgriff auf Freidson betont hatte, das Basisprinzip Autonomie gelernt werden.“ (ebd.: 125).

Page 81: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 84

In transnationalen Arbeitsfeldern gelten meiner Meinung nach ge-mischte Professionalitätsformen u. a. als Kontrollbasis verteilter Arbeit. Im Kontrast zum Beruf, der in einem bestimmten nationa-len Kontext verankert ist, kombiniert die gemischte Professionalität unterschiedliche nationale berufliche Hintergründe bzw. Wissens-vorräte44, die auch durch Projekterfahrungen (Struck 2006) erwor-ben werden können, Gewohnheitswissen sowie die Autonomieha-bitualisierungen45 von Experten/innen.

Gemischte Professionalität als eine besondere Form der Ar-beits- und Wissenskontrolle bietet einen Arbeitssinn und auch eine gewisse Sicherheit der Leistungserbringung sowohl für die Arbeit-nehmer/innen als auch für die Arbeitgeber/innen. Professionalität verbindet Expertise und Arbeit, reguliert die Arbeitspraxis und fungiert gleichzeitig als Leitbild für das Handeln in der internatio-nal verteilten Arbeitpraxis. Gleichzeitig ist Professionalität mit der zeitlichen Dimension der Arbeit in Form von Karrieren insofern verbunden, als Karrieren Expertise mit potenzieller Professionalität und Anerkennung der Arbeit in den bestimmten Arbeitsfeldern verbinden, wo Expertise als Professionalität institutionalisiert ist. Das heißt, Karrieren bieten eine Entwicklungsperspektive instituti-onalisierter anerkannter Professionalität an. Im nächsten Kapitel diskutiere ich die Bedeutung der Professionalität und der Karrieren in post-bürokratischen Modellen der Arbeitsorganisation.

44 Schütz und Luckmann (2003: 33 ff.) begreifen solche Wissensvorräte als Bezugsschemata für die jeweiligen Schritte persönlicher Weltauslegungen. Solche Bezugsschemata stellen sedimentierte Auslegungen dar, die von der jeweiligen Situation bedingt werden und zum Aufbau eines bestimmten Wissensbestands führen, der Teil jener Wissensbasis ist, der eine Routinisierung der Lebensgestal-tung ermöglicht. 45 Habitualisierung begreife ich in Anlehnung an Knoblauch (2003) als den Prozess der subjektiven Genese des Habitus. Im Unterschied zum soziostrukturellen Begriff des Habitus bei Bourdieu (1976) begreift Knoblauch Habitualisierung als einen Teil von Institutionalisierung, die eine tragende Rolle „für die Gestaltung sozialer Ordnung in der gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit einnimt“ (ebd.: 7). Durch die Habitualisierung bzw. durch ihre entlastenden Leistungen werden Entscheidungsprozesse und die Durchführung von Handlungen beschleunigt.

Page 82: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

85 Internationale Professionalität

I.3.1 Gemischte Formen der Professionalität und Karrieren

Reorganisierte Arbeit in schnell wechselnden Umgebungen benö-tigt eine institutionelle Grundlage, die bürokratische, marktbezoge-ne sowie berufliche Merkmale der Arbeitsorganisation kombiniert (Freidson 2001; Noordegraaf 2007). Gemischte Formen der Profes-sionalität verbinden unterschiedliche Quellen der Arbeits- und Wissenskontrolle miteinander und werden so zum Mechanismus der inhaltlichen Transformation der Arbeit.

Das heißt, dass Professionalität wie in früheren Professionali-tätsansätzen (Tawney 1921; Carr-Saunders/Wilson 1933; Marshall 1950; Parsons 1951; Durkheim 1988) wieder einen normativen Wert bekommt. Allerdings wird dieser Wert im Zusammenspiel zwischen Professionellen, Organisationen, Kunden/innen und Staat (Hawkins 1992; Evetts 1996) ausgehandelt. Aufseiten des Staates wird Professionalität diskursiv in immer mehr Kontexten als Me-chanismus beruflicher Transformation genutzt, um Professionelle in eine kommerziellere, managerielle und an ein Budget gebunde-ne, vom Staat bevorzugte Richtung zu bewegen, was als „managerialistischer Druck“ oder berufliche Professionalität be-griffen werden kann (Hanlon 1999). Gleichzeitig führt die wach-sende Kundennachfrage nach Dienstleistungen und nach der Re-duktion organisationeller Budgets sowie nach zunehmender Regu-lierung und Evaluation von Dienstleistungen in Organisationen zu Formen von Zertifizierungen. Dieses von Collins (1979) als „credentialism“ bezeichnete Phänomen weist auf eine Art organisa-tioneller Professionalität hin.

Das traditionelle eingeschränkte Verständnis von Professionali-tät als „reine Professionalität“ (Noordegraaf 2007), charakterisiert durch Fokus auf ‚kollegial‘ lefitimierten Inhalten und Kontrolle, basierend auf assoziativen Gruppen, staatlich gestützt und Garant für berufliche Schließung, wird zwar durch staatlichen Druck Rich-tung Managerialität und auch durch Konkurrenz mit anderen beruf-

Page 83: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 86

lichen Gruppen, die alternative kommerzialisierte Dienstleistungen anbieten, herausgefordert, nicht aber abgelöst.

Neben dieser reinen Professionalität existieren in Organisatio-nen diverse weitere Typen organisationeller Professionalität. Sol-che Professionalitätsformen werden von Professionellen verwendet, die in Organisationen arbeiten, aber auch von Experten/innen, die zwar keinen professionellen Status haben, ihr Arbeitshandeln aber dennoch an die im Kontext der Organisation definierte bzw. situier-te Professionalität anpassen müssen. Eine solche „situierte Profes-sionalität“ (Noordegraaf 2007) überschneidet sich mit anderen Ideen wie etwa Reeds (1996) organisationeller Professionalität, Wilenskys (1972) „programmierten Professionellen“46, Larsons (1977) „organisationalen Professionellen“, Whitleys (1984) „beruf-lichen Professionellen“ oder Abbots (1988) These von der bürokra-tischen Natur von Professionen im zwanzigsten Jahrhundert. So konstatiert beispielsweise Wilensky (1972: 206), dass trotz des beständig steigenden Anteils von Professionals als Angestellten in Organisationen mit eigenen Kontrollhierarchien die Macht zwi-schen Managern, Professionsexperten und Aufsichtsräten geteilt wird. Vor allem aber sieht Wilensky (ebd.: 208) die „Dienstgesin-nung“ „situierter Professioneller“ gefährdet, denn die Arbeitsrouti-ne und der Abhängigkeit der Professionellen von einflussreichen Kunden und Vorgesetzten können dazu führen, dass sie im Unter-schied zu den „reinen Professionellen“ den Kunden nicht mehr in den Vordergrund stellen. Das als Expertise bezeichnete Wissen solcher Professioneller besteht aus einer Kombination intellektuel-len und praktischen Wissens, das zum Teil explizit vorhanden ist, zum Teil aber auch implizit bleibt. Diese Kombination und vor allem das unausgesprochene nicht explizierbare Wissen sind die Grundlage der Exklusivität der Expertise. Der Druck zur Explizierung des Wissens im Rahmen bürokratischer Kontrolle in

46 „Die in der Zukunft typischen Berufe werden Elemente sowohl des Professions- wie des Bürokratiemodells miteinander kombinieren.“ (ebd.: 212).

Page 84: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

87 Internationale Professionalität

Organisationen bedroht diese Exklusivität. Für Angestellte, die keinen reinen professionellen Status haben, ist Professionalität aber gerade deshalb attraktiv, weil sie ihnen zu einer gewissen, wenn auch „bedrohten“ Autonomie und Wissensexklusivität und somit auch zu einem bestimmten Status in organisationellen Karrieren verhilft. In Bezug auf professionelle Identität befinden sich situierte Professionelle in einem Dilemma, denn auch wenn sie eine be-schränkte, weil geteilte Entscheidungsmacht behalten, müssen sie sich in ihrem Arbeitshandeln an den vorhandenen organisationellen Regeln und Ressourcen orientieren.

Neben einer solchen „situierten organisationellen Professiona-lität“ handeln „reflektierte Praktiker“ im Sinne Schöns (1983) auf der Grundlage einer „hybriden Professionalität“. Sie beruht auf der Weiterentwicklung der eigenen Expertise jenseits der organisationellen Grenzen, wie beispielsweise durch den Austausch mit sogenannten „communities of practice“ (Wenger 1998) – sol-che, die sich durch Arbeitsinteraktionen und arbeitsbezogenes Wis-sensaustausch bilden und nicht nur im Zusammenhang mit Organi-sationen. Im Unterschied zur situierten Professionalität, die eine Anpassung an organisationelle Regeln erfordert, bildet sich die hybride Professionalität im Spannungsfeld zwischen organisatori-schem und professionellem Wissen bzw. Expertise aus verschiede-nen Quellen, was die Innovation des Wissens und damit auch die Produktivität in unsicheren Märkten begünstigt. Ein wichtiger Be-standteil hybrider Professionalität besteht in der Fähigkeit, solches Wissen aus heterogenen Quellen zu identifizieren, zu filtern und zu rekombinieren. Das heißt aus Wissen zweiter Ordnung oder Wissen in Aktion in Degeles (2000: 92) Sinne, das heißt die Fähigkeit da-für, wie verschiedene Wissensbestandteile einzusetzen sind. Hybri-de Professionalität weist einen hohen interaktiven Charakter auf, ähnlich der Kommunikationsarbeit, die nach Knoblauch und Heath (2000) immer auf verbale und nicht-verbale Kommunikation an-gewiesen ist.

Page 85: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 88

Zur Expertise hybrider Professioneller zählt auch die Fähigkeit, bei Aufgaben selbstständig Prioritäten zu setzen, zeit- und ressour-cenökonomisch zu agieren und mit Dingen und Menschen aus ver-schiedenen Kontexten umzugehen.

Implizites Wissen, das Taylor als Störfaktor eines wissen-schaftlich rationalisierbaren industriellen Arbeitsprozesses betrach-tete, wird hier gerade die Basis hybrider Professionalität. Insbeson-dere bei verteilter Arbeit ist es wichtig, dass Experten/innen ihre eigenen Interessen mit der Arbeitssituation vereinbaren, mit Ar-beitskollegen kooperieren und eine gemeinsame Identität schaffen. Fligstein (1997) konzeptualisiert diese Wissensform unter dem Begriff „social skills“, die er in Anlehnung an die interaktionisti-schen Theorien von Mead und Goffman als die Fähigkeit begreift, Kooperation bei anderen Akteuren zu motivieren. Diese Motivation lässt sich durch die Vermittlung von gemeinsamen Bedeutungen und Identitäten bei den Akteuren erzielen. Dabei ist es wichtig, institutionelle und strategische Perspektiven zu vereinbaren, denn nach Fligstein (ebd.: 398) ist soziale Interaktion durch strategische Überlegungen von Akteuren festgelegt, wobei es dabei um gemein-same Situationsdefinitionen interaktiver Akteure geht. Je nachdem, in welchem Ausmaß organisationale Felder institutionalisiert sind, haben Akteure mehr oder weniger Chancen, ihre strategischen Ak-tionen – als Bestreben, stabile soziale Welten zu schaffen oder zu bewahren (ebd.) – durchzusetzen. Fligstein verbindet den Begriff „social skills“ direkt mit Motivation und will so die „Akteurlosigkeit“ in der institutionalistischen Theorie überwinden. Andere Soziologen/innen diskutieren den Begriff in Bezug auf die zunehmende Bedeutung von Emotionsarbeit (Hochschild 1983; Funder 2008; Rastetter 1999; Gerhards 1988; Strauss 1980).47 Ge-

47 In den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat Hochschild in ihrem inzwischen klassi-schen Buch „The Managed Heart“ (1983) untersucht, wie Organisations- und Gesellschaftsnormen und -regeln interagieren. Auf Grundlage einer Untersuchung über Stewardessen und Geldbeitreiber zeigt sie, wie Angestellte Gefühlsregeln folgen, die in jedem Beruf unterschiedlich sind. Jede Organi-sation verlangt ein spezifisches Gefühlsmanagement von ihren Mitarbeitern/innen. Hochschild

Page 86: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

89 Internationale Professionalität

meint sind hier nicht nur Fähigkeiten, andere Personen zu motivie-ren, sondern auch „Techniken des Umgangs mit den eigenen ge-fühlsmäßigen Befindlichkeiten und mit dem Ausdruck dieser Be-findlichkeiten, den Emotionsexpressionen“, wie Gerhards (1988: 47) erklärt. Bei diesen Fähigkeiten handelt es sich um verschiedene Wissensarten, die je nach Produktziel und Dienstleistungsart unter-schiedlich anerkannt werden. Ich verwende deshalb den Begriff Social Skills im Kontext von Fligsteins (1997) Konzept bzw. der Motivation von anderen Personen, während ich von emotionalen Fähigkeiten spreche, wenn Emotionsarbeit als „institutionalisierte Erwartung, den von der Ökonomie definierten Emotionsregeln ge-recht zu werden und Diskrepanzen mit der eigenen Befindlichkeit abzuarbeiten“, gemeint ist. Beide sind in die Kategorie „implizites Wissen“48 einzuordnen, während Emotionsregeln, die nach Ge-rhards (1988: 49) die Richtung, Dauer und Intensität der Gefühle codieren, „explizites kollektives Wissen“ sind. Diese Wissensform ist mit dem sogenannten „knowing why“ verbunden, das explizites kollektives Wissen über Regeln und Normen und implizites Wissen in Bezug auf kontextuelle soziale Praktiken miteinander kombiniert (Gasson 2005: 5).

unterscheidet dabei zwischen „Oberflächenhandeln“ und „Tiefenhandeln“. Während sie „Oberflä-chenhandeln“ in Anlehnung an Goffmann (1969) mit dramaturgischen Kompetenzen verbindet, begreift sie „Tiefenhandeln“ (Hochschild 1979: 570) als eine Art inneres Handeln, das Gefühle hervorruft, an die das Verhalten angepasst wird. Eine solche binäre Klassifikation wurde als zu einfach kritisiert (Barbalet 1998: 182; Dunkel 1988: 66), denn damit wird ausgeblendet, dass Emoti-onsarbeiter/innen durchaus über eine gewisse Autonomie verfügen, ihre Emotionen einzusetzen (Flamm 2002: 203; s. auch kritisch: Rastetter 1999: 377 ff.). 48 Dieser Begriff wurde vor allem von Michael Polanyi in seinem Werk „The Tacit Dimension“ (1965) geprägt. Ihm zufolge ist für implizites Wissen die Fähigkeit einer Person charakteristisch, ein Problem richtig zu erkennen, diesem Problem nachzugehen und sich bei der Annäherung an seine Lösung von ihrem Orientierungssinn leiten zu lassen sowie unbekannte Implikationen der Lösung richtig zu antizipieren (Polanyi 1965: 30). In der arbeitssoziologischen Literatur finden sich unter-schiedliche Begriffe für dieses Phänomen. So ist unter anderem von „Erfahrungswissen“ oder „prak-tischer Intelligenz“ (Böhle/Milkau 1988) die Rede. Kern und Schumann (1984: 174, 188) bezeichnen es in ihren Analysen über die Transformation von Produktionskonzepten als „Produktionsintelligenz“ oder „Werkstattintelligenz“. Das Konzept des impliziten Wissens wurde später von Nonaka und Takeuchi (1997) besonders in den Management Studies popularisiert.

Page 87: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 90

Die Kombination unterschiedlichen Wissensformen bei der Transformation zu hybriden Professionalitätsformen wirkt sich auch auf professionelle Karrieren aus, die in postfordistischen Re-gimen immer mehr an Organisationen49 gebunden sind. Aus orga-nisationeller Perspektive stellen Karrieren eine Art Scharnier zwi-schen Individuen, Organisationen (Arthur et al. 1989; Barley 1989) und gesellschaftlichen Transformationsprozessen dar (Gunz 1989; Fligstein 1991; Hall/Moss 1998; Peterson/Anand 2002; Cadin et al. 2003; Whitley 2003).50

Der „new careers“-Ansatz unterstreicht die Spannung zwischen organisationell verankerten Karrieren und solchen, in denen die Personen selbst die Entscheidungen über weitere berufliche Statio-nen jenseits einer einzigen Organisation treffen. Aus dieser Sicht entwickeln Hall und Moss (1998) das Konzept der „wechselnden 49 Aus einer organisationsbezogenen Sicht bezeichnet der Begriff der Karriere allgemein die sequen-zielle Abfolge von Positionen in einem organisationalen Kontext (Arthur et al. 1989), wobei der Begriff insbesondere im deutschen Sprachraum mit Vorstellungen einer vertikalen, geplanten Mobili-tät assoziiert wird. Im angloamerikanischen Sprachraum umfasst das Konzept der „career“ potenziell auch die horizontale berufliche Mobilität und berücksichtigt verstärkt subjektive Perspektiven und biografische (Entwicklungs-)Elemente (vgl. Cohen et al. 2004; Peltonen 1998a). 50 Jones und Dunn (2007: 439) weist darauf hin, dass Karrieren aus organisationaler Perspektive einerseits als Eigenschaft und andererseits als Prozess begriffen werden. Autoren, die von Karriere als Eigenschaft ausgehen, konzipieren individuelle Karrierewege als kumulative Basis von individu-ellen Erfahrungen und Wissen (Bird 1994) oder als vorherrschende soziale Strukturen, Beziehungen und Praktiken, die Personen erleben und internalisieren (Fligstein 1991; Stichcombe 1965; Kanter 1977; Jones/Dunn 2007). Für diesen Ansatz ist eine eher statische Perspektive charakteristisch, die sich auf Vergleiche zwischen karrierebezogenen Rolleninhalten in Organisationen konzentriert (Jones/Dunn 2007: 440). Autoren mit einem prozessorientierten Ansatz beschäftigen sich mit der grundsätzlichen Frage der organisationalen Gestaltung von Karriererollen (Gunz 1989; Whitley 2003; Barley 1989; DiMaggio 1991; Evetts 1992). Der Fokus wird hier auf die Frage gelegt, wie die fortlaufenden Sequenzen individueller Karriererollen sich im Laufe der Zeit in Organisationen insti-tutionalisieren. Aus dieser Sicht wird jedoch selten analysiert, welchen Einfluss individuelle Karrie-reentscheidungen auf die Gestaltung organisationaler Karriereoptionen haben und wie Karrierestruk-turen sich dadurch verändern. Demgegenüber legt der sogenannte „new careers“-Ansatz aus dynamischer Sicht den Schwerpunkt verstärkt auf individuelle Karrieregestaltungen jenseits organisationaler Grenzen. Zahlreiche Unter-suchungen aus dieser Perspektive haben nicht weniger zahlreiche Begriffe und Konzepte zur Erfas-sung des Phänomens hervorgebracht, darunter „wechselnde Karriere“ („protean career“) (Hall/Moss 1998), „nomadische Karriere“ („nomadic career“) (Cadin/Bender/Saint Giniez/Pringle 2000) oder auch „chaotische Karriere“ („chaotic career“) (Peterson/Anand 2002) sowie „post-korporative Karri-ere“ („post-corporate career“) (Peiperl/Baruch 1997). Auch der Ansatz des „psychologischen Ver-trags“ zählt unter dieser „new careers“-Perspektive.

Page 88: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

91 Internationale Professionalität

Karriere“ („protean career“), das Karriere in Bezug auf Erfahrun-gen und Wechsel bzw. Übergänge zwischen Bildung, Arbeit und Training berücksichtigt und die karrierebezogene Entscheidungsau-tonomie der Personen gegenüber den Organisationen betont. Pro-fessioneller Erfolg wird in diesem Ansatz durch Lernfähigkeit, Be-schäftigungsfähigkeit sowie berufliche Zufriedenheit definiert. Wichtig ist dabei der sogenannte „psychologische Vertrag“, den Mitarbeiter/innen mit ihren Arbeitgeber/innen schließen und der die Arbeitverhältnisse regelt (Guerrero et al. 2001). Solche Verträ-ge können kurzfristig (transactional) oder langfristig (relational) sein. Gerade wegen aktueller o. g. organisationeller Transformatio-nen betonen einige Autoren den Übergang von langfristigen zu kurzfristigen Verträgen (Arthur/Rousseau 1996; Guerrero et al. 2004; Valenduc et al. 2005).

Auf einer ähnlichen Linie wie Hall und Moss (1998) liegt der Ansatz der „grenzenlosen Karriere“ („boundaryless careers“) (vgl. Arthur/Rousseau 1996), der aber der individuellen Gestaltung von Karrierewegen größere Aufmerksamkeit einräumt. Wichtig ist da-bei die Berücksichtigung der Interdependenz individueller und (so-zial-)struktureller Einflussfaktoren auf Karrieren im breiten Sinne. Dieser Interdependenz wird in empirischen Studien jedoch nur sel-ten Rechnung getragen, was den Ruf nach einer besseren theoreti-schen Fundierung der Karriereforschung hat laut werden lassen (Mayerhofer et al. 2004; Cappellen/Janssens 2005). Eins der zent-ralen Elemente der „grenzenlosen Karriere“ ist zunächst die Mobi-lität des Arbeitnehmers, die auf der Akkumulation von Kompeten-zen und karriererelevanten Ressourcen beruht (Sullivan/Arthur 2006). Der Prozess der Akkumulation von Kompetenzen und Kar-riereressourcen basiert auf drei grundlegenden Wissensformen: „Wissen wie“ („knowing how“) oder das Wissen und die Fertigkei-ten, die professionell oder durch persönliche Erfahrungen erlernt werden; „Wissen wer“ („knowing whom“), also das Wissen, das in persönlichen und geschäftlichen Beziehungen, in sozialen Netz-

Page 89: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 92

werken u. Ä. gesammelt wird; und „Wissen warum“ (knowing why“), bezogen auf die individuelle Identität und Motivation, die Arbeitskultur, das Sinnmachen („sense making“) und Karriereanker im Sinne von Schein (1978).51 Aus dieser theoretischen Perspektive handelt es sich bei „grenzenlosen Karrieren“ um einen individuel-len Prozess von „Wissen warum“. In Weicks (1996) Worten geht es um einen Prozess des „Sinnmachens“ („sense making“), wobei ein solcher Prozess wiederum eine Herausforderung für institutio-nelle Arenen in Organisationen, Arbeitsmärkten, professionellen Gruppen oder gewachsenen Industrien darstellt. Weick (1996) und Cadin et al. (2003: 62) bezeichnen diesen Prozess als „Enactment“ von Karrieren.

Das zweite zentrale Element im Konzept der „grenzenlosen Karrieren“ bezieht sich auf die subjektiven Einschätzungen des Arbeitnehmers hinsichtlich seines Karriereerfolgs (DeFillip-pi/Arthur 1998), die auch im Konzept der „wechselnden Karriere“ („protean career“; Hall 1976; 2002) eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus wird angesichts der Bedeutung von Projektarbeit als paradigmatischer Arbeitsform in Wissensarbeitsbereichen die Mitarbeiterloyalität primär auf Projekte in der Alltagspraxis, aber auch auf Organisationen und berufliche Gruppen gerichtet. In die-sem Zusammenhang hebt Tremblay (2003) hervor, dass Projektar-

51 Aus einer interdisziplinäre Perspektive haben zunächst Schein (1978) und später auch Cadin et al. (2003) das Konzept des Karriereankers entwickelt. Dieses Konzept geht von der Selbstwahrnehmung eigener Fähigkeiten und der persönlichen Motivation sowie Bedürfnissen, Werten und Einstellungen aus, die aus der Interaktion mit unterschiedlichen Organisationskulturen resultieren und die karriere-bezogenen Entscheidungen von Individuen leiten. Daraus entstehen acht sogenannte Karriereanker, die dominante Karriereentscheidungen von Personen repräsentieren: Sicherheit/Stabilität, Autono-mie/Selbstständigkeit, allgemeine Management-Kompetenz, technisch-funktionale Kompetenz, unternehmerische Kreativität, Hingabe an eine Idee, Lebensstilintegration sowie Herausforderung. Die Bedeutung dieser acht Anker variiert im Laufe der Zeit in Bezug auf die Transformation von Arbeit. In späteren Schriften betont Schein (1996), dass auch wenn Karriereanker im Karriereablauf stabil bleiben können, gewinnen sie – vor allem der Lebensintegrationsanker genauso wie der Auto-nomieanker – an Bedeutung aufgrund organisationaler Entwicklungen in Bezug auf Arbeitsmarktfä-higkeit. Darüber hinaus weist Schein (1996) darauf hin, dass der technisch-funktionale Anker durch die Halbwertzeit von Qualifikationen und Kompetenzen herausgefordert wird.

Page 90: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

93 Internationale Professionalität

beit eine Art „Arbeitsmarktfähigkeitskarte“ für die Analyse indivi-dueller Arbeitstrajektorien anbietet.

Aufgrund seines dynamischen Charakters ermöglicht es das Konzept der „grenzenlosen Karrieren“, Karrieren in projektbasier-ten Wissensarbeitsbereichen zu analysieren. Darüber hinaus kann dieses theoretische Modell für Karriereanalysen in Bezug auf die globale Transformation der Wertschöpfungskette verwendet wer-den, die eine zunehmende Aufmerksamkeit von Mitarbeiter/innen für sogenannte „communities of practice“ erfordert. Gerade ein solcher verstärkter Bezug von Mitarbeiter/innen auf in ähnlichen Bereichen tätige Professionelle jenseits eigener organisationeller Grenzen kann zu Loyalitätskonflikten52 zwischen organisationellen und berufsbezogenen Bindungen führen (Rubery et al. 2003; Wal-lace 1995). Dennoch blenden diese Ansätze strukturelle Faktoren wie die Ressourcenverteilung in Organisationen sowie mikropoliti-sche Prozesse aus, die zu Asymmetrien hinsichtlich Geschlecht, Alter oder Generativität führen können.

Darüber hinaus zeitigt die empirische Überprüfung des Para-digmas der „grenzenlosen Karrieren“ widersprüchliche Ergebnisse (z. B. Valcourt/Tolbert 2003). Während qualitative Studien die Existenz solcher Karriereformen bestätigen, zeigen die Analysen von Arbeitsstatistiken keine solche Evidenz. Letztere belegen sogar eine Erhöhung der intraorganisationellen Mobilität bei niedrig qua-lifizierten Beschäftigungsniveaus, was darauf hindeutet, dass „grenzenlose Karrieren“ mit umstrukturierten Modellen organisati-oneller Karrieren fordistischer bzw. bürokratischer Regime ko-existieren können und verschiedene Bedeutungen für unterschiedli-

52 Die organisationssoziologische Literatur spricht hier von „organisational-professionellen“ („orga-nisational-professional“) Konflikten (Harrell et al. 1986; Sorensen/Sorensen 1974). Wallace (1995) bezeichnet sie als „professionell-bürokratische“ („professional-bureaucratic“) Konflikte und zeigt, dass organisationale Loyalität nicht von strukturellen Charakteristika der Arbeitskontexte abhängig ist, sondern von den von Mitarbeiter/innen bzw. Experten/innen wahrgenommenen Karriere- bzw. Trajektoriechancen sowie Kriterien der Anerkennungsverteilung. Deswegen plädiert sie für eine Fokussierung der Analyse professioneller Loyalität auf typische professionelle Arbeitsbereiche, womit professionelle und organisationale Loyalität nicht als Gegensätze begriffen werden.

Page 91: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 94

che Trajektorienmomente von Beschäftigten und für different qua-lifizierte Beschäftigte haben. Hier fehlen auch empirische Studien, die klären könnten, ob unterschiedliche Gruppen von Beschäftigten „grenzenlose Karrieren“ oder unstrukturierte flexiblere organisati-onelle Karrieremodelle befürworten (Storey 2000; Valcourt/Tolbert 2003).

I.4 Zwischenfazit: Gemischte Professionalität als Paradigma der Arbeitsorganisation

Die diskutierte Literatur bietet einige Anhaltspunkte für die Ent-wicklung eines theoretischen Rahmens zur Untersuchung aktueller Formen der Arbeitsorganisation. Jenseits von postfordistischen Periodisierungsversuchen und pauschalen Hinweisen auf den Marktdruck oder Flexibilisierungsstrategien zeigen differenzierte Studien, dass es nicht zu einem kompletten Bruch mit fordistischen Arbeitsorganisationsmodellen kommt, sondern vielmehr eine Hyb-ridisierung bürokratischer Organisationsmodelle mit anderen indi-rekten Kontrollformen der Arbeit und des Wissens stattfindet. Nicht alle Branchen und Organisationen bzw. Organisationseinhei-ten sind von Erosionen der beruflichen oder Normalarbeitsverhält-nisse, von Wissensexpansion, technologischem Wandel oder globa-lem Wettbewerb gleich betroffen. Auch innerhalb eines wirtschaft-lichen Sektors und sogar innerhalb eines Unternehmens können unterschiedliche Arbeitsorganisationsmodelle koexistieren (Batt-/Moynihan 2002).

Im Spannungsfeld zwischen der Umwelt einer Organisation und ihrer Strukturen bzw. Ressourcen, Regeln, Normen, Interessen und Werten wird entschieden, welche Flexibilisierungsformen (De-regulierung der Arbeitsverhältnisse, Verfügbarkeit geeigneter Ar-beitskräfte, qualitativer und quantitativen Einsatz von Personal, Fähigkeit zur Reaktion auf Kundenanforderungen) und Arbeits-praktiken bzw. -steuerungsformen kontextuell umgesetzt werden.

Page 92: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

95 Internationale Professionalität

Gleiches gilt für die Frage, welche Handlungsspielräume für Krea-tivität sowie für die Emergenz von Expertise und Innovation ent-stehen bzw. zugelassen werden. Davon hängt ab, inwieweit „kom-pensatorische“ subjektive Leistungen gefordert werden und welche Wissensformen die Beschäftigten in der Praxis mobilisieren sollen bzw. wie solche Wissensformen und Arbeitsleistungen bewertet und prestigeträchtig werden.

Daraus entstehen diverse Arbeitsorganisationsmodelle, die al-lerdings eine institutionelle Ordnung benötigen, um das grundsätz-liche Transformationsproblem der Arbeit zu lösen. Gemischte Pro-fessionalitäts- und Karriereformen, die verschiedene Wissenstypen (akkumulierte Projekterfahrungen, Struck 2006, intern betrieblich zertifizierte Weiterbildung und Qualifikation, Marsden 1999) als unterschiedlich transferierbare Expertise ergänzen und eine Kom-bination von bürokratischen mit weichen Kontrollaspekten ermög-lichen, werden zum Paradigma der institutionellen Ordnung diver-sifizierter Arbeitsregime. Die Institutionalisierung gemischter Pro-fessionalitäts- und Karriereformen birgt für Frauen sowohl Risiken als auch Chancen. Während bürokratische Kriterien der sozialen Ungleichheit wie Hierarchie, Einkommen, formelle Qualifikation und Beruf brüchig werden, werden Individualisierungs- und Sub-jektivierungsfaktoren, die eng mit informellen bzw. impliziten Wissensformen und mit der permanenten Erneuerung der individu-ellen Wissensvorräte verbunden sind, immer wichtiger für den Zu-gang, den Aufstieg und den Verbleib in prestigeträchtigen Er-werbsarbeitsbereichen. Allzeitige Verfügbarkeit für den Betrieb und für die permanente Wissenserneuerung wird unterschiedlich je nach Organisation und Arbeitsbereich zum entscheidenden Asymmetriefaktor zwischen Arbeitnehmer/innen. Chancen bezüg-lich gemischter Professionalitäts- und Karriereformen haben vor allen solche Frauen, die als „Arbeitsnomaden“ (Lohr/Nickel 2005: 222) den betrieblichen Verfügbarkeitsanspruch nicht durch außer-betriebliche Anforderungen wie beispielsweise private Sorge- und

Page 93: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 96

Betreuungsverpflichtungen infrage stellen. Für qualifizierte und auch für berufserfahrene Frauen, die sich mit den Anforderungen der gemischten Professionalitäts- und Karriereformen identifizie-ren, haben sich in postfordistischen Arbeitsregimen neue Chancen vor allem in „high-road“-Arbeitsorganisationsmodellen eröffnet (Funken 2005; Kahlert et al. 2004; Quack 1997). Wie solche Chan-cen in verschiedenen Branchen und Organisationen verteilt sind und welche neuen Risiken dabei entstehen können, ist eine noch weitgehend offene Frage. Allerdings konstatieren einige Auto-ren/innen zunehmende soziale Differenzierungen zwischen Frauen (Weiß/Voß 2005) und auch zwischen Männern, die auf die Erosion der klassischen fordistischen „meritokratischen Triade“ (Bildung, Beruf, Einkommen) zurückzuführen sind: Ein einzelnes Einkom-men im Haushalt reicht nicht mehr aus, um den Lebensunterhalt zu sichern, und Männer orientieren sich zunehmend an Lebenssphä-ren, die jenseits des Betriebs liegen (Nickel et al. 2004). Inwieweit diese verschiedenen Gruppen von modernen Managementkonzep-ten betrieblicher Geschlechterpolitiken (Kutzner et al. 2003) (Gen-der Mainstreaming, Total E-Quality etc.) profitieren, ist umstritten (Wetterer 2003; Riegraf 1996; Tondorf 2001; Lohr/Nickel 2005). Im Zusammenhang mit gemischten Professionalitäts- und Karriere-formen stellt sich hier die Frage, welche dieser verschiedenen Pro-fessionalitäts- und Karriereformen in den Geschlechterpolitiken bevorzugt werden und welchen Frauen bzw. welchen Männern dies zugute kommt.

Gemischte Professionalitäts- und Karriereformen kombinieren organisatorische, marktbezogene und individuelle Faktoren der Arbeit und des Wissens nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene. Insbesondere multinationale Unternehmen haben eine lange Tradition der Internationalisierung von Arbeits-aufgaben und besonders in den letzten Jahren mit Unterstützung von Informations- und Telekommunikationstechnologien neue Formen der internationalen Arbeitsorganisation (wie das Contract

Page 94: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

97 Internationale Professionalität

Manufacturing; Lüthje et al. 2002) umgesetzt. Welchen Einfluss speziell die Internationalisierung der Arbeit auf die Arbeitsorgani-sation und auf gemischte Professionalitäts- und Karriereformen hat, diskutiere ich im nächsten Kapitel.

I.5 Die Internationalisierung von Arbeitskapazitäten in multinationalen Unternehmen

Die Internationalisierung von Arbeitskapazitäten bedeutet eine Herausforderung für die Arbeitsorganisation und damit für die Kontrolle von Arbeit und Wissen. Vor allem große multinationale Unternehmen haben lange Erfahrungen mit der internationalen Or-ganisation der Arbeit und können gegenüber unerfahrenen Konkur-renten von ihren etablierten globalen Netzwerken auf den Produk-tionsmärkten profitieren. Solche Internationalisierungserfahrungen konzentrierten sich in fordistischen Regimen auf die Produktion von Materialgütern. Durch die zunehmende Bedeutung von Dienst-leistungen und vor allem durch die Entwicklung und internationale Expansion von Informations- und Telekommunikationstechnolo-gien entsteht eine neue Dimension der Internationalisierung der Arbeit: Mittlerweile werden auch Dienstleistungen verstärkt inter-national angeboten. Damit wächst die Nachfrage nach Koordinati-on und Kontrolle nicht nur der international verteilten Arbeit, son-dern auch der Wissensdynamik, die sich immer mehr in Interaktion zwischen Personen aus über verschiedene Länder verteilten Stan-dorten entwickelt. In diesem Kapitel gebe ich einen Überblick über den Stand der Diskussion zur Internationalisierung von Arbeit mit einem besonderen Fokus auf multinationalen Unternehmen.

In Deutschland setzte die Expansion multinationaler Unter-nehmen erst in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein (Morgan 2005). In dieser Zeit wurde die deutsche Sozialpart-nerschaft zwischen dem Staat, den Gewerkschaften und den Ar-beitgebern zunehmend von einer forcierten Deregulierung und Li-

Page 95: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 98

beralisierung nach amerikanischem und britischem Muster abgelöst (Streeck 2005). Streeck (2008: 210) weist darauf hin, dass der deut-sche Korporatismus der Nachkriegsjahre mit dem Ausbau der Eu-ropäischen Union und als Konsequenz der veränderten Machtba-lance zwischen Kapital und Arbeit unter Druck geriet: Den Unter-nehmen eröffneten sich immer mehr Chancen in entgrenzten Märk-ten, während die eng an Nationalstaaten gekoppelten Machtres-sourcen der Gewerkschaften erodierten.

Im Laufe tief greifender Strukturveränderungen des Weltmark-tes gewinnen seit den achtziger Jahren multinationale Unternehmen immer mehr an Bedeutung. In den neunziger Jahren fanden Investi-tionen multinationaler Unternehmen überwiegend zwischen indus-trialisierten Ländern und Entwicklungsländern statt und bezogen sich überwiegend auf die Errichtung von Produktionsstätten und die Gewinnung von Rohmaterialien. Inzwischen jedoch hat sich auch der Dienstleistungssektor und vor allem der Finanzsektor in den letzten Dekaden schnell internationalisiert. Allerdings hebt Morgan (2005: 558) zu Recht hervor, dass die Investitionen multi-nationaler Dienstleistungsunternehmen sehr abhängig von zykli-schen Effekten und ökonomischen Bedingungen sind und deswe-gen handelt es sich im Unterschied zu Investitionen im Manufak-turwesen oder der Rohstoffindustrie um keine großen Anlagever-mögen. Allgemein gesehen ist der Anstieg von Direktinvestitionen ein Indiz für eine neue Form globaler ökonomischer Beziehungen (OECD 1992; von Behr/Hirsch-Kreinsen 1998). In der Nachkriegs-zeit entstand eine neue Konkurrenzsituation, die durch die spätere Sättigung der Nachfrage in einzelnen Marksegmenten sowie durch Überkapazitäten in mehreren Industriebranchen verschärft wurde. Darüber hinaus stieg auch die Konkurrenz mit Unternehmen aus neu industrialisierten Ländern und gleichzeitig gab es wegen der Erosion der Leitwährungsfunktion des Dollars und der angekoppel-ten internationalen Regelungsmechanismen zunehmend unkalku-

Page 96: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

99 Internationale Professionalität

lierbare Währungsverschiebungen (von Behr/Hirsch-Kreinsen 1998: 18 ff.).

Multinationale Unternehmen, die sich im Laufe der Jahre als Konglomerat von Tochterunternehmen und einer Konzernzentrale herausgebildet hatten und durch Exportstrategien aus national ver-ankerten und wenig an ausländischen Standorten verorteten Stammhäusern geprägt waren, waren durch die Internationalisie-rung der Produktion gezwungen, ihre Strategien zu ändern. Wie und warum sich solche Strategien im Zusammenhang mit der Transformation der Arbeitsorganisation multinationaler Unterneh-men entwickelt haben, wird aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven analysiert. Grundsätzlich lassen sich vier Ansätze unterscheiden: Erstens gibt es die ökonomische Managementper-spektive, die sich auf die Erklärung der ökonomischen Logik der Unternehmensentwicklung und der direkten internationalen Investi-tionen konzentriert. Innerhalb dieser ökonomischen Management-perspektive entwickelte sich in den neunziger Jahren der vor allem von Bartlett und Ghoshal (1990) herausgearbeitete Transnationali-sierungsansatz auf kontingenztheoretischer Basis. Dieser Ansatz wurde auch in der Soziologie, insbesondere in der Arbeits- und Organisationssoziologie, rezipiert und führte zu zahlreichen Dis-kussionen und Weiterentwicklungen. Daraus entstand unter ande-rem der institutionalistische Ansatz, der als eine zweite Hauptper-spektive in der Analyse der Internationalisierung der Produktion gelten kann.

Die institutionalistische Perspektive zielt darauf, die historische institutionelle Entwicklung unternehmerischer Kapazitäten und Ressourcen und deren Implikationen für die Strategien, Struktur und Handlungen von Unternehmen zu verstehen (Hall/Soskice 2001; Hollingsworth 1997; Whitley 1999; Quack et al. 2000).

Institutionalisten kritisieren die von den kontingenztheoreti-schen Transnationalisten behauptete Bindungs- und Ortslosigkeit von Unternehmen und Management und betonen demgegenüber

Page 97: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 100

die zentrale Bedeutung des Stammlandes sowohl für die Strategie- und Organisationstypen als auch für Internationalisierungspfade von Unternehmen. Während sich vor allem aus den USA stammen-de Institutionalisten bzw. Neoinstitutionalisten auf Legitimations-aspekte multinationaler Organisationen in ihren Umwelten (Di-Maggio/Powell 1983) und auf die Expansion solcher Aspekte kon-zentrieren, die durch isomorphe Prozesse zur Konvergenz multina-tionaler Unternehmen führen, richten andere Vertreter/innen dieses Ansatzes speziell aus Europa das Augenmerk auf die konkrete Ein-bettung multinationaler Unternehmen in nationalen „business sys-tems“ (Whitley 2000), in industriellen Komplexen (Ruigrok/van Tulder 1995) oder in Aushandlungsarenen (Dörre 1996), die zu unterschiedlichen Formen von grenzüberschreitend tätigen Unter-nehmen führt (Mense-Petermann/Wagner 2006).

Drittens hat sich jenseits der Fokussierung auf das multinatio-nale Unternehmen als Analyseeinheit in den letzten Jahren eine weitere theoretische Perspektive entwickelt, die mithilfe der Analy-se der Wertschöpfungsketten die Aufmerksamkeit gezielt auf die internationale Transformation der Arbeitsorganisation lenkt (Flecker 2005; Ramioul et al. 2005; Thompson 2003; Flecker et al. 2002; Appelbaum/Batt 1994; Boyer/Freyssenet 2000; Freyssenet 1995; Lorenz/Valeyre 2005; Batt/Doellgast 2004; Batt/Moynihan 2002; Brödner/Latniak 2002; Edwards et al. 2002; Linhart 1994; Veltz/Zarifian, 1993; Totterdill 2002; Marchington et al. 2004; Gollac/Volkoff 2002; Benner 2002; Lüthje et al. 2002; speziell zu Callcentern: Holtgrewe/Kerst 2002; Holtgrewe et al. 2002).

Viertens wird der transnationalistische Ansatz von Bartlett und Ghoshal aus einer handlungstheoretischen und mikropolitischen Sicht der Organisationen angegriffen. Im Gegensatz zur optimisti-schen harmonischen Vorstellung von Bartlett und Ghoshal wird hier betont, dass die verschiedenen Akteure in unterschiedlich plat-zierten Niederlassungen jeweils Eigeninteressen haben und mit ihren Machtressourcen gegen die Strategien der Stammunterneh-

Page 98: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

101 Internationale Professionalität

men Widerstand leisten (Flecker 2000; Dörrenbächer 2006; Mense-Petermann 2005; Matthäi/Kotthoff 2001).

Auf den nächsten Seiten diskutiere ich die erwähnten verschie-denen theoretischen Perspektiven detailliert, um anschließend den theoretischen Rahmen für meine empirische Untersuchung zu for-mulieren.

I.5.1 Ökonomische und Management-Analysen der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten multinationaler Unternehmen

Zahlreiche Untersuchungen analysieren grenzüberschreitend tätige Unternehmen aus managementwissenschaftlicher Perspektive (Aharoni 1966; Buckley/Ghauri 1999; Dunning 1988; 1991; Ver-non 1966; Hymer 1970; 1976; Knickerbocker 1973; Johanson/Vahlne 1977; 1990; 1992; 1993; 2003; Johan-son/Wiedersheim-Paul 1975; Johansson/Nonaka 1983; Johans-son/Yip 1994; Jarillo/Martínez 1990; Kreikebaum et al. 2002; Kutschker/Schmid 2004; Kutschker et al. 1997; Luostarinen 1989; Macharzina/Engelhard 1991; Welch/Luostarinen 1988). Oft werden in diesen Studien aber lediglich einzelne Aspekte der Internationa-lisierung herausgegriffen. Eine allgemein gültige Theorie der Inter-nationalisierung fehlt bislang (Perlitz 1995). Der Begriff der Inter-nationalisierung von Unternehmen ist in der einschlägigen wissen-schaftlichen Literatur auch nicht einheitlich und deutlich definiert. Neben Untersuchungen mit einem Fokus auf Managementdimensi-onen konzentrieren sich Autoren/innen aus einer wirtschaftswissen-schaftlichen Perspektive auf die Konkurrenz verschiedener Unter-nehmen im Prozess der Internationalisierung. Zu den am weitesten verbreiteten Erklärungsansätzen aus dieser Perspektive zählen das Modell von Dunning (1977) und das Uppsala Modell von Johanson und Vahlne (1997) (vgl. Rugman/Verbeke 2004: 11).

Page 99: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 102

I.5.1.1 Das Modell von Dunning

Die theoretische Grundlage des Dunning-Modells setzt sich aus verschiedenen Ansätzen zusammen: Es bezieht sich auf die Theorie des monopolistischen Vorteils53, die Internalisierungstheorie54, neoklassische Außenhandelstheorien und Standorttheorien.55 Das Modell von Dunning (1977; 1981; 1988), das wegen seiner Kom- 53 Die Theorie des monopolistischen Vorteils legt den Analyseschwerpunkt auf Direktinvestitionen von Unternehmen als Erklärung der Vorteile internationaler Untenehmen im Ausland. Hauptvertreter dieser Theorie ist Stephen H. Hymer (s. Dunning/Pitelis 2008 über den Beitrag von Hymer zur International-Business-Disziplin). Hymer (1976) stellt die Managementkontrolle eines Unternehmens in den Mittelpunkt seiner Theorie. Um das im Ausland eingesetzte Kapital abzusichern, den beste-henden Wettbewerb auszuschalten und die Renten aus monopolistischen Vorteilen abzuschöpfen, streben Unternehmen nach direkter Kontrolle von Direktinvestitionen. Die Nutzung monopolistischer Vorteile durch Direktinvestitionen macht Unternehmen zu international tätigen „rent seekern“. Darüber hinaus werden sie zu „market value seekern“, indem sie Einfluss auf die Wertschöpfung nehmen, um den Unternehmenswert zu steigern. Nachteile bzw. Risiken der internationalen tätigen Unternehmen gegenüber Lokalunternehmen liegen u. a. in Informationsdefiziten über die Sprache, das Wirtschaftssystem und die Gesetzgebung sowie über das politische System des Investitionslands. Diese Nachteile können nach Hymer (ebd.: 35) durch hohe Investitionen in die Informationsbeschaf-fung überwunden werden. Damit sich die Direktinvestitionen eines Unternehmens im Ausland loh-nen, müssen die Vorteile des Auslandsengagements die Nachteile überwiegen. Diese Vorteile sind: – Möglichkeit zur Beschaffung von Produktionsfaktoren mit niedrigen Kosten; – Zugriff auf eine Produktionstechnologie höherer Effizienz; – Besseres Distributionssystem; – Potenzial zur Produktdifferenzierung (vgl. Kreikebaum et al. 2002: 49 ff.). 54 Die Grundlage der Internalisierungstheorie ist der Transaktionskostenansatz von Coase (1936), der von Buckley und Casson (1976) sowie später Teece (1983) weiterentwickelt wurde. Die Internalisie-rungstheorie versucht die Frage zu beantworten, unter welchen Umständen multinationale Unterneh-men Wertschöpfungsaktivitäten intern durchführen und in welchen Fällen sie externe Leistungen von unabhängigen Marktpartnern im Ausland beziehen (Kreikebaum et al. 2002: 80). 55 „Standorttheorien befassen sich mit einzel- und gesamtwirtschaftlichen Lokalisationsproblemen.“ (Schätzl 1993: 27). Heinrich von Thünen und Alfred Weber (ein Bruder von Max Weber) gelten als die Hauptvertreter klassischer Standorttheorien. Die Standortstrukturtheorie Heinrich von Thünens (1879) beschäftigt sich mit der landwirtschaftlichen Raumgestaltung. Alfred Webers (1909) Theorie unternehmerischer Standortwahl konzentriert sich auf den sekundären Wirtschaftssektor. Nach Weber wird die Standortwahl von drei Hauptfaktoren beeinflusst: Transportkosten, Arbeitskosten und Agglomerationswirkung. Industriezweige mit Verarbeitungsverfahren, die einen hohen Ge-wichtsverlust mit sich bringen, wählen ihren Standort rohstofforientiert. Demgegenüber verhalten sich Unternehmen, deren Enderzeugnisse im Verhältnis zu den Rohmaterialien einen verschwindend geringen Gewichtsverlust haben, marktorientiert, d. h. sie lassen sich dort nieder, wo die Kosten möglichst gering sind und gute Preise in der Nähe der Absatzmärkte erzielt werden können. Agglo-merationsvorteile lassen sich aus externen Ersparnissen erzeugen, wie z. B. durch einen günstigen Arbeitsmarkt, den Zugang zu spezialisierten Zulieferern etc. Doch es existieren auch Kosten bzw. Agglomerationsnachteile, wie die Konkurrenz um hoch qualifizierte Arbeitskräfte oder hohe Lohn-kosten.

Page 100: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

103 Internationale Professionalität

bination unterschiedlicher Perspektiven auch eklektisches Modell genannt wird, versucht zu klären, welche Formen der Anpassung an Auslandsmärkte Unternehmen wählen. Dafür stellt Dunning (1977: 61 ff.) drei Kategorien unternehmensspezifischer Vorteile in den Vordergrund: Eigentums- bzw. Wettbewerbsvorteile (owner-ship advantages), Internalisierungsvorteile (internalization advan-tages) sowie Standortvorteile (location advantages). Die unterneh-mensspezifischen Eigentumsvorteile stellen nach diesem Ansatz die Hauptvoraussetzung der Internationalisierung eines Unterneh-mens dar. Einerseits können Unternehmen unabhängig von interna-tionalen Aktivitäten allgemeine Eigentumsvorteile erzielen, wie beispielsweise die Unternehmensgröße, die Etablierung einer Marktposition oder Produktinnovationen. Andererseits schafft das Unternehmen infolge der Internationalisierung bestimmte „Trans-aktionsvorteile“, wie etwa einen effizienterer Ressourcenzugang oder Kapitaltransfermöglichkeiten, die gleichzeitig zur Erweiterung der allgemeinen Eigentumsvorteile des Unternehmens beitragen können (Kreikebaum et al. 2002: 77). Abhängig davon, welche Internalisierungsvorteile bzw. welches Ausmaß an Leistungssteige-rung durch die unternehmensexterne oder -interne Herstellung je-weils erzielt werden, wird eine Entscheidung über die Art und den Umfang der Unternehmensaktivitäten bzw. über eine unterneh-mensinterne Koordination oder eine vertragsbasierte Ressourcen-übertragung getroffen. Standortvorteile sind wiederum von Eigen-tums- und Internalisierungsvorteilen abhängig bzw. stellen eine Kombination beider Vorteile dar, ergänzt um die Standortvorteile eines Auslandsmarktes. Kreikebaum et al. (2002: 79) nennen z. B. Auslandsmarktgröße, Infrastruktur oder Standortnähe als einige Standortfaktoren. Direktinvestitionen im Auslandsmarkt werden getätigt, wenn es zu einer positiven bzw. vorteilhaften Kombination von Eigentums-, Internalisierungs- und Standortfaktoren kommt.

Das Modell von Dunning hat den Vorteil, dass es einige kon-krete Faktoren identifiziert, die zur Erklärung der Auslandstätigkei-

Page 101: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 104

ten von Unternehmen beitragen (Fuchs/Apfelthaler 2002: 43). Doch zwischen den einzelnen Vorteilskategorien existieren Über-schneidungen, die das Modell unklar machen (Kutschker/Schmid 2004: 447).

Dunning (1988; 1993; 2000) erweiterte deshalb sein eigenes eklektisches Modell, um die Vorteilskategorien deutlicher trennbar zu konzeptualisieren. In diesem Zusammenhang entwickelt Dunning das Faktorausstattungs- bzw. Marktversagen-Paradigma (factor-endowment/market-failure paradigm), in dem er vier Haupt-typen internationaler Produktion bzw. Motivationen für internatio-nale Geschäftsaktivitäten unterscheidet: Marktsuche (market seeking), Ressourcensuche (ressource seeking), Effizienzsuche (efficiency seeking), strategische Vorteilssuche (strategic asset seeking). Im Hinblick auf die Marktsuche, also die Möglichkeiten, neue Märkte zu erschließen oder bestehende zu erhalten, nennt Dunning Faktoren wie beschleunigtes Wachstum des Auslands-marktes, Nähe zu Kunden oder Präsenzwille auf dem Markt, die zu Direktinvestitionen führen können. Beim zweiten Typ der interna-tionalen Produktion bzw. bei der Ressourcensuche geht es um die Erschließung von technologischen, natürlichen oder Fachkräfte-Ressourcen im Ausland. Bei der Effizienzsuche handelt es sich um die optimale Kombination von Markt- bzw. Ressourcensuche durch Investitionen im Ausland. Vorteile entstehen hierbei vor allem durch Risikodiversifizierung sowie durch Nutzung von Skalenef-fekten. Die strategische Vorteilssuche bezieht sich auf den Schutz der Unternehmenseigentumsvorteile. Darüber hinaus integriert Dunning noch zusätzliche Elemente in sein Modell, wie die Markt-eintrittsformen bezüglich Joint Ventures, strategische Allianzen, Akquisitionen und andere vertragliche Kooperationen. Weiterhin versucht Dunning (1991; 1993; Dunning/Bansal 1997) das eklekti-sche Modell durch ein Wechselspiel der betrachteten Vorteilskate-gorien mit strategischen Aspekten des Unternehmens sowie mit Marktfaktoren zu dynamisieren und auch zu kulturellen Aspekten

Page 102: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

105 Internationale Professionalität

in Bezug zu setzen. Trotz dieser Weiterentwicklungen gelingt es Dunning jedoch nicht, einen überzeugenden dynamischen und kul-tursensitiven Ansatz vorzulegen, auch wenn er wichtige Anhalts-punkte für die Erklärung der Internationalisierung von Unterneh-men anbietet (Jahn 2007: 133 ff.).

I.5.1.2 Das Uppsala-Modell

Ein weiteres bedeutendes und in der Empirie mehrmals erprobtes Erklärungsmodell der Internationalisierung von Unternehmen aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht ist das verhaltensorientierte Internationalisierungsprozessmodell der sogenannten Uppsala-Schule nach Johanson und Vahlne (1977).56 Dieses Modell erfasst im Gegensatz zu Dunnings Modell die Dynamik des Internationali-sierungsprozesses und darüber hinaus integriert es die Dimension der Marktkenntnis, um Internationalisierungsverhalten zu erklären. Die Wurzeln dieses behavioristischen Modells sind in den Arbeiten von Cyert und March (1963) sowie Aharoni (1966) zu finden. Johanson und Vahlne (1977) stellen in ihrem Modell zunächst ei-nen Ablauf von vier Phasen dar, den das Unternehmen auf dem Internationalisierungspfad durch einen Anstieg des Ressourcenein-satzes stufenweise durchlaufen soll. Zunächst ergeben sich unre-gelmäßige Aktivitäten im Ausland, die sich auf gelegentliche und gezielte Exporttätigkeiten beschränken. Abhängig davon, welche Kenntnisse und Erfahrungen das Unternehmen über die Chancen und Probleme der Auslandstätigkeit gesammelt hat,57 nimmt der 56 Holtbrügge (2005: 2) beschreibt das Besondere an diesem Modell folgendermaßen: „Zum einen führen Johanson/Vahlne die Internationalisierung von Unternehmungen nicht primär auf ökonomi-sche Faktoren wie Kostenunterschiede oder Nachfragebedingungen zurück, sondern auf verhaltens-orientierte Aspekte wie Wissen, Lernen und Erfahrungen. Zum anderen ist ihr Ansatz nicht auf einmalige Internationalisierungsentscheidungen beschränkt. Vielmehr wird der Internationalisie-rungsprozess von Unternehmungen betrachtet und damit eine dynamische Perspektive eingenom-men.“ 57 „By market knowledge we mean information about markets, and operations in those markets, which is somehow stored and reasonably retrievable in the mind of individuals, in computer memo-ries, and in written reports.“ (Johanson/Vahlne 1977: 26).

Page 103: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 106

Ressourceneinsatz dann weiter zu (establishment chains), indem das Unternehmen in einer zweiten Phase Exportaktivitäten mit be-stimmten Agenten betreibt und in einer dritten Phase Vertriebsge-sellschaften im Ausland etabliert. In einer vierten Phase schließlich integriert sich das Unternehmen in den Auslandsmarkt durch die Gründung von Produktionsgesellschaften vor Ort. Nach dem Kon-zept der „psychischen Distanz“, wonach Informationsbarrieren in Bezug auf ausländische Märkte bestehen,58 argumentieren Johanson und Vahlne, dass Unternehmen zunächst in bekannte, nahe Märkte expandieren und dann im Laufe der Zeit weniger ver-traute, „psychisch“ (weniger bekannte) weiter entfernte Märkte erschließen. Der Eintritt in psychisch nahe Märkte reduziert die Marktunsicherheit und erhöht die Chancen für eine erfolgreiche Marktbearbeitung (Johanson/Vahlne 1990: 13). Weiterhin betrach-ten Johanson und Vahlne (1977) Marktkenntnisse, unterteilt in ob-jektives Wissen und Erfahrungswissen, als situative Einflussgröße auf den Internationalisierungsprozess.59 In einer späteren theoreti-schen Fundierung ihres vor allem empirisch basierten Ansatzes fügen Johanson und Vahlne (1990) das Internationalisierungsmo-dell ergänzt um dynamische Elementen in ihre Lerntheorie der Internationalisierung ein (vgl. Holtbrügge 2005: 5). Dabei benutzen die Autoren die sich wechselseitig beeinflussenden statischen Kon-zepte Marktbindung und Marktwissen sowie die dynamischen Be-griffe Marktbearbeitungsentscheidungen und laufende Aktivitäten (Johanson/Vahlne 1990: 12; vgl. auch Holtbrügge 2005: 6). Die dynamischen Elemente des Modells beziehen sich auf die Zusam-

58 „The psychic distance is defined as the sum of factors preventing the flow of information from and to the market. Examples are differences in language, education, business practices, culture, and industrial development.“ (Johanson/Vahlne 1977: 24). 59 „There is a direct relation between market knowledge and market commitment. Knowledge can be considered a resource (or, perhaps preferably, a dimension of the human resources), and conse-quently the better the knowledge about a market, the more valuable are the resources and the stronger is the commitment to the market. This is especially true of experiential knowledge, which is usually associated with the particular conditions on the market in question and thus cannot be trans-ferred to other individuals or other markets.“ (Johanson/Vahlne 1977: 28).

Page 104: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

107 Internationale Professionalität

menarbeit zwischen unternehmerischen Entscheidungsträgern und Marktakteuren, die Vertrauen schafft und damit auch zur Markt-bindung beiträgt. Außerdem wird das Unternehmen durch die zu-nehmende Einführung von standardisierten und routinisierten Ge-schäftsaktivitäten im ausländischen Markt Erfahrungen sammeln, die Marktentscheidungen positiv beeinflussen, auch wenn diese mit nicht-explizitem Wissen von Entscheidungsträgern verbunden sind. Weiterhin kann auch marktbezogenes Erfahrungswissen durch Un-ternehmensakquisitionen oder durch die Rekrutierung neuer sowie erfahrener Mitarbeiter/innen in die Unternehmen integriert werden (Johanson/Vahlne 1977: 29) und der inkrementale Charakter der Internationalisierung bleibt im Modell bestehen. Darüber hinaus ist jede Marktbindung mit Unsicherheitseffekten sowie mit Risiken verbunden (ebd.: 29 ff.).

Das Uppsala-Modell wurde in zahlreichen Studien sowohl be-stätigt (Forsgren 1989; für Deutschland: Dichtl et al. 1984; Engel-hard/Ekert 1993) als auch widerlegt (Schreyögg 1978; Stubbart/Smalley 1999; Van de Ven 1992). Die Kritik an diesem Modell bezieht sich auf sein idealtypisches Konzept des Internatio-nalisierungsverlaufs und seine Fokussierung auf das Erfahrungs-wissen als Erklärungskonstrukt. Schreyögg (1978) sowie Reid (1983: 52 ff.) und Turnbull (1987: 36 f.) bezeichnen das Modell als deterministisch, während andere Autoren (Stubbart/Smalley 1999; Van de Ven 1992: 172) an der empirischen Anwendbarkeit von Stufenmodellen zweifeln (Jahn 2007: 152).

Bäurle (1996: 71) weist darauf hin, dass Unternehmen häufig Stufen der oben erwähnten „establishment chain“ überspringen. Unternehmen entscheiden sich erst dann für Auslandstätigkeiten, wenn sie über ausreichend Wissen und finanzielle Ressourcen ver-fügen. Der Investitionsaufwand verringert sich in späteren Phasen des Internationalisierungsprozesses und damit werden die Zeitab-schnitte zwischen den folgenden Internationalisierungsschritten kürzer (Pedersen/Shaver 2000: 7; vgl. Holtbrügge 2005: 23). Gera-

Page 105: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 108

de dieses Phänomen des Überspringens einzelner Stufen der „estab-lishment chain“ wird in der Studie von Holtbrügge (2005) über die Internationalisierung von BMW und VW „vor allem bei der Akqui-sition ausländischer Unternehmungen (z. B. Rover, Seat, Skoda)“ bestätigt.

Darüber hinaus bestreitet Holtbrügge (2005: 23) die Gültigkeit der Theorie von Johanson und Vahlne (1977) für Unternehmen, die bereits einen hohen Internationalisierungsgrad aufweisen.60 Wett-bewerbs- sowie externe Faktoren haben nach Holtbrügge (2005) in diesem Fall einen größeren Einfluss auf die Internationalisierung als die im Uppsala-Modell erwähnten Faktoren. Auch die Gültig-keit des Konzeptes der „psychischen Distanz“ wird diskutiert.61 So berichten beispielsweise Studien einem „psychischen Distanzpara-dox“ berichten in Bezug auf die Schwierigkeiten bei Geschäftstä-tigkeiten in sogenannten „psychisch nahen Märkten“, das zum Scheitern der Internationalisierung von Unternehmen führen kann (O’Grady/Lane 1986). Außerdem weist Holtbrügge (2005: 21) da-rauf hin, dass Firmen auch die „psychische Distanzkette“ über-springen können. Wegen der Marktöffnungen etwa in Osteuropa oder China expandieren auch Firmen mit geringer Erfahrung im Ausland, aber Pionierintentionen in diesen Ländern und Regionen. Da das Uppsala-Modell sich hauptsächlich auf Erfahrungswissen konzentriert, während andere Aspekte vor allem aus der Umwelt des Unternehmens wie Marktstruktur, Markteintrittsbarrieren und Transaktionskosten62 aus dem Blick geraten, ist seine Reichweite sehr beschränkt, wie einige Autoren/innen kritisieren (Reid 1983: 44 ff.; Turnbull 1987: 36; Majkgård 1998: 13; Pedersen 2000: 81; Blomstermo/Sharma 2003: 25; Holtbrügge 2005: 22).

Gerade die Umwelt und die Unternehmensstruktur sowie ihre Transformation im Laufe der Internationalisierung werden von der 60 Sogenannte „born globals“ (Enßlinger 2003; vgl. Holtbrügge 2005: 21). 61 Zur Messung der kulturellen Distanz s. den Überblick von Stöttinger/Schlegelmilch 2000. 62 Speziell diese Aspekte gelten in den institutionalistischen und neoinstitutionalistischen wirt-schaftswissenschaftlichen und sozioökonomischen Theorien als besonders wichtig.

Page 106: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

109 Internationale Professionalität

Prozessschule des Internationalen Managements berücksichtigt. Besonders die Unternehmenstypologie von Bartlett und Ghoshal (1990), die die Modelle von Perlmutter (1979), Dunning (1977) und Porter (1989) sowie vor allem das Modell von Prahalad und Doz (1987) weiterentwickelt, wurde in der Literatur über die Inter-nationalisierung und neuerdings auch über die Transnationalisie-rung von Unternehmen stark beachtet (Pries 2008: 185) und hat vor allem aus institutionalistischer Perspektive viele Diskussionen aus-gelöst.

I.5.1.3 Das Modell des transnationalen Unternehmens aus kontingenztheoretischer Sicht

Bartlett und Ghoshal (1989) unterscheiden zwischen vier Unter-nehmenstypen in Bezug auf die Kontextfaktoren Struktur, Strategie und Umwelt bzw. historische und Branchenumwelt. Dabei legen sie den Fokus auf die Umwelt und insbesondere die Branchenum-welt als Initiierungsfaktor spezifischer Strategie-Struktur-Konfigurationen, wobei die Kontextfaktoren in einer wechselseiti-gen Beziehung zueinander stehen. Die empirische Basis dieser Ty-pologie bilden neun Fallstudien in weltweit tätigen Unternehmen.63 Bei den vier Unternehmenstypen, die Bartlett und Ghoshal ausge-hend von ihren empirischen Analysen identifiziert haben, handelt es sich um multinationale, internationale, globale sowie transnatio-nale Unternehmen. Diese Typologie ist historisch angelegt; die multinationalen Unternehmen werden dabei der Zeit zwischen den Weltkriegen, die internationalen Unternehmen der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und die globalen Unternehmen der Zeit zwi-schen den sechziger und den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zugeordnet, seit diesem Zeitpunkt existieren schließ-

63 Konkret wurden die Fallstudien bei folgenden Unternehmen durchgeführt: IBM, NEC, Unilever, Procter & Gamble, Kao, General Electrics, Philips, Matsushita, ITT und Ericsson (Bartlett/Ghoshal 1990: 10).

Page 107: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 110

lich die transnationalen Unternehmen. Der erste Unternehmensty-pus zeichnet sich dadurch aus, dass Entscheidungen dezentral ge-troffen werden, entsprechend der grundlegenden Struktur des Un-ternehmens, die aus einer Art Föderation von verschiedenen recht unabhängigen Einheiten im Ausland besteht, die hauptsächlich ex-pansive Unternehmensabsichten verfolgen. Das internationale Un-ternehmen, auch als koordinierte Föderation bezeichnet, basiert auf einem Transfer von Know-how bzw. Technologien sowie Mana-gementprozeduren vom Mutterunternehmen zu den ausländischen Einheiten. Entscheidungen, die dezentral in den Tochtergesell-schaften im Ausland getroffen werden, werden durch die Zentrale kontrolliert. Zwischen den Tochtergesellschaften und der Zentrale werden eine Reihe formaler Planungs- und Kontrollmechanismen etabliert, die dazu dienen, die Verbindungen zwischen den jeweili-gen Einheiten zu steuern. In der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg konnten Unternehmen aus den Vereinigten Staaten die-ses Unternehmensmodell aufbauen und von der starken Nachfrage profitieren, die aus dem Wiederaufbau der europäischen Länder resultierte. Vor allem durch sinkende Logistikkosten und effiziente-re Kommunikations- sowie Produktionstechnologien entsteht ab den sechziger Jahren eine neue Internationalisierungsstrategie, die vom Mutterunternehmen koordiniert wird und hauptsächlich auf Effizienz, Kostenvorteilssuche sowie Präsenz auf dem Weltmarkt ausgerichtet ist. Das Unternehmen steuert seine Aktivitäten durch ein starkes operatives Kontrollsystem, das als zentralisierte Kno-tenpunktstruktur bezeichnet wird (Bartlett 1989: 435). Es sind hauptsächlich japanische Unternehmen, die in dieser Phase einen solchen Unternehmenstyp entwickeln (Bartlett/Ghoshal 1990: 30). Die zunehmende Komplexität von Umweltfaktoren wie zum Bei-spiel die rasante Entwicklung effizienterer Telekommunikations-technologien Ende der siebziger Jahre trug dazu bei, dass die Ver-bindungen zwischen Unternehmen und ihrer Umwelt immer dyna-mischer wurden. Unternehmen organisieren nach der Analyse von

Page 108: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

111 Internationale Professionalität

Bartlett und Ghoshal (ebd.: 603–625) deswegen ihre Aktivitäten immer mehr nach dem Modell des interorganisationalen Netzwer-kes. Ausländische Tochtergesellschaften werden verstärkt in die Entscheidungen der Muttergesellschaft eingebunden, wodurch sich ihre Rolle grundlegend verändert. In transnationalen Unternehmen widerspiegeln sich die vergangenen Organisationstypen insofern wider, als abhängig von den Notwendigkeiten der Situation das Unternehmen globale Effizienz, lokale Anpassung oder Lernfähig-keiten bezogen auf Wissen, Innovation oder Technologien betont. Charakteristisch für transnationale Unternehmen ist das Austausch-verhältnis zwischen der Muttergesellschaft und den Tochtereinhei-ten, die interdependent agieren und in internationalen Märkten ver-schieden positioniert sind (Jahn 2007: 213).

Bei dieser Typologie nimmt die Branchenumwelt des Unter-nehmens eine sehr bedeutende Rolle ein, aber auch interne Organi-sationsfaktoren wie die Entwicklung des Unternehmens, die Res-sourcenkonfiguration oder die Unternehmenskultur – Faktoren, die wiederum die Organisationsstrukturen beeinflussen. Die transna-tionale Lösung, wie Bartlett und Ghoshal (1989) sie nennen, wird als ein Organisationsansatz bezeichnet, mithilfe dessen Unterneh-men auf die immer komplexeren Anforderungen der Umwelt rea-gieren, indem sie unterschiedlich verfügbare Vorteilsquellen simul-tan nutzen. Transnationale Unternehmen benötigen für ihr Innova-tionsmanagement sowie zur Sicherstellung ihrer notwendigen weltweiten Lernfähigkeit Lösungen für die gemeinsame Nutzung von Wissen. Die Tochtergesellschaften im Ausland, differenziert nach Bereichen, Funktionen oder bestimmten Aufgaben, agieren gemeinsam mit der Muttergesellschaft als interorganisationales Netzwerk und können damit flexibler in einer immer dynamische-ren Umwelt handeln. Das heißt, dass das transnationale Unterneh-men nach Bartlett und Ghoshal den Charakter eines differenzierten und gleichzeitig integrierten Netzwerks aufweist. Das Management eines solchen Netzwerkes ist aber von den administrativen Fakto-

Page 109: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 112

ren abhängig bzw. von unternehmenseigenen strategischen, struktu-rellen und kulturellen Entwicklungsgeschichte. Je nachdem, wie der Internationalisierungspfad des Unternehmens aussieht, wird das Unternehmen entweder von Integrations- oder De-Integrations-prozessen geprägt. Für das Management stellen sich dabei drei Hauptaufgaben:

Erstens ist die Legitimierung eines ausgewogenen integrierten Managements von unterschiedlichen Unternehmensseiten gefor-dert. Dem Top-Management des Unternehmens kommt hier eine sehr wichtige Rolle zu: Es muss den unterschiedlichen Einheiten Zugang zu Informationen ermöglichen und sie in Entscheidungs-findungsprozesse einbeziehen, um eine Machtbalance im Netzwerk zu gewährleisten.

Zweitens müssen flexible und multiple Koordinationsprozesse entwickelt werden. Zentralisierung bezogen auf die Rolle der Mut-tergesellschaft bei der Ressourcenverteilung, Formalisierung in Bezug auf Systeme, Standards sowie Handlungsleitlinien und Sozi-alisation der Manager sind dabei Koordinationsinstrumente, die in Abhängigkeit von Güter-, Ressourcen- und Informationsströmen einerseits und im Zusammenhang mit den strategischen Rollen der jeweiligen Einheiten andererseits gestaltet werden sollen.

Drittens müssen eine gemeinsame Vision aufgebaut und Ver-ständnis für die Matrixstruktur der Organisation geschaffen wer-den, um die Identifikation und Motivation der Mitarbeiter/innen sicherzustellen. Denn nach Bartlett und Ghoshal (1989) bietet das Modell des transnationalen Unternehmens zwar einerseits Flexibili-tätsvorteile, das zugrunde liegende interorganisationale Netzwerk ist aber andererseits immer wieder von Zersplitterung und Spaltun-gen bedroht. Für den Aufbau einer solchen Vision sind nach Bart-lett und Ghoshal (2002: 202–207) vor allem drei Faktoren ent-scheidend: Erstens muss eine Konkretisierung von Zielen und Orientierungspunkten erfolgen, die verständlich, nachvollziehbar und klar für alle Mitarbeiter/innen sein sollen und die darüber hin-

Page 110: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

113 Internationale Professionalität

aus eine gewisse Dauerhaftigkeit und Anwendungskonsistenz in allen Organisationseinheiten haben müssen. Zweitens müssen Ver-ständnis und Akzeptanz für strategische Aktivitäten in der gesam-ten Organisation geschaffen werden. Dabei sind Instrumente wie Weiterbildung, Laufbahnsteuerung oder Rekrutierung bedeutsam. Drittens müssen die lokalen Manager in die Gestaltung der allge-meinen Vision des gesamten Netzwerkes eingebunden werden. Bei der Transformation zum transnationalen Unternehmen ist Bartlett und Ghoshal (2002) zufolge vor allem wichtig, dass sich die An-sichten und Mentalitäten der Führungskräfte ändern. Dafür müssen neue Rollen und Aufgaben für die Führungskräfte geschaffen sowie ein sequenzieller strategischer Wandlungsprozess (Rationalisie-rung, Revitalisierung, Selbststeuerung) im Unternehmen initiiert werden, der dafür sorgt, dass die unterschiedlichen Einheiten so-wohl integriert werden als auch selbstständig agieren können (Bart-lett/Ghoshal 2002: 231 ff.).

Zusammenfassend beschreibt das Modell von Bartlett und Ghoshal (1989; 2002) die zu bestimmten Zeitpunkten vorherr-schenden Unternehmenstypen. Doch die Transformation von einem Organisationstyp zum anderen steht nicht im Vordergrund dieser Theorie. Hauptsächlich fokussieren die Autoren auf das transnatio-nale Unternehmen als den historisch jüngsten Unternehmenstypus und betonen die neuen Anforderungen (vor allem globale Integrati-on und gleichzeitige Länderdifferenzierung), mit denen die Unter-nehmen derzeit konfrontiert sind, bzw. die neuen Strategien, die Unternehmen verfolgen, um solchen Anforderungen gerecht zu werden. Harzing (2000) hat das Modell von Bartlett und Ghoshal (1989) empirisch überprüft und alle Unternehmenstypen außer dem internationalen Unternehmenstyp bestätigen können.

Eine ähnliche theoretische Erklärung der Unternehmensstrate-gien, um Innovationsanforderungen zu konfrontieren auf der Basis von kulturellen Aspekten, hat Hedlund (1993) entwickelt. Hedlund identifiziert eine Tendenz zu heterarchischen Steuerungsformen

Page 111: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 114

multinationaler Unternehmen. In einigen multinationalen Unter-nehmen die Stammfirmen eine dominante Rolle gegenüber ihren Filialen ein. Es gibt jedoch andere multinationale Unternehmen, die die lokalen Kapazitäten sowie Kompetenzen der Filialen berück-sichtigen. Sie versuchen entweder, eine zentrale Steuerung durch-zusetzen, oder den Filialen größere Freiheiten einzuräumen, um von der Diversität des Unternehmens zu profitieren. Bei dieser letz-ten Variante wird das Unternehmen heterarchisch organisiert, also von mehreren Machtorten aus gesteuert. Die Grundidee von Hedlund ist, dass das multinationale Unternehmen vor zunehmend komplexen Herausforderungen steht und interne Konflikte zwi-schen internationalen Filialen und Stammhaus durch eine starke korporative Kultur lösen kann. Einige Autoren/innen haben auf der Grundlage von Hedlunds Ideen die Beziehungen zwischen Stamm-häusern multinationaler Unternehmen und ihren Filialen stärker in den Blick genommen (Birkinshaw 2000; 2001; Taggart 1998). Vor allem Birkinshaw nähert sich einerseits dem politischen Ansatz (Hymer 1970; Gereffi 1995; Hirst/Thompson 1999), indem er zum Beispiel die relative Macht der Filialen hervorhebt, Aktivitäten nach sich zu ziehen, andererseits geht er davon aus, dass eine sol-che Strategie durch Marktmotive erklärt werden kann.

Auf der Basis von kontingenztheoretischen Annahmen gehen sowohl Hedlund (1993) als auch Bartlett und Ghoshal (1990) da-von aus, dass die Strategien von international tätigen Unternehmen zu den markt- und branchenspezifischen Umweltbedingungen pas-sen müssen, um erfolgreich zu sein. Diese Anpassungsleistung ist demzufolge der Kern des Erfolgs solcher Unternehmen. Darüber hinaus konstatieren diese Autoren eine konvergente Entwicklung der Wettbewerbsbedingungen für international tätige Unternehmen in allen Branchen und Märkten, wodurch die transnationale „Lö-sung“ unabdingbar macht. Bartlett und Ghoshal (1990) entwickeln ihre Unternehmenstypologie zwar auf Grundlage einer empirischen Studie, konzipieren das transnationale Unternehmensmodell dann

Page 112: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

115 Internationale Professionalität

jedoch als einen normativen Erfolgstyp. Gerade die in dem Modell enthaltene Normativität sowie die zugrunde gelegte Konvergenz-annahme werden von Autoren/innen aus institutionalistischer Per-spektive kritisiert. Während sowohl die oben diskutierten ökonomi-schen als auch die kontingenztheoretischen Ansätze universelle Einflüsse hervorheben, zeigen sich kulturalistische Ansätze skep-tisch gegenüber einer transnationalen Angleichung unternehmeri-scher Praktiken und unterschiedlicher Nationalkulturen (Hofstede 1994). Auch die institutionalistischen Ansätze unterscheiden sich in der Betonung solcher Konvergenzen oder Divergenzen. US-amerikanische Institutionalisten sehen eine Konvergenz organisa-tionaler Praktiken durch Isomorphismen; demgegenüber stellen europäische Autoren aus institutionalistischer Sicht eine Abhängig-keit unternehmerischer Praktiken von nationalen institutionellen Kontexten fest, die zu entsprechenden Unterschieden führt.

I.5.2 Institutionalistische Analysen der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten multinationaler Unternehmen: Organisationelle Konvergenz

Prominente Beispiele für die Betonung der Konvergenz im Kontext des US-amerikanischen neoinstitutionalistischen Ansatzes sind die Arbeiten von Meyer (1994) sowie von DiMaggio und Powell (1983). Meyer versteht Transnationalisierung als einen unabding-baren Prozess, der durch global wirkende instutionelle Isomor-phismen produziert wird. Gemeinsam ist den genannten Autoren, dass sie sich aus einer Makroperspektive vor allem auf Fragen über die Legitimierung und auch über die Einbettung der vorherrschen-den Grundüberzeugungen rationalen Handelns konzentrieren. Im Gegensatz zu ökonomischen oder kontingenztheoretischen Ansät-zen wird angenommen, dass Entscheidungsprozesse in Organisati-onen nicht überwiegend an technologischer oder ökonomischer Effizienz ausgerichtet sind, sondern gesellschaftlich durch kogniti-

Page 113: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 116

ve, normative und regulative Umwelteinflüsse (Scott 2001) konsti-tuiert werden. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die Entscheidungen in bestimmten institutionellen Umwelten als legi-tim gelten.

Es sind die in einer Gesellschaft bestehenden Vorstellungen, Annahmen und Erwartungen, die bestimmen, warum Organisatio-nen nützlich sind, welche Aufgaben sie übernehmen und wie sie strukturiert werden sollen (Scott/Meyer 1994). Organisationen er-reichen damit, ihr Überleben zu sichern. Um gesellschaftliche Er-wartungen zu bewältigen, entwickeln Organisationen eine auf den Kontext bezogene Doppelstruktur, denn sie sind zum einen Akteure in ihren jeweiligen Feldern, zum anderen aber auch hergestellte und voraussetzungsvolle Ordnungen. Eine solche Doppelstruktur be-schreibt einen relationalen materiellen Kontext des Handelns. Sie beansprucht materielle Effizienz und Ressourcen und markiert gleichzeitig ein symbolisches institutionelles Umfeld der Darstel-lung des Handelns, das nach Legitimation sucht. Beide Kontexte werden Meyer und Rowan (1977) zufolge häufig entkoppelt, womit die Verfolgung gesellschaftlicher symbolischer Erwartungen an Effizienz nach außen zeremonialisiert wird.

Ausgangspunkt ist zunächst die Idee, dass die formelle Organi-sationsstruktur bzw. die Rationalität ein Mythos ist (s. Meyer/Rowan 1977: 1991)64, den Organisationen bedienen müssen, um Legitimation und Ressourcen aus ihrer Umwelt zu beziehen, aber auch um sich von Unsicherheiten zu entlasten. Meyer et al. (1994) zufolge geht dieser Organisationsmythos auf die von Weber beschriebenen Kriterien moderner Zweckrationalität zurück, die sich in weiteren sozialen Bereichen ausbreiten und die Individuen zu rationalen Akteuren machen. Meyer et al. behaupten demnach

64 So untersuchen Meyer und Rowan (1991) beispielsweise die wachsende Inanspruchnahme von professionellen Unternehmensberatern in der westlichen Gesellschaft. Speziell Wirtschaftsunterneh-men engagieren externe Berater/innen, um Effizienzempfehlungen zu erhalten. Doch die Autoren behaupten, dass die damit einhergehenden Transformationsprozesse eher fragwurdig sind, weil eine Produktivitätssteigerung dadurch intern kaum praktizierbar ist.

Page 114: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

117 Internationale Professionalität

eine globale Ähnlichkeit von Organisationen sowie Institutionen (s. auch S. 112 unten) wie Schulen, Berufsgruppen etc. Im „world polity“-Ansatz werden drei Hauptstrukturformen identifiziert: ers-tens der Staat, zweitens Organisationen und drittens das Individu-um als rationaler Handlungsträger, der durch Zuschreibungen von Rechten durch Organisationen konstituiert wird (Haase/Krücken 1999). Die Akteure (re-)produzieren nicht nur soziale Strukturen und Handlungsfelder, sondern gleichzeitig auch sich selbst, denn sie sind Adressaten von sowohl prospektiven als auch retrospekti-ven Zurechnungen und Selbstzurechnungen, die selbst Rationali-tätserwartungen liefern.

Während Meyer et al. (1994) aus makrosoziologischer Per-spektive die Ähnlichkeit und globale Konvergenz von Organisatio-nen und Institutionen betonen, fokussieren DiMaggio und Powell (1983) auf organisationelle Isomorphie auf der gleichen Basis glo-baler Rationalisierungsprozesse. Doch isomorphe Prozesse bezie-hen sich konkreter auf organisationale Felder, in denen sie sich vollziehen.

Das organisationale Feld umfasst für diese Autoren alle rele-vanten Akteure, die für eine Fokalorganisation von Bedeutung sind.65 Mit dem Konzept des organisationalen Feldes wollen die Autoren die bisherigen Ansätze der Organisationssoziologie66 er-gänzen und ihre Begrenzungen überwinden. DiMaggio und Powell versuchen, mit dem Konzept des organisationalen Feldes sowohl 65 „By organizational field, we mean those organisations that, in the aggregate, constitute a recog-nized area of institutional life: key suppliers, resource and product consumers, regulatory agencies, and other organizations that produce similar services or products. The virtue of this unit of analysis is that it directs our attention not simply to competing firms, as does the population approach of Hannan and Freeman (1977), or to networks of organizations that actually interact, as does the interorganizational network approach of Laumann, Galaskiewicz, and Marsden (1978), but to the totality of relevant actors. In doing this, the field idea comprehends the importance of both connect-edness (see Laumann, Galaskiewicz, and Marsden 1978) and structural equivalence (White, Boorman, and Breiger 1976).“ (DiMaggio/Powell 1983/ 2004: 113). 66 Gemeint sind der populationsökologische Ansatz, der sich auf bestimmte Organisationen konzen-triert, der Ressourcen-Dependenz–Ansatz, der sich mit dem direkten Ressourcen-Austausch zwischen Organisationen eines „organization sets“ beschäftigt, und die Transaktionskostentheorie, die sich auf die Analyse von Organisationen beschränkt, die Transaktionen untereinander durchführen.

Page 115: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 118

die Konnektivität von Organisationen, die durch Transaktionen in vertraglichen Beziehungen, durch die Partizipation der Belegschaft in professionellen Verbänden, Gewerkschaften oder Vorstands-gruppen oder auch durch informelle Verbindungen wie beispiels-weise personelle Beziehungen entsteht, als auch die strukturelle Äquivalenz bezüglich der ähnlichen Position in einer Netzwerk-struktur zu beschreiben (DiMaggio/Powell (1983: 204). Wie andere neoinstitutionalistische Autoren, die beispielsweise Professions-standards (Scott 1987) oder das Rechtsystem (Zucker 1987) analy-sieren, beschränken sie sich damit nicht auf Organisationen als Untersuchungsgegenstände, sondern wählen eher beliebige Institu-tionen aus, die mit einer bestimmten Fokalorganisation in Verbin-dung stehen. Die Legitimität des Handelns beispielsweise in be-stimmten industriellen Sektoren wird in Bezug auf die jeweiligen organisationalen Felder begriffen. Zwangsmechanismen67, mimeti-sche Prozesse68 sowie normativer Druck69 im organisationellen Feld führen nach DiMaggio und Powell (1983) zur weltweiten An-näherung von Organisationen.

Je nach den Eigenschaften des Umfelds, in dem Organisationen agieren, sind die gesellschaftlichen Erwartungen an sie mehr oder weniger ausgeprägt, was sich auf den Institutionalisierungsgrad auswirkt (Berger/Luckmann 1966: 62; Zucker 1988: 35). Letzterer hängt davon ab, ob die institutionell vorgegebenen Regeln verbind-lich bzw. selbstverständlich und mit positiv konnotierten Werten verbunden sind oder durch Machtmechanismen durchgesetzt wer-den (Scott 2001: 48). Auch gibt es einen Zusammenhang zwischen 67 Dazu zählen politischer Druck sowie interorganisationale Abhängigkeiten zur Legitimität. 68 Umweltunsicherheiten, zunehmende technologischer Komplexität sowie Zielambiguitäten führen dazu, dass Organisationen das Verhalten anderer erfolgreicher Organisationen kopieren, um Legiti-mität zu erzielen. 69 Dieser Druck wird auf die zunehmende Professionalisierung in modernen kapitalistischen Gesell-schaften zurückgeführt. Der Einfluss von Berufs-, Bildungs- oder Industrieverbänden wächst und formelle Bildungsabschlüsse werden immer wichtiger, um in Unternehmen Karriere machen zu können. Dadurch, dass bestimmte internationale Abschlüsse in Unternehmen weltweit präferiert werden, wie beispielsweise sogenannte MBA-Abschlüsse, werden Manager in ähnliche kulturelle settings eingeführt.

Page 116: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

119 Internationale Professionalität

dem Institutionalisierungsgrad und der aus Akteurssicht relativen Relevanz institutioneller Regeln für ein bestimmtes Handlungs-problem (Jepperson 1991: 156).

Gemeinsam akzentuieren neoinstitutionalistische Auto-ren/innen die soziale Gestaltung von Individuen und Organisatio-nen und die gesellschaftliche Legitimität ihres jeweiligen Handelns. Denn sowohl Individuen als auch Organisationen müssen sich in ihren Handlungen an sozialen Erwartungen und Strukturen orien-tieren, die in organisationellen Feldern bzw. in der organisationalen Umwelt fokaler Organisationen institutionalisiert sind.

Zentral ist dabei das von neoinstitutionalistischen Auto-ren/innen verwendete Konzept von Institutionen, denn Institutionen fungieren in diesem Ansatz als Bindeglied zwischen Organisation und Gesellschaft. Damit grenzen sich diese Autoren/innen dezidiert von Rational-Choice-Institutionalisten ab, die Institutionen als effi-ziente Reduktionsmittel von Transaktionskosten beim Zusammen-wirken rationaler eigennutzorientierter Akteure verstehen, und set-zen dem ein an Durkheim angelehntes Verständnis von Institutio-nen als verpflichtende „sui generis“-Phänomene ein. Im Unter-schied zum Rational-Choice-Institutionalismus begreift der Neoinstitutionalismus Interessen und Nutzenkalküle als ihrerseits institutionell eingebettet, sodass sie auf der Basis eines bestimmten institutionalisierten Wertesystems als rational erscheinen.

Der Institutionenbegriff umfasst beispielsweise für Scott (2001) alles, was verbindlich regelhafte und relativ dauerhafte Handlungsmuster hervorbringt. Diese Handlungsmuster können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, auf welche Art von Instituti-on sie zurückzuführen sind. Damit ist der Begriff der Institution sehr weit gefasst70 und damit tendenziell unscharf; allerdings er-

70 Die Begriff der Institution wird in neoinstitutionalistischen Ansätzen sehr heterogen definiert, wie auch Scott (2001) bemerkt. Grundsätzlich stammen die Definitionen entweder aus funktionalistischen Theorien, die wie Parsons (1940) oder Selznick (1957) die Wertebasis von Institutionen betonen, wobei Letzterer selbst Organisationen als Institutionen begreift, sofern die Organisationsziele von den Werten ihrer Mitglieder getragen werden. Oder sie gehen auf handlungs- bzw. wissenssoziologi-

Page 117: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 120

möglicht gerade seine Offenheit die Analyse weiterer Einflussas-pekte von Organisationen aus gesellschaftlichen Umfeldern, die in anderen theoretischen Ansätzen wegen deren Beschränkung auf ökonomische Faktoren vernachlässigt werden.

Gerade diese Offenheit des Konzepts der Institution wie auch des organisationalen Feldes erweist sich als wichtig für die Erklä-rung der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten multinationa-ler Unternehmen, denn sie erlaubt eine breite Anwendung unter Einbeziehung außerökonomischer Faktoren und ohne eine Festle-gung auf eine bestimmte Organisation als Analyseeinheit.

Nach Holtgrewe (2006: 39) zeigen empirische Fallvergleiche, dass die institutionellen Einflüsse kontextspezifisch übersetzt und transformiert werden. Hier setzen die Analysen von Czarniawska (1996) an, die den Prozess der Institutionalisierung in Anlehnung an wissenschaftssoziologische Theorieansätze (Callon/Latour 1992) bezogen auf das Konzept der Übersetzung (Translation) be-greift.71 Das Konzept der Übersetzung setzt eine aktive Rolle von Akteuren bei der Übermittlung von Ideen voraus. Das heißt, dass Individuen Ideen interpretieren, selektieren, reformulieren, mit an-deren Ideen kombinieren und an eigenen Zwecken, Bedürfnissen oder Interessen ausrichten, bevor sie sie weitergeben.

Auch wenn solche Ansätze den neoinstitutionalistischen An-satz sehr bereichert haben, behalten auch sie den Fokus auf die Momente der Verbreitung bzw. der Übernahme bestimmter Institu-tionen bei. Der Wandel von Institutionen sowie die Differenzierung der Elemente von Institutionen, die übernommen werden, bleiben sche Traditionen zurück, insbesondere auf die Arbeiten von Berger und Luckmann (1966). Hier wird die soziale Konstruktion von Institutionen betont und an antropologischen und phänomenologischen Theorien angeknüpft. Speziell Barley und Tolbert (1997) schließen sich dieser Tradition an und heben den Prozesscharakter und den „taken-for-granted“-Aspekt von Institutionen hervor, mit dem institutionalisierte Regeln im Erwartungshorizont der Akteuren/innen verankert sind. Institutionen haben im neoinstitutionalistischen Ansatz grundsätzlich die Funktion der Handlungsgenerierung. Dabei determinieren sie die Handlungen nicht, sondern liefern vielmehr ein Spektrum typischer Handlungsmöglichkeiten. 71 Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Zilber (2006), der sich mit der Transformation und Adaptation von ideellen und materiellen Objekten beschäftigt.

Page 118: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

121 Internationale Professionalität

dabei außer Acht (Walgenbach 2006: 393; Fourcade 2006: 155). Neoinstitutionalistische Ansätze interessieren sich nicht dafür, wie die von ihnen untersuchten Institutionen wie Professionen oder Organisationen zustande kommen, wie sich der Prozess des Ein-flusses auf Organisationen vollzieht oder wer an der Gestaltung und Aufrechterhaltung von Institutionen bzw. am Bruch mit ihnen beteiligt ist und davon profitiert.

Handlungsprozesse auf der Mikroebene werden nur ansatzwei-se untersucht.72 Institutionen sind im neoinstitutionalistischen An-satz „soziale Tatsachen“ in Durkheims Sinne, wie Stichcombe (1997: 2) kritisiert. Damit bleiben Machtkonstellationen oder -konflikte zwischen handelnden Akteuren um Ressourcen in die-sem Ansatz außer Betracht. Speziell für die Fragestellung meiner Arbeit sind solche Aspekte jedoch zentral, denn die Auslagerung von Arbeitskapazitäten impliziert eine Recodierung von Ressour-cen und Machtkonstellationen zwischen Akteuren.

Fourcade (2006: 156) kritisiert in diesem Zusammenhang zu Recht, dass der neoinstitutionalistische Ansatz sich hauptsächlich auf die Form und nicht auf den Inhalt der Verbreitung von Institu-tionen konzentriert und deshalb die Tatsache vernachlässigt, dass die Verbreitung selbst eines der definierenden Elemente im Prozess institutionellen bzw. organisationellen Wandels darstellt.73 Darüber hinaus wendet auch Abbott (1995: 876) ein, dass eine solche Fo-kussierung auf die Momente der Übernahme von Institutionen eine diskontinuierliche anstelle einer prozessuellen Perspektive voraus-setzt. Er schlägt stattdessen vor, eine relationelle dynamische Per-spektive einzunehmen (vgl. dazu Emirbayer 1997). Diese könnte aus meiner Sicht auf Giddens’ Strukturationstheorie (vgl. dazu

72 Zu nennen sind Zucker (1977), Fligstein (1991; 2001) oder Finnemore (1996) und später auf theoretischer Ebene auch Tolbert und Zucker (1997) in Anlehnung an Giddens (1984) sowie Berger und Luckmann (1966). 73 „The very fact of diffusion participates in the construction of the diffused form itself – in other words, that diffusability constitutes one of the defining elements in the process of institutional or organisational change.“ (Fourcade (2006: 156).

Page 119: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 122

Hasse/Krücken 2005: 80 ff.) basieren, wie bereits Tolbert und Zu-cker (1996) zwar nicht empirisch, aber auf theoretischer Ebene gezeigt haben. Zusammenfassend eignet sich dieser Ansatz, um zu verstehen, welchen institutionellen Zwängen multinationale Unter-nehmen ausgesetzt sind. Wie solche institutionellen Zwänge, die Transnationalisierungstendenzen hervorrufen, lokal bzw. national oder gar individuell übersetzt und transformiert bzw. unterstützt werden, bleibt hier allerdings unberücksichtigt.

I.5.3 Europäischer Institutionalismus: Divergente multinationale Organisationsformen der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten

Im Kontrast zu den vom neoinstitutionalistischen Ansatz postulier-ten weltweiten Konvergenzen organisationaler Praktiken betonen europäische Autoren/innen (z. B. Morgan et al. 2001; Sorge 2005; Lane 1998; Whitley 1997), dass auf Nationalstaaten bezogene Institutionengefüge einen zentralen Einfluss auf die unterschiedli-che Strukturierung multinationaler Unternehmen haben. In diesem institutionalistischen Ansatz sind die Akteure und die nationalen „business systems“, die sie produzieren, von pfadabhängigen Pro-zessen der Institutionskonstituierung abhängig. Die Ressourcen, die den Akteuren zur Bildung organisationaler Systeme zur Verfügung stehen, sind zusammengewachsen, sodass institutionelle Komple-mentaritäten zwischen ihnen bestehen. Aus diesem Grund werden Unternehmen als Vertreter divergenter nationaler ökonomischer Systeme gesehen (Whitley 1999).

Hu (1992) greift diesen Ansatz für die Analyse multinationaler Unternehmen auf und argumentiert, diese würden ihre Stammhaus-praktiken in internationalen Standorten reproduzieren. Später un-terstützen auch Hirst und Thompson (1999) diese These. Doch die-se hegemonische Perspektive wird von anderen Autoren/innen (Elger/Smith 1994; Abo 1994; Liker et al. 1999) bestritten. Sie

Page 120: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

123 Internationale Professionalität

verweisen auf Machtkonflikte zwischen lokalen Arbeitneh-mer/innen, Stammhäusern und Gewerkschaften, die durch spezifi-sche Kapitalismusformen in den verschiedenen Standorten geprägt sind. Konkret untersuchen diese Autoren/innen, wie japanische Firmen sich an die institutionellen Umwelten in Großbritannien und den USA anpassten. Die Studien zeigen, dass es einen Hybridi-sierungsprozess in der Internationalisierung japanischer multinatio-naler Unternehmen gab. Die Unternehmen boten auch in ihren Aus-landsniederlassungen Langzeitbeschäftigung, doch war deren Ver-bindlichkeit geringer ausgeprägt als im japanischen Stammhaus. Darüber hinaus wurden nicht alle Lohnprämien des japanischen Stammhauses auf die britischen oder US-amerikanischen Standorte übertragen. Institutionelle Praktiken aus dem Stammhaus wurden demnach in den ausländischen Standorten nur teilweise umgesetzt und an den lokalen Kontext angepasst, also hybridisiert. Andere Studien über deutsche multinationale Unternehmen in Großbritan-nien und den USA stellen diese Hybridisierungsthese jedoch infra-ge und zeigen, dass die Anpassungsformen solcher Organisationen komplexer sind. Internationalisierung war für die deutschen multi-nationalen Unternehmen Teil einer weiter gefassten Transformati-onsstrategie des gesamten Unternehmens, sodass neue Praktiken gesucht und auf die verschiedenen Standorte des Unternehmens übertragen wurden (Child et al. 2001). Auch die Arbeiten von Bluhm (2001), Ferner und Varul (2000) sowie Lane (2001) legen dar, dass deutsche multinationale Unternehmen schrittweise neue Praktiken im gesamten Unternehmen implementieren, die sie von den ausländischen liberalen Standorten lernen. Dadurch wird auch der Zugang zu neuen Märkten erleichtert.

Solche hybriden, experimentellen Praktiken sind für die Analy-se der Internationalisierung von Informationsarbeitskapazitäten multinationaler Unternehmen besonders wichtig, denn gerade die schnelle Wissensentwicklung in diesem Bereich erfordert eine fle-xible Lernbereitschaft seitens der Organisation, um die Wissensdy-

Page 121: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 124

namik zu steuern und innovativ zu bleiben. Hierfür ist die Analyse der Komplementarität unterschiedlicher institutioneller Kontexte und auch des Wandels sowohl der internen Strukturen wie auch der interorganisationalen Beziehungen von multinationalen Unterneh-men zentral. Eine solche Analyse, die in den hegemonialen und hybriden Ansatz integriert wurde und eher eine Anpassung an loka-le institutionelle Bedingungen der Standorte postuliert, fokussiert auf das Verhältniss zwischen globalen und lokalen Praktiken.

Speziell in Bezug auf die Internationalisierung von Arbeitska-pazitäten eröffnen Studien zu den Machtbeziehungen zwischen Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen in multinationalen Un-ternehmen eine neue Analyseperspektive. Sie zeigen, dass ver-schiedene Arbeitsgruppen ihre Interessen auch unterschiedlich um-setzen konnten (Ferner 1997; Morgan 2005). Diese Arbeiten wur-den in späteren Untersuchungen mit einem Fokus auf der Steue-rung institutioneller Diversität weiterentwickelt (Kristensen/Zeitlin 2001; Morgan 2005; Whitley 2001).

So legt beispielsweise Whitleys (1999; 2005) in seinem „busi-ness systems“-Ansatz dar, dass die Gestaltung und Implementie-rung internationaler Kapazitäten multinationaler Unternehmen eine komplexe und sehr heterogen ist. Whitley (1999) unterscheidet vier Kernelemente von „national bussiness systems“, die als ein histo-risch gewachsenes Institutionengefüge verstanden werden: das po-litische System, das Finanzsystem, das Beschäftigungs- und Bil-dungssystem sowie das kulturelle System. Das politische System hat Einfluss auf die Wirtschaftsprozesse eines Landes und auf die Risiken, die private Akteure alleine tragen müssen. Darüber hinaus beeinflusst der Staat die Rolle von Wirtschaftsverbänden, Gewerk-schaften und Interessengruppen wie auch die Regulierung von Märkten. Das Finanzsystem eines Landes ist unterschiedlich, je nachdem, ob Finanzierungen über den Kapitalmarkt oder auf Kre-ditbasis erfolgen. Bezüglich des Beschäftigungs- und Bildungspoli-tiksystems berücksichtigt Whitley, wie sich das Ausbildungs- und

Page 122: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

125 Internationale Professionalität

Weiterbildungssystem auf die Differenzierung von betrieblichen Strukturen auswirkt. Hierzu bezieht er das System industrieller Beziehungen, das entscheidend für die Unabhängigkeit und den Organisationsgrad der Sozialpartner ist, und darüber hinaus den Regulierungsintensität von Arbeitsmärkten sowie den Zentralisie-rungsgrad der Tarifabkommen mit ein. Bei dem vierten Kernele-ment nationaler „business systems“, dem kulturellen System, kon-zentriert sich Whitley auf die Manifestation kultureller Werte und Normen in den Institutionen eines Landes.

Jedes nationale „business system“ besteht aus einer spezifi-schen Kombination dieser vier Kernelemente und ist Whitley zu-folge durch drei Hauptmerkmale charakterisiert: erstens die Natur bzw. die Charakteristika der Unternehmen im Hinblick auf die Ausprägung der Eigentumskoordination und auf den Grad des Ein-flusses, den Eigentümer/innen auf das Management von Unterneh-men sowie bezüglich der Diversifizierungsform des Unternehmens besitzen; zweitens die Organisation marktbezogener Prozesse in Bezug auf die Form, in der die Beziehungen der Beteiligten (Be-ziehungen zwischen den Mitgliedern einer Wertschöpfungskette, zwischen Wettbewerbern oder zwischen Unternehmen aus ver-schiedenen Branchen) koordiniert werden; drittens die Koordinati-ons- und Steuerungssysteme von Unternehmen. Hierunter fasst Whitley (1999: 48) das Management von Arbeitsbeziehungen, die Arbeitsorganisation, den Zugang zu externen Arbeitsmärkten sowie die wechselseitigen Verpflichtungen zwischen Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen. Whitley unterscheidet zwischen Arbeits-organisationsformen je nachdem, wie Entscheidungsbefugnisse delegiert werden und inwieweit die Arbeitnehmer/innen mehr oder weniger Vertrauen vonseiten der Arbeitgeber/innen genießen.

Es werden also insbesondere Makroinstitutionen berücksich-tigt, die den Zugang zu Ressourcen, speziell Arbeit und Kapital, regulieren und die Eigenheiten des jeweiligen „business system“ prägen (ebd.: 47). Die historisch gewachsenen „business systems“

Page 123: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 126

haben nach Whitley eine relativ starke Persistenz und ändern sich nur langsam, abhängig vom Kohäsions- und Integrationsgrad ihres jeweiligen institutionellen Rahmens. Je differenzierter und schwä-cher die Institutionen miteinander verflochten sind, desto öfter tre-ten Veränderungen in den Merkmalen des „business system“ auf.

Allerdings blendet die starke Betonung der Interdependenz zwischen Merkmalen des „business system“ und seiner Stabilität mögliche abweichende unternehmerische Praktiken aus. Darüber hinaus betont Whitley (1999; 2005), dass die Suche nach Effizi-enzvorteilen mit der Übernahme spezifischer Praktiken des „busi-ness system“ verbunden ist. Inwieweit die Übertragung solcher Praktiken von den individuellen Akteuren interpretiert wird, bleibt aber genauso offen wie die Frage nach der Recodierung von Machtpositionen in multinationalen Unternehmen infolge der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten. Dies hat vor allem damit zu tun, dass die Analyseeinheit in Whitleys Ansatz nicht auf der Mesoebene der Organisationen oder auf der Mikroebene indi-vidueller Handlungen, sondern auf der Makroebene liegt. Whitleys Ansatz fokussiert auf die nationalen „business systems“, in denen multinationale Unternehmen verschiedene Strategien und Praktiken entwickeln. Wichtig ist dabei insbesondere die Rolle institutioneller Rahmenbedingungen für die Strukturierung von Unternehmen. Auch wenn die individuelle Handlungsebene der Arbeitneh-mer/innen bzw. ihre Art und Weise, institutionelle Rahmenbedin-gungen zu interpretieren und in die Arbeitspraxis umzusetzen, so-wie ihre Positionierung in den Machtstrukturen des Unternehmens nicht im Fokus dieses Ansatzes liegt, ermöglicht er es dennoch, die Handlungen der Unternehmen bezüglich der Steuerung und der Strukturierung von Arbeitskapazitäten in unterschiedlichen institu-tionellen Kontexten zu verstehen.

Um die aktuelle Entwicklung transnationaler Kapazitäten in multinationalen Unternehmen zu analysieren, entwickelt Whitley (2005: 235 ff.) den „business systems“-Ansatz weiter. Damit unter-

Page 124: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

127 Internationale Professionalität

sucht er konkret, wie Unternehmen aus unterschiedlichen instituti-onellen Regimen durch Entscheidungsteilung und Karrierestruktu-ren die Loyalität von Arbeitnehmer/innen in ausländischen Stan-dorten fördern. Whitley geht dabei von vier nationalen institutio-nellen Regimen aus, die er als partikularistisch, „arm’s length“, solidarisch behilflich und segmentiert behilflich bezeichnet. In par-tikularistischen Regimen vermeiden Unternehmenseigentü-mer/innen Autoritätsteilungen sowohl im Stammhaus als auch in ausländischen Standorten, weil die formellen Institutionen und die politische Umwelt unzuverlässig sind. Langfristige Karrierechan-cen sind ausgeschlossen. Beide Gründe führen dazu, dass Unter-nehmen in diesen institutionellen Regimen unwahrscheinlich starke internationale Kapazitäten aufbauen können.

Im Gegensatz dazu teilen Unternehmenseigentümer/innen in sogenannten „arm’s length“-Regimen die Autorität mit Senior Ma-nagern, für die sie organisationale Karrieren entwickeln. Auch Pro-fessionelle, die für die Organisationen in ausländischen Standorten verantwortlich sind, oder sogar ausländische Manager können mit größeren „Diskretion“ bzw. Umsicht Spielräumen bzw. mehr Ent-scheidungsbefugnissen ausgestattet werden. Die Entscheidung da-rüber, inwieweit Autorität mit ausländischen Professionellen geteilt werden soll, hängt nach Whitley (2005: 250) davon ab, wie gut die Manager im Stammhaus die Expertise solcher Professionals kennen und welches Ansehen die jeweiligen nationalen Bildungssysteme genießen. Hier spielen die Berufsverbände als Garanten standardi-sierter Qualifikationen aus Whitleys Sicht eine wichtige Rolle, vor allem wenn es um technisches und spezialisiertes Wissen geht. Zer-tifikaten kommt deshalb eine entscheidende Bedeutung für die Autoritätsteilung in „arm’s length“-Regimen zu. Doch die Autori-tätsteilung beschränkt sich in diesen Regimen wegen des Mangels an internationalen Institutionen, die die Arbeitsbeziehungen regu-lieren, auf die Ebene der Unternehmensführung bzw. das höhere Management. Langfristige Karrierewege werden in Unternehmen

Page 125: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 128

in solchen Regimen zwar für Mitarbeiter/innen im Stammhaus an-geboten, für ausländische Mitarbeiter/innen sind sie jedoch eher selten.

In den sogenannten behilflichen Regimen pflegen multinatio-nale Unternehmen langfristige Geschäftsbeziehungen zu bestimm-ten Partnern vor Ort. Die damit einhergehenden Verpflichtungen sind Whitley zufolge jedoch oft nicht bindend für ausländische Mitarbeiter/innen. Deshalb fühlen sich diese Mitarbeiter/innen auch nicht im selben Ausmaß in das Unternehmen eingebunden wie die Beschäftigten im Stammhaus. Auch die Motivation ausländischer Mitarbeiter/innen, sich in der Unternehmensentwicklung zu enga-gieren, ist deswegen nur schwach ausgeprägt.

Das Interesse und die Bereitschaft multinationaler Unterneh-men, die Autorität mit ausländischen Mitarbeiter/innen zu teilen, hängt unter anderem auch davon ab, ob sie ihre Kernkapazitäten im Stammhaus für mehr oder weniger zentral halten. Wie Whitley (ebd.: 252) zeigt, sind in diesen behilflichen Regimen jedoch einige Unternehmen zu finden, die zur Kompensation von Defiziten im eigenen Land nach neuen Kapazitäten im Ausland suchen und da-her bereit sind, mehr Entscheidungsbefugnisse an ausländische Manager und Professionals zu delegieren. Vor allem in solidari-schen behilflichen Regimen, die Karriere und Identitäten auf der Basis spezieller Qualifikationen organisieren, kann eine solche Autoritätsteilung einfacher sein als in segmentierten behilflichen Regimen, in denen interne Arbeitsmärkte mehr durch Generalisten-kompetenzen strukturiert sind. Darüber hinaus bieten Unternehmen in solidarischen behilflichen eher als solche in segmentierten be-hilflichen Regimen auch ausländischen Mitarbeiter/innen langfris-tige Karrieren an, wegen ihrer höheren Spezialisierung organisatio-naler Karrieren, die auf der Grundlage professioneller Expertise basiert.

In segmentierten behilflichen Regimen entwickeln multinatio-nale Unternehmen hingegen keine langfristigen Karrierepfade für

Page 126: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

129 Internationale Professionalität

ausländische Beschäftigte, weil die organisationalen Kapazitäten meist auf Karrierestrukturen für Generalisten mit schwachen pro-fessionellen Identitäten und hoher organisationaler Karrierespezia-lisierung beruhen, die für ausländische Mitarbeiter/innen mit ihren spezifischen nationalen Spezialisten-Identitäten schwer zu verfol-gen sind.

Im Hinblick auf die institutionellen Einflüsse der jeweiligen Regime und die daraus entstandenen Modelle von Autoritätsteilung und Gestaltung von Karrierestrukturen unterscheidet Whitley (ebd.: 254 ff.) sechs multinationale Unternehmenstypen. Dafür greift er (ebd.: 254) auf die Typologie zurück, die Malnight (1995) für die Rollen von Tochterunternehmen multinationaler Unternehmen entwickelt hat: „Anhängsel“, „Teilnehmer“ und „Mitwirkende“. Während die „Anhängselrolle“ mit dem schwächsten Autoritätstei-lungsgrad korrespondiert, werden Tochterunternehmen in dezentra-lisierten multinationalen Unternehmen als „Teilnehmer“ bezeich-net, wenn ihnen das Stammhaus begrenztes Ermessen in lokalen Angelegenheiten einräumt. Die „mitwirkenden“ Tochterfirmen erhalten demgegenüber auch Entscheidungsbefugnisse über lokale organisationale Angelegenheiten und nehmen eine aktive Rolle bei der Lösung von gemeinsamen Problemen im gesamten Unterneh-men ein. Ähnlich wie bei der Autoritätsteilung unterscheiden sich die organisationalen internationalen Karrierestrukturen nach der Dauer der Verpflichtungen zwischen Arbeitnehmer/innen und Ar-beitgeber/innen sowie nach der Ausdehnung solcher Verpflichtun-gen auf verschiedene Gruppen von Beschäftigten im Unternehmen. Heimische ausgedehnte Karrieren konzentrieren sich auf Problem-lösungen für das Stammhaus. Die Mobilität von Mitarbeiter/innen aus verschiedenen Standorten beschränkt sich auf wenige Mitarbei-ter/innen und bedeutet eher eine sehr beschränkte Verbreitung der Karrieren in Stammhaus.

Der zweite Typ von Karrieren in multinationalen Unternehmen ist der Elitetyp. Bei diesem Modell existieren internationale Karrie-

Page 127: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 130

restrukturen, doch sie sind nur für eine kleine Gruppe ausländischer Senior Manager reserviert. Das mittlere Management sowie techni-sche Mitarbeiter/innen sind davon ausgeschlossen. Bei den transna-tionalen Karrieren werden Verpflichtungen zwischen Arbeitge-ber/innen und Arbeitnehmer/innen international gefördert. Zwi-schen Autoritätsteilungsmodalitäten und Karriereformen ergeben sich einige Inkompatibilitäten. So erklärt Whitley (2005: 257), dass multinationale Unternehmen, die langfristige Karrierechancen in-ternational anbieten, auch eine hohe Autoritätsteilung aufweisen. Whitley kombiniert die beider Dimensionen Karrieretyp und Auto-ritätsteilung und entwickelt daraus eine Klassifikation von sechs multinationalen Unternehmensformen: das koloniale Unternehmen, das ethnozentrisch aus dem Stammhaus gesteuert wird; das hei-misch dominierte Unternehmen, in dem die Autorität nahezu unge-teilt ist und nur wenige Karrierechancen in ausländischen Standor-ten bestehen; das manageriell koordinierte Unternehmen, in dem die Autorität in beschränktem Ausmaß mit ausländischen Standor-ten geteilt wird und Karrierechancen für einige ausländische Top Manager existieren; im Kontrast zu den bereits genannten haben die weiteren drei Unternehmensformen des delegierten professio-nellen, des delegierten manageriellen sowie des hoch integrierten multinationalen Unternehmens einen hohen Grad an Autoritätstei-lung gemeinsam und die ausländischen Tochterfirmen sollen sich in den globalen Problemlösungen des Unternehmens engagieren. Sie unterscheiden sich jedoch im Hinblick auf die Verpflichtungen zwischen Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen bzw. die un-terschiedlichen Karrierechancen, die sie anbieten.

Die delegierten professionellen multinationalen Unternehmen teilen ihre Autorität mit ausländischen Mitarbeiter/innen und räu-men ihnen relativ große Ermessensspielräume ein, doch bleiben internationale Karrieren sehr beschränkt. Internationale Koordina-tion erfolgt grundsätzlich in Projektteams. Auch wenn diese Unter-nehmen einen hohen Flexibilitätsgrad zeigen, treten dabei dennoch

Page 128: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

131 Internationale Professionalität

sehr häufig Koordinationsprobleme auf, weil die Verpflichtungen, Qualifikationen und Kapazitäten der unterschiedlichen teilnehmen-den Organisationen aus verschiedenen institutionellen Regimen sehr unterschiedlich sind. Die delegierten manageriellen multinati-onalen Unternehmen kombinieren ein hohes Ausmaß an Autori-tätsdelegierung mit internationalen Karriereangeboten für Senior Manager ausländischer Tochterfirmen. Die Integration von Tätig-keiten durch Managementroutinen und Kontrollinstrumente ist in diesen multinationalen Unternehmenstypen ausgeprägter als in de-legierten professionellen multinationalen Unternehmen. Organisa-tionale Karrieren für ausländische Mitarbeiter/innen haben einen lokalen Charakter. Das heißt, dass die Mitarbeiter/innen stärker mit nationalen Arbeitsmärkten verbunden sind als mit dem Unterneh-men. Die lokalen institutionellen Unterschiede und auch die Unsi-cherheiten bezüglich technischer Entwicklungen sowie der Bedeu-tung von implizitem Wissen können auch den internationalen orga-nisationalen Lernprozess negativ beeinflussen. Die hoch integrier-ten multinationalen Unternehmen entwickeln organisationale inter-nationale Karrieren, die eine internationale Verpflichtung zwischen professionellen und manageriellen Arbeitnehmer/innen und Arbeit-geber/innen jenseits lokaler Verpflichtungen belohnt. Technische Experten/innen sorgen für den Transfer von komplexem und impli-zitem Wissen. Whitley (2005: 267) weist darauf hin, dass diese Unternehmenstypen sich wegen der lokalen organisationalen Ver-pflichtungen in behilflichen Regimen schwerer etablieren können als in „arm’s length“-Regimen. Integrierte multinationale Unter-nehmen, die nach Whitley generell ein eher seltenes Modell dar-stellen, sind in „arm’s length“-Regimen häufiger zu finden.

Zusammenfassend zeigt Whitley mit dieser Analyse, dass die Koordination ökonomischer Aktivitäten in verschiedenen Ländern nicht unbedingt zur Ausgestaltung besonderer internationaler kol-lektiver Kapazitäten führt. Die organisationellen Kapazitäten in verschiedenen nationalen Tochterorganisationen unterscheiden sich

Page 129: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 132

wenig von denen im Stammhaus. Die Vielfalt organisationaler Ka-pazitäten in multinationalen Unternehmen spiegelt eher die unter-schiedlichen institutionellen Regime in kapitalistischen Marktöko-nomien wider. So beeinflussen beispielsweise Bildungs- und Ar-beitsmarktinstitutionen die Entwicklung internationaler Kapazitäten durch die unterschiedliche Standardisierung und Zertifizierung von Expertise und durch ihre Kontrolle möglicher Opportunismen auf-seiten der Arbeitgeber/innen und der Arbeitnehmer/innen. Whitley (2005: 269) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass je flüssiger externe Arbeitsmärkte und je standardisierter die Qualifi-kationen, desto schwieriger ist es, sowohl national als auch interna-tional langfristige Arbeitnehmerverbindlichkeiten aufzubauen. Denn während solche institutionellen Arrangements Vorteile für die Arbeitgeber/innen im Hinblick auf mögliche Austausch von Arbeitnehmern und damit Vorteile für die Wissens- sowie Expertiseerneuerung bringt, beschränken sie gleichzeitig die Moti-vation der Arbeitnehmer/innen, sich in der Unternehmensentwick-lung zu engagieren. Deswegen sind internationale Lösungen und Lernen einfacher, wenn sich die Bildungsstandards, die Wissensba-sis sowie die organisationalen Strukturen international überlappen. Damit können Karrieren sowohl in internen als auch in externen Arbeitsmärkten vergleichbare technisch spezialisierte Fähigkeiten belohnen. Gleichzeitig können extern zertifizierte Qualifikationen, die international ausreichend standardisiert sind, eine gemeinsame Basis zu Problemlösungen anbieten. Das bedeutet, dass organisa-tionale internationale Karrierestrukturen die entstehende Expertise honorieren, die Kooperation und Kommunikation zwischen Spezia-listen/innen in verschiedenen nationalen Standorten fördert und zum allgemeinen Unternehmenserfolg beiträgt. Solche Karriere-strukturen werden durch ähnliche öffentliche Bildungshintergrund sowie Evaluationssysteme unterstützt, die durch zertifizierte Quali-fikationen soziale Identitäten und Loyalitäten bilden. Multinationa-le Unternehmen, die starke internationale Koordinations- und

Page 130: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

133 Internationale Professionalität

Lernkapazitäten international durch langfristige Verpflichtungen zwischen Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen aufbauen, sind aber weniger in der Lage, Skills sowie Kompetenzen radikal und schnell umzugestalten, um veränderten Anforderungen zu be-gegnen, weil sie von der Expertise ihrer Mitarbeiter/innen und von ihren transnational verankerten Routinen abhängig sind. Im Gegen-satz dazu sind delegierte professionelle multinationale Unterneh-men flexibler, obwohl sie die internationale Koordination und Ent-wicklung von Wissen und Skills eher beschränken, wie die Studie von Morgan und Quack (2005) über die Internationalisierung pro-fessioneller Dienstleistungen zeigt.

Die Analyse von Whitley (2005) belegt, dass multinationale Unternehmen unterschiedliche Organisationsformen in den ver-schiedenen institutionellen Regimen entwickeln, in denen sie ein-gebettet sind. Wichtig ist vor allem der Fokus des Ansatzes auf Autoritätsteilung, Ermessensspielräume von Beschäftigten und Karrierestrukturen, die auch für meine Fragestellung zentral sind. Doch diese Faktoren werden zu pauschal mit der Variabilität loka-ler institutioneller Regime verbunden. Hingegen wird der Natur der Autoritätsteilung und den konkreten Karriereformen, die in den unterschiedlichen Unternehmensformen implementiert werden, kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Machtkonflikte zwischen Mitar-beiter/innen im Kampf um Ressourcen und Karrierechancen, die durch solche Autoritätsteilungen und Karriereformen entstehen, werden nur am Rande berücksichtigt und dienen hauptsächlich da-zu, die Unternehmenstypologie zu bestätigen. Der Schwerpunkt liegt bei diesem Ansatz grundsätzlich auf den national bedingten institutionellen Restriktionen multinationaler Unternehmen und nicht auf dem Prozess der Institutionengestaltung bzw. -veränderung oder auf der Situierung der Professionals oder Mana-ger in solchen Unternehmen.

Morgan und Quack (2005: 279) nehmen Whitleys Analysen zwar als Ausgangspunkt, konzentrieren sich dann jedoch auf die

Page 131: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 134

Interaktionen zwischen Professionals und Governance-, Autoritäts- sowie Koordinationsstrukturen, die die Unternehmen im Interna-tionalisierungsprozess bilden. Die Autoren gehen davon aus, dass Organisationen Löhne, Karrierestrukturen sowie die professionelle Autonomie als Instrumente74 nutzen, um Loyalitäts- sowie Motiva-tionskonflikte von Professionals multinationaler Unternehmen im professionellen Dienstleistungssektor, die durch lokalen Standort-faktoren beeinflusst sind, zu überwinden.

Die Natur der Firma, ihre Gouvernavilitätsform, ihr Investiti-onsmanagement, die Belohnung, Organisation und Koordination von Tätigkeiten sowie die Anreizsysteme für die Beschäftigten bezogen auf den Austausch von Wissen und Expertise sind die Hauptfaktoren, auf die Morgan und Quack (2005) das Augenmerk richten. Je nachdem, wie multinationale Unternehmen im professi-onellen Dienstleistungssektor die Interaktionen zwischen Governancestrukturen, Skillsgruppen und Koordinationsformen von Wissen und Ressourcen organisieren, unterscheiden die Auto-ren/innen zwischen vier verschiedenen Formen internationaler Ko-ordination professioneller Dienstleistungstätigkeiten: erstens kolle-gial koordinierte Formen, zweitens hierarchisch kontrollierte For-men, drittens finanziell kontrollierte Formen und viertens reziprozi-tätsbasierte internationale Netzwerksformen.

Das erste Modell basiert auf traditionellen Professionalitäts-formen und es sind die Arbeitspartner selbst, die Entscheidungen treffen. Belohnung wird durch Lohn und Firmenbeteiligung organi-siert.75 Morgan und Quack (ebd.: 286) weisen darauf hin, dass 74 „International professional services firms have to rely on delegating responsibility to foreign employees because of the nature of the tasks which they perform for clients and because of the local nature of the explicit and tacit knowledge which they require for successful completion of tasks. However, the loyalty and willingness of employees to commit to the parent organization, and in particular, to participate effectively in cross-national projects and teams, is affected by their own local circumstances. International firms will seek to align these conflicts through mechanisms of rewards, career development, and responsible autonomy over work tasks but their degree of ma-noeuvre in these areas is very limited according to their basic structural design.” (ebd.: 279). 75 „Broadly speaking, the overall strategy of the firm tends to be the sum of the outcomes of the decisions of individual partners, and their skill, knowledge, and networks supplemented by some

Page 132: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

135 Internationale Professionalität

Internationalisierung auf der einen Seite wegen der Expansion in neuen Märkten attraktiv ist und wegen der Kundenanforderungen auch eine Notwendigkeit darstellt, den Unternehmen auf der ande-ren Seite aber für die internationale Koordination auch zusätzliche Kosten entstehen. Deswegen wählen Organisationen zwischen ver-schiedenen Optionen. Eine Option besteht in der Gründung von „branch offices“, die lokal qualifizierte „Professionals“ einstellen, und der Entsendung einer Gruppe von Personen aus dem Inland, die für eine bestimmte Zeit Koordinationsaufgaben in diesen „branch offices“ wahrnehmen. Eine andere Option ist die Grün-dung einer internationalen Firma mit Partnern in unterschiedlichen Nationen. Entscheidungen werden nach wie vor auf nationaler Ebene getroffen, es gibt aber ein internationales Komitee mit be-grenzten Kompetenzen, das für die Koordination zwischen den Partnern zuständig ist (ebd.: 286). Das Weiterbildungssystem spie-gelt diese Entscheidungsstruktur wider, sodass Trainings zum Teil national bzw. dezentral organisiert werden, um eine Anpassung an nationale Settings zu ermöglichen. Kollegial koordinierte Firmen investieren sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene nur wenig in ergänzende organisatorische Maßnahmen wie Weiter-bildung, Informationsmanagementsysteme oder den Ausbau ge-meinsamer Routinen. Es sind eher die gemeinsamen Werte der in-ternationalen professionellen Community, die Identität für die Pro-fessionals stiften, wobei Kooperation ad hoc stattfindet (ebd.: 287). Für diese Unternehmen ist es wichtig, lokale Professionals einzu-stellen, die selbstständig und in Netzwerken mit professionellen Partnern kooperieren. Damit sparen diese Firmen Kosten für Wei-terbildung und Wissenstransfer, gehen gleichzeitig aber das Risiko ein, dass Organisationswissen verloren geht, wenn ein Professional ausscheidet. Die Bindung der Professionals an das Unternehmen ist

partnership level initiatives. But these partnership level initiatives tend to be limited in scale and scope (as partners are reluctant to invest highly in what they consider speculative ventures).“ (ebd.: 285).

Page 133: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 136

deshalb das Hauptproblem dieses Firmentyps (ebd.: 289). Morgan und Quack zufolge ändern sich die kollegialen Kontakte in Netz-werken, wenn die Firmen sich internationalisieren. Arbeitsprozes-se, Wissen und Arbeitspraxis werden zunehmend standardisiert, wodurch die individuellen nationalen Partner gegenüber dem gan-zen Unternehmen als internationales Gebilde an Macht und Bedeu-tung verlieren (ebd.: 289).

Im Internationalisierungsprozess von hierarchisch kontrollier-ten Unternehmen wird Kollegialität durch Hierarchie ersetzt, indem eine Exekutivgruppe mit Autorität und Ressourcen für die Imple-mentierung neuer Strategien ausgestattet wird. Eine solche Trans-formation hin zu hierarchischen Strukturen wird durch weitere Maßnahmen begleitet, die eine zentrale Kontrolle von Wissen und Problemlösungen ermöglichen sollen. Die Standardisierung von Prozeduren und Wissen in Datenbanken sowie Trainings gehört ebenso dazu. Nach Morgan und Quack (ebd.: 290) spielen jedoch sowohl professionelle Partnerschaften als auch professionelle An-sprüche in diesen Unternehmen weiterhin eine Rolle und setzen den Managementbemühungen zur hierarchischen Kontrolle Gren-zen. Auch ist der legale Status des Unternehmens bzw. der zu ihm gehörenden Tochterfirmen national gebunden, was den Vorteil ge-wisser organisationeller Verpflichtungen auf nationaler Ebene hat, die allerdings auf internationaler Ebene schwer zu halten sind. Die Mechanismen hierarchischer Unternehmen zur Implementierung von Transformationsstrategien gehen mit zusätzlichen Kosten ein-her, die die Unternehmen durch die Rekrutierung von Junior-Mitarbeiter/innen und die Rationalisierung von Senior-Mitarbeiter/innen aufgefangen werden sollen. Dadurch dass eine neue Generation von Mitarbeiter/innen mit den standardisierten Prozeduren sozialisiert wird, können die Weiterbildungskosten langfristig reduziert werden. Darüber hinaus können diese neuen Mitarbeiter/innen mehr standardisierte Lösungen durch Wissens-kodifizierung für das gesamte Unternehmen produzieren und im-

Page 134: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

137 Internationale Professionalität

plementieren. Damit findet eine allgemeine Sozialisation im Unter-nehmen statt, die nicht wie in kollegialen Unternehmen in den Händen der Professionals bleibt. Der dynamische Marktwettbewerb beschränkt jedoch den Profit aus solchen standardisierten Lösun-gen. Aus diesem Grund versuchen Unternehmen, sich auf andere Dienstleistungsgeschäfte zu orientieren, um Kunden zu akquirieren (ebd.: 293). Diese letzte Strategie führt wegen der Spannung zwi-schen Expansion und den emergenten Verpflichtungen zu Interes-senkonflikten mit neuen Arbeitnehmer/innen bzw. den Anforde-rungen neuer Professioneller im Unternehmen. Solche Interessen-konflikte werden dadurch gelöst, dass den Professionals ein hoher Autonomie- sowie Mobilitätsgrad zugestanden wird, der durch die Implementierung von globalen Matrixstrukturen unterstützt wird.

Die finanziell kontrollierten Unternehmen tendieren zum be-schränkten Firmenstatus, der durch Druck seitens der Aktionäre geprägt wird. Der Arbeitsmarkt ist hier der zentrale Mechanismus der Beschäftigungsbeziehungen, wobei die internen Mitarbeiterbe-lohnungen finanzieller Natur und an gegenwärtigen Performance-leistungen ausgerichtet sind. Die Professionals wenden ihr Wissen auf Grundlage von firmenspezifischen Vorgaben an. Die Autono-mie der Professionellen ist jedoch durch die Aktionäre und nicht durch hierarchische Kontrollen begrenzt. Um Flexibilität zu garan-tieren, fördern finanziell kontrollierte Unternehmen die Mobilität der Mitarbeiter/innen im Unternehmen sowie die individuelle Wis-sensentwicklung, setzen dabei jedoch Eigeninitiative voraus.76 Kar-rieren sind grundsätzlich nicht auf das Unternehmen beschränkt, sondern orientieren sich an den professionellen Arbeitsmärkten bestimmter industrieller Sektoren und vor allem an finanziellen Belohnungen. Für die Unternehmen besteht aber das Problem der

76 „Frequently the key to this cooperation across national boundaries to create solutions for clients is a clear shared incentive structure based on visible financial performance in relation to the project goals of clients.“ (ebd.: 297).

Page 135: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 138

Bindung von Professionellen, vor allem in Zeiten akuten Fachkräf-temangels.

Im Kontrast zu diesen Unternehmen beruhen reziprozitätsba-sierte internationale Netzwerksformen auf freiwilliger Zusammen-arbeit. Die kooperierenden Firmen behalten ihren unabhängigen legalen Status, unterstützen sich aber gegenseitig auf der Suche nach neuen Projekten. Diese Gegenseitigkeit setzt Vertrauensbe-ziehungen zwischen den Firmenvertretern voraus. Nach Morgan und Quack (ebd.: 299) wird die Konkurrenz zwischen den Partnern umso stärker, je attraktiver und lukrativer die werden internationale Geschäfte sind. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit zwischen Firmen in Netzwerken auch dadurch bedroht, dass Standardisie-rungsprozesse das Potenzial für sogenannte „economies of scale“ erhöht. Gemeinsame Strategien sollen diesen Tendenzen entge-genwirken, was sich beispielsweise in Trainingsprogrammen, dem Austausch von Mitarbeiter/innen oder in der Nutzung von Informa-tionsmanagementsystemen widerspiegelt. Dennoch bewegen sich reziprozitätsbasierte internationale Netzwerksformen ständig im Spannungsfeld zwischen Kooperation und Wettbewerb, Vertrauen und Misstrauen.

Während Whitley (2005) die Kapazität für die Unterstützung verschiedener Typen internationaler Fähigkeiten als das zentrale Problem delegierter professioneller Unternehmen sieht, argumen-tieren Morgan und Quack (2005), dass solche Unternehmen ihre Entscheidungen und Strategien je nach Wissensform und ge-wünschten Kundentypen festlegen und daraus unterschiedliche Fähigkeiten entwickeln.

Für meine Fragestellung ist dieses letztgenannte Argument sehr wichtig, denn gerade Informationsarbeit als eine spezifische Art von Wissensarbeit ist wie oben beschrieben in verschiedenen Pro-duktionssegmenten gekennzeichnet durch die unterschiedlichen Wissensformen, die die Unternehmen benötigen, und auch durch ihre Zielkunden.

Page 136: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

139 Internationale Professionalität

Die Analyse von Morgan und Quack (2005) entwickelt den „business systems“-Ansatz von Whitley weiter mit einer Refokussierung auf die Arbeit. Die Autor/innen zeigen, dass nicht nur der nationale institutionelle Kontext einen entscheidenden Ein-fluss auf die unternehmerischen Internationalisierungsstrategien hat. Vielmehr prägt auch die Natur der Unternehmen in Bezug auf die Wissensformen und die adressierten Kunden sowohl die Governanceformen als auch die Mitarbeiternachfrage und beab-sichtigte Bindung von Professionals an das Unternehmen. Zudem liefert die Arbeit von Morgan und Quack gute Argumente dafür, dass eine Untersuchung der Internationalisierung von Informati-onsarbeit in Deutschland sich nicht auf die Organisationsstrukturen bzw. auf die Produktionsseite beschränken, sondern mit der Analy-se der Nachfrage und des zur Befriedigung dieser Nachfrage not-wendigen Wissens beginnen sollte. Je nachdem, wie diese zentralen Organisationsaspekte in den unterschiedlichen institutionellen Kon-texten arrangiert werden, entstehen verschiedene Unternehmens-formen. Auch andere Autoren/innen (Dörrenbächer 2004; Höpner 2001; Jackson 2003) kritisieren die von Whitley (1999) angenom-mene Homogenität der „business systems“. Die von Whitley identi-fizierten „business systems“ sind keine homogenen Einheiten insti-tutioneller Interdependenz und können ihren Entwicklungspfad ändern, nicht zuletzt unter dem Einfluss von multinationalen Un-ternehmen (Morgan 2005; Deeg 2005).

Diese Ideen knüpfen an das im institutionellen Ansatz grundle-gende Konzept der Pfadabhängigkeit an, das von einigen Auto-ren/innen wie Saxenian (2002) auf die einfache Formel „history matters“ reduziert wird. Begrifflich definiert der Pfadabhängig-keitsansatz Ausgangsbedingungen sowie bestimmte Wirkmecha-nismen (Maintz 2002), die den Handlungskorridor von Organisati-onen, Innovationen oder Branchen eingrenzen (Deeg 2005; Djelic/Quack 2005). Der Fokus klassischer Theorien der Pfadab-hängigkeit liegt jedoch ähnlich wie bei Whitleys „business sys-

Page 137: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 140

tems“-Ansatz oder auch bei der „Varieties of Capitalisms“-Theorie (Hall/Soskice 2001) auf der Stabilität eines vorhandenen Hand-lungskorridors innerhalb von bestehenden institutionellen kohären-ten nationalen Einheiten bzw. „business systems“ und nicht auf möglichen alternativen Wegen. Institutioneller Wandel wird in die-sem Ansatz durch exogene Schocks bewirkt, die evolutionsgemäß eine Transformation aller interdependenten Institutionen mit sich bringen. In Whitleys (1999) „business systems“-Ansatz würde so ein Wandel durch Internationalisierung als exogener Schock auf die Analyseeinheit „Nation“ wirken. Einige Autoren/innen (Crouch-/Farrell 2002; Höpner 2001; Jackson 2003; Deeg 2005) zeigen je-doch Möglichkeiten eines institutionellen Wandels einzelner insti-tutioneller Systeme innerhalb der Pfadlogik eines „business sys-tems“ auf. Auch Wandel aufgrund endogener Faktoren ist möglich, wie Djelic und Quack (2005) argumentieren. Diese Autoren/innen schlagen auch eine Konzentration auf die Analyse der Pfadgenerie-rung statt auf pfadabhängige Prozessen vor, die sich auf eine offene Zukunft und vielfältige Trajektorienmöglichkeiten statt auf Ver-gangenheitsabhängigkeit fokussiert sowie auf die Wechselwirkun-gen zwischen institutionellem Rahmen und Handlungen.

Auch die oben diskutierte Analyse von Morgan und Quack (2005) belegt, dass innerhalb des Dienstleistungssektors in ein und demselben „business system“ unterschiedliche Organisationsfor-men emergieren können. Für die Analyse der Internationalisierung von Informationsarbeit in Deutschland bedeutet dies, dass multina-tionale Unternehmen gemeinsam mit Professionals die unterschied-lichen institutionellen Ressourcen kombinieren können, um mögli-che Restriktionen zu überwinden. So können sich im gleichen Sek-tor je nach Produktions- und Kundenspezialisierung verschiedene Strategien und Organisationsformen entwickeln. Das heißt, dass sowohl Strategien als auch Organisationsformen im Zusammen-spiel zwischen organisationellen und individuellen Handlungen von Mitarbeiter/innen entstehen, die durch Institutionen eingerahmt

Page 138: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

141 Internationale Professionalität

werden. Morgan und Quacks Analyse stellt einen wichtigen Aus-gangspunkt dar, um dieses Zusammenspiel zu verstehen. Jedoch wird ein umfassenderes Institutionskonzept benötigt als der makro-perspektivische und vor allem auf regulative Aspekte hin ausge-richtete Begriff von Whitley (1999), um die Implikationen der Internationalisierung der Informationsarbeit in Deutschland zu un-tersuchen. Normative und kognitive bzw. symbolische Dimensio-nen im Sinne des Neoinstitutionalismus sollten einbezogen werden, und zwar aus einer relationalen Perspektive, die gerade Institutio-nalisierungsprozesse als Wechselspiel zwischen Akteuren aus ver-schiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Interessen und Res-sourcen begreift.

Darüber hinaus ist es notwendig, die Wissensarten zu konzep-tualisieren, die in den unterschiedlichen Organisationsformen nachgefragt werden, um die Internationalisierung von Arbeitskapa-zitäten zu analysieren. Hierfür muss die Organisation und die Kon-trolle von Arbeit jenseits betrieblicher Grenzen mit einem stärkeren Bezug auf das Handeln individueller Akteure/innen berücksichtigt werden. Akteurzentrierte Ansätze bieten wichtige Ansatzpunkte dafür.

I.5.4 Akteurzentrierte Analysen der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten multinationaler Unternehmen

Akteurzentrierte Erklärungen beschäftigen sich mit individuellen Aspekten der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten bezogen auf Hybridisierungsprozesse und interorganisationelle Konflikte. Hybridisierungsansätze (s. S. 116 oben) gehen auf in den achtziger und neunziger Jahren durchgeführte Untersuchungen zur Expansi-on japanischer Firmen in die USA und Großbritannien zurück. Mehrere Studien über dieses Phänomen zeigen, dass japanische Firmen langfristige Beschäftigung garantierten, die Verpflichtung gegenüber ausländischen Mitarbeiter/innen aber nicht so hoch war

Page 139: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 142

wie gegenüber japanischen Beschäftigten (Elger/Smith 1994; Abo 1994; Liker et al. 1999; Morgan 2005). Weitere Analysen in den späteren neunziger Jahren bestätigten diesen Befund und behaupte-ten, dass es insofern zu einem Hybridisierungsprozess in der Inter-nationalisierung japanischer multinationaler Unternehmen gab, als sie ihre Organisationspraktiken an die ausländischen institutionel-len Umwelten der Tochterfirmen anzupassen versuchten (Beechler/Bird 1999; Campbell/Burton 1994; Delbridge 1998; Graham 1995). Diese Ansätze wurden dann auf den deutschen Kontext übertragen mit der Ausgangsfrage, wie die deutschen mul-tinationalen Unternehmen, die ihre Arbeitskapazitäten nach Groß-britannien und USA auslagerten, sich an diese institutionell ver-schiedenen Zielstandorte anpassen würden. Die Analysen kamen zu dem Ergebnis, dass die Internationalisierung deutscher multinatio-naler Unternehmen nicht als Anpassungs- bzw. Hybridisierungs-prozess verstanden werden konnte, sondern als Anlass für das Ler-nen von Tochterfirmen und für das Experimentieren mit neuen Or-ganisationspraktiken, die auf das gesamte Unternehmen übertragen werden konnten (Ferner/Varul 2000; Lane 1998; 2001; Bluhm 2001).

Auch mikropolitische Theorieansätze betonen die Divergenz organisationaler Praktiken bei der Internationalisierung von Ar-beitskapazitäten, konzentrieren sich dabei aber auf politische Hand-lungen eigensinniger Subjekte, die als wesentlicher Bestandteil sozialen Handelns in Organisationen verstanden werden. Diese Ansätze heben die Herstellungsleistungen sowie Strategiefähigkei-ten von Akteuren in ihren semantischen und normativen Kontexten hervor. Als theoretische Basis wird die Spielmetapher77 verwendet, um zu betonen, dass Organisationen keine zweckrationalen Gebilde sind, sondern Arenen mikropolitischer Aushandlungsprozesse und 77 „Das Spiel erscheint so als grundlegendes Instrument kollektiven Handelns, das die Menschen erfunden haben, um ihre Zusammenarbeit und die damit unweigerlich verbundenen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zu strukturieren und zu regeln und sich dabei doch ihre Freiheit zu belas-sen.“ (Crozier und Friedberg 1979: 4).

Page 140: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

143 Internationale Professionalität

Machtkämpfe. Vor allem Crozier und Friedberg (1979) haben in den siebziger Jahren die Gedanken von Simon und March (1958) über begrenzte Rationalität mit dem Paradigma der Macht, verstan-den als Handlungsfähigkeit, und mit der Spielmetapher in einem mikropolitischen Ansatz kombiniert. Organisationen werden dabei als Produkt von Handlungen,78 die vielfältig, explizit und wider-sprüchlich sowie unplanbar, aber dennoch in Bezug auf Hand-lungsgelegenheiten, Umgebungsbedingungen und das Verhalten anderer Akteure rational sind. Da sich Verhalten trotz intensiver Regelungsversuche nicht vollständig determinieren lässt, existieren in allen Organisationen Ungewissheitszonen, die die Akteure als Machtquellen für ihre Spiele, aber auch für mögliche Veränderun-gen der Spiele selbst bzw. ihrer Regeln nutzen können.

Dieser Ansatz wird für die Erklärungen interorganisationeller Beziehungen multinationaler Unternehmen verwendet (Flecker 2000; Dörrenbächer/Riedel 2000; Dörrenbächer 2006; Ferner/Varul 2000; Dörrenbächer/Gammelgaard 2006; Dörrenbächer/Geppert 2006; Mense-Petermann/Wagner 2006; Sharpe 2001). Im Gegen-satz zu Erklärungen auf der Grundlage von institutionalistischen Theorien, die auf Regelungen und Legitimierungen organisationa-ler Handlungen vor allem fokaler Organisationen im Internationali-sierungsprozess von Arbeitskapazitäten fokussieren, legen mikro-politische Erklärungen den Schwerpunkt auf das Zusammenspiel zwischen Standorten und Stammhaus, in dem das Management eine zentrale Rolle spielt. Mikropolitische Erklärungen überneh-men eine akteurzentristische Perspektive und grenzen sich von institutionalistischen Ansätzen ab, indem sie gerade die Konkur-renz zwischen unterschiedlichen Akteuren mit verschiedenen Res-sourcen und Interessen und mit verschiedenen Strategien in den Vordergrund stellen. Die von Bartlett und Ghoshal (1989) und den

78 „[Organisationen sind] nichts anderes als die immer spezifischen Lösungen, die relativ autonome Akteure mit ihren jeweiligen Ressourcen und Fähigkeiten geschaffen, erfunden und eingesetzt haben, um die Probleme kollektiven Handelns zu lösen.“ (Crozier und Friedberg 1979: 7).

Page 141: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 144

Neoinstitutionalisten vertretene Konvergenzthese wird hier verab-schiedet. Vielmehr wird die Bedeutung der Tochterorganisationen im Unternehmen und die Pluralität von Organisations- und Strate-gieformen unterstrichen. Hier zeigen sich Parallelen zur Argumen-tation von Morgan und Quack (2005) und eine Distanzierung von Whitleys (2001) Ansatz, der im Hinblick auf die Umwelteinflüsse auf multinationale Unternehmen zu undifferenziert ist.

Wie Dörrenbächer (2006: 125; vgl. auch Dörrenbächer/Geppert 2006: 253) feststellt, wurden mikropolitische Konflikte in multina-tionalen Unternehmen jedoch bisher kaum untersucht. Dörrenbächer ist skeptisch gegenüber netzförmigen Koordinations-formen transnationaler Unternehmen und verweist auf die konflikt-geladenen Prozesse zwischen Organisationen aus unterschiedlichen Standorten. Er bezieht sich auf verschiedene Spieltypologien79 und grundlegend auf die Spielmetapher von Crozier und Friedberg (1979), um seinen mikropolitischen Ansatz aufzubauen. Besonders wichtig für meine Fragestellung ist Dörrenbächers (2006; 2005) Analyse von Mandatsveränderungen in multinationalen Unterneh-men, denn Tätigkeiten werden auch in Bezug auf Mandate definiert und klassifiziert. Mandate sind nach Dörrenbächer (2005) mit Res-sourcenkontrolle verbunden und damit auch mit Handlungsmög-lichkeiten. Dörrenbächer bezieht sich hier auf die Organisationen als Akteure. Die zur Konzerneinheit gehörenden Organisationen verfügen über verschiedene Ressourcen und besitzen organisati-onspolitische Macht, wobei davon auszugehen ist, dass es eine strukturelle Asymmetrie zwischen der Konzernzentrale und den an Mandatsveränderungsprozessen beteiligten Tochterfirmen gibt. Das führt zu einem hohen Konfliktpotenzial im Unternehmen. Da Man-date auch mit Karrieren, Einflussmöglichkeiten sowie Arbeitsplät-zen in den Organisationen multinationaler Unternehmen verbunden 79 Im Einzelnen sind dies die Spieltypologien von Mitzberg (1983) (Autoritäts-, Machtaufbau-, Rivalitäts- und Veränderungsspiele) und von Ortmann et al. (1990) (Routine- und Innovationsspiele) sowie Neubergers (1995) funktionale Spielauflistung (Budgetspiele, Karrierespiele, Reorganisations-spiele).

Page 142: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

145 Internationale Professionalität

sind, ist die Orientierung individueller Akteure an den verschiede-nen Organisationen auch betroffen, wobei in den Auseinanderset-zungen um Mandate grundsätzlich Manager der jeweiligen Organi-sationen des Unternehmens beteiligt sind (Dörrenbächer 2006: 135). Die strukturellen und institutionellen Einflüsse auf Hand-lungsoptionen von Managern in Tochterfirmen im Hinblick auf Mandatsveränderungen klassifiziert Dörrenbächer in drei Haupt-gruppen: erstens Faktoren bezogen auf das Gastland (Institutionengefüge, Faktorausstattung des Landes, Regierungspo-litik gegenüber Auslandsinvestitionen), zweitens Faktoren bezogen auf die Tochtergesellschaften (Ressourcen, Fähigkeiten) und drit-tens konzernbezogene Faktoren (Mandatsvergabepolitik, Konkur-renz zwischen Standorten). Darüber hinaus stellen Nationalität und Karriere Faktoren dar, die Managerhandlungen bezüglich Man-datsveränderungen beeinflussen können.

Zusammenfassend versuchen mikropolitische Ansätze, die Machtkonflikte zwischen Organisationen multinationaler Unter-nehmen in Abgrenzung von institutionalistischen Theorien der Internationalisierung zu analysieren, indem sie sowohl Homogeni-sierungen als auch Heterarchisierungen (Hedlund 1993) ablehnen und die Pluralität von Organisationsformen multinationaler Unter-nehmen auf der Basis unterschiedlicher Ressourcen, der Kontrolle von Ungewissheitszonen bzw. Spielstrategien in den Mittelpunkt stellen. Damit erweist sich dieser Ansatz als wichtig, um Fragen über die relative interorganisationale Positionierung im Unterneh-men bezüglich der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten zu beantworten. Allerdings bleiben mehrere Aspekte ausgeblendet oder werden nur implizit genannt, die für die Analyse der Interna-tionalisierung von Arbeitskapazitäten multinationaler Unternehmen entscheidend sind. So bleibt erstens offen, welche Rolle die zentra-le Ressource Expertise bzw. Wissen bei den unterschiedlichen Un-ternehmenseinheiten für die Vergabe und die Veränderung von Mandaten spielt. Weiterhin bleibt der Fokus des Ansatzes auf in-

Page 143: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 146

terorganisationelle Konflikte gerichtet, auch wenn in Bezug auf Karriere und Nationalität individuelle Faktoren erwähnt werden. Es wird aber nicht erklärt, was genau mit Karrieren gemeint ist oder wie sie sich in Bezug auf Mandatsveränderungen transformieren. Ausschließlich auf die Möglichkeiten im Unternehmen begrenzte organisationale Karrieren finden Berücksichtigung. Andere Karrie-reformen, die gerade mit unterschiedlichen Expertiseformen und mit der Institutionalisierung von Wissen bzw. Expertise in Unter-nehmen und jenseits davon zu tun haben, kommen nicht vor. Auch neue Karriereformen im Zusammenhang mit der Internationalisie-rung multinationaler Unternehmen wie die sogenannten globalen Karrieren (Mayrhofer/ Iellatich 2005) werden ignoriert. Die Diffe-renzierung zwischen Karriereformen ist aber gerade für mikropoli-tische Prozessen in Bezug auf Mandate wichtig: Je nachdem, wel-che Karrierepotenziale den Managern offen stehen, werden sie auch verschiedene Einstellungen zur Mandatsveränderung und zur Verpflichtung gegenüber der Organisation haben und ihr Handeln entsprechend unterschiedlich ausrichten. Karrieren sind außerdem an Tätigkeiten und Expertise gebunden, doch auch diese Dimensi-onen werden in mikropolitischen Ansätzen ausgeblendet. Der Grund dafür liegt meines Erachtens vor allem in der zu starken Fokussierung auf interorganisationale Machtkämpfe, die wenig Raum für individuelle Dimensionen lässt. Auch Geschlechter-asymmetrien im Unternehmen und ihre Transformation in Prozes-sen der Restrukturierung von Arbeitsteilung und der Mandatsver-änderung werden genauso wie in den anderen diskutierten Ansät-zen ignoriert.

Der gleichfalls akteurzentrierte Ansatz von Becker-Ritterspach (2006) eröffnet die Möglichkeit, diese offenen Fragen teilweise theoretisch zu fundieren. Becker-Ritterspach entwickelt auf der Basis von Giddens’ Strukturationstheorie und skandinavischen neoinstitutionalistischen Theorien der Translation einen theoreti-

Page 144: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

147 Internationale Professionalität

schen Rahmen, um Wissenstransfer und -integration in transnatio-nalen Unternehmen zu analysieren.

In Anlehnung an Doz und Prahalad (1991) sowie Nohria und Ghoshal (1997) betrachtet Becker-Ritterspach den Konzern als integriertes oder differenziertes Netzwerk. Das heißt, dass die Or-ganisation durch eine globale Arbeitsteilung gekennzeichnet ist, die komplexe Ressourcenflüsse und Integration erfordert. Mit Bezug auf Ortmann et al. (2000/1997: 317) definiert Becker-Ritterspach Organisationen als „Systeme organisierten Handelns“. Ihnen liegt eine reflexive Strukturation (s. auch S. 163 unten) zugrunde, die auf Umweltanforderungen (Integrations-, Differenzierungs- und Innovationsanforderungen) reagiert. Als reflexive Strukturation weisen Organisationen also organisationsspezifische Struktureigen-schaften (Regeln und Ressourcen) auf. Im Anschluss an Giddens’ Strukturationstheorie versteht der Autor weiterhin Akteurshandeln als sozial konstruiert, sodass die Akteure, die für die Wissensinteg-ration konstitutiv sind, in einem sozial-systemischen Kontext veror-tet werden. Auf diesem Hintergrund geht Becker-Ritterspach ers-tens der Frage nach, „ob und wie sich das Wissen und der aufneh-mende Kontext im Zuge der Integration verändert“ und zweitens, „wie die Wissensintegration durch sozial-systemisch unterschied-lich positionierte Akteure und ihre Interaktionen beeinflusst wird“ (2006: 161). Für die Antwort auf die erste Frage lehnt sich der Au-tor an den skandinavischen institutionalistischen Ansatz der Trans-lation an (Czarniawska/Sevón 1996; Sahlin-Andersson 1996). Wis-sensprozesse werden darin als Sequenzen von Translationen und Wissensgeneration als doppelter Prozess der Übertragung und In-tegration konzipiert. Dieser Ansatz ist nach Ansicht von Becker-Ritterspach besonders geeignet für die Analyse von Wissenspro-zessen, weil er im Gegensatz zu klassischen neoinstitutionalistischen Theorien den Transformationsprozess in der Diffusion berücksichtigt. Doch betrachtet dieser Ansatz eine Objektivierung des Wissens als Grundbedingung seiner Übertrag-

Page 145: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 148

barkeit, was Becker-Ritterspach (2006: 165) im Zusammenhang mit der Weitergabe impliziten Wissens bezweifelt. Für die zweite Frage greift Becker-Ritterspach auf die Strukturationstheorie zu-rück, da der Translationsansatz seines Erachtens nach nicht ausrei-chend erklärt, wie die „Übersetzungen“ zur Wissensintegration auf sozial-systemisch konstituierten Akteurshandlungen beruhen, und er darüber hinaus mögliche Interessenkonflikte bei Translations-prozessen ausblendet, da Macht und Herrschaft ähnlich wie bei früheren neoinstitutionalistischen Theorien nicht berücksichtigt werden. Die Strukturationstheorie sieht Wissensintegration als Routineoperation und gleichzeitig als bewusster reflektierten Pro-zess. In diesem Prozess können die Akteure dadurch Widerstand leisten, dass sie über Bedeutungen verhandeln. Die in der Struktu-rationstheorie als zentral geltenden Begriffe Zeit und Raum lassen sich darüber hinaus auch die verschiedenen Positionierungen der Akteure begreifen.

Becker-Ritterspach (ebd.: 169) differenziert zwischen ver-schiedenen Subsystemen von transnationalen Unternehmen mit unterschiedlichen Struktureinheiten (Regeln und Ressourcen) und unterschiedlicher struktureller Distanz80 aufgrund der Kombination aus geografischer Verortung und differenzierten organisationalen Aufgaben. So sind die Subeinheiten transnationaler Unternehmen von den Struktureigenschaften der gesellschaftlichen Systeme ihrer Lokalität durchdrungen und diese Struktureigenschaften interagie-ren zugleich mit organisationalen Bemühungen reflexiver Strukturation. Beide Interaktionen tragen zur Schaffung sozialer Räume bei und dadurch zur Herausbildung subsystemischer Struk-tureigenschaften.

80 „Ähnlich der von Kostova (1999) gewählten Definition institutioneller Distanz, lässt sich struktu-relle Distanz als ein dreidimensionales Konstrukt verstehen, basierend auf den Dimensionen der Signifikation, Legitimation und Domination. Die strukturelle Distanz kann somit spezifiziert werden als die Differenz zwischen den korrespondierenden Strukturdimensionen in zwei sozialen Systemen.“ (ebd.: 170). (s. auch unten bez. der Begriffe: Signifikation, Legitimation und Domination).

Page 146: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

149 Internationale Professionalität

In solchen sozialen Räumen haben Akteure unterschiedliche Handlungsfähigkeiten (Handlungsmächtigkeit in Bezug auf die Fähigkeit der Akteure, sich auf Ressourcen zu beziehen, und Hand-lungswissen im Zusammenhang mit der Fähigkeit des Akteurs, sich auf Regeln beziehen zu können), da Regeln und Ressourcen sowohl integrierend als auch differenzierend wirken. Differenzierende Ei-genschaften ergeben sich nach Becker-Ritterspach angelehnt an Giddens aus den unterschiedlichen Verortungen (durch Kopräsenz, Zeitlichkeit und soziale Beziehungen) von Akteuren in sozialen Systemen. Für die Analyse von Wissensprozessen transnationaler Unternehmen ist grundsätzlich wichtig, vor diesem Hintergrund die Positionierung der Akteure sowohl in gesellschaftlichen als auch in organisationalen Systemen zu berücksichtigen, was wiederum für die Frage nach dem Bezug unterschiedlicher Akteurstypen auf Re-geln und Ressourcen relevant ist.

Wissensintegration in transnationalen Unternehmen versteht Becker-Ritterspach vor diesem theoretischen Hintergrund als einen Prozess der Integration von eingebettetem Wissen (explizites wie auch implizites Wissen) von einem System zu einem „neuen sys-temischen Kontext“ (ebd.: 175), in dem Akteure als Überset-zer/innen zwischen den verschiedenen sozialen Subsystemen fun-gieren. Dies ist beispielsweise bei sogenannten Expatriats bzw. ins Ausland entsendete Mitarbeiter/innen der Fall, die als Fachkräfte von dem international tätigen Unternehmen, bei dem sie beschäftigt sind, vorübergehend in eine ausländische Zweigstelle entsandt werden. Diesen Übersetzungsprozess bezeichnet Becker-Ritter-spach als dialektisch in dem Sinne, dass beide Systeme dabei trans-formiert werden. Je nach dem Ausmaß der Unterschiede zwischen dem Herkunfts- und dem Zielsystem des Wissens ist die strukturel-le Distanz mehr oder weniger ausgeprägt. Sie kann dazu führen, dass das Wissen im aufnehmenden System inkompatibel ist oder dass die strukturellen Eigenschaften des aufnehmenden Systems infrage gestellt werden. Je größer die strukturelle Distanz, desto

Page 147: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 150

größer wird auch das Konfliktpotenzial bei der Wissensintegration und desto wichtiger werden auch die Übersetzungsleistungen.81 Weil die Struktureigenschaften des aufnehmenden Systems als Übersetzungsmedium der Wissensintegration fungieren, kann ein imitativer Wissenstransfer nicht stattfinden.

Aus Akteursperspektive geht Becker-Ritterspach davon aus, dass Akteure je nach ihren konkreten Positionierungen unterschied-lich von Wissenstransfer betroffen sind und auch unterschiedlich auf Regeln und Ressourcen zurückgreifen können, um die Wissens-integration zu beeinflussen. Dementsprechend sollte die Analyse des Wissenstransfers in transnationalen Unternehmen die Positio-nierung der Akteure berücksichtigen, damit die Handlungsmäch-tigkeit und das Handlungswissen dieser Akteure verstanden werden kann.82 Denn sowohl das transferierte Wissen als auch seine Über-setzungen können die Regeln und Ressourcen des aufnehmenden sozialen Systems infrage stellen.83 81 Aus diesen Überlegungen entwickelt Becker-Ritterspach folgende Fragen: „Wie groß ist die struk-turelle Distanz zwischen den Systemen, zwischen denen das Wissen ausgetauscht wird? Welche strukturellen Implikationen hat das übertragene Wissen für das bestehende bzw. das aufnehmende System? Wie weit entfernt oder gegensätzlich sind die strukturellen Implikationen des zu übertragen-den Wissens von den Struktureigenschaften des aufnehmenden Systems und welche Übersetzungs-notwendigkeiten und systemischen Widerstände ergeben sich daraus? Wie beschränken und ermögli-chen die bestehenden strukturellen Eigenschaften des aufnehmenden Systems diese Übersetzungsleis-tungen und Widerstandspotentiale? Und wie verändern sich im Ergebnis dieser Übersetzungsleistun-gen das übertragene Wissen einerseits und die strukturellen Eigenschaften des aufnehmenden Sys-tems andererseits?“ (ebd.: 177). 82 Auch aus diesen Gedanken leitet Becker-Ritterspach bestimmte Fragen ab: „[Es] stellt sich die Frage, auf welche Regeln und Ressourcen sich Akteure – auf der Grundlage ihrer systemischen Positionierungen – als Medien der Übersetzung und damit der Wissensintegration beziehen können. Zu fragen wäre also hier: In welcher Weise strukturieren die positionierungsbedingten Bezugnahmen auf Regeln und Ressourcen unterschiedlicher Akteure und Akteursgruppen die Übersetzungen zur Wissensintegration? Auf welche Regeln und Ressourcen können sich die Akteure (im einschränken-den wie ermöglichen Sinne) aufgrund ihrer systemischen Position (gesellschaftlich und organisatio-nal) beziehen, um neues Wissen in ihr persönliches Sinn- und Normensystem und sodann in Hand-lungen ihres Sozialsystems zu übersetzen? Und schließlich, welche neuen/veränderten Bedeutungen und welche neuen Handlungspraktiken erfährt integriertes Wissen in einem neuen Systemkontext als Folge von Interaktionen, Konflikten, Verhandlungen unterschiedlich positionierter Akteure auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung stehenden Regeln und Ressourcen?“ (ebd.: 179). 83 Becker-Ritterspach (ebd.: 178) fügt hinzu: „So könnte die Übertragung von Wissen in TNK [Transnationalen Konzernen] als Ausdruck reflexiver Strukturation beispielsweise die Repositionierung (bis hin zum Ausscheiden) von Akteuren oder umgekehrt die Reformulierung und

Page 148: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

151 Internationale Professionalität

Der Ansatz von Becker-Ritterspach bietet wichtige Anknüp-fungspunkte für die Analyse der oben genannten offenen Fragen beim mikropolitischen Ansatz zur Rolle von Wissen und Ge-schlechterasymmetrien bei der Internationalisierung von Arbeits-kapazitäten multinationaler Unternehmen. Besonders die Konzep-tualisierung der Wissensintegration als Prozess, in dem Überset-zungsleistungen und auch eine Transformation in den betroffenen Organisationen stattfinden, ist wichtig, weil Wissen ein zentraler Bestandteil von Expertise ist, die gemeinsam mit den Tätigkeiten redefiniert werden soll, um transferiert zu werden. Allerdings blei-ben die Definitionsentscheidungen bei Becker-Ritterspach im Un-terschied zum mikropolitischen Ansatz ausgeblendet.

Hilfreich für die Analyse der Internationalisierung von Ar-beitskapazitäten in der Informationsarbeit ist weiterhin die Kombi-nation des neoinstitutionalistischen Translationskonzepts mit einer Mikrofundierung auf der Basis der Strukturationstheorie. Gerade die Akteurperspektive, die im mikropolitischen Ansatz zu kurz greift, wird bei Becker-Ritterspachs theoretischem Vorschlag durch den Rekurs auf die Positionierung von Akteuren in Bezug auf Re-geln und Ressourcen detaillierter begriffen. Damit ist es möglich, ungleiche Positionierungen von Frauen und Männern oder auch von jüngeren und älteren Mitarbeiter/innen in Bezug auf im Trans-nationalisierungsprozess recodierte Ressourcen und Regeln der Arbeit zu untersuchen.

Doch einige Konzepte bleiben bei Becker-Ritterspach unklar, wie beispielsweise der Wissensbegriff, der undifferenziert im Kon-zept des Wissenstransfers vorausgesetzt wird. Hier stellt sich die Frage, die für die Internationalisierung von Arbeitskapazitäten und die Recodierung von Tätigkeiten in der Informationsarbeit zentral ist, nämlich welche Art von kodifiziertem und nicht-

Re-Allokation (bis hin zur vollständigen Entwertung oder Streichung) von Regeln und Ressourcen auf andere organisationale Positionen implizieren. In beiden Fällen wäre die Fähigkeit der Akteure betroffen, sich auf bisherige Regeln und Ressourcen beziehen zu können.“

Page 149: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 152

kodifizierbarem Wissen im Transnationalisierungsprozess zwi-schen Organisationen transferiert und integriert wird und mit wel-chen Ressourcen und Regeln Wissen verknüpft ist. In diesem Zu-sammenhang muss auch konzeptualisiert werden, wie ein solches differenziertes Wissen als Ressource fungiert und wem es zur Ver-fügung steht. Für Becker-Ritterspach ist Wissen keine Ressource, vielmehr beeinflusst es durch seine Übersetzung die strukturellen Eigenschaften von Subsystemen. Doch wie ich oben bei der Defini-tion von Informationsarbeit bereits erläutert habe, ist Wissen sehr wohl eine zentrale Ressource, und zwar sowohl gesellschaftlich und individuell als auch organisationell. Darüber hinaus geht Be-cker-Ritterspach davon aus, dass der Wissenstransferprozess zwi-schen einer Absenderorganisation und einer aufnehmenden Organi-sation stattfindet, die klar voneinander abgegrenzt werden können. Er beachtet dabei nicht, dass gerade durch die Internationalisierung hybride Organisationstypen entstehen, in denen die Grenzen zwi-schen Organisationen zugunsten neuer sozialer Räume, die bei-spielsweise durch Projekte zeitlich begrenzt sind, verwischen. Be-cker-Ritterspach (ebd.: 169) verweist selbst auf dieses Phänomen, wenn auch nur am Rande: „So trägt die reflexive Formulierung von Regeln und Allokation von Ressourcen sowie die damit einhergehende Konzentration von spezifischen Aufgaben und ihrer relevanten Interaktionen in Loka-litäten zur Schaffung sozialer Räume, wodurch es ebenfalls – teil-weise intendiert und teilweise nicht – zur Herausbildung subsys-temspezifischer Struktureigenschaften kommt.“ Wie die Grenzen zwischen den Subsystemen erhalten bleiben, bleibt offen. Gerade um die Positionierung von Akteuren in Bezug auf Ressourcen und Regeln zu analysieren, ist es notwendig, deren Reichweite zu untersuchen. Für die Analyse der Internationalisie-rung von Arbeitskapazitäten in der Informationsarbeit ist es deshalb

Page 150: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

153 Internationale Professionalität

lohnend zu berücksichtigen, wie Arbeitsjurisdiktionen bzw. Ar-beitszuständigkeiten in der Interaktion zwischen organisationalen und individuellen Akteuren strukturiert werden.

Jenseits der Debatte über eine Divergenz oder Konvergenz or-ganisationaler Praktiken bei der Internationalisierung von Arbeit fokussieren zahlreiche Studien auf die Umstrukturierung von Wert-schöpfungsketten (Faust et al. 2004) und untersuchen die Hand-lungsaspekte solcher Restrukturierungen (Forsgren 1990; Flecker 2000; Dörrenbächer 2004; 2006; Ferner/Varul 2000; Mense-Petermann 2005; 2006; Matthäi/Kotthoff 2001; Becker-Ritterspach 2004; 2006; Klemm/Popp 2006). Diese Ansätze werden im nächs-ten Kapitel diskutiert.

I.5.5 Die Analyse der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten mit Fokus auf Wertschöpfungsketten

Institutionelle Ansätze analysieren die Internationalisierung von Arbeitskapazitäten mit Blick auf deren Regulierung und Legitimie-rung in Organisationen. Demgegenüber gehen andere Autoren von der Krise fordistischer Produktionsweisen aus und untersuchen die Transformation der Produktion in Internationalisierungsprozessen, die sich als Entwicklung von einer vertikalen hin zu einer modula-ren flexiblen Integration des Arbeitsprozesses beschreiben lässt (Sturgeon 1997a; 1997b; 2000; 2002; Gereffi/Korzeniewicz 1994; Borrus et al. 2000; Lüthje et al. 2002; Faust et al. 2004). Der Schwerpunkt dieser Ansätze liegt nicht auf Organisationen oder nationalen Institutionsumwelten, sondern auf der Transformation der Produktion, die neue Organisationsformen, vor allem das Netzwerkmodell, hervorbringt.

Das Konzept der Wertschöpfungsketten wird in den achtziger Jahren in den Wirtschaftswissenschaften und speziell in den Mana-

Page 151: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 154

gement Studies mit den Analysen von Porter (1989)84 populär und prägt weitere Entwicklungen des Konzeptes auch in der Soziologie. Porter untersucht die relevanten wertorientierten Bereiche eines Unternehmens, das heißt seine Wertschöpfungsaktivitäten. Unter-nehmensintern gibt es primäre (physische Herstellung, Verkauf und Übermittlung von Produkten an Abnehmer sowie Kundendienst) und sekundäre (Einkauf von Inputs, Technologieentwicklung, For-schung und Entwicklung sowie Personalrekrutierung) Wertschöp-fungsaktivitäten. Diese internen Wertschöpfungsaktivitäten sind mit externen Wertschöpfungsaktivitäten, etwa dem Kontakt mit Lieferanten und Abnehmern, verbunden und tragen zum gesamten Gewinn des Unternehmens bei. Das Konzept der Wertschöpfungs-kette beschreibt den Transformationsprozess von Inputs in Produk-te, wobei jedes Produkt in jeder Phase des Prozesses einen be-stimmten Wert besitzt. Es wurde vor allem in Handels- und Pro-duktionsunternehmen und insbesondere mit dem Ziel eingesetzt, Vorteile der Internationalisierung zu untersuchen. Für die Analyse von Wertschöpfungsketten in Dienstleistungsunternehmen wurde das Konzept um zwei weitere Komponenten ergänzt (Stabell-/Fjeldstad 1998): Wertschöpfungswerkstatt („value shop“), die Problemlösungen für Kunden durch Mobilisierung von Ressourcen Wert schaffen, und Wertschöpfungsnetzwerk („value network“), das durch die Verfügung von Technologien für die Kommunikation des Unternehmens mit den Kunden Wert schafft.

Für die Untersuchung von Internationalisierungsprozessen von Unternehmen wurde Porters Konzept, das kontextuelle Unterneh-mensdimensionen ausblendet, speziell von Gereffi und Korzeniewicz (1994) im Rahmen von ökonomischen politischen Analysen und anknüpfend an dependenz- und weltsystemtheoreti-sche Überlegungen weiterentwickelt. Die sogenannten „global 84 „Die Wertkette gliedert ein Unternehmen in strategisch relevante Tätigkeiten, um dadurch Kosten-verhalten sowie vorhandene und potentielle Differenzierungsquellen zu verstehen. Wenn ein Unter-nehmen diese strategisch wichtigen Aktivitäten billiger oder besser als seine Konkurrenten erledigt, verschafft es sich einen Wettbewerbsvorteil.“ (ebd.: 59).

Page 152: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

155 Internationale Professionalität

commodity chains“ bestehen nach diesen Autoren/innen aus orga-nisationsübergreifenden Netzwerken, die für die Produktion einer bestimmten Ware zuständig sind und damit weltweit Haushalte, Unternehmen und Staaten verknüpfen, wobei sie wirtschaftlich und sozial in ihren jeweiligen Kontexten verankert sind. Vier Dimensi-onen werden als charakteristisch für solche „global commodity chains“ unterschieden (ebd.: 96 ff.): eine Input-Output-Struktur von Strömen von tangiblen (Rohstoffe, Halbfertigprodukte) und intangiblen (Wissen) Ressourcen, die im Prozess der Wertschöp-fung miteinander verknüpft sind; ein Raum (territoriality), das heißt die geografische Konzentration oder Verteilung von Produk-tions- und Vertriebsnetzen in mehreren Unternehmen; eine Governance-Struktur von Herrschafts- und Machtbeziehungen, die für Entscheidungen über die Verteilung der finanziellen, materiel-len und personellen Ressourcen in der Kette verantwortlich sind; ein institutioneller Rahmen für das Zusammenspiel zwischen Wert-schöpfungssegmenten.

Weiterhin unterscheiden Gereffi et al. (1994) zwischen zwei Grundformen von „global commodity chains“: die „Produzenten-global commodity chains“ von transnational produzierenden Un-ternehmen vor allem in kapital- und technologieintensiven Indust-riezweigen wie der Automobil-, Luftfahrt-, Computer-, Halbleiter- und Maschinenbauindustrie und die „Ankäufer-global commodiity chains“ in der arbeitsintensiven Konsumgüterindustrie. Gereffi et al. (2005) haben diese Klassifikation später um „modulare“, „rela-tionale“ und „captive“ Wertketten ergänzt, die sich im Hinblick auf die Machtbeziehungen zwischen Kernunternehmen und Tochter-firmen unterscheiden.

Von den vier Dimensionen internationaler Wertschöpfungsket-ten hat die Governance-Struktur in der Literatur ab Mitte der neun-ziger Jahre die größte Aufmerksamkeit erfahren. Auch Gereffi et al. (2005) beschäftigen sich weiter mit Governance-Strukturen und identifizieren drei Differenzierungsdimensionen in einer spezifi-

Page 153: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 156

schen Wertschöpfungskette: erstens die Komplexität der Transakti-on; zweitens die Koordinationsmöglichkeiten von Informationen und Wissen, um Transaktionskosten effizient zu halten; drittens das vorhandene Kompetenzniveau der Zulieferer. Je höher das Kompe-tenzniveau ist, desto größer sind die Möglichkeiten der Firmen, Aufgaben an Zulieferer zu delegieren und so Lernkosten einzuspa-ren.

Faust et al. (2004) weisen darauf hin, dass der Modularisie-rungsgrad von Wertschöpfungsketten in unterschiedlichen Indust-riesektoren verschieden ist.85 So ist beispielsweise der Modularisie-rungsgrad in der Elektronikbranche höher als in der Automobilpro-duktion. Diese Autoren unterscheiden auf der Basis empirischer Untersuchungen über globalen Wertschöpfungskette zwischen drei Differenzierungskriterien von Netzwerken bzw. der Governance von Wertschöpfungsketten: erstens Macht (Markmacht, Kompe-tenzmacht, Ressourcenkontrolle), zweitens die Verteilung von Kompetenzen und Funktionen und drittens die Standardisierung von Wissen und Produktionsprozessen.86

Diese Untersuchungen zeigen, dass die Interaktionen zwischen den Akteuren innerhalb der Wertschöpfungskette, die als Netzwer- 85 „Thus, overall empirical evidence lets us assume a variety of network types emerging both within industries and national contexts. […] So far, these provisional findings speak against the assumption that modular production networks will be the dominant type of value chain governance and suggest viable alternatives will emerge and/or continue.“ (ebd.: 48). 86 „– the power distribution of the actors involved, including the question whether there is a focal actor constituting a strategic network: The power position of an actor may depend on different sources ranging from mere market power (including the ability to exploit economies of scale) to unique and critical competencies difficult to imitate, or on privileged access to critical resources. – the division of competencies and functions: Whether the separation of functions occurs at the intersection between design and manufacturing or whether the overall design process itself is sepa-rated between different actors in the value chain seems to be relevant, hence the question of which actors are involved in product innovation. – the standardization of intersections between network partners comprising the degree to which knowledge exchange can be codified (Gereffi et al. 2003): In line with arguments developed in the debate on the Wintelism model (Borrus and Zysman 1997) this refers to the emergence of industry standards, the type of standard (proprietary, open, or open-but-owned) and the standard setting procedures. Standards may result from negotiations between a variety of actors within an industry or organizational field, sometimes involving special committees and/or industry associations, from state regulation or from an outstanding power position of a focal actor.“ (ebd.: 49).

Page 154: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

157 Internationale Professionalität

ke organisiert werden,87 von Lernprozessen und unterschiedlichen sich Formen der Kooperation geprägt werden. Die Expansion von Wertschöpfungsketten im Ausland stellt die Organisationsstruktu-ren infrage und schafft neue Experimentiermöglichkeiten für mul-tinationale Unternehmen. Aufwertungseffekte durch die Gover-nance von Wertschöpfungsketten können dann auf unterschiedli-chen Wegen erzielt werden (Kaplinsky/Morris 2001; Humphrey-/Schmitz 2002).

Das Konzept der Wertschöpfungsketten ist vor allem deshalb wichtig für meine Fragestellung, weil es die Chance bietet, die in-ternationale Organisation der Arbeitskapazitäten jenseits von Fir-mengrenzen zu analysieren. Hauptsächlich wegen der zunehmen-den Flexibilisierung von Arbeit ist eine solche Fokussierung auf die Organisation der Arbeit zentral.

Für die Informationsarbeit sind in diesem Zusammenhang die Arbeiten von Lüthje et al. (2002), Holtgrewe (2006), Flecker et al. (2002) sowie Flecker (2005) wichtig. Lüthje et al. (2002) weisen auf das sogenannte „Contract Manufacturing“ als neues Produkti-onsmodell hin. Die Autoren/innen gehen davon aus, dass dieses Modell ein Produkt von komplexen Institutionalisierungsprozessen ist, in denen Technikentwicklung sowie die industrielle Organisati-on spezifische Artikulationsebenen von Strukturveränderungen gesellschaftlicher Arbeitsteilung sind, die von vielen Unsicherhei-ten gekennzeichnet werden. Die technologische Modularisierung, die sich im Bereich der Hardwareindustrie vollzieht wird, steht nach Lüthje et al. (2002) nicht unbedingt im Zusammenhang mit der marktliberaler Logik der kostengetriebenen Optimierung. Er-klärungen bezogen auf flexible Spezialisierung oder der Ansatz der „Netzwerkgesellschaft“ von Castells greifen nach Lüthje et al. gleichfalls zu kurz. Sowohl die Komplexität der Technikentwick- 87 Zuckerman (2003) bezeichnet sowohl horizontale als auch vertikale Kooperationen in Wertschöp-fungsketten als Netzwerke. Sydow (1991; 2006) weist darauf hin, dass Netzwerkorganisationen als Mischformen den beiden Extremen „Hierarchie“ (vertikale Integration) und „Markt“ (Koordination durch den Markt) gegenübergestellt werden.

Page 155: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 158

lung als auch die Kapitalintensität der Produktion erzwingen nach Lüthje et al. (2002) eine extreme Arbeitsteilung in der Branche, denn kein Unternehmen alleine ist in der Lage, die Ressourcen für die rasante Innovationsdynamik der Branche zu kontrollieren. Lüthje (2001) verweist auf die charakteristische gleichzeitige Fragmentierung und Zentralisierung von Märkten, Unternehmen sowie Technologieketten als Entwicklungsform der IT-Branche, wobei es kein universell gültiges Modell technologischer Innovati-on und unternehmerischer Organisation gibt.

Dennoch bleiben individuelle Aspekte der Organisation der Arbeit und der Expertise ausgeblendet. Machtaspekte werden eher auf Konflikte zwischen den verschiedenen Wertschöpfungsketten reduziert. Wie die Mitarbeiter/innen mit der Ressource Wissen um-gehen können und sollen, welche Unsicherheiten damit verbunden sind oder inwieweit unterschiedliche organisationelle sowie netz-werkübergreifende Arbeitsregelungen und Expertisedefinitionen für die Arbeitspraxis und Karrierechancen auf das klassische Prob-lem der Transformation der Arbeit wirken, bleiben offene Fragen. Weiterhin stellt sich auch die Frage, wie und nach welchen Kriteri-en und von wem die unterschiedlichen Ketten definiert und jenseits fokaler Organisationen allokiert werden.

I.6 Zusammenfassung und Fazit

Einige der diskutierten Konzepte bieten Ansatzpunkte, an die ich im Folgenden anknüpfe, um die Grundlinien eines theoretischen Erklärungsrahmens für die Internationalisierung von Arbeitskapazi-täten in der Informationsarbeit zu formulieren.

Aus neoinstitutionalistischen Theorien kann die grundsätzliche Annahme übernommen werden, dass Entscheidungsprozesse in Organisationen gesellschaftlich durch kognitive, normative und regulative Umwelteinflusse konstituiert werden. Auch das Konzept des organisationellen Feldes ist geeignet, um internationalisierte

Page 156: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

159 Internationale Professionalität

Informationsarbeit in Bezug auf vorherrschende Glaubenssysteme (belief systems) über Arbeit und Expertise sowie über Geschlecht in Organisationen zu erkennen. Damit lässt sich der Institutionali-sierungsgrad von Informationsarbeit in verschiedenen organisatio-nellen Feldern analysieren und so überprüft werden, inwieweit In-formationsarbeit in einem einzigen organisationalen Feld wider-sprüchliche Glaubenssysteme zeigt, und ob es sich dabei um orga-nisationale, auf die Arbeit oder auf das „business system“ bezogene Unterschiede handelt. Ansatzpunkte bietet auch im Rahmen der neueren neoinstitutionalistischen Ansätze entwickelte umfassende Konzept der Institutionalisierung, das sowohl die Wirkung von Institutionen in der Gegenwart des Handelns als auch den mögli-chen Einfluss der Akteure auf die Institutionen berücksichtigt. Das impliziert zum einen, dass die Akteure sich nicht nur auf die Insti-tutionen beziehen, die im organisationalen Feld verfügbar sind, und zum anderen, dass Institutionen sich ändern können. Wichtig ist demnach, eine Prozessperspektive im Konzept der Institutionen zu übernehmen (vgl. die Arbeiten von Djelic/Quack 2003; Mor-gan/Quack 2005; Tolbert/Zucker 1996; Barley/Tolbert 1997; Scott 2001), dass heißt auf soziale Praktiken der Arbeitsorganisation im Zusammenhang mit der Internationalisierung von Arbeitskapazitä-ten zu fokussieren.

Eine solche Fokussierung auf soziale Praktiken der Arbeitsor-ganisation bedeutet, dass individuelle und kollektive Akteure in der Internationalisierung von Arbeit sowie ihre unterschiedliche Positi-onierung in Arbeitsräumen und ihre Machtkämpfe um Ressourcen und Anerkennung, die in neoinstitutionalistischen Ansätzen unzu-reichend konzeptualisiert werden, berücksichtigt werden müssen. Der Ansatz von Morgan und Quack (2005) zeigt zentrale Aspekte auf, um die Positionierungen kollektiver Akteure in transnationalen Arbeitsfeldern sowie die unterschiedlichen Organisationsformen solcher Akteure durch das Wechselspiel zwischen organisationalen und individuellen Handlungen zu erklären. Die Natur der Firmen,

Page 157: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 160

ihre Politiken sowie die Koordinationsformen der Tätigkeiten und die Anreize für den Wissensaustausch zwischen Experten/innen sind dabei die Hauptfaktoren, nach denen sich Unternehmen im Zusammenhang mit der Internationalisierung von Arbeit unter-scheiden. Die offene Frage ist hier, wie solche Faktoren von indivi-duellen Akteuren wahrgenommen und interpretiert werden und welche Differenzierungen zwischen solchen Akteuren dabei entste-hen.

Gerade die Akteursperspektive wird bei Becker-Ritterspachs theoretischem Vorschlag detaillierter durch den Rekurs auf die Po-sitionierung von Akteuren in Bezug auf Regeln und Ressourcen begriffen. Damit ist es möglich, ungleiche Positionierungen von Frauen und Männern oder auch von jüngeren und älteren Mitarbei-ter/innen in Bezug auf im Transnationalisierungsprozess recodierte Ressourcen und Regeln der Arbeitsorganisation zu untersuchen. Doch einige Konzepte bleiben bei Becker-Ritterspach unklar, wie beispielsweise der Wissensbegriff, der undifferenziert im Konzept des Wissenstransfers vorausgesetzt wird. Welche Art von kodifi-ziertem und nicht-kodifizierbarem Wissen im Transnationalisie-rungsprozess zwischen Organisationen transferiert und integriert wird und mit welchen Ressourcen und Regeln Wissen verknüpft ist (wie zum Beispiel mit Zeit in Bezug auf Weiterbildung) bleibt hier offen. In der Internationalisierung der Informationsarbeit stellt Wissen eine zentrale Ressource dar, die nur teilweise kodifizierbar ist und heterogen zwischen verschiedenen zeitlich und räumlich verteilten kollektiven und individuellen Akteuren produziert wird. Die Grenzen zwischen Organisationen verwischen aufgrund einer solchen heterogenen Wissensproduktion, aber auch wegen der zeit-lich begrenzten Produktion zugunsten neuer sozialen Arbeitsräume, die beispielsweise durch Projekte zeitlich gebunden sind und fle-xiblen Kontrollformen von Arbeit und Wissen folgen. Das spricht gegen den von Becker-Ritterspach vorgeschlagenen Transferpro-zess zwischen einer „Absenderorganisation“ auf der einen und ei-

Page 158: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

161 Internationale Professionalität

ner „aufnehmenden Organisation“ auf der anderen Seite. Becker-Ritterspach (2006: 169) verweist selbst auf dieses Phänomen, wenn auch nur am Rande: „So trägt die reflexive Formulierung von Regeln und Allokation von Ressourcen sowie die damit einhergehende Konzentration von spezifischen Aufgaben und ihrer relevanten Interaktionen in Loka-litäten zur Schaffung sozialer Räume bei, wodurch es ebenfalls – teilweise intendiert und teilweise nicht – zur Herausbildung subsys-temspezifischer Struktureigenschaften kommt.“ Wie die Grenzen zwischen den Subsystemen erhalten bleiben, ist nach Ansicht von Morgan und Quack (2005) unterschiedlich und hängt ab von der Natur der Firma, ihrer Gouvernamentabilitätsform und Tätigkeitskoordination sowie von den Anreizen, die zum Wis-sensaustausch zwischen Mitarbeiter/innen angeboten werden. Er-gänzend ist meines Erachtens hinzuzufügen, dass solche Grenzge-staltungen gleichzeitig davon abhängen, wie Experten aus den un-terschiedlichen Firmen solche Anreize wahrnehmen, interpretieren und im Zusammenhang mit ihrer Positionierung im Hinblick auf die Ressourcen für ihre professionelle Entwicklung und Karriere-chancen bewerten. Das heißt, dass die Gestaltung der Arbeitsorga-nisation bei der Internationalisierung von Informationsarbeit im Wechselspiel zwischen Organisationen und individuellen Akteuren in internationalen Arbeitsräumen analysiert werden sollte, denn die gegenwärtige und die potenzielle Projektarbeitspraxis der Informa-tionsarbeit beschränken sich nicht auf eine Organisation. Dadurch, dass die Arbeit in Projekten organisiert wird, deren Laufzeit unter-schiedlich ist, relativiert sich sowohl die Relevanz der Ressourcen als auch die Positionierung der Akteure. Deswegen ist es wichtig darauf zu achten, wie stabil die Arbeitsräume sowohl zeitlich wie auch inhaltlich und räumlich bleiben.

Page 159: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 162

Die diskutierten Erklärungsansätze der Internationalisierung der Arbeitsorganisation beschäftigten sich nicht damit, wie die Ha-bitualisierung von Experten/innen in ein solches relatives autono-misches Arbeitshandeln erfolgt. Selbstständiges Arbeitshandeln soll auf einem bestimmten Sinn beruhen, der die Arbeiter/innen dazu motiviert, die erwartete Leistung zu erbringen und am Ar-beitsprozess zu partizipieren. Deutschmann (2008) verweist in An-lehnung an Freidsons Idealtypologie88 von Professionen auf die latenten Funktionen der Institution des Berufs, die trotz der Erosi-onsdiagnosen zahlreicher Autoren/innen durch ihre Vermittlung des beruflichen Wissenskorpus und damit des „Lernen des Ler-nens“ (ebd.: 125) sehr wohl leben.89 Berufliche Bildungsgänge sind nach Deutschmann der Ort der Einübung autonomen Arbeitshan-delns. Eine solche Einübung benötigen beispielsweise die Arbeits-kraftunternehmer, was aber die Autoren/innen, die das Konzept des Arbeitskraftunternehmers verwenden, nach Deutschmanns Mei-nung (ebd.) nicht berücksichtigen. Auch Bosch (2007) betont, dass berufliche Bildung für Unternehmen und Beschäftigte in Deutsch-land nach wie vor von entscheidender Bedeutung bleibt, um soziale und wirtschaftliche Risiken zu vermeiden und gleichzeitig Innova-tionen zu schaffen.

Durch die Internationalisierung von Arbeitsaufgaben müssen jedoch unterschiedliche berufliche Bildungshintergründe in der internationalen Arbeitspraxis integriert werden. Die drei Kontroll-

88 Während die bürokratische Kontrolle nach der Idealtypologie von Freidson (2001) anhand formel-ler Regeln im Rahmen organisationeller Planung und Überwachung stattfindet, bedeutet die Kontrol-le durch den Markt, dass die Kunden nach der Bewahrung der Arbeitsergebnisse auf dem Markt bzw. im Wettbewerb mit anderen Leistungsanbieter gewährleistet wird. Selbstkontrolle der Arbeit ist gegenüber diesen beiden alternativen Kontrollformen der Arbeit (ebd.: 12) die Macht, um die genau benötigte Qualifikation für die Ausübung einer Tätigkeit festzulegen, Konkurrenten auszuschalten und die Kriterien der Leistungsevaluation zu formulieren. 89 „Ungeachtet der beschleunigten Entwertung und Umwälzung des Wissens liegt eine zentrale latente Funktion der beruflichen Bildung darin, dass sie gerade mit der Vermittlung des notwendi-gerweise spezifischen beruflichen Wissenskorpus auch das Lernen des Lernens selbst einübt. Nur an spezischen Inhalten kann, wie ich oben unter Rückgriff auf Freidson betont hatte, das Basisprinzip Autonomie gelernt werden.“ (Deutschmann 2008: 125).

Page 160: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

163 Internationale Professionalität

formen, die Freidson (2001) idealtypisch unterscheidet, sind in postfordistischen Produktionssystemen und in neuen Wissenspro-duktionsregimen schwer zu trennen. In transnationalen Arbeits-räumen, die durch die Interaktionen zwischen Mitarbeiter/innen aus international verteilten Organisationen entstehen, stellen gemischte Professionalitäts- und Karriereformen die Grundlage für die Ar-beitskoordination von Experten/innen aus verschiedenen institutio-nellen Welten dar. Im Kontrast zum Beruf, der in einem bestimm-ten nationalen Kontext verankert ist, und zu national gebundenen gemischten Professionalitäts- und Karriereformen kombinieren internationale Formen gemischter Professionalität und Karrieren unterschiedliche nationale berufliche Hintergründe bzw. den jewei-ligen Wissenskorpus und Autonomiehabitus von Experten/innen, die darüber hinaus öfters aus unterschiedlichen Sprachtraditionen stammen (Minssen 2009). In Anlehnung an Morgan und Quacks (2005) Ansatz argumentiere ich, dass Organisationen unterschiedli-che Kontrollformen der Arbeit und des Wissens entwickeln, um die institutionellen Herausforderungen der Internationalisierung zu bewältigen. Je nachdem, welche Charakteristika und Gouverna-vilitätsform die Organisationen aufweisen, wie die jeweiligen in-ternationalen Arbeitsfelder gestaltet sind, wie die Unternehmen Tätigkeiten und Wissensanforderungen definieren, international verteilen, kontrollieren und bewerten sowie je nachdem, welche Anreize sie für Beschäftigte in transnationalen organisationalen Feldern anbieten, institutionalisieren sich unterschiedliche Formen gemischter Professionalität und verschiedene Karriereformen sowie Geschlechterasymmetrien.

Die individuellen Akteursperspektiven bzw. die Positionierung der Mitarbeiter/innen gegenüber unterschiedlich relevanten, zeitlich verankerten und interpretierbaren Regeln und Ressourcen (Becker-Ritterspach 2006) in transnationalen Arbeitsfeldern sollten darüber hinaus berücksichtigt werden.

Page 161: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 164

Im nächsten Teil entwickle ich aus diesen theoretischen Grund-lagen zur Analyse der Internationalisierung von Arbeitskapazitäten einen Rahmen für meine empirische Untersuchung der Internatio-nalisierung von Informationsarbeit und ihrer Implikationen für die Arbeitsorganisation.

Page 162: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

II. Theoretischer Rahmen für die Analyse der Arbeitsorganisation in transnationalen Arbeitsfeldern

Wie ich diskutiert habe, ko-existieren verschiedene Arbeitsorgani-sationsmodelle und Kontrollformen der Arbeit und des Wissens im Zusammenhang mit unterschiedlichen unternehmerischen Flexibili-tätsstrategien und Wissensbedürfnissen. Während postfordistische Theorien Flexibilität pauschal zum entscheidenden Faktor der An-passungsfähigkeit des Kapitalismus an globale Entwicklungen er-klären, haben vor allem europäische institutionalistische Ansätze gezeigt, dass unterschiedliche Flexibilitäts- und Arbeitsorganisati-onsformen entstehen, je nachdem, wie Unternehmen sich in kon-textuell verschiedenen institutionellen Herausforderungen arrangie-ren. Dabei bilden sich spezifische institutionelle Formen der Kon-trolle von Arbeit und Wissen sowie Lösungen des Transformati-onsproblems der Arbeit heraus. Meines Erachtens stellt das Para-digma gemischter Professionalität eine solche Form der internatio-nalen Kontrolle von Arbeit und Wissen dar, die eine Lösung für das Transformationsproblem der Arbeit auf internationaler Ebene bie-tet. Das Paradigma gemischter Professionalität verbindet verschie-dene Kontrollquellen der Arbeit und des Wissens bzw. der Experti-se miteinander. Es schafft Anerkennung für die Arbeit von Exper-ten/innen und bildet eine Basis für das Vertrauen, das erforderlich ist, um Kunden in unsicheren internationalen Märkten zu akquirie-ren und zu behalten. Eine solche Argumentation fokussiert auf die Strukturierung transnationaler Arbeitsfelder, die durch die soziale

E. Ruiz Ben, Internationale Professionalität,DOI 10.1007/978-3-531-93183-8_2, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Page 163: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 166

Praxis von mehreren Akteuren mit unterschiedlichen Interessen und Ressourcen hervorgebracht wird und zur Etablierung transna-tionaler sozialen Räumen führt.

Im Anschluss an den oben diskutierten institutionalistischen Begriff der organisationalen Felder und der Zuständigkeitsfelder von Abbott begreife ich internationale Arbeitsfelder als Arenen von Machtkämpfen zwischen Organisationen und Experten/innen um die internationale Kontrolle von Arbeits- und Wissenszuständigkei-ten. In solchen Feldern institutionalisieren sich gemischte Professi-onalitäts- und Karriereformen durch die Kombination unterschied-licher national verankerter sozialer Praktiken und Kontrollmecha-nismen und -quellen der Arbeits- und Wissensorganisation.

Grundsätzlich folge ich einem relationalen Ansatz (Emirbayer 1997), der auf der Basis strukturationstheoretischer Ideen (Giddens 1988) und Feldbegriffe eine Analyse der rekursiven Wirkungen zwischen Struktur und Handlung ermöglicht. Dabei sind Strukturen „sowohl Medium wie Ergebnis der Praktiken, die sie rekursiv or-ganisieren“ (ebd.: 77) und können als Komponenten des Handelns betrachtet werden, das sie ermöglichen und gleichzeitig einschrän-ken. Auf der Grundlage dieses Modells können Arbeitsorganisati-onsprozesse als Interaktionen zwischen den drei Strukturdimensio-nen Interpretationsschemata, Fazilitäten sowie Normen innerhalb eines Arbeitsfeldes verstanden werden, in dem verschiedene Akteu-re zusammenkommen.

Ergänzend stütze ich mich auf organisationale Handlungstheo-rien, die sich mit den „Regeln, Normen und Verhaltensroutinen“ (Kuhlmann et al. 2002: 238) beschäftigen, die identitätsstiftend auf Organisationsmitglieder wirken und den Fortbestand der Organisa-tion sichern sollen. Demzufolge werden Umweltveränderungen (wie Internationalisierung) über organisationsspezifische „Filter“ selektiv wahrgenommen und bewertet, woraufhin sich die passen-den Verhaltensweisen konstituieren und integriert werden können. Sowohl Organisationen als auch Experten/innen filtern und bewer-

Page 164: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

167 Internationale Professionalität

ten solche Veränderungen, je nachdem, aus welcher Position im Arbeitsfeld sie solche Veränderungen wahrnehmen. Diese Interpre-tationen und die Ressourcen, die sie mobilisieren können, beein-flussen ihre Reaktion auf die Veränderungen.

Ich gehe davon aus, dass die Internationalisierung von Arbeits-aufgaben eine Transformation der Arbeitsorganisation und des Prinzips der Arbeitsteilung im Sinne einer Umstrukturierung und Recodierung von Tätigkeiten, von Wissensanforderungen und Ar-beitskontrolle und auch von Legitimationsmechanismen auslöst. Eine solche Transformation steht im Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Formalisierung der Arbeit und des Wissens und der zunehmenden Anforderung an die Arbeitnehmer/innen, sich kreativ und flexibel in den Arbeitsprozessen in Organisationen zu engagieren.

Die institutionellen Ordnungen und Strukturen der Arbeitsor-ganisation und der Arbeitsteilung in Form von Tätigkeitsdefinitio-nen und -hierarchisierungen sowie von Arbeits- und Wissens- bzw. Expertiseanforderungen und Karrierechancen werden (insbesonde-re in der Informationsarbeit) inhaltlich, zeitlich und räumlich in und zwischen Organisationen, aber auch in weiteren individuellen Ar-beitsfeldern ausgehandelt.

Statt auf interorganisationelle Konflikte wie in mikropoliti-schen Ansatz oder auf pauschale "universelle" Lösungen wie bei Managementtheorien zu fokussieren, wird in meinem Ansatz ein Erklärungsfokus der internationalen Transformation der Arbeitsor-ganisation gewählt, der auf die Mesoebene der Arbeitsteilung (Be-schäftigungspolitiken und Arbeitspraktiken) und die Handlungen der Organisationsmitglieder gerichtet ist, ohne die Situation auf den breiten internationalen Arbeitsfeldern bzw. die Positionen von Un-ternehmen und Experten/innen darin zu vernachlässigen.

Es ist gerade diese Ebene, auf der sich – entlang der Dimensio-nen des Sozialen nach Giddens – gesellschaftliche institutionelle Ordnungen unterscheiden lassen. Sie stehen dabei in einem rekur-

Page 165: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 168

siven Konstitutionsverhältnis zum Handeln von Organisationen als korporative Akteure und von Experten/innen, die in internationalen Projekten arbeiten. Solche institutionellen Ordnungen sind mit Handeln und Macht verbunden, aber auch mit Regeln der Sinnkon-stitution und der Legitimation. Es kommt also darauf an, einerseits die gesellschaftliche Wirklichkeit aus der Perspektive der handeln-den Subjekte zu rekonstruieren, die in internationalen Arbeitsfel-dern und Arbeitsmärkten agieren, und andererseits eine solche Analyse mit der Aufdeckung von strukturellen Mustern in erklä-render Absicht zu verbinden.

Gemischte Professionalitäts- und Karriereformen basieren auf der unterschiedlichen Institutionalisierung von Expertise in Ar-beitsfeldern, die die verschiedenen Wissenstypen ergänzt. Durch eine solche Institutionalisierung werden bürokratische mit weichen Kontrollaspekten der Arbeit und des Wissens kombiniert und Inter-pretationsschemata für die internationale Arbeitspraxis angeboten. Somit ermöglichen gemischte Professionalitäts- und Karrierefor-men das Handeln von Organisationen und Experten/innen in Ar-beitsfeldern, die sie durch ihre sozialen Praktiken strukturieren.

Welche verschiedenen Wissenstypen als Expertise in den emergenten transnationalen Arbeitsfeldern anerkannt werden, hängt davon ab welche Ressourcen sie verfügen, für welche Flexbilitätsstrategie und für welchen Zeithorizont sich die Unter-nehmen entscheiden. Entscheidend ist aber auch, wie Unternehmen die Verfügbarkeit und Kosten bestimmter Experten/innen mit be-stimmten Wissenstypen im Vergleich wahrnehmen und interpretie-ren und welche Erfahrungen in der Projektpraxis mit solchen Fach-kräfte gesammelt wurden. Die Verfügbarkeit dieser Experten/innen variiert in jedem Standort, je nachdem, wie Berufe bzw. Qualifika-tionen und Karrieren institutionalisiert sind (Morgan/Quack 2005; Whitley 2005; Fligstein 2001). In Anlehnung an Morgan und Quack (2005) gehe ich davon aus, dass die Wissensanforderungen bzw. -bedürfnisse in multinationalen Unternehmen unterschiedlich

Page 166: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

169 Internationale Professionalität

sind, und bedingt durch das jeweilige Arrangement dieser Bedürf-nisse in den verschiedenen internationalen Standorten können sich sehr unterschiedlichen Arbeitsorganisationsformen bzw. gemischte Professionalitäts- und Karriereformen entwickeln. In Bezug auf transnationale Arbeitsfelder gehe ich mit Morgan und Quack (ebd.) davon aus, dass die Natur der Unternehmen, ihre Gouvernamentabilitätsform und Tätigkeitskoordinationsformen sowie die Anreize, die sie zum Wissensaustausch anbieten, die Ba-sis unternehmerischer Entscheidungen über die Gestaltungsgrenzen von transnationalen Arbeitsfeldern sind. Dazu berücksichtige ich die Entscheidungen über Tätigkeitsallokationen und die Dauer von Projekten, die für die Stabilität von Arbeitsfeldern zentral ist, und darüber hinaus die Wissensanforderungen in den unterschiedlichen Standorten sowie ihre Quellen und Bewertungen, die für die Allo-kation von Mitarbeiter/innen seitens der Unternehmen entscheidend sind. Seitens der Experten/innen beziehe ich im Anschluss an Be-cker-Ritterspach (2006) ihre Positionierung in Bezug auf Regeln und Ressourcen mit ein, erweitere diese Perspektive jedoch um die Wahrnehmung, Interpretationen, Vergleiche und Motivation der Experten/innen betreffend der Anreize zu Wissensaustausch, Wis-sens- bzw. Expertiseerweiterung sowie zur Karrieregestaltung, die sich in internationalen Arbeitsfeldern nicht exklusiv auf ein Unter-nehmen beschränkt (Mayrhofer et al. 2001; 2004).

Auf den nächsten Seiten entwickle ich die theoretische Basis für gemischte Professionalitäts- und Karriereformen in transnatio-nalen Arbeitsfeldern und die Implikationen für die Geschlechter-asymmetrien mit dem Fokus auf vier Aspekte: die Verbindung zwi-schen Arbeit und organisierter Praxis, die Mechanismen der Kon-trolle und Legitimierung von Arbeitspraxis und Wissensaustausch, die Konstruktion beruflicher Identitäten und die Institutionalisie-rung von Geschlechterasymmetrien in transnationalen Arbeitsfel-dern. Daraus extrahiere ich Annahmen und Fragen, denen ich im empirischen Teil dieser Arbeit nachgehe.

Page 167: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 170

II.1 Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis in transnationalen Arbeitsfeldern

Aus strukturationstheoretischer Sicht stehen Struktur und Handeln in Arbeitsorganisationen in Wechselwirkung zueinander. Die indi-viduelle, organisationelle und gesellschaftliche Analyseebene sind dabei entlang der drei Dimensionen Signifikation, Domination und Legitimation90 miteinander verbunden. Strukturen können als Komponente des Handelns betrachtet werden, das sie gleichzeitig ermöglichen und einschränken. Auf der Basis dieses Modells kön-nen Arbeitsorganisationsprozesse als Interaktionen zwischen den drei oben genannten Strukturdimensionen innerhalb eines Umfelds verstanden werden. Infolgedessen begreife ich Organisationen als reflexive Strukturation91 (Ortmann et al. 1997: 317). Formale Or-ganisationen stellen also eine bestimmte Form von Handeln dar, indem sie das Handeln an bestimmten Zwecksetzungen orientieren und damit weitere Rationalitäten auslösen. Solche Zwecksetzungen bilden aber keine direkten Erfordernisse, sondern einen „Korridor“ (Ortmann 1995) relevanter Probleme sowie von Deutungen und Bewertungen von Problemlösungen durch die Akteure.

In der Strukturationstheorie werden nicht nur das Handeln92, sondern auch die Akteure selbst von Strukturen (Sets von Regeln 90 Die Dimension Signifikation bzw. Interpretationsschemata (semantic rules) bezieht sich darauf, welche Bedeutung die Akteure bestimmten Kommunikationen und Handlungen zumessen bzw. wie letztere von den beteiligten Akteuren interpretiert werden. Hierzu gehören beispielsweise auch vorweggenommene Erwartungen. Die Dimension Domination (authorative and allocative resources) bezieht sich auf die Art und Weise, wie und durch wen Ressourcen dominiert werden, die für die Durchsetzung bestimmter Ziele und Handlungen nötig sind. Die Legitimation (normative rules and resources) als weitere Dimension bezieht sich auf die Legitimation von Handlungen auf der Basis konkreter Vereinbarungen und expliziter Einstellungen zu spezifischen Werten. 91 „Wenn wir ‚Organisation‘ sagen, operieren wir mit einer fundamentalen Zweideutigkeit. Gemeint sein kann der Prozess des Organisierens oder aber dessen Resultat, die ‚Organisiertheit‘ sozialen Handelns und sodann ein System organisationalen Handelns.“ (Ortmann et al. 1997: 315). 92 „Handeln setzt sich nicht aus einzelnen, diskreten, voneinander klar geschiedenen Handlungen zusammen: als solche werden nur durch ein diskursives Moment der Aufmerksamkeit auf die dureé durchlebter Erfahrung konstituiert. […] Handeln betrifft Ereignisse, bei denen ein Individuum Akteur in dem Sinne ist, dass es in jeder Phase einer gegebenen Verhaltenssequenz anders hätte handeln können. Was immer auch geschehen ist, wenn das Individuum nicht eingegriffen hätte. Handeln ist

Page 168: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

171 Internationale Professionalität

und Ressourcen aus verschiedenen sozialen Systemen) konstituiert, während gleichzeitig die Akteure durch soziale und intersubjektive Handlungen in sozialen Praktiken solche Strukturen konstruieren. Akteure werden also als „knowledgeable agents“ (Giddens 1984) konzipiert, wobei sie reflexiv in Bezug auf ihr diskursives, prakti-sches Bewusstsein93 handeln. Durch situationsspezifische Anwen-dungen von Sets von Regeln und Ressourcen,94 die eine unter-schiedliche räumliche und zeitliche Reichweite haben, vermitteln Akteure in ihren sozialen Praktiken zwischen der Struktur- und der Durch solche kontextspezifischen Anwendungen von Strukturen (Regeln und Ressourcen) transformieren sie wiederum die situati-ven Handlungsmodalitäten der Strukturation. Organisationen sind aus dieser strukturationstheoretischen Sicht einerseits Akteure in ihren Feldern, und andererseits Ordnungen, in denen Individuen handeln und Innovation und Routine immer wieder getrennt wer-den. Das heißt, dass es zur Anwendung von Regel und Ressourcen bzw. bei den Modalitäten95 des sozialen Handelns der Kreativität (Joas 1996) der Akteure bedarf.

ein kontinuierlicher Fluss, ein Strom, in dem die reflexive Steuerung, die ein Individuum vornimmt, fundamental für die Kontrolle des Körpers ist, die Handelnde während ihres Alltagslebens gewöhn-lich ausüben.“ (Giddens 1992: 54, 60). 93 „Das praktische Bewusstsein (practical consciousness) umfasst all das, was Handelnde still-schweigend darüber wissen, wie in den Kontexten des gesellschaftlichen Lebens zu verfahren ist, ohne dass sie in der Lage sein müssten, all dem einen direkten diskursiven Ausdruck zu verleihen.“ (Giddens 1992: 36). 94 Ortmann et al. (1997: 317) weisen darauf hin, dass sich „knowledgeable agents“ in ihren Interakti-onen auf Strukturen, Sets von Regeln und Ressourcen sowie andere strukturelle Merkmale ihres Handlungsfeldes beziehen. Solche Merkmale sind nach diesen Autoren Eigenschaften, „die das Handlungsfeld durch dieses strukturierte Handeln zugefügt bekommt – zum Beispiel starre Abtei-lungsgrenzen, rigide Arbeitsteilung, eine hohe Fehlerrate bei herkömmlicher Massenproduktion, Diskriminierung der Beschäftigten, asymmetrische Einkommensverteilungen, um nur einige zu nennen. Indem die Akteure darauf rekurrieren, reproduzieren sie also diese Strukturen und struktu-rellen Eigenschaften – und ganze soziale Systeme wie Unternehmungen oder Unternehmungsnetz-werke“. 95 „What I call the ‚modalities‘ of structuration serve to clarify the main dimensions of the duality of structure in interaction, relating the knowledgeable capacities of agents to structural features. Actors draw upon the modalities of structuration in the reproduction of systems of interaction, by the same token reconstituting their structural properties.“ (Giddens 1984: 28).

Page 169: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 172

Die Arbeitsorganisation begreife ich auf dieser theoretischen Grundlage als reflexive Strukturation, in der eine bestimmte Form des Handelns bzw. organisiertes Handeln stattfindet. Innerhalb von Unternehmen stellt die Arbeitsorganisation den operativen Kern organisierten Handelns dar, der in soziokulturelle und politische Kontexte eingebettet ist (Müller-Jentsch 2003). Ein solches organi-siertes Handeln ist nur begrenzt rational und wird durch Institutio-nen bzw. durch soziale Praktiken mit unterschiedlichen Zeit-Raum-Ausdehnungen in internationalen Arbeitsfeldern, die dem Handeln einen Sinn und Legitimität geben, sowohl restringiert als auch er-möglicht.

Arbeitsfelder definiere ich in Anlehnung an Abbotts (1988) Begriff „jurisdictions“ und an Fligsteins Feldkonzept bezogen auf Märkte. Beide Ansätze folgen den grundlegenden relationellen Ge-danken der Feldtheorie96 und betonen die Konkurrenz zwischen Akteuren (Organisationen bei Fligstein und Professionen bzw. Be-rufsgruppen von Experten/innen bei Abbott). Doch während bei Fligstein das Streitobjekt zwischen Organisationen bzw. Firmen die Marktkontrolle ist, kämpfen die Akteure Abbotts (1988) zufolge um Arbeits- und Wissensmonopole bzw. um die Abgrenzungen von Arbeitszuständigkeiten, womit sich verbundene Ökologien (linked ecologies) temporär etablieren (Abbott 2005). Bei Fligstein umfassen Marktfelder nicht nur die Akteure, die als Anbieter und Konsumenten zu einem bestimmten Markt gehören, sondern gleichzeitig auch Regulationsinstanzen sowie deren strukturelle Beziehungen zueinander. Dazu gehören auch die informellen kog-nitiven sowie normativen Wissensbestände, die für die Akteure im Feld selbstverständlich sind und Handlungen durch Machtbezie-hungen formieren, die auf unterschiedlichen Ressourcenausstattun-gen basieren. Bei Abbott (1988) sind Jurisdiktionen die Verbin-dungen zwischen Professionen und ihrer Arbeit. Die Akteure sind

96 Konkret hier als die Beziehungen zwischen einer Gruppe von Akteuren und einem Set von Räu-men verstanden (s. Abbott 2005: 251; zur Feldtheorie s. Fligstein 2001b; Martin 2003).

Page 170: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

173 Internationale Professionalität

dabei Berufsgruppen, die unter Berufung auf ihr Wissensmonopol die Zuständigkeit für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten bzw. Lösungen für relevante gesellschaftliche Probleme reklamieren.

Hilfreich an Abbotts Ansatz ist der Fokus auf die Machtkämpfe um Arbeits- und Wissenskontrolle, wobei organisationelle Aspekte und die Notwendigkeit der Arbeitskooperation ausgeblendet blei-ben. Andererseits bietet Fligsteins Ansatz den Vorteil, dass er so-wohl die Bedeutung formaler Institutionen und staatlicher Regulie-rung als auch kulturelle Sichtweisen bzw. den Sinngehalt von insti-tutionellen Regeln und etablierten Handlungspraktiken, die das Handeln der Akteure und die Entstehung „stabiler Welten“ erklä-ren, für die Konstitution und Stabilisierung von Beschäftigungs-märkten betont. Organisationen und Professionen bzw. Experten strukturieren bzw. institutionalisieren Expertise als Professionalität, um ihre Marktpositionen zu stabilisieren bzw. um die Unsicherhei-ten auf dem zunehmend heterogenen internationalen Arbeitsmarkt zu minimieren. Wie ich bereits oben erklärt habe, besteht der Nach-teil dieses Ansatzes in einer zu starken Konzentration auf Stabilität bzw. auf Isomorphismus und Pfadabhängigkeiten in der Tradition des Neoinstitutionalismus, die die Handlungen der Akteure außer Acht lässt.

Deshalb begreife ich transnationale Arbeitsfelder als Arenen von Machtkämpfe und Kooperationen zwischen Organisationen und Experten, um Arbeitszuständigkeiten zu kontrollieren, die in Marktfelder eingebettet sind. So konkurrieren konkret im Fall der Informationsarbeit Firmen und auch Experten/innen jenseits organisationellen Grenzen um Arbeitszuständigkeiten für die Her-stellung und Marktpositionierung von IT-Produkten (Software, Hardware, Telekommunikationsprodukte und IT-Dienstleistungen als gesamtes Marktfeld der Informationsarbeit). Auf der Grundlage der Expertise ihrer Mitarbeiter/innen bzw. ihrer gesamten Wissens-ressourcen versuchen die Unternehmen, solche Zuständigkeiten beispielsweise durch Zertifikate und Qualitätsstandards zu legiti-

Page 171: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 174

mieren und exklusive Lösungen für die Konsumenten des um-kämpften Arbeitsfeldes anzubieten. Weil die Wissenstransformati-on in der Informationsarbeit sehr dynamisch ist, lässt sich Expertise nur schwer mit klassischen bürokratischen Mittel kontrollieren. Gemischte Professionalitätsformen als institutionalisierte Expertise zum Beispiel auf der Basis von Zertifikaten und Qualitätsstandards in den Arbeitsfeldern liefern eine Kontrollbasis.

In Bezug auf transnationale Arbeitsfelder gehe ich davon aus, dass einzelne Projekte stets zeitlich und räumlich begrenzt werden. Je nachdem, wie lange Projekte bzw. Aufträge ähnlichen Inhalts im Unternehmen angesiedelt sind und damit die entsprechende organi-sierte Praxis besteht, formieren sich Arbeitsfelder mit Exper-ten/innen bzw. Firmen aus unterschiedlichen internationalen Stan-dorten. Dadurch entsteht der Zeithorizont transnationaler Arbeits-felder, der für die Entscheidungen über Flexibilitätsstrategien der Unternehmen zentral ist.

Projekte stellen kurz- und mittelfristige Verbindungen zwi-schen Experten/innen und Unternehmen dar, die eine Art „ligation“ in Abbotts (2005) Sinne bilden, langfristig zur Habitualisierung und Sedimentierung von Bedeutungen und Handlungsformen der Arbeitspraxis beitragen und dadurch zur Herausbildung internatio-naler Arbeitsfelder führen. Um solche Prozesse zeitlich und inhalt-lich zu stabilisieren bzw. zu schützen, werden bestimmte Kontroll- und Legitimationsmechanismen wie etwa Qualitätsstandards einge-führt. Wie Abbott (1988) bemerkt, sind verschiedene berufliche Felder durch ein System ständiger Zuständigkeitskämpfe miteinan-der verbunden. Durch die Beschleunigung der Wissensproduktion und durch Innovationsideologien auf dem Produktions- und Dienst-leistungsmarkt sowie durch die Internationalisierung der Arbeits-märkte beanspruchen immer neue Gruppen Zuständigkeiten, die mit flexiblen Expertiseangeboten eine bessere Anpassung an unsi-chere Märkte versprechen, wie beispielsweise Berater/innen. Das transnationale Arbeitsfeld der Berater/innen ist wegen des globalen

Page 172: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

175 Internationale Professionalität

Dienstleistungscharakters der Tätigkeit breiter als die transnationa-len Arbeitsfelder von Unternehmen, und beide stehen in fortwäh-render Konkurrenz zueinander.

Unternehmen richten sich nach den in Budgets und Ressour-cendefinitionen bzw. Zielvereinbarungen interpretierten Marktsig-nalen. Diese Vorgaben definieren unter anderem auch Arbeitsleis-tungen sowie die Grenzen von Arbeitsfeldern. Um eine den Unter-nehmenszielen entsprechende transnationale Arbeitspraxis zu etab-lieren bzw. zu ändern, werden im Zusammenspiel mit Exper-ten/innen verschiedene Professionalitäts- und Karriereformen ge-staltet. In Anlehnung an Djelic und Quack (2005) kann eine solche Konstitution internationaler Arbeitsfelder durch die Institutionali-sierung organisierter Praxis als Pfadkreation begriffen werden. Sets von Regeln und Ressourcen der transnationalen Arbeitspraxis und des Wissensaustausches bilden die Strukturen, an denen sich Ex-perten/innen aus unterschiedlichen Standorten in ihren sozialen Praktiken orientieren und diese gleichzeitig reproduzieren. Zu-schreibungen von Tätigkeiten, Expertise und Karriereoptionen als männlich oder weiblich und als geeignet für ältere, jüngere oder für Personen aus bestimmten nationalen Standorten werden damit ver-bunden (Funder 2005). Auf dieser Grundlage positionieren sich die Experten/innen auch im transnationalen Arbeitsfeld und tragen unterschiedlich zur Definition von Tätigkeiten, Wissensanforde-rungen und -austausch, Zeitkapazitäten und Karriereoptionen bei. Hier sollte im Anschluss an Dörrenbächer (2006) überprüft werden, inwieweit die von ihm genannten Faktoren bezüglich der Vergabe von Auslandsmandaten in multinationalen Unternehmen (erstens bezogen auf das Gastland (Institutionengefüge, Faktorausstattung des Landes, Regierungspolitik gegenüber Auslandsinvestitionen), zweitens Faktoren bezogen auf die Tochtergesellschaften (Ressour-cen, Fähigkeiten) drittens konzernbezogene Faktoren (Mandatsver-gabepolitik, Konkurrenz zwischen Standorten) zur Strukturierung unterschiedlicher transnationaler Arbeitsfelder führen, welche Un-

Page 173: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 176

gewissheitszonen dabei entstehen und von wem sie genutzt werden sowie inwieweit solche Faktoren mit Geschlechterzuschreibungen verbunden sind. Für die Positionierung von Experten/innen in in-ternationalen Arbeitsfeldern sollte darüber hinaus Becker-Ritterspachs (2006: 170) Hinweis berücksichtigt und untersucht werden, wie sich die institutionelle Distanz zwischen verschiede-nen Firmen multinationaler Unternehmen aufgrund ihrer unter-schiedlichen geografischen Verortungen und Tätigkeiten auf die Strukturierung von Arbeitsräumen innerhalb der Arbeitsfelder aus-wirkt. Für diese Distanz sind aber meiner Meinung nach nicht nur die geografischen Verortungen und die Tätigkeiten, sondern auch die unterschiedlichen Wissenstypen von Bedeutung, die für die Durchführung solcher Tätigkeiten angefordert werden und die die Grundlage gemischter Professionalität darstellen, weshalb ich sie als gemischte Expertise bezeichne. Denn es sind gerade auch die Wissensbedürfnisse multinationaler Unternehmen in Morgan und Quacks (2005) Sinne, also die von Unternehmen unterschiedlich wahrgenommene Verfügbarkeit von Personen mit den nötigen Wissenstypen in den verschiedenen Standorten, die über die Defi-nition von Tätigkeiten und ihre Verteilung im internationalen Ar-beitsfeld entscheiden. Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass Experten/innen aufgrund ihrer Positionierung in transnationalen Arbeitsfeldern und Arbeitsräumen, aber auch aufgrund der Zu-schreibungen von Tätigkeiten als mehr oder weniger geeignet für bestimmte Kategorien von Experten/innen, nicht nur in unter-schiedlichem Ausmaß auf Regeln und Ressourcen zurückgreifen können, sondern auch die Ungewissheitszonen in unterschiedlicher Weise nutzen, die durch den Wissenstransfer bzw. durch die not-wendige Interpretation von Wissen in transnationalen Arbeitsfel-dern entstehen, um ihre Positionen relativ zu verbessern. Gemischte Expertise, die verschiedene Wissenstypen (Wissensflexibilität) bündelt, und auch Zeit (zeitliche Flexibilität) und Mobilität (räum-liche Flexibilität) sind zentrale Ressourcen für die Positionierung in

Page 174: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

177 Internationale Professionalität

transnationalen Arbeitsfeldern bzw. für die Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis, die Unternehmen bzw. Tochterfir-men und Experten/innen gemeinsam strukturieren und die mit den oben erwähnten unternehmerischen Zielvereinbarungen verbunden sind.

Hier ist es wichtig, die von Unternehmen gestalteten Anreize für den Wissensaustausch, die Morgan und Quack (2005) in ihrer Studie thematisieren, und auch die langfristigen Anreize zum Ver-bleib im Arbeitsfeld in Form von Karriereoptionen zu berücksichti-gen. Karriereoptionen (Rousseau 1989; Arthur/Rousseau 1996; Guerrero et al. 2004; Valenduc et al. 2005; Schmidt/Minssen 2007) sollen vermeiden, dass Experten/innen ihre in Projekten erworbe-nen Kenntnisse an die Konkurrenten weitergeben. Karriereoptionen können von den Karrierechancen von Experten/innen in und jen-seits von Arbeitsfeldern beeinflusst sein. Sind beispielsweise die Karrierechancen von Mitarbeiter/innen eines Unternehmens auf-grund ihrer sehr nachgefragten gemischten Expertise im Arbeits-feld und auch in konkurrierenden Arbeitsfeldern sehr hoch, können die Unternehmen durch eine Verbesserung der unternehmensinter-nen Karriereoptionen (und auch durch finanzielle Vergütungen) für solche Experten/innen versuchen, sie als Mitarbeiter/innen im Un-ternehmen zu halten.

Inwiefern Experten/innen solche Karriereoptionen wahrneh-men und verfolgen, hängt davon ab, welche Positionen sie in den Arbeitsfeldern haben. Vorteilhafte Positionen in Bezug auf Karrie-reoptionen erreichen sie unter anderem je nachdem, ob in solchen Arbeitsfeldern Tätigkeiten und Expertise eher Männern oder Frau-en zugeschrieben werden und welche Spielräume und Ressourcen ihnen zur Verfügung stehen, um Einfluss auf die Definition von Tätigkeiten und Expertise zu nehmen. Es soll an späterer Stelle aber empirisch überprüft werden, wie solche Geschlechterasym-metrien kontextspezifisch in den Arbeitsfeldern bzw. in den Unter-nehmen (Funder 2006) mit anderen Zuschreibungen (Alter, Natio-

Page 175: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 178

nalität, Qualifikation) interagieren und wie sie zusammen im jewei-ligen Kontext institutionalisiert werden (Yancey 2003).

II.2 Unternehmen und Arbeitsorganisation: Mechanismen der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis

Unternehmen97 begreife ich als eine besondere Form von Organisa-tionen, in denen wirtschaftlichen oder gemeinnützigen Tätigkeiten nachgegangen wird (Minssen 2008: 247), die nach den Prinzipien der Arbeitsteilung und Wirtschaftlichkeit bzw. im Rahmen einer bestimmten Arbeitsorganisation geplant werden (Müller-Jentsch 2003: 40).

Durch in Arbeitsverträgen festgelegte Regeln der Arbeitsorga-nisation wird die Transformation von Arbeitskraft in konkrete Ar-beit reguliert, wobei diese Regeln flexibel an die Erfordernisse des Produktionsmarktes angepasst werden sollen. Solche Regeln müs-sen Opportunismen zwischen Arbeitgeber/innen und Arbeitneh-mer/innen vermeiden bzw. die Interessen beider begrenzt rationalen und von Unsicherheiten geprägten Parteien berücksichtigen und sie müssen von den Arbeitnehmer/innen als legitim anerkannt werden (Marsden 1999; Hirsch-Kreinsen 2008). Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer/innen die Anweisungen des Managements bezüglich der Arbeitskoordination in Form von Arbeitsteilung, Definition von Arbeitsleistungen bzw. -qualität oder -intensität akzeptieren bzw. dass sie die vereinbarte Teilung der Entscheidungsbefugnisse und die entsprechenden Beschäftigungspolitiken respektieren sollen.

Im fordistischen Modell sind Wissenschaftlichkeit, Berechen-barkeit und Sachlichkeit grundsätzliche Legitimationsprinzipien der Arbeitsleistung und es wird eine „normalisierte“ Leistung in direktem Zusammenhang mit individuellen Anstrengungen erwar-

97 Im Unterschied zu dem Begriff Betrieb, der sich auf die organisatorische Einheit bezieht, verweist das Konzept des Unternehmens auf die juristische Einheit.

Page 176: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

179 Internationale Professionalität

tet. Demgegenüber wird in hybriden Arbeitsorganisationsmodellen je nach Flexibilitätsstrategie eine an Zielvereinbarungen ausgerich-tete partizipative Leistung – wie üblicherweise in Projekten – ange-fordert. Die Leistungsanforderungen werden dabei zwischen den Unternehmer/innen und den Beschäftigten (Bender 2002) festge-legt. Dabei können die Positionen der Parteien in solchen Zielver-einbarungsprozessen und auch die Vermittlung zwischen mehreren Akteuren sehr unterschiedlich sein (Kalkowski/Mickler 2009). Die Einwilligung der Beschäftigten stellt in solchen Modellen die wich-tigste Legitimationsressource dar, aber auch der Markt kann als Legitimationsquelle von Leistungsanforderungen fungieren (Ben-der 2002; Ehlsched 2001). Der Erfolg auf dem Markt wird immer wichtiger für die Leistungsbemessung, während Aufwand, An-strengung oder Arbeitszeiten an Bedeutung verlieren. Allerdings beziehen Experten/innen aus diesem Markterfolg keine direkte An-erkennung ihrer Arbeit und ihres Wissens; sie erfolgt vielmehr eher über Reputation (Marsden 1999) oder Projekterfahrung (Struck 2006), die allerdings sehr unterschiedlich erreicht werden und in verschiedene Arbeitsfelder transferierbar sein kann (Tünte et al. 2007).

Da Experten/innen aufgrund der Internationalisierung der Ar-beitsmärkte solche Erfolge international auch in anderen Unter-nehmen erzielen können, werden ihnen in Zielvereinbarungen im-mer mehr Handlungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Arbeitsge-staltung sowie in der Leistungspolitik angeboten. Zudem werden alternative Legitimationsquellen der Arbeitsleistungen werden be-nötigt, die auch eine Anerkennung der Arbeit in transnationalen Arbeitsfeldern ermöglichen, um die Loyalität (Rousseau 1989) so-wie die Kooperationsbereitschaft der Beschäftigten – vor allem von begehrten Experten/innen auf internationalen Arbeitsmärkten – zu sichern. Meine Annahme ist, dass Qualitätsstandards als eine sol-che Legitimationsquelle fungieren (Ruiz Ben 2008). Qualitätsstan-dards werden organisationell unterschiedlich auf einer mehr oder

Page 177: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 180

weniger partizipativen Basis zwischen Unternehmen, Kunden und Experten/innen für die einzelnen Projekte und Arbeitsfelder ver-einbart. Auf der Basis von Qualitätsstandards werden Tätigkeiten, Projektphasen bzw. besonders wichtige Arbeitsschritte („Meilen-steine“) im Arbeitsprozess und damit auch zeitlich begrenzte Ar-beitsleistungen definiert. Nicht nur die das kollektive Ergebnis der Leistungen, sondern auch die internationale Synchronisierung und Koordination von Ressourcen (zeitlich und inhaltliche kostenge-rechte Mobilisierung verfügbarer gemischter Expertiseformen im Arbeitsfeld) werden durch Qualitätsstandards in Projekten nach den Prinzipien Kosten, Zeit und Qualität vertraglich festgelegt (Ruiz Ben 2007; 2008). Qualitätsstandards sind im Arbeitsfeld für die Legitimation der Arbeitspraxis und für die Verhandlungen zwi-schen Kunden, Unternehmen und Experten/innen, aber auch für die Institutionalisierung gemischter Expertise als Professionalität in transnationalen Arbeitsfeldern zentral. Sie dienen als Basis für die Definition der Wissenstypen, die die Experten/innen für konkrete Tätigkeiten in bestimmten Projekten mobilisieren sollen. Qualitäts-standards können als bürokratischer Mechanismus der Arbeitssteu-erung bezeichnet werden, doch Experten/innen und auch Kunden werden in verschiedenen Unternehmen auf unterschiedliche Weise an ihrer Gestaltung beteiligt. Damit werden hier verschiedene Legi-timationsquellen miteinander verbunden.

Konkret auf die Transformation von Tätigkeiten in der Interna-tionalisierung von Informationsarbeit bezogen, bedeutet eine solche Auffassung von Arbeitsorganisation theoretisch, dass Arbeitsauf-gaben auf der Grundlage typisierter Wissensvorräte (Qualifikatio-nen, Weiterbildung, Expertise) für bestimmte Projekte zunächst in Unternehmen skizziert bzw. bis zu einem bestimmten Grad defi-niert werden, und zwar je nach Dauer der Projekte (relative Objek-tivierung in Form von Professionalität), um Wissensbestände (ge-regelte Ressourcen in Giddens’ Sinne) aus unterschiedlichen insti-tutionellen Kontexten aufeinander beziehen zu können. Um Wis-

Page 178: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

181 Internationale Professionalität

sensinnovation bzw. Expertise und Kreativität in der Projektpraxis emergieren zu lassen, werden den Experten/innen nicht nur be-stimmte Ressourcen (Wissensbestände, Zeit, technische Artefakte, Informations- und Kommunikationstechnologien) zur Verfügung gestellt und Entscheidungsbefugnisse eingeräumt. Vielmehr besteht ihnen gegenüber je nach Flexibilitätsstrategie bzw. Beschäfti-gungspolitik sowohl das Angebot als auch die Erwartung, sich an der Definition von Tätigkeits- bzw. Zuständigkeitsgrenzen (Macht bzw. „Empowerment“) und Leistungsqualität zu beteiligen. Sie sollen an den Entscheidungen über die Arbeitsteilung in Projekten und darüber, welches Wissen ad hoc angewendet werden soll, par-tizipieren. Struktur, Signifikation und Legitimation greifen auf die-sen abstrakten Ebenen der Herrschaftsausübung rekursiv ineinan-der. Nicht nur Deutungsschemata und Normen ändern sich durch die unterschiedliche Teilhabe an der Definition von Tätigkeiten, Wissensanforderungen und Arbeitsqualität, sondern es vermischen bzw. verschieben sich auch die bürokratischen und subjektbezoge-nen Herrschaftsmittel.

Diese Anforderungen an die Beteiligung von Beschäftigten in der Arbeitsorganisation haben auch zur Folge, dass diese immer mehr Zeitressourcen in die Entwicklung ihrer gemischten Expertise investieren müssen, um den variablen Qualitätsansprüchen der Ar-beitspraxis gerecht zu werden. Hier stellt sich die Frage, inwieweit die Partizipation von Frauen und Männern an der Gestaltung der Arbeit sowie im Zusammenhang mit der Entwicklung gemischter Expertise und an der Definition von Arbeitsqualität explizit in Be-schäftigungspolitiken und in der transnationalen Arbeitspraxis normiert und reguliert wird. Wichtig ist hier zu berücksichtigen, wie diese Beteiligung kontextuell im Zusammenhang mit Flexibili-tätsstrategien und in Verbindung mit anderen Kategorien wie Alter, Qualifikation und Nationalität legitimiert und geregelt wird (Funder et al. 2006; Yancey 2003).

Page 179: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 182

II.3 Konstruktion beruflicher Identitäten in transnationalen Arbeitsfeldern

Der Arbeitsorganisation liegt ein ständiger Prozess der Institutiona-lisierung zugrunde, sodass Qualitätsstandards und gemischte Pro-fessionalität in den verschiedenen Standorten multinationaler Un-ternehmen in der Kommunikation, bei der Ausübung von Macht und durch Sanktionen beständig interpretiert und „enacted“ wer-den. Damit werden berufliche Identitäten mit Zugriff auf unter-schiedlich wahrgenommene und interpretierte Schemata in der transnationalen Arbeitspraxis strukturiert.

Je nach betrieblichen Flexibilitätsstrategien und Zeithorizonten werden Arbeits- und Weiterbildungsanreize unterschiedlich mit Karrierechancen gekoppelt und bilden für die Experten/innen Orientierungsschemata sowohl für die gegenwärtige transnationale Arbeitspraxis als auch für ihre Vorstellungen über künftige Karrie-rechancen in transnationalen Arbeitsfeldern jenseits der Unterneh-mensgrenzen. Mit solchen beschäftigungspolitischen Anreizen soll den Experten/innen ein Sinn für ihre Leistungsbereitschaft und ihr Engagement vermittelt werden. Hier stellt sich die Frage, worauf sich die Mobilität bezüglich der Transferierbarkeit von Expertise in Arbeitsfeldern durch solche Beschäftigungspolitiken bezieht. Im Hinblick auf Flexibilität bedeutet das, dass je nachdem, wie interne und externe Flexibilität (Struck 2006) bzw. Arbeits- und Beschäfti-gungsflexibilität (Benner 2002) verbunden sind, Arbeits- und Weiterbildungsanreize bzw. Expertiseentwicklung sowie Karriere-chancen mehr oder weniger stark in Bezug auf die Unternehmens-grenzen definiert werden. Aus der Perspektive von Experten/innen können nicht nur betriebliche Anreize sinnstiftend für ihre berufli-che Identität sein, auch die sogenannten „communities of practice“ (Wenger 1998) stellen ein Sinnangebot für die transnationale Ar-beitspraxis und berufliche Karrieregestaltung dar. In diesem Zu-sammenhang können Loyalitätskonflikte mit den Organisationen

Page 180: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

183 Internationale Professionalität

entstehen (Wallace 1995; Rubery et al. 2003), die empirisch über-prüft werden sollten.

International gemischte Professionalitätsformen als unter-schiedlich institutionalisierte Expertise (Sonderwissen und Begrün-dungen von Problemursachen und Lösungsstandards) in transnatio-nalen Arbeitsfeldern bieten durch ihre Verbindung mit Karriere-chancen Interpretationsschemata nicht nur für das jetzige, sondern auch für das künftige Handeln in der international verteilten Ar-beitspraxis. Geschlecht als Institution (Lorber 1999; Yancey 2004) der Arbeitsorganisation verbunden mit anderen sozialen Kategorien reguliert die Erwartungen an Professionalität und Karrieren von Frauen und Männern in transnationalen Arbeitsfeldern.

Die drei Institutionen gemischte Professionalität, Karriere und Geschlecht beeinflussen sich gegenseitig und sie können sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit ändern. Zudem kann es sowohl zu Widersprüchen innerhalb (zwischen den drei Dimensionen der Institutionen: kulturelle, normative, regulative) wie auch zwischen diesen Institutionen kommen. Allerdings sind Akteure gegenüber diesen Institutionen nicht passiv, sondern sie interpretieren und beeinflussen sie durch ihre sozialen Praktiken.

II.4 Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien

In Anlehnung an die Ergebnisse der neueren feministischen Orga-nisationsforschung gehe ich davon aus, dass die Relevanz von Ge-schlecht von kontextuellen Rahmenbedingungen abhängt und mit anderen Kategorien (wie Klasse, Schicht, Alter, Familiensituation, Nationalität, Tätigkeit, Qualifikation) bzw. Vergleichsprozessen und Institutionen (Professionalität und Karriere) in Verbindung steht (Ruiz Ben 2002; 2003; Yancey 2004; Frerichs 1997; Lorber 1999). Das Ausmaß der geschlechtsspezifischen Segregation ist demnach nicht in jeder Organisation gleich, sondern unterscheidet sich je nach Größe, Organisationstyp, interner (informeller und

Page 181: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 184

formeller) Struktur und Umweltveränderung. In Bezug auf die Umweltveränderungen ist zu berücksichtigen, wie externe Akteure (Beratungsfirmen und Gewerkschaften sowie Verbände) die Trans-formation in den Organisationen beeinflussen und wie sie die „jurisdictional quarrels“ zwischen Zuständigkeitsfeldern im Profes-sionalisierungsprozess im Sinne von Abbott (1988) prägen.

Die Arbeitsteilung stellt ein strukturelles Merkmal der Arbeits-organisation dar. In diesem Zusammenhang soll überprüft werden, inwieweit sich die von Wetterer (2005) postulierte Reproduktion einer hierarchisch strukturierten Geschlechterdifferenz oder eher eine De-Institutionalisierung dieser Differenz bestätigen lässt. Für ihre Mitglieder sind Organisationen Lebenswelten und auch spezi-fische mikropolitische Arenen (Scott 1987; Friedberg 1995), in denen sie handeln. Im Prozess des Organisationswandels, wie bei-spielsweise infolge der Internationalisierung der Arbeit, sind Frau-en und Männer Akteure sozialer Prozesse. Sie können in den Orga-nisationen bestimmte Positionen und Strukturen aufbauen oder räumen bzw. ignorieren und entsprechende Handlungsstrategien ausbilden. Diese Handlungsstrategien sind jedoch abhängig von den jeweiligen materiellen, sozialen und symbolischen Ressourcen, auf die die Akteure zurückgreifen können und die ungleich verteilt sind. Solche Ressourcen stehen zur Verfügung auf der Ebene der Organisationsstruktur sowie der Gender–Substruktur (s. dazu Acker 1994; Wilz 2002)98, der Konstruktion der Subjekte, der Interaktionsbeziehungen und auch der Organisationsumwelt (Di-Maggio/Powell 2000). In Anlehnung an Holtgrewe (2006: 56) ver-stehe ich die Beziehungen zwischen den Ebenen der Institutionen, Organisationen und Subjekte nicht als hierarchisch und einlinig, sondern als „kaskadierte Strukturierungsprozesse“, die in Bezug auf die Strukturationstheorie von Giddens entlang der Dimensionen

98 Die Gender-Substruktur kann in verschiedene Ebenen der Organisationsstruktur (Subjekte, Interak-tion, Organisationskultur bzw. Legitimation, Organisationsstruktur bzw. Signifikation oder Organisa-tionsumwelt) eingebettet werden.

Page 182: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

185 Internationale Professionalität

des Sozialen, der Signifikation, Legitimation und der „strukturel-len“ Macht weiter differenziert werden.

Ich gehe davon aus, dass im Rahmen der zunehmenden Inter-nationalisierung der IT-Branche und der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften zunächst vor allem als technisch angesehene Berei-che und Tätigkeiten ausgelagert werden und diese dadurch an Pres-tige verlieren. Dadurch verändert sich die Konnotation der techni-schen Bereiche und der entsprechenden Qualifikationen, die bis dahin als Machtzentren innerhalb der Konzerne galten. Damit wird die Frage aufgeworfen, inwiefern andere Bereiche (wie Projekt- oder Qualitätsmanagement, die bisher als „sozial“ galten) und Qua-lifikationen bzw. Wissensformen professionelle Relevanz gewin-nen und symbolisch und machtstrategisch besetzt werden. Dabei ist die interindividuelle Interaktionsebene der Organisations- bzw. Netzwerkmitglieder (Interpretationsschemata im Sinne von Giddens) zu berücksichtigen, die auf die strukturellen Entscheidun-gen interner (Allokationsnormen und -ressourcen im Sinne von Giddens) und externer Akteuren (bzw. die Legitimationsquelle für Auslagerungsstrategien) bezogen ist.

Aus internationaler Perspektive belegen zahlreiche Studien, dass die IT-Branche segregiert ist, auch in Ländern wie Italien, dem einzigen OECD-Land (OECD 2004), in dem der Anteil von Frauen und Männern mit einem Studienabschluss in Mathematik oder In-formatik ausgeglichen ist (Black u a. 2005: 7). Gemeinsamkeiten in Bezug auf Geschlechtersegregation in der IT-Branche aus interna-tionaler Sicht können vor allem in Bezug auf die stärkere Präsenz von Frauen in Rand- und Routinebereichen der Branche oder in solchen Feldern festgestellt werden, die eher als „sozialbezogen“ gelten (vgl. z.B. Woodfield 2000; Valenduc et al. 2004; Castaño 2005. Ein umfassender historischer Überblick über Frauen in Com-puting in USA zeigt Abbate 2012).

So zeigt etwa die Untersuchung von Millar und Jagger (2001), dass mit Ausnahme von Taiwan Frauen in allen betrachteten Län-

Page 183: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 186

dern in der IT-Branche unterrepräsentiert sind. Die Autorinnen erklären diese Unterrepräsentanz durch das schlechte Image von IT-bezogenen Qualifikationen, das die Branche für Frauen wenig attraktiv macht. Den sehr hohen Frauenanteil (66%) im Bereich IT-Dienstleistungen in Taiwan führen die Autorinnen auf die starke Produktionsspezialisierung zurück (vgl. ebd.: 114). In die Studie von Valenduc et al. (2004) wurden sieben europäische Länder ein-bezogen, um die unterschiedlichen Zugangsmodi für Frauen und Männer zu IT-Karrieren zu analysieren. Sie kommt zu dem Ergeb-nis, dass Frauen in IT-Organisationen im Unterschied zu Männern mehr Kompetenzen in Marketing, Web-Design, und Multimedia-Design vorweisen müssen. Der Studie zufolge haben die unter-schiedlichen länderspezifischen Wohlfahrtsmodelle keinen Einfluss auf die Situation von Frauen in IT-Organisationen. Die Autor/innen betonen außerdem die Bedeutung der international verbreiteten Kultur des Individualismus in „New Economy“-Unternehmen hin. Eine solche Kultur bezeichnen sie als „geschlechtsblind“, weil sie dazu führe, dass spezifische Probleme von Frauen als individuelle Schicksale betrachtet werden. Laut dieser Studie entscheiden sich Frauen dennoch für Informatik und für eine Karriere im IT-Bereich, weil sie hier sichere und gut bezahlte berufliche Optionen für sich sehen. Dies treffe insbesondere auf Berufswahlentschei-dungen von Frauen in Süditalien zu.

Castaño (2005: 117) argumentiert, dass ausgelagerte Tätigkei-ten in der Softwareentwicklung wie Tests oder Wartungsarbeiten, die durchweg niedrige Qualifikationen erfordern, vor allem an Frauen vergeben werden. Nach Ansicht von Mitter (2002) ver-schränkt sich hier Geschlechtersegregation mit anderen sozialen Differenzierungen wie Ethnizität oder Klasse und Alter. Sie zeigt auf, dass vor allem junge Frauen in niedrig qualifizierten ausgela-gerten Tätigkeiten im IT-Bereich in Offshore-Ländern wie Indien oder den Philippinen arbeiten. Castaño (2005: 117) bringt die ver-breitete Beteiligung von Frauen an solchen Tätigkeitsbereichen in

Page 184: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

187 Internationale Professionalität

Indien in Verbindung mit der hohen Migrationsrate von Männern in hoch industrialisierte Länder während der Phase des Fachkräf-temangels in der IT-Branche.

Im Ergebnis bedeutet das, dass kulturelle Aspekte bezogen auf länderspezifische Genderregimes mit Faktoren wie der Bedeutung der IT-Branche im Vergleich zu anderen Arbeitsfeldern interagie-ren, aber auch mit dem Professionalisierungsgrad von IT-Berufen und mit organisationsspezifischen Faktoren wie den konkreten Qualifikations- bzw. Wissens- und Kompetenzenanforderungen, Arbeitsbedingungen und Karriereaussichten. Sie prägen den län-derspezifischen Zugang zu IT-Organisationen für Frauen und Män-ner. So zeigt beispielsweise eine ländervergleichende Studie (Indic@tor 2005) über die Arbeitschancen im IT-Sektor innerhalb Europas bei mittelständischen und kleinen Firmen, dass gerade in Italien die Arbeitszufriedenheit von IT-Beschäftigten sowie ihr Ausbildungsniveau am niedrigsten innerhalb der Gruppe der be-trachteten Länder ist. Valenduc et al. (2004: 23) argumentieren, dass die relativ hohe Partizipation von Frauen an IT-Studiengängen in den Hochschulen relativ wenig mit ihrer Beteiligung in der IT-Branche oder in IT-Berufen zu tun hat, denn viele IT-Berufe erfor-dern Qualifikationen und vor allem Kompetenzen, die nicht an Hochschulen erworben werden können .

In ihrer Untersuchung zur Situation in Österreich stellen Hanappi-Egger und Hofmann (2004: 9) die These auf, dass die geschlechtsbezogene Segregation in der IT-Branche durch eine komplexe Wirkungskonstellation aus „prozessualen und symboli-schen Ausschlussmechanismen“ aufgrund des Geschlechts entsteht, sodass die Analyse von Geschlechtersegregation im IT-Bereich auf eine gesamtgesellschaftliche, organisatorische und individuelle Ebene bezogen werden sollte.

Zusammenfassend zeigen diese Studien, dass die Geschlechter-segregation in IT-Arbeitsbereichen nicht nur ein spezifisch deut-sches Phänomen ist, sondern dass es an eine zunehmende internati-

Page 185: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 188

onale Arbeitsteilung in der globalen IT-Industrie gekoppelt ist. Damit sind kulturelle und soziale Implikationen verbunden, deren Einfluss auf die Geschlechtersegregation in der IT-Branche zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber nur schwer einzuschätzen ist. So kommentiert zum Beispiel Mayer-Ahuja (2006: 4) in Bezug auf IT-Offshoring in Indien, dass „IT-Arbeit unter Offshoring-Bedingungen eben nicht nur mit dem indischen Reproduktionsregime kollidiert, was langfristig zu dessen Annäherung an westliche Gesellschaftsmodelle beitragen könnte. Vielmehr setzt IT-Offshoring dieses Reproduktionsregime explizit voraus – Veränderung heißt in diesem Fall, dass bestimmte Aspekte wegfallen, andere aber nutzbar gemacht oder noch zugespitzt wer-den.“ Gender spielt dabei meines Erachtens nicht eine isolierte Rolle, sondern als eine Ungleichheitsform unter mehreren (wie z. B. Nati-onalität oder Alter), die miteinander in Zusammenhang stehen und sich gegenseitig beeinflussen (Walby 2007). Voß und Weiß (2005: 85) verweisen beispielsweise darauf, dass neben dem Alter vor allem die familiären Fürsorgepflichten für (zeitliche) Ressourcen und damit für die Position von Frauen in Unternehmen relevant sind: „Die Trennlinien verlaufen nicht mehr nur in eindeutiger Weise entlang der Genderlinie, sondern zunehmend auch quer dazu. Es erweist sich in der Folge, so unsere Vermutung, noch mehr als bis-her entscheidend zu sein, die Dimension Geschlecht mit der Zu-satzbedingung Mutterschaft zu betrachten.“ Viele IT-Unternehmen zeichnen sich durch eine vertikale und hori-zontale geschlechtsspezifische Segregation aus (Funder 2006: 118). Die Trennung von Arbeitsbereichen wird auf der Basis von Konno-

Page 186: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

189 Internationale Professionalität

tationen wie „technikfern/weiblich“ versus „techniknah/männlich“ festgelegt. Funder (2006: 119) bemerkt, dass die zuletzt genannten Bereiche in vielen Unternehmen höher bewertet werden, wobei Frauen ihrer Ansicht nach in der IT-Industrie dennoch vergleichs-weise mehr Aufstiegschancen haben. Um dieses Phänomen zu er-klären, plädiert Funder für eine kontingenzorientierte Perspektive, die die Vielfalt der Ausgestaltung von Geschlechterverhältnissen in Organisationen erfassen kann.

Das Ausmaß der geschlechtsspezifischen Segregation ist dem-nach nicht in jeder Organisation gleich, sondern variiert je nach Größe, Organisationstyp, interner (informeller und formeller) Struktur, Beschäftigungspolitik, Flexibilitätsstrategien, Zeithorizont und Umweltveränderung. Dies soll empirisch überpüft werden. Im Zusammenhang mit den Umweltveränderungen ist zu berücksichti-gen, wie externe Akteure (Beratungsfirmen und Gewerkschaften sowie Verbände) die Transformation in den Organisationen beein-flussen und wie sie die „jurisdictional quarrels“ zwischen Zustän-digkeitsfeldern im Professionalisierungsprozess im Sinne von Ab-bott (1988) prägen.

Page 187: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

III.Empirische Untersuchung: Internationalisierung von Informationsarbeit und Implikationen für die Arbeitsorganisation

In diesem Teil der Arbeit stelle ich die Ergebnisse einer empiri-schen Untersuchung über die Internationalisierung der Informati-onsarbeit in Deutschland vor, die Beispiele für die Institutionalisie-rung gemischter Professionalitätsformen in transnationalen Arbeits-feldern gibt. Zunächst gebe ich einen Überblick über den Stand der Forschung zu der Definition der IT-Branche, in der ich die Infor-mationsarbeit verorte, zu ihren institutionalisierten Wissensformen in Bildungsinstitutionen, die Internationalisierungsformen, die deutsche multinationale Unternehmen in den letzten Jahren prakti-ziert haben, sowie zu den Segregationsmustern in IT-Organisationen. Ziel dieses Überblicks ist es nicht, den Stand der Forschung erschöpfend darzustellen, sondern eine informative Ba-sis über die Konturen der Informationsarbeit in Deutschland anzu-bieten, die zu Interpretation meiner Untersuchungsergebnisse die-nen soll. Im zweiten Kapitel werde ich auf der Basis des oben im zweiten Teil formulierten theoretischen Rahmens und unterstützt durch die bisher vorliegenden Forschungsergebnisse zur Informati-onsarbeit in Deutschland die Arbeitsorganisation und Kontrollfor-men der Arbeit und des Wissens in internationalen Arbeitsfeldern analysieren. Das dritte Kapitel ist der Darstellung und Analyse der konkreten Fallstudien in den jeweiligen Produktionsfeldern der IT-Branche gewidmet. Im vierten Kapitel entwickle ich eine Typolo-gie von Beschäftigungspolitiken und gemischten Professionalitäts-

E. Ruiz Ben, Internationale Professionalität,DOI 10.1007/978-3-531-93183-8_3, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Page 188: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

191 Internationale Professionalität

und Karriereformen, die ich abschließend in Bezug auf die implizi-ten Asymmetrien zwischen Beschäftigten diskutiere.

III.1 Informationsarbeit in der deutschen IT-Branche

Die enorme Heterogenität der IT-Branche und ihre rasante Wachs-tums- und Expansionsdynamik verhindern ihre eindeutige Klassifi-kation (s. auch Ruiz Ben 2005). Tätigkeiten in Fertigung und Ver-waltung entwickeln sich neben einer steigenden Anzahl von Ar-beitstätigkeiten, vor allem Dienstleistungen mit ausgeprägten Frei-räumen für selbstorganisiertes Arbeiten in der IT-Industrie (Boes/Baukrowitz 2002). Verschiedene Studien haben versucht, eine Klassifizierung der Softwareindustrie zu erstellen, die die reale Situation der Branche allerdings nur annäherungsweise abbilden können. In der Untersuchung „Analyse und Evaluation der Soft-wareentwicklung in Deutschland“ (GfK et al. 2000) wird zwischen einer Primär- und einer Sekundärbranche innerhalb des Segments der Softwareentwicklung unterschieden. Die Primärbranche um-fasst Softwarehersteller, die ihre Produkte an andere Betrieben ver-kaufen, d. h. alle Datenverarbeitungsdienstleister, sowie die Her-steller von Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen (Hard-ware). Im sekundären Bereich finden sich Betriebe, die Basis-Software für spezifische Ziele weiterentwickeln und anwenden. Dazu werden alle Unternehmen aus den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik, Fahrzeugbau, Telekommunikation und Finanz-dienstleistungen gezählt, soweit sie selbst Software für spezielle Anwendungen entwickeln oder anpassen oder entsprechende Dienstleistungen anbieten. Es handelt sich dabei um einen exemp-larischen Auszug innerhalb des produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors, die einen hohen Anteil an Softwareentwick-lung abdecken. Zur Begrenzung des Erhebungsaufwandes werden die Branchen Medizin, Gentechnik, Chemie und Biologie sowie der gesamte Medien- und Unterhaltungsbereich ausgeblendet. Die an

Page 189: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 192

der Untersuchung beteiligten Institute rechtfertigen das mit dem Erhebungszweck, der auf eine Situationsanalyse abzielte und damit nur der Erstellung von Handlungsempfehlungen für die For-schungsförderung dienen sollte. Zu bedenken geben sie, dass der Sekundärbereich praktisch nicht begrenzbar sei, was in der Medi-en- und Unterhaltungsbranche gut sichtbar werde (ebd.: 2, 58 ff.). Die OECD nimmt in ihrer Studie „Measuring the ICT Sector“ (1998) eine andere Einteilung vor. Innerhalb der IT-Branche unter-scheidet sie zwischen den Kategorien produzierendes Gewerbe und Dienstleistungsindustrien. Um zur IT-Branche zu zählen, müssen Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe demnach folgende Voraussetzungen erfüllen: In dem Produkt muss die Funktion der Informationsverarbeitung und elektronischen Kommunikation, die Übertragung und Darstellung beinhaltet, erkennbar sein. Außerdem muss elektronische Datenverarbeitung zum Ermitteln, Messen und/oder Speichern physikalischer Phänomene oder der Produkti-ons- und/oder Prozesskontrolle verwendet werden. In der Kategorie Dienstleistungsindustrie muss das Produkt der Unternehmen die Datenverarbeitung und Kommunikation auf elektronischer Basis gewährleisten. In der genannten Studie unternimmt die OECD noch den Versuch einer Klassifikation der Arbeitsfelder, wobei diese nach dem zu verarbeitenden oder benutzten Material und/oder der angewendeten Technik geordnet werden (ebd.: 7). BITKOM (2010b) unterscheidet auf der Basis der Klassifikation des Euro-pean Information Technology Observatory (EITO)99 zwischen In-formationstechnik und Telekommunikation als den zwei Hauptge-bieten der deutschen IT-Branche (s. Grafik 1).

99 S. http://www.eito.com/ (Zugriff am 8.2.2011).

Page 190: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

193 Internationale Professionalität

Grafik 1: Marktvolumen und Wachstumsraten in den Segmenten der IT-Branche im Oktober 2010 (BITKOM 2010b)

Nach dieser Klassifikation werden innerhalb des Bereiches Infor-mationstechnik Hardware, Software und IT-Dienstleistungen be-rücksichtigt, während der Telekommunikationsbereich die Produk-tion von Endgeräten, Infrastruktur sowie das Angebot von Tele-kommunikationsdiensten umfasst.

Für meine Untersuchung werde ich mich an dieser Klassifika-tion der IT-Branche orientieren und vier Hauptsegmente einbezie-hen, in denen Informationsarbeit hauptsächlich angesiedelt ist: Hardware, Software, IT-Services und Telekommunikation im Sinne von Telekommunikationsdiensten. Wie Grafik 1 zeigt, weisen Letztere im Vergleich mit den anderen Segmenten das größte Marktvolumen auf. Aus Grafik 1 lässt sich auch entnehmen, dass innerhalb des Gebietes Informationstechnik das Segment der IT-Dienstleistungen die höchsten Marktvolumina und Wachstumsraten verzeichnet, während im Hardware-Segment in den letzten Jahren

Page 191: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 194

das Marktvolumen gesunken ist und die Wachstumsraten sogar durchgängig negativ sind.

Was die berufliche Struktur Branche angeht, erfordert der ste-tige Aufgabenwechsel im IT-Bereich eine ständige Aktualisierung der entsprechenden Kategorien in den amtlichen Klassifikationen. Die Bezeichnung der neu entstehenden Berufe ist allerdings durch das Angebot privater Bildungseinrichtungen beeinflusst, da diese die Ausbildungsbezeichnungen häufig den Anforderungen in ver-schiedenen Fachbereichen anpassen. Die Konsequenz aus dieser Situation ist eine große Intransparenz des IT-Berufsfeldes: Neben den offiziell klassifizierten Berufen existieren eine Reihe soge-nannter IT-Mischberufe, in denen kaum weitergehende IT-Qualifikationen benötigt werden. So konstatiert etwa Dostal (2000), es sei unmöglich, klare Trennlinien zwischen IT-Berufen zu ziehen. Die Diskussion um den Fachkräftemangel und damit auch die geforderte Qualifikationsstruktur und eine konkrete Anga-be der Berufsbilder in der IT-Branche gestaltet sich sehr heterogen und diffus. Dostal (ebd.: 207) definiert IT-Spezialist/innen als Fachleute, „die einerseits Hardware installieren, betreiben und warten, ande-rerseits Software entwickeln, sie implementieren, pflegen und opti-mieren. Zusätzlich gibt es die Aufgaben in der Benutzungsbetreu-ung, in der Schulung, im Datenschutz und der Datensicherung.“ Diese allgemeine Tätigkeitsbeschreibung verdeutlicht die Schwie-rigkeit bei der Abgrenzung dieser sich in ständigem Wandel be-findlichen Berufsgruppen. So haben sich unterschiedliche Konzep-te zur Eingrenzung und damit zur besseren Einteilung der Berufs-gruppe der IT-Spezialist/innen herausgebildet.100 100 Laut der Definition des Statistischen Bundesamtes werden „Datenverarbeitungsfachleute“ nach der Berufsordnung (BO) 774–779 in folgende Gruppen geordnet: Datenverarbeitungsfachleute, InformatikerInnen ohne nähere Angabe. SoftwareentwicklerInnen

Page 192: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

195 Internationale Professionalität

Dostal betrachtet die von der Bundesanstalt für Arbeit verwen-deten Berufsbezeichnungen als Berufsbeschreibungen, die eine offene Liste sich ständig ergänzender neuer Tätigkeiten nach sich ziehen. Er unterteilt dieses schwer abgrenzbare Gebiet daher nach drei Tätigkeitsschwerpunkten: „echte IT-SpezialistInnen“, IT-Mischberufe und IT-Randberufe. Zu den echten IT-Spezialist/innen zählt er Personen mit reinen IT-Kerntätigkeiten. In der Gruppe der IT-Mischberufe verortet er Fachleute anderer Berufe, die über pro-fessionelles IT-Know-how, jedoch nicht über eine formelle Ausbil-dung in einem IT-Berufen verfügen. Die dritte Gruppe besteht aus Personen, die Informations- und Kommunikationstechnologien ohne vertiefte IT-Kenntnisse nutzen (ebd.: 207).

Nach aktuellen Berechnungen von BITKOM (2010a) auf der Grundlage amtlicher Daten (s. Grafik 2) hat die Zahl der Erwerbs-tätigen in der IT-Branche im Jahr 2010 lediglich in den Segmenten Software und IT-Dienstleistungen zugenommen, während im Tele-kommunikations- und im Hardware-Segment ein Rückgang zu ver-zeichnen ist.

DV-OrganisatorInnen und verwandte Berufe DV-Beratungs- und Vertriebsfachleute Rechenzentrums- und DV-Benutzerservice-Fachleute Sonstige Datenverarbeitungsfachleute, InformatikerInnen.

Page 193: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 196

Grafik 2: Erwerbstätige in der IT-Branche in Deutschland (Oktober 2010) (BITKOM 2010a)

Laut einer repräsentativen Studie des Branchenverbandes BITKOM vom November 2009, für die mehr als 1.500 IT-Firmen unter nach der Rolle der Kurzarbeit in ihrem Unternehmen befragt wurden, hat knapp ein Viertel (24%) der Firmen Fachpersonal gehalten, obwohl es aktuell nicht benötigt wird (BITKOM 2009b: Chart 10). Der Präsident der BITKOM (Scheer 2009: 2) fasste die Ergebnisse der Umfrage zur Sicherheit und zu den zukünftigen Aussichten der Beschäftigung in der Branche folgendermaßen zusammen: „Auch die Aussagen zur Beschäftigungsentwicklung sind überwie-gend positiv. 38 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass die Zahl ihrer Mitarbeiter im kommenden Jahr steigen wird. 37 Prozent rechnet mit einer stabilen Beschäftigtenzahl, jeder Vier-te muss voraussichtlich Personal abbauen. Auch hier sind die An-bieter von Software und IT-Services am zuversichtlichsten.“ Software und IT-Dienstleistungen erscheinen also als diejenigen Segmente, die sich im Hinblick auf Beschäftigung am stabilsten entwickeln. Der BITKOM-Studie (2009b: Chart 4, 5) zufolge gehö-ren Softwareentwickler/innen und IT-Projektmanager zu den am

Page 194: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

197 Internationale Professionalität

meisten gesuchten Expertenprofilen in Deutschland. Eine Umfrage vom Ende 2012 zeigt, dass weiterhin die Zahl der offenen Stellen in der IT Branche sehr hoch ist (14.500 offene Stellen. Stand 28.11.2012). Dies ist vor allem der Fall bei mittelständischen IT Unternehmen101.

III.1.1 Institutionalisierte Wissensformen in der deutschen IT-Branche102

Die Informatik als wissenschaftliches Fachgebiet stellt die instituti-onelle Wissensbasis der Informationsarbeit in der IT-Branche dar. Als Disziplin hat sich die Informatik ab den siebziger Jahren in Deutschland etabliert. Mit der Entwicklung des Internet und der Innovationsdynamik in der Branche hat sich auch die Informatik weiterentwickelt, wobei sie mit anderen wissensvermittelnden Fachbereichen konkurriert, die ihre eigenen Qualifikationen etab-liert haben.

Innerhalb der Informatik bildeten sich in den letzten Jahren drei „Lager“ heraus, die mit unterschiedlichen Machtressourcen versuchen, die Professionalisierung jeweils in ihre Richtung zu beeinflussen (s. Ruiz Ben et al. 2001), wobei es auch Zwischen-formen gibt. Zum einen existiert eine mathematisch-formale, grundlagenorientierte Richtung, die Softwareentwicklung als die häufigste Aufgabe der Informatik auf das Formalisierbare be-schränken will. Eine Verantwortung für die Anwendung der entwi-ckelten Produkte und deren gesellschaftliche Auswirkungen lehnt sie im Prinzip ab (Wedekind 1987) bzw. reduziert sie auf das for-male „correctness“-Problem (Dijkstra 1989). Die ingenieurwissen-schaftlich orientierte Richtung bezieht sich vor allem auf die Hervorbringung technischer Produkte und Dienstleistungen auf der Basis wissenschaftlicher Ergebnisse unter Optimierung der Zielfak- 101 http://www.bitkom.org/de/presse/8477_74229.aspx (Stand Dezember 2012). 102 S. dazu Ruiz Ben et al. 2001; Ruiz Ben 2002; 2003a; 2003b; 2004; 2005.

Page 195: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 198

toren Kosten, Termine und Qualität (Broy/Schmidt 1999). Eine kritisch, gesellschaftlich orientierte Richtung sieht die die Aufgabe der Informatik demgegenüber in der Analyse und Reorganisation von Lern- und Arbeitsprozessen und ihrer konstruktiven maschinel-len Unterstützung oder in der medialen Bereitstellung von Informa-tionszugängen (Coy 1997). Damit wird auch das „pleasantness“-Problem (Dijkstra 1989), die Gestaltung und die Verantwortungs-übernahme für die gesellschaftlichen Folgen (Peschek 1996) mit in den Aufgabenbereich einbezogen.

Alle drei „Wissensströmungen“, die vor allem von Universi-täts- und Fachhochschul-Professor/innen vertreten werden, setzen in Bezug auf die Abgrenzung der Disziplin bzw. Interdisziplinarität unterschiedliche Akzente. Während die mathematisch-formale Richtung der Mathematik nahesteht, fordert die ingenieurwissen-schaftliche Strömung überwiegend technisches „Know-how“ kom-biniert mit wirtschaftswissenschaftlichem Wissen. Im gesellschaft-lich-kritischen Lager werden Kombinationen des Faches Informatik mit den geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereichen bevorzugt. Die Definition von Expertise in der Informatik in Deutschland ergibt sich teilweise aus dem Machtspiel zwischen diesen drei Strömungen. Die Monopolisierung des Fachwissens der Informatik, die im Hinblick auf die Praxis erfolgen muss, um anerkannt zu werden, wird durch diese disziplininterne Zersplitterung jedoch konterkariert.

Nach wie vor existiert ein großer Unterschied zwischen wis-senschaftlicher und industrieller Forschung und Entwicklung. In der Informatik und speziell in der Softwareentwicklung ist die In-novationsdynamik so rasant, dass die notwendigen Kenntnisse rasch verfallen. Es ist von Halbwertszeiten des Werkzeugwissens von zwei bis drei Jahren (Endres 1999) und entsprechend von Halbwertszeiten der Studieninhalte von fünf Jahren die Rede. Die Verbreitung der Informatik in immer neue und breitere Anwen-dungsgebiete hat zu dieser Entwicklung beigetragen (Schinzel

Page 196: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

199 Internationale Professionalität

1996). Aufgrund dieser Dynamik wird die Kluft zwischen der intel-lektuellen Ebene der Informatik und der beruflichen Praxis immer größer. Die verschiedenen Branchenverbände haben hierauf keinen nennenswerten Einfluss, vor allem aufgrund der mangelnden Ver-tretung der diversen IT-Berufsfelder.

Während auf der institutionellen Ebene das Fach Informatik stabil verankert ist, zeichnet sich die Etablierung auf der intellektu-ellen Ebene noch nicht so deutlich ab. Diese Instabilität hat sich in den letzten Jahren vor allem in der Kluft zwischen der großen Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften aufseiten der IT-Branche und einem verhältnismäßig geringen Angebot von Infor-matik-Absolvent/innen aus den universitären Einrichtungen ge-zeigt. Der Mangel an Dozenten/innen an den Universitäten und die nicht an die Praxis angepassten Curricula sind Zeichen des Qualifikationsmismatchs in der Informatik in Deutschland.

In den Curricula-Empfehlungen der Gesellschaft für Informatik (GI) wird Informatik hauptsächlich als ein ingenieurwissenschaftli-ches Fach betrachtet. Die Defizite des Studiengangs werden vor allem im Anwendungsbereich gesehen103 – obwohl die Tendenz existiert, ein allgemeines gesellschaftliches Verständnis in die Cur-ricula mit einzubeziehen (Valk 1997; Nake et al. 2001), womit das Fach Informatik stärker an der Praxis ausgerichtet und sich mit einem interdisziplinären Akzent anderen Feldern wie den Sozial- und Verhaltenswissenschaften öffnen würde. Das heißt, dass die 103 „Zusätzlich zu speziellen Informatik-Kenntnissen (detallierte Sachkenntnis, umfangreiches Wissen über und Erfahrung mit Methoden, breites Überblickswissen) und besonderen informatischen Fähig-keiten (analytische, kreative, gestalterische Fähigkeiten zur Entwicklung von Algorithmen, Problem-lösungskonzepten und Softwaresystemen) benötigen Absolventen der universitären Informatikstudi-engänge, die in der Wirtschaft oder Verwaltung arbeiten wollen, deshalb – wie andere Ingenieure auch – weitere Kenntnisse und Fähigkeiten: spezifisches Anwendungswissen und Problemlösungsfähigkeit in wenigstens einem bestimmten Anwendungsgebiet der Informatik). Allgemeines Anwendungswissen (ökonomische, arbeitswissenschaftliche und juristische Grundkom-petenz, ganzheitliches Denken) Soziale Fähigkeiten (Teamfähigkeit, Führungs- und Kommunikationskompetenz, Konflikt- und Kritik-fähigkeit, Verantwortungsbewußtsein, unternehmerisches Denken, gesellschaftspolitisches Verständ-nis, strategische Handlungskompetenz).“ (GI 1999: 2).

Page 197: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 200

Informatik sich in ihrer Methodologie auf der einen Seite als ein hauptsächlich ingenieurwissenschaftliches Feld charakterisiert, aber auf der anderen Seite als Anwendungsdisziplin auch offen für interdisziplinäre Kombinationen bleibt. So fordert beispielsweise Floyd (1994) einen Perspektivenwechsel von einer ingenieurwis-senschaftlichen Sicht hin zu einer Sicht der Informatik als „Gestal-tungswissenschaft“, ähnlich der Geistes- und Sozialwissenschaften und anderer „Designdisziplinen“. Diese Designsicht berücksichtigt die Gesamtheit aus Prozess-, Produkt- sowie Einsatzgestaltung so-wie den Kontextbezug und fördert ein wechselseitiges Lernen der Beteiligten.

Über die Öffnung und Praxisorientierung der Informatik gibt es allerdings mehr Dissens als gemeinsame Perspektiven auf der intel-lektuellen Ebene. Bezüglich der Klassifizierung der Informatik als etablierte Wissenschaft existiert eine Ambivalenz, die sich in den Kommentaren zahlreicher Autoren/innen widerspiegelt. Coy (1996: 5) etwa definiert die akademische Informatik als Theorie und Kon-struktion („theory and construction“). Der Begriff Konstruktion bezieht sich auf die Wissenschaft, die Kunst und das Handwerk im Sinne eines technischen Erbes und der Begriff Theorie auf eine bestimmte Wissensbasis, die Abgrenzungen sowie Perspektiven enthält. Aus der Sicht von Coy existiert diese Wissensbasis in der akademischen Informatik noch nicht und damit bleibt die Informa-tik Handwerkskunst („art of craft“).104 Darüber hinaus ist es nach Coy aufgrund der Diskrepanz zwischen der Korrektheit eines Pro-gramms und dessen Anpassung an die Anwendung (Dijkstra spricht von „correctness and pleasantness problem gap“) schwierig, die

104 „Academic informatics is both technology and science, wrote Peter Rechenberg. We may try to be more specific: theory and construction. Construction as a technical heritage, related not only to science but also to craft and art. […] Theory is the other foundation of informatics, but again, though there are many theoretical results on automata theory, formal languages, complexity, algorithmic behaviour, or crypto-analysis, there is few research on the development of new programming lan-guages and it lacks solid theoretical foundations (again, besides mathematical and logical calculi). It remains an art of craft – sometimes with convincing results. A theory that shows limits and perspec-tives of informatics is still to be developed.“ (ebd.).

Page 198: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

201 Internationale Professionalität

Informatik zu den Ingenieurwissenschaften zu zählen. Coy plädiert daher für die Einordnung der Informatik als einer technischen Wis-senschaft, die angesichts der allgemeinen Entwicklung zur Wis-sensgesellschaft in einer globalisierten Welt auf der Grundlage in-formatischer Netzwerke noch spezifischer als „knowledge techno-logy“ beschrieben werden kann (Coy 1997). Aus der Sicht von Coy (1997: 24) werden in der Informatik die Wechselwirkungen zwi-schen Technik und Gesellschaft „unmittelbarer, gewaltiger und auch schneller sichtbar“ als bei anderen längst anerkannten Wis-senschaften wie der Elektrotechnik oder dem Bauingenieurwesen, weshalb sich die Disziplin nicht als Ingenieurwissenschaft etablie-ren kann. Andere Wissenschaftler/innen befürworten hingegen eine Orientierung der Informatik an den Ingenieurwissenschaften und die Standardisierung der theoretischen Inhalte der Disziplin – Fak-toren, die ihrer Ansicht nach zur Professionalisierung der Informa-tik beitragen könnten. Beispielsweise betont Denert (2001) die Be-deutung der Mathematik als Grundlage der Informatik, die er als Ingenieursdisziplin betrachtet. Denn wie die Elektrotechnik auf dem Theoriefundament der Physik oder der Maschinenbau auf der Mechanik aufbaut, beruht die Informatik auf mathematischer Theo-rie.105 Auch Groh et al. (1996: 80) unterstützen die Charakterisie-rung der Informatik als Ingenieurwissenschaft, doch nicht auf Basis ihrer theoretischen Grundlagen, sondern in Anlehnung an den eng-lischen Begriff „software engineering“: „[Software Engineering] sagt klarer, dass Softwareherstellung eine Ingenieursdisziplin ist oder sein soll, die eine ‚fabrikmäßige‘ Pro-duktion zumindest wünschenswert erscheinen lässt.“

105 „Mit wohlfundiertem theoretischen Wissen haben wir in den meisten Software-Projekten die Grundlagen für eine technisch saubere und gleichzeitig ökonomische Realisierung geschaffen. Des-halb meine ich: ‚Nichts ist praktischer als eine gute Theorie’. Insofern liegen wir genau auf der Linie der anderen Ingenieursdisziplinen (und für eine solche halte ich die Softwareentwicklung), in denen die theoretischen Grundlagen sehr geschätzt werden, z.B. in der Elektrotechnik die Physik, im Ma-schinenbau die Mechanik und im Bauingenieurwesen die Statik.“ (Denert 2001).

Page 199: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 202

Dementsprechend bezeichnet beispielsweise Denert (2001) Gebiete wie „Programmiertechnik und -sprachen, Datenstrukturen und Datenbanksysteme, Rechnerorganisation und Betriebssysteme, Computer Graphics“ als Informatik-Kernfächer. Jännichen kom-mentiert, dass generische Methoden, durch die der Entwicklungs- und der Realisierungsaufwand mehrfach amortisiert werden könne, in der Informatik aufgrund der hohen Kosten der Softwareentwick-lung immer wichtiger werden (Jännichen 1996: 84). Denert (2001: 34 f.) plädiert in diesem Zusammenhang für die Identifizierung und Etablierung von „Standardlösungen“ nach dem Vorbild der Ingeni-eurswissenschaften. Auch Vertreter des ingenieurwissenschaftli-chen Lagers wie Broy und Schmidt (1999: 209) kommentieren, es sei unerlässlich einen Kern praxisrelevanten Fragestellungen zu identifizieren und als Qualitätsbasis festzusetzen. Zugleich betrachten sie die Informatik als eine Disziplin, die zwei Schwerpunkte hat: die grundlagenorientierte Informatik und die ingenieurorientierte Informatik. So gehen sie auf den traditionellen Begriff Systems & Software Engineering ein, der „die Entwicklung und den Betrieb großer Systeme der digitalen Informationsverar-beitung und -kommunikation“ (ebd.: 207) beschreibt. Man erarbeite technische Produkte und Dienstleistungen, indem man wissen-schaftliche Ergebnisse und wirtschaftliche Faktoren wie Kosten, Termine etc. berücksichtige; dies sei ingenieurwissenschaftliches Vorgehen. Allerdings unterscheiden Broy und Schmidt zwischen der grundlagenorientierten Informatik, die vor allem an der „wis-senschaftliche[n] Erkenntnis im Zusammenhang mit Fragen der vornehmlich maschinellen Informationsverarbeitung“ interessiert sei, während die ingenieurorientierte Informatik „die Lösung kon-kreter Aufgaben der Informationsverarbeitung unter kommerziellen und technischen Randbedingungen“ (ebd.: 207) angehe.

Neben diesen Forderungen aus dem ingenieurwissenschaftli-chen Lager plädieren Autoren/innen aus einer kritischen gesell-

Page 200: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

203 Internationale Professionalität

schaftlichen Perspektive für die Berücksichtigung der gesellschaft-lichen Implikationen des Einsatzes informatischer Produkte in der Disziplin. So erläutert beispielsweise Siefkes (2001: 7 f.) das gän-gige Verständnis von der Informatik als einer Hybridwissenschaft aus Mathematik und Nachrichtentechnik und betont dabei den Ein-fluss menschlicher Eigenschaften und Denkweisen auf die Ausar-beitung von Systemen. Nach Siefkes unterstützt genau diese Ent-wicklung das Zusammenwirken von Mathematik und Informatik; beide beeinflussen sich gegenseitig. Informatik kann daher nur ver-standen werden, wenn man die Disziplin selbst sowie ihre Inhalte und Methoden als in einem permanenten Weiterentwicklungspro-zess befindlich betrachtet. Nach Herrmann (2001) ist eine der Hauptaufgaben der Informatik die Gestaltung soziotechnischer In-formationssysteme. Deshalb ist es unabdingbar, dass sich die In-formatik dieser Rolle als Gestalterin von soziotechnischen Syste-men und damit ihrer Verantwortung bewusst wird. Aus dieser sozi-al-kritischen Perspektive der Disziplin sollen nicht ausschließlich die sogenannten technischen Nachbardisziplinen auf die Informatik bezogen werden, sondern ein breiteres Spektrum von praxisrele-vanten Fachgebieten. Nur durch interdisziplinäre Kooperation ist es beispielsweise nach Meinung von Cassens (2001) möglich, auf die Anwendungskontexte bezogene Problemlösungen zu finden. Für eine Theorie der Informatik sei es daher nicht sinnvoll, diese als „einen möglichst umfassenden Gegenstandsbereich“ zu begreifen, vielmehr müsse man sich mit der „auf Problemlösung fokussierten Herangehensweise“ (ebd.: 37) auseinandersetzen. In den neunziger Jahren wurde als Folge der sogenannten Softwarekrise (steigende Fehlerquoten in der Programmierung, unzureichende Kommunika-tion zwischen Anbietenden und Nutzenden, was zu mangelnder Funktionalität der Software während der achtziger Jahre führte) mit verschiedenen Konzepten experimentiert, welche die Bedürfnisse der Anwender/innen in den Produktionsprozess miteinbeziehen sollten. Dadurch wurde die Komplexität der Projekte gesteigert,

Page 201: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 204

was zur sogenannten „Projektkrise der Neunziger Jahre“ führte (Weltz/Ortmann 1992). Kommunikation, Führungsstil und Team-arbeit wurden als Schlüsselfaktoren zur Bewältigung dieser neuen Krise betrachtet (Pasch 1994). Evolutionäre und iterative Entwick-lungsmodelle wurden bevorzugt und das sogenannte Prototyping wurde zur unerlässlichen Unterstützung von Tests. Als weiteres Komplikationsmoment wird eine Beschleunigungskrise diagnosti-ziert, die u.a. durch die zunehmende Komplexität der Entwick-lungsprozesse und der Produkte sowie durch die Verkürzung der Produkt-Lebenszyklen gekennzeichnet ist (Huber 2000). Nach Hu-ber sollen sich soziale und organisatorische Prozesse in den IT-Unternehmen verändern, damit diese Unternehmen im Wettbewerb mithalten können und innovationsfähig bleiben. Dazu gehört die Einbeziehung menschlicher und sozialer Aspekte, was durch das effektive Management von Humanressourcen unterstützt werden kann (Martinsons/Chong 1999).

Diese Diskussionen zeigen, dass die Integration diversifizierter Perspektiven bei den Entwicklungsteams immer wichtiger wird. Die in bestimmten Bereichen der IT-Branche zunehmend zu be-obachtende Orientierung an Bedürfnissen der Kunden/innen gilt als notwendige Strategie der Unternehmen, um im Innovationswettbe-werb mithalten zu können (Huber 2000). Diese Fokussierung auf Kunden/innenbedürfnisse steht in engem Zusammenhang mit der allgemeinen Tendenz innerhalb der Softwarebranche zur sogenann-ten „kundenindividuellen Massenproduktion“106, die sich gezielt auf die Diversifizierungsforderungen des übersättigten Markts ein-stellt. Indem die Kunden/innenwünsche direkt in das Produkt ein-fließen, entsteht das Produkt als „Resultat eines kreativen Prozes-ses, der die Produzentinnen und Produzenten ebenso wie die Kon-sumentinnen und Konsumenten einschließt“ (Lazzarato 1998: 106 Der Begriff „kundenindividuelle Massenproduktion“ (mass customization) verbindet zwei gegen-sätzliche Begriffe und bezieht sich auf „die Produktion von Gütern und Leistungen für einen (relativ) großen Absatzmarkt, welche die unterschiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Nachfragers dieser Produkte treffen“ (Rogoll/Piller 2003: 12).

Page 202: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

205 Internationale Professionalität

55 f.). Damit gehen Anforderungen an einen entsprechenden Wan-del in der akademischen Ausbildung einher: Interdisziplinarität und der Erwerb von Schlüsselkompetenzen, vor allem sozialer Kompe-tenzen, sollen gestärkt werden. Dass solche Kompetenzen bzw. Anwendungsbezüge immer wichtiger für die Informationsarbeits-praxis werden, zeigen beispielsweise aktuelle Untersuchungen des Branchenverbandes BITKOM (2009b). Die entsprechende Reakti-on vonseiten der Bildungsinstitutionen auf diese Tendenzen lässt sich am Wettbewerb zwischen den zahlreichen neuen IT-Bildungseinrichtungen ablesen, die sich an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes bzw. direkt am Fachkräftebedarf mittelständischer und kleiner Firmen orientieren. Diese konkurrieren mit den traditi-onellen Ausbildungsinstitutionen, deren Curricula trotz zunehmen-der Bemühungen in den letzten Jahren nicht so flexibel an die ra-santen Entwicklungen angepasst werden konnten (Endres 1999; Burhenne et al. 2000).

Diese Entwicklung während der letzten Jahre hat auf akademi-scher Ebene eine Diskussion über die Identität der Informatik in den Hochschulen in Gang gesetzt, denn diese müssen jetzt mit zahlreichen, teilweise nicht anerkannten Bildungsanbietern konkur-rieren. Klagen über den mangelnden Schutz der Berufsbezeichnung „Informatiker/in“ bzw. über die Deprofessionalisierung der Infor-matik werden lauter (Mayr/Maas 2001). Diese Diskussion wird außerdem durch die 1999 von den europäischen Bildungsministern verabschiedete Erklärung zum Aufbau eines europäischen Hoch-schulraums bzw. durch den „Bologna-Prozess“ verschärft, wobei in diesem Zusammenhang aktuell eher finanzielle und zeitliche For-derungen und weniger inhaltliche curriculare Aspekte diskutiert werden. Letztere werden meist auf die Notwendigkeit eines Praxis-bezugs im Studium reduziert.107 Damit steht die Informatik vor der

107 So heißt es beispielsweise in Stellungnahmen von einschlägigen Verbänden zum Bologna-Prozess: „In den ITK-Studiengängen sind Praxisbezüge für eine Berufsbefähigung von Bachelor- und Master-Absolventen ist [sic!] nur möglich, wenn hierfür ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Ba-

Page 203: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 206

Frage nach ihrer Identität. Im Jahr 2005 hat die GI in Zusammenar-beit mit dem Fakultäten- und Fachsbereichstag Informatik und nach Umfragen bei Absolventen/innen und Personen aus der beruflichen Praxis die bereits im Jahr 2000 erarbeiteten Richtlinien zur Akkre-ditierung des Faches Informatik weiterentwickelt (GI 2005). Im Vordergrund der formulierten Ausbildungsziele steht eine soge-nannte „informatische Denkweise“108, die sich auf mathematisch-logische Abstraktionen bezieht. Neben unter anderem mathemati-schen und technologischen Inhalten werden „Analyse-, Design-, Realisierungs- und Projekt-Management-Kompetenzen“ (ebd.: 9) sowie „soziale Kompetenzen und Selbstkompetenz“ (ebd.: 10)109 als zusätzliche Kompetenzen erwähnt, die Informatiker/innen je nach Spezialisierung auch erwerben sollen. Hier zeigt sich eine starke Orientierung an der Kompetenzennachfrage seitens der IT-Branche. Nicht nur gesellschaftliche Zusammenhänge, für deren Integration in die Curricula das sozial-kritische Lager der Disziplin chelor-Programme müssen sich daher gemäß den international üblichen Standards in einem Rahmen von sechs bis acht Semestern bewegen.“ (BITKOM et al. 2008: 2). „Für Bachelor und Master kommen wichtige überfachliche Kompetenzen hinzu, die zudem in der Informatik und bei ingenieurwissenschaftlichen Studienrichtungen durch praktische Ausbildungsin-halte ergänzt werden, um der Forderung nach einer ‚Berufsbefähigung‘ auch schon der Bachelor-Absolventen gerecht zu werden.“ (BITKOM et al. 2008: 2). 108 „Unabhängig von im Einzelnen noch zu beschreibenden Kompetenzen steht im Vordergrund einer Informatik-Ausbildung die Erziehung zu informatischen Denkweisen, dies bedeutet u.a. das Denken in Algorithmen, in Modellen, in nebenläufigen Prozessen, in Schichten und Architekturen. Dabei wird in der Modellierung und vielen anderen Bereichen ‚strukturelles‘ anstelle von ‚prozeduralem‘ Denken verlangt. ‚Prozedurales‘ Denken ist eindimensional, es betrachtet eine Zeitfolge von Zu-standsänderungen. ‚Strukturelles‘ Denken dagegen ist mehrdimensional, es erfordert die gleichzeiti-ge Erfassung mehrerer Entitäten mit ihren strukturellen und Verhaltens-Beziehungen.“ (GI 2005: 8). 109 „Soziale Kompetenz und Selbstkompetenz Absolventinnen und Absolventen benötigen kommunikative Kompetenz, um ihre Ideen undLösungs-vorschläge schriftlich oder mündlich überzeugend zu präsentieren, abweichende Positionen ihrer Partner zu erkennen und in eine sach- und interessengerechte Lösung zu integrieren und zwar auch dann, wenn den Partnern die informatischen Sprech- und Denkweisen nicht geläufig sind. Darüber hinaus sind Kenntnisse im Konfliktmanagement erforderlich, um in kontroversen Diskussionen zielorientiert zu argumentieren und mit Kritik sachlich umzugehen. Es muss die Fähigkeit entwickelt werden, vorhandene Missverständnisse zwischen Gesprächspartnern frühzeitig zu erkennen und abzubauen. Schließlich sollen sie die Auswirkungen der Informatik auf die Gesellschaft in ihren sozialen, wirtschaftlichen, arbeitsorganisatorischen, psychologischen und rechtlichen Aspekten einschätzen können. Ihnen sollen die ethischen Leitlinien für die Berufsausübung bewusst sein.“ (ebd.: 10).

Page 204: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

207 Internationale Professionalität

plädiert, sollen in den Bachelor- und Masterstudiengängen110 be-rücksichtigt werden, sondern auch kommunikative und rhetorische Kompetenzen. Inwieweit solche Empfehlungen in die Lehrpraxis implementiert werden, ist eine offene Frage. Allerdings korrespon-dieren solche Empfehlungen mit den Klagen von IT-Unternehmen über den mangelnden Praxisbezug von Hochschulabsolven-ten/innen, die sich in der BITKOM-Studie vom November 2009 widerspiegeln (s. Grafik 3).

110 Nach einer aktuellen Studie des Vereins deutscher Ingenieure (VDI) werden die neuen Studienab-schlüsse Bachelor und Master in der Informatik am meisten nachgefragt: „Im Studienbereich Infor-matik ist der Anteil der neuen Studienabschlüsse vergleichsweise am höchsten. Bei jedem fünften Studienabschluss in Informatik (21 Prozent) handelte es sich um einen Bachelor- oder Masterab-schluss.“ (Schwarze 2008: 15) http://www.vdi.de/fileadmin/vdi_de/redakteur_dateien/bag_dateien/Beruf_und_Arbeitsmarkt/Broschuere_monitorIng_2008.pdf (Stand: Oktober 2008). S. auch: http://donar.messe.de/exhibitor/hannovermesse/2012/B386666/broschure-ger-68495.pdf (Zugriff 29. 08. 2012).

Page 205: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 208

Grafik 3: Defizite von Hochschulabsolventen/innen aus der Perspektive deutscher IT-Firmen (BITKOM 2009b)

Auch das umfangreiche Angebot an interner Weiterbildung in IT-Unternehmen spricht für die Persistenz von Wissens- bzw. Kompe-tenzdefiziten bei den Absolventen/innen bzw. für eine notwendige Zusatzqualifizierung von Quereinsteiger/innen, was darüber hinaus ein Zeichen für die Kontinuität des Mangels an IT-Fachkräften ist. Nach aktuellen Branchenanalysen von BITKOM (2009a; 2009b: Chart 2) auf der Basis eigener Umfragen waren im November 2009 rund 20.000 Stellen für IT-Experten/innen in der Branche offen, die Mehrheit davon (5.500) in den Segmenten Software und IT-Dienstleistungen. Am meisten werden Hochschulabsolventen/innen mit Bachelor- (44%) oder Masterabschluss (22%), gefolgt von Quereinsteiger/innen (13%), Personen mit einer Lehre in IT- oder

Page 206: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

209 Internationale Professionalität

Medienberufen (12%) oder mit einer Umschulung oder Weiterbil-dung (8%) gesucht (BITKOM 2009b: Chart 6). Bei der letztge-nannten Kategorie wird nicht genauer spezifiziert, in welchen Be-reichen eine solche Umschulung oder Weiterbildung erfolgen soll. Ebenso ist unklar, was sich hinter dem Begriff „Quereinsteiger“ verbirgt.

Dostal hat im Jahr 2002 errechnet, dass etwa zwei Drittel der in der IT-Branche Beschäftigten Quereinsteiger/innen111 sind, die ihre Qualifikation in einer von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Maßnahme erworben haben, sprich durch eine Ausbildung in ei-nem der vier IT-Basisberufe (Dostal nach Licht et al. 2002: 29).

Wie in der Informatik im Allgemeinen bilden Frauen in sol-chen Berufen eine Minderheit. Der Anteil von Frauen unter den Ausbildungsanfängern in den IT-Basisberufen ist zwischen 2002 und 2007 sogar von 14% auf 9,1% gesunken (BITKOM 2008). In den deutschen Hochschulen betrug der Frauenanteil in den Fächern Informatik, Maschinenbau und Elektrotechnik im Jahr 2007 16%. Damit wird nach den Einschätzungen von BITKOM (ebd.) der Fachkräftemangel in der Branche noch verschärft.

Der Mangel an IT-Fachkräften und die fehlenden Aufstiegs-chancen für Nicht-Akademiker/innen hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) dazu veranlasst, das Bundes-institut für Berufsbildung (BIBB) mit der Schaffung eines Systems für die berufliche Weiterbildung zu beauftragen. Begleitet und un-terstützt wurde dieses Projekt von der Fraunhofer Gesellschaft, dem Branchenverband BITKOM, den Gewerkschaften IG Metall und ver.di sowie dem Zentralverband Elektrotechnik und Elektro-industrie e.V. (ZVEI). Die Weiterbildung setzt bei den IT-Basisberufen IT-Systemelektroniker/in, Fachinformatiker/in, IT-Systemkauffrau/-mann und Informatikkauffrau/-mann an.112 Zu- 111 Der Akademiker/innenanteil unter den Quereinsteiger/innen beträgt laut Mikrozensus von 1997 ca. 58% und nach dem Mikrozensus 2001 ca. 50%. (Dostal 2002). 112 Ausführliche Informationen sind auf der Homepage des BIBB unter: http://www.bibb.de/forum/itberufe.htm zu finden (Stand Oktober 2007).

Page 207: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 210

sätzlich bietet das System auch Möglichkeiten für Quereinstei-ger/innen an, die bereits im Beruf IT-Kenntnisse erworben haben, jedoch über keine formelle IT-Ausbildung verfügen, die erforderli-che Qualifikation zu erwerben.

Das Weiterbildungssystem ist unterteilt in drei Ebenen. Die Basis-Ebene bilden die bereits angesprochenen vier Ausbildungs- oder Basisberufe. Auf der ersten Ebene gibt es die Weiterbildung für die sogenannten 29 Specialists.113 Diese 29 Spezialisierungs-möglichkeiten sind in den sechs Berufsgruppen Softwareentwick-ler/in, Entwicklungsbetreuer/in, Lösungsentwickler/in, Techni-ker/in, Administrator/in und Produkt- und Kundenberater/in zu-sammengefasst. Auf der zweiten Ebene finden sich die sogenann-ten Operative Professionals. Sie umfassen IT Engineer, IT Manag-er, IT Consultant und IT Commercial Manager. Auf der dritten Ebene sind mit IT Systems Engineers und IT Business Engineers die strategischen Professionals angesiedelt (Borch/Weißmann, 2002: 17 ff.).

Auf Initiative der Sozialpartner, der Fraunhofer Gesellschaft, sowie von BITKOM, GI, IG Metall, ver.di und ZVEI wurde cert:it114 als Zertifizierungsstelle zur Vergabe von IT-Zertifikaten gegründet. Solche Zertifikate fallen unter die europäische Norm zur Regelung und Kontrolle der Sachverständigeneigenschaft DIN EN 45013 und dürfen daher nur von akkreditierten Zertifizierungsstel-len vergeben werden. Die Zertifikate von cert:it orientieren sich an internationalen Standards. Von einer Vereinheitlichung bei der IT-Weiterbildung zu sprechen, wäre jedoch verfrüht. So bieten bei-spielsweise einige Industrie- und Handelskammern (IHK) eigene IT-Lehrgänge an, die nicht den internationalen Standards entspre-

113 Wie in der Branche allgemein üblich, werden hier englische Begriffe verwendet. Eine Kurzbe-schreibung in deutscher Sprache ist in der CDI-Stellenmarktanalyse 2002 zu finden (CDI 2002: 16). Die Kategorien orientieren sich an den vom BMBF und der Fraunhofer Gesellschaft geschaffenen Profile, die detailliert unter http://www.kib-net.de/fix/profile/site/profile/index.html (Zugriff: 7.11.2002) abzurufen sind. 114 Vgl. http://www.cert-it.com// (Zugriff: 8.2.2011).

Page 208: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

211 Internationale Professionalität

chen (Altmann/Feuerstein, 2002: 277 f.). Die in diesem Rahmen vergebenen Zertifikate sind mit dem Zusatz „Spezialprofil (IHK)” gekennzeichnet.115 Die Verwendbarkeit der Abschlüsse ist oft regi-onal begrenzt. Hier muss jedoch ergänzt werden, dass die IHK im Allgemeinen die vom BMBF ausgegebene Verordnung für die IT-Weiterbildung umsetzt und den Zertifizierungsanforderungen so-wie den von cert:it propagierten Standards genügt.116 Die Umfrage von BITKOM für das letzte Quartal 2009 zeigt, dass die Mehrheit der befragten IT-Unternehmen in Weiterbildung in-vestierte. 56% der Unternehmen geben an, dass die Weiterbil-dungsausgaben im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr gleich hoch geblieben sind und 18% behaupten sogar, dass die Ausgaben dafür gestiegen sind, während bei 13% die Weiterbildungsausgaben sinken und nur eine Minderheit von 10% der Unternehmen kein Geld für Weiterbildung ausgibt. Darüber hinaus zeigen die Analy-sen, dass 12% der Unternehmen öffentliche Fördermittel für Wei-terbildung in Anspruch nehmen (BITKOM 2009b: Chart 9). Die Frage. welche Art von Weiterbildung für wen und mit wem hier gezielt organisiert wird, wird hier genauso wenig geklärt wie die Frage, welche Art von Unternehmen diese verschiedenen Investiti-onen tätigen.

Weiterbildung stellt zum einen ein Beschäftigungsinstrument dar, das neben anderen Mechanismen die Wissenskodifizierung wie auch die Standardisierung von Wissen in Bezug auf Computerpro-gramme sowie die Kontrolle der Wissenstransformation und den beruflichen Wandel unterstützt. Die Geschwindigkeit und die Dy-namik der Wissenstransformation im IT-Bereich machen jedoch die Definition von Weiterbildungsbedürfnissen schwierig. Zum anderen bedeutet Weiterbildung für die Informationsarbeiter/innen die Möglichkeit, sich auf bestimmte Karrierewegen hin zu orientie-ren und die erworbenen neuen Qualifikationen als Mobilitätsin-

115 Vgl. http://www.cert-it.org/html/faq/index.html (Stand 27.05.03). 116 Vgl. http:/it-wb.de/pages.php?node=02/07/20/8522700 (Zugriff: 27.5.2003).

Page 209: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 212

strument zu nutzen. Damit wird die Frage aufgeworfen, welchen Stellenwert bestimmte Weiterbildungen dafür haben und inwiefern die Kodifizierung des Wissens durch Weiterbildung die Position von Informationsarbeiter/innen als Experten/innen bzw. als nicht austauschbare Fachkräfte mit Überblickswissen und Erfahrung in einem bestimmten Gebiet der Informationsarbeit bedroht. Zur Be-antwortung dieser Frage ist es wichtig zu analysieren, welche ge-nauen Wissensformen in welchen Arbeitsgebieten der Informati-onsarbeit institutionalisiert bzw. nicht institutionalisiert und aner-kannt bzw. nicht anerkannt werden und wer davon profitiert und wer nicht.

III.1.2 Interessenvertretungen: Mitbestimmung und professionelle Verbände in der Informationsarbeit

Die Informationsarbeit ist durch eine individualisierte Arbeitsregu-lation mit Zielvereinbarungen gekennzeichnet (Töpsch et al. 2001; Minssen 2006). Diese Situation wirkt sich auf die Möglichkeiten einer Interessenvertretung der Beschäftigten aus. Auch wenn die Gewerkschaften nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäi-scher Ebene die Interessen der Informationsarbeiter/innen zu ver-treten versuchen (UNI Ibits 2009), erschweren die Verbetrieb-lichung der Interessenvertretung sowie die Heterogenisierung der Interessenlagen die Rolle der Gewerkschaften. Nichtsdestotrotz existieren auch im IT-Sektor Tarifvereinbarungen, die sowohl bei Firmentarifen als auch bei Branchentarifverträgen eine differenzier-te und hochgradig flexible Arbeitszeitstruktur ausweisen. Dem be-sonders ausgeprägten Zwang zur Weiterbildung im IT-Sektor tra-gen aber die Firmentarifverträge nur begrenzt Rechnung (Bispinck/Trautwein-Kalms 1997).

Was die Interessenvertretung durch professionelle Verbände angeht, existieren in Deutschland rund 20 IT-bezogene Verbände und Interessengemeinschaften mit unterschiedlich stark ausgepräg-

Page 210: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

213 Internationale Professionalität

tem Praxisbezug. Am bekanntesten sind auf der wissenschaftlich-akademischen Seite die Gesellschaft für Informatik (GI) und der Fakultätentag Informatik (FTI), auf der Seite der Erwerbs-tätigenvertretung der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und auf der Unternehmerseite der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (BITKOM). Auf der inter-nationalen Ebene sind vor allem die Association for Computing Machinery (ACM) und das Institute for Electronics and Electrics Engineers (IEEE) bedeutend.

Die Gesellschaft für Informatik (GI) ist der größte Informatik-verband im deutschsprachigen Raum.117 Sie wurde als gemeinnüt-zige 1969 in Bonn mit dem Ziel gegründet, die Informatik zu för-dern. Die Mitglieder der GI sind überwiegend an Universitäten, Fachhochschulen und Forschungsinstituten tätig. Das politische Wirken der GI ist demnach stark akademisch geprägt, ihre Empfeh-lungen haben vor allem in der Informatikausbildung großen Ein-fluss (Schulzki-Haddouti et al. 1999). Die GI bezieht aber auch zu gesellschaftlich relevanten Themen Stellung, etwa zu Datenschutz und Datensicherheit.118

Die Berufsfelder der Mitglieder im Verein deutscher Ingenieu-re (VDI) sind im Vergleich zu denen der GI ausdifferenzierter; der Verband hat jedoch eine direkte und starke Anbindung an die Pra-xis. Der VDI ist mit ca. 126.000 Mitgliedern einer der größten technisch-wissenschaftlichen Vereine Europas. Er gilt in Deutsch-land als Sprachrohr der Ingenieurinnen und Ingenieure sowie als führende Institution für die Weiterbildung und den Erfahrungsaus-tausch technischer Fach- und Führungskräfte.

117 In einer Pressemitteilung vom 9.7.2002 vermeldete die GI, dass sie mit der Schweizer Informati-ker Gesellschaft (SI) einen Assoziationsvertrag geschlossen hat. Dies brachte der GI ca. 2.000 neue Mitglieder, http://www.gi.de/presse/pressemitteilungen-thematisch/pressemitteilung-vom-9-juli-2002.html (Zugriff: 9.2.2011). 118 Vgl. hierzu die Pressemitteilung vom 7.6.2002, http://www.gi.de/presse/pressemitteilungen-thematisch/pressemitteilung-vom-7-juni-2002.html (Zugriff: 9.2.2011).

Page 211: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 214

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikati-on und Neue Medien (BITKOM) e.V. ist Deutschlands bedeutends-ter Bundesverband für Arbeitgeber der Informationswirtschaft, der Telekommunikation und der Neuen Medien. Er vertritt 1.250 Un-ternehmen mit etwa 700.000 Beschäftigten und einem Jahresum-satz von 120 Milliarden Euro. Nach eigenen Angaben vertritt er rund 95% der in der Branche tätigen Firmen. Der Verband reprä-sentiert die IT-Branche exklusiv im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). In Kooperation mit seinen Mitgliedern nimmt der Verband an Gesetzgebungsverfahren teil und unterhält intensive Kontakte mit Vertreter/innen von Bundestag, Bundesrat und Bun-desregierung.119 Präsidium und Geschäftsführung bestehen aus dreizehn Personen – derzeit ausschließlich Männer aus großen Un-ternehmen.120 Die Arbeit bei BITKOM wird von 17 Arbeitskreisen, Gremien und Foren getragen, die je nach Aufgabengebieten noch weiter unterteilt sind. So existieren beispielsweise neun Fachaus-schüsse, die sich mit speziellen Themen der Informationsbranche auseinandersetzen. Unter dem Dach der BITKOM haben sich zu-nächst der Bundesverband Informations- und Kommunikations-Systeme (BVB), der Bundesverband Informationstechnologien (BVIT) sowie die Fachverbände für Informations- und Kommuni-kationstechnik in den Branchenorganisationen VDMA (Verband der Investitionsgüterindustrie) und ZVEI (Zentralverband Elektro-technik und Elektroindustrie e.V.) zusammengeschlossen. Weitere Branchenvereinigungen sollen folgen. Die beiden letztgenannten Verbände sind unter anderem aktiv in Standardisierungs- und Zerti-fizierungsgremien.

Der Verband der Softwareindustrie Deutschlands e.V. (VSI) vertritt neben Softwareherstellern auch Händler, Verlage, Schu-lungsunternehmen und Dienstleister. Die Mitglieder sind überwie- 119 Vgl. http://www.bitkom.org/Portrait_Deutsch_03-2002.pdf (Zugriff: 20.4.2003). 120 Vgl. hierzu: http://www.bitkom.org/index.cfm?gbAction=gbCategoryDetail&CategoryNodeID=F2266E89-23B0-4A06-A66DD62A5E9C6B3F (Zugriff: 21.4.2003).

Page 212: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

215 Internationale Professionalität

gend in der industriellen Softwareentwicklung tätig, Ausbreitung und Wirkung des Verbandes sind aber nicht mit denen der GI im hochschulischen und des VDI im industriellen Bereich vergleichbar (Schulzki-Haddouti et al. 1999). Der VSI wurde 1987 gegründet und zählt nach eigenen Angaben heute weit über 170 Mitglieder.121 Mit Ausnahme einer Frau als Ehrenmitglied besteht der Vorstand des VSI zurzeit nur aus Männern. Alle Vorstandsmitglieder kom-men aus dem Unternehmensbereich. Nach der Selbstdarstellung bestehen die Aufgaben des VSI zu jeweils 40% in Lobbying und Service für die Mitglieder und zu 20% in Anti-Piracy.122

Der Fakultätentag Informatik (FTI) vertritt die gemeinsamen Belange seiner Mitglieds- und Gastfakultäten aus der Informatik und der mit ihr verwandten Wissenschaften. In diesem Gremium sind alle renommierten Informatikfakultäten und Fachbereiche der Universitäten und Technischen Hochschulen Deutschlands vertre-ten. Der FTI spielt damit auch in der Entwicklung der Informatik-Curricula eine entscheidende Rolle123 – im Hinblick auf die Förde-rung der Zusammenarbeit in allen wissenschaftlichen Fragen und der Koordinierung der Lehrpläne in der Informatikausbildung.124 Der FTI trifft sich mindestens einmal jährlich zu einer Plenarver-sammlung. Die Mitgliedsfakultäten analysieren dort gemeinsam die Situation in der Informatik und reagieren wenn nötig durch Resolu-tionen oder Protestnoten auf Missstände.

121 Vgl. http://www.vsi.de/inhalte/information/detail/vsi/vsi_1.htm (Zugriff: 20.4.2003). 122 Vgl. http://www.vsi.de/inhalte/information/detail/vsi/pdf/Broschuere.pdf (Zugriff: 20.4.2003). 123 „Es gibt gegenwärtig kein Gremium in der BRD, das für die Studiengänge der Informatik an Universitäten vergleichbare Kompetenzen hätte.“ (FTI, Protokoll der 49. Plenarsitzung am 15.5.1998). 124 FTI, Protokoll der 51. Plenartagung am 19.11.1999, Anhang 1a. Nicht sämtliche deutschen Infor-matik-Fakultäten sind Mitglied im FTI. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist laut FTI-Satzung, dass die Mitglieder „universitäre Informatik-Studiengänge (Diplom-Informatik entsprechend der Rahmenordnung für die Diplomprüfung in Informatik an Universitäten, Bachelor oder Master of Science in Informatik entsprechend der Empfehlung des Fakultätentags) oder einen in der Verant-wortung der Informatik liegenden Informatikstudiengang mit mindestens 50% Informatikanteil durchführen“, vgl. http://www.ft-informatik.de/uploads/media/Satzung2006_fti.pdf (Zugriff: 9.2.2011)..

Page 213: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 216

III.1.3 Internationalisierung der Informationsarbeit

Nach einer ersten Phase der Dezentralisierung in den achtziger Jah-ren in Form des sogenannten Outsourcing wurde in den späten neunziger Jahren durch die Entwicklung des Internets als globaler Arbeitsplattform eine neue Phase der Arbeitsauslagerung in aus-ländischen Standorten vorangetrieben, die als Off- bzw. Nearshoring bezeichnet wird (Boes/Trinks 2006; Ruiz Ben/Claus 2005; Ruiz Ben 2008).

Aus deutscher Sicht sind beispielsweise die neuen osteuropäi-schen EU-Mitgliedsländer Nearshore-Ziele, in denen Tochterfir-men oder Joint Ventures gegründet oder IT-Dienstleister beauftragt werden. Near- und Offshoring sollen dabei zur Standardisierung und Optimierung der Wertschöpfungskette sowie zur weiteren Internationalisierung der IT-Branche beitragen (Boes/Schwemmle 2004: 17; DB Research 2005; Amberg/Wiener 2005). Zielsetzun-gen sind Kostenreduktion, Markterschließung oder eine Expansion (Boes/Schwemmle 2004: 20; DB Research 2005: 5). Near- und Offshoring ermöglichen darüber hinaus Spezialisierung, Nutzung von Skaleneffekten und den Zugriff auf Spezialisten/innen im Rahmen von Projekten (Slama/Kaefer 2005: 32).

Für die Internationalisierung von Arbeitskapazitäten im IT-Bereich wird in der ökonomischen und Management-Literatur der Begriff IT-Offshoring oder Global Sourcing verwendet. Dieser Begriff wird mit dem Begriff des Outsourcing verbunden, der in den achtziger Jahren der Beschreibung von Dezentralisierungspro-zessen in Unternehmen diente. Unter Outsourcing wird die Ent-scheidung über Produzieren oder Kaufen verstanden (Davis-Blake/Broschak 2009: 163). In IT-Firmen dienen Outsourcing-Aktivitäten primär der Wertschöpfung von Unternehmen durch die Fremdvergabe der Softwareentwicklung. Die vorherrschenden Formen des Outsourcing sind die Auslagerung, also die Vergabe von Aufträgen an rechtlich unabhängige Unternehmen, und Aus-gliederung in Form der Verlagerung von Aufgaben auf ein recht-

Page 214: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

217 Internationale Professionalität

lich verbundenes Dienstleistungsunternehmen, das heißt eine Toch-ter- oder Beteiligungsgesellschaft.

Als Gründe für das Global Sourcing werden meist das als posi-tiv bewertete Lohngefälle (niedrige Löhne und Lohnnebenkosten), Anreize durch Subventionen, Zugang zu speziellem IT-Know-how, das in den Mutterfirmen nur schwer aufzubauen bzw. zu halten ist, die Nutzung bester technologischer Infrastrukturen ohne eigene Investitionen sowie die Verfügbarkeit kompetenter und gut ausge-bildeter Fachleute genannt (Schwemmle/Zanker 2000). Gegen das Global Sourcing sprechen der erhöhte Koordinationsaufwand, Sprachprobleme, räumliche Distanz und Zeitverschiebungen, even-tuell auch politische Unsicherheiten in den Offshoring-Ländern, der Transfer wettbewerbssensiblen Know-hows und die aufwendigere Vertragsgestaltung (Moczaldo 2004).

Boes et al. (2008) sprechen von einer neuen Phase der Interna-tionalisierung von Arbeit, in der auch „Kopfarbeit“ durch Informatisierungsprozesse (Boes 2005a; Baukrowitz/Boes 1996; Schmiede 1996) standardisierbar und international auslagerbar wird. Weiterhin werden in dieser neuen Phase der Internationalisie-rung der IT-Branche das regionale Spektrum verfügbarer hoch qua-lifizierter Arbeitskräfte international vergrößert und durch die vo-rangetriebenen Informatisierungs- und Systematisierungsprozesse von Arbeit und Wissen bisher bestehende „Ungewissheitszonen“ (Crozier/Friedberg 1979) ausgeräumt (Boes 2008). Boes (ebd.) schließt daraus, dass die konkrete Arbeitskraft von IT-Beschäftigten damit zunehmend austauschbarer wird. Internationa-lisierung wird in der deutschen IT-Branche von Arbeitgebern als Drohung eingesetzt und von Arbeitnehmern als Bedrohung wahr-genommen. Die Zeiten der Autonomie und kollektiver Mitbestim-mung für IT-Beschäftigte sind nach Boes (ebd.) zu Ende und die hoch qualifizierten IT-Beschäftigten sind immer stärker von Unsi-cherheit und Prekarisierung betroffen. Kooperative Steuerungsprin-zipien der Arbeit werden verstärkt durch hierarchische Manage-

Page 215: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 218

ment-Entscheidungen ersetzt. Inwieweit diese Tendenzen in allen Segmenten der IT-Branche gleichermaßen gelten, bleibt offen. Auch werden mögliche differenzierte Geschlechterasymmetrien in Boes Untersuchung nicht thematisiert. Im nächsten Kapitel gebe ich einen Überblick über die Forschung bezüglich Geschlechter-asymmetrien in der Informationsarbeit in Deutschland, bevor ich die konkrete Beteiligung von Frauen in der Informationsarbeit in Deutschland diskutiere.

III.1.4 Geschlechterasymmetrien in der Informationsarbeit

Zusammenfassend können drei Phasen in der Forschung über Ge-schlechterasymmetrien in der Informationsarbeit in Deutschland unterschieden werden. In einer ersten Phase wurden Frauen in ver-schiedenen Studien als defizitär gegenüber Männern dargestellt. So entstand das verbreitete Konzept der weiblichen „Technikangst“. In einer zweiten Phase bewegte sich die Frauenforschung in Erwerbs-bereichen der Informatik hin zu einer Differenzorientierung. Hier ging es darum, die Unterschiede zwischen Frauen und Männern bezüglich ihres Umgangs und ihrer Einstellungen zu Computern zu eruieren (Brandes/Schiermann 1988; Riesin 1988; Funken 1998; Schade 1997). Dabei wandelte sich die Forschungsperspektive von der Orientierung auf die subjektorientierten Differenzen in Bezug auf Technologien wieder hin zu einer strukturzentrierten bzw. zu einer konstruktivistischen Sicht, deren Blick sich eher auf die dy-namische Konstruktion von Geschlecht in Erwerbsbereichen der Informatik richtete (Hofmann 1987; Roloff 1989; Schmitt 1992; Kleinn/Schinzel 2000; Huber et al. 2003; Henninger 2001; Ruiz Ben 2002; 2003). Diese gender-orientierten Untersuchungen kon-zentrieren sich allerdings ausnahmslos auf die berufliche Situation von Frauen und Männern in der Softwareentwicklung oder in der Multimedia-Branche; andere Gebiete der Informatik wie z.B. die Hardwareentwicklung bleiben unerforscht.

Page 216: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

219 Internationale Professionalität

Die erste Untersuchung in Deutschland über die Arbeitssituati-on von Frauen in der Computerbranche erschien Ende der Achtzi-ger Jahre (Hoffmann 1987). Damit veränderte sich der Analysefo-kus von der kaum verbreiteten Telearbeit oder dem Einfluss von Computerarbeit in traditionellen Frauenberufen hin zur Situation von Frauen in der Computerarbeit selbst (ebd.: 167). Hoffmann folgt den Spuren von Frauen in der Geschichte des Computers und analysiert die Beteiligung von Frauen in den verschiedenen Berei-chen der damaligen IT-Industrie. Zunächst konstatiert Hoffmann (ebd.: 22): „Computerarbeit in der Bundesrepublik erscheint insge-samt nach wie vor als eine männliche Domäne.“ Zugleich stellt sie aber fest, dass zum damaligen Zeitpunkt der Zusammenhang zwi-schen Geschlecht und den beruflichen Strukturmerkmalen im Kon-text der Computerarbeit – und das nicht nur in Deutschland – noch kaum untersucht worden war (ebd.: 127). Hoffmann kommt in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Frauen vor allem in periphe-ren Bereichen der Informatik verortet sind. Bezüglich der Berufssi-tuation von Frauen in Informatikberufen stellt Roloff (1989: 142) Ende der achtziger Jahre die These auf, „dass sich auf der Basis der fachlichen Gleichheit das hierarchi-sche Geschlechterverhältnis auf subtile Weise reproduziert, trotz oder vielleicht gerade wegen der individuell innovativen Um-gangsweisen und Lösungsmuster, die die Frauen in Männerberufen finden“. Damit werden die Transformation der Berufsbilder im Professiona-lisierungsprozess der Informatik und die Vergeschlechtlichung be-stimmter Bereiche thematisiert. Denn es sind nicht nur die Segmen-tierungen eines Berufes, die sich im Laufe dieses Prozesses verän-dern, sondern auch die Verbindungen und Hierarchisierungen zwi-schen den verschiedenen Segmenten eines Berufes.

Page 217: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 220

Weitere Untersuchungen in den neunziger Jahren betrachteten die Situation von Frauen in der Branche auf der Basis von Einzelin-terviews oder Befragungen (Erb 1996; Schade 1997; Funken 1998; Kleinn/Schinzel 2000), während sich Heintz und Nadai (1998) in ihrer Fallstudie mehr auf die alltägliche Interaktion im Betrieb kon-zentrierten. Der Sammelband von Winker und Oechtering (1998) trägt in diesem Zusammenhang zur Reflexion über die Situation von Frauen in der Computerindustrie bei.

In einem Teil dieser Studien wurde herausgearbeitet, dass Technik eng mit Männlichkeit und Macht verknüpft wird, wodurch eine „Habitusambivalenz“ zwischen Technik und weiblicher Identi-tät entsteht. Diese Habitusambivalenz prägt den weiblichen Biografieverlauf insofern, als Frauen sich von der Technik und damit auch von der Informatik distanzieren. Diese Position wird unter anderem von Janshen und Rudolph (1987) vertreten. Sie zei-gen in ihrer Untersuchung über Ingenieurinnen und Informatikerin-nen, dass die Distanz zwischen Frauen und Technik in beruflichen Kontexten durch eine Art Projektion technikdistanzierter Eigen-schaften auf die Frauen entsteht, also durch Geschlechterzuschrei-bungen, Geschlechtsrollenerwartungen und -stereotype hervorgeru-fen wird. Frauen müssen Habitusambivalenzen bewältigen, wenn sie in männlich geprägten Berufen tätig sind, denn das professio-nelle Bild in solchen Berufen ist mit den geschlechtsspezifischen Rollenerwartungen in diesen Kontexten nicht vereinbar (Teubner 1989; Janshen/Rudolph 1987). Kosuch (1994: 174) charakterisiert diese Habitusambivalenz wie folgt: „[…] die Weiblichkeit abgesprochen zu bekommen, einerseits, und die Weiblichkeit über die schleichende und unbewusste Anpassung an den männlichen Habitus zu verlieren, andererseits, sind Teile des Konfliktes zwischen beruflichem und weiblichem Habitus“.

Page 218: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

221 Internationale Professionalität

Auch die Untersuchung von Collmer (1997) über die Aneignungs- und Zugangsweisen von Frauen und Männern125 zum Computer beruht auf einem Ambivalenzansatz. Collmer (1997: 257 f.) stellt Folgendes fest: „Treten technikkompetente Frauen, wie EDV-Expertinnen und EDV-Profi-Frauen auf, die das dichotome Ordnungsraster trans-zendieren, dann führt dies meist nicht zu einer Überprüfung dieses Ordnungsprinzips und zu einer Einstellungsänderung bei den sozi-alen Akteuren. Vielmehr kommt es nicht selten stattdessen zu einer temporären Suspendierung einer weiblichen technikkompetenten Person von ihrer gender-Zuordnung als ‚Frau‘.“ Collmer kommt zu dem Schluss, dass Computernutzung einerseits zur Perpetuierung gender-orientierter Differenzierungen entlang der Technikkompetenz dienen kann. Andererseits kann sie aber auch ein Medium sein, um Frauen positive Impulse für ihr Selbst-bewusstsein zu geben. Unterdessen sieht Collmer die Computer-technik unter Modernisierungsgesichtspunkten als ungeeignet an, „zu einer weiteren gender-Stratifizierung entlang des Technikkrite-riums beizutragen“ (ebd.: 259). Andere Studien haben gezeigt, dass Frauen einen Ingenieurberuf bzw. einen Informatikberuf unter and-rem deshalb auswählen, um sich von weiblichen Rollenmustern zu distanzieren (Janshen/Rudolph 1987; Teubner 1989; Erb 1996). Wie Berg-Peer (1981: 107 ff.) in ihrer Untersuchung über Ingeni-eurinnen darlegt, finden sich Frauen in männerdominierten Berei-chen entweder mit ihrer Isolation ab oder sie versuchen, sich an den männlich geprägten Habitus anzupassen, indem sie sich als Aus-nahme gegenüber „den Frauen“ präsentieren. Eine andere Reaktion von Frauen auf ihren Status als Minderheit in männlich geprägten Berufen besteht darin, bestimmte stereotype Rollen einzunehmen,

125 „EDV-ExpertInnen, -Profis und -EinsteigerInnen“ (Collmer 1997: 120 ff.).

Page 219: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 222

wie die der Mutter, des Sexobjekts oder der Emanze (s. auch Kan-ter 1977; Janshen/Rudolph 1987: 229 ff.; Ruiz Ben 2005).

Auch wenn die Informatik als potenzieller beruflicher Bereich anerkannt wird, stellen manche Autor/innen fest, „dass in den Professionalisierungsprozessen berufliche Strukturen sowie stereotype Vorstellungen von ‚männlichen‘ und ‚weiblichen‘ Eigenschaften, Fähigkeiten und Lebensmustern eingehen, die eine tendenzielle Ausgrenzung von Frauen oder auch deren Festlegung auf untergeordnete Positionen bewirken können.“ (Schmitt 1992: 148). So argumentiert auch Henninger (2001: 104) auf der Basis der Er-gebnisse ihrer Untersuchung über Frauen und Männer in kleinen deutschen Software-Firmen, dass die größte Barriere für Frauen in diesen Unternehmen die „Abwertung ihrer (technischen) Fähigkei-ten sowohl in ihrer Selbstwahrnehmung als auch in der Fremd-wahrnehmung durch Kollegen und Vorgesetzte“ ist.

Auf der anderen Seite verweisen Autorinnen wie Funken (1998), Schade (1997) oder Riesin (1988) auf eine höhere Sozial-kompetenz von Frauen in der Softwareentwicklung bzw. auf diffe-renzierte geschlechtsspezifische Fähigkeiten. So argumentiert Fun-ken (1998) anhand der Ergebnisse einer empirischen Studie über Softwareentwicklerinnen in 17 deutschen Softwarehäusern, dass soziale Kompetenzen, die gemeinhin Frauen zugeschrieben wer-den, sich für die berufliche Praxis als relevant und günstig erwei-sen. Frauen sind demnach besser als Männer in der Lage, nut-zungsgerechte Software zu entwickeln, da sie das geforderte Quali-fikationsprofil eher erfüllen als ihre Kollegen (ebd.: 59). Zu diesem Qualifikationsprofil bzw. zu den Kompetenzen, die Softwareent-wickler/innen in die berufliche Praxis einbringen sollen, gehört Kommunikationsfähigkeit, um Kundenwünsche und -bedürfnisse erfassen und umsetzen zu können. Gerade Softwareentwickler be-

Page 220: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

223 Internationale Professionalität

trachten in der Studie von Funken Kommunikationsfähigkeiten als unabdingbar im Softwareentwicklungsprozess, klagen aber gleich-zeitig über Kommunikationsprobleme mit Kund/innen (ebd.: 62). Darüber hinaus konstatiert Funken (ebd.: 63) Differenzen zwischen Männern und Frauen bezüglich ihrer Einschätzungen der Bedeu-tung von Kunden/innenansprüchen für die Entwicklung von Soft-wareprodukten: „Lediglich die weiblichen Entwickler fassen die Ansprüche der Kunden als wichtige Insiderkenntnisse auf, nehmen diese ernst und halten sie auch für umsetzbar.“ Frauen fiele die in der Informatik seit Jahren geforderte Koppelung zwischen „techni-scher und sozialer Rationalität“ somit leichter als Männern. Funken (ebd.: 65) kommt zu dem Schluss: „Offensichtlich gelingt es Frauen eher, Arbeitsvorgänge und -probleme von BenutzerInnen zu erfassen, die notwendige Kommu-nikation herzustellen und zu sichern, Empathie aufzubringen und entsprechend angemessene Vorstellungen über eine Aufgabenan-forderung und ein Software-Design zu erstellen.“ Wieder andere Autorinnen gründen ihre Interpretationen über die ungleiche Situation von Frauen und Männern in der Informations-arbeit auf konstruktivistische Ansätze (Erb 1996; Schellhowe 1997; Kleinn/Schinzel 2000). Ihnen geht es um die Dekonstruktion struk-tureller und symbolischer Barrieren in IT-Organisationen (Traut-wein-Kalms 2001; Hornung 2000; Huber et al. 2002; Ruiz Ben 2002).

In ihrer Studie befragten Kleinn und Schinzel (2000) 10 Soft-wareentwickler/innen zu ihren Vorgehensweisen und ihren Einstel-lungen zu bestimmten Problemen der Softwareentwicklung. Die Autorinnen (ebd.: 2) stellen in Bezug auf die Perspektiven von Frauen und Männern in der Praxis der Softwareentwicklung fest, dass „trotz der Gemeinsamkeiten […] eine tendenziell stärkere Technikorientierung ausschließlich bei Männern zu finden [ist, und

Page 221: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 224

eine] sehr starke Anwendungsorientierung bei Frauen.“ Diese Tendenz interpretieren sie als Strategie der Abgrenzung gegen männliche Berufsbilder, die durch die Inszenierung weiblicher Ge-schlechtsidentität ermöglicht werden soll. Diese Interpretation nä-hert sich dem oben erwähnten Ambivalenzansatz und geht von ei-ner Konnotation von „Technik“ und „Gender“ in der Softwareent-wicklung aus, die auch in der Studie von Henninger (2001: 97) bestätigt wird: „Gender diente als Demarkationslinie bei der betrieblichen Ar-beitsteilung. ‚Technische‘ Aufgaben galten dabei zugleich als be-sonders wertvoll und besonders ‚männlich‘. Dabei ist durchaus nicht eindeutig, welche Aufgaben als besonders ‚technisch‘ einzu-stufen sind. Die verdeckten Auseinandersetzungen, die hierfür im Arbeitsalltag geführt werden, dienen zur Herstellung von Hierar-chien zwischen Männern und Frauen, aber auch zwischen Män-nern.“ Ruiz Ben (2002b; 2003)126 kam zu ähnlichen Ergebnissen. Stereo-type Vorstellungen von Personalverantwortlichen in Softwarefir-men sowie die Selbstdarstellung der Kompetenzen von Männern und Frauen im Projektalltag bestimmen den Zugang beider Ge-schlechter zu „weiblich“ und „männlich“ geprägten Bereichen. Männer gelten bei Personalverantwortlichen in Softwarefirmen als „technik-affiner“. Frauen hingegen werden als sozial kompetenter und kommunikativer betrachtet, und entsprechend werden sie für Tätigkeiten und Bereiche in Softwareunternehmen vorgesehen, die diese Fähigkeiten erfordern. Gleichzeitig passen sich sowohl Frau- 126 Im DFG-Projekt Num. SPP 1042 SCHI 316-6 gingen Ruiz Ben et al. im Rahmen der Studie „Professionalisierung der Informatik in Deutschland. Chance oder Hindernis für die Beteiligung von Frauen“ der Frage nach, wie sich die Informatik als Profession entwickelt (Zuständigkeitsabgrenzun-gen, Monopolisierung von Wissen) und welche Auswirkungen dies für die Inklusion bzw. Exklusion von Frauen hat. Grundlage der Untersuchung waren Interviews mit sechs Vertretern/innen der For-schung und Lehre in der Informatik, vierzehn Personalverantwortlichen in Softwarefirmen sowie neunundzwanzig Softwareentwicklern/innen.

Page 222: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

225 Internationale Professionalität

en als auch Männer diesem erwünschten Bild an,127 wodurch sie emotionale Gratifikationen erzielen und soziale Identitätskonflikte als „tokens“ – Personen in Minderheitssituationen, die als Symbole für ihre Zugehörigkeitsgruppe und nicht als Personen wahrgenom-men werden - (s. Kanther 1977) vermeiden können (Henninger 2001: 105). Dies stimmt mit den Befunden von Schmitt (1992) sowie Menez et al. (2001) weitgehend überein. Den Wunsch vieler Frauen, sozial kompetent zu sein bzw. zu erscheinen, erklärt Schelhowe (1997) dadurch, dass solche Fähigkeiten bei Frauen sozial erwünscht sind. In einer von Ruiz Ben geleiteten Studie in kleinen Multimediaunternehmen in Baden-Württemberg im Jahr 2001 wurde gezeigt, dass speziell die Multimediabranche günstige-re Einstiegsvoraussetzungen für Frauen bietet, da in diesem Be-reich sozialen und kreativen Tätigkeiten eine höhere Bedeutung beigemessen wird (Huber et al. 2003: 100). In derselben Studie wurde auch dargelegt, dass Frauen keine Aufstiegsorientierung zeigen, weil sie nicht zu dem erwarteten weiblichen Rollenverhal-ten passt. Einstiegsmuster in Organisationen spiegeln Geschlech-terdifferenzen in den Karrieretrajektorien wider, die von männer-dominierten informellen Kommunikationskanälen unterstützt wer-den. Argumentativ werden solche Einstiegsmuster in Softwareun-ternehmen durch Qualifikationsvoraussetzungen gerechtfertigt, wobei diese Argumentationslinie im Zusammenhang mit der all-gemeinen Zulassung von Quereinsteiger/innen ungültig scheint. Strukturelle Prägungen und symbolische berufliche Zuordnungen interagieren mit der Konstruktion von Geschlecht auf der Mesoebene von Organisationen, wie Funder et al. (2006) herausge-arbeitet hat. Im alltäglichen Handeln der Akteure in den Organisa-tionen werden somit symbolische Zuordnungen (re-)produziert. Dass diese Zuordnungen durchaus wechselhaft sind, wird gerade 127 Ähnlich Pongratz und Voß (2003: 81): „Vor allem die weiblichen Angestellten scheinen jenen Anspruch auf eine gleichwertige Berücksichtigung der Qualität der persönlichen Beziehungen und der inhaltlichen Aufgabenstellung in Kooperationsbeziehungen ernst zu nehmen, der in betrieblichen Kooperationstrainings propagiert wird.“

Page 223: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 226

dadurch deutlich, dass Programmierarbeit bis in die sechziger Jahre hauptsächlich von Frauen verrichtet wurde, während die als wichti-ger angesehene Hardwareprogrammierung den Männern überlassen war (Schinzel 1999; Winker et al. 2000). Auch Programmierspra-chen wurden zu einem Gutteil von Frauen entwickelt128 (Swadosch/Ruiz Ben 2002; Ruiz Ben/Schinzel 2002).

Neben solchen symbolischen Zuordnungen zeigen die Ergeb-nisse der Untersuchung über die Professionalisierung der Informa-tik in Deutschland und die Chancen für die Beteiligung von Frauen (Ruiz Ben 2005), dass neben der Organisationskultur vor allem die Unternehmensgröße relevant ist für Qualifikationsanforderungen und Tätigkeitsprofile. Die Aufteilung und organisatorische Tren-nung von Arbeitsbereichen hängt eng mit der Unternehmensgröße zusammen. So sind zum Beispiel in kleinen Softwarefirmen die Anforderungen an das Personal vielfältig. Heterogene Qualifikatio-nen und Kompetenzen werden hier nachgefragt, sodass berufser-fahrene „Allrounder“ bzw. Generalisten/innen bei der Einstellung oft bevorzugt werden, da weder Zeit noch Mittel zur Verfügung stehen, um Personal selbst aus- oder weiterzubilden. Auf diese Weise entsteht in kleinen Firmen durch den begrenzten Handlungs-spielraum und durch die geringe Formalisierung bzw. Standardisie-rung von Einstellungskriterien mehr Raum für Stereotypisierungen (s. dazu Allmendinger/Podsialowski 2001).

Als die größten Aufstiegsbarrieren für Frauen in kleinen deut-schen Software-Firmen erweisen sich nach Annette Henninger (2001) zum einen die männlichen Kollegen und Vorgesetzten und zum anderen die Frauen selbst, indem sie die eigenen technischen Fähigkeiten im Allgemeinen abwerten. In größeren Betrieben ist

128 Eine ausführliche Darstellung der Rolle von Frauen in der Geschichte der Informatik findet sich auf der Internetseite: http://www.frauen-informatik-geschichte.de/web/ (Zugriff: 10.2.2011). Auf dieser Internetseite werden die Ergebnisse des von Veronika Oechtering am Fachbereich 3 – Mathe-matik und Informatik – der Universität Bremen geleiteten Projektes „Frauen in der Geschichte der Informationstechnik“ dargestellt. Dieses Projekt wurde vom Bundesministerium für Familie, Senio-ren, Frauen und Jugend gefördert.

Page 224: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

227 Internationale Professionalität

eine stärkere Arbeitsteilung üblich, Qualifikationsansprüche sind höher und die Einstellungs- sowie Förderungskriterien bzw. Karrie-repfade sind formalisierter. Gleichzeitig tritt ab einer gewissen Or-ganisationsgröße eine stärkere Segregation auf, die mit der Spezia-lisierung und Abgrenzung von Zuständigkeitsbereichen verbunden ist. Die Spezialisierungstendenz in diesen IT-Organisationen be-günstigt den Zugang von Frauen zu bestimmten Positionen und verschlechtert die Zugangschancen zu anderen. Die Allokations-praxis aller Beteiligten spielt hier eine entscheidende Rolle, da ste-reotype Vorstellungen von Personalverantwortlichen darüber, wer ins Unternehmen „passt“, bei der Einstellung von Fachkräften seg-regierende Effekte erzeugen. Männern wird von Personalverant-wortlichen in IT-Firmen in stärkerem Maße Technikaffinität zuge-schrieben.

Eine entsprechende geschlechtsbezogene Segregation in IT-Start-ups hat die Studie von Schraps und Hoff (2005: 318) nachge-wiesen. Frauen sind in Randbereichen von Unternehmen wie Gra-fikdesign, Marketing, Vertrieb und Öffentlichkeitsarbeit sowie Fi-nanzen, Beratung und Personal stärker repräsentiert als Männer.

Die angesprochenen Forschungsarbeiten belegen, dass die Un-terscheidung zwischen „sozialen“ und „technischen“ Tätigkeiten in der Informationsarbeit an die Konstruktion von mehr oder weniger naturalisierten geschlechtsbezogenen Kategorisierungen gekoppelt ist. Allerdings erfordert der Innovationsdruck in der Branche eine permanente Interaktion zwischen verschiedenen Fachgebieten und Sichtweisen – auch aus internationaler Perspektive –, um For-schungs- und Spezialisierungspotenziale, von denen Innovationen entscheidend abhängen (Castells 2003: 273), optimal zu unterstüt-zen. Die Grenzen zwischen relativ „professionalisierten“ Gebieten und solchen, die in ständiger Transformation sind und sich neu bilden, sind demnach keinesfalls statisch. Vielmehr vernetzen sich die Aufgabenbereiche im globalen Raum zunehmend. Hier ist zu klären, ob die naturalisierten, Frauen zugeschriebenen Fähigkeiten

Page 225: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 228

durch die Einführung entsprechender Weiterbildungsmaßnahmen in Zukunft eine Standardisierung erfahren und dadurch innerhalb der Organisationskulturen auch zunehmend als „achievements“ (Sørensen 2002) gelten werden. Die essenzialistische Deutung von sozialen Kompetenzen als typisch „weiblichem Talent“ würde auf diese Weise mittelfristig entkräftet und Männer könnten dieses Aufgabengebiet verstärkt besetzen. Angesichts der voranschreiten-den Internationalisierung der IT-Branche erscheint eine Recodierung des „social/technical divide“ naheliegend. Offen ist, wer in den Herrschaftsgefügen der Unternehmen Machtpositionen für sich beanspruchen können wird.

Angesichts der Ergebnisse der kommentierten Studien über Professionalität, Karriere und Geschlecht in der Informationsarbeit muss man die allgemein optimistischen Erfolgsaussichten bezüg-lich der Beteiligung von Frauen in diesem heterogenen und hoch dynamischen Arbeitsfeld relativieren. Begriffe wie „Flexibilität“, „Autonomie“ oder „Mobilität“, die für die vermeintliche Offenheit der IT-Branche stehen und Assoziationen von Jugendlichkeit und Emanzipation wecken, verschleiern eher die Persistenz von Aus-grenzungsmechanismen. Auch wenn sich diese Ausgrenzungsme-chanismen verändern, wirken sie nach wie vor insbesondere ge-genüber Frauen, variieren aber durchaus je nach Organisation, Ar-beitsfeld und nationalem Standort und interagieren mit anderen Kategorien wie Alter und Qualifikation sowie Nationalität (McCall 2001). Folgende Merkmale können genannt werden:

Einerseits verlieren formale technische Qualifikationen als ex-klusives Wissen für neue Tätigkeiten in der IT-Branche an Bedeu-tung, was zugleich dazu führt, dass die Kompetenzanforderungen offen für unklare Definitionen und damit für Stereotypisierungen bleiben (s. dazu Ruiz Ben 2002). Der Zusammenhang zwischen der extremen Halbwertszeit des Wissens in der Informatik und den Unterschieden in den Ausbildungs- bzw. Erwerbsbiografien von Männern und Frauen – einerseits von Allokationsakteur/innen anti-

Page 226: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

229 Internationale Professionalität

zipiert und andererseits von strukturellen Bedingungen abhängig – betrifft das Geschlechterverhältnis bzw. die Kontinuität von Ge-schlechterasymmetrien in der Informationsarbeit direkt. Professio-nalität wird bei (neuen) Tätigkeiten in der IT-Branche (wie im Multmediabereich, IT-Beratung oder Callcentern) eher an die In-szenierung interpretierbarer Elemente gebunden (s. dazu Pfadenhauer 2005), die beliebig mit Technikbegriffen konnotiert wird. Obschon der Bedarf an „Gefühlsarbeit“ (im Sinne von Ostner) im expandierenden Dienstleistungsbereich der IT-Branche und damit in einem großen Teil der Informatik vor allem in der letzten Dekade stark gewachsen ist, wird die Frauen als natürliches Talent zugeschriebene Sozialkompetenz nicht als relevante Fähig-keit anerkannt (s. dazu Henninger 2001; Huber et al. 2003). Dem-gegenüber verankern sich Begriffe wie „technisches Know-how“ verbunden mit Praxiserfahrung als professionelles Selbstverständ-nis in Anwendungsfeldern des IT-Bereichs (s. dazu Ruiz Ben 2002). Die Schwierigkeit der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben angesichts der Arbeitsbedingungen in der Branche (s. dazu Traut-wein-Kalms 2001: 97 ff.) begünstigt die Bevorzugung eines Mitar-beitertypus, dessen tatsächliche von den vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten weit entfernt sind. Damit zeigt sich eine Korrelation zwischen Individualisierung, Jugendlichkeit, Arbeits(in)stabilität und Geschlecht. Vor allem in kleineren Betrieben der IT-Branche sind mehrheitlich junge männliche Arbeitskräfte beschäftigt. Das liegt zum einen an in der Branche gängigen Stereotypen, in denen die Vorstellungen von Innovation und Jugendlichkeit (Berndes et al. 2002) oder von „technischem Know-how“ mit Männlichkeit eng verbunden sind, zum anderen aber auch an Kostengründen und mangelnden Weiterbildungsmöglichkeiten: Je kleiner die IT-Unternehmen sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie in ihr Humankapital investieren (können), sei es durch Weiterbildungs- oder andere Maßnahmen, die den Verbleib der Beschäftigten im Betrieb sichern, wie etwa finanzierte Pausen aus familiären Grün-

Page 227: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 230

den). Damit werden Frauen zunächst wegen Stereotypisierungen von Mutterschaft als beruflich unvereinbar implizit aus diesen Or-ganisationen ausgeschlossen (Ruiz Ben 2003).

Die individuelle Orientierung und Motivation hoch qualifizier-ter Angestellter mit heterogenen Qualifikationshintergründen prägt den IT-Bereich zunehmend (Trautwein-Kalms 1991; 1995; Boes/Marrs 2003). Dadurch werden Möglichkeiten zur Interessen-vertretung der Beschäftigten in der Branche erschwert. Arbeitszeit-regelungen oder formalisierte Maßnahmen zur besseren Vereinbar-keit von Leben und Beruf gibt es daher umso weniger, je kleiner die Unternehmen sind (s. auch Menez et al. 2001; Huber et al. 2003). Gerade in großen Betrieben zeichnen sich jedoch arbeits-rechtliche Neunormierungen ab, in denen der Einfluss gewerk-schaftlicher Institutionen und Verbandsorganisationen stärker ist (s. Boes 2003). Ob es zu einer weitergehenden Entgrenzung des soge-nannten „Normalarbeitsverhältnisses“ kommt und wie sich dies auf die Geschlechterverhältnisse auswirkt, ist derzeit aber noch offen.

Mit der Internationalisierung und der damit verbundenen star-ken Tendenz von großen IT-Konzernen zum Outsourcing von Tä-tigkeitsbereichen geht eine ständige Redecodierung von Tätigkeiten und Kompetenzzuschreibungen einher. Wie ich oben kommentiert habe, wächst die Nachfrage nach Arbeitskräfte in der immer diver-sen Informationsarbeit kontinuierlich. Sowohl die Definition von Arbeit als auch die (Um-)Deutung von Geschlechtlichkeit im Ar-beitsprozess wird davon tangiert. Hier kann an Thesen zur Kon-struktion von Differenz bzw. Distinktion zur Herstellung von Hie-rarchien zwischen den Geschlechtern angeknüpft werden (s. dazu Wetterer 1995; 2003; Teubner 1992; Roloff 1989; Heintz et al. 1997). Doch die weitere Entwicklung einer solchen Hierarchisie-rung in Bezug auf den Zusammenhang von Macht, Geschlecht und Technik in der Informationsarbeit ist unklar.

Wie der Überblick über die einschlägig Literatur gezeigt hat, zeichnet sich eine Tendenz zur Distanzierung von Ansätzen ab, die

Page 228: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

231 Internationale Professionalität

Frauenängste und -defizite gegenüber Technik thematisieren. Die aktuellen Studien richten sich auf die Analyse der dynamischen Verbindung zwischen der Konstruktion von Geschlechterbedeu-tungen in den Organisationen und dem strukturellen Wandel der Arbeit. Allerdings ist die Anzahl der Untersuchungen, die aus die-ser Perspektive in den letzten Jahren durchgeführt wurden, noch sehr gering (Menez et al. 2001; Huber et al. 2003; Henninger 2001; Ruiz Ben 2002; 2003; 2005; Winker 2001; Funder et al. 2006). Diese Studien konzentrieren sich häufig auf die Situation in Unter-nehmen der sogenannten „New Economy“ oder auf die Software-entwicklung. Forschungen über die Situation von Frauen im Hard-warebereich fehlen bisher ebenso wie vergleichende Analysen über die Konstruktion von Geschlechterbedeutungen, Hierarchisierun-gen und Tätigkeitszuteilungen in Unternehmen mit verschiedenen Charakteristika innerhalb der IT-Branche.129 Dass die amtliche Sta-tistik zur Situation in der IT-Branche im Allgemeinen mangelhaft ist (s. dazu Dostal 2001; 2006) und insbesondere zur Situation von Frauen kaum Daten vorliegen, erschwert weitere Untersuchungen. Darüber hinaus fehlt es noch an Feldforschungen in IT-Unternehmen verschiedener Größe über die Konstruktion von Ge-schlechterbedeutungen im Alltag von Softwareprojekten sowie an Langzeitstudien über Karriereverläufe von Informatikerinnen. Wel-che Rolle spielt Geschlecht in verschiedenen IT-Organisationen? Welche intervenierenden Variablen sind dabei wirksam? Wie rea-gieren Frauen und Männer (auch langfristig) auf die zunehmende Selbst-Rationalisierung, Selbst-Ökonomisierung und Selbst-Kon-trolle in der IT-Branche? Welche Auswirkungen zeigen diese Fak-toren auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und weiterhin auf Wertehierarchien in Beruf, sozialen Beziehungen, Familie und Freizeit? 129 Als Ausnahme ist hier die noch nicht abgeschlossene Studie von Funder et al. „Geschlecht, Arbeit und Mitbestimmung in der IT-Industrie. Eine empirische Studie über Geschlechter- und Arbeitsbe-ziehungen in der IT-Industrie“ zu nennen; vgl. http://www.staff.uni-marburg.de/~funder/IT-Projekt/welcome.html (Zugriff: 27.07.2009).

Page 229: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 232

Die Untersuchung von Winker et al. (2001) in Baden-Württemberg hat etwas Licht in die Dunkelheit dieses Forschungs-gebiets gebracht, doch die langfristigen Wirkungen von Telearbeit auf die berufliche Karriere von Frauen und Männern sowie auf ihre Lebensverläufe wurden bisher noch nicht erforscht. Genauso wenig ist über die Wirkungen bekannt, die Weiterbildung innerhalb von IT-Unternehmen und durch externe Anbieter auf die Berufskarrie-ren und den Verbleib von Personen mit Erziehungsverantwortung (in Deutschland sind dies mehrheitlich Frauen) im Erwerbsleben hat. Die Chancen, die Tele-Learning bzw. Blended Learning (Kombination von virtuellem und nicht-virtuellem Lernen) in die-ser Hinsicht eröffnen, sollten analysiert werden, um mögliche Mo-delle zur Vereinbarkeit von Arbeit und Leben zu entwickeln.

Es ist weiterhin wichtig zu untersuchen, ob mit der zunehmen-den Einbeziehung von Kunden/innen in den Softwareentwick-lungsprozess auch die Wertschätzung der Beschäftigten und insbe-sondere der Frauen) zukünftig steigt. Mit anderen Worten, wie werden technische und soziale Gebiete der Softwareentwicklung (in Bezug auf Professionalitäts- und damit auf Qualitätskriterien) kombiniert und welche Gendering- bzw. De-Gendering Prozesse sind zu erwarten? Inwieweit gestalten Frauen professionelle "jurisdictions", Karrierewege und Professionalität in der Informati-onsarbeit? In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, welche Konsequenzen für die Konstruktion von Geschlechterbe-deutungen bzw. -asymmetrien mit der zunehmenden Umsetzung von Outsourcing und Offshoring der IT-Branche verbunden sind.

Page 230: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

233 Internationale Professionalität

III.1.5 Die Beteiligung von Frauen in der Informationsarbeit in Deutschland

Der Fachkräftemangel führt dazu, dass Frauen in der labour-queue130 (Reskin/Roos 1990) hoch rücken. In der Informationsar-beit impliziert der Fachkräftemangel prinzipiell eine Chance für den Zugang zum IT-Arbeitsmarkt, der aber durch Professionalisie-rungs- sowie Internationalisierungsprozesse von IT-Informations-arbeit relativiert wird. Nach einer offenen Phase der Ausdifferen-zierung verschiedenster Tätigkeitsbereiche in der IT-Branche, wer-den diese Bereiche mittlerweile immer stärker in Hinblick auf Pres-tige, Karriereoptionen und Einkommen strukturiert. Dadurch wer-den Mechanismen sozialer Schließung und Monopolisierungen von Tätigkeitsbereichen aktiviert. So zeigt zum Beispiel eine Studie von GULP (2003), eines im IT-Bereich tätigen Projektvermitt-lers,131 über Frauen im IT-Projektmarkt, dass der Frauenanteil in folgenden Tätigkeitsbereichen am höchsten ist: IT-Training, IT-Beratung, Projektleitung und Qualitätssicherung. Das Wachstum des Dienstleistungssegments in der IT-Branche begünstigt die Ein-stellung von Frauen für bestimmte Tätigkeiten. Kommunikations-fähigkeit wird Frauen automatisch als soziale Kompetenz zuge-schrieben, ihnen als gewissermaßen ‚natürliche‘ Ressource von Weiblichkeit unterstellt (Mengel-Belabbes 1998) und dementspre-chend nicht als Zusatzqualifikation belohnt. Für den Zugang zu als ‚technisch‘ konnotierten Bereichen der Informationsarbeit (wie Systementwicklung und -integration) wird ein Studienabschluss in Informatik vorausgesetzt. In diesen Bereichen ist die Zulassung von Quereinsteigern/innen begrenzter als in Anwendungsgebieten 130 ‘Job-queue’ oder Arbeitsplatzschlange bezieht sich auf die Bewertung von Arbeitsplätzen durch den Arbeitnehmer/innen nach bestimmten Attraktivitätskriterien wie Einkommen oder Prestige und auf die Arbeitnehmer/innen Versuch nach den nach diesen Kriterien hoch bewerteten Arbeitesplätzen zu gelagen. ‘Labor-queues’ (Arbeitskräfteschlangen) verweisen andererseits auf die Klassifizierung von Arbeitskräften durch Arbeitgeber/innen auf der Basis bestimmten Kriterien wie Geschlecht, Qualifikation, etc. (vgl. Reskin/ Roos 1990). 131 S. http://www.gulp.de (Zugriff: 11.2.2011).

Page 231: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 234

und hauptsächlich Absolventen/innen technischer Fachbereiche vorbehalten (Dostal 2002; Ruiz Ben 2003; CDI 2002). Frauen fin-den einen Zugang zum Arbeitsgebiet der Softwareentwicklung häu-fig noch über ein Mathematik-Studium (Erb 1993). Oder sie umge-hen eine akademische Ausbildung und gelangen dann im Laufe ihrer Berufspraxis in diejenigen Anwendungsbereiche, in denen durch den direkteren Kundenkontakt soziale Kompetenzen wesent-lich werden (Ruiz Ben 2005). Allerdings treffen Männer mit Ab-schlüssen im Ingenieur- oder Informatikbereich auf bessere Ar-beitspositionen als Frauen mit der gleichen Ausbildung (Pflicht/Schereyer 2002).132 In der historischen Entwicklung der Informatik – vom wenig technisch konnotierten Fachgebiet bis zur heutigen Zweiteilung in einen eher technisch orientierten Bereich und einen Anwendungsbereich – lassen sich Mechanismen erken-nen, die sich womöglich negativ auf die Beteiligung von Frauen auswirken (Schmitt 1992: 147). Wie bereits erwähnt, wirkt die im-mer noch weit verbreitete Selbstdarstellung der Informatik als in-genieurwissenschaftliches Tätigkeitsfeld mit technischem Charak-ter als geschlechtsspezifische Zugangsbarriere in Erwerbsbereichen der Informatik, was sich in dem geringen Anteil von Frauen in technischen Arbeitsbereichen widerspiegelt (Ruiz Ben 2005).

Die vergleichende Studie von Shire (2007) über die Konzeptualisierung von Aktivitäten der neuen Wissensökonomie aus Gender-Perspektive zeigt eine aktuelle berufliche Geschlech-tersegregation der Informationsarbeit in allen untersuchten Ländern (Großbritannien, Deutschland, Japan und USA). Die Frauenbeteili-gung konzentriert sich auf eine kleine Zahl von Tätigkeiten in nied-rig qualifizierten Bereichen innerhalb der beruflichen Struktur der IT-Branche. Für Deutschland weist die Studie auf der Basis des

132 „Anteilig doppelt so viel angestellte Frauen wie Männer geben im Mikrozensus nur einfache und mittlere Positionen an (44% zu 22%). 65 Prozent der Männer im Vergleich zu 55 Prozent der Frauen nehmen verantwortlich-qualifizierte Positionen ein. Höhere Führungspositionen werden von drei-zehn Prozent der angestellten Männer besetzt. Frauen sind hier so selten vertreten, dass aus Grün-den zu geringer Fallzahlen keine Angaben gemacht werden können.“ (Pflicht/Schreyer 2002: 2).

Page 232: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

235 Internationale Professionalität

Mikrozensus-Daten aus, dass es keine Tätigkeitsgruppe (occupation) mit einem Frauenanteil über 60% gibt und dass ledig-lich die „software application technicians“ mit einem Frauenanteil von 40 bis 60% als gemischter Bereich gelten können. Andere Be-reiche wie „computer scientists, software developers (various), data proessing (various) sowie computer services and sales“ sind mit einem Männeranteil unter den Beschäftigten von über 60% hinge-gen männerdominiert. Was die Arbeitszeit angeht, sind Frauen die-ser Studie zufolge in der Teilzeitarbeit in Deutschland generell (84%) und auch in der IT-Branche (69,4%) überrepräsentiert (Shire 2007: 73).

III.2 Analyse der Arbeitsorganisation im Zusammenhang mit der Internationalisierung von Informationsarbeit

Ziel der in dieser Arbeit vorgestellten Untersuchung133 ist es, auf beschäftigungspolitischer und alltagspraktischer Ebene zu analysie-ren, welche Wirkungen die internationalisierungsbedingte Ver-schiebung von Machtzentren und -quellen in der Informationsarbeit auf die Arbeitsorganisation bzw. Arbeitsteilung, auf Kontrollfor-men der Arbeit und des Wissens sowie auf Asymmetriemuster be-sonders in Bezug auf Geschlecht hat.

133 Die Untersuchung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft von 2005 bis 2008 geför-dert. In dem Projekt (Initak: Internationalisierung der IT-Branche: Auswirkung auf Kategorisierungs-prozessen) haben Martina Maletzky, Michaela Wieandt, Michaela Thoma und Dennis Sztuka mitge-arbeitet. Die Autorin hat sowohl die Experteninterviews als auch die Gruppendiskussionen und Hospitationen in den Firmen zusammen mit Martina Maletzky oder mit Michaela Wieandt durchge-führt. An der Beschreibung der Fälle Gamma und Delta sowie Beta 1 haben sich Martina Maletzky und Dennis Sztuka beteiligt. Darüber hinaus hat Dennis Sztuka auch die Stellenanzeigenanalyse im Fall Beta 1 unterstützt. An der Beschreibung der Fälle Alpha 1 und 2 sowie Delta haben Michaela Wieandt und Michaela Thoma mitgewirkt. Zur Stellenanzeigenanalyse von Alpha 1 und 2 hat Mi-chaela Thoma beigetragen. In zahlreichen internationalen und nationalen sowie firmeninternen Workshops wurden die Untersuchungsinstrumente sowie die Zwischenergebnisse kontinuierlich diskutiert. Auch innerhalb der Forschungsgruppe wurden die Auswertungen der Autorin regelmäßig mit den Sichtweisen der Mitarbeiter/innen verglichen und debattiert, um die Analysen zu validieren.

Page 233: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 236

Dabei gilt es insbesondere zwei Thesen zu überprüfen. Die ers-te These bezieht sich auf die Beschäftigungspolitik: Durch die Internationalisierungs- und Offshoringprozesse in IT-Firmen erge-ben sich neue prestigeträchtige Tätigkeitsbereiche und Machtfelder. Dadurch werden die Machtzentren im Professionalisierungsprozess der Softwareentwicklung recodiert. Die Entscheidungen interner Akteure (Personalverantwortliche und Personalräte/innen) sowie externer Akteure (Berater/innen) über personelle und ideelle Allo-kationen der Fachkräfte bzw. über die Kategorisierungen der Ar-beitsbereiche sollen diese These anhand von Personaldaten sowie von Experteninterviews reflektieren.

Leitende Forschungsfragen in diesem Zusammenhang sind: – Welche Tätigkeiten verbleiben im Zusammenhang mit Outsour-

cing- und Offshoring-Praktiken in Deutschland und nach wel-chen Kriterien werden die Tätigkeiten selektiert?

– Inwiefern ändern sich die Qualifikationsanforderungen an Be-schäftigte und Neueinzustellende?

– Welche internen Weiterbildungsmaßnahmen werden in diesem Kontext entwickelt und welche Rolle spielen Schulungen im Be-reich Soft Skills? Wie werden diese in den Organisationen stan-dardisiert und kulturalisiert?

Die zweite These bezieht sich auf die Alltagspraxis: Interne Akteu-re in Organisationen passen ihre Handlungspraktiken an die neuen Rahmenbedingungen an, wodurch Machtkonstellationen (bezogen auf Geschlecht, Alter oder Qualifikation) erhalten bleiben. Diese These soll durch die Aussagen von Softwareentwicklern/innen, Projektleitern/innen und Qualitätsmanagern/innen sowie die Hospi-tationen in den Unternehmen reflektiert werden.

In diesem zweiten Themenschwerpunkt stellen sich folgende leitenden Forschungsfragen: – Welchen Stellenwert haben in diesem Zusammenhang Ge-

schlechterrollen in verschiedenen IT-Organisationen?

Page 234: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

237 Internationale Professionalität

– Welche intervenierenden Variablen spielen bei Stratifizierungs- und Hierarchisierungsprozessen bzw. bei dem Zugang zu Auf-stiegschancen oder beim Verbleib innerhalb von IT-Organisationen eine wichtige respektive die wichtigste Rolle?

– Wie reagieren Frauen und Männer auf die Anforderungen der IT-Branche wie die zunehmende Selbst-Rationalisierung, -Ökonomisierung, -Kontrolle (Pongratz/Voß 2003)?

– Welche Auswirkungen zeigen diese Faktoren auf die Vereinbar-keit von Arbeit und Leben und weiterhin auf die Wertehierar-chien im Hinblick auf den Beruf, soziale Beziehungen, Familie und Freizeit?

Auf diese Leitfragen fokussiert die folgende Analyse der Arbeits-organisation in sechs internationalen IT-Unternehmen.

Um eine Typologisierung der Unternehmen zu entwickeln, konzentriere ich mich auf ihre Beschäftigungspolitiken und Profes-sionalitätsformen. Auf der Basis der im letzten Kapitel dargestell-ten theoretischen Grundlage operationalisiere ich die drei Haupt-dimensionen der Strukturation der Arbeitsorganisation in der In-formationsarbeit wie folgt:

Tabelle 1: Operationalisierung der Dimensionen der Arbeitsorganisation

Page 235: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 238

(Signifikation: Regeln der Sinnkonstitution)

Konstruktion beruflicher Identitäten (Gemeinschaftsidentität von Experten/innen im Unternehmen und außerhalb) und interpretative Schemata bez. asymmetrische (Geschlechter)verhältnisse

(Herrschaft: Autoritativ-administrative und allokative Ressourcen)

Verbindungen zwischen Arbeit und organisierter Arbeitspraxis (Definitionsmacht von Tätigkeiten, Expertise, Karriereoptionen und Arbeitsfeldern) und Zuschreibungen von Tätigkeiten, Expertise und Karriereoptionen (z. B. als männlich/weiblich)

(Legitimation: Regel der Sanktionierung von Handeln)

Mechanismen für die Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis und der beruflichen Entwicklung (Rhetorik der normativen Kontrolle. Symbolisches Handeln.) und normative Vorstellungen über Egalität (z. B. zwischen Frauen und Männern)

Beschäftigungs-politik

Arbeitsinzentive

• Weterbildungsinzentive

Karrierechancen und -inzentive

• Tätigkeitsdefinition und -allokation

• Arbeits- und Wissensanforderungen (Expertise)

• Karriereoptionen

• Arbeitskontrolle (Rolle von Qualitätsmanagementssystemen)

• Wissenskontrolle (Transferierbarkeit von Expertise, Zertifikate)

• Bewertungskriterien für Karrierestufen

Arbeitspraxis • Engagement mit Weiterbildung

• Identiffition mit Organisation bzw. communities of practice. Karrierewahl

• Engagement in der Definition von Tätigkeiten und Arbeitsräume

• Wahrnehmung und Nutzung von Karriereoptionen

• Engagement in der Entwicklung von Qualitätsmanagementssystemen

• Engagement in Wissensentwicklung bzw. -standardisierung

Die drei Dimensionen (Signifikation, Herrschaft, Legitimation) wurden als Ausgangspünkte für die Feldarbeit sowie für die Analyse vorgenommen so dass, die Materialien bezogen auf beiden Ebenen Bechäftigungspolitik und Arbeitspraxis im Zusammenhang mit erstens der Verbindung zwischen Arbeit und organisierter

Page 236: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

239 Internationale Professionalität

Praxis, Arbeits- und Wissensanforderungen sowie Karriereoptionen (Herrschaft), zweitens Mechanismen der Kontrolle und Legiti-mation der Arbeitspraxis (Legitimation), drittens Konstruktion beruflicher Identitäten (Signifikation) und viertes als Quer-dimensionen Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien sowie Vereinbarkeit von Arbeit und Leben klassifiziert wurden. Diese Operationalisierung ermöglichte darüber hinaus einen Vergleich zwischen den Fallstudien sowie die weitere Typolo-gisierung von Professionalität.

III.2.1 Methodologische Grundlagen der Studie

Zur Überprüfung der Thesen und Beantwortung der Forschungs-fragen wurden explorative Fallstudien auf der Grundlage qualitati-ver und quantitativer Methoden durchgeführt. Auf der Ebene der Beschäftigungspolitik sollen interne (Personalverantwortliche und Betriebsräte in IT-Organisationen) und externe Akteure (Bera-ter/innen) ihre Entscheidungen über personelle und ideelle Alloka-tionen von Fachkräften und Kategorisierungen von Arbeitsberei-chen bei qualitativen Experteninterviews reflektieren. Auf der Ebe-ne der Alltagspraxis sollen Softwareentwickler/innen, Projektlei-ter/innen und Qualitätsmanager/innen über internationalisierungs-bedingte Veränderungen ihres Arbeitsalltags im Rahmen von quali-tativen Experteninterviews reflektieren, was durch Hospitationen in Form von teilnehmender Beobachtung ergänzt wurde. Diese Daten wurden mithilfe der Triangulationsmethode (Flick 2004: 15 f.) kombiniert. Interne Daten aus dem Mutterkonzern von drei der ausgewählten Firmen für die Fallstudienanalysen brachten zahlrei-che Informationen über die Beteiligung von Frauen und Männern sowie über ihren Tarifstatus und ihre Qualifikationen in den unter-schiedlichen Firmen, die allerdings auf ein einzelnes Jahr be-schränkt sind. In dieser ersten explorativen Phase der Untersuchung wurden darüber hinaus die Broschüren, Berichte, Homepages so-

Page 237: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 240

wie Stellenanzeigen der Firmen analysiert, die kontinuierlich im Laufe der gesamten Untersuchung regelmäßig erneut überprüft wurden. Daraus ließen sich Informationen entnehmen über die Kul-tur der Firmen, ihre Prioritäten und Orientierungen bezüglich der Kundschaft und des Marktes, einschließlich der spezifischen inter-nationalen und lokalen Arbeitsmärkte, auf die sie sich beziehen. Sie dienten unter anderem der Ausarbeitung der Leitfäden für die In-terviews mit den oben genannten Experten/innen auf den jeweili-gen Ebenen sowie Instrumente für die Gruppendiskussionsführun-gen und Hospitationen in der zweiten Phase der Studie. Darüber hinaus wurden diese vorbereitenden Arbeiten dafür verwendet, einen ersten Fallvergleich durchzuführen und damit die Firmen vor dem Hintergrund ihres jeweils spezifischen Segmentkontextes in-nerhalb der Branche zu verstehen. Mit der dritten Untersuchungs-phase wurde eine Zeittriangulation der Daten initiiert: Zunächst wurden die Experteninterviews durchgeführt und sukzessive tran-skribiert, sodass die prozessuale Analyse und Reflexion neuer Er-kenntnisse in der Forschungsgruppe und in externen Kolloquien und Firmenpräsentationen für die Präzisierung der Leitfäden und Untersuchungsinstrumente für die Erhebungen im zweiten Zeit-punkt der Zeittriangulation verwendet werden konnten. In diesem zweiten Zeitpunkt der Datentriangulation wurden die Gruppendis-kussionen durchgeführt und analysiert, sodass die Hospitationen in den Firmen auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse erfol-gen konnten. In der vierten Untersuchungsphase wurden dann die analysierten Fälle miteinander trianguliert und diskutiert sowie in den Firmen selbst validiert. Die verschiedenen Materialien wurden entlang der in Tabelle 1 gezeigten Operationalisierungsaspekte ausgewertet, die auf der Basis der im zweiten Teil dieser Arbeit zusammengefassten theoretischen Grundlagen fallübergreifend auf vier Hauptdimensionen verdichtet wurden: erstens die Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis, zweitens die Mechanis-men der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis, drittens

Page 238: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

241 Internationale Professionalität

die Konstruktion beruflicher Identitäten und viertens die Asymmet-rie zwischen Mitarbeiter/innen in Bezug auf Zugang, Integration und Karrierechancen. In einem zweiten Schritt wurde auf der Grundlage der Charakteristika der internationalen Beschäftigungs-politiken eine Typologie entwickelt, die wiederum die Basis für eine Typologisierung von Professionalitäts-, Karriere- und implizi-ten Asymmetrieformen bildete.

III.2.2 Beschreibung der für die Fallstudien ausgewählten Firmen

Es wurden deutsche Firmen ausgesucht, die ihren Hauptumsatz jeweils durch die Herstellung von Hardware-, Software- oder Tele-kommunikationsprodukten bestreiten, sich selbst in diese Bereiche einordnen sowie mehr als 1.000 Beschäftigte haben. Darüber hin-aus wurden zwei IT-Dienstleistungsfirmen in die Analyse einbezo-gen, weil dieses Segment innerhalb der IT-Branche sehr schnell wächst und an Bedeutung gewinnt (BITKOM 2006; EITO 2006). Aus drei großen Mischkonzernen wurden fünf Tochterfirmen134 ausgewählt, die jeweils den drei Bereichen Software, Telekommu-nikation und IT-Dienstleistungen zugeordnet sind sowie eine Hardwarefirma.

134 Zwei der Konzerne (Alpha, Gamma) sind in operative Einheiten (Geschäftsbereiche) gegliedert, die den Status von Tochterfirmen haben. Über ihnen befindet sich jeweils die Konzernmutter mit einem Zentralvorstand und übergreifenden administrativen Funktionsbereiche. Die mit Bereichsvor-ständen ausgestatteten Tochterfirmen verfügen zusätzlich über eigene administrative Einheiten. Beta 1 wurde von Beta aufgekauft und ist weiterhin eine selbstständige Tochterfirma. Delta wurde zunächst von Alpha ausgegliedert und ist seit über zehn Jahren selbstständig.

Page 239: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 242

Tabelle 2: Übersicht über die Feldarbeit

ÜBERSICHT FELDARBEIT

Software Telekommunikation

Dienstleistung

Hardware

Externe Beratung

Mutterkonzerne

Alpha (1 Global PV + 1 Leiterin internationaler Weiterbildung)

Beta (1 PV)

Alpha (Gamma) Alpha

Alpha III Beta I Alpha I Gamma I Alpha II Delta 3 IT Berater

Personalverantwortliche 1 2 (Deutschland und Polen)

1 1 1 1 PV (+ 1Vizepräsident)

Qualitätsmanager/innen 1 1 1 1 1 1 Projektleiter/innen 1 2 4 (1 Deutschland, 1

Österreich, 2 Rumänien)

1 2 1

Softwareentwickler/innen

3 1 3 (2 Extern: Bratislava+ Brasov)

2 2 2

Betriebsrat/innen 1 1 1 1 4 Gruppendiskussionen 1 2 (1 Deutschland +

1 Rumänien) 1

3 Hospitationen 1 1 1

Tabelle 2 zeigt eine Übersicht der durchgeführten Feldarbeit. Die oberste Zeile enthält die Bereiche des IT-Sektors, zu dem die aus-gewählten Organisationen jeweils gehören. Die zweite Zeile nennt die jeweiligen Mutterkonzerne. Alpha ist ein großer Konzern im Bereich Elektronik und Elektrotechnik, der mit 475.000 Mitarbei-ter/innen in rund 190 Ländern tätig ist. Hier wurden zwei Inter-views durchgeführt, die uns wichtige Hintergrund- und Überblicks-informationen über die Beschäftigungspolitik (u. a. Personaldaten und Informationen über die Entwicklung von konzernübergreifen-den Online-Weiterbildungssystemen), die Personalentwicklung und die Unternehmenskultur im Konzern und den Töchtern vermittelt haben und so zur Vorbereitung der Interviews in den Tochterfirmen (Alpha 1, 2 und 3) genutzt werden konnten. Beta ist ein weltweit agierender Dienstleister für Management- und IT-Beratung, Tech-nologie sowie Outsourcing und beschäftigt derzeit weltweit rund 60.000 Mitarbeiter/innen. Gamma ist ein deutscher Telekommuni-kationskonzern mit 249.000 Mitarbeiter/innen weltweit.

In der dritten Zeile werden die Tochterfirmen aufgelistet, die in unsere Analyse einbezogen wurden. Alpha 1 ist ein selbstständiger Geschäftsbereich im Gebiet Telekommunikation mit weltweit ca.

Page 240: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

243 Internationale Professionalität

55.000 Mitarbeiter/innen, Alpha 2 ist eine 100%ige Alpha-Tochter im Gebiet Dienstleistung (weltweit 34.000 Mitarbeiter/innen) und Alpha 3 ist eine Tochterfirma (98% Anteil) im Bereich Software mit insgesamt 1.100 Mitarbeit/innen in Deutschland und Osteuro-pa. Beta 1 gehört zu Beta, ist auf individuelle Softwarelösungen spezialisiert und hat zurzeit 1.300 Mitarbeiter/innen in Deutschland und Mitteleuropa. Gamma 1, großer Anbieter von IT-Integrationslösungen in Deutschland, ist die 100%ige Tochter von Gamma und beschäftigt 52.000 Mitarbeiter/innen weltweit.

Die Tabellenzeilen vier bis acht geben einen Überblick darü-ber, mit wie vielen Experten/innen welcher Unternehmensebene Interviews in den Tochterfirmen geführt wurden, während die Zei-len neun und zehn über die Gruppendiskussionen und Hospitatio-nen informieren.

Als Vorbereitung für die Interviews und auch zur Ergänzung unserer fallspezifischen Analysen haben wir eine Dokumentenana-lyse der im Internet zugänglichen Materialien für jedes Unterneh-men durchgeführt, wobei die Homepages im Hinblick auf die Au-ßendarstellung der Internationalisierungsstrategie besonders inte-ressant sind, da sie über Signifikationen Aufschluss geben. Darüber hinaus erhielten wir in einigen Fällen auch Zugang zu internen Do-kumenten wie z. B. Projektpräsentationen.

Um Aufschluss über die aktuell bedeutsamen Tätigkeitsprofile in den ausgewählten Firmen zu erhalten, wurden zwischen Ende Juli 2006 und Ende Januar 2007 die Online-Stellenangebote von Alpha 1, Alpha 2, Beta 1 und Gamma 1 dokumentiert und ausge-wertet. Da Alpha 1 und Alpha 2 sowie Beta 1 bis auf wenige Aus-nahmen alle Ausschreibungen für interne und externe Stellen im Internet publizieren, gibt diese Datenquelle einen hervorragenden Einblick in die dortige Entwicklung von Tätigkeitsprofilen. Beta, Alpha 3 und Delta konnten nicht in die Auswertung der Stellenan-gebote einbezogen werden, weil diese Firmen erst Ende 2006 in das Sample integriert wurden.

Page 241: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 244

Den Personaldaten von Alpha zufolge betrug der Anteil von Frauen an den Beschäftigten insgesamt im ersten Quartal 2005 bei Alpha 1 20% und bei Alpha 2 28%. Frauen mit technischen Aus-bildungen sind in beiden Firmen gegenüber solchen mit einem kaufmännischen Abschluss in der Minderheit.

In den Stellenanzeigen spiegeln sich die Qualifikationsanforde-rungen und Verlagerungstendenzen der untersuchten Firmen wider. So war bei allen Fällen außer Beta 1 auffallend, dass die Stellen mehrheitlich für Praktikanten/innen oder Werkstudenten/innen an-geboten wurden und meist nur wenige Wochen auf den Homepages verblieben. Ausschreibungen für qualifiziertes Personal gab es vor allem in den Bereichen Beratung/Consulting, Personal/Human Re-lations und IT-Projekte (Gamma, Alpha 1 und 2, Beta 1); sie wie-sen auch eine längere Verweildauer auf. Bei Alpha 1 und Alpha 2 waren ähnliche Tendenzen zu erkennen. Besonders im Bereich Projektmanagement blieben die Stellen für mehrere Monate ausge-schrieben. Wie die Interviews mit Personalverantwortlichen sowie die oben kommentierten aktuellen Analysen der IT-Branche zeigen, gehört vor allem internationales Projektmanagement zu denjenigen Profilen, die am meisten gesucht und auf dem deutschen Arbeits-markt sehr schwer zu finden sind.

Page 242: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

245 Internationale Professionalität

III.3 Analyse der Fallstudien in den jeweiligen Produktionsfeldern der IT-Branche

Die unterschiedlichen Materialien wurden zunächst mit Hilfe von Atlas ti offen kodiert und sukzesiv interpretiert. Als Ausgangspunkt der Klassifizierung und, um den Vergleich zwischen den Fällen zu ermöglichen, wurden die oben erklärten theoretischen Dimensionen der Strukturation der Arbeitsorganisation vorgenommen. In den nächsten Kapiteln werden die Analyseergebnisse entlang dieser Klassifizierung (erstens Verbindung zwischen Arbeit und organi-sierter Praxis, Arbeits- und Wissensanforderungen sowie Karriere-optionen (Herrschaft), zweitens Mechanismen der Kontrolle und Legitimation der Arbeitspraxis (Legitimation), drittens Konstrukti-on beruflicher Identitäten (Signifikation) und viertes als Querdi-mensionen Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien so-wie Vereinbarkeit von Arbeit und Leben) und in Bezug auf die Beschäftigungspolitiken sowie Arbeitspraxis präsentiert und disku-tiert. Zuerst werden die Analysen der Fallstudien im IT Dienstleis-tungsbereich präsentiert. Danach folgen die Ergebnissen der Soft-ware-, Telekommunikations- sowie Hardwarebereich.

III.3.1 Produktionsfeld IT-Dienstleistungen

III.3.1.1 Gamma: Fragmentierte Internationalisierungspläne

Gamma ist eine international operierende Dienstleistungsunter-nehmenstochter für Informations- und Kommunikationstechnolo-gien, die zu einem Telekommunikationskonzern gehört. Das Un-ternehmen wurde im Jahr 2000 gegründet, als der Mutterkonzern einen Anteil in Höhe von 50% an einem anderen Unternehmen erwarb, das IT-Dienstleistungen anbot. Im Jahr 2001 wurden ver-schiedene Tochterfirmen vom Mutterkonzern zum neu erworbenen IT-Dienstleistungsanbieter übertragen. was zu kulturellen Konflik-

Page 243: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 246

ten zwischen beiden Organisationen führte, da die eine Organisati-on dezentral sowie projektorientiert und die andere eher zentralis-tisch und hierarchisch aufgebaut war. Die Gründung des Unter-nehmens steht in direktem Zusammenhang mit der staatlich betrie-benen Deregulierung bzw. Privatisierung und Entmonopolisierung von Telekommunikationsdiensten, die in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts aufgrund der Expansion neuer Informations- und Telekommunikationsinfrastrukturen bzw. der Digitalisierung stattfanden. Darüber hinaus wurde in der Gründungszeit von Gamma die Konvergenz zwischen Informationstechnik und Tele-kommunikation immer dringender wegen des Expansionsdrucks neuer Technologien, insbesondere auch des Internets. Auf dieser Grundlage entwickelte sich ein neues Kerngeschäftsfeld im Mut-terkonzern, das sich auf die IT-Dienstleistungen bzw. auf Ge-schäftskunden fokussierte. Eine solche Fokussierung stellt die Auf-teilungsbasis des Unternehmens in zwei Geschäftsfelder dar: eins ist auf multinationale Konzerne ausgerichtet, das andere auf mittel-ständische sowie größere Firmen. Dem Unternehmen gehören sie-ben Tochterunternehmen an, die in verschiedenen Feldern des IT-Dienstleistungssegments wie Fernsehen und Multimedia operieren. Wegen gewaltiger Veränderungen im Marktumfeld konzentrierte sich die Personalstrategie 2006 des Mutterkonzerns auf drei The-men: den personellen Umbau, die Optimierung der Relation zwi-schen Personalaufwand und Umsatz (Personalaufwandsquote) so-wie die Führungsqualität und Serviceorientierung. 2006 konnte rund ein Drittel der geplanten Personalabgänge realisiert werden. Vor allem der mittlere technische Dienst war von Personalabbau betroffen. Bei den Maßnahmen wurde ein Teil der Beschäftigten aus dem Personalüberhang über eine Auffanggesellschaft an andere Arbeitgeber vermittelt. Des Weiteren erfolgte der Personalumbau über zielgruppenspezifische Maßnahmen (Altersteilzeit, Abfin-dungsmodelle, vorzeitiger Ruhestand).

Page 244: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

247 Internationale Professionalität

Gleichzeitig verfolgte das Unternehmen die Strategie eines ‚skill shift‘: Tätigkeiten wie Beratung und Projektmanagement soll-ten in den deutschen Standorten eine zentrale Bedeutung haben, Programmierung hingegen verstärkt in Billiglohnländer ausgelagert werden.

Die Realisierung des Personalumbaus erfolgte über freiwillige zielgruppenspezifische Maßnahmen. Bei tariflichen Arbeitnehmern sollte dieser Abbau zu einem Teil über Altersteilzeit realisiert wer-den. Zudem sollte die Möglichkeit bestehen, gegen Zahlung einer Abfindung in beiderseitigem Einvernehmen aus dem Konzern aus-zuscheiden. Nach den Firmenberichten fanden die im Jahr 2006 angebotenen Abfindungsmodelle eine hohe Akzeptanz in der Be-legschaft.

Das Unternehmen wirbt mit der einzigartigen Fähigkeit, tech-nologisches Wissen aus IT und Telekommunikation sowie umfas-sende Branchen- und Prozesskenntnisse in konkrete, nahtlos inte-grierte ICT-Lösungen umzusetzen.

Für Großkunden bietet Gamma international Outsourcing an und übernimmt ganze Geschäftsprozesse (Business Process Out-sourcing) wie etwa die Gehaltsabrechnung, zudem entwickelt und betreibt sie Infrastruktur- und Branchenlösungen. Das Angebot für den Mittelstand reicht von kostengünstigen Standardprodukten über Hochleistungsnetze auf Basis des Internet-Protokolls (IP) bis hin zur Entwicklung kompletter ICT-Lösungen.

Das Dienstleistungsangebot von Gamma richtet sich an Firmen aus folgenden Bereichen: Automotive, Manufacturing, Banking, Travel, Transport & Logistics, Telecommunications, Insurance, Retail, Media, Utilities, Healthcare sowie öffentlicher Dienst. Ei-gene Stärken sieht Gamma vor allem in den Bereichen Public, Au-tomotive und Telecommunications, wo es in Zukunft vertikale Lö-sungen anbieten will, die branchenspezifisch sind und viel Know-how voraussetzen. In den anderen Bereichen soll hingegen eine

Page 245: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 248

Spezialisierung auf horizontale Lösungen wie etwa dynamisch ab-rufbare Rechenleistungen erfolgen.

Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis

Das Hauptkriterium für die internationale Allokation von Tätigkei-ten ist das ‚follow-the-customer‘-Prinzip. Allgemein betont die Personalverantwortliche, dass Gamma derzeit viele internationale Kunden/innen hat, die nach einer internationalen Zusammenset-zung von Mitarbeiter/innen in Projekten verlangen, nicht zuletzt um Kosten einzusparen. Die Entscheidung für das jeweilige Land ist von der Spezialisierung der Kompetenzen der Mitarbeiter/innen vor Ort und auch von den Kosten sowie von Markterschließungs-plänen abhängig. Das ist zum Beispiel der Fall in Südafrika, wo ganz unterschiedlichen Tätigkeiten angesiedelt werden. Andere Standorte, darunter einige in Osteuropa, fungieren als verlängerte Werkbank und werden nur mit Routineaufgaben beschäftigt, um dazu beizutragen, dass sich die Firma auf ihr Kerngeschäft kon-zentrieren kann.

Aus der Perspektive der Betriebsrätin gibt es im Gegensatz zum Mutterkonzern in der heutigen Organisation von Gamma keine einheitliche Tätigkeitsstruktur. So existieren beispielsweise keine konkreten Stellenbeschreibungen und die Tätigkeiten sind auch nicht in die verschiedenen Tarifgruppen eingruppiert.135 Die Tätig-keiten, die die Mitarbeiter/innen zu erledigen haben, werden also projektabhängig innerhalb des Kerngeschäfts spezifischer Tele-kommunikations- und IT-Dienstleistungen definiert. Die Teamlei-tung ist für die Aufteilung der Aufgaben im Team zuständig. Die-ses Modell ist aus der Sicht der Betriebsrätin vorteilhaft, weil es 135 und bei uns ham se das noch nicht mal hingekricht, ’ne ordentliche Stellenbeschreibung zu ma-chen, ähmm als wir den als der Tarifvertrach eingeführt wurde. Eigentlich sollte die Eingruppierung in den in eine der Tarifgruppen äh anhand einer Stellenbeschreibung erfolgen. Das is in den wenigs-ten Fällen passiert beziehungsweise in den wenichsten Fällen war die Stellenbeschreibung wirklich korrekt. (BR, 549-555).

Page 246: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

249 Internationale Professionalität

grundsätzlich einen flexiblen Wechsel von Mitarbeiter/innen zwi-schen den verschiedenen laufenden Projekten ermöglicht. Aller-dings weist sie auch darauf hin, dass ein solcher Wechsel zwischen Mitarbeiter/innen und Vorgesetzten ausgehandelt werden muss. Die Beschäftigten sind deshalb von der Zustimmung ihrer Vorge-setzten abhängig, wenn sie in ein anderes Projekt einsteigen wol-len. Es kann auch sein, dass die Mitarbeiter/innen je nach Projekt-bedarf innerhalb des Konzerns versetzt werden.136

Die Personalverantwortliche bestätigt das Fehlen einer einheit-liche Tätigkeitsstruktur und kommentiert, dass die Zentralisierung des Staffing bei Gamma noch im Aufbau ist, obwohl es eine klare Tendenz jedenfalls gibt, die Kerntätigkeiten zu zentralisieren. Hier entscheidet eine Person je nach Kompetenzen und Verfügbarkeit des Personals darüber, wie die Aufgaben aufgeteilt werden und welche Aufgaben jede/r Mitarbeiter/in wahrnehmen soll. Nach Meinung der Personalverantwortlichen ist eine solche Zentralisie-rung wichtig, um die Tätigkeitsvergabe möglichst rasch abzuwi-ckeln und so vor allem bei der Umsetzung von Projekten weltweit Zeit zu gewinnen. Darüber hinaus kann dadurch vermieden werden, dass die kooperierenden Länder ihre Mitarbeiter/innen behalten. Der Personalverantwortlichen zufolge gibt es eine Zusammenstel-lung von „freien Personalkapazitäten“ und Vakanzen in „interes-santen“ Projekten in einer Datenbank, die für alle Mitarbeiter/innen zugänglich ist. Mitarbeiter/innen können sich intern selbst auf freie Stellen bewerben. Welches die „interessanten“ Projekte sind und nach welchen Kriterien diese in der Datenbank integriert sind, wird von der Personalverantwortlichen nicht erklärt. Doch sie betont,

136 nein das Tätichkeitsbeschreibungen „ham wir (sowieso) eigentlich nich“ @(.)@ wir tun das, was man uns sacht und was notwendich is sozusagen, und wenns mal grade wieder was anderes is, dann wechselt man halt auch grade mal den und macht mal grad was anderes. Es is wir ham n sehr flexib-les Tätichkeitsmodell @sozusagen@ (… isses auch immer wieder von den Vorgesetzten abhängich, inwieweit darauf dann Rücksicht genommen wird, weil da ein Teil weil da Zuteilung von Aufgaben oder wenn ich wenn jetz das Projekt so langsam ausläuft, in dem wir sind, wird äm es auch so sein, dass eben neue Aufgaben auf einen zukommen oder eben auch ’ne inzwischen kann man auch nich mehr sagen, dass der Einsatzort X sein wird sondern eben irgendwo inner Republik. (BR, 557-591).

Page 247: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 250

dass es bei der Arbeitsaufteilung keine Mitbestimmung gibt. Ent-scheidend ist, dass die Mitarbeiter/innen die passende Qualifikation haben und verfügbar sind.137 Es geht also prinzipiell darum, dass die Projektleiter/innen einen Überblick über Personalkapazitäten bekommen, damit sie flexibel auf Projektbedürfnisse reagieren können.

Nach Meinung der Personalverantwortlichen werden Umset-zungsarbeiten und hauptsächlich Programmierung ausgelagert. In deutschen Standorten verbleiben aus ihrer Sicht Tätigkeiten, die den direkten Kontakt mit Kunden voraussetzen, sowie der Vertrieb und der ganze Beratungsbereich. Gerade die Prozessberatung sieht die Personalverantwortliche als denjenigen Bereich, in dem Gam-ma sich zukünftig spezialisieren wird.138

Aus der Sicht der Betriebsrätin wird die Entscheidung über die Auslagerung von Managern getroffen, die in den alten Strukturen der Firma bzw. bei der Muttergesellschaft sozialisiert sind und die Bedürfnisse der Projekte nicht kennen. Deswegen werden die Ent-scheidungen grundsätzlich auf Basis des Umsatzes und der Pro-jektgewinnung gefällt, um keinen Personalabbau zu benötigen. Denn sie fühlen sich bedroht mit der Auslagerung von Arbeitsplät-zen vom oberen Management, das argumentiert, die Firma könne Defizite im Personalbereich nicht durch Weiterbildung, sondern nur durch neue erfahrene Mitarbeiter/innen ausgleichen.139 Nach der Einschätzung der Betriebsrätin verfolgt die Geschäftsführung möglicherweise eine langfristige Strategie im Hinblick auf die Aus-

137 also wenn ich wenn ich verfügbar bin und ich hab die richtige Qualifikation, dann hab ich glaub ich nicht so viele Mitbestimmungsoptionen. (PV, 563-572). 138 Ja ich glaube, dass das ganze Thema Beratung hier bleiben wird, also epff ähm alles, was mit dem direkten Konde- Kundenkontakt zu tun hat, also sales, klar, also die die ersten ersten Teil, Kunden-anbahnung ähm, Vertrieb, plus dann wirklich ähm das ganze Thema Beratung, weil hier also ich denke, das kann ich für beide Unternehmen sagen, ja auch eher in Richtung Prozessberatung gehen. (PV, 111-127). 139 sagen ja auch äh in Richtung ähäh also gerade denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Personalentwicklung beschäftigen halt auch, wir brauchen den Personalumbau, wir müssen neue Leute einkaufen, die eben das Wissen schon haben, wir können nich alle weiterbilden und aber eben wir sagen halt, man kann wesentlich mehr weiterbilden. (BR, 692-707).

Page 248: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

251 Internationale Professionalität

lagerung von Tätigkeiten, die aber mittelfristig nicht zu erkennen ist; aus ihrer Sicht wartet die Geschäftsführung eher ab, wie sich das Thema Offshore weiter entwickelt, bevor sie Entscheidungen trifft.140 Das heißt, dass es keine greifbaren und konkreten Pläne und auch keine kompetenten Ansprechpartner gibt, die in Problem-fällen zur Verfügung stehen. Die Organisationsstrukturierung wird eher auf der Grundlage der Konzentration auf Kernkompetenzen gemacht, wobei die ausländischen Mitarbeiter/innen als niedrige Arbeitskraft behandelt und sogar mit pejorativen Bezeichnungen belegt werden.141

Nach Meinung der Betriebsrätin nehmen die Mitarbeiter/innen den progressiven Stellenabbau seit 2006 als sehr bedrohlich wahr. Das obere Management plant einen Personalabbau von 30% der Belegschaft von Gamma in drei Jahren, wobei jeder Manager bzw. Vorgesetzte seine Position behalten und letztere aus Projektgrün-den auch nicht auf ihre Mitarbeiter/innen verzichten wollen. Auf-seiten der Mitarbeiter/innen zeigen sich vor allem viele Ängste und dementsprechend wird die Kommunikation zwischen Kolle-gen/innen schwieriger und die Motivation nimmt ab. Die Betriebs-rätin kommentiert, dass Mitarbeiter/innen Informationen für sich behalten oder versuchen, sich anderweitig eine Stelle zu suchen.142

140 die ganzen Entwicklungsteile sollen eben ausgelagert werden, und von da her denk ich schon, dass das ’ne längerfristige Planung is, die die aber- Geschäftsführung hat, aber die sie also auch nicht mitteilt unbedingt; wie das geplant is, die gucken jetz ers mal wie sich das entwickelt. (BR, 416-418). 141 Indergärtner.sondern Inder-okay; aha @(.)@ also den Spitznamen ham die diese so nach dem Motto fünf Inder ein @Deutscher(.)@. is die Kalku-lation @auf der Basis@. (BR, 309-313). 142 so also sie fängt an schwieriger zu werden, auch im vo- vor allen Dingen deswegen die Sorgen der Mitarbeiter, was passiert mit mir, s hat Einfluss meiner- was ich so beobachte in meinem Umfeld is, dass die Kollegen also schon äh m versuchen, Wissen für sich zu behalten, dass also die offene Kommunikation, die wir immer gepflecht haben eigenlich, dass die ganz sachte sich reduziert, dass man dann eben auch äh wenn man dann eben Fragen hat, dass man dann nich sofort Antworten bekommt, sondern schon Schwierichkeiten hat, an die Informationen zu kommen, die man eigenlich bräuchte, und äh so dieses gemeinsame miteinander äh was tun äh lässt nach, äh hm ich vermute mal, in den Köpfen spielt sich dahinter dä ab em was weis- es kommen Veränderungen, die mich bed- die meine Arbeit hier bedrohen, und dann eben äh wie schütze ich meine Arbeit, dass ich auch wirk-lich meinen Arbeitsbereich behalte; oder so; könnt ich mir vorstellen dass das im Hinterkopf da sich

Page 249: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 252

Die Betriebsrätin weist darauf hin, dass sich die Sicht von Ar-beitgebern/innen und Arbeitnehmern/innen auf Auslagerung und Personalreduktion sehr unterscheiden. Arbeitnehmer/innen sehen die als Bedrohung, während Arbeitgeber/innen die als organisati-onelle Anpassung berücksichtigen143. Darüber hinaus kommentiert die Betriebsrätin, der sogenannte ‚Code of Conduct‘, der internati-onal für das gesamte Unternehmen eingeführt wurde, habe einen negativen Einfluss auf das Gruppenverhalten im Unternehmen ge-habt, weil er als Basis für Denunziationen und Mobbing benutzt werde.

In Bezug auf die Arbeitspraxis in den Projekten sieht der Qua-litätsmanager keine Job- bzw. Tätigkeitskontinuität im Unterneh-men. Die Tätigkeiten werden ständig neu definiert, nach dem Mo-dell der Industrialisierung und des Aufbaus einer „fabrikähnlichen Organisation“, die eine stetige Umstrukturierung von Tätigkeiten erfordert. Speziell in Bezug auf Offshoring beobachtet der Quali-tätsmanager, dass die „höherwertigeren Tätigkeiten“ im Kernge-schäft der Telekommunikation-IT-Dienstleistung in Deutschland konzentriert werden. Darüber hinaus werden seiner Meinung nach Qualitätsmanagementprozesse tendenziell stärker akzentuiert, da Mitarbeiter/innen mit den Kunden auf einer bestimmten Basis kommunizieren müssen.144

Ähnlich erklärt der Projektleiter die Notwendigkeit für die Mit-arbeiter/innen, sich auf das neue „Berufsbild“ des „Consultant“ im

abspielt. (…) und die Ängste führen halt auch dazu, dass etliche Kollegen, von denen ich das schon weiss, die mir die mich als Betriebsrätin eben schon angesprochen haben da, die eben sagen ja und wenn sich irgenwas tut, und das und so wenn das jetz kommt, ich halt schon die Augen offen und die Ohren und äh nach’m neuen Job. (BR, 624-645). 143 wir sagen Personalabbau, Arbeitgeber sacht Personalumbau. (BR, 845). 144 was machen denn die Mitarbeiter in Deutschland, die müssen in die höherwertigeren Tätigkeiten [I1: j:aa] hinein, dass heißt in das Management hinein [I1: ja], also in das Management von Offshoring-Tätgkeiten [I1: ja:a] ne? Also die kon- wir konzentrieren uns dann stärker in die- auf die Qualitätsprozesse [I1: mhm], wir müssen abnehmen bevor’s der Kunde abnimmt [I1: mhm, ja klar], äh fff wir müssen in die Kommunikation zwischen Kunde und Offshoring hineingehen [I1: mhm], Konzepte darstellen, Konzepte erstellen [I1: mhm] (und da müssen wir die Leute hineinbringen). (QM, 200).

Page 250: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

253 Internationale Professionalität

Kerngeschäft zu orientieren, wobei die genauen Aufgaben „auf-tragsspezifisch“ von den Kunden oder vom Projektleiter definiert werden, je nachdem, wer Auftraggeber ist. Einerseits müssen Pro-zesse im Projekt spezifiziert und festgelegt werden, andererseits werden die Aufgaben „personenabhängig“ verteilt.145 Die Allokati-on hat sich nach Meinung des Projektleiters insofern geändert, als die Besetzung von freien Stellen durch das persönliche Kennenler-nen in Projekten intensiver geworden ist.

Die Softwareentwickler/innen bestätigen eine solche Änderung des Berufsbildes und erzählen, dass sie mehr Koordinationsaufga-ben und weniger konzeptuelle Aufgaben übernehmen müssen, denn die Prozesse werden inzwischen sehr genau definiert, sodass sie einfacher zu delegieren sind. Bezüglich der Transformation der Tätigkeitsbewertungen im Zusammenhang mit Offshoring erzählt ein Softwareentwickler, dass sich Mitarbeiter/innen nicht nur auf-grund der unsicheren Lage im Unternehmen, sondern auch weil sie das Gefühl haben, dass sie dort mehr gebraucht werden, andere Stellen suchen. Dennoch ist der Widerstand gegen die berufliche Transformation seitens der Softwareentwickler/innen auch präsent. Die Mitarbeiter/innen, die sich an die Transformation der Tätigkei-ten anpassen, haben kein Problem, aber diejenigen, die dagegen opponieren, merken das an ihrem Gehalt.

Arbeits- und Wissensanforderungen bei Gamma

Nach Meinung der Personalverantwortlichen spezialisiert sich das Unternehmen zunehmend auf das Kerngeschäft der Telekommuni-kation-IT-Dienstleistung. Damit geht einher, dass die Mitarbei-ter/innen nicht nur technische Fachkenntnisse, sondern auch „Bera-terkompetenzen“ vorweisen müssen. Solche „Beraterkompetenzen“ 145 Es ist so, dass der Basisbetrieb durch diesen Bereich betreut wird und aufgrund Kostenstrukturen dann natürlich verschiedene Leistungen in andere Bereiche wechseln. Und dort ändert sich dann vehement das Berufsbild, denn die müssen ja dann Beratungsleistungen übernehmen oder Consul-tingleistungen und da sind doch einige gegangen. (PL, 163-174).

Page 251: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 254

sind vor allem kommunikativer Natur; die Beschäftigten sollen die Bedürfnisse der Kunden/innen erkennen können. Dem Personal-verantwortlichen zufolge ist „eine rein technisch orientierte Persön-lichkeit“ dazu nicht so gut in der Lage.146

Das heißt, dass eine rein technische Qualifikation tendenziell nicht mehr ausreicht, auch wenn nach wie vor prinzipiell Informa-tiker/innen gesucht werden. Eine solche formelle Qualifikation bildet lediglich eine Grundlage, die mit zusätzlichen sozialen und Management-Kompetenzen ergänzt werden soll, um die zentralen Tätigkeiten, die in Deutschland bleiben, nämlich Projektmanage-ment und Beratung, durchführen zu können.147

Aus der Sicht der Betriebsrätin wird die Änderung bzw. die Erhöhung der Qualifikationsanforderungen als Argumentation für den geplanten Stellenabbau benutzt: Die Vorgesetzten verweisen darauf, dass ihre Mitarbeiter/innen nicht über die geeigneten Quali-fikationen verfügen, um IT-Architekten zu werden, also Tätigkei-ten auszuüben, die im Gegensatz zur einfachen Programmierung an deutschen Standorten verbleiben.148

Für das Projektmanagement im Unternehmen existieren be-stimmte Prozedurenstandards, wie die Personalverantwortliche erklärt. Sie sind im sogenannten „PMI-Handbook“ enthalten, das von einem externen Personalmanagementinstitut in die Organisati-

146 [em] ganz klar, also das merken wir auch an den Mitarbeitern, mh es ist gan- ganz klar, dass es dass es e dass, wenn wir sagen wollen, dass wir auf auf die Consultancy e oder Beratung konzentrie-ren, dass wir dann Leute brauchen, die auch in der Lage sind, sowohl technisch ähm versiert zu sein als auch diese Beraterskills e typische Beraterskills, Kommunikationsfähigkeit, ähm e Dinge irgend-wie abtra- abstrahieren zu können, e e die Fähigkeit auf Leute auf Leute einzuzugehen, ja? Und und em die Kundenbedürfnisse herauszufinden, all diese Sachen, die mh eine rein technisch orientierte Persönlichkeit dann eher nicht so gut kann, ja? (PV, 178-182). 147 aber da die- der Trend genauso ist, geht es da wahrscheinlich auch hin zu Leuten, die schon viel Erfahrung ham mit andern Dingen auch. Also diesen reinen Teggi, den gibts wahrscheinlich auch nur nur nur noch e in ganz wenigen Bereichen. (PV, 192-205). 148 die Vorgesetzten eben sagen, meine Mitarbeiter sind einfach das sind nunmal Hacker sozusagen, die sind einfach äh nich in der Lage dann als äh die sind nich nich gut genuch, um den Überblick zu haben. um IT-Architekten zu werden, weil dafür braucht man ja schon n gewissen großen Überblick über n größeres System, also das Projekt, in dem ich jetz bin, sind zu Spitzenzeiten hundertfünfzich Mitarbeiter gewesen, das is schon ’n Riesenprojekt. (BR, 102-111).

Page 252: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

255 Internationale Professionalität

on durchgesetzt und bei Gamma als Skillsbewertungssmaß über-nommen wurde.149

Allerdings ist es nach Ansicht der Personalverantwortlichen sehr schwer, Personen auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu finden, die zum nachgefragten gemischten technischen und Soft-Skills-Profil passen. Die Betriebsrätin erinnert daran, dass zwischen 1998 und 2001 noch etliche Quereinsteiger/innen mit einem mathemati-schen, naturwissenschaftlichen oder sogar sozialwissenschaftlichen Hintergrund eingestellt wurden. Heutzutage hätten solche Querein-steiger/innen keinen Zugang mehr ins Unternehmen, Studienabbre-cher von Fachhochschulen würden aber durchaus noch beschäftigt.

Karriereoptionen bei Gamma

Gamma bietet für Berufserfahrene, Absolventen/innen, Studen-ten/innen und Schüler/innen unterschiedliche Beschäftigungsmög-lichkeiten an.

Kandidaten/innen, die noch keinen Hochschulabschluss haben, können in der Firma als Praktikant/in bzw. Werkstudent/in oder Diplomand/in beschäftigt werden. Hervorragende Leistungen beim Praktikum, das zwischen drei und sechs Monate dauert, werden mit der Aufnahme in ein Netzwerk belohnt, das auf Stellenangebote in der Firma aufmerksam macht. Darüber hinaus vergibt Gamma Sti-pendien für Diplomanden/innen.

Für Schüler/innen gibt es bei Gamma Ausbildungsgänge für IT-Fachinformatiker der Fachrichtungen Anwendungsentwicklung und Systemintegration, IT-Systemelektroniker, IT-Systemkaufleu-te, Elektroniker/innen für Gebäude- und Infrastruktursysteme, Kaufleute für Bürokommunikation und Industriekaufleuten. Darü- 149 also es gibt ja- es gibt ja gemeinsame Grundsysteme zum Beispiel im Projekt-management des PMI-Handbook oder so also das sind ja so Sachen, so Standards, die von außen gesetzt sind und die, ja die gelten natürlichlich auch für Gamma, also wir hatten bei Gamma ’ne interne ähm eine eine interne Projektmanagementlösung angelehnt ans PMI und ham, sind dann irgendwann umge-schwenkt vor ’nem Jahr auch auf PMI auch. (PV, 309-320).

Page 253: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 256

ber hinaus kann bei Gamma auch ein Abschluss als Bachelor of Computer Science in Banking & Finance erworben werden.

Absolventen/innen können direkt oder über ein Trainee-Programm bei Gamma einsteigen. Beim direkten Einstieg ver-spricht das Unternehmen, ganz individuelle Entwicklungswege anzubieten. Beim Trainee-Programm sollen die Kandidaten/innen 18 Monate lang das Unternehmen kennenlernen. Dabei erwartet Gamma, dass sich die Absolventen/innen zunächst auf die Kunden sowie auf die Qualität und Effizienz der eigenen Leistungen kon-zentrieren. Darüber hinaus sollen die Kandidaten/innen in Projek-ten arbeiten und sich an der Gestaltung organisationeller Plänen beteiligen wollen. Einschränkungen auf bestimmte Fachgebiete gibt es prinzipiell nicht.

Gegenüber Berufserfahrenen sind die Profilerwartungen deutli-cher. Zunächst wird vorausgesetzt, dass die berufserfahrenen Kan-didaten/innen „den Wandel“ initiieren und gestalten wollen. Als potenzielle Kandidat/innen werden auf der Internetseite explizit Betriebswirte, Ingenieure und Informatiker genannt. Darüber hin-aus wird auf die Diversität der Mitarbeiter/innen in der Firma be-züglich Geschlecht und Nationalität verwiesen sowie auf die Tätig-keitsprofile als Vertriebsmitarbeiter, Projekt- und Servicemanager oder auch Controller, die von Professionals ausgeübt werden. Für Berufserfahrene ist vor allem wichtig, dass sie ein hohes Maß an Verantwortung und Selbstständigkeit mitbringen. Deswegen sind für Gamma Professionalität, lebenslanges Lernen, Eigenverantwor-tung und individuelle Förderung entscheidend.

Dem Bereichsleiter zufolge existieren hauptsächlich zwei Kar-rierepfade: einerseits Managementpfade, bei denen die Mitarbei-ter/innen vor allem Personalführungsaufgaben wahrnehmen, und andererseits die an den Projektbedürfnissen orientierten fachlichen Pfade, die in Berater, Projektleiter sowie -manager und Systemar-chitekten gegliedert sind. Voraussetzungen für einen Aufstieg im Rahmen des fachlichen Karrierepfads sind nicht nur technische,

Page 254: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

257 Internationale Professionalität

sondern auch soziale Kompetenzen vor allem im Hinblick auf si-cheres Auftreten (Performancekompetenzen). Doch die Personal-verantwortliche erklärt, dass die Gestaltung der Karrierepfade im Unternehmen noch im Aufbau ist. Technisches Projektmanagement stellt eine Kernkompetenz des Unternehmens dar, sodass dafür ein eigener Karrierepfad existiert, der offiziell mit dem Management-pfad gleichgestellt ist. Der Projektmanagementpfad besteht aus verschiedenen Stufen, unter anderem Projektleiter und Projektma-nager. Allgemein gesehen sind ihrer Meinung nach Projektmanager wichtiger als die general managers geworden und deswegen sollen die Mitarbeiter/innen sich in diese Richtung orientieren. Allerdings sind die Karrierechancen nach Meinung der Betriebsrätin eher ge-ring; sie werden hauptsächlich zwischen Mitarbeiter/innen und Vorgesetzten vereinbart, was die Betriebsrätin als „Glücksache“ bezeichnet.

Mechanismen der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis bei Gamma

Einerseits wird es immer notwendiger, Qualitätsstandards als Me-chanismen der internationalen Arbeits- und Wissenskontrolle zu implementieren, andererseits sehen die Personalverantwortliche und auch die Betriebsrätin eine zu starke Heterogenisierung von Standards bei Gamma, sodass noch keine einheitliche Lösung ge-funden wurde. Die Firma arbeitet prinzipiell mit einer ISO-Zertifizierung, um mit den Kunden/innen zunächst zu kommunizie-ren, wie die Personalverantwortliche anmerkt.150 Vor allem ist es schwierig, eine Balance zwischen der Durchsetzung von Standards, der möglichst genauen Beschreibung von Aufgaben und der Zulas-sung von Entscheidungsspielräumen für Programmierer/innen und 150 also auch das ist ein Standard, der durch den Kunden gegeben wird (…) also auch äh Manager aus der Linie, die sich Projekte ab ’ner bestimmten Größenordnung einfach immer wieder ange-schaut haben, also auch um zum Beispiel entscheiden- zu entscheiden, nehmen wir den Deal an oder nicht. (PV, 660-669).

Page 255: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 258

Softwareentwickler/innen zu finden. Durch die möglichst genaue Spezifizierung von Tätigkeiten, die in Offshore-Standorten zu erle-digen sind, sollen Missverständnisse vermieden und die Leistungs-qualität ausländischer Mitarbeiter/innen erhöht werden.151

Für die Vertragsabschlüsse mit den Kunden/innen werden so-genannte Service Level Agreements (SLAs) verwendet, die aber je nach Projekt unterschiedlich detailliert umgesetzt werden können, um den Projektablauf zu kontrollieren. Auch die sogenannte IT International Library152 (ITIL), die als umfassende Management-methode international verwendet wird, erweist sich als begrenzt, weil ihren Zertifizierungen keine umfassende Bedeutung zukommt und Leistungsniveaus in Projekten durch sie ganz unterschiedlich interpretiert werden, wie der Bereichsleiter kommentiert. Häufig werden so IT-Dienstleistungen eines gesamten Unternehmens mit einem Qualitätssiegel versehen, das sich eigentlich nur auf einzelne Abteilungen bezieht.

Für die Befragten auf der Ebene der Projektarbeitspraxis haben sich die Arbeitsformen insofern geändert, als die Arbeit formali-sierter geworden ist und der Kontrolldruck immer stärker wird. Einerseits weist der Projektleiter auf die international übergreifende Präsenz von ITIL im Unternehmen hin, andererseits bemerkt er, dass ITIL in den verschiedenen Abteilungen unterschiedlich umge-setzt wird; in verschiedenen Standorten existieren unterschiedliche Qualitätsniveaus und auch verschiedene Dokumentationskulturen,

151 wenn man aber auf der andern Seite mehr Flexibilität geben würde, dann wär das genauso große Gefahr, weil natürlich so ’ne Flexibilität in ’nem, weiß ich, in ’ner Programmierung dann zu massi-ven Behinderung führen kann, weil man’s dann wieder so zurückschickt, also, es ist äh denk ich ’ne Frage, von sehr, sehr, sehr klaren Aufträgen, die man geben muss und äh da muss man wahrschein-lich mit leben, dass da manchmal das zurückkommt, was da- natürlich der Fehler ist dann auf’m eigenen Mist gewachsen, sag ich mal, aber ist ärgerlich, würd man vielleicht schneller merken, wenn ähm wenn das dann hier wäre. (PV, 706-726). 152 Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Dokumenten und Spezifikationen für die Erbrin-gung von IT-Dienstleistungen, die sich im IT-Dienstleistungssegment international als Standard durchgesetzt hat, ohne jedoch wie die ISO-Standards einer spezifischen Kontrolle durch eine Behör-de oder einen Verein zu unterliegen; vgl. http://www.itil-officialsite.com/home/home.asp (Zugriff: 12.2.2011).

Page 256: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

259 Internationale Professionalität

die allerdings nicht sorgfältig beachtet werden. Auch die Kosten-einschätzung der Dienstleistungszeiten bei Qualitätsmanagement stellt ein Problem dar. Allgemein gesehen haben sich aber auch nach Meinung des Projektleiters die Qualitätsansprüche der Kun-den geändert: Sie sind nicht bereit, den zusätzlichen Aufwand zu bezahlen, der mit der systematischen Umsetzung von Qualitäts-standards verbunden ist. Darüber hinaus wollen Kunden im Unter-schied zu früheren Zeiten auch während des Arbeitsprozesses mit-reden, wofür sie sich beraten lassen und sich an der Arbeitskontrol-le direkt in den verschiedenen Projektmeetings in Bezug auf das Erreichen von Projekt-Meilensteinen beteiligen können.

In der internationalen Arbeitspraxis müssen die Projektleiter sich größtenteils auf die „Gewissenhaftigkeit“ der Mitarbei-ter/innen verlassen, weil die ständige und kurzfristige Rotation der Mitarbeiter eine Kontrolle erschwert. Aus der Sicht des Qualitäts-manager ist ITIL vor allem in den „Hochglanzbroschüren“ verbrei-tet. Darüber hinaus sind die Definitionen und Umsetzungsmöglich-keiten von ITIL-Konzepten sehr unterschiedlich und unklar.

Auch die Softwareentwickler/innen bestätigen den erhöhten Kontrolldruck bei der Arbeit, was sich ihrer Meinung nach in der gesteigerten Bedeutung der Dokumentation widerspiegelt, die sie in Zusammenhang mit der Verbreitung von Offshoringprozessen in der Firma bringen. Doch auch wenn einheitliche Vorlagen für un-terschiedliche Projekte verwendet werden, sind die Hintergründe und der Sinn von Qualitätsstandards in der Arbeitspraxis weitge-hend unbekannt. Nach Auffassung eines der Softwareentwickler werden vor allem Erfahrungen aus den Projekten, die früher durch „Mundpropaganda“ kontrolliert wurden, nun zunehmend mithilfe der Dokumentation gesammelt. Ihm zufolge hat sich durch das Offshoring die Kontrolle verändert und in einen Beratungsbeitrag verwandelt. Was die zukünftigen Möglichkeiten der Arbeitskontrolle im Zu-sammenhang mit Offshoring angeht, sieht der Qualitätsmanager

Page 257: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 260

Gamma auf dem Weg zu einer „fabrikähnlichen Organisation“ mit einer zunehmenden Kontrolle von Arbeitsprozessen, aber auch mit „begleitenden“ Rationalisierungsmaßnahmen im Personalbereich. Die Umstrukturierung des Unternehmens ist jedoch wegen des Kündigungsschutzes für fest Angestellte schwierig. Der Qualitäts-manager kommentiert, dass ein Stellenabbau aufgrund der Stärke der Sozialpartner im Unternehmen sehr problematisch ist und die Aussichten der Aufstiegsmöglichkeiten als positiv eingeschätzt werden.153

Konstruktion beruflicher Identitäten bei Gamma

Um die Mitarbeiter/innen ins Unternehmen zu integrieren und den Bedarf der Projekte an bestimmten Qualifikationen und Kenntnis-sen zu decken, existieren verschiedene Weiterbildungsprogramme, die direkt an den Mutterkonzern gebunden sind. Bedarfsorientierte Qualifizierung im Rahmen von Personalumbauprozessen und stra-tegische Personalentwicklung stellen die zwei Schwerpunkte der Weiterbildungsziele bei Gamma dar. Auch Großprojekte, wie zum Beispiel Seminare zum Aufbau eines neuen Hochgeschwindig-keitsnetzes, setzt der Weiterbildungsanbieter bedarfsorientiert um. Die Führungskräfte des Unternehmens erhalten zudem umfassende Trainings zum Code of Conduct.

Allerdings wird die Entscheidung über die Teilnahme an den verschiedenen Angeboten nach den üblichen jährlichen Mitarbei-tergesprächen getroffen, in denen die berufliche Weiterentwicklung und die Karrierechancen der Beschäftigten besprochen werden. Die Weiterbildungsniveaus unterscheiden sich entsprechend der ver-schiedenen Karrierestufen in ‚basic‘, ‚experienced‘ und ‚advanced‘. Den Hauptschwerpunkt die Weiterbildung liegt im Beratungsbe- 153 dass wir hier einen kündigen, das-, meist dürfen wir’s gar nicht, weil mm die die Sozialpartner so stark sind, also das-, Sie können hier eigentlich in der Regel keinen kündigen, trotzdem ist [I2: mhm] die Sorge [I1: mhm] auf der anderen Seite da, sodass man äh schon sagt, wir ham Aufstiegsmöglich-keiten, auch für jeden. (QM, 75-77).

Page 258: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

261 Internationale Professionalität

reich, wie die Personalverantwortliche erklärt. Auch die Betriebsrä-tin bestätigt eine solche Orientierung der Weiterbildung, die für die jeweiligen Karrierestufen des Projektmanagementpfads vorbereiten soll. Doch nur ein geringer Teil der Mitarbeiter/innen, den die Be-triebsrätin als eine „kleine Elite“ bezeichnet, darf an einer ‚advanced‘-Weiterbildung teilnehmen. Dazu gehören Program-miersprachen, neue Techniken und die Anwendung von Program-men sowie Persönlichkeitstraining wie Schulungen in Moderation, Projektmanagement und Rhetorik. Interkulturelle Trainings sind ausschließlich für solche Führungskräfte vorgesehen, die für länge-re Zeit in Länder entsandt werden sollen, die als ‚kulturell fremd‘ wahrgenommen werden, wie etwa China.

Entsprechend der zunehmenden Nachfrage nach Berater/innen wird Serviceorientierung als entscheidende überfachliche Kompe-tenz in allen Weiterbildungsprogrammen für Fachkarrieren von der Muttergesellschaft verstärkt gefördert. Damit will die Muttergesell-schaft deutlich machen, dass sie die Mitarbeiter/innen aufgrund ihrer fachlichen Leistungen und Kompetenz wertschätzt und ihnen in gleichem Maße wie den Führungskräften Entwicklungschancen eröffnet. Das Karriereziel, das Gamma allgemein für seine Mitar-beiter/innen formuliert, besteht darin, Professional zu werden. Ein solches Ziel, das sowohl in der Fach- als auch in der Führungs-schiene erreicht werden kann, wird im Zusammenhang mit entspre-chenden geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen in jährlichen Mit-arbeitergesprächen mit den Führungskräften vereinbart.

Bedarfsorientierte Qualifizierung spielt vor allem im Rahmen des Personalumbaus eine Rolle. Weiterbildungen werden mithilfe eines internen Trainingsanbieters durchgeführt. Ebenso ist der Konzern bestrebt, konzernweit einheitliche Standards und Prozesse zur Führungskräfteentwicklung zu schaffen.

Der gewünschten Vereinheitlichung in der Unternehmenskultur dient ein Verhaltenskodex, der im April 2006 in Kraft trat. Dieser Code of Conduct legt fest, wie ein an Werten orientiertes und

Page 259: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 262

rechtskonformes Verhalten im Geschäftsalltag auszusehen hat. Durch das werte- und rechtskonforme Verhalten des Unternehmens und seiner Mitarbeiter/innen will der Mutterkonzern nachhaltig das Vertrauen in das Unternehmen fördern. Gleichzeitig erfüllt es da-mit die Vorgaben, an die sich ein börsennotiertes Unternehmen in den USA halten muss. Es wurde ein Hinweisgeberportal eingerich-tet, das allen Beschäftigten und Stakeholdern die Möglichkeit er-öffnet, Verstöße gegen diesen Verhaltenskodex zu melden.

Weiterbildung ist im Mutterkonzern intern zertifiziert und für die Fachkarrieren planmäßig strukturiert, wie der Qualitätsmanager berichtet. Um einem solchen detaillierten Plan konkret zu folgen, existieren bestimmte Instrumente, die von den Mitarbeiter/innen jährlich dokumentiert werden müssen. Sie müssen sich dabei im Rahmen eines von den Vorgesetzten vorgegebenen Budgets halten. Die verschiedenen Weiterbildungsmodule sind eng mit den Fach-karrierestufen gekoppelt.154

Damit wird auch die Notwendigkeit hervorgehoben, dass sich die Mitarbeiter/innen im Hinblick auf ihre Qualifikationen umori-entieren sollen. Wenn sich Beschäftigte einer solchen Umorientie-rung verweigern, werden sie als Abbaupotenzial behandelt, wie der

154 da wird auch sehr viel Wert drauf gelegt, da wird auch sehr viel Wert auf’s Monitoring gelegt, also wir ham auch Tools dafür, also ich muss eintragen, dass ich mit ’nem Mitarbeiter das Drei-D-Gespräch geführt habe, die Unterlagen bleiben bei dem Mitarbeiter und es ist ’ne beidseitige Ver-antwortung, dass dann diese Schulungsmaßnahmen, die dort besprochen werden, auch eingehalten werden, also es ist nicht einseitig, dass ich jetzt als- als Chef gucken muss, ham alle ihre Schulungen gemacht, sondern es ist aber sehr klar, ich hab euch das Budget freigegeben, bitte ((macht einladen-de Handbewegung)) es darf dann auch jeder selber die Kurse buchen, ich bekomm se dann in Tools dann immer noch mal zur Freigabe, aber äh das Schulungs- äh wir ham ein sehr großes Schulungs-programm, in der Regel wird erwartet, dass alle Schulungen über Gamma-Training absolviert werden, Gama-Training bietet interne Schulungen, aber auch externe an, das obwohl sich dann auch Referenten und äh- das hat nachher noch wirtschaftliche Kondi- Argumente, dass das konzentriert wird, und die wissen ganz genau, sie bekommen äh ähm ich sag mal den Extrakt der Drei- der Drei-D-Dialoggespräche sollen sie bekommen, das ist also immer so ’ne manuelle Arbeit, dass jeder seinen Bedarf einträgt, dann wissen die, sie haben so und so viele Projektleiterschulungen im nächs-ten Jahr (…). und das sind die Bausteine, die wir denn dafür haben. Gamma-Training bietet die Schulungen an und so entstehen dann auch die Fachkarrieren ne, also we- wer äh an-an-s zum- in so’n Exellenzprogramm hineinm- hineinmöchte [I. hm], der muss ernannt werden und teilweise gibt es auch Aufnahmeprüfungen. (QM, 96-104).

Page 260: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

263 Internationale Professionalität

Qualitätsmanger kommentiert.155 Auch einer der Softwareentwick-ler bestätigt eine solche Notwendigkeit der Umorientierung der Arbeitskräfte. Er betont, dass sie die Laufbahn, die die Vorgesetz-ten für sie vorsehen, auf jedem Fall beachten müssen, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass diejenigen Mitarbeiter/innen, die als Programmierer/innen gearbeitet haben, diese Tätigkeit sehr gerne machen und auch weiter ausüben wollen.156 Darüber hinaus ist es nach Ansicht dieses Softwareentwicklers nicht gut, zwischen Ent-wicklung und Beratung zu trennen, weil die Berater nicht einschät-zen können, ob die Entwicklung tatsächlich machbar ist. An diesem Punkt beklagt er sich darüber, dass das mittlere Management im Vergleich zu den operativen Bereichen stärker wächst. Das heißt, dass sich immer mehr Personen berechtigt fühlen, Entscheidungen über die Arbeit von immer weniger Mitarbeiter/innen in operativen Bereichen zu treffen.157

Nach Auffassung des Qualitätsmanagers ist es einfacher, für solche zunehmend nachgefragten Koordinations- und Supervisions-tätigkeiten Betriebswirtschaftler zu rekrutieren; es sei leichter, die-se in technischen Grundlagen weiterzubilden, als den technischen Mitarbeiter/innen betriebswirtschaftliche Kompetenzen zu vermit-teln. Aus der Perspektive der Softwareentwickler sind gute Ent-wickler aber keine schlechten Berater. Einer der Softwareentwick-ler hält eine Umorientierung vom Entwickler zum Berater für un-problematischer. Personen aus dem Beratungsbereich tun sich ihm

155 da bemüht man sich, die Arbeit zu den Leuten zu bringen], aber es geht nicht. Man muss dann auch seine Bereit[schaft zeigen] und äh, wie gesagt, diese diese örtliche Flexibilität, dann kann man auch lange bei seinem Skill bleiben und wenn’s den Skill nicht mehr in Deutschland gibt, dann muss ich bereit sein, mehr oder was anderes zu lernen, wenn das auch nicht der Fall ist, gut dann sind wir bei den Abbaupotenzialen. (QM, 201-221). 156 wer schon mal als Entwickler gearbeitet hat, der ist halt der programmiert halt gern, na logisch ne. (1SWE, 200-205). 157 [Mmm ja was mich stört, klar in unserer Firma: isses halt extrem; wir habn also ((stockt)) wie soll ich jetzt sagn(.) viele Führungsebenen. Ne wir haben viele Häuptlinge [und wenige Indianer; das is das Problem in unserer Firma sach=ich=ma ne also [Es gibt viele (.) die:: meinen sie hätten was zu sagen oder ja (.) die halt als Teilprojektleiter (oder) was weiss ich was ne, (.) die haben natürlich Vorgesetzte (.), die ja mitreden wollen und wenige, die das Ganze(.) umsetzen. (1SWE, 430-439).

Page 261: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 264

zufolge hingegen sehr schwer mit dem Erwerb von Fähigkeiten in der Softwareentwicklung, weil sie sich grundsätzlich nicht für die-ses Thema interessieren und ihnen die Grundlagen dafür fehlen. Nach Meinung des Softwareentwicklers kennen Berater lediglich theoretische Themen, während Entwickler den Kunden die techni-schen Möglichkeiten und Hintergründe von Produkten besser erklä-ren können, weil sie diejenigen sind, die die detaillierten Konzepte schreiben. Deshalb begleiten Entwickler die Berater auch öfters zu Kundenbesuchen. Dieses technische Wissen bzw. die technischen Konzeptualisierungen betrachtet er als den Kern der Expertise von Entwicklern und hauptsächliche Legitimation für ihre Existenz. Dennoch sieht er in der „Beraterschiene“ oder in der Projektleitung die besseren Karrierechancen, die er im Entwicklungsbereich als sehr schlecht bezeichnet.158

Der Qualitätsmanager blickt kritisch auf die berufliche Trans-formation im Unternehmen und die aus seiner Sicht mangelnden Weiterbildungsangebote für deutsche Mitarbeiter/innen, denn damit wird die Verfügbarkeit von Mitarbeiter/innen für die sehr variablen Projektbedürfnisse bedroht.159

Was das Verhältnis der einheimischen Beschäftigten zu den ausländischen Kollegen/innen angeht, können im Gespräch immer wieder stereotype Bemerkungen und Vorurteile festgestellt werden, wie beispielsweise beim Qualitätsmanager.160

158 [Aber äh die Berater, die sin’ ja die sin’ reine Theoretiker, ja (1) das ist das Problem, die können auch zum Beispiel so ’n detailliertes Konzept, wie wir es schreiben für:. äh Offshore, das können die nicht leisten; weil sie so tief in der Materie halt einfach ni..cht drin sind ne, [Deshalb werden bei uns die Entwickler immer noch benötigt, um diese Konzepte zu schreiben sach=ich=ma ansonsten na @wär’n wer wahrscheinlich auf der Strasse@@(2). (SWE, 224-228). 159 ist das äh deutlich, dass das- dass wir in in Deutschland versuchen, den Mitarbeiterstamm zu halten und im Ausland wachsen, aber hier auf keinen Fall nennenswert wachsen, was dazu führt, dass man, wenn man das viele Jahre macht, das’n stückweit auch problematisch ist. (QM, 306-312). 160 Franzosen, könnt ich jedes Vorurteil unterschreiben [I1: mhm]. Sie ham grundsätzlich keine Agenda in einem Meeting, die wird erst entwickelt [I1: @oh@] also wenn hier jemand sagt, wir machen dann ’n Meeting auf französisch, heißt das, ich habe keine Agenda, wird erst entwickelt. So. Da gibt’s dann den Patron, der dann sagt, wo’s langgeht [I1: mhm], ist bei uns nicht so, in Italien gibt’s wieder Baustellen. (QM, 248-254).

Page 262: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

265 Internationale Professionalität

Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien bei Gamma

Aus der Sicht der Personalverantwortlichen existieren viele Frauen-förderprogramme, die sowohl unternehmensspezifisch als auch konzernübergreifend sind. Solche Programme funktionieren wie die Nachwuchsförderprogramme und die Teilnehmerinnen steigen sehr früh im Karriereweg bzw. als sehr junge Mitarbeiterinnen ein. Die Teilnehmerinnen fangen dann an, Projekte zu leiten und „sich zu exponieren“, wie die Personalverantwortliche erklärt, sodass sie selbst ihre Karriere gestalten können. Solche Programme schätzt die Personalverantwortliche als positiv ein, hingegen lehnt sie an-dere Frauenfördermaßnahmen wie zum Beispiel Frauenquoten ab. Sie hält die Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen des Unter-nehmens für sehr bedeutsam, auch wenn die Firma mehrheitlich von Männern repräsentiert wird. Darüber hinaus betont sie, dass das Unternehmen auch bei der „Unterstützung wegen Familienver-antwortungen“ sehr aktiv ist. Sie weist allerdings darauf hin, dass es einen Unterschied macht, ob Frauen Teilzeit oder Vollzeit arbei-ten, denn in den höheren Karrierestufen ist Teilzeitarbeit nicht möglich. Die Personalverantwortliche berichtet, dass sie selbst vor zwei Jahren Mutter geworden ist und aus der Arbeit aus- und wie-der eingestiegen ist. Dabei war der Kontakt mit dem Umfeld und der Einstieg in Vollzeit für sie wichtig. Die Entscheidung für Voll- oder Teilzeitarbeit sieht sie aber als eine persönliche Frage.161

Der Betriebsrätin zufolge liegt der Frauenanteil im Unterneh-men bei 20%. Die Allokation von Mitarbeiterinnen ist je nach Vor-gesetzten sehr unterschiedlich und auch abhängig davon, welche Bedürfnisse sich in den Projekten ergeben. Bestimmte Nischen können Frauen nutzen, um sich zu etablieren, wie der Fall einer Kollegin im Qualitätsmanagement zeigt.162 Andererseits gibt es 161 also es kommt auch drauf an, wie viel Arbeitszeit man dann reinsteckt sozusagen. Es ist nicht so sehr also wie ob Familie da is oder nich, sondern wie viel Zeit man reintut. (PV, 726-733). 162 Qualitätsmanagement in dem Sinne also ich s- ich mein jetz nich das Testen von Software, son-dern äh andere äh also die Qualität von „Berichten sonswas unso“. Das is aber eher so ein Neben-

Page 263: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 266

noch sehr viele stereotype Vorstellungen, die die Einstellungen von Vorgesetzten gegenüber Frauen stark prägen.163 Auch wenn sie keine expliziten Unterschiede zwischen der Allokation von Frauen und Männern sieht, bemerkt sie dennoch, dass es hauptsächlich Frauen sind, die im Unternehmen Teilzeit in Anspruch nehmen, was aber nicht karriereförderlich ist. Die Präsenz in der Arbeitsall-tagspraxis der Dienstleistung bei Kunden ist zentral, um ein Netz-werk aufzubauen und weiter in Projekten arbeiten zu können, wes-wegen Teilzeitarbeit ungeeignet ist, um Karriere zu machen. Teil-zeitarbeit ist also grundsätzlich möglich, wenn die Vorgesetzten eine positive Einstellung gegenüber den Mitarbeiter/innen haben und die Mitarbeiter/innen „den Mund aufmachen“, wie die Be-triebsrätin es formuliert, das heißt, es ist eher eine Verhandlungssa-che zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter/innen. Welche Einstel-lung die Vorgesetzten haben, ist so wichtig, dass sogar eine sehr anspruchsvolle und zeitlich intensive Tätigkeit wie Projektleitung in Teilzeit regelbar sein kann.

Darüber hinaus weist die Betriebsrätin darauf hin, dass nach den Personalabbauplänen der Firma sowohl ältere als auch ‚teure‘ Mitarbeiter/innen entlassen werden sollen. Vor allem aber wirkt sich Offshoring bzw. der Personalabbau zur Kostenreduktion auf die Arbeitszeiten aus: Überstunden werden verboten, auch wenn der Zeitaufwand in den Projekten gleich geblieben ist.164

bereich, und da das is so ’ne Nische, in die sie sich da so hab ich so den Eindruck zurückgezogen hat. aber so sozusagen sich rausgezogen hat aus diesem Macht aus diesem anderen Gerammel. (BR, 2242-2248). 163 ich hab jemand kennen gelernt ’n andern Abteilungsleiter, ich hatte so den Eindruck Kinder also seine Einstellung is immer noch die althergebrachte Kinder Küche Kiächä sind das richtige für die Frau. (…) war so mein Eindruck. Vor allen Dingen wenn se Kinder hat, dann soll se doch am besten gleich zuhause bleiben. Was soll ich hier mit Teilzeitkräften. Mit denen kann ich doch nichts anfangen. Ähm die sind doch nie da. (BR, 990-996). 164 da ham wer jetz die bi- letztes also ham wer zum März Ende März die Betriebsvereinbarung gekündicht, weil vorher durften die Kollegen sich die Überstunden auch noch auszahlen lassen, aber solange eben Personalabbau angedroht is, äh sin werden sind wir auch immer restriktiver dabei und die an der Schraube werden wir auch weiterhin noch drehen, eben äm Überstunden zu verbieten, und

Page 264: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

267 Internationale Professionalität

Aus der Sicht der Projektarbeitspraxis kommentiert der Quali-tätsmanager, dass es zwischen den Positionen von Männern und Frauen auf den ersten Blick keine Unterschiede gibt. Doch speziell für Berater/innen und insbesondere in höheren Karrierestufen, in denen die Mitarbeiter/innen als „Experten“ bezeichnet werden, gibt es seiner Meinung nach das Problem des extremen Mobilitätsan-spruchs. Gerade die Fachkarriereschiene zeichnet sich durch einen sehr hohen Mobilitätsanspruch aus,165 und die Führungskarriere-schiene ist sehr begrenzt.

Aus der Sicht des Projektleiters gibt es vor allem viele Frauen im Bereich des sogenannten User-Help-Desk (UHD). Die Tätigkei-ten in diesem Bereich beschreibt er als sehr anstrengend; die Be-schäftigung ist meist zeitlich befristet in Deutschland und auch in Ungarn angesiedelt. Bei den UHD-Mitarbeiterinnen handelt es sich häufig um Studentinnen, die die Arbeit lediglich als Nebenjob ma-chen.166 Im Bereich Entwicklung ist die Beteiligung von Frauen nach Meinung des Projektleiters je nach Standort unterschiedlich. Er weist darauf hin, dass in Ostdeutschland mehr Frauen im Be-reich Entwicklung arbeiten als in Westdeutschland. Diese Differenz führt er auf die andere Sozialisation zurück, die Frauen früher in Ostdeutschland erlebt haben und die seiner Meinung nach „verlo-ren gegangen ist“167. Darüber hinaus sieht er keine Unterschiede

nich zu genehmigen und dann isses eben schon=n Problem für den Arbeitgeber auch Projekte zuende zu kriegen oder zeitgerecht. (BR, 461-471). 165 da ist auch wenn ich das so sehe nach Männlein Weiblein-, also grundsätzlich ist da kein Unter-schied [I1: mhm] ähm wenn ich jetzt mal gucke, die die Flexibilität ist ’n hohes Thema [I1: also-] die Leute sollten schon- ähm alle Tätigkeiten, die wir hier im Dienstleistungsgewerbe ham, sind mit Reisetätigkeit verbunden. (QM, 75-77). 166 Ach das sind manchmal bloß Studenten, die das zeitweise machen. Wir ham zum Beispiel in Deutschland das Problem, wo solche UHDs sitzen, wo bloß temporär sind. wo denn das Problem wieder ist, die einzuarbeiten, ich mein, das ist natürlich auch ’n harter Job. (…) Und der Druck, dann auch die Lösung zu bringen und Annahme und nett und freundlich zu sein, obwohl der Kunde dann wirklich kein Verständnis für @verschiedene Dinge@ hat, also das ist schon hart, ja da sieht man viel Frauen. Auch in deutschen Standorten. (PL, 1742-1779). 167 ist das schon ganz unterschiedlich so bei technischen Dingen. Unterwegs. Die machen auch ’ne Basisbetreuung, die gehen in die Netze, die gehen mit ’nem Schraubenzieher an den Computer, ne? das ist alles kein Thema. Awo wenn ich jetzt die pharmazeutischen Betriebe sehe, das warn fast alles

Page 265: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 268

zwischen den Einstellungen von Frauen und Männern zur Arbeit, sondern eine große Variabilität zwischen persönlichen Vorlieben, die auch nicht unbedingt national geprägt sind. So erwähnt er das Beispiel einer Kollegin, die im slowakischen Standort im obersten Managementbereich arbeitet und hoch anerkannt wird. Bezüglich Kolleginnen mit Kindern berichtet der Projektleiter von einer Kol-legin, die ein Schulkind hat und trotzdem für mehrere Tage auf Dienstreise geht.168

Nach Angaben des Qualitätsmanagers sind es in seinem Be-reich „Applications Management“ sehr viele Frauen tätig, etwa 50% der Beschäftigten sind Frauen. Doch in anderen Bereichen, speziell beim Management, ist der Frauenanteil sehr niedrig, auch wenn es Frauenförderprogramme im Unternehmen und konzern-übergreifend gibt. Solche Programme hält er aber nur für sinnvoll, wenn die Teilnehmerinnen eine gewisse Kontinuität garantieren können.169 Grundsätzlich orientieren sich Frauen dem Qualitätsma-nager zufolge auf Tätigkeiten, die entweder Sicherheit anbieten oder einen kommunikativen Charakter haben, wie zum Beispiel Controlling oder Personalentwicklung und -führung. Seiner Mei-nung nach sind auch im Projektmanagement Frauen tätig, dennoch stellt das Projektmanagement die Problematik der Personalführung bezüglich der Vereinbarkeit verschiedener Lebensbereiche dar.170

Frauen, da Elektrikerinnen, Schlosserinnen, da waren keine Ausnahme,nne? das ham wer ja (alles verloren ). (PL, 1772-1795). 168 ich hab jetzt ’ne Mitarbeiterin, die hat e das Kind ist jetzt 9, ne 8 ä 10 Jahre, also das muss auch noch betreut werden, schulseitig. Der Mann ist im Außendienst tätig. Die geht jetzt auch drei Tage in der Woche in ’n Projekt. (PL, 1808-1831). 169 Es gibt ein Frauenförderungsprogramm, das gibt es, kenne auch jetzt hier bei mir ’ne Frau, die ist da jetzt auch mit drin in dem Programm, wobei man denn auch wieder sagen muss, okay, wenn diejenigen das machen wollen, wie flexibel sind sie denn. Weil Karriereplanung nach dem Motto, der geht in fünf Jahren und danach wird der Job neu besetzt, bis dahin ham wa noch mal fünf mal neu organisiert. (QM, 357-360). 170 hier ham ma- ham ma schnell mal, und Personal- Personal ist eigentlich fast nur Frauen dabei, ne? [I1: mhm] also Personalentwicklung, Personalführung, gut Kommunikation (…) Projektmanagement gibt’s auch, [I2: mhm] gibt’s auch, aber da ham wa dann- das sind ja schon diese klassischen Führungspositionen, [I1: ja:a] da ham wa dann recht schnell auch wieder diesen Spagat [I1: mhm] ähm, passt alles zusammen, ich denke, da ham wa auch den, den normalen Ausle-

Page 266: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

269 Internationale Professionalität

Speziell angesichts der bereits oben erwähnten Problematik der Diskontinuität und Kurzfristigkeit der Definition von Tätigkeiten sehen sich vor allem Frauen, die sich in ihrer Karrierelaufbahn auf Führungspositionen orientieren wollen, mit Flexibilitätsanforde-rungen bezüglich Mobilität konfrontiert. Dementsprechend beträgt der Frauenanteil in Führungspositionen seiner Meinung nach ledig-lich 10%.171

Der Softwareentwickler sieht den Entwicklungsbereich als eine Männerdomäne, während bei der Beraterkarriereschiene die Frau-enbeteiligung nach seiner Meinung bei 50% liegt.

Vereinbarkeit von Arbeit und Leben bei Gamma

Grundsätzlich existieren bei Gamma keine Programme für die Ver-einbarkeit von Arbeit und Leben. Die Arbeitszeiten sind sehr flexi-bel geregelt; es gibt eine „theoretische“ Kernzeit von 9 bis 15 Uhr, die aber nicht überprüft wird. Überstunden werden in Tarifberei-chen finanziell ausgeglichen. Eine solche Arbeitszeitflexibilität wird deswegen als positiv für eine selbstständige Vereinbarung von Arbeit und Leben angesehen. So erzählt beispielsweise die Be-triebsrätin, dass die Mitarbeiter/innen immer wieder Arzttermine oder andere ungeplante Tätigkeiten in ihren Tagesablauf integrie-ren können und mal mehr oder weniger arbeiten, um die vorgese-henen Aufgaben rechtzeitig zu erledigen.172 seprozess, dass das auch nicht jeder Mann macht [I1: mhm], es gibt aber auch Frauen, die das machen. (QM, 368-371). 171 Sie können in keinen Lehrbuch lesen, wie die IT in zehn Jahren aussieht [I2: mhm], das heißt wir entwickeln uns dorthin [I1: mhm] und auch am Kunden, wie der Kunde der Kunde sich weiterentwi-ckelt [I1: mhm], und das sorgt dafür, dass wa ständig umorganisieren [I1: mhm], das sorgt dafür, dass diejenigen, die in diese Führungspositionen hineinwollen, auch ’ne Gewissheit-, ne? ’ne gewisse Flexibilität mit sich bringen müssen [I1: mhm] so und ent- ich weiß nicht, ob das denn dann doch die traditionellen Berufsbilder sind, die das dann wieder den Frauen schwieriger machen, es gibt Frau-en, die machen’s [I1: mhm], es gibt dann aber dann doch wieder viele, die sagen, na ja, also ich würd ja gerne, aber dann doch trotzdem hier vor Ort, ne? [I1: mhm] das geht dann wieder nicht (QM, 357-360). 172 so du has schon sehr großen Freiraum eben was zu machen oder eben wenn du ’n wenn man morgens ’n Arzttermin hat oder auch sons zwischendurch ’n Arzttermin hat, sacht man klärt man das

Page 267: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 270

Auch der Softwareentwickler ist mit der Arbeitszeitpolitik der Firma zufrieden, die ihm Arbeitszeitflexibilität ermöglicht. Einen geregelten Arbeitsalltag hat er nicht. Es gibt ein Gleitzeitkonto, auf dem maximal 24 Stunden angespart werden dürfen, und was darü-ber hinausgeht, wird nicht bezahlt. Pro Monat können drei Tage Freizeit als Überstundenausgleich genommen werden.173 Ein finan-zieller Ausgleich ist in der derzeitigen Personalabbausituation nicht vorgesehen. Darüber hinaus müssen die Mitarbeiter/innen in kriti-schen Projektphasen auch während ihrer offiziellen Freizeit über ein Diensthandy erreichbar bleiben.174

Es existieren grundsätzlich zwei Arbeitszeitmodelle: Voll- und Teilzeit, die aber sehr variabel sein können und durch ein Arbeits-zeitbudget geregelt werden. Die reguläre Arbeitszeit von 40 Stunden kann in Tarifbereichen um zweieinhalb Stunden über-zogen oder unterschritten werden. Das gilt jedoch nur für deutsche Mitarbeiter/innen; in ausländischen Standorten gelten andere Re-geln, die der Personalverantwortlichen allerdings unbekannt sind.175 Was die räumliche Mobilität angeht, so ist Telearbeit bei

vorher ab, (sollte) natürlich darf man dadurch keinen Termin verpassen, das is klar, man muss seine Arbeit schaffen, äh muss seine Termine wahrnehmen, und ansonsten kann man den Rest im Endeffekt selb- relativ frei regeln, deswegen hab ich heute mittach auch die Zeit, ich hab einfach um virdelnach ja zwanzich nach zwölf Mittachspause gemacht, und äh auch als wir die alten Regelungen noch hatten, wars so und die Stechuhr zwischen elf Uhr dreissich und vierzehn Uhr muss man mindestens eine halbe Stunde Mittachspause machen. (BR, 849-877). 173 doch sicher klar da:s schon wir hab’n wir können auch maximal: also wir hab’n da so’n so’n Gleitzeitkonto, wo wir maximal im Monat 24 Stunden ansparen dürfen, was darüber hinausgeht, wird abgeschnitten an Stunden, klar da geh’n auch schon mal ’n paar Stunden verloren, aber ich versuch da schon also meine Zeit dann auch zu nehmen, also wir dürfen pro Monat maximal drei Tage(.) Freizeit nehmen von diesem Überzeitkonto sach=ich=jetzt=ma [Ja das is’ ja jetzt auch nich’ so viel

[((stöhnend)) Ja also von daher gesehen ja (.) is’ auch nich’ die Welt ne? (1SWE, 381-397). 174 Die werden mit Urlaub immer abgeglichen ja [Ausbezahlt is’ nich’ mehr. Weil wir ja auch mitt-lerweile selber abbauen; und in diesem Zuge; früher ging das noch ausbezahlen, heute geht’s halt nich’ mehr. (…).wenn wir zum Beispiel auf Projektende gehen oder in Abnahmephasen(.) klar. Dann muss ich immer erreichbar sein sach=ich=ma ja (1SWE, 320-325; 326-331). 175 es sind ja für allgemein für (Mitarbeiter) zweieinhalb Stunden, die man irgendwie ins Plus oder Minus gehen kann, also das sind so die allgemeinen Mittlung. Das ist auch alles relativ festgelegt durch Tarifverträge, (…). [na ja] ich denk mal die Leute, die dann n n da offshore sitzen, da sind keine Arbeitszeiten wieder relevant, weil sie haben ihre eigenen Mitarbeiter. Die sitzen irgendwo, da gibt’s kei da gibt’s k- da

Page 268: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

271 Internationale Professionalität

Gamma eine Selbstverständlichkeit. Dementsprechend bezeichnet die Personalverantwortliche das Konzept Telearbeit als obsolet. Vor allem in höheren Karrierestufen wird von den Mitarbei-ter/innen erwartet, dass sie in der Lage sind, von überall mit dem ihnen von der Firma zur Verfügung gestellten Laptop zu arbei-ten.176

Auch der Qualitätsmanager ist zufrieden mit der Arbeitszeit-flexibilität, die Gamma anbietet, jedoch sieht er solche Mobilitäts-praktiken aus dem Alltag der Projektarbeitspraxis heraus differen-zierter. So betont er, dass die „Heimarbeit“ eher eine Vertrauenssa-che ist und je nach individuellem Arbeitsstil sowie Lebenssituation unterschiedlich praktiziert wird. Mitarbeiter/innen, die Kinder ha-ben, lehnen ein solches Arbeitsmodell ab, da sie sich zu Hause schwer konzentrieren können, während andere, die alleine leben, speziell in intensiven Arbeitsphasen oft gezielt zu Hause arbeiten. „Heimarbeit“ ist darüber hinaus nicht bei allen Mitarbeitern/innen beliebt, denn damit wird unter Umständen auch zugelassen, dass die Firma solche privaten Arbeitsplätze bzw. den/die Mitarbeiter/in in ihrer privaten Sphäre besuchen darf.177

gibt’s eigene Regeln, die sicherlich anders sind als die, die es hier in Deutschland gibt. (PV, 741-756; 762-770). 176 also jeder Mitarbeiter ist mit ’m Laptop ausgestattet und ähm äh es gibt ’ne hohe Arbeitsflexibili-tät ab ’ner bestimmten Ebene und dann wird halt erwartet, dass man überall mal irgendwie in den PC reinschaut und da gibt’s dieses Konzept Telearbeit nicht mehr. Ich glaub, dass das auch’n über-holtes Konzept ist inzwischen. Also ja, ob ich nun auf’m Flughafen sitze oder im im Zug, also grad bei Gamma ist es so, die Mitarbeiter sind ja sehr stark verstreut ja, also die sitzen ja überall, ne?, (…) und da muss man einfach äh auch die Zeit nutzen, wenn man mal zu ’nem Meeting mit ’m Zug fährt, dann da zu arbeiten. (PV, 773-792). 177 und wer will, kann äh es gibt auch Heimarbeit Heimarbeitsplätze können ma ’n Tach zu Hause- von zu Hause aus arbeiten [I1: mhm], das is natürlich immer ’ne sch- ’ne Vertrauenssache ähm, ganz klar, ich würd’s nicht jedem geben, sondern ä::h (t- da muss man schon) Vertrauen investieren, eben denn genauso effektiv, viele sind teilweise sach ich ma effektiver zu Hause, als als dann hier wenn die viel Arbeit haben, wo man sich konzentrieren muss, gut jetzt, da gibt’s andere, die dann noch ihr Kind zu Hause haben, da kann man sich dann zu Hause nicht konzentrieren, aber wieder andere, die zu Hause dann in Ruhe mal ’n Tach ’n Programm entwickeln, das kann schneller gehen als als hier im Büro, warum nich? es ist nicht an Qualifikationen gebunden. Die Kommunikationsmittel, die ham wir alle] und die meisten ham’n Laptop und äh wir ham auch sogar die Möglichkeit, äh f- PCs zu Haus zu installieren. Das wird weniger genutzt, weil das hat dann Implikationen, dass die Firma den Anspruch hat, auch

Page 269: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 272

III.3.1.2 Alpha 2: Substitutive internationale Beschäftigungspolitik

Die Gründung von Alpha 2 im Jahr 1995 erfolgte im Zuge der De-zentralisierung verschiedener Abteilungen des Mutterkonzerns Al-pha. Die Entwicklung des Unternehmens ist von der Beziehung zur Muttergesellschaft und deren Versuchen geprägt, unterschiedliche Bereiche zu integrieren. Diese Versuche haben sich als sehr prob-lematisch erwiesen, was sich in dem wirtschaftlichen Misserfolg des Unternehmens und auch in den Konflikten zwischen Arbeitge-ber, Arbeitnehmern und Gewerkschaften widerspiegelt. Um das Unternehmen zu sanieren, wurden zahlreiche Aufgliederungen, Fusionierungen und Umstrukturierungsprozesse vorgenommen. Nicht zuletzt wegen des Preisverfalls im IT-Dienstleistungsbereich und des damit verbundenen Kostendrucks wurde das Alpha 2 2006 zusammen mit anderen Tochterfirmen rezentralisiert und wieder in den Alpha-Konzern eingegliedert. Zum Zeitpunkt der Interviews existieren im Unternehmen drei Hauptgeschäftsbereiche (Ge-schäftslösungen, Produktbezogene Lösungen, Operative Dienstleis-tungen) und weiter vier Portfoliobereiche (Geschäftslösungen, Be-ratung, IT für Nachhaltigkeit und Outsourcing). Der Bereich Ge-schäftslösungen beschäftigt sich mit Softwarelösungen im Ferti-gungsgeschäft und im öffentlichen Bereich, im Bereich der Pro-duktbezogenen Lösungen, der im Jahr 2006 verkauft wurde, wer-den Großrechnersysteme betreut und der Bereich der Operativen Lösungen konzentriert sich auf Outsourcing. Wegen des Preisver-falls im IT-Dienstleistungssektor versucht das Unternehmen, sich durch die Rezentralisierung und Zusammenführung mit ausländi-schen Konzernpartnern auf dem Gebiet des Outsourcing bzw. Offshoring zu etablieren. Auch die Einführung des Bereichs IT für Nachhaltigkeit gehört zu der neuen Strategie des Unternehmens, alternative Geschäftsnischen im IT-Dienstleistungsbereich zu su-

äh die Arbeitsstätte besuchen zu dürfen, dann sind se bei Ihnen im Privatbereich und das ist immer so’n Spannungsfeld, und von daher Laptops treibt keiner auf die Spitze. (QM, 145-149).

Page 270: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

273 Internationale Professionalität

chen. Speziell im Bereich der Geschäftslösungen wurde das soge-nannte ‚Factory Model‘ eingeführt. Es wurde zur Erbringung fab-rikähnlicher Leistungen konzipiert und sieht die Position eines Bu-siness Solution Managers vor, der als Vermittler zwischen dem Unternehmen und den Kunden fungieren soll. Der Großteil des Unternehmensumsatzes wird in Deutschland und im europäischen Ausland mit Alpha als Hauptkunden erwirtschaftet. Die umsatz-stärksten Bereiche von Alpha 2 sind der Dienstleistungssektor, Te-lekommunikation und Medien sowie der öffentliche Sektor.

Im Jahr 2006 beschäftigte Alpha 2 über 30.000 Mitarbei-ter/innen weltweit, davon 12.000 in Deutschland, die später aus Kostengründen zum Teil in Auffanggesellschaften untergebracht wurden. Sowohl die unterschiedlichen Bereiche des Unternehmens als auch die Orientierung an bestimmten Branchen und die Gestal-tung von Karrierepfaden sind stark an der Muttergesellschaft Alpha ausgerichtet. So wird beispielsweise auf der Homepage von Al-pha 2 damit geworben, dass das Unternehmen Lösungen im Um-feld von Alpha-Produkten anbietet und dabei auf die Unterstützung durch das „spezielle Know-how“ und die Ressourcen eines innova-tiven internationalen Konzerns zurückgreifen kann, sodass die Fir-ma von Lieferanten unabhängig ist.

Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis bei Alpha 2

Die starke Verbindung des Unternehmens zum Mutterkonzern Al-pha macht sich auf mehreren Ebenen bemerkbar: Wie die Perso-nalverantwortliche erklärt, kann Alpha 2 die ausländischen Stan-dorte des Mutterkonzerns nutzen und wird auch bei Restrukturie-rungsmaßnahmen in Form von Automatisierung, Offshoring oder Abschaffung von Tätigkeiten von Alpha unterstützt. Dies gilt auch für die Revision des Produktportfolios und für die Prozessstraffung, wie der Leiter der Stabsstelle für Auslagerung kommentiert. Zum Zeitpunkt der Interviews befindet sich das Unternehmen aufgrund

Page 271: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 274

einer schweren und langwierigen Krise in einem tief greifenden und alle Bereiche betreffenden Umstrukturierungsprozess. Daher besteht Unsicherheit in Bezug auf die künftige Orientierung des Unternehmens. Nach Meinung des Betriebsrates lässt sich dennoch eine Tendenz in der Entwicklung von Alpha 2 ausmachen: Das Unternehmen bewegt sich weg von den klassischen technischen Bereichen, die von Alpha geprägt worden sind und derzeit abge-wertet werden, in Richtung Beratungsgeschäft, wo Tätigkeiten die Chance haben, stabil im Unternehmen zu verbleiben.178

Projekt- und Qualitätsmanagement sind darüber hinaus Tätig-keiten, die dem Leiter der Stabsstelle für Auslagerung zufolge im-mer mehr nachgefragt werden, wobei die Versuche, Softwareent-wickler zu Projektleitern zu machen, aus seiner Sicht zum Schei-tern verurteilt sind.

Die Fluktuation der Mitarbeiter/innen ist nach Auffassung des Betriebsrats durch den Personalabbau relativ hoch. Zahlreiche Mit-arbeiter/innen sind über Abfindungsprogramme oder Altersteilzeit aus dem Unternehmen ausgeschieden. Einige weitere wurden in einer eigens wegen der Umstrukturierungsmaßnahmen geschaffe-nen Beschäftigungsgesellschaft untergebracht. Viele Mitarbei-ter/innen haben das Unternehmen schnell verlassen, um die zum damaligen Zeitpunkt günstige Marktlage zu nutzen, und in anderen Unternehmen innerhalb oder außerhalb des Konzerns eine neue Stelle gesucht. Vor allem die besten Mitarbeiter/innen, die schwer zu ersetzen sind, steigen rasch aus dem Unternehmen aus, und die-

178 ich denke, das, was wir im Moment haben, dass also die äh bera- die reinen Beratungstätigkeiten, die direkt mit’m Kunden zusa- zu tun haben, dass das sich noch ausweiten wird, weil einfach äh die Anforderungen sehr hoch sind, als dass sich äh einzelne und vor allem kleinere Firmen dann ent-sprechendes Know-how selber aufbauen können, also das wird zunehmend denk ich eingekauft werden, weil die Systeme einfach komplexer werden (…) bei äh relativ einfachen technischen Anforderungen, die bestehen, aber die werden halt schlecht bezahlt, weil das geht alles an relativ kleine Dienstleistungsfirmen, die nicht tarifgebunden und damit dann einfach, ja, ich will nicht sagen Hartz IV, aber so furchtbar viel oben drüber sind die nicht.

Page 272: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

275 Internationale Professionalität

jenigen, die bleiben und niedrigere Qualifikationen haben, fürchten einen Arbeitsplatzverlust, wie der Betriebsrat erklärt.179

Besonders in den ausländischen Standorten stellt die Mitarbei-terfluktuation ein sehr großes Problem dar. Der Leiter der Stabstel-le für Auslagerung erwähnt Indien und Russland als besonders be-troffen von Fluktuationsproblemen, weil dort die Löhne in be-stimmten Regionen in kurzer Zeit gestiegen sind und auch eine starke Konkurrenz mit anderen Unternehmen bei der Rekrutierung von Fachkräften besteht. Er schätzt die Fluktuationsrate in diesen Ländern auf zwischen 20 und 25% der Mitarbeiter/innen. Ver-schiedene Strategien werden benutzt, um dieses Problem zu lösen, wie zum Beispiel finanzielle Abfindungen oder die Durchsetzung detailreicher und intensiver Dokumentationen.

Alpha 2 hat im Jahr 2004 angefangen, Tätigkeiten mit wenigen Mitarbeiter/innen auszulagern. Dieser Prozess wurde später konti-nuierlich und langsam fortgesetzt. Das Offshoring stellt einen Teil innerhalb des großen Umstrukturierungsprozesses des Unterneh-mens dar, wobei zum Zeitpunkt der Interviews ca. 1000 Personen im Ausland in Offshoringprozesse involviert sind, wie die Perso-nalverantwortliche bemerkt. Darüber hinaus bezieht sich die Aus-lagerung von Tätigkeiten auf die Internationalisierungsstrategien

179 „also wir waren in der Vergangenheit eigentlich relativ konsen- äh konstant äh, was die Fluktua-tion anging, relativ niedrig, für die äh für die IT-Branche, das hat sich drastisch geändert mit den äh Personalabbaumaßnahmen, die wir in der Vergangenheit gehabt haben, da sind halt mit Gänsefüßen zwangsweise viele Kollegen rausgegangen über Abfindungen allerdings, also nicht mit betriebsbe-dingten Kündigungen, sondern da sind Abfindungsprogramme gefahren worden, Altersteilzeit ist forciert worden und als letzten Schritt hatten wir ’ne Beschäftigungsgesellschaft auch […] und da ist gezielt auf bestimmte Personen zugegangen worden, (…) äh ist es so, dass viele Kollegen, die Spitzenpositionen einnehmen, gehen oder die irgendwelche Schlüsselrollen spielen […] der IT-Markt zieht an, und unser Arbeitgeber glaubt, er kann äh Geld sparen […], die gehen dahin, wo sie mehr Geld angeboten bekommen […], in der Vergangenheit ham se ausgesucht, ham also speziell Kollegen, die schlechter einzusetzen waren, älter waren und so weiter Aufhebungsverträge angeboten, die die auch teilweise sagen wir mal nicht unwillig angenom-men haben, weil einfach finanziell das Ganze planbar war bis zur Rente und ähm sagen wir mal die Chancen hier im Betrieb auch nicht so besonders toll waren […] wir haben viele Kollegen, die zum- zum Kunden gehen, Kunde ist ja der Alpha, deshalb war das da relativ einfach, mittlerweile ist es auch so, dass äh immer mehr Kollegen selber kündigen und zu andern Firmen gehen.“ (BR, 109-147).

Page 273: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 276

von Alpha, die auf eine umfangreiche technische, sprachliche und wirtschaftliche Präsenz in den wichtigsten ausländischen Standor-ten gerichtet ist. Aus der Sicht des Betriebsrats sind es grundsätz-lich vor allem Kostengründe, weswegen Tätigkeiten ins Ausland ausgelagert werden, wobei die Auslagerungsstrategie des Unter-nehmens sehr kurzfristig ist und unter hohem Zeitdruck steht. Sol-che Kosteneinsparungsmaßnahmen kommen nach Meinung des Betriebsrats nicht nur in den Auslagerungspraktiken zum Aus-druck, sondern auch im Tarifdruck, und zwar in der Form, dass beispielsweise das Weihnachts- und Urlaubsgeld durch leistungs-abhängige Prämien ersetzt wird. Darüber hinaus gibt es einen sehr schnellen Wechsel bei den Führungskräften, die an den Entschei-dungen über die Auslagerung von Tätigkeiten beteiligt sind, sodass sich niemand findet, der sich langfristig verantwortlich für die Un-ternehmensstrategie fühlt.

Aus der Perspektive des Leiters der Stabsstelle für Auslagerung ist das Ziel der Auslagerungsstrategie des Unternehmens eher, die „richtigen“ Ressourcen zu kombinieren, das heißt, mit „preisge-rechten“ Skills zur „richtigen“ Zeit am „richtigen“ Ort Dienstleis-tungen anbieten zu können, was er unter Global Sourcing versteht. Offshoring ist seines Erachtens dadurch legitimiert, dass es für das Überleben des Unternehmens notwendig ist.

Die Auslagerungsphilosophie ist davon geprägt, dass durch Wissensmanagement und die Dokumentation von Projekten eine gewisse Unabhängigkeit vom Personaleinstellungsbedarf erreicht werden soll. Den Führungskräften, die über Tätigkeitsallokationen entscheiden, stellt sich deshalb nicht die Frage, welche Bereiche ausgelagert werden können, sondern umgekehrt, welche Tätigkei-ten unbedingt in Deutschland bleiben sollen. Nach dieser Philoso-phie nennt der Leiter der Stabsstelle für Auslagerung Application Management als einen Bereich, der bis zu 90%, sowie den Bereich Systemintegration und Softwareentwicklung, der bis zu 70% ausge-lagert werden kann. Für diese Tätigkeiten ist jedoch ein hoher An-

Page 274: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

277 Internationale Professionalität

teil an implizitem Wissen nötig, das heißt, sie setzen lange Erfah-rungen sowie spezielle Fähigkeiten und Wissen voraus, das nir-gendwo registriert wurde. Deshalb sollen die Tätigkeiten und die Prozesse zunächst definiert und standardisiert werden, damit sie von ausländischen Kollegen übernommen werden können.

Nicht nur für die Auslagerungsoptimierung ist die Standardi-sierung von Arbeitsprozessen wichtig, sondern auch um die Leis-tungen der Fachkräfte aus den verschiedenen ausländischen Stand-orten zu vergleichen. In administrativen Bereichen (z.B. Reisekos-ten- oder Personalabrechnungen) ist die Standardisierung von Ar-beitsprozessen möglich und sogar vorteilhaft, denn hier lassen sich durch Offshoring Kosten einsparen. Aber auch die Qualität wird nach Meinung des Leiters der Stabsstelle für Auslagerung dadurch erhöht, weil die Prozesse genauer spezifiziert und verfolgt werden können. Kernbereiche des Unternehmens, die eher auf individuelle Softwarelösungen spezialisiert sind, können seiner Ansicht nach aber nicht durch Standardisierungsprozesse optimiert werden.180

Darüber hinaus sind Tätigkeiten, die deutsche Sprachkenntnis-se erfordern (z. B. User-Help-Desk), schwer auszulagern. Auch lohnt es sich teilweise nicht, sie zu verlagern, weil die Koordinati-ons- und Reisekosten, die dadurch entstehen, höher sind als die Ersparnisse der Lohndifferenz zwischen Deutschland und ausländi-schen Standorten. Um Sprachprobleme und damit auch Kommuni-kationskosten zu vermeiden, wird vor allem versucht, die Tätigkei-ten genau zu definieren bzw. ganze komplette Arbeitspakete mög-lichst genau zu differenzieren und abzugrenzen. Ebenfalls nur be-schränkt für eine Auslagerung geeignet sind solche Tätigkeiten, die

180 Also man muss es standardisieren, das war ja […] auch so ’n Stichwort, und und wir sind eigent-lich dabei, dieses dieses ganze Thema Softwareentwicklung, Softwarebetreuung zu industrialisieren. (…) aber ich sach ma ’ne Standardisierung sicherlich in diesem ERP-Bereich, ich mein, ob ich meine Personalabrechnung jetz anders mache als meine Konkurrenz, is glaub ich relativ egal, […] ob ich mein äh meine Buchhaltung muss ich sowieso nach gesetzlichen Regelungen machen, äh […] das kann ich mich auch nich so differenzieren, […] (aber) wenn jetz um Produktions- äh software geht, wie produzier ich was, da geht’s natürlich schon los, […] wo ich sage, da muss ich eigentlich anders ( ) ne; […] Also von daher, Standardisierung ja, äm aber auch nich in allen Bereichen.

Page 275: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 278

wegen des gesetzlichen Rahmens beschränkt sind. Sie verbleiben in der Regel innerhalb der EU. Nach Auffassung des Leiters der Stabsstelle für Auslagerung hat diese Auslagerungsvariante (Nearshore) darüber hinaus den Vorteil, dass die ausländischen Mitarbeiter/innen eher deutsch sprechen und so die Kommunikati-on in Projekten erleichtert wird. Doch sowohl sprachliche als auch kulturelle Unterschiede zwischen internationalen Standorten stellen eines der größten Hindernisse für die Auslagerung von Tätigkeiten dar, die ungeplant bleiben und sehr viele zusätzliche Kosten verur-sachen.

Für den Betriebsrat ebenso wie für die Personalverantwortliche und den Leiter der Stabsstelle kommen einfache, niedrig qualifi-zierte Tätigkeiten für Offshoring generell nicht im Betracht und werden entweder abgeschafft oder an tarifgebundene kleine Firmen in Deutschland bzw. an ausländische Standorte innerhalb des Al-phakonzerns delegiert, wie beispielsweise nach Indien, wo die Au-tomatisierung von Arbeitsprozessen nach Ansicht des Leiters der Stabsstelle für Auslagerung vorbildlich fortgeschritten ist.

Was die beschäftigungspolitischen Auswirkungen der Auslage-rung von Tätigkeiten angeht, so ist sie in jedem Fall mit einem Stellenabbau verbunden, wie die drei Befragten kommentieren. Die Ursache für den Stellenabbau sehen sie in der schlechten Lage des IT-Dienstleistungsbereichs und speziell des Unternehmens. Auch wenn die Auslagerung konkreter Tätigkeiten von deren Abgrenzbarkeit und Definition abhängt, sind nach Meinung der Personalverantwortlichen hauptsächlich die Bereiche SAP-Basis-betriebe sowie das erste und das zweite Unterstützungsniveau von Windows und Unix von der Auslagerung ins Ausland betroffen.

Tätigkeiten in der Analysephase, die den Kontakt mit den Kunden erfordern und sich auf das Leitbild der Berater orientieren, verbleiben nach Meinung des Leiters der Stabsstelle für Auslage-rung grundsätzlich in Deutschland. Das heißt, dass Aufgaben bezo-gen auf die Herstellung des Grobkonzeptes sowie die Feinkonzept-

Page 276: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

279 Internationale Professionalität

herstellung von Softwareprodukten nah an den Kunden und damit prinzipiell in Deutschland wahrgenommen werden sollen. Darüber hinaus zählen Projekt-, Qualitäts- sowie Risikomanagement zu den wichtigsten Bereichen des Unternehmens in Deutschland. Insbe-sondere das Projektmanagement, das zum Teil ins Ausland ausge-lagert worden war, wurde nach Deutschland zurückgeholt, wie der Leiter der Stabsstelle für Auslagerung kommentiert. Der Betriebs-rat bemerkt, dass durch den Auslagerungsprozess die neue Funkti-on eines Offshore Managers geschaffen wurde, der er sehr skep-tisch gegenübersteht.181

Im Zusammenhang mit den Problemen und Risiken, die mit der Auslagerung von Tätigkeiten verbunden sind, erwähnt der Be-triebsrat einige Projekte, die deshalb nach Deutschland zurückge-holt wurden, weil sie das Ziel der Kosteneinsparungen erreichten, noch den Qualitätsanforderungen genügten. Darüber hinaus gibt es in bestimmten Bereichen zahlreiche rechtliche Restriktionen etwa hinsichtlich von Personal- und Datensystemen, die die Auslagerung verhindern. Offshoringpläne wurden den Mitarbeiter/innen mit dem Argument der Kosteneinsparung vermittelt und dementsprechend gering ist die Motivation der Mitarbeiter/innen, mit ausländischen Kollegen/innen zu kooperieren. Der Leiter der Stabsstelle für Aus-lagerung sieht die Gründe für dieses Motivationsdefizit eher in ei-ner starken grundsätzliche Opposition gegen die Auslagerung von Tätigkeiten seitens der Gewerkschaften und des Betriebsrates, aber auch seitens der Mitarbeiter/innen selbst, die sich deswegen an dem Wissenstransfer zwischen Standorten nicht beteiligen wollen. Im Zusammenhang mit der Auslagerung von Tätigkeiten werden Stel-len abgebaut, nicht nur weil Mitarbeiter/innen in Deutschland durch Beschäftigte im Ausland substituiert werden , sondern auch

181 wir ham- wir ham jetzt eine Einstellung anstehen, wo ein äh sogenannter Offshore-Manager eingestellt werden soll, und ähm wir sind sehr zweigeteilt als Betriebsrat bei diesem Thema, weil des ist ja schon fast so, als würde man seinen Henker anstellen.

Page 277: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 280

weil das Potenzial der Tätigkeit zur Kompetenzentwicklung zu gering ist.

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis betrachtet, ver-folgt Alpha 2 nach Meinung des Projektleiters grundsätzlich ein sogenanntes „factory model“, mit dessen Hilfe das Unternehmen standardisierte Dienstleistungen vor allem für Alpha liefern soll, die sich daraufhin wiederum leichter auslagern lassen.182 Vor allem bei bestimmten sogenannten „core processes“ sind solche Standar-disierungsprozesse sehr schnell vorangekommen, wobei das Unter-nehmen in drei Hauptbereiche aufgeteilt ist: Governance, Service Management und Service Delivery Management. Durch ein solches „factory model“ werden Verantwortungen verschiedenen Standor-ten zugewiesen bzw. dort zusammengefasst. Dieses Vorgehen hat mittlerweile das bisherige, oft als willkürlich empfundene System der Tätigkeitsallokationen abgelöst, das der Qualitätsmanager als „finger pointing“ bezeichnet.

Bei einigen Systemen ist der Standardisierungsprozess aber noch nicht so weit fortgeschritten. Wie der Projektleiter erklärt, haben die zuständigen Mitarbeiter/innen diese Systeme so einge-richtet, dass sie die einzigen sind, die das notwendige Wissen für die Systembetreuung haben. Daher wurden die Systeme standardi-siert, sodass keine individuellen Veränderungen mehr möglich sind und die Abhängigkeit von den Mitarbeiter/innen vermieden werden kann. Im Zuge der Standardisierung fällt jedoch der direkte Kon-takt zwischen den Kunden und ihren Ansprechpartnern im Projekt weg, den die Kunden jedoch fordern, auch wenn sie nicht bereit sind, dafür zu bezahlen. Eine solche Standardisierung widerspricht damit zum einen den Kundenbedürfnissen, lässt sich zum anderen 182 „des wird sich immer stärker entwickeln […] also wir sin momentan auch grad dabei, sogenannte Factories (3) ne, Standardisierung, Fabriken aufzubaun […] wo wir dann ähm aus jeder factory, also die baun wir jetzt so fachgruppenorientiert auf […] aus jeder factory standardisierte Services aus einem Katalog generiern wollen […] so. und je mehr wir diese Services dann standardisieren können […] oder wirklich dann standardisiert sind, desto leichter wird es uns dann auch fallen, diese diesen Katalog oder Teile dieses Katalogs dann zu nehmen, und wirklich woanders dann hinzutransferieren.“ (PL, 1367-1380).

Page 278: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

281 Internationale Professionalität

aber auch kaum damit vereinbaren, dass Mitarbeiter/innen in ver-schiedenen Standorten flexibel miteinander kooperieren sollen. Dennoch ist die Standardisierung im aktuellen Kurs des Unterneh-mens von enormer Bedeutung, wie auch der Qualitätsmanager be-tont.183

Aus der Perspektive des Projektleiters ist es sehr schwer, die Grenzen und die Schnittstellen von Arbeitsprozessen sowie von Tätigkeiten zu definieren. Darüber hinaus haben sich im Laufe des Standardisierungs- und Internationalisierungsprozesses die Tätig-keitsdefinitionen und vor allem die hierarchische Aufteilung von Zuständigkeiten zwischen Linie und Management, die dem Vorbild von Alpha folgte, sehr geändert. Linienmanagement wurde bei Al-pha hierarchisch über dem Projektmanagement positioniert, Ein vor fünf Jahren unternommener Versuch, beide Zuständigkeitsbereiche auf der gleichen Ebene anzusiedeln, blieb erfolglos. Bei Alpha 2 wurde vor einem Jahr damit begonnen, Linienführung und Pro-jektmanagement voneinander zu trennen. Damit werden die Mitar-beiter/innen von der Linienführung zu einem Pool zusammenge-fasst, sodass Linienmanager für klassische Personalfragen wie bei-spielsweise Weiterbildung verantwortlich sind, während Projekt-manager für die Allokation der Mitarbeiter/innen sowie für die di-rekte Führung und Kontrolle der Arbeit zuständig sind. Da die Ar-beit bei Alpha 2 grundsätzlich in Form von Projekten organisiert ist, wird das Projektmanagement im Vergleich zur Linienführung höher bewertet. Diese Wertung wurde allerdings noch nicht stabil in den Karrierestrukturen verankert. Zum Zeitpunkt der Interviews befand sich eine solche Struktur gerade im Aufbau.184

183 „Standardisierungen, wo es geht.“ (QM, 5115). 184 diese Projektmanagement-Ebene, die wird inzwischen oder inzwischen bei uns in Alpha 2 einen höheren Stellenwert […] als diese Line-Management-Funktionalitäten […] und da ist momentan die Alpha auch dabei, des auch so in den offiziellen Karrieremodellen, die’s gibt, auch anzupassen […] weil ich mein, es is immer theoretisch schön gesagt […], aber es muss ja denn auch gelebt und angepasst werden, sprich irgendwo muss es dann auch Niederschlag finden […] [weil es ist immer noch egal] auch wenn ma zu Externen geht, geht’s nur um den Thema disziplinarische und fachliche Mitarbeiter […], is immer noch’n Kriterium. (PL, 1120-1140).

Page 279: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 282

Da es nur eine Stelle gibt, die für die Einteilung und Koordina-tion des Personaleinsatzes in den Projekten und auch für die Priorisierung zwischen verschiedenen parallel laufenden Projekten zuständig ist, lässt sich der Personaleinsatz flexibler und übersicht-licher gestalten und schneller abwickeln, wie der Projektleiter er-klärt. Allerdings akzeptieren manche Mitarbeiter/innen diese Ver-änderung der Zuständigkeiten nicht, weil sich vor allem ältere Be-schäftigte mit weniger Projekterfahrung mit mehreren Führungs-kräften (Linie und Projektmangement) nicht identifizieren können, kommentiert der Projektleiter.

Das zentralisierte System der Allokation von Mitarbeiter/innen bei Alpha 2 wird mit dem Alpha-Allokationssystem verbunden und durch jährliche Mitarbeitergespräche gesteuert, sodass die Füh-rungskräfte die Leistungen der Mitarbeiter/innen auf Grundlage von konzernweit geltenden Kriterien und von Informationen seitens der Projektleitern bewerten und gemeinsam mit den Projektmana-gern über Allokationen in Projekten entscheiden.

Arbeits- und Wissensanforderungen bei Alpha 2

Die Qualifikationsanforderungen in der Firma werden immer hö-her, weil „einfache Tätigkeiten aussterben“, wie der Betriebsrat es ausdrückt. Darüber hinaus werden zusätzliche Schlüsselfähigkeiten erwartet, darunter vor allem Englischkenntnisse, Kommunikations-fähigkeiten und Reisebereitschaft sowie internationale Erfahrungen im Projekt-, Risiko- und Qualitätsmanagement, aber auch Soft Skills. Letztere werden nach Meinung des Leiters der Stabsstelle für Auslagerung immer wieder sehr unterschätzt, sind aber mittler-weile zentral geworden. Vor allem breite und nicht spezialisierte Programmierkenntnisse sind für die Praxis und auch für den Karri-ereaufstieg erforderlich, sogar in der Managementlaufbahn. Weil das „kulturelle Problem“ im Zusammenhang mit der Auslagerung von Tätigkeiten als schwieriger zu bewältigen gilt als technische

Page 280: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

283 Internationale Professionalität

Herausforderungen, ist es besonders wichtig, dass die Mitarbei-ter/innen über die Fähigkeit verfügen, „das Zwischenmenschliche zu spüren“.185

Die Personalverantwortliche bringt die Bedeutung von Soft Skills in Zusammenhang mit den mangelnden Arbeitskontrollmög-lichkeiten im Bereich der IT-Dienstleistungen. Die Mitarbei-ter/innen sollen sich selbst motivieren und die Soft Skills der Ma-nager sollen ebenfalls einen Beitrag zur Motivation der Beschäftig-ten leisten.

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis stellen die Befrag-ten einen Zusammenhang zwischen den sehr hohen Anforderungen an formelle technische Qualifikationen und auch an Kenntnisse im Wissens- und Tätigkeitstransfer sowie im Vertragsmanagement auf der einen und der internationalen Zusammenarbeit und speziell dem internationalen Projektmanagement auf der anderen Seite her. Dazu zählen auch Erfahrungen mit Standards wie ITIL, die sich im Branchensegment durchgesetzt haben, sowie grundsätzlich interna-tionale Arbeitserfahrungen in englischer Sprache, denn alle Doku-mente und Arbeitsabläufe sowie die gesamte Kommunikation so-wohl im Team als auch mit den Kunden/innen findet auf Englisch statt. Die sichere Beherrschung der englischen Sprache wird aber nicht nur von Projekt- oder Qualitätsmanagern erwartet, sondern von allen Mitarbeiter/innen, die in der Projektarbeit beschäftigt sind. Gerade in dieser Hinsicht hat Alpha 2 viele Probleme, ent-sprechend qualifiziertes Personal in Deutschland zu finden, wie der Projektleiter betont.186 Allen Befragten zufolge werden die sozialen 185 Eigentlich im im Wesentlichen Projektmanagementerfahrung, […] und da eben speziell noch mit diesem kulturellen Aspekt drin; […] (Eigentlich) Projektmanager, mit internationaler Erfahrung, insbesondere mit den Erfahrungen der der einmal Offshoreprozesse, aber auch ganz ganz wichtig mit der Kultur; […] und das wird immer wieder () () Kultur wird immer, na ja mein Gott Soft Skills. 746-760. 186 wir sind halt heute gewohnt, die Mitarbeiter, die’s ham zwanzig Jahre lang teilweise nur mit deutschen Kollegen zu tun gehabt […] ham schon Probleme mit der Sprache, mit Hochdeutsch, ja? […] und müssen jetzt plötzl- ja das isch einfach- sie sind Bayern, ja? das isch einfach klipp und klar, is so […] und die sind teilweise auch nicht bereit, dann die umzuschwenken, das heißt, ja, wenn der mit mir reden will, dann muss er halt Bayrisch reden, ich mein, […] das wird- das passiert Ihnen

Page 281: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 284

und kommunikativen Kompetenzen vor allem im Bereich der inter-nationalen Zusammenarbeit immer wichtiger. Speziell in Deutsch-land verlieren spezialisierte technische Kompetenzen rasant an Be-deutung zugunsten eines allgemeinen technischen Expertenwissens, das um sogenannte „Beratungskompetenzen“ ergänzt wird, wie einer der Projektleiter sie nennt. Hier entsteht seiner Schilderung zufolge ein kultureller Konflikt zwischen dem „Techniker-Habitus“ und dem aktuell von der Firma verlangten Beratungsprofil.187 Die Gründe für diesen kulturellen Konflikt verortet er darin, dass die Qualifikationen stark „technokratisch“ und auf die Ausbildung von Spezialisten/innen orientiert sind. Heutzutage sollen die Mitarbei-ter/innen aber quer und „horizontal“ denken, wie der Qualitätsma-nager es formuliert, einen breiten Überblick haben, weg von „verti-kalen“ Qualifikationen, die den Einsatz von Fachkräften auf Ni-schen begrenzen.188

Eine solche Transformation der Qualifikationsanforderungen wird auch von den Softwareentwickler/innen selbst festgestellt. Einfaches Programmieren ist in Deutschland obsolet geworden. heut hier schon, wenn Sie nicht aus Bayern kommen, kann das schon passieren […] und des is natür-lich noch mal ’ne ganz andere Qualität […] und da gibt’s teilweise dann schon Reibereien. (PL, 567-578). 187 es gibt Leute, das sind so mehr diese technokratischen Typen (…) die unheimlich viel Spaß haben, stundenlang vor der Maschine zu sitzen, also ich kenn sehr viele Kollegen, die genau dies sind, die sind unheimlich tolle Programmierer, die- wenn ma denen ein Problem schildert, dann hört man schon, wie’s im Kopf klackert, ja?, und die denken schon in Codezahlen, die können sich tagelang, stundenlang nur vor die Maschine setzen und hinterher sind die glücklich, wenn die Maschine genau das macht, was sie vorher wollten. Aber die sind nicht in der Lage, irgendjemanden zu erklären, was dieses Ding eigentlich macht (…). „mit solchen Leuten schaffen Sie diese zukünftige Trennung halt einfach nicht, ja?, wenn man denen probiert klar zu machen, ja, zukünftig wirst du nicht mehr hier ((tippelt auf dem Tisch)) sondern du beschreibst das vielleicht, ja? […] sie sagen Power-Point-Pinsler, ja? werd’ ich nicht @(…)@ ja! das isch dieses Bild, das einfach da ist, das sin alles die, die-die Leute, die nicht das wirklich doing machen, sind Power Point Pinsler, ja? und des wollen die auch nicht sein. (PL2, 457-467; 475-480). 188 noch mal die Frage mit den Qualifikationen, die wird sich ganz extrem ändern (…), da wir sehr technokratisch orientiert waren bisher ischt das einfach so dieses Spezialistentum (…) war ja absolu-tes Muss, ja? je spezialisierter, je besser, ja und genau da müssen wir jetzt die Leute im Prinzip wieder rausholen. (PL2, 789-795). „früher war es so, dass Mitarbeiter ein System kennen musste, jetzt muss er sechs, sieben beherr-schen, ja?, also er muss mehr in der Quer- im im mehr im Querschnitt arbeiten, also mehr in der Horizontalen arbeiten als in der Vertikalen, ne?(QM, 1371-1384).

Page 282: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

285 Internationale Professionalität

Solche Tätigkeiten wurden seit Langem ausgelagert. Eine Kombi-nation von Fähigkeiten, vor allem Kommunikationsfähigkeiten und auch die Bereitschaft, sich ständig in neuen technischen Methoden und sozialen Kompetenzen weiterzubilden, ist heutzutage prioritär. Der damit einhergehende Druck zur ständigen Weiterbildung löst bei den Softwareentwickler/innen viele Unsicherheiten darüber aus, welches Wissen erworben werden soll, und auch Ängste, mit der Innovationsdynamik nicht mithalten zu können.189

Jenseits von Standards und technischen Fähigkeiten müssen die Experten professionell im Sinne von Entscheidungsgefühl agieren, also in der Lage sein zu beurteilen, wann sie bestimmte Lösungen verwenden sollen und wann nicht. Nach Meinung des Qualitätsma-nagers kann eine solche Kompetenz überhaupt nicht standardisiert werden und ist aktuell wichtiger denn je.190

Karriereoptionen bei Alpha 2

Für den Einstieg ins Unternehmen bietet Alpha 2 gezielte Möglich-keiten für unterschiedliche Profile, die teilweise durch das klassi-sche duale System geprägt werden. Für Schüler/innen ab der neun-ten Klasse existiert ein sogenanntes Traineeprogramm mit einer IHK-Zertifizierung, das ein duales Training beinhaltet. Für Hoch-schulstudenten/innen gibt es zahlreiche Einstiegsprogramme, inklu- 189 Angst, es ist wahrscheinlich reine Angst, äh die Arbeit zu verlieren, ne?, die Angst davor, überholt zu werden, ich mein, man muss auch das mal so sehen, dieser Job ist ein unheimlich stressiger Job. Wer da mal 50 oder Mitte 50 ist, also der ist ziemlich ausgebrannt. Ich mein, ich hab ’nen ganzen- ich mach das Ganze jetzt ja auch schon seit knapp 30 Jahren und man merkt, dass man jetzt da einen Punkt ankommt, da geht das nimmer, man kann nicht alle Vierteljahr komplette neue Architekturen lernen, das geht dann nicht mehr. (1SWE, 897-915). 190 das Gefühl entwickeln, wann ist denn etwas wirklich wichtig (…] weil das ist- das ist etwas, was man irgendwie im Bauch haben muss, […] @ja ja, man muss alle Seiten kennen@ und man muss mal herausfinden, wann- wann reagiert- oder wa- warum ist es dem anderen […] wichtig […] es kann ja wirklich wichtig sein, weil man kann ja nicht alles in irgendwelche Standarddefinitionen reinbringen […] also einerseits Standard, jawoll, wunderbar, aber andererseits auch ’n Gefühl dazu für- ’n (…) herauszufinden, wann ist- ist etwas (2) echt äh kom- äh äh wichtig und äh dazu ist not-wendig, dass ich die Kundenprozesse schon ’n bisschen kenne, was da abläuft, ja? […] [die Prioritä-ten] dann auch ’n bisschen einschätzen können. (QM, 2768-2780).

Page 283: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 286

sive Frauenförderinitiativen, Praktika und auch duale Programme mit unterschiedlichen Bachelorzertifikaten. Speziell für Absolven-ten/innen mit einem Master oder Diplom existieren Einstiegsmög-lichkeiten, wenn sie aus den Disziplinbereichen Informationstech-nologien, Information Systems oder Management stammen. Absol-venten/innen aus anderen technologischen oder naturwissenschaft-lichen und Managementbereichen müssen hingegen zusätzlich be-stimmte Anforderungen erfüllen (exzellenter Abschluss, „Entrepre-neurial“ Aussehen, gute Englischkenntnisse sowie mindestens sechs Monate Arbeitserfahrung durch Studium oder Praktika). Da-rüber hinaus bietet Alpha 2 auch Einstiegsmöglichkeiten für „Pro-fessionals“ aus den Bereichen Informationstechnologie, Informati-on Systems und Informationswissenschaft. Insbesondere gegenüber dieser Gruppe präsentiert sich Alpha 2 als ein großer internationa-ler IT-Dienstleister, der in einem wettbewerbsintensiven und schnelllebigen Markt agieren muss. In diesem Zusammenhang de-finiert Alpha 2 sein Unternehmensziel als die langfristige Siche-rung des Geschäftserfolgs, die sich nur mit Mitarbeiter/innen errei-chen lässt, die eine hohe Qualifikation, aber auch die Fähigkeit mitbringen, schnell und flexibel auf wechselnde Anforderungen reagieren zu können. Dafür bietet Alpha 2 Weiterbildungsmaß-nahmen an. Hier wird die Kooperation zwischen Professionals und dem Unternehmen gezielt erwähnt, wofür Alpha 2 eine individuelle Förderung von fachlichen und sozialen Kompetenzen in der Form von Weiterbildungsmaßnahmen anbietet. Seitens des Unterneh-mens stehen Professionals nicht nur bei der Rekrutierung von Per-sonal weiter oben auf der Prioritätenliste als die anderen erwähnten Zielgruppen, sondern es wird auch gezielt auf die Förderung perso-neller und „professioneller Skills“ hingewiesen.

Die Entwicklungspfade für die Mitarbeiter/innen von Alpha 2 sind deutlich vom Mutterkonzern geprägt. Alpha hat ein Programm zur Systematisierung und Standardisierung der Personalentwick-lung eingeführt, das ein pyramidales hierarchisches Modell verfolgt

Page 284: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

287 Internationale Professionalität

und sowohl Weiterbildungs- als auch Anerkennungssysteme in Form einer hierarchischen Karriere mit Management-Beratung als Ziel integriert. Jährlich werden Zielvereinbarungen zwischen Füh-rungskräften, Personalverantwortlichen und den Mitarbeiter/innen selbst verhandelt und festgelegt, was auf der Unternehmenshome-page als offener Dialog zwischen der Organisation und ihren Mit-gliedern bezeichnet wird. Drei Aspekte werden im Zusammenhang mit dem Angebot von Karriere und Personalentwicklung erwähnt: das System zur Erfassung der Promotionsstufen bzw. des Karriere- und Weiterbildungserfolgs, der Management-Mitarbeiter/innen-Dialog und die Förderung individuellen Lernens. Der Entwick-lungspfad des Unternehmens besteht aus sechs hierarchischen Stu-fen. Die ersten beiden, „Junior Berater/in“ und „Management Bera-ter/in“, benötigen mindestens vier Jahre, um in die nächste Stufe „Senior Management Berater/in“ aufzusteigen. Idealerweise blei-ben die Senior Manager Berater/innen zwei Jahre lang auf ihrer Stufe, bis sie „Berater/innen Manager“ und nach weiteren drei Jah-ren dann zu „Principal Management Berater/innen“ werden. Ab dieser Stufe werden keine idealen Verbleibszeiten mehr angegeben. Das Leitbild professioneller Berater/innen bei Alpha 2 wird mit Attributen wie innovatives Denken, Kreativität sowie starker Kun-denorientierung beschrieben.

Nach Meinung des Betriebsrats wird der Stellenwert von Bera-tungsbereichen allgemein betrachtet aufgewertet, während techni-sche Bereiche abgewertet werden.191 Die Personalverantwortliche und der Leiter der Stabsstelle für Auslagerung teilen diese Ansicht. Allerdings stimmen die drei Befragten auch darin überein, dass die Karriereaussichten wegen der Umstrukturierung des Unternehmens

191 „also den IT-Teil, den wesentlichen IT-Teil der Alpha, das hat sich äh sehr stark wegbewegt von den traditionellen Themen, die sehr techniknah waren, in Richtung äh Beratungsgeschäft, also ob das SAP-Beratung mittlerweile ist oder Unternehmensberatung im etwas äh weiteren Sinne noch […] das ist das, wo sagen wir mal was geht, wo man Aufstiegschancen hat, wo man auch ordentlich Verdienstmöglichkeiten hat […] alles andere, das wird ähm sagen wir mal deutlich schlechter be-wertet mittlerweile, als es früher der Fall war.“ (BR, 42-52).

Page 285: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 288

sehr unsicher sind. Der Betriebsrat weist darauf hin, dass ange-sichts der schrumpfenden Personalbestände und der hohen Fluktua-tion von Mitarbeiter/innen Karrieren uninteressanter geworden sind.192 Weil auch Führungskräfte das Unternehmen verlassen ha-ben, sind auch in leitenden Positionen einige Stellen frei geworden. Doch in mittleren und unteren Managementpositionen ist nach dem Vorbild von Alpha eine längere Verweildauer der Führungskräfte üblich. Deshalb sind vor allem die obersten Ebenen der Unterneh-mensführung von Fluktuation betroffen.

Alpha stellt nicht nur ein Leitbild für die Karrierestrukturen des Unternehmens dar, es gibt auch eine deutliche Durchlässigkeit zwi-schen den unterschiedlichen Unternehmen und Bereichen von Al-pha, was sich auch darin zeigt, dass Alpha 2 für Stellenanzeigen in die Homepage von Alpha nutzt. Die Personalverantwortliche ver-weist auf die Versetzung von Mitarbeiter/innen in andere Konzern-bereiche aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen und im Zu-sammenhang mit der Auslagerung von Tätigkeiten, das heißt als Nebeneffekt von Offshoring.

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis sieht einer der Softwareentwickler Karrierechancen lediglich in Managementbe-reichen, während es zu früheren Zeiten in fachlichen Bereichen durchaus auch Chancen gab. Ein weiterer Softwareentwickler ist auch dieser Meinung. Er begreift Manager als besondere Persön-lichkeiten, die sich hauptsächlich mit „Querschnittsachen“ beschäf-tigen und keine tief gehenden technischen Kenntnisse haben.

Im Hinblick auf Karrierechancen hält der erste Softwareent-wickler die formelle Qualifikation in der Informatik für weniger wichtig als eine besondere Einstellung zur Verfolgung des Karrie-reziels, die vor allem Betriebswirte im Studium eher als Informati-ker lernen. Demgegenüber meint der zweite Softwareentwickler, dass fachliche Kenntnisse und Leistungen, aber auch eine zielstre-

192 ansonsten ist halt bei schrumpfenden äh Personalbeständen das Thema Karriere nicht so: äh überbewertet @(.)@ […]. (BR, 244-280).

Page 286: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

289 Internationale Professionalität

bige Profilierung am Wichtigsten für die Karrierechancen in der Managementlaufbahn sind. Von Bedeutung sind darüber hinaus ein bestimmtes Aussehen, aber auch die zeitliche Verfügbarkeit und die informellen Kontakte, die jenseits der offiziellen Karrierewege zum Aufstieg durch Projekte beitragen. Beispielsweise wird dem Qualitätsmanager zufolge die Kontinuität der Förderung der Mitar-beiter/innen sowie die Leistungsbewertung dadurch erschwert, dass die Vorgesetzten mehrmals im Jahr von Projekt zum Projekt wech-seln. Beschäftigte müssen deshalb informelle projektgebundene Netzwerke aufbauen, um die eigene Karriere zu gestalten. Denn auch wenn die Personalverantwortlichen versuchen, das zentralisti-sche Alphamodell zu implementieren, läuft die Projektallokation immer noch zumindest auch informell.193 Dass informeller Netz-werke für die Karrieregestaltung tatsächlich eine große Rolle spie-len, spiegelt sich auch in der Notwendigkeit wider, sich möglichst viel zwischen verschiedenen Projekten zu bewegen, um sich bei mehreren Vorgesetzten beliebt und bekannt zu machen, denn diese Personen beurteilen die Karrierepotenziale der Mitarbeiter/innen und beeinflussen auch ihre Gehaltsentwicklung. Karrierepfade sind

193 wenn man im Projektgeschäft ist, kann man nicht sagen, ich möchte heute dieses Projekt haben oder morgen jenes, sondern es kommt auf einen zu […] es kommt einfach auf einen zu und wenn äh sich spezialisiert hat, dann dann wird das auch irgendwo bekannt in dieser Organisation, und dann kriegt man immer wieder Anfragen […] informell, das ist immer das Wichtigste, man kann auch formal sich äh oder formell sich äh informieren über Intranet oder sonstige Medien […] wo halt äh- wo halt äh Projektmanager oder sonstige F- Skills halt gesucht werden […] dann kann man sich dahin bewerben, das ist kein Thema […] das ist ja Alpha-weltweit möglich […] effektiv ist nur [die informal-] (…) in der Realität is’ so, dass ma halt im Jahr zwei, drei Chefs hat und dann ist es bissl schwierig, dann mit einem eine klare Kontinuität aufzubaun […] deswegen ist dann wieder wichtig das Informelle […] weil sonst kann’s passieren, dass ma einfach mal in der Ritze hängen bleibt, […] also, das selber verkaufen ist wichtig, ’s- in solcher Organisation muss ma auch wissen, wie ma sich bewegt, ja? […] und das Bild [der Firma] ist immer so eins, es ist ’n Riesenladen und es ist alles so sehr stark strukturiert und wir sind so administrativ, ja, […] und wir sind so schwerfällig, ja, absolut nicht richtig, […] absolut chaotischer Laden, ja?, im Prinzip, ja, ist ’n Riesen-[…] ’ne Riesencompa-ny […] vierhunderttausend Leute, über vierhunderttausend Leute […] da kann man zwar Regeln aufstellen, […] aber dass der Laden hier wirklich läuft, liegt daran, dass verdammt viele Menschen sich verdammt gut kennen […] das geht über Netzwerke und das wird auch bewusst äh gesteuert, dass Menschen über Netzwerke zusammenwirken […] weil man kann nicht mit ’m Regelwerk eine- eine große Company steuern […] das kriegt man nicht hin […]. (QM, 5443-5473, 5533-5627).

Page 287: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 290

bei Alpha 2 in bestimmte Projektpositionen gegliedert, die orientativ mit Funktions- und Gehaltsstufen verbunden sind.194

Mechanismen der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis bei Alpha 2

Bezüglich der Arbeits- und Wissenskontrolle bemerkt der Projekt-leiter, dass Qualitätsmanagement an Bedeutung gewinnt und dass es sich durch die Implementierung von Prozessstandards weiter-entwickelt. Durch die Umsetzung und Verbreitung von Qualitäts-management werden die unterschiedlichen Tochterfirmen aus ver-schiedenen Standorten, aber auch die Arbeitsprozesse vergleichbar. Letztere können damit optimiert werden, wobei die Implementie-rung der Standards in die Arbeitspraxis nicht unproblematisch ver-läuft und interpretationsbedürftig bleibt. Deswegen kommentiert der Projektleiter, dass die Qualitätsmanagementsysteme leben sol-len, denn durch die Beteiligung von Mitarbeiter/innen an der Um-setzung theoretischer Richtlinien tragen sie auch zur Weiterent-wicklung der Qualitätsmanagementsystemen bei, was wiederum 194 aber es gibt ’ne Orientierung […] und man sagt auch, Projektmanagementlaufbahn, die beginnt bei Projektmanager bis hoch zum zum Projektdirektor […], dass da ’ne klare gehaltliche Entwick-lung da ist, […] oder mh ’ne mögliche Gehaltsentwicklung bis zum oberen Führungskreis sogar […] wo- wo man dann mehr auf der- auf der Consultantebene sagt, okay, also wenn du Consultant Senior oder dann Architekt oder solche Sachen […] kann man dann auch sagen, gibt’s auch beim Architek-ten äh ’ne ’ne Zuordnung zu zu einer Funktionsstufe […] zu ’ner Orientierung, aber das ist halt alles nicht verbindlich […] es kann sein, kann nicht sein, […] aber du schaffst halt damit die Vorausset-zung, dass es überhaupt möglich ist […] andererseits würdest du gar nicht hinkommen […] [wie das entschieden wird?] […] ja, das ist der- äh Output aus so einem Jahresgespräch ist’n Ergebnis […] dieses Ergebnis, weil viele Mitarbeiter machen diese Jahresgespräche […] dann entscheidet ein bestimmter Kreis, welche Kandidaten sind besonders förderungswü-würdig […] und dann kommt aus ver- verschiedenen Richtungen, Abteilungen Kandidaten, die förderungswü-würdig sind […] dann kommt das in ein Gremium rein, […] dieses Gremium hat- hat die Möglichkeit- hat nur begrenzte Möglichkeiten, zu fördern […] und dann geht’s darum, wie am Marktplatz, wo dann der eine den ander- also wo der Chef seine Mitarbeiter vertritt und je nachdem, welche Netzwerke er wiederum in diesem Leitungskreis hat […] und wie engagiert er seine Leute vertritt und wie bekannt sind die Leute, die von einem vertreten werden, auch in den anderen Kreisen […] es nutzt nämlich nix, wenn einer supergut ist in ei- in einem Bereich […], aber nicht diesem Gremium bekannt ist […] der kann der beste sein, deswegen ist es auch wichtig immer wieder zu wechseln, ja? […] also, länger als zwei Jahre an einem Platz sollte man sich da nicht bewegen. (QM, 5640-5747).

Page 288: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

291 Internationale Professionalität

deren Akzeptanz bei den Beschäftigten erhöht. Dies geschieht ak-tuell in der internationalen Arbeitspraxis aber nicht. Wie der Quali-tätsmanager betont, können mit der Umsetzung von Standards in der Arbeitspraxis die Probleme der internationalen Arbeitsabläufe nicht gelöst werden, denn für die Umsetzung bestimmter Lösungen sind vor allem Kommunikationsprozesse und „Gefühle“ entschei-dend, die durch Standards keineswegs ersetzbar sind.195

Aus der Perspektive des zweiten Projektleiters ist das Quali-tätsmanagement in der Softwareentwicklung im Allgemeinen sehr schwierig. Seiner Meinung nach muss ein Mittelweg zwischen Akademisierung der Anforderungen, Aufwand der Implementie-rung und Effektivität gefunden werden. Ihm zufolge fragen die Kunden nach Qualität, für die sie allerdings nicht bezahlen wollen, und sie bewerten diese nach der Dokumentation, die eigentlich nicht viel über Qualität sagt. Die Service Level Agreements, auf deren Grundlage Verträge mit den Kunden geschlossen werden, enthalten eher Eckdaten als Qualitätsgarantien. Dennoch erfordern sie einen hohen Detaillierungsgrad von Arbeitsprozessen. Quali-tätsmanagementsysteme sind insofern nicht nur ein Arbeitskontroll-instrument, sondern sie gehen auf den Wunsch der Kunden zurück, sich an der Gestaltung von Arbeitsprozessen bzw. an der Arbeits-praxis zu beteiligen.

Intern werden die Richtlinien von Qualitätsmanagementsyste-men durch ein Standardmodell des Wissenstransfers auf die unter-schiedlichen Projekte übertragen. Die Standards sind aber immer wieder interpretationsbedürftig und an diesem Interpretationspro-zess müssen sich die Mitarbeiter/innen aktiv beteiligen, wie der Projektleiter kommentiert. Doch Qualitätsmanager verlassen sich auf die vorgegebenen Reviews, sodass Fehler oft zu spät erkannt werden und der Arbeitsprozess unterbrochen werden muss. Auf- 195 Gefühl entwickeln dafür, wann einem anderen wirklich (2) der Kittel brennt, […] ja? wann hat er wirklich ’ne ’ne Not […] also diesen ersten Weg gehen, weil Standardisierung hat etwas mit Technik zu tun, […] da hab ich ’n Prozess oder ich hab ’n Tool, ja? […] aber das ist ja nicht alles […] ja?, das ist nicht alles […] Kommunikation ist auch immens wichtig. (QM, 1257-1264).

Page 289: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 292

grund einer mangelnden Harmonisierung von Arbeitsprozessen durch effektive Formulierung und Umsetzung von Arbeitsregeln fehlt, wie der Qualitätsmanager meint, ein Gesamtbild des Arbeits-ablaufs. Dadurch wird eine fließende Kommunikation in Projekten verhindert, weshalb es häufig zu Eskalationen in internationalen Projekten kommt.196

Solche standardisierten Arbeitsregeln und damit die ständige Projektdokumentation sind in der alltäglichen internationalen Pro-jektarbeitspraxis der Softwareentwickler zentral, auch wenn sie die Skepsis über die Effektivität solcher Regeln des zweiten Projektlei-ters, des Qualitätsmanagers und des Projektleiters teilen und unsi-cher darüber sind, wie umfassend der gesamte Kontrollprozess ist. Aus der Sicht des ersten Softwareentwicklers ist die Dokumentati-on eine Pflicht in der Arbeitspraxis, die er allerdings auch online verarbeiten kann. Ob es Dokumentationskontrollen gibt, ist ihm nicht bekannt. Auch der zweite Softwareentwickler betont die Be-deutung der Dokumentation in seiner täglichen internationalen Ar-beitspraxis, wobei die Dokumentationsanforderungen seiner Mei-nung nach extrem und zu detailliert sind und sogar die Angabe von E-Mails erfordern. Solche Dokumentationsanforderungen bezeich-net er als hohen Rechtfertigungsdruck. Wie der zweite Projektleiter ist auch der zweite Softwareentwickler der Ansicht, dass die Zerti-fizierungen wenig über die Qualität von IT-Dienstleistungen aussa-gen. Solche Zertifizierungen dienen ihm zufolge eher als Nachweis der Arbeitsprozesse und nicht der Qualität.197

196 „das Gesamtbild fehlt […] und die erste Frage, die unsere Inder dann immer stellen wollen, please give me a äh äh äh clear picture, ne? […] die wollen am liebsten erst mal ’ne Fol- so so’n Bild haben […] und dann so ist das Ding insgesamt […] das hat man sehr selten […], weil unsere Systeme und das glaub ich, das zieht sich durch alle Kunden hinweg und durch alle Menschen- äh alle äh Unternehmen hinweg […], sind nicht so gut dokumentiert […] Alt-Verfahren sind nicht so gut dokumentiert […], dass man wirklich idealerweise sagen kann von der Dokumentenstruktur, es gibt erstmal ein Bild und dann kommt die nächste Ebene, die übernächste Ebene, [das gibt’s halt net] […] also ist das’n Puzzle-st- ’n Puzzlespiel, was man da immer zusammenbringen muss. (QM, 1520-1535). 197 2SWE: jaja, wir sind auch alle zertifiziert I: @(.)@ und wie sch- äh welche Bedeutung hat das, wie schätzen Sie das ein?

Page 290: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

293 Internationale Professionalität

Wie der zweite Softwareentwickler berichtet, existieren bei Al-pha 2 sowohl Produktdokumentationen als auch Kommunikations-dokumentationen. Produktdokumentationen beinhalten die Pro-duktvoraussetzungen und -konzepte sowie die Prozessdokumenta-tionen und sollen den gesamten Arbeitsprozess beschreiben. Sie sind vor allem für die Kommunikation mit Kunden wichtig. Kom-munikationsdokumentationen dienen der internen Projektkontrolle und der Fehlerverfolgung insbesondere in Offshore-Projekten so-wie als Kommunikationsmedium innerhalb des Projektteams.198 Entscheidend für die Effektivität des Arbeitsprozesses ist nach der Auffassung des zweiten Softwareentwicklers, dass es jemanden gibt, der Regeln durchsetzt. Dafür sind bestimmte Stellen im Quali-tätsmanagementbereich geschaffen worden, wie die des Qualitäts-beauftragten, der gerade die Richtigkeit der Dokumentationen überprüft. Für den ersten Sotwareentwickler ergibt sich der Sinn der Dokumentation aus der zeitlichen Befristung der Projektarbeit und aus der Notwendigkeit zur Verständigung innerhalb des Pro-jektteams.199 Dennoch sieht der zweite Softwareentwickler gerade in der begrenzten Gültigkeit der Dokumentationsanforderungen, die sich alle drei Jahre ändern, eine große Belastung in seiner tägli-chen Arbeit. Der damit einhergehende Zeitaufwand ist zwar not-wendig, im Projektablauf jedoch nicht vorgesehen.

2SWE: wollen Sie mei ehrliche Meinung @(.)@?[…] also, äh diese ganze Qualitätssicherung, ne?, dient ähäh (2) eher denn dem Nachweis von Dokumenten […] der Qualitäts(vollzug) nicht. […]. 198 man muss unterscheiden, zwei Arten von Dokumentation, das eine ist die Produktdokumentation, die man entwickelt und das andere ist noch a Kommunikationsdokumentation 2SWE: ne?, und äh diese- diese Form der Kommunikationsdokumentation, die hat sich a bissl zu einer Manie entwickelt, weil man ist natürlich in diesem bisschen sehr schnell und sehr häufig in der Situation äh::: sich rechtfertigen zu müssen, ne? (2SWE, 199-222). 199 Dokumentation deshalb, weil die Zusammenarbeit mit dem Partner ja immer nur temporär ist, dann muss man das haben, die andere Sache ist die, kenn ich jetzt zwar kein Beispiel, aber ich kann’s mir einfach gut vorstellen, man braucht irgendwas, wenn’s zu irgendwelchen Unstimmigkeiten kommt. (1SWE, 444-468).

Page 291: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 294

Konstruktion beruflicher Identitäten bei Alpha 2

Weiterbildung wurde in Alpha 2 nach dem Modell von Alpha ent-wickelt. Es existiert ein sogenanntes „asessment center“, das für die Personalentwicklung zuständig ist und das versucht, bestimmte Weiterbildungsangebote für Führungsaufgaben zu bündeln. Nach wie vor besteht in der Firma Unsicherheit darüber, welche genauen Techniken und dementsprechend Weiterbildungsthemen verfolgt werden sollen, wie der Betriebsrat kommentiert. Unter den Füh-rungskräften, die über die Einrichtung von Weiterbildungspro-grammen entscheiden, gibt es eine sehr hohe Fluktuation. Daher fehlt eine entsprechend klare Unternehmensorientierung, auch wenn die Nachfrage nach Weiterbildungsmöglichkeiten seitens der Mitarbeiter/innen stark ist. Darüber hinaus gibt es auch finanzielle Restriktionen, da die Firma Weiterbildung vorwiegend als Kosten-faktor und nicht als Investition betrachtet.200

Was die Trainingsinhalte angeht, sieht der Betriebsrat darüber hinaus ein Problem darin, dass in Offshoringprojekten neben brei-ten Programmiertechnik-Kenntnissen auch Kenntnisse der Be-triebswirtschaft erforderlich sind, die nicht durch Weiterbildung vermittelbar sind. Angesichts der Kürze der Innovationszyklen las-sen sich Weiterbildungen kaum rechtzeitig etablieren. Eine Anpas-sung an die Anforderungen kann deshalb nur auf der soliden Grundlage eines entsprechenden Studiums gelingen.201 Der Leiter der Stabsstelle für Auslagerung prognostiziert, dass die Weiterbil- 200 „es wird schon verstärkt nachgefragt, aber einfach aufgrund der finanziellen Situation der Firma in der Vergangenheit ist da deutlich gebremst worden und äh wie gesagt, es fehlen einfach dann auch ähm ne- es- wie soll man sagen, strategische Entscheidungen, man will da drauf gehen und […] riskiert man dann auch tatsächlich, also in weiten Bereichen wird das Weiterbildung immer noch mehr als Kostenfaktor betrachtet als Investition in die Zukunft.“ (BR, 368-375). 201 Entwicklungszyklen in der IT-Landschaft sind so schnell, dass man eigentlich äh ohne ’ne ent-sprechende Ausbildung nur durch reines Einarbeiten in bestimmte Themen kommt ma einfach nicht mehr mit […] da sind die Wechsel zu schnell […] [man braucht eine Ausbildung] die ’ne ’ne sehr breite Grundlage hat, damit man auch was hat, wo man drauf aufbauen kann, also die- die äh Karrieren, die durch äh ja Training on the job in der Vergangenheit möglich waren, die werden zunehmend unwahrscheinli-cher.“ (BR, 857-866).

Page 292: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

295 Internationale Professionalität

dung sehr stark zurückgehen und sich der inhaltliche Schwerpunkt eher in Richtung Projektmanagement sowie Soft Skills speziell im Hinblick auf interkulturelle Fähigkeiten entwickeln wird.

Auch für die Ebene der Projektpraxis hebt der Personalverant-wortliche im Zusammenhang mit der Internationalisierung der Ar-beit die Bedeutung von Social Skills nicht nur in der Weiterbil-dung, sondern auch in Bezug auf Konfliktlösungen sowie auf die Motivation der Beschäftigten hervor, wobei je nach Tätigkeit der Stellenwert solcher Skills unterschiedlich ist. Die Softwareentwick-ler meinen, dass Weiterbildung projektgebunden ist, damit die Kenntnisse nicht vergessen werden und sofort anwendbar sein kön-nen. Andererseits hat die in die Projektpraxis integrierte parallele Weiterbildung an Bedeutung gewonnen.202 Im Ergänzungstarifver-trag sind 50 Stunden pro Jahr für Weiterbildung vorgesehen.

Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien bei Alpha 2

Was die Integration der Mitarbeiter/innen und die Karrierechancen innerhalb des Unternehmens betrifft, entstehen Asymmetrien hauptsächlich entlang der Kategorien Alter und Geschlecht im Zu-sammenhang mit Mobilitäts- bzw. Präsenzhindernissen oder Zeit-mangel. Mit zunehmendem Alter reduzieren sich vor allem die Möglichkeiten eines Karrierewechsels, wie der Betriebsrat be-schreibt.203 Er schätzt die Bedeutung von persönlichen Kontakten und des „Sich-bekannt-Machens“ für die Karriereoptionen mit 60 bis 70% sehr hoch ein.204 202 ah ja, das heißt also diese persönliche Weiterbildung on-the-job, die man so nebenher quasi erledigt, das hat ’ne- das aber an- dann an Bedeutung gewonnen. (2SWE, 326-332). 203 „ist deutlich erkennbar, je älter man ist, desto weniger Chancen bekommt man einfach, es sind ’n paar äh Spezialthemen, in denen man sich bewegen kann, aber eine komplette Veränderung, wenn man was weiß ich die 50 hinter sich hat, ist da nahezu aussichtslos […] ich glaub in irgendwelchen Nischen […] selbst mit- mit 40 wird’s schon schwierig […], dann kann man diesen einmal einge-schlagenen Weg äh weiterhin beschreiten, aber ähm einen kompletten Wechsel, wenn man ein be-stimmtes Alter überschritten hat, ist (dann sehr, sehr schwierig).“ (BR, 59-73). 204 „ja das ist einmal die Stellen in irgendwelchen leitenden Positionen oder auch interessante fachli-che Themen, die werden ausgeschrieben intern und man kann sich da drauf bewerben, und es gibt

Page 293: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 296

Der Betriebsrat weist darauf hin, dass der Anteil von Frauen im Unternehmen von 25% bei der Gründung des Unternehmens im Jahr 2004 auf 20% aktuell zurückgegangen ist. Frauen sind seiner Meinung nach vor allem als Auszubildende (zwei Drittel davon sind Frauen) oder – aus Qualifikationsgründen – in kaufmänni-schen Bereichen präsent. Weitere Gründe für die rückläufige und insgesamt geringe Beteiligung von Frauen im Unternehmen sind aus der Sicht des Betriebsrates Mobilitätshindernisse und die För-derung eines „bestimmten Ellenbogentyps“ im Unternehmen. In Beratungsbereichen sind die Karrierechancen gut für Frauen, wenn sie noch jung sind und keine Familie haben. Besondere Probleme für Frauen sieht der Betriebsrat, wenn sie nach der Elternzeit wie-der in die Firma einsteigen oder von einer Teilzeit- auf eine Voll-zeitstelle wechseln wollen. Für Mitarbeiter/innen mit Kindern ist es notwendig, einen Partner zu haben, der die Kinderbetreuung über-nimmt.205 Teilzeit, die nach Meinung des Betriebsrats durch den Vorgesetzten arrangierbar wäre, ist de facto nur bei niedrig qualifi-zierten Tätigkeiten möglich. Von dort wieder auf eine höherwertige (Vollzeit-)Tätigkeit zu wechseln, ist nicht vorgesehen, weil sich diese Arbeitsbereiche sehr schnell weiterentwickeln und eine kon-tinuierliche und intensive Beschäftigung erfordern.206 Auch der

natürlich auch die Fälle, wo einfach äh persönliche Bekanntschaften dazu führen, dass interessante Angebote zunächst einmal ohne veröffentlicht zu werden, auch schon weitergereicht werden […] die persönlichen Bekanntschaften würde ich tendenziell äh deutlich mehr als 50% einschätzen, also ich schätz mal 60, 70% (werden’s sein) […] den entsprechenden Leuten mal aufgefallen sein, das ist ja äh- viele Themen werden ja projektmäßig hier behandelt und aus den verschiedenen Abteilungen Mitarbeitern zusammen, wenn man sich da entsprechend hervortut, kann man natürlich äh angenehm auffallen und entsprechend auch mal ’n Angebot bekommen.“ (BR, 226-240). 205 man muss voll einsetzbar sein, also man müsste im Prinzip immer ’n Partner haben, wenn man Familie hat, der sich dann um das Thema Familie und Kinder kümmern kann, egal, wer das jetzt ist. (BR, 47-58). 206 ist es schwierig, wir haben also deutliche Probleme im Bereich, äh wenn Teilzeit gewünscht wird, nach dem äh Kinder da sind, äh ham wir auch jetzt bei der Eintarifierungsrunde gesehen, die sind also über ’m Durchschnitt, was die Einbußen angeht (…) in Vollzeit weiterarbeiten nach dem äh nach der Mutterschaftsfreistellung, das ist denk ich äh völlig problemlos, wenn man schon mal Elternzeit gehabt hat, also ganz aus’m Geschäft raus gewesen ist, wird es schwierig, wieder Zugang zu finden, da muss ma also sagen wir mal deutliche Rückschritte erst mal in Kauf nehmen und äh wenn man Teilzeit macht, ist das ähnlich, weil viele Vorgesetzte machen sich nicht die Mühe, ähm

Page 294: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

297 Internationale Professionalität

Leiter der Stabsstelle für Auslagerung bestätigt den geringeren Stellenwert der Teilzeitbereiche ebenso wie die Einschätzung über die grundsätzliche Beteiligung von Frauen in Personalabteilungen oder Callcentern. Darüber hinaus sind Frauen seiner Meinung nach in bestimmten Ländern wie zum Beispiel Indien nicht für Mana-gementfunktionen geeignet.

Die Personalverantwortliche sieht die Beteiligung von Frauen in der Firma positiver als ihre Kollegen. Es gibt zahlreiche Frauen-förderprogramme im Unternehmen, von denen Frauen mit Karrie-reambitionen profitieren können. Auch wenn die Firma nach wie vor eine Männerdomäne ist, werden Frauen speziell gefördert, wenn sie sich etwas zutrauen und die gleichen Voraussetzungen wie Männer erfüllen. Teilzeitarbeit oder einen temporären Ausstieg aus dem nach einer Pause aus Familiengründen hält die Personal-verantwortliche nicht unbedingt für ein Karrierehindernis. Ent-scheidend ist ihrer Meinung nach, wie intensiv Frauen sich enga-gieren wollen.

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis stimmen alle Be-fragten darin überein, dass Frauen vor allem in administrativen Tätigkeiten, als Praktikantinnen oder in Callcentern beschäftigt sind, die besonders von Auslagerungsprozessen betroffen sind. Frauen stellen insgesamt etwa ein Drittel der Belegschaft, wobei die Führungsebene von Männern dominiert wird. Für Mütter, die wegen der Kinderbetreuungszeiten die Karrierezüge verlieren, ist der Aufstieg im Unternehmen besonders schwierig, wie beide Softwareentwickler kommentieren. Der erste Softwareentwickler weist aber darauf hin, dass die Karrierechancen für Frauen einer-seits von der Einstellung der jeweiligen Vorgesetzten abhängen, andererseits aber auch von dem Willen der Frauen selbst, die be-

Teilzeitkräfte optimal einzusetzen, verteilen dann immer nur bestimmte Tätigkeiten, die von der Wertigkeit her auch nicht so groß sind und wenn man dann wieder in die Vollzeit reingehen kann, weil die Kinder im Kindergarten oder gar in der Schule sind, dann äh fehlt einfach das Know-how über die Jahre, weil man einfach in die hochwertigen Tätigkeiten als Teilzeitkraft nicht reinkommt. (BR, 47-58).

Page 295: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 298

sonderen Hürden der Karrierewege zu überwinden. Vor allem viele alleinstehende Frauen mit und ohne Kind sind in Teilzeit im Unter-nehmen beschäftigt, ein Arbeitszeitmodell, das besonders hinder-lich ist für eine Karriere. Der zweite Projektleiter betont, dass die Arbeit zu stressig ist, um sie mit anderen Aktivitäten zu vereinba-ren. Aber auch interkulturelle Barrieren gegenüber Frauen in Füh-rungspositionen behindern den Aufstieg von Frauen in internatio-nale Leitungspositionen. So akzeptieren beispielsweise Inder zwar indische, nicht jedoch ausländische Frauen als Manager. Zudem spielen auch symbolische Faktoren der Konstruktion von Ge-schlecht, wie etwa die Tatsache, dass Frauen noch in ihren traditio-nellen Rollen gesehen werden,207 nach Auffassung der Software-entwickler eine Rolle.

Auch das Alter hindert den Karriereaufstieg der Mitarbei-ter/innen insofern, als es klare Vorstellungen gibt über die Karrie-restufen, die Mitarbeiter/innen bis zu einem bestimmten Alter er-reicht haben sollten. Ab einem Alter von 45 Jahren gibt es keine Karrieremöglichkeiten mehr. Entweder sind die Mitarbeiter/innen zu diesem Zeitpunkt bereits ganz nah an dem gewünschten Karrie-reziel oder „der Zug ist abgefahren“, wie der erste Softwareent-wickler es ausdrückt. Nach der Schilderung des zweiten Software-entwicklers, der selbst über 50 Jahre alt ist, entwickelt sich im Lau-fe der Jahren eine Angst, von jüngeren Generationen überholt zu werden, die flexibler und schneller neue Techniken lernen können und wollen. Auch an sich selbst beobachtet er altersbedingte Lern-grenzen.208

207 es liegt meiner Meinung nach immer noch da dran, äh:: dass man Frauen halt (@( )@) in ihrem alten Wertebild sieht.“ (2SWE, 560-578). 208 Angst, es ist wahrscheinlich reine Angst, äh die Arbeit zu verlieren, ne?, die Angst davor, überholt zu werden, ich mein, man muss auch das mal so sehen, dieser Job ist ein unheimlich stressiger Job, wer da mal 50 oder Mitte 50 ist, also der ist ziemlich ausgebrannt, ne?, ich mein, ich hab ’nen gan-zen- ich mach das Ganze jetzt ja auch schon seit knapp 30 Jahren und man merkt, dass man jetzt da einen Punkt ankommt, da geht das nimmer, man kann nicht alle viertel Jahr komplette neue Architek-turen lernen, das geht dann nicht mehr, ne? da wo man sich früher sehr leicht getan hat, also das geht jetzt nicht. (2SWE, 355-368).

Page 296: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

299 Internationale Professionalität

Vereinbarkeit von Arbeit und Leben bei Alpha 2

Durch die ständige Restrukturierung des Unternehmens und den Personalabbau bzw. durch die allgemeinen Maßnahmen zur Kos-tensenkung sind die Angebote zur Vereinbarkeit von Arbeit und Leben größtenteils abgeschafft worden. Zwar gibt es bestimmte Betriebsvereinbarungen mit Alpha über die Vereinbarkeit von Ar-beit und Leben; dabei handelt es sich aber nicht um konkrete För-derprogramme, sondern eher um rhetorische Instrumente, die dazu dienen, sich in der Öffentlichkeit als mitarbeiterfreundliche Firma zu präsentieren, wie der Betriebsrat kommentiert.209 Weil keine konkrete Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Arbeit und Leben existieren, können diejenigen am ehesten die stressige Arbeit in der Firma mit ihrem sonstigen Leben in Einklang bringen, die in ihrem Privatleben durch Verwandte oder durch die Partnerschaft unter-stützt werden. Selbst in solchen Fällen sieht der Betriebsrat aller-dings große Schwierigkeiten, weil die intensiven Arbeitszeiten und die zunehmenden Mobilitätsansprüche die Familien und die Part-nerschaften sehr stark belasten.210

Eine solche Belastung speziell für Mitarbeiter/innen, die in Offshoringprojekten beschäftigt sind, sieht auch der Personalver-antwortliche und betont, dass vor allem im Projektmanagement die Arbeit deutlich intensiver geworden ist, sodass eine reguläre Ar-beitszeit von 40 oder 50 Stunden pro Woche eher die Ausnahme ist. Er sieht allerdings keine beschäftigungspolitischen Möglichkei-ten, um diese Situation zu verändern.

209 :, das ist- aber ist halt sehr äh weich gehalten, es ist nicht so, dass irgendwelche Ansprüche daraus entwickel- ableitbar wären, sondern es ist (1) ein schönes Papier. (BR, 424-426). 210 es sind- selbst bei Kollegen, die das noch gut organisieren können, eben weil ähm Verwandt-schaft, Eltern, Großeltern äh da sind, die dann ’nen Partner, der zu Hause ist, noch unterstützen kann, weil selbst da wird’s ja schwierig, wenn einer aus der Familie was weiß ich über Monate oder sogar Jahre nur am Wochenende zu Hause ist, die das auffangen, und selbst für die wird’s schwierig, weil einfach auch die äh Partnerschaften leiden, wenn man nur am Wochenende mal zusammen ist. (BR, 455-456).

Page 297: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 300

Auch der Projektmanager und die Softwareentwickler bestäti-gen eine solche Intensivierung der Arbeit besonders in Offshoringprojekten und Managementfunktionen. Der zweite Pro-jektleiter und der Qualitätsmanager verweisen auf die notwendige Motivation und Flexibilität aufseiten der Mitarbeiter/innen, um Arbeit und Leben unter einen Hut bringen zu können, was in dieser sehr stressigen Arbeit mit viel Konfliktpotenzial und Überstunden-anforderungen nach wie vor sehr schwierig ist. Aus der Sicht des Qualitätsmanagers müssen die Mitarbeiter/innen insofern flexibel bleiben, als sie sich an die Projektrhythmen anpassen müssen. Das heißt, dass sogenannte Projektspitzen, in denen beispielsweise Es-kalationen stattfinden und Überstunden gemacht werden müssen, von ihnen mitgetragen werden sollen.

Auch die Softwareentwickler sehen, dass sie flexibel sein und Selbstdisziplin aufbringen müssen, um Arbeit und Leben einiger-maßen auszubalancieren. Dafür ist es notwendig, in der täglichen Arbeit Grenzen zu setzen. Doch das ist in der täglichen Projektar-beitspraxis der IT-Dienstleistung kaum möglich. Vor allem die Priorisierung der Projektarbeit und die Orientierung an den Kunden im IT-Dienstleistungsgeschäft machen es besonders schwierig, reguläre Arbeitszeiten einzuhalten oder Urlaub in Anspruch zu nehmen. Urlaubsansprüche erlöschen nach Ablauf des ersten Quar-tals des folgenden Jahres, und es kommt vor, dass Mitarbei-ter/innen ihre Urlaubszeiten verfallen lassen müssen, wie der erste Softwareentwickler berichtet.211 Auch der zweite Softwareentwick-

211 in der Projektarbeit ordnet sich halt vieles diesem Projekt unter, und äh, man ist dann nicht mehr Herr der Sache, ne?, man muss halt das tun, was verlangt wird, und äh die andere Sache ist die, auch äh was das Thema Urlaub betrifft, da muss man sich halt auch nach dem Kunden richten, ne?, wann’s dem passt, da kann man also auch nicht sage, ich möchte dann und dann in’n Urlaub, äh das kann man mit’m Kunden absprechen, also wenn der sagt, ja, ist okay, fein, dann ist es in Ordnung, wenn der Kunde aber sagt, nee, wir ham da andere Vorstellungen, dann ist es so und äh wenn der Kunde halt meint, jetzt ham wa keine Zeit zum Urlaub machen, dann geht’s halt auch net, ne?, also wir haben- wir haben in der Hinsicht inner Vergangenheit schon ja äh ’ne ganze Reihe von- von Kollegen, es betrifft eigentlich fast jeden einmal, ne?, wo’s also im laufenden Kalenderjahr nicht möglich ist, Urlaub zu machen (…) da gibt’s halt- da gibt ja gesetzliche Regeln, ne?, also ähm im ersten Quartal des Folgejahres ist es äh da kann man’s- das geht es noch, üblicherweise verfällt

Page 298: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

301 Internationale Professionalität

ler betont, dass man selbst eine Balance zwischen Arbeit und Le-ben finden muss, was er persönlich in seinem Familienleben auch versucht.212 Speziell alleinstehende Frauen ohne Kinder und Bezie-hung hält er für besonders gefährdet, diese Balance nicht halten zu können, da sie von der Arbeit nicht abschalten können.213

Darüber hinaus sieht der zweite Softwareentwickler als Folge des Personalabbaus bzw. der Arbeitsintensivierung nur eine be-schränkte Toleranz gegenüber Mitarbeiter/innen mit Familienver-antwortung, wobei eine solche Toleranz auch je nach Vorgesetzten variieren kann.214 Die zahlreichen früheren arbeiterfreundlichen Maßnahmen von Alpha gelten nicht mehr, wie der zweite Soft-wareentwickler erzählt. Er arbeitet seit über 15 Jahren für Alpha und klagt darüber, wie sich das Unternehmen in dieser Hinsicht verändert hat. Soziale Aktivitäten, die die Unternehmenszugehö-rigkeit fördern, werden von Alpha 2 nicht unterstützt.215

Anspruch auf Urlaub am 31.3. (…), es sei denn, es ist von betrieblicher Seite gesagt, dass es nicht möglich ist, den Urlaub zu nehmen, da muss die Firma aber auch dafür gerade stehen und die Firma muss es dann genehmigen und muss es weiterschieben, so was kommt auch vor. (1SWE, 875-889). 212 ich versuch, einmal im Jahr einen größeren Urlaub oder so vier, fünf Wochen, um einfach rauszu-kommen und auch reichlich Zeit für die Familie, ansonsten mach ich das so, dass ich früh erst aus’m Haus rausgeh, wenn ich mit der Familie, also Frau und Kindern gefrühstückt hab, wenn die zur Schule gehen, dann geh ich zur Arbeit, ist zwar abends nicht immer pünktlich zurückkommen kann, ne?, so was und ich versuch natürlich, die Wochenenden frei zu halten. (2SWE, 605-615). 213 und äh was wir haben, Frauen ohne Kind äh ( ) auch ohne Beziehung, die gibt’s auch a ganze Menge, da also ham die größere Probleme, da aus’m Job da raus zu kommen und a Leben, ja. (2SWE, 605-615). 214 „sagen wir mal so, auch das ist wieder eine- eine Frage, wie der jeweilige Vorgesetzte zu dem Thema steht […], die Vorgesetzten haben da auch ihre Spielräume, die einen sagen, ja, das ist okay, die sagen vielleicht auch, ja, die Kollegin wollen wir äh zukünftig auch noch wieder haben […] und dann gibt’s halt Möglichkeiten, und die anderen, die rümpfen bloß die Nase, ne?, das ist ziemlich individuell, wie das gehandhabt wird.“ (2SWE, 637). 215 die Firma Alpha war mal eine Firma gewesen, wo unheimlich viel für die Mitarbeiter gemacht wurde, das ja- also wie ich bei Alpha angefangen hab, hast du ja das Gefühl gehabt, du bist hier rein, bleibst auch mal bei Alpha, dementsprechend also hat man sich auch verhalten. Alles geht auch zum Betriebssport und sonst was, ich mein, die gibt’s immer noch, aber die werden bei Weitem, zumindest da, wo ich arbeit’, nicht mehr so von der Firma gefördert.

Page 299: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 302

III.3.1.3 Zwischenfazit: Transformation der Arbeitsorganisation durch die Internationalisierung von IT-Dienstleistungen

Sowohl Gamma als auch Alpha 2 sind an große Konzerne mit einer langen Tradition in Deutschland angebunden. Beide Unternehmen praktizieren eine substitutive bzw. fragmentierte Beschäftigungspo-litik im Zusammenhang mit der Arbeitsauslagerung, auch wenn Expansionspläne der Mutterkonzerne in ausländischen Märkten eine wichtige Rolle dabei spielen. Die Bindung von Alpha 2 an die Muttergesellschaft ist allerdings enger als bei Gamma. Alpha ist der Hauptkunde von Alpha 2 und entscheidet als solcher auch über die Allokation von Tätigkeiten im Ausland mit. Die Etablierung einer langfristigen Beschäftigungspolitik im Zusammenhang mit Offshoring wird hier durch den ständigen Wechsel von Führungs-kräften verhindert. Im Fall von Gamma sind die Entscheidungen über Tätigkeitsallokationen im Zusammenhang mit der Verfügbar-keit von Ressourcen aus dem Mutterkonzern zu sehen, aber die letzten Entscheidungen werden eher projektabhängig improvisiert und nicht systematisch durch Gamma getroffen. Nach Dunnings Modell (2000) kann hier von einer strategischen Vorteilssuche bei der Internationalisierung von Arbeit gesprochen werden, die dem Stufenmodell der Uppsala-Theoretiker teilweise widerspricht. Ei-nerseits werden bei Gamma strategische projektbezogene Ad-hoc-Entscheidungen über die Auslagerung von Tätigkeiten getroffen, andererseits profitiert Gamma von bereits durch den Mutterkonzern zur Verfügung gestellten Ressourcen im Ausland, womit der Mut-terkonzern selbst möglicherweise inkrementelle Internationalisie-rungsvorteile erzielt. Dies kann hier nur als offene Frage formuliert werden.

Beide Firmen sind vom Marktdruck im IT-Dienstleistungs-segment stark betroffen, sodass Tätigkeitsauslagerungen ins Aus-land Teil der Kosteneinsparungsstrategie der Firma und des Mut-terkonzerns sind. Auf dieser Grundlage werden die Verbindungen zwischen Arbeit und Projektarbeitspraxis in transnationalen Ar-

Page 300: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

303 Internationale Professionalität

beitsfeldern strukturiert. Numerische Flexibilität in Form vom Stel-lenabbau wird mit der inhaltlichen Transformation der Tätigkeiten in Deutschland in Richtung Beratung ergänzt, um Kosten zu sen-ken. Nicht nur die Beschäftigung, sondern auch die Arbeit wird demnach transformiert (Benner 2002), indem Stellen abgebaut werden und gleichzeitig die Tätigkeiten, die in Deutschland ver-bleiben, im Rahmen eines tief greifenden und umfassenden Stand-ardisierungsprozesses von Arbeitsabläufen und Wissen auch inhalt-lich verändert werden. Ausgelagert werden technische Routine- sowie solche Tätigkeiten, die klar abgrenzbar sind, während bera-tende und koordinierende Tätigkeiten, die Kundenkontakt erfor-dern, nach wie vor in deutschen Standorten angesiedelt sind. Sol-che Tätigkeiten werden nicht spezifiziert, sondern sie umfassen mehrere Aufgaben. Das bedeutet eine Intensivierung der Arbeit, womit auch eine Reduktion der Belegschaft ermöglicht wird.

Es geht vor allem um Preiskonkurrenz im IT-Dienst-leistungssegment, auch wenn die Innovation von Dienstleistungen wichtig dabei ist. Im Vordergrund steht die Positionierung auf dem Markt durch Preise, und deswegen kommen sowohl Standardisie-rung und Intensivierung der Arbeit als auch Stellenabbaumaßnah-men als Strategien zum Einsatz.

Nach der Typologie von Morgan und Quack (2005) können Gamma und Alpha 2 als finanziell kontrollierte Unternehmen be-zeichnet werden, wobei bei Gamma auch die für das reziprozitäts-basierte Netzwerkmodell charakteristische „ad hoc organisation of project-centered international teams“ (ebd.: 303) vorhanden ist. Weil Alpha 2 abhängiger von Alpha und auch in Konkurrenz mit anderen Konzernfirmen agiert, die ähnliche IT-Dienstleistungen anbieten können, gestaltet sich sein transnationales Arbeitsfeld ab-hängig davon, welche Ressourcen Alpha zur Verfügung stellt. Gamma hingegen ist im Mutterkonzern allein auf das Angebot von IT-Dienstleistungen spezialisiert und hat damit eine vorteilhafte Position im Konzern, um Ressourcen für die Gestaltung seines ei-

Page 301: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 304

genen Arbeitsfeldes zu bekommen. Beide Firmen zeigen aber rela-tiv klare Konturen über die Grenzen der Skills und Kompetenzen in Deutschland und im Ausland. Gemeinsame Qualifikationsanforde-rungen oder Weiterbildungsprogramme und Karriereoptionen für das gesamte Netzwerk sind nicht vorgesehen. Für deutsche Mitar-beiter/innen werden Karriere- und Weiterbildungswege umgesetzt, um die unbeliebte Transformation der Belegschaft zu Managern zu unterstützen. Im Ausland sollen lediglich standardisierte Tätigkei-ten flexibel verfügbar sein.

Während Gamma sich bei der Profilierung von Managern an den internationalen Standards des PMI orientiert, setzt Alpha 2 sein Personalentwicklungsprofil auf der Grundlage von Alpha-Zertifizierungen um. Dabei wird eine Expertise gefördert, die sich an Alphas Wissensvorlagen orientiert.

Bei beiden Firmen lässt sich eine Erhöhung formeller Qualifi-kationsanforderungen feststellen, die nicht auf spezifische Diszipli-nen beschränkt sind, wobei technische Qualifikationsgrundlagen aber nicht ihre Wichtigkeit verlieren. Im Gegenteil, sie werden nach wie vor als Basis der Expertise potenzieller Manager berück-sichtigt, die sowohl technisch basierte internationale Arbeitsabläufe koordinieren als auch die Kunden über technische Dienstleistungen beraten sollen. Und dies wird sogar als Argument für Abbaupoten-ziale der Firmen genutzt. Solche technischen Qualifikationsgrund-lagen sollen aber kein spezialisiertes Wissen, sondern einen breiten Expertenüberblick über technische Lösungen im Rahmen des Kon-zern- bzw. Kerngeschäftswissens umfassen, der als Legitimations-basis der Entscheidungsbefugnisse der Experten in der transnatio-nalen Arbeitspraxis fungiert.

Doch in beiden Firmen werden solche technischen Qualifikati-onen als unzureichend für die internationale Projektpraxis betrach-tet, die deutsche Manager übernehmen sollen. Projektmanager sol-len in beiden Firmen selbstständig über die Interpretation und Um-setzung von Regeln des Arbeitsfeldes in Projekten auf der Grund-

Page 302: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

305 Internationale Professionalität

lage ihrer technischen formellen Qualifikationen sowie ihrer Re-gelkenntnisse und Erfahrungen entscheiden können. Unterschiede zwischen beiden Firmen gibt es im Hinblick darauf, dass die Re-geln ihrer Arbeitsfelder aufgrund der verschiedenen Rollen der jeweiligen Mutterkonzerne unterschiedlich ausgerichtet sind. Gamma orientiert sich an den Standardregeln im IT-Dienstleis-tungsbereich, während Alpha 2 die Alpharegeln anwenden soll. In der Arbeitspraxis ist vor allem bei Alpha 2 ein situiertes Experten-wissen im Sinne eines Überblickwissens über die Regeln erforder-lich, die im durch Alphazertifikate kontrollierten Arbeitsfeld in jedem Projekt und mit dem Kunden Alpha zu verwenden sind. Bei Gamma wird hingegen eine Expertise gefordert, die auf Kenntnis-sen und Erfahrungen über die Steuerung transnationaler Projektar-beitspraxis durch verhandelbare ISO-Qualitätsstandards und ITIL sowie durch Motivationsfähigkeiten oder „soziale skills“ im Sinne von Fligstein (1997) beruht. Sowohl die Arbeitsregeln, verbunden mit „fabrikähnlichen Arbeitsorganisationsmodellen“, als auch die Weiterqualifizierungen über solche Arbeitspraxisgrundlagen wer-den hierarchisch und mit dem Druckmittel eines drohenden Perso-nalabbaus umgesetzt. Qualitätsstandards werden in der Projektar-beitspraxis beider Firmen als bloße Rechtfertigung für die Markt-präsenz der Firma oder – in der Begrifflichkeit von Meyer und Rowan (1977) – als ein „Mythos“ gesehen. Sie sind für die tägliche internationale Arbeit sinnlos und stellen somit auch keine Legiti-mationsbasis für die Arbeitspraxis dar. Jährliche Mitarbeitergesprä-che gelten eher als Kontrolle der notwendigen beruflichen Trans-formation der in Deutschland verbleibenden Mitarbeiter/innen in Richtung internationales Projektmanagement.

Die Kontrolle der Arbeitspraxis stößt in beiden Firmen in den deutschen Standorten auf Widerstand seitens der Mitarbeiter/innen im Hinblick sowohl auf die Umsetzung von Qualitätsstandards in der Arbeitspraxis wie auch die beruflichen Transformationspläne der Firmen. Die Beschäftigten wollen ihre Habitualisierungen als

Page 303: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 306

Softwareentwickler/innen nicht ändern. Deswegen stellt die Fluk-tuation der Arbeitskräfte die Firmen auf allen Ebenen vor das große Problem einer ständigen Umbauspirale und erzeugt Unsicherheiten über Expertiseprofile und Möglichkeiten der Projektakquisition. Zertifizierte Weiterbildungen, die an festgelegte Karrierestufen gekoppelt sind, sollen diese Widerstände überwinden. Ihre Zu-sammenführung in einer konzernübergreifenden Datenbank soll darüber hinaus Flexibilität für die interne Umsetzung von Fachkräf-ten schaffen. Doch in der Praxis werden solche formellen standar-disierten Lösungen durch die Allokation über persönliche Netz-werke umgangen oder ausgehebelt. Auch können solche standardi-sierten Ansätze das Problem des Autoritätskonflikts zwischen Linie und Projektmanagement nicht lösen. Einerseits übernehmen Pro-jektmanager immer mehr Verantwortung und Aufgaben auf inter-nationaler Ebene, andererseits gibt es immer mehr Projektmanager in den Firmen. Selbst wenn also Projektmanager gegenüber den Linienmanagern mehr Macht erhalten, wird ihre Position gleichzei-tig durch ihre wachsende Anzahl geschwächt. Die Projektmanager bei Gamma können wegen der organisationalen Orientierung ihrer Expertise an PMI-Standards eine transnationale Identität entwi-ckeln; demgegenüber sind die Projektmanager von Alpha 2 auf die Alpha-intern zertifizierte Projektmanagementidentität verwiesen. Alpha 2 fördert eine organisationell situierte Expertise, während Gamma die eine international gemischte Expertise anstrebt.

In beiden Firmen sollen die Experten/innen eigenverantwort-lich die Balance zwischen Arbeit und Leben gestalten, wobei die berufliche Transformation Richtung Management eine zeitliche und fachliche Intensivierung der Arbeit bedeutet und sich die inter-nationalen Mobilitätsanforderungen erhöhen. Überstundenleistun-gen werden in Deutschland immer weniger vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen; im Ausland gibt es hierfür unterschiedliche lokale Regelungen. Bestehende Programme zur Förderung der Ver-einbarkeit von Beruf und Familie werden immer mehr reduziert.

Page 304: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

307 Internationale Professionalität

Absolute Verfügbarkeit ist eine Selbstverständlichkeit für professi-onelle Manager in beiden Firmen. An diesem Leitbild sollen sich auch alle anderen Mitarbeiter/innen orientieren. Darüber hinaus fungiert die formelle technische Qualifikation weiterhin als Segre-gationsmechanismus. Sie muss aber ständig aktualisiert und durch weitere soziale und kommunikative sowie interkulturelle Kompe-tenzen ergänzt werden. Hier spielen Zertifikate eine wichtige Rolle bei der Legitimation dieser ergänzenden Expertiseaspekte, wobei vor allem die Performance solcher Kompetenzen in internationalen Arbeitsfeldern und bei Alpha 2 speziell im Mutterkonzern für die Karriereentwicklung entscheidend ist. Mitarbeiter/innen, die mit dieser Transformationsdynamik nicht mithalten können oder wol-len, gelten als Abbaupotenzial. Das betrifft vor allem Mütter ohne technische Qualifikation und ältere Mitarbeiter/innen.

III.3.2 Produktionsfeld Softwareentwicklung

III.3.2.1 Beta 1: Expansive internationale Beschäftigungspolitik

Beta 1 wurde im Jahr 1982 in München gegründet. Seitdem kamen sechs weitere Niederlassungen in Deutschland (Berlin und Ham-burg seit 1988, Köln/Bonn und Düsseldorf seit 1989, Frankfurt am Main seit 1992, Stuttgart seit 1997) sowie eine in der Schweiz (Zü-rich) hinzu. Seit Juli 2004 gibt es außerdem ein Nearshore-Center in Wroclaw (Polen) mit ca. 50 Mitarbeitern, welche sowohl deut-sche Projekte unterstützen als auch eigene Aufträge aus Polen übernehmen. Im November 2000 wurde eine Tochtergesellschaft in der Schweiz gegründet.

Beta 1 ist auf individuelle Softwareprodukte spezialisiert und bietet Lösungen für spezielle Kundenbedürfnisse an, die bei den Auftraggebern implementiert werden. Das Unternehmen konzen-triert sich auf das Design und die Implementierung großer Informa-tionssysteme, die das Kerngeschäft seiner Kunden unterstützen,

Page 305: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 308

wobei Beta 1 die gesamte Verantwortung für das Projektmanage-ment übernimmt. Der Arbeitsansatz von Beta 1 basiert auf Soft-wareengineering, das heißt auf einer Mischung von Softwaretech-nik und Projektmanagement. Der Lebenszyklus der entwickelten Softwaresysteme beträgt in der Regel mehr als zehn Jahre. Zum Zeitpunkt der Interviews arbeitet das Unternehmen an über 200 Projekten. Vor allem das Geschäft im Banken- und Versicherungs-bereich erlebt eine hohe Nachfrage und trägt zum großen Erfolg des Unternehmens bei. Das Unternehmen ist in den letzten Jahren enorm gewachsen und die Aussichten für die kommenden Jahre sind positiv. Nach Aussagen eines Vorstandsvorsitzenden wurde für das Jahr 2007 ein Umsatzplus von 20 bis 25% erwartet. Gleich-zeitig legt die Zahl der Mitarbeiter/innen deutlich zu.

Im Jahr 2002 waren bei Beta 1 910 Mitarbeiter/innen beschäf-tigt, davon waren 19% Frauen und 81% Männer. In Führungsposi-tionen gab es 87 Mitarbeiter/innen, darunter 12% Frauen und 88% Männer. Unter den insgesamt 39 teilzeitbeschäftigten Mitarbei-ter/innen im gleichen Jahr waren 75% Frauen und 25% Männer. Im Jahr 2006 wurden 300 IT-Berater/innen, Software-Ingenieure/innen, IT-Architekten/innen und Projektleiter/innen eingestellt, 100 davon in München. Insgesamt zählt Beta 1 mittler-weile rund 1.300 Mitarbeiter/innen, 2007 dürften weitere 200 bis 300 und 2008 schätzungsweise noch weitere 100 hinzugekommen sein. Die Anforderungen bei Neueinstellungen, zumeist in den Be-reichen Informatik, Physik, Mathematik und Wirtschaftsinformatik, sind sehr hoch. Rund 95% der Mitarbeiter/innen haben einen aka-demischen Abschluss, ein Viertel davon hat promoviert.

Beta 1 gehört zu 100% zum Mutterkonzern Beta und ist damit Teil eines weltweiten Netzwerkes. Beta zählt zu den weltweit größ-ten Dienstleistern für Management- und IT-Beratung, Technologie sowie Outsourcing. Der Mutterkonzern Beta beschäftigt zum Untersuchungszeitpunkt rund 61.000 Mitarbeiter/innen, rund 6.000 von ihnen sind in sogenannten „Farshorecentern“ bzw. in Indien

Page 306: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

309 Internationale Professionalität

tätig. 2005 erzielte Beta einen Umsatz von knapp 7 Milliarden Eu-ro. 1992 wurde Beta 1 an eine Bankfirma und an eine Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft verkauft, deren Anteile im Jahr 2000 Beta erwarb. Damit verstärkte Beta wieder seine Präsenz am deut-schen Markt, die durch die Aufgabe anderer deutscher IT-Firmen geschwächt war. Über den Mutterkonzern Beta kann auch Beta 1 die Arbeitskapazitäten im „Farshorecenter“ für Projekte nutzen.

Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis bei Beta 1

Erfahrung mit der Auslagerung von Tätigkeiten ins Ausland konnte Beta 1 vor allem durch die Zusammenarbeit mit dem bereits er-wähnten polnischen Nearshorezentrum sammeln, das seit 2004 existiert. In Offshorebereichen verfügt Beta 1 lediglich über punk-tuelle Erfahrungen aus der Kooperation mit der Muttergesellschaft Beta, doch der Personalverantwortliche erklärt, dass Offshore gene-rell eher ein „unerforschtes Gebiet“ für Beta 1 ist.

Am häufigsten werden Tätigkeiten ausgelagert bzw. im Nearshorecenter durchgeführt, die während der sogenannten „Rea-lisierungsphasen“ der Softwarenentwicklung anfallen, im Unter-schied Tätigkeiten, die zu den „Beratungsaufgaben“ zählen.216 Die-se „Beratungsaufgaben“ gehören zu den strategische Bereichen, die auf Dauer an den deutschen Standorten verbleiben. Sie stellen nach Meinung des Personalverantwortlichen einen wachsenden Bereich in der IT-Branche dar217 und setzen tiefe Softwareentwicklungs-kenntnisse sowie Überblickswissen über die Praxis voraus. 216 im Nearshoring werden vornehmlich Aufgaben realisiert, ich sag das Wort realisiert, weil die eher in Richtung Realisierung, Test und Programmierung gehen. Die reinen Beratungsaufgaben oder frühe Phasen in einem Projekt in einem Engineering-Projekt, nämlich mit den Kunden zusammen Fachkonzept zu machen, die Spezifikation zu machen, die Ab-nahme oder Ähnliches, diese sind Aufgaben, die aus unsrer Erfahrung schlecht oder gar nicht Offshore gemacht werden können oder Nearshore. 217 … glaube ich, dass es einen stabilen und weiter wachsenden Bedarf an Beratungskompetenz in Deutschland gibt, also IT-Beratungskompetenz. Dann auch weiterhin äh Software-Engineering Aufgaben in breitem Umfeld in Deutschland geben wird, die nicht Offshore gemacht werden können, weil nach wie vor viele Kunden Wert darauf legen, dass der, der umsetzt, auch präsent ist, dass der

Page 307: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 310

Sowohl der Personalverantwortliche in Deutschland als auch seine Kollegin im Nearshorecenter sehen die Gründe für Auslage-rungen vor allem in den Anforderungen des Marktes bzw. im Preisdruck bei der Akquisition von Projekten. Die Auslagerung von Arbeit führt aus der Sicht des Personalverantwortlichen von Beta 1 aber nicht zu Arbeitsplatzverlusten, sondern ist vielmehr eine „Jobmaschine“.218 Unsere Analysen der Homepage und der Stel-lenanzeigen bestätigen, dass das Unternehmen kontinuierlich so-wohl in Polen als auch in Deutschland Fachkräfte sucht. Der Per-sonalverantwortliche erklärt, dass Beta 1 in den letzten Jahren meh-rere hundert Mitarbeiter/innen eingestellt hat.219

Beta 1 will seine „Programmierungskompetenzen“ nicht verlie-ren, wie die Personalverantwortliche im Nearshorecenter betont. Dennoch werden die hauptsächlich solchen Programmierungsauf-gaben beschäftigten polnischen Mitarbeiter/innen auch gezielt wei-tergebildet, um künftig hoch qualifizierte „Beratungsaufgaben“ vor Ort zu übernehmen. Wenn das Nearshorecenter selbstständig agie-ren kann, wird es aus der Sicht der Personalverantwortlichen aller-dings kein Nearshore in ursprünglichen Sinne der Tätigkeitsausla-gerung mehr sein, sondern Softwareentwicklung „am eigenen Markt“ betreiben. Derzeit werden die grundlegenden Architekturen

der umsetzt auch seine Sprache spricht, seine Kultur hat, in seiner Sprache dokumentiert. Also alles was nah, ganz nah am Kundenstamm ist. Das ist für mich klassisches Heimspiel, was nicht nach draußen geht; alles was dann weiter hinten passiert in der Wertschöpfungskette, was für den Kunden in der Wahrnehmung nicht da ist oder weniger Wahrnehmung hat, das läuft dann eher nach draußen. 218 das ist im Prinzip eine Anforderung des Marktes. Der Preisdruck bei der Akquisition fordert einfach, dass Sie bestimmte Kostenminimierung im eigenen Hause durchführen, und eine Möglichkeit ist natürlich, Projektteile in Regionen zu vergeben, wo die Löhne deutlich niedriger sind als in Deutschland. jetzt müssen wir aber eins dazu sagen, was ganz wichtig ist: dass das nicht Arbeitsplät-ze verlagert, also Beta 1-Arbeitsplätze nach Polen verlagert, sondern, das war auch von vorneweg erklärte Strategie: einerseits bestehende Beta 1-Arbeit sichert und zweitens im gleichen Zuge des Wachstum Beta 1 Deutschland von Beta 1 in Deutschland unterstützt und beschleunigt. weil es dadurch möglich wurde, preis-agressive Akquisitionen zu betreiben; Projekte zu gewinnen, die vorher vielleicht nicht bekommen hätten. Also insofern ist das eine eher eine Jobmaschine, als dass es Arbeitsplätze vom deutschen Markt wegnimmt. 219 wir haben im letzten Jahr über zweihundert Menschen eingestellt. Im Jahr davor hundertzwanzig, hundertdreißig. Wir planen für dieses Jahr dreihundert Menschen einzustellen. Das Interview fand im Januar 2006 statt.

Page 308: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

311 Internationale Professionalität

durch erfahrene Mitarbeiter/innen in Deutschland festgelegt und dann im Nearshorecenter weiterentwickelt. Eine solche internatio-nale Arbeitsteilung in unterschiedlichen Standorten und manchmal parallel in verschiedenen Projekten bedeutet eine grundsätzliche Veränderung der Projektmanagementaufgaben. Sie sind komplexer und formalisierter geworden und der Kommunikations- sowie Koordinationsaufwand ist größer. Wichtig ist nach Meinung der Personalverantwortlichen im Nearshorecenter, ein Vertrauensklima zwischen den verschiedenen Standorten zu schaffen, was persönli-che Kontakte und gegenseitige Besuche auf beiden Seiten voraus-setzt.220

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis berichtet der Pro-jektleiter, dass bei Beta 1 Zuständigkeitsbereiche und definierte Tätigkeiten existieren, die in einem Organigramm explizit gemacht werden. Doch dabei werden nicht alle notwendige Tätigkeiten er-fasst, denn die Mitarbeiteraufgaben variieren je nach Projektbe-dürfnissen bzw. –aufträgen. Allokationen basieren deshalb einer-seits langfristig bzw. berufsbiographisch gesehen auf den Laufbah-nen in der Firma, sind aber andererseits kurz- und mittelfristig von Projektbedürfnissen abhängig, wie der Projektleiter erklärt.221 Die Allokationsdynamik orientiert sich stark an den Eindrücken, die die Geschäftsbereichsleiter/innen, Geschäftsbereichsmanager, Quali-tätsmanager sowie Projektmanager und -leiter/innen von einzelnen Mitarbeiter/innen haben und die in einer Dispositionsrunde bespro-chen werden. Die Projektleiter/innen sowie die Geschäftsbereichs-leiter/innen und -manager „beobachten“ sowohl deutsche als auch polnische Neueingestellte im Hinblick darauf, welches Profil sich jeweils bei ihnen „herauskristallisiert“. So können sie sich ein Bild von der Person machen und deren persönliche und fachliche Poten-

220 gewisse Dinge müssen dann etwas formalisiert werden, dann müssen Kommunikationsmittel eingesetzt werden. Wir haben jetzt zum Beispiel an jedem Standort Videokonferenzsysteme. (…) Da gibt es praktisch in allen Projekten dann wöchentliche Teammeetings per Video. 221 So nach einer gewissen Zeit oder wenn man was spürt, was wirklich gebraucht wird, dann macht das aber auch explizit, dass der oder der die Rolle hat.

Page 309: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 312

ziale einschätzen. Auf dieser Grundlage diskutieren sie in der Dis-positionsrunde über die Allokation des Personals mit bzw. verhan-deln darüber, in welche „expliziten“ Zuständigkeitsbereiche und Tätigkeiten die Mitarbeiter/innen geleitet werden sollten. Diese wöchentlichen Dispositionsrunden der Projektmanager stellen ein sehr wichtiges Instrument für die dynamische Definition von Tä-tigkeiten und für das Timing und die Koordination verschiedener Projekte dar, wie die Geschäftsbereichsleiterin erklärt.222

Gleichzeitig tauschen sich auch die Projektmanager, Quali-tätsmanager und Geschäftsbereichsleiter/innen über die Potenziale einzelner Mitarbeiter/innen aus und sprechen über die Planung ih-rer Laufbahnen bei der Firma bzw. die Möglichkeiten künftiger Allokationen223 sowohl hierarchisch als auch bezogen auf potenzi-elle zukünftige Projektaufträge, wie die Geschäftsbereichsleiterin bei der Gruppendiskussion kommentiert.224 Bei den Dispositions-runden kämpfen die verschiedenen Projektmanager letztlich um interne Personalressourcen der Organisation, denn davon hängt der Erfolg der von ihnen und den Geschäftsbereichsleiter/innen geleite-ten Projekte ab. Dieser Projekterfolg ist wiederum entscheidend für die Karrierechancen der Projektmanager, wobei die Bedeutung bzw. die Größe der jeweiligen Projekte, das verfügbare Budget und die Relevanz der Kunden dafür ebenfalls sehr wichtig sind. Gerade

222 Es gibt eine wöchentliche Dispo-Runde, wo sich die Projektmanager zusammensetzen und gucken, ähm die also jetzt neue Projekte besetzen ähm, wo wird jemand frei. Und wenn bei uns jemand frei wird, dann melden wir den entsprechend Projektmanager und sagen ab dann und dann gibt es für den bei uns nichts mehr zu tun. 223 Ja, oder ich habe Bedarf an mehr Leute oder andere Qualität der Leuten oder die Qualifikationen passen nicht optimal; äh wobei in dem Fall meistens dann ausgebildet wird. Also, dann wird inves-tiert und gesagt ok, wir haben dann lieber friss Vogel oder stirb, der wird schon. Da muss er halt durch. 224 mir liegen die Mitarbeiter schon sehr am Herzen und ich möcht die auch mitbetreuen, selbst wenn sie in Polen sind, ne? Weil ich einfach wissen will. Für Ranking müssen wir auch verantworten in irgendeiner Form, wo ich einfach sage, was hat der für Erfahrungen, auch wenn ich ’ne Mitarbeiter-disposition mache, wofür setz ich den ein. Kann ich ihn fachlich stärker aufbauen oder kann ich den eher technisch stärker aufbauen. Oder so, dann sag ich dann möcht ich einfach wissen, was der so gemacht hat. Das hilft dann wenig, wenn die Nearshoreleiterin in Polen das weiß, das geht dann über fünf Ecken dann weiter.

Page 310: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

313 Internationale Professionalität

die Stabilität der Kundenbeziehungen einer Firma kann eine Basis für den Ausbau von Spezialgebieten sein, wie es bei Beta 1 bei-spielsweise im sogenannten Automotive-Bereich der Fall ist, in dem ein großes Projekt, das seit zehn Jahren läuft, eine grundle-gende Bedeutung besitzt. Damit bilden sich Zuständigkeitsbereiche für Projektmanager und Geschäftsbereichsleiter/innen heraus, die für ihre Karrieren zunächst wichtig sind zu überblicken.

Auch die Eigeninitiative der Mitarbeiter/innen spielt eine sehr bedeutende Rolle bei der Karrieregestaltung. Sie sollen ihre Bereit-schaft und Motivation zu Weiterbildungen oder in Projekten eine bestimmte Arbeitseinstellung demonstrieren. Dabei werden sie sowohl von den zuständigen Projektleiter/innen als auch von den Projektmanagern und vom Qualitätsmanager „beobachtet“, die sich so einen Eindruck vom Potenzial der jeweiligen Mitarbeiter/innen machen und damit die Weichen für deren weitere Karrieremöglich-keiten stellen. Dies gilt für die deutschen wie für die polnischen Mitarbeiter/innen im Nearshorecenter, wie der Projektleiter be-merkt.225

Wenn sich eine solche Rollenverteilung herauskristallisiert hat, dann werden solche Rollen von dem Projektmanager konsequent und gezielt eingesetzt. Wichtig für die Rollenverteilung ist aber auch die grundsätzliche Arbeitsteilung, die immer mehr in Verbin-dung mit dem Nearshorecenter gestaltet wird, je nachdem, wie die Mitarbeiter/innen in Polen sich entwickeln und welchen Grad an Selbstständigkeit sie „zeigen“. Für die Projektmanager bedeutet das, dass sie nicht nur den Überblick über die Potenziale der Mitar-beiter/innen haben, sondern auch Arbeitspakete definieren müssen, die zu den verfügbaren Ressourcen passen. Diese Arbeitspakete sollen darüber hinaus so gut zwischen Formalisierung und Flexibi-lisierung ausbalanciert werden, dass einerseits die entsprechenden 225 Also, das mache ich dann immer so, dass ich das Team eine Zeit lang beobachte, also da wer der Designer ist und wer da ähm eher der Bedenkträger ist, um Risiken aufzudecken und solche Ge-schichten. Also, die Selbstinitiative von den eigenen Mitarbeitern spielt auch eine große Rolle. Es gibt sozusagen dann so was, also es bildet dann quasi so eine interne Rollenverteilung.

Page 311: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 314

Aufgaben ohne großen Kommunikations- und informationsbezoge-nen Aufwand kontrollierbar und gleichzeitig relativ offen bezüglich unkalkulierbarer Risiken sind. Andererseits sollen solche Aufgaben in konkrete Tätigkeiten übersetzt werden können, sodass die Mitar-beiter in den Organisationslaufbahnen integrierbar bleiben, um sie zu motivieren und auch ihr Wissen für die Firma zu erhalten. Dem-entsprechend wird versucht, stabile Bereiche zu etablieren und auch dauerhafte Kompetenzprofile zu definieren, damit die Mitar-beiter/innen relativ flexibel in unterschiedlichen Projekten sukzes-sive eingesetzt werden können, wie die Geschäftsbereichsleiterin kommentiert.226

Arbeits- und Wissensanforderungen bei Beta 1

Geeignete Mitarbeiter/innen in ausreichender Zahl zu finden, ist aus der Sicht der Personalverantwortlichen derzeit nicht einfach.227 Die Qualifikationsanforderungen sind momentan deutlich höher als in der vergangenen Boom-Phase der Branche und Quereinsteiger werden nicht mehr im Zusammenhang mit einem bestimmten punktuell stark nachgefragten IT-Produkt quasi „blind“ eingestellt. Dieser Mangel an geeigneten Mitarbeitern/innen bezieht sich vor allem auf die informellen Einstiegskriterien von Beta 1 bzw. auf

226 Ich habe versucht von der Rollenaufteilung und letztendlich, welche Tätigkeiten, dann im Nearshoreteam wirklich versucht so aufzubauen, dass eben so ein kleines Team dann in das nächste Projekt wechseln kann und, dass die Tätigkeiten von dem, wie man die Dinge macht, vom Vorgehen, von der Aufgabenverteilung gleich bleibt, nur halt die Inhalte ändern sich. 227 was in den wilden Boomjahren des Internetbooms alles eingestellt wurde, hätte heute wahrschein-lich keine Chance. Also, das ist jetzt en bisschen lax ausgedrückt, aber in der Phase, in der Fachkräf-te extremste Mangelware waren, sind auf ganz spezifische Kenntnisse fokussiert Rekrutierungswellen gelaufen. Da hieß es dann wirklich: ich brauche C++ Entwickler, dann wurde diese Fähigkeit im Gespräch oder in einem Einstellungstest oder wie auch immer hinterfragt. Der Rest wurde mehr oder weniger nur gestreift, wurde ignoriert, und dann wurde der Mensch deswegen eingestellt. (…) was uns in den Boomphasen das Problem gebracht hat, dass wir nicht so schnell gewachsen sind, wie wir hätten wachsen wollen. (…) es sind zu wenig geeignete Bewerber am Markt oder melden sich bei Beta 1, äh die unserem Wunschbild entsprechen. Die absolute Zahl an Bewerbungen, die wir kriegen, ist nicht schlecht. Wir haben im letzten Jahr knapp zehntausend Bewerbungen erhalten, äh aber die Zahl, die für uns relevanten ist, ist leider noch etwas zu klein.

Page 312: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

315 Internationale Professionalität

soziale Kompetenzen und Flexibilität, die durch die Transformation der Arbeitskultur in der Softwareentwicklung hin zur Beratungstä-tigkeit zentral geworden sind, wie der Personalverantwortliche meint.228

Der Fachkräftemangel, der vor allem bei großen Projekten und bezogen auf bestimmte technische Fachkompetenzen besondere Probleme aufwirft, wird der Personalverantwortlichen des Nearshorecenters zufolge unter anderem dadurch kompensiert, dass die Firma über Personalressourcen in mehreren Standorten verfü-gen kann.229 Sämtliche Mitarbeiter/innen im Nearshorecenter sind Informatiker/innen; einige von ihnen haben einschlägige Berufser-fahrungen, wobei speziell erfahrene IT-Spezialisten nach Meinung der Personalverantwortlichen schwer zu finden sind, sodass haupt-sächlich junge Mitarbeiter/innen, die ihr Studium erst kürzlich ab-geschlossen haben, für Beta 1 im Nearshorecenter arbeiten. Doch die in Deutschland und Polen erworbenen Qualifikationen werden jeweils sehr unterschiedlich bewertet, vor allem in Bezug auf den Arbeitshabitus, der in beiden Ausbildungssystemen vermittelt wird. Die Personalverantwortliche im Nearshorecenter sieht bei den pol-nischen im Vergleich zu den deutschen Hochschulabsolven-ten/innen einen Mangel an Selbstständigkeit.230 Darüber hinaus sind Deutschkenntnisse eine Grundvoraussetzung, um in der Firma arbeiten zu können. Gerade wegen der geografischen und auch ei-ner vermuteten kulturellen Nähe zu Deutschland im Hinblick etwa auf Sprachkenntnisse wurde Polen unter anderem der Vorzug vor anderen ausländischen Standorten für die Gründung des ersten 228 der junge Diplominformatiker mit gutem oder sehr gutem Abschluss, der gleichzeitig auch noch den Willen und die Bereitschaft hat, in Engineering oder Beratungsprojekten unterwegs zu sein. Also es gibt ihn nicht in ausreichender Zahl. Wir hätten noch gerne mehr. 229 Das sind typischerweise große Projekte, wo ein Standort einfach gar nicht genügend freie Mitar-beiter hat, wenn so einen Projekt kommt, dann helfen die anderen Standorte aus. Da sind ganz bestimmte Skills gefragt, meistens Spezial-Know-how in der Technik. 230 die Ausbildung, ja ich sage immer verschulter. Da wird man mehr durch das Studium durchge-führt und von der Arbeitsweise ist es mehr so, man tut das, was man gesagt bekommt, während an deutschen Universitäten ist eher doch ein bisschen noch Forschungsdrang da. Das heißt, man muss sich Dinge mehr erarbeiten und selbstständiger arbeiten.

Page 313: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 316

Nearshorecenters von Beta 1 gegeben. Deutsche Sprachkenntnisse sind auch deshalb relevant, weil die polnischen Mitarbeiter/innen künftig selbst direkt mit den Kunden in Kontakt treten sollen. Der Personalverantwortliche weist aber darauf hin, dass polnische Mit-arbeiter/innen auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt in frühen Spezi-fikationsphasen der Produktentwicklung in Kundengespräche ein-gebunden werden, damit sie auch alle Projektphasen verstehen können.231

Im Rekrutierungssystem von Beta 1 existieren verschiedene Filterstufen. Die Bewerbungen kommen in einer Zentralstelle des Personalbereichs des Standortes München an, wo sie zunächst sor-tiert werden. Falls grundsätzliches Interesse an den Bewerber/innen besteht, werden die Unterlagen an die Fachgruppen weitergeleitet, „und von dort wird rekrutiert und in die Verantwortung gestellt“, wie der Personalverantwortliche feststellt.

Im Nearshorecenter baut die Personalverantwortliche unter an-derem zum Zweck der Personalrekrutierung gezielte Kontakte mit der örtlichen Universität auf, indem sie Gastvorträge hält und fir-menbezogene Diplomarbeitsthemen an Absolventen/innen vergibt. Auch wirbt die Firma auf Messen vor Ort um Hochschulabsolven-ten/innen. Von Beta 1 typischerweise bevorzugte allgemeine Ein-stiegqualifikationen sind Diplom- und zukünftig auch Masterab-schlüsse in Informatik, Wirtschaftsinformatik, Mathematik oder Physik sowie in anderen naturwissenschaftlichen Fächern, wobei der Bezug zur Informatik während des Studiums Einstiegsvoraus-setzung ist. 96% der Mitarbeiter/innen sind Akademiker/innen und 50% davon Informatiker/innen. Im Nearshorecenter werden wie bereits erwähnt ausschließlich Informatiker/innen eingestellt.

Da das Unternehmen im universitären Umfeld sehr aktiv und auch Mitglied in der akademisch ausgerichteten Gesellschaft für

231 typischerweise die frühe Phasen Spezifikationsphase, wo man mit dem Kunden die Kundenanfor-derungen an die Software definiert. das wird in Deutschland gemacht, wobei wir dort auch polnische Mitarbeiter oft schon mit dazunehmen, sodass die eben auch das Kundengeschäft richtig verstehen.

Page 314: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

317 Internationale Professionalität

Informatik ist, sind viele Mitarbeiter/innen über Praktika oder un-ternehmensspezifische Diplomarbeiten direkt von der Hochschule in die Firma eingestiegen. Daher kennen sie deren Organisations-kultur vom Beginn ihres Berufslebens an. Entsprechend der Ar-beitsmarktdynamik in der Branche verbringen sie aber teilweise nur ihre ersten Berufsjahre bei Beta 1 (die Rede ist von maximal fünf Jahren). Nach Aussage des Personalverantwortlichen ist allerdings die Rückkehrquote ziemlich hoch.232

Die Mitarbeiter/innen von Beta 1 verfügen im Durchschnitt über eine sehr hohe Qualifikation. Das Unternehmen erwartet von ihnen jedoch keine (weitere) Spezialisierung auf ein bestimmtes Gebiet, sondern vielmehr, dass sie sich in alle Phasen der Soft-wareentwicklung einarbeiten. Dieser sogenannte „Generalisten-ansatz“ ist ein zentraler Bestandteil der Firmenphilosophie, wie der Personalverantwortliche kommentiert.233 Er erleichtert die Durch-lässigkeit zwischen unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen und er-laubt eine Flexibilisierung des Personaleinsatzes, die in Anbetracht der hohen Branchendynamik bei Projektanträgen benötigt wird. Außerdem erleichtert der Generalistenansatz den Wechsel von Mit-arbeiter/innen zwischen den verschiedenen Karrierepfaden, die bei Beta 1 existieren. Auch bei der Akquirierung von IT-Wissen auf-seiten von Experten/innen außerhalb des Unternehmens wird der Generalistenansatz angewendet.

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis wird als zentral für die international verteilte Arbeit gesehen, eine gemeinsame Sprache und auch eine persönliche Nähe zwischen den Mitarbei-ter/innen aus verschiedenen Standorten zu schaffen. Diese Sicht unterstellt, dass Kommunikationsprobleme vor allem durch „psy- 232 da unser Hauptrekrutierungsfeld aber die Hochschulabsolventen sind, die ihren ersten Berufsein-stieg bei uns finden, ist genau auch in der Gruppe der Drang nach ein paar Jahren, mal was andres kennenzulernen. Das ist so, das lässt sich nicht wegdiskutieren, das kann man den Menschen nicht verübeln, was wir aber für uns mit Stolz immer wieder verkünden dürfen ist, dass wir eine recht große Rückkehrerquote haben. 233 Dadurch, dass nicht in allen Projekten grundsätzlich irgendwas wegfällt oder rausgegeben wird, ist nach wie vor jeder Softwareingenieur aufgerufen, in allen Projektphasen einsatzfähig zu sein.

Page 315: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 318

chische Nähe“ (s. Uppsala-Modell bzw. Holtbrügge-Kritiken) zwi-schen den Beteiligten beseitigt werden können. Insbesondere der Qualitätsmanager betont in diesem Zusammenhang den Unter-schied zwischen Near- und Farshore bzw. zwischen der Zusam-menarbeit mit polnischen oder mit indischen Kollegen/innen. Das Hauptproblem besteht seiner Meinung nach darin, einen persönli-chen Kontakt herzustellen, der die gewöhnliche und in der IT-Branche traditionell übliche „Arbeit auf Zuruf“ erlaubt. Deswegen ist das „sich persönlich Kennenlernen“ für ihn am wichtigsten, um die Probleme in der international verteilten Arbeit zu lösen.234

Die international verteilte Arbeit muss sich demnach nicht nur an sprachliche, sondern auch an interkulturelle Herausforderungen anpassen. Interkulturelle Trainings sind nach Meinung des Quali-tätsmanagers hierfür jedoch nicht besonders hilfreich. Seiner An-sicht nach sollten die Mitarbeiter/innen Auslandserfahrungen ge-macht haben bzw. die Gelegenheit dazu erhalten. In den Worten der Geschäftsbereichsleiterin geht es um ein „Umerziehungsprob-lem“ oder, wie es der Qualitätsmanager nennt, um die „soziale Komponente“. Die Auslagerung von Arbeitsteilen bzw. die Expan-sion der Firma nach Polen versprach wegen der räumlichen und der vermuteten kulturellen Nähe die Lösung von Farshoreproblemen zu sein. Doch auch zwischen Polen und Deutschland werden die kul-turellen Unterschiede im Arbeitsalltag spürbar. Gerade der unter-schiedliche Arbeitshabitus von polnischen und deutschen Hoch-schulabsolventen/innen, den die Personalverantwortliche im Nearshorecenter bereits kommentiert hatte, wird bei der Gruppen-diskussion erneut angesprochen, auch vom Projektleiter. Bei den polnischen Mitarbeiter/innen wird Selbstständigkeit vermisst. Im Projektalltag im Nearshorecenter stellt sich immer wieder die Fra-ge, in welchen Problemsituationen jemand in Deutschland kontak-tiert werden soll. Hier erweisen sich die polnischen Beschäftigten

234 was da wirklich in allen Fällen nur hilft, die müssen sich persönlich kennenlernen, was im Farshore nicht funktioniert.

Page 316: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

319 Internationale Professionalität

als sehr zurückhaltend. Eine polnische Mitarbeiterin erklärt sich diese Zurückhaltung durch eine entsprechende Habitualisierung während des Studiums und dadurch, dass es einfacher ist, sich mit Fragen an polnische Kollegen/innen zu wenden.235 Wie die Ge-schäftsbereichsleiterin bei der Gruppendiskussion erklärt, fällt es polnischen Mitarbeiter/innen schwerer als den deutschen, Fragen zu stellen, was sie unter anderem mit Interpretationen über Macht-asymmetrien in Zusammenhang bringt.236

Karriereoptionen bei Beta 1

Grundsätzlich existieren in der Firma zwei unterschiedliche Karrie-repfade: eine Fachlaufbahn und eine Linienlaufbahn. Zwar ist die Fachlaufbahn von Personalführungsanforderungen entkoppelt, die Hierarchiestufen beider Pfade sind jedoch gleichwertig.

Dem Personalverantwortlichen zufolge müssen sich die soge-nannten „Experten“ bei der Fachlaufbahn entsprechend dem Generalistenansatz des Unternehmens allgemein in sogenannten „Communities“ zur Verfügung stellen.237 Von diesen sogenannten

235 Ja weil wir in Polen während dem Studium und in der Schule lernen, dass das Fragen ok ist, aber nur wenn die Frage gut ist - wir können nicht einfach einfache Fragen stellen. Oder es ist auch einfacher, andere polnische Kollegen zu fragen. 236 Fragen, Fragen, Fragen, bevor man da in der eigenen Suppe kocht. Das fällt polnischen Kollegen deutlich schwerer. Einfach, weil manchmal hab ich schon des Gefühl, das werten sie selber als Zeichen der Schwäche, und ich musste mit den polnischen Kollegen viel häufiger sprechen, so wie du (zu einem Softwareentwickler bei der Gruppendiskussion) es halt sagst: Anrufen! Weil ich gehe in München davon aus- oder ich bin es gewohnt, wenn ich von meinem Mitarbeiter nichts höre, dann geh ich davon aus, dass alles passt. 237 diese Menschen sind natürlich in ihrer Fachlichkeit exzellent, sie sind in der Grundlage sehr gute und sehr generalistisch aufgestellte Informatiker oder Ähnliches und haben sich dann über Jahre hinweg entsprechendes Expertenwissen in den täglichen Projekten erarbeitet und haben bei diesem Expertenwissen innerhalb Beta 1 Themenführerschaft. Das sind keine Einzelkämpfer in dem Sinne, dass sie zwar nur fachlich unterwegs sind. Das sind dann gefragte Fachleute, die in Projekte für bestimmte Technologie- und Technikfragen gerufen werden, aber die müssen dann immer wieder auch dem Allgemeinen und in der Firma insgesamt zur Verfügung stellen; in sogenannten Communi-ties. Diese Fachlaufbahn ist bei uns, was die möglichen Hierarchiestufen, die zu erreichen sind, gleichwertig mit der Linienlaufbahn. Das heißt auch, in der Fachlaufbahn kann ich ein Level errei-chen, das dem Topmanagement entspricht. (…) sei des jetzt Gehalt, wir nennen das intern dann auch

Page 317: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 320

„Fachexperten“ wird nicht nur erwartet, dass sie ihre Qualifikatio-nen und Kompetenzen intern in das Unternehmen einbringen, son-dern auch, dass sie über die sogenannten „Communities“ den Kon-takt mit der Unternehmensumwelt pflegen. Das heißt, dass die Fachexperten als aktive Schnittstelle zwischen Organisation und Umwelt bezüglich Wissensressourcen fungieren sollen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die hierarchische Gleichsetzung der Fachlaufbahn mit der Linienlaufbahn, denn Wissensressourcen, die von Fachexperten dominiert werden, sind für Softwareunter-nehmen von existenzieller Bedeutung.

Bei der Linienlaufbahn handelt es sich um Führungsfunktio-nen, die hierarchisch aufeinander aufbauen. In den niedrigen Stufen der Linienlaufbahnhierarchie besteht die Aufgabe in der Regel in der Leitung eines kleinen Projektes. Damit ist aber keine dauerhafte Personalverantwortung verbunden, auch wenn eine solche begrenz-te Leitungsaufgabe die Basis für eine künftig dauerhafte Führungs-verantwortung in den höheren Hierarchiestufen dieser Laufbahn bildet. Über dieser Position stehen die Projektmanager/innen, die dafür zuständig sind, entweder ein großes Projekt oder mehrere kleine Projekte gleichzeitig zu steuern. Weiterhin sind innerhalb der Linienlaufbahn auf einer höheren Stufe Geschäftsbereichslei-ter/innen für eine Gruppe von 30 bis 50 Mitarbeiter/innen verant-wortlich, die wiederum in Projektteams integriert werden. Solche Projektteams werden immer wieder unterschiedlich zusammenge-setzt, doch bleiben die Personen jeweils fest einem einzigen Ge-schäftsbereich unter Leitung von bestimmten Vorgesetzten zuge-wiesen. Über dieser Hierarchiestufe stehen die Geschäftsleitung und der Vorstand. Das heißt, dass das Unternehmen, wie der Per-sonalverantwortliche feststellt, klar hierarchisch organisiert ist.238 Grundsätzlich werden bei dieser Laufbahn ähnlich wie bei der

noch Entwicklungsstufe, also Hierarchiestufe, Entwicklungsstufe oder das Recht, einen entsprechen-den Firmenwagen zu fahren, oder ähnliche Dinge, sind sie gleichgestellt mit dem Topmanagement. 238 wir haben da eine relativ klar gestaffelte Hierarchie.

Page 318: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

321 Internationale Professionalität

Fachlaufbahn Qualifikationen in der Informatik vorausgesetzt, wo-bei Quereinsteiger bzw. hoch qualifizierte Personen aus benachbar-ten technischen Disziplinen auch gute Einstiegschancen haben. Darüber hinaus wird von den Fachkräften in der Linienlaufbahn, die als „Führungskräfte“ bezeichnet werden, ein bestimmtes Per-sönlichkeitsbild erwartet, das durch Merkmale wie Motivations-, Strukturierungs- oder Steuerungsfähigkeit erfolgreiche Teamlei-tungsfähigkeiten zeigt. Das Kompetenzprofil beinhaltet demnach im Unterschied zur Fachlaufbahn eine bestimmte Führungspersön-lichkeit, die demonstriert werden soll und die zwischen unter-schiedlichen Hierarchieebenen sowie zwischen Organisation und Umwelt vermittelt bzw. agiert. Denn besonders die Projektmanager müssen zunehmend mit unterschiedlichen Kunden und Mitarbei-ter/innen gleichzeitig und unter Zeit- und Ressourcenknappheit interagieren und verhandeln.

Projektmanagement und Qualitätsmanagement werden dadurch in der Linienlaufbahn zentral, aber auch komplexer und zeitintensi-ver. Darüber hinaus hat sich im Zusammenhang mit der Auslage-rung von bestimmten Arbeitsaufgaben in das Nearshorecenter der Zuständigkeitsraum von Projekt- und Qualitätsmanagern geändert, weil sie bei bestimmten Projekten nun auch Mitarbeiter/innen leiten müssen, die nicht direkt zur Linienverantwortung der deutschen Organisation gehören. Dafür benötigen vor allem Projektmanager nicht nur Koordinations- und Kommunikationsfähigkeiten bzw. soziale Kompetenzen, sondern auch zunehmend interkulturelle Kompetenzen, wie der Personalverantwortliche beschreibt.239

239 für die (Projektmanager) braucht es einerseits äh die Koordinationsfähigkeit, auf Mitarbeiter zuzugreifen, die nicht in ihrem Linienverantwortungsbereich sitzen. Also, Ressourcen sozusagen abzufordern, und dann aber bei sich in die Verantwortung in die Managementverantwortung und auch in die Auslastungsverantwortung zu übernehmen. Einerseits, das ist rein was Arbeitsorganisati-onsmäßiges und das andere ist der Umgang mit einer doch etwas anderen Mentalität. Mit einer anderen Kultur, die die Kollegen mitbringen.

Page 319: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 322

Mechanismen der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis bei Beta 1

Auch die Arbeitskontrolle ändert sich durch die Umsetzung inter-national verteilter projektförmiger Arbeit. Qualitätsmanagement bekommt eine zentrale Bedeutung in internationalen Projekten. Wenn in Projekten bestimmte Änderungen vorgenommen werden sollen, wird ein Gremium gebildet, in dem die beteiligten Standorte vertreten sind und bei dem sowohl der Kunde als auch der Quali-tätsmanager und ein oder zwei (technische und fachliche) Chefde-signer das sogenannte „Changemanagement“ übernehmen. Die konkrete Zusammensetzung des Gremiums variiert je nach Projekt und Kunde, denn in manchen Fällen fokussieren die Projekte auf fachliche Aspekte, etwa weil der Kunde technische Aspekte selbst abdecken kann. Die letzte Entscheidung über notwendige Maß-nahmen im Projekt wird dann aber letztendlich von dem bzw. den Chefdesignern getroffen.

Darüber hinaus spielen die Qualitätsbeauftragten im Hinblick auf die Arbeitskontrolle vor allem in den unterschiedlichen Projek-ten eine Schlüsselrolle als Informationsvermittler über den Projekt-ablauf.240 Die Qualitätsbeauftragten müssen regelmäßig weiterge-bildet werden, denn die Qualitätsmanagementsysteme bzw. -anfor-derungen ändern sich häufig und variieren je nach Projekt bzw. nach Kundenanforderungen. Die Besetzung dieser Funktion in den Projekten ist wegen ihres starken Kontrollcharakters sehr wichtig für die Projektleiter/innen. Sie können sich die betreffende Person aus dem Projektteam aussuchen, das sie selbst auf der Basis des verfügbaren Budgets zusammenstellen, wie der Qualitätsmanager erklärt.241 Das heißt, mit der Einsetzung von Qualitätsbeauftragten 240 Sie berichten zum einen monatlich den Qualitätsberatern über Projektqualitätstandards und zum anderen alle sechs Wochen dem Projektmanager in Form eines Qualitätsmanagementberichts und eines Risikoberichts. Gleichzeitig sind sie auch gegenüber den Projektleitern berichtspflichtig. 241 das andere, was ich jetzt auch gemacht habe, ist eine Ausbildung von meinen QBs [Qualitätsbe-auftragten], weil es bei uns aktuell so ist, dass der PL [Projektleiter] sich den QB aussucht aus seinem Team raus. Je nach PL können wir natürlich unterschiedliche Strategien fahren. Ich kann sagen, ich

Page 320: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

323 Internationale Professionalität

geben die Projektleiter/innen zunehmend Entscheidungsbefugnisse ab, um die Kontrollkanäle über die Projektentwicklung zu steuern. Bis zu einem gewissen Grad können sie dann die „Beobachtungs-praktiken“ lenken, wobei die persönliche Kontrolle durch die Qua-litätsbeauftragten wiederum nur einen Teil des gesamten Kontroll-systems der Arbeit darstellt.

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis spielen Qualitäts-standards und auch direkte Gespräche zwischen Qualitätsmanagern und Mitarbeiter/innen eine zentrale Rolle für die Arbeits- und Wis-senskontrolle in laufenden Projekten. Grundsätzlich überblickt der Qualitätsmanager den Alltag der Projektpraxis durch die Informati-onen der Qualitätsbeauftragten, aber auch durch die Dokumentation und durch informelle Gespräche mit Mitarbeiter/innen.242

Der Qualitätsmanager bezeichnet sich selbst als „Informations-senke“. Er soll aus Informationen von verschiedenen Ebenen, auch direkt aus dem Vorstand, bestimmte Aktivitäten ableiten und Stra-tegien umsetzen. Er verfügt daher über einen hohen Grad an Ent-scheidungsautonomie in seiner Arbeit. Darüber hinaus sind seine Zuständigkeiten relativ klar abgegrenzt von der Linien-, aber auch von der Fachlaufbahn. Denn direkte Personalleitungsverantwortung hat er nicht, obwohl er bei der Personaldisposition im Gremium mitentscheidet und er ganz konkret auf organisations-, bereichs- und projektübergreifende Qualitätskontrolle spezialisiert ist.

Dem Qualitätsmanager zufolge wird bei Beta 1 das Qualitäts-management weitgehend akzeptiert; das ist in anderen Unterneh-men nicht unbedingt der Fall.243 Er hält es für wichtig, die Mitar- nehme mir den besten, den kritischten Typen raus und sage, ok ich nehme mir den, weil ich mehr Benefit habe. Ich nehme mir den Ruhigsten, weil da habe ich meine Ruhe. eh so einen QB ist unbe-quem. 242 also auch so ein bisschen Gespür dafür, was läuft und ja, was läuft im Gang, in der Kaffeküche (…) einfach dann bestimmte Gespräche dann einfach hören, und wenn es mal geht und sagt hey äh hier müssen wir mal schauen, was tut sich bei euch, wie ist die Lage, um letztendlich den Bericht, den ich äh schreibe, möglichst authentisch und möglichst gut zu machen. Das ist eine wichtige Source dafür. (QM). 243 auf der andern Seite hab ich fest gestellt, in anderen Unternehmen fehlt es noch viel mehr; also den Vorteil, den ich hier habe, ist, dass ich mit den erfahrenen Leuten nicht über Qualitätsmanage-

Page 321: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 324

beiter/innen bei der Gestaltung von Qualitätsmaßnahmen einzube-ziehen, um ihnen den Sinn solcher Maßnahmen zu vermitteln. Zum einen lassen sich die Mitarbeiter/innen so für die Dokumentations-arbeit motivieren und zum anderen kann die Dynamik der Projekt-ereignisse in das Qualitätssystem integriert werden. Besonders die-ser dynamische Transformationsprozess der Qualitätssysteme soll beachtet werden, um zu vermeiden, dass die Organisation „selbst blind“ durch ihre eigene Tradition wird, und auch dafür, dass die Organisation möglichst flexibel auf die Kundenanforderungen bei den unterschiedlichen Projekten reagieren kann. Denn die Kunden haben zum Teil auch ihre eigenen Qualitätsmanagementsysteme, die bei der Implementierung berücksichtigt werden sollen, wie der Qualitätsmanager ausführt.244

Probleme bei der Arbeitskontrolle in der Alltagspraxis sieht der Qualitätsmanager allerdings nicht nur bei der dynamischen Gestal-tung von Qualitätsmanagementsystemen, sondern auch bezogen auf das Risiko der Wissensmigration.245 Für den Wissenstransfer wird eine Wissensdatenbank benutzt, in der sich unterschiedliche Inhalte befinden. Der Projektleiter weist darauf hin, dass die in Nearshore-projekten generierten Dokumente nicht nur in diesem „repository“-Verwaltungssystem“ gespeichert werden. Wie der polnische Soft-

ment wirklich streiten muss; das erleb ich hier in meiner Organisation sagen mir sehr viele ja es macht einfach Sinn. Das geht dann wirklich um des Feintuning; macht das und jenes eine Maßnahme Sinn, wollen wir da investieren oder nicht, aber keiner, keiner sagt, dass dass dieses Thema Quali-tätsmanagement Irrsinn ist. Ob wir es dann letztendlich wieder machen, ist dann halt auch oft äh so eine Entscheidung aus diesem schönen magischen Dreieck. Also Budget, Termin und Qualität. 244 wir müssen also immer mal wieder so in einem nicht jährlichen Zyklus, aber immer mal wieder ein bisschen ein Feinschliff machen und die Leute auch wieder auf das vielleicht auch ein bisschen anpassen, dass sie sich besser damit identifizieren, damit das dann auch wieder funktioniert. 245 wenn jetzt jemand weggeht, dann ist das Wissen nicht verloren, da geht halt dann das fachliche Wissen weg. Wenn jetzt ein Qualitätsberater geht, dann geht auch kein, also über Qualitätsmanage-mentprozess kein Wissen verloren. Da geht sage ich mal Erfahrung verloren, die er halt hat, wo er sagt, ich schaue in einem Projekt grade Audits an, die und die Stelle und hab die und die Schwer-punkte die „richtigen Löcher zu bohren. Okay. Da Knackpunkte zu finden. Aber das Wissen an sich, des ist letztendlich in dem Qualitätsmanagement sehr gut dokumentiert.

Page 322: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

325 Internationale Professionalität

wareentwickler erklärt, werden sie teilweise zusätzlich auch per E-Mail verschickt.246

Im Zusammenhang mit Near- und Farshoreprojekten hat die Bedeutung der Dokumentation und der Qualitätsmanagementsys-teme zugenommen; beide werden gleichzeitig immer mehr formali-siert. Gerade diese Formalisierung kann zu einem zweischneidigen Schwert werden, weil formalisierte Systeme, wie die Geschäftsbe-reichsleiterin bei der Gruppendiskussion erklärt, einerseits das Do-kumentieren unterstützen und vereinfachen können, in ihnen ande-rerseits aber der Gesamtüberblick eher verloren geht.247 Damit wächst das Risiko, einen Fehler zu spät zu erkennen, beispielsweise weil eine bestimmte Komponente nicht im Gesamtzusammenhang des Projektes betrachtet wurde. Das kann unter anderem zu Zeit-verzögerungen führen und dramatische Folgen für ein Projekt nach sich ziehen.

In der internationalen Arbeitspraxis setzt sich immer mehr die elektronische Dokumentation durch, die standortunabhängig einen Überblick über Projektabläufe vermitteln kann. Um die Prozeduren und Verhaltenskodizes in der gesamten Organisation zusammenzu-fassen, wurden aus den Erfahrungen mehrerer Projekte ein Hand-buch für Nearshoring sowie ein Handbuch für Farshoring entwi-ckelt. Damit sollte auch dem erhöhten Risiko Rechnung getragen werden, das mit der Aufteilung der Arbeit auf Standorte verbunden ist, die in unterschiedlichen geografischen und kulturellen Räumen und teilweise auch in verschiedenen Zeitzonen angesiedelt sind.

246 Ja. Wir haben eine Wissensdatenbank, wo wir unsere Erfahrungen sammeln und dann wieder verwenden. Ja, man kann auch nach Schlüsselwörtern suchen und was die entweder Projektspezifika betreffen oder Technologieaspekte (…) auch Akquisitionskommunikation, denn die da irgendwie schon gemacht wurde. Kontakte oder so was, das ist eine Akquisitionsdatenbank. Und für die Kom-munikation das, was wir schon uns erarbeitet haben, steht auch in einem Dokument, das zugreifbar ist und heißt best practices. Da haben wir ein paar Sachen gesammelt und dokumentiert, wie die Abläufe sind. 247 das war sehr einfach, weil es sehr formal war, sodass die Dokumentation per se erstmal unterstüt-zend war, (…) die hat einen anderen Nachteil nämlich, dass man den Gesamtüberblick, also was ist jetzt wirklich das, was tut des Gesamtding, wie funktioniert des insgesamt zusammen, das hat stärker gefehlt.

Page 323: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 326

Die Empfehlungen dieser Handbücher sind jedoch nicht verallgemeinerbar, sondern sie müssen immer wieder an die Be-dürfnisse der Projekte und an die konkrete Situation angepasst werden, wie die Geschäftsleiterin bei der Gruppendiskussion be-dauert. Wichtig ist allerdings, dass die Mitarbeiter/innen in diese Weiterentwicklung der Qualitätsmaßnahmen in den Projekten mit-einbezogen werden. Darauf sind insbesondere die ausländischen Mitarbeiter/innen sehr stolz und es trägt auch dazu bei, dass sie sich mit der Qualität ihrer Arbeit als „eigene Produktion und Kontrolle“ identifizieren können. Auch die Umsetzung gemeinsamer firmen-übergreifender Arbeitsrichtlinien halten sie für zentral, um interkul-turelle bzw. hierarchische Konflikte in der Arbeitspraxis zu ver-meiden.

Konstruktion beruflicher Identitäten bei Beta 1

Um die Integration der Mitarbeiter/innen in die Organisation zu fördern, werden sogenannte „Paten“ benannt, die als Mento-ren/innen fungieren und Erfahrungen mit der Organisationskultur mitbringen. Nearshore-Mitarbeiter/innen werden zunächst über einen Zeitraum von einem halben bis zu einem Jahr in einem der deutschen Standorte eingearbeitet. Dort werden sie ausgebildet, und lernen deutsch; außerdem können sie sich mit der Unterneh-menskultur vertraut machen und sowohl die Kunden als auch die deutschen Kollegen persönlich kennenlernen. Darüber hinaus ha-ben sowohl die internen als auch die von der Firma empfohlenen externen Weiterbildungsangebote eine Integrations- und gleichzei-tig eine Anpassungsfunktion an den Stand des Wissens auf dem Markt, wie der Personalverantwortliche kommentiert.248 Die Wei-terbildung dient weiterhin auch dazu, einen homogenen Kommuni- 248 arbeiten Mitarbeiter bei Beta 1 wirklich im Weiterbildungsinteresse. Das ist eine Bedingung. In Beta 1 organisiert durch mein Team wird (…) einen breiten Weiterbildungskanon (…) angeboten. Und wo wir nicht selber intern weiterbilden, bieten wir eine Schnittstelle mit Information darüber, wo Training auf dem Markt zu bekommen wäre.

Page 324: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

327 Internationale Professionalität

kationsstil in der gesamten Organisation zu gestalten, wie der Per-sonalverantwortliche meint.249

Das Angebot an Weiterbildung ist sehr breit gefächert und be-inhaltet sowohl Kurse, die technische und administrative, als auch solche, die soziale Kompetenzen vermitteln. Insbesondere Trai-nings zu sozialen Kompetenzen kommt eine große und noch weiter wachsende Bedeutung in der Organisation zu. Das hängt nicht nur mit der Transformation des Charakters der Tätigkeiten im Unter-nehmen hin zu Beratung zusammen, sondern auch damit, dass Qua-litätsrisiken beispielsweise aufgrund interkultureller Kommunikati-onsprobleme minimiert oder Defizite der universitären Ausbildung im Hinblick auf kommunikative und soziale Kompetenzen kom-pensiert werden sollen, wie der Personalverantwortliche erklärt.250

Besonders Soft Skills werden von der Personalverantwortli-chen im Nearshorecenter als zentral bewertet, denn ihrer Meinung nach scheitern Projekte vor allem wegen „psychologischer Proble-me“ und nicht wegen „der Technik“. Gerade psychologische und besonders kommunikative Aspekte werden in Deutschland in der Informatikausbildung aus ihrer Sicht nicht ausreichend beachtet und dieser Mangel muss durch firmeninterne Weiterbildung ausge-glichen werden. Die Ausbildung ist nach Meinung der Personalver-antwortlichen zu stark theoretisch und zu wenig an der Praxis aus-gerichtet.251 Das Weiterbildungsangebot ist gegliedert in Grund- und Fortgeschrittenenkurse. Fortgeschrittenenkurse sind vor allem für Personen in der Linienlaufbahn gedacht, die Führungsfunktio-nen übernehmen sollen. Sie beschäftigen sich hauptsächlich mit

249 um es dann zu schaffen, dass wir ein homogenes Auftreten als Firma haben, schicken wir die meisten noch auf so einen Kommunikationstraining. 250 das ist für uns ein ganz wesentlicher Teil, und zwar weil wir feststellen, dass diese Soft Skills in der Theorie und dann auch in der angewandten Praxis an den Hochschulen noch zu wenig gelehrt werden. 251 man lernt vielleicht an der Uni, gute Ideen zu haben, aber dann andere davon zu überzeugen, das lernt man nicht. Und das muss mehr kommen, sonst wird die beste Idee nichts.(…) wenn da irgend-was diskutiert wird im Team und es gibt verschiedene Lösungen, dann muss ich auch mal meine irgendwie anbringen können und verteidigen können auch.

Page 325: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 328

Aspekten wie Gesprächsführung, Diversity Management, „emotio-nale Intelligenz“ oder „Psychologie des Verzeihens“ sowie der fir-menübergreifenden Führung von Projektteams. Demgegenüber behandeln die Grundkurse eher allgemeine Themen wie Kommu-nikation, Präsentation, Moderation, Arbeitsstile, Zeitmanagement, Konfliktmanagement oder Präsentationen in englischer Sprache. Das Angebot an technischen Kursen muss entsprechend der hohen Wissensdynamik in der Branche sehr flexibel bleiben. Außerdem werden die Weiterbildungsangebote an die Karrierepfade von Be-ta 1 angepasst.252

Auch aus internationaler Perspektive hat Weiterbildung der Personalverantwortlichen im Nearshorecenter zufolge eine wichti-ge integrative Bedeutung für Beta 1: Durch das länderübergreifend gleiche Weiterbildungsangebot für alle Mitarbeiter/innen soll die gemeinsame Firmenidentität gestärkt und die internationale Ein-satzfähigkeit verfügbarer Personalressourcen verbessert werden.253 Um möglichst rasch eine Kommunikationsbasis aufbauen zu kön-nen, werden von den Mitarbeiter/innen im Nearshorecenter Deutschkenntnisse verlangt, die durch interne oder externe Weiter-bildung verbessert werden sollen, wie der Personalverantwortliche beschreibt.254 Nach Ansicht des Personalverantwortlichen in

252 im Grundsatz ist Weiterbildung als organisierte Weiterbildung, so als Präsenzveranstaltung für jeden Mitarbeiter in Beta 1 relevant und insofern lohnt es sich auch für jeden, daran teilzunehmen, aber, und das ist jetzt die Einschränkung, immer unter der Voraussetzung, dass diese Weiterbil-dungsmaßnahme in den Korridor dessen passt, was für den Mitarbeiter in diesem Zeitfenster eine geeignete Maßnahme ist. (…), also Training macht dann Sinn, wenn es an Defizitstellen, vielleicht das falsche Wort, aber da wo noch wirklich Potenziale sind. (…) Wir investieren in die Stärken der Mitarbeiter. 253 die gleiche Weiterbildung, so dass die äh sage mal die Qualität der Mitarbeiter hier genauso ist wie in Deutschland. Das ist aus unserer Sicht ganz wichtig. Ja, sonst funktioniert es nicht. 254 Zum einen bieten wir den Mitarbeitern, die wir gern einstellen würden, wo aber das Deutsch noch nicht passt, so eine Art vorgelagerten Arbeitsvertrag an, wo sie das Geld hernehmen können und in ihrer Heimatstadt noch mal intensiv Deutschunterricht lernen. Das organisieren sie aber selbst und wenn sie dann anfangen bei uns in Deutschland, dann ist begleitend in der Zeit ein Deutschkurs. (…) kann eine Volkshochschule sein, kann Goetheinstitut sein, hängt ein bisschen von der Stadt ab, was gerade angeboten wird. Und in München zum Beispiel, wo am meisten polnische Mitarbeiter bisher waren, da haben wir einfach zwei Lehrer, mit denen wir direkt zusammen arbeiten, die immer ins

Page 326: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

329 Internationale Professionalität

Deutschland stellt das länderübergreifende Weiterbildungsangebot einen Erfolgsfaktor bzw. eine Maßnahme zur Risikominimierung dar. Es soll vermeiden, dass die Qualität der Produkte wegen Kommunikationsproblemen während des Produktionsprozesses gefährdet wird.255

Auch für die Gestaltung des individuellen Karrierepfades der Beschäftigten ist die Weiterbildung bedeutsam. In einem jährlichen Gespräch zwischen Mitarbeiter/in und dem/der Vorgesetzten wird verhandelt, welche Schritte unternommen werden müssen, um ver-einbarte Ziele in den vorgesehenen Karrierestufen bzw. Karriere-pfaden zu erreichen. Da die Weiterbildungsangebote allen Mitar-beiter/innen in der Firma bekannt gemacht werden, erwartet Beta 1 von ihnen, dass sie selbst Angebote aussuchen, die zu den verein-barten Karrierezielen passen. Gerade diese Eigeninitiative ist nicht nur für die Mitarbeiter/innen wichtig, um ihren Karriereweg zu beeinflussen, sondern auch für das Unternehmen, weil sich so Wis-sensquellen und Innovationspotenziale in der Softwareentwicklung jenseits der Organisationsgrenzen ausschöpfen lassen. Dementspre-chend ist es sogar sehr willkommen, wenn Mitarbeiter/innen ihre Kenntnisse durch extern angebotene Kurse erweitern und Eigenini-tiative zeigen, wie der Personalverantwortliche kommentiert.256 Aus diesem Zusammenhang erklärt sich unter anderem auch das Interesse der Firma daran, dass insbesondere die Mitarbeiter/innen mit Karriereabsichten in der Fachlaufbahn aktiv den Kontakt zu Fachcommunities suchen. Weiterbildung wird vertraglich und im Zusammenhang mit den vorgesehenen Arbeitszeiten der Mitarbei-ter/innen geregelt.

Büro kommen. Und so machen wir das jetzt hier in Polen auch und arbeiten hier mit zwei Lehrern zusammen. 255 für uns ist es ein Erfolgsfaktor, dass die Leute genauso qualifiziert sind. Weil wir nicht riskieren dürfen, dass die Qualität schlechter wird. 256 Aus eigener Initiative ein webbasiertes Training oder Literatur dazu zu lesen. Eine ganz wichtige Sache.

Page 327: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 330

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis spielt die Eigen-initiative bei der Suche nach externen Weiterbildungsmöglichkei-ten eine zentrale Rolle, um sich beruflich weiterzuentwickeln. Für Weiterbildung ist in der Firma nach Meinung des Qualitätsmana-gers nicht sehr viel Zeit vorgesehen. Üblich ist ein internes „Trai-ning on the job“, ergänzt um von den Mitarbeiter/innen selbst aus-gewählte externe Schulungen oder Seminare zu Themen, an denen sie ein individuelles Interesse haben. Externe Schulungen werden aber nicht allen, sondern nur denjenigen Mitarbeiter/innen ermög-licht, die seit mindestens fünf Jahren in der Firma beschäftigt sind, und auch nur dann, wenn das interne Angebot nicht ausreichend bzw. nicht spezialisiert genug ist. Weil das Nearshorecenter zum Zeitpunkt der Interviews noch nicht lange genug besteht, stellt sich die Frage externer Weiterbildungen für die polnischen Mitarbei-ter/innen noch nicht. Doch sie werden Managementschulungen besuchen müssen, damit sie künftig in der Lage sind, das Nearshorecenter selbst zu steuern, wie der Projektleiter meint.257

Da die internen Weiterbildungsangebote an zwei Wochenta-gen, unter Umständen auch samstags, und auch nicht in jeder Nie-derlassung stattfinden, müssen die Teilnehmer/innen gegebenen-falls einige Tage an einem anderen Standort verbringen. Wie sie Weiterbildung, Arbeit und Leben unter einen Hut bringen, bleibt ihnen selbst überlassen. Deshalb ist es wichtig, dass die Mitarbei-ter/innen die Zeiten und die Aktivitäten selbst koordinieren und im Gespräch mit den Vorgesetzten festlegen.258

Die Softwareentwickler/innen schätzen die Freiheit sehr, ihre Weiterbildung selbst zu organisieren, vor allem die Mitarbei-ter/innen im Nearshorecenter. Aus der Perspektive des polnischen 257 also später wird dann auch so sein, ja, also die Leute, die dann später mal [in Polen] die Perso-nalführung machen, die werden genauso das Beta 1-Förderprogramm durchlaufen wie die deutschen Kollegen. Dass sie eben die Führung auch so machen, wie wir uns das vorstellen. Und uns auch sicher sind, dass die die richtige Qualifikation haben. 258 Das kann er selber steuern, also auch Koordination mit persönlichen Terminen, weil die meisten von unseren Schulungen ja irgendwie immer an Donnerstag, Freitag, Samstag oder sowas sind. Insofern hat es natürlich auch einen gewissen Einfluss aufs Privatleben, jetzt am Samstag, ja?

Page 328: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

331 Internationale Professionalität

Softwareentwicklers ist seine Beschäftigung in der Firma vor allem sehr wertvoll, weil er sich weiterentwickeln kann. Auch der finan-zielle Anreiz, der im IT-Bereich derzeit höher ist als in anderen Branchen, hat für ihn einen hohen Stellenwert. Dementsprechend ist seine Arbeitsmotivation generell sehr hoch, besonders aber in Bezug auf Weiterbildung.259 Im zufolge gibt es in der Organisation zwei Entwicklungspfade: den Anwendungspfad, der technisch ori-entiert ist, und den Managementpfad, der auf „social skills“ basiert. Die Beschäftigten müssen sich für einen dieser Pfade entscheiden, abhängig davon, wie schnell sie sich in der Firma weiterentwickeln wollen. Eine verbindliche Entscheidung über den Karrierepfad soll ca. vier Jahre nach dem direkten Einstieg aus der Universität in die Firma getroffen werden. Da der polnische Softwareentwickler noch nicht so lange in der Firma beschäftigt ist, steht er weder bezüglich des Karrierepfads noch im Hinblick auf die selbstständige Suche nach externer Weiterbildung unter akutem Entscheidungsdruck. Nach Ansicht des Qualitätsmanagers sind es aber ohnehin eher die Vorgesetzten, die die Entscheidung über Weiterbildung und auch über Entwicklungswege steuern.260

Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien bei Beta 1

Nach Meinung der Personalverantwortlichen im Nearshorecenter haben Frauen sowohl bei Beta 1 als auch in der IT-Branche gene-rell bessere Einstiegsmöglichkeiten als Männer, weil sie aus intrin-sischer Motivation das Studium der Informatik ausgewählt haben,

259 Dass man sich weiterentwickeln kann und dass man neue Sachen lernt, technisch auch interkultu-rell gesehen, ein bisschen mit Menschen umgehen, auch was, das Vorgehen betrifft. Ja, also wie man die Aufgaben plant und dann erledigt ja, dann wird (…) kontrolliert; also Weiterentwicklung das wichtigste. Attraktiv; ja, ist halt so, dass man in der IT-Branche besser verdient als woanders, ist auch ein Thema immer, ja und das macht Spaß, ja. 260 ist dann auch Entscheidung auch vom GBL [Geschäftsbereichsleiter], der dann sagt, hey, geh mal wieder auf eine Schulung. Oder grad bei Neueinstellung schaut man dann schon, was er für Skills hat und wohin er sich entwickeln soll. Das ist halt dann schon, wird schon so ein bisschen gesteuert, wohin der Hase läuft.

Page 329: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 332

was in der Branche sehr hoch bewertet wird. Darüber hinaus wer-den nach internen Gehaltstatistiken Frauen im Durchschnitt besser bezahlt als Männer.261 Frauen bekommen aber keinen besonderen Bonus. Es gilt das Leistungsprinzip,262 wonach Frauen die gleichen Chancen wie Männer haben. Dementsprechend gibt es im Unter-nehmen keine Frauenfördermaßnahmen. Es existieren Kinderbe-treuungsmöglichkeiten. Darüber hinaus wird die technisch unter-stützte Arbeitszeitflexibilität der Firma als Möglichkeit gesehen, Arbeit und Familie optimal zu vereinbaren. Nach Auffassung der Personalverantwortlichen im Nearshorecenter kann der Überstun-denausgleich dafür genutzt werden.263 Aus der Sicht des Personal-verantwortlichen sind die Frauen diejenigen, die sich bei der Wahl zwischen Karriere und Familie eher für die Familie entscheiden, sei es wegen Kindererziehung, sei es weil sie ihrem Partner an einen anderen Arbeitsort folgen. Trotz eines solchen „vorgesehenen Risi-kos“ stellt die Firma Frauen sehr gerne ein und wirbt sogar dafür in verschiedenen Foren, denn hoch qualifizierte Fachkräfte sind der-zeit grundsätzlich knapp auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Weil auch Beta 1 unter dem Fachkräftemangel leidet, versucht das Un-ternehmen, aktiv Frauen über Netzwerke oder direkt im universitä-ren Umfeld zu rekrutieren. Bestimmte Frauen, die bei Beta 1 Karri-

261 im Durchschnitt sind die Frauen besser als die Männer. Wenn eine Frau Informatik studiert, dann will sie es auch wirklich. (…) wenn eine sich wagt vielleicht in die Männerwelt einzutauchen, dann will sie es auch wirklich und die sind dann auch gut. Das wird einmal im Jahr veröffentlicht also, das heißt intern veröffentlicht muss man sagen. Und da war mir eben aufgefallen, dass Frauen einen etwas höheres Gehalt haben als Männer und des wird ja immer für verschiedene Entwicklungsstufen angegeben. 262 mm nee da gilt das Gleiche als dann im Prinzip schlägt aber dann eher wahrscheinlich ins Nega-tive im Endeffekt; wir gucken nicht auf die Konstellation, was jemand als Hürden oder sonst irgend-was sonst noch mit sich herumträgt, sondern was er tatsächlich an Potenzial in sich hat; was er leistet, was er kann, und das für Beförderungsentscheidung oder nicht. Also es gibt da nicht einen Bonus für: hat nebenbei noch zwei Kinder und eine Frau oder irgendwas. 263 in Deutschland beziehungsweise in unserem Hauptsitz in München (…) gibt es die Beta 1-Kinderbetreuung (…), praktisch ein privater Kindergarten könnten wir sagen. Das gibt es da. Ähm sonst, gut der kann halt Überstunden, die so anfallen, auch mal ausgleichen, ja, das hängt so ein bisschen von der Entwicklungsstufe ab, aber in den unteren Entwicklungsstufen kann der das recht gut machen. So dass, wenn der mal mehr gearbeitet hat, man im nächsten Monat denn vielleicht einfach auch weniger arbeiten kann.

Page 330: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

333 Internationale Professionalität

ere gemacht haben, werden dafür als Vorbilder präsentiert, wie der Personalverantwortliche erklärt.264

Die Beta 1-Kinderbetreuung (nur in Deutschland existent) wurde auf Elterninitiative hin gegründet und wird von der Firma direkt mit 50% finanziell unterstützt. In anderen Niederlassungen in Deutschland können Beschäftigte einen (steuerfreien) Kinderbe-treuungszuschuss in Anspruch nehmen, wie der Personalverant-wortliche erklärt.265 Im polnischen Nearshorecenter existiert keine dieser Möglichkeiten. Dem Personalverantwortlichen zufolge wird dort damit argumentiert, die Mitarbeiter/innen seien noch jung bzw. ohne Familie und hätten flexible Arbeitszeiten.266 Die Mitarbei-ter/innen verfügen über „Zeitautonomie“, das heißt, sie müssen selbst ihre Zeit gestalten und sich überlegen, wie sie ihre Arbeits- und Lebenszeit in Einklang bringen können. Deshalb werden unter-stützende Maßnahmen als überflüssig betrachtet, meint der Perso-nalverantwortliche.267

Grundsätzlich sehen die Personalverantwortlichen von Beta 1 die Ursache der Unterrepräsentanz von Frauen in der Firma als ein externes Problem bzw. als ein gesellschaftliches Phänomen, das durch Sozialisation in der Familie, in der Schule oder durch man- 264 zunächst gibt es Maßnahmen, die darauf zielen, dass wir mehr weibliche Bewerber und mehr Menschen also mehr weibliche Einstellungen tätigen. Dann steuern wir aktiv die Kolleginnen, die in Beta 1 Karriere gemacht haben, sich in den Rekrutierungsprozess aktiv einspannen. Konkret zum Beispiel dadurch, dass Kolleginnen in Frauennetzwerke an Hochschulen als Referentinnen zur Verfügung stehen. Oder bei Rekrutierungsevents an Hochschulen, wo wir darauf achten, dass nach Möglichkeit sooft Frauen Beta 1-Frauen mit dabei sind, um den weiblichen Bewerberinnen auch entsprechenden Ansprechpartner zu gönnen. 265 also wer zum bestimmten Stichtag zum Beispiel - der einschlägige Stichtag wäre der erste Januar - eine Gehaltserhöhung bekommt, kann sich darüber entscheiden, ob er das cash haben möchte, als Gehalt, oder ob er es gleich direkt umwandeln möchte als Zuschuss für Kinderbetreuung. Dann muss er belegen, dass er für den entsprechenden Betrag auch tatsächliche Kosten hat. Habe ich eine Krippe, die eben hundert Euro im Monat kostet, dann kriegt er das Geld sozusagen netto. 266 dieser steuerfreie Kinderzuschuss ist ein reines deutsches Steuerthema. Das funktioniert mit dem Nearshoring nicht, das über die polnische Niederlassung abgewickelt wird, also insofern ist das eine Unterscheidung klar. Die polnische Niederlassung hat auch keinen Kindergarten. Die haben aber auch flexible Arbeitszeiten. Es gibt sonst keine expliziten genannten Unterschiede. 267 es gibt kein Verbot in dem Sinne am Wochenende in die Niederlassung zu kommen oder von zu Hause was zu arbeiten, was ich unter der Woche nicht gemacht hab. Das bringt schon Flexibilität im Hinblick darauf, mit der Familie oder auch sich selbst irgendwas tun zu können.

Page 331: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 334

gelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten seitens des Staates verur-sacht wurde. Der Staat soll für Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Familienunterstützung sorgen. Damit könnten die Karriereproble-me von Frauen nach Meinung des Personalverantwortlichen gelöst werden bzw. die Familien könnten dann frei darüber entscheiden, wer zu Hause bleibt.268 Seiner Ansicht nach unterscheiden sich Frauen, die ein technikaffines Studium absolviert haben, bezüglich ihrer Motivation nicht von Männern, wohl aber bezüglich des Füh-rungsstils und des Auftretens.269

Aus der Perspektive der Projektalltagspraxis bewerten die Be-fragten die Situation im Unternehmen positiv, was die Chancen-gleichheit angeht. Nach einhelliger Meinung der Projektleiter, er Geschäftsbereichsleiterin270, des Qualitätsmanagers und auch aus der Sicht der Softwareentwickler/innen wird nicht nach Geschlecht oder Alter, sondern nach der Leistung und vor allem nach der Qua-lifikation der Mitarbeiter/innen geschaut. Neben diesen Faktoren stellen die Verfügbarkeit und zeitliche Flexibilität wichtige Vo-raussetzungen für die Karriere der Mitarbeiter/innen in der Organi-sation dar, besonders in kritischen Projektphasen und auch im Zu-sammenhang mit der Performance, der Leistungsbereitschaft und dem Engagement. Eine solche Performance ist zentral, um einen

268 das raubt vielen Frauen einfach wirklich Karrierechancen; und das müssen wir sehen. Also es gibt leider oder in Wahrnehmung gibt es wenig Familien, in denen Mann und Frau zum Zeitpunkt der Entscheidung, wer zu Hause bleibt, wirklich ganz frei entscheiden können ohne finanzielle Nöte, wer zu Hause bleibt; in der Regel ist des meistens so, dass der Mann die bessere Perspektive hat. Und im Sinne des Familieneinkommens bleibt dann der zu Hause, wo die geringeren Abstriche zu machen sind. Und das ist in meiner Wahrnehmung sehr oft leider dann die Frau. 269 also, die Motivation ist im Wesentlichen das Gestaltenwollen, das Sich-Zutrauen, in Verantwor-tung zu gehen, sich zu exponieren. Das trifft bei Männern und bei Frauen zu. Nur das Auftreten, das phänotypische, ist dann vielleicht bei Männern eher, na ja eher extrovertiert; Frauen machen es vielleicht ein bisschen stiller. 270 Kann sein, dass bei den technischen Themen sozusagen, dass da weniger Frauen sind und schon eher sozusagen eher im PL[Projektleitungs]-Bereich und eher im Anwendungs- oder fachlichen Bereich. Aber nicht so, dass da irgendwie daraus jetzt was ableitbar wäre, sodass die Mitarbeiter da abhängig von ihrem Geschlecht eingesetzt werden, sondern eher nach ihren Qualifikationen beur-teilt.

Page 332: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

335 Internationale Professionalität

karrierewürdigen Eindruck bei den Vorgesetzten zu hinterlassen, wie der Projektleiter kommentiert.271

Auch wenn Teilzeitarbeit ein potenzielles Risiko für die Karri-ere bedeutet, wie der Qualitätsmanager berichtet,272 kann ein sol-ches Risiko durch Expertise vor allem in den Fachlaufbahngebieten kompensiert werden. Wenn die Expertise der Mitarbeiter/innen sehr hoch bewertet wird, glättet die Firma den Verbleib und Auf-stiegsweg, sodass auch Teilzeitarbeit kein Hindernis darstellt. In der Regel wird Teilzeit von Frauen nach einer Elternzeit oder direkt nach einer familiär bedingten Pause genommen. Kinderlose junge Frauen haben allgemein gesehen sehr gute Chancen, um in der Or-ganisation zu arbeiten, was sich durch die Beteiligung von Frauen in wichtigen Leitungspositionen bestätigen lässt. Auch wenn sie älter werden, verschlechtern sich die Karrierechancen nicht, wenn sie keine leistungshemmenden Verpflichtungen haben, denn die Organisation richtet sich nach dem abstrakten Prinzip des Expertisewertes, der individuellen Leistung und nach der kontinu-ierlichen Expertiseentwicklung. Im Nearshorecenter stellt sich die-ses Problem derzeit nicht, denn die Mitarbeiter/innen sind alle noch sehr jung und Teilzeit gibt es nicht, wie der polnische Software-entwickler feststellt.273

Bei den Hierarchiestufen, in denen ein Überstundenausgleich üblich ist,274 wird ein sogenanntes „Überstundenkonto“ geführt. Die dort registrierten Überstunden können dann entweder mit ei-nem 20%igen Aufschlag ausbezahlt oder in Form von Freizeit aus-geglichen werden. Der Qualitätsmanager berichtet, dass die zeitli-

271 Man merkt natürlich in schwierigen Projektphasen ein gewisses Engagement, ob einer immer um sechzehn Uhr geht oder nicht, ja? 272 ja, es hat schon Auswirkungen auf die Karriere, also der eine Fall der Mutter war so, dass das halt letztendlich das ewig lang gedauert hat, bis sie dann irgendwann wieder befördert wurde. 273 ich bin auch gespannt, wie es dann weiter aussieht, wenn sie [die Frauen im Nearshorecenter] mal Kinder bekommen oder sowas. Dann vermute ich wird auch die Teilzeit möglich. Aber jetzt, ja, wir sind junge Leute, wollen Vollzeit arbeiten, (…) auch der Bedarf nach Teilzeit existiert nicht. 274 also ich hab einen 40-Stunden-Vertrag, ich bin noch in der glücklichen Situation, dass ich, sage ich mal, in der Hierarchie noch nicht so weit oben bin, dass ich Überstunden noch bezahlt bekomme.

Page 333: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 336

che Ausgleichsvariante jedoch an die Projektbedürfnisse angepasst werden muss.275 Bezüglich der Überstunden ist die Situation im Nearshorecenter unflexibler als in Deutschland. Überstunden sind vertraglich gesehen nicht erlaubt und wenn sie dennoch über ein bestimmtes Maß hinaus geleistet wurden, müssen sie immer als Ausnahmefälle dargestellt und gerechtfertigt werden, erklärt ein polnischer Softwareentwickler.276

Vereinbarkeit von Arbeit und Leben bei Beta 1

Mit den Maßnahmen, die die Firma anbietet, um Arbeit und Leben zu vereinbaren, sind die Mitarbeiter/innen sowohl in Deutschland als auch im Nearshorecenter zufrieden, vor allem mit der Zeitauto-nomie, über die sie verfügen, wie der Qualitätsmanager277 und der polnische Softwareentwickler278 kommentieren. Es gibt keine fes-ten täglichen Arbeitszeiten, sondern diese sind theoretisch frei zu gestalten, obwohl sie dem Personalverantwortlichen zufolge mit einem Zeiterfassungssystem kontrolliert werden.279 Das bedeutet

275 mal drunter, mal drüber, je nachdem, was man halt für Verantwortung hat, wie die Projektphase ist, (…) und ich meine, wenn ich jetzt irgendwo unterwegs bin und im Zug sitze, bevor ich irgendwo schlafe, da kann man auch unter Umständen was tun, und wenn es dann auch was für die Arbeit ist, dann schreib ich das auch auf, weil ich halt noch in der Chance bin, dass es mir angerechnet wird. 276 In Deutschland ist das deutlich flexibler als in Polen, in Polen dürfen wir keine Überstunden haben äh nach dem Vertrag, den wir haben. Das heißt aber nicht, dass die Überstunden nicht ge-macht werden, sondern dass sie ein bisschen anders dargestellt werden. Sie sollen im Quartal ausge-glichen werden und wenn es doch nicht dazu kommt, wenn man mehr als zehn Überstunden am Ende des Quartals hat, dann äh startet ein Prozess, äh es wird dann gefragt, ob die Überstunden wirklich für das Projekt nötig waren, und äh dann nach dem Akzeptieren von dem Projektleiter und dem Manager werden sie natürlich auch ausgezahlt, nicht als Überstunden, sondern als Prämie oder so. 277 Also bezogen jetzt auf Beta 1 glaube ich, kann man da nix ändern oder (…) ja, letztendlich muss man dazu übergehen, so eine sehr flexible Arbeitszeitgestaltung zwischen Mutter und Vater zu ma-chen. (…) Man muss in den Firmen wirklich die Möglichkeit beiden offen lassen, und es muss völlig egal sein, warum man das machen will, es sei er will es machen und ihm da die Freiheiten geben. Die Freiheiten haben wir hier. 278 ähm is es einfach die die Wahl, ähm wann man schwimmen geht oder Fußball spielen geht, und nicht ob. 279 Im Arbeitsvertrag steht nur die Regelarbeitszeit, aber keine tagestägliche Arbeitszeit. Wir haben in einer Anlage zum Arbeitsvertrag eine Formulierung, die sehr nahe daran ist, was ich jetzt erzählt habe. Da heißt es, dass wir in der Gestaltung unserer Arbeitszeit frei sind, wichtig ist aber, dass

Page 334: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

337 Internationale Professionalität

auch, dass die Mitarbeiter/innen je nach Projektphase Arbeitszeit zur Verfügung stellen. Mögliche Überstunden können dann durch Freizeit kompensiert werden, was die Mitarbeiter/innen sehr schät-zen. Da die Situationen in den Projekten und dementsprechend auch die erforderlichen Personalkapazitäten sehr schwer einzu-schätzen sind, ist die Verfügbarkeit der Mitarbeiter/innen eine zent-rale Ressource des Unternehmens. Vor allem in höheren Hier-archiestufen werden Überstunden üblich, wobei das Nearshore-center mit Ausnahme der Personalverantwortlichen weniger davon betroffen ist, weil die Mitarbeiter/innen noch sehr jung und bisher in niedrigen Hierarchiestufen angesiedelt sind. Überstunden in hö-heren Hierarchiestufen werden allerdings häufig weder finanziell noch zeitlich ausgeglichen. Nach Auffassung der Personalverant-wortlichen im Nearshorecenter wird das von den Mitarbeiter/innen akzeptiert, weil die Bereitschaft zur Ableistung von Überstunden zu den Erwartungen auf diesen Karrierestufen gehört.280

Im Vergleich zu anderen Unternehmen sind die Angebote von Beta 1 sehr gut, um flexibel und selbstständig Arbeit und Leben zu vereinbaren, besonders im Hinblick auf den Ausgleich von Über-stunden, meint der Qualitätsmanager.281 Darüber hinaus wird von den Mitarbeiter/innen in niedrigen Hierarchiestufen höchstens in kritischen Projektphasen erwartet, dass sie während ihrer Freizeit vereinbarte Termine eingehalten werden und, dass es unter Abstimmung mit den jeweiligen Vorge-setzten erfolgt. (…) das Zeiterfassungssystem ist ein selbst kontrollierendes oder sich selbst aufschreibendes. Das heißt, die Kollegen, einschließlich meiner Person; jeder notiert in einem webbasierten Tool seine Zeiten, die er arbeitet, und weist Zeitblöcke bestimmten Projekten und Aufgaben zu. Also es gibt keine Stechuhr oder irgendwas Ähnliches. 280 also bei mir sind es auch, ich bin auch weit drüber, also im Bereich von zwölf, dreizehn Prozent Überstunden, ja. Ich krieg des nicht abgeglichen am Monatsende. Gerade mal, wenn Urlaub ist, dann nehme ich halt mal Überstunden statt Urlaub. Aber sonst ist schon schwierig ja. I1: gibt es da finanzielle Ausgleiche auch? - nee des ist praktisch so die Erwartungshaltung und ich meine, das Grundgehalt ist natürlich auch höher in den höheren Lohnstufen. 281 und auch jetzt irgendwie ja, den Freizeitausgleich von den Überstunden, das ist jetzt auch kein Problem, also ich habe letztes Jahr im Sommer, Ä:h, wie viel waren das, sechs oder sieben Wochen Urlaub genommen. Ich mein woanders geht des halt nicht und auch Urlaub verfällt aktuell auch bei uns nicht, ich hab momentan 50 Tage Urlaub auf dem Konto.

Page 335: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 338

bzw. im Urlaub oder außerhalb der sogenannten Kernzeiten er-reichbar sind. Allerdings handhaben die Mitarbeiter/innen die per-sönliche Erreichbarkeit unterschiedlich. Der Qualitätsmanager be-richtet, dass bei Tätigkeiten mit Leitungsverantwortung wie Pro-jektleitung, -management oder Geschäftsbereichsleitung die Gren-zen zwischen Arbeits- und Freizeit generell flexibler sind.282 Aus der Sicht des Qualitätsmanagers und auch des Projektleiters ergibt sich eine solche Entgrenzung von Arbeitszeiten zum einen auf freiwilliger Basis. Weil die Arbeitsbeziehungen zwischen Mitarbei-ter/innen und Vorgesetzten bzw. zwischen den Führungskräften auf Vertrauen, Kollegialität und sogar Freundschaft basieren, entsteht hieraus aber zum anderen eine Art Selbstverpflichtung hinsichtlich der Erreichbarkeit auch für Arbeitsthemen, wie der Qualitätsmana-ger erklärt.283

Die vorausgesetzte eigenständige Steuerung der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben durch die Mitarbeiter/innen bezieht sich nicht nur auf die Zeitautonomie, sondern auch auf die Bereitschaft zu Mobilität im Zusammenhang mit der Weiterbildung oder in Be-zug auf Kundenbesuche in verschiedenen Orten. Nach Meinung des Qualitätsmanagers hängt die Vereinbarkeit von Arbeit und Le-ben letztendlich davon ab, was jede/r bereit ist, in beiden Sphären zu investieren.284 In diesem Zusammenhang erzählt der Qualitäts-

282 ich mein bei Projektleitern, die in Urlaub sind, verschwimmt es immer so ein bisschen. also ich bin letzte Woche, war ich auch in Urlaub, bin ich auch mal kurz angerufen worden, das ist dann halt entsprechend. Macht man das halt mit dem Vertreter aus, was akzeptabel ist. 283 also mir ist es auch passiert, dass mein Projektleiter in dem Projekt, wo ich jetzt gerade bin, mich um elf Uhr abends anruft. Und (ich schon längst daheim, habe schon längst Feierabend) nun kann ich halt entscheiden, ob ich hingehe oder nicht. Ich bin jetzt halt mal hingegangen, dann spricht man halt. Aber das ist unkompliziert, das liegt aber nur daran, weil man sich gut versteht, das ist einfach ein freundschaftlicher Umgang oder ein kumpelhafter Umgang letztendlich schon. Auch wenn man miteinander arbeitet, aber die sozialen Kontakte sind so eng, dass das kein Problem ist. Also bei uns halt mal wieder die Chefdesigner oder die Geschäftsbereichsleiter fahren gemeinsam in Urlaub, fahren zum Segeln in die Adria. Eine Bombe auf das Boot oder ein gesunkenes Boot und hier ist die Hütte am brennen, weil keiner mehr da ist. Also, das ist einfach vom sozialen Umgang einfach opti-mal. 284 ich meine, die Firma kann da natürlich auch noch das eine oder andere tun. Die Besoldung so interessant machen, dass eben Arbeit und Leben sich auch vereinbart, zum Beispiel, oder halt auch

Page 336: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

339 Internationale Professionalität

manager davon, wie die Geschäftsbereichsleiterin Arbeit und Le-ben vereinbart: Sie wohnt mit ihrem Partner, auch Beta 1-Mitarbeiter, in einer anderen Stadt und „organisiert“ gemeinsam mit ihm ihren Alltag „geschickt“ zwischen unterschiedlichen Stan-dorten. Gerade an diesem Punkt sieht der Qualitätsmanager jedoch auch Problempotenziale, denn nicht jede/r ist seiner Ansicht nach bereit, eine solche räumliche und zeitliche Dynamik in Kauf zu nehmen.

III.3.2.2 Alpha 3: Expansive Beschäftigungspolitik im internen Arbeitsmarkt

Alpha 3 wurde im Jahr 1995 mit 13 Mitarbeitern/innen aus einem Geschäftsbereich von Alpha gegründet und ist auf Softwareent-wicklung und IT-Beratung spezialisiert. Alpha 3 gehört fast kom-plett zur Muttergesellschaft Alpha, die gleichzeitig Hauptkunde von Alpha 3 ist. Alpha 3 hat wiederum selbstständige Tochterun-ternehmen in vier osteuropäischen und zwei asiatischen bzw. Nah-ost-Ländern, die als strategische Unternehmenspartner mit Alpha 3 kooperieren, wobei der Standort Ungarn der wichtigste Partner ist. Alpha 3 Ungarn wurde im Jahr 1995 unter anderem mit dem Ziel gegründet, kostengünstige Softwareprodukte für deutsche Kunden zu produzieren. In Ungarn gibt es zudem einen Partner von Al-pha 3, der genauso wie die anderen ausländischen Tochterfirmen einen ähnlichen Namen und das gleiche Logo wie Alpha 3 benutzt und einer der wichtigsten ungarischen Softwareproduzenten und Softwareexporteure nach Deutschland ist. Darüber hinaus gehört zu Alpha 3 eine Tochterfirma, die auf Kundenmanagement bzw. auf Prozessberatung und Systemintegration spezialisiert ist und ihren Standort in Deutschland hat. Innerhalb Deutschlands ist Alpha 3 in acht Standorten tätig. jetzt irgendwelche so Flexibilitätsmaßnahmen; da sind wir ja schon relativ weit, also da kann man auch schon das eine oder andere noch tun.

Page 337: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 340

Die Arbeitsbereiche des Unternehmens sind Systementwick-lung und Integration sowie IT Solutions und Business Develop-ment. Der erste Bereich, Systementwicklung und Integration, glie-dert sich in vier Subbereiche: Softwareentwicklung, Softwarelö-sungen, Engineering und Systemtest. Für diesen Bereich wirbt das Unternehmen damit, dass es in Zeiten akuten Fachkräftemangels über ausreichende und gut qualifizierte Personalkapazitäten ver-fügt. Der zweite Bereich, IT Solutions, ist eher auf Anwendungen konzentriert und besteht aus den Subbereichen SAP Solutions, Web Based Services, Application Management und User Helpdesk Ser-vices. Der dritte Bereich fokussiert auf Management und besonders auf Projektmanagement und -gestaltung. Zu diesem Bereich gehö-ren die Subbereiche Projekt Management und Innovative Projekt-themen. Beratung, Coaching, Kommunikation und Innovation sind die wesentlichen Spezialisierungsthemen dieses dritten Bereiches. Grundsätzlich sind die Aktivitäten dieser drei Unternehmensberei-che in sieben Branchen unterschiedlich angesiedelt: Industrial Au-tomation, Energie, Gesundheit, Motion Control, Transportsysteme, Flughafen Logistik und Postautomatisierung.

Das Unternehmen ist hauptsächlich auf die Unterstützung von Offshoring nach Osteuropa spezialisiert. Dabei geht es vor allem um Analyse von Geschäftsprozessen und ganzheitliche Beratung bis zur Umsetzung von geeigneten Maßnahmen, aber auch um die Gestaltung von Projekten zu Automatisierung und Produktionspro-zessen oder um webbasierte Lösungen. Gegenüber den Kunden wird Offshoring als Dienstleistungsvorteil präsentiert, der es er-laubt, flexible Reaktionen auf Marktanforderungen, kurze Einarbei-tungszeiten, die flexible Gestaltung von Teams durch die Personal-kapazitäten in osteuropäischen Ländern und an letzter Stelle ein sehr gutes Preis-Leistung-Verhältnis anbieten zu können.

Im November 2007 waren über 1.100 Mitarbeiter/innen bei Alpha 3 beschäftigt.

Page 338: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

341 Internationale Professionalität

Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis bei Alpha 3

Alpha 3 hat dem Bereichsleiter zufolge Anfang 2007 400 Mitarbei-ter/innen in Ungarn, 100 in zwei verschiedenen Standorten in Ru-mänien sowie 200 Beschäftigte in Deutschland, zu denen weitere 80 hinzukommen, die gerade erst eingestellt wurden. In den letzten Jahren ist die Firma in Ungarn sehr stark gewachsen, und sie ver-sucht derzeit, ihre Personalkapazitäten in Deutschland wieder auf-zubauen. Damit soll zum einen eine Basis von Fachkräften in Deutschland gehalten, zum anderen aber auch das stark asymmetri-sche Wachstum zwischen den Standorten und auch des Manage-ments im Vergleich zu den Entwicklern ausgeglichen werden. Da-rüber hinaus betont der Bereichsleiter, dass es wichtig ist, eine Ba-sis von Mitarbeiter/innen in Deutschland zu haben, um die ver-schiedenen Spezialbereiche der Firma intern zusammenzuhalten. Diese wichtige Personalbasis mit dem geeigneten Know-how hat Alpha 3 erst kürzlich aus verschiedenen Standorten „gekauft“. Aus der Sicht des Bereichsleiters ist es zentral für Alpha 3, dass die Firma in der Summe ausbalanciert wächst.285

Der Hauptgrund für die Auslagerung von Tätigkeiten ist der Fachkräftemangel in Deutschland. Offshoring ist aus diesem Grund notwendig geworden, denn vor allem Projektleiter sind in Deutsch-land nur schwer zu finden. Aus der Wahrnehmung des Personal-verantwortlichen reagiert die Belegschaft unterschiedlich auf Offshoring, je nachdem, ob es dem Bereich, in dem Offshoring praktiziert wird, gut oder schlecht geht. Wenn der Bereich boomt, ist er für jede Hilfe dankbar und auch für ausländische Unterstüt-zung, aber wenn der Bereich stagniert oder wenn Offshoring vom Management durchgesetzt wird, ohne dies zunächst den Mitarbei-ter/innen zu kommunizieren, löst dies bei den Mitarbeiter/innen Angst um ihren Job und Feindseligkeit gegenüber ausländischen 285 (vorherrschend) war immer der Trend, nur noch in Ungarn zu entwickeln, zurzeit wie gesagt baun wir auch hier wieder massiv Entwickler auf, das heißt auch hier arbeiten wir dann auf einem gemein-samen Regelwerk.

Page 339: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 342

Kollegen aus. Aus diesen Gründen versucht das Unternehmen, Offshoring positiv darzustellen mit der Botschaft, dass es „Arbeits-plätze sichert“, weil die Firma sich auf dem internationalen Markt positionieren muss und weil ohne die Integration hoch qualifizierter Mitarbeiter/innen aus dem Ausland keine Projekte akquiriert wer-den könnten. Gerade Projektleitung ist eine Tätigkeit, die in Deutschland ihrer Meinung nach zunehmend nachgefragt wird, weshalb, „gute Leute“ in Deutschland nach wie vor gebraucht wer-den.286 Der Bereichsleiter betont, dass es vor allem diejenigen Mit-arbeiter/innen sind, die nicht so gut sind, die Angst um ihren Job haben, denn sie müssen jetzt transparenter ihre „Performance“ zei-gen und mit ausländischen Kollegen konkurrieren. Besonders akut ist diese Situation für ältere Mitarbeiter/innen, deren Leistungen seit langer Zeit stagnieren und die hohe Gehälter haben.

Zentral für die Allokation von Tätigkeiten ist die Rolle, die Al-pha 3 als „Gestalter von Schnittstellen“ zwischen Kunden und Pro-duktion hat. Diese Rolle ist bei den unterschiedlichen Geschäftsfel-dern in der Muttergesellschaft verschieden. So hat zum Beispiel der Medizinbereich sogenannte „Supplier Manager“, die als „neutrale“ Schnittstelle fungieren und auch bei der Arbeitskoordination Unter-stützung anbieten. Nicht in jedem Bereich funktioniert aber eine solche Schnittstelle. Und gerade davon kann Alpha 3 durch seine Spezialisierung bei der Gestaltung von Offshoringprojekten profi-tieren. Die Supplier Manager sind eine Art Arbeitskontrollinstanz, denn bei bestimmten Projekten können auch Wettbewerber zu-

286 also das Thema Offshoring bei uns auch dann auch immer stärker ’n Thema war, da gingn natür-lich auch schon Ängste rum ja, und ähm mehr oder weniger unbegründet. Weil ähm wenn wir das nicht machen würden, also ich war da ja früher auch äußerst andrer Meinung, ich mein klar, man sollt immer ( alle wollen ) alles ins Ausland is ja auch manchmal schlimm. Was jetzt uns betrifft, eins is klar, wenn wir’s net machen würden, würden’s andre machen und uns würd’s nit mehr gebn. [Und wir können dadurch Arbeitsplätze sichern. [So blöd das vielleicht für manch einen klingt, aber es ist echt so. Weil weil die die Projekte nie nur mit mit mit den ausländischen Kollegen besetzen würd- immer un wir brauchen hier gute Leute. Und wir g- wir brauchen super Projektleiter. Und die ham hier die wirklich äh besten Chancen.

Page 340: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

343 Internationale Professionalität

sammenkommen, die man bei Alpha „immer wieder trifft“.287 Die Notwendigkeit solcher Schnittstellen mit den Kunden ergibt sich vor allem durch die Probleme aufgrund unterschiedlicher Kommu-nikationskulturen. So halten sich beispielsweise die ungarischen im Vergleich zu deutschen Kollegen bei Fragen wesentlich stärker zurück.288

Während in einer ersten Auslagerungsphase einfache Imple-mentierungstätigkeiten delegiert wurden, werden mittlerweile Tä-tigkeiten ausgelagert, die komplexer und inhaltlich interessanter für die ausländischen Kollegen sind. Das führt dazu, dass sich diese Beschäftigten auch sehr schnell entwickeln und dementsprechend Ansprüche stellen.

Die Auswahl der unterschiedlichen Standorte der Partnerfirmen geschieht auf Basis bestehender Kontakte sowie nach Preis- und Qualifikationskriterien, wobei dieses letzte Kriterium im Vorder-grund steht. Gerade die bei den Mitarbeiter/innen in den ausländi-schen Partnerunternehmen vorhandene Qualifikation erlaubt es Alpha 3, qualitativ und termingerecht effiziente Produkte zu liefern und sich damit auch gegenüber den Kunden vorteilhaft zu positio-nieren. Weil das Unternehmen über Kenntnisse und Erfahrungen darüber verfügt, welche ausländischen Ressourcen wichtig zu nut-zen sind, und dies den Kunden vermitteln kann, stellt Offshoring für Alpha 3 eine Spezialisierung, eine Dienstleistung dar. Diese Dienstleistung ist der Bereich, in dem sich das Unternehmen mit seinen zwölf Jahren Erfahrung konsolidiert, mit dem es wirbt und der das Unternehmen maßgeblich charakterisiert.

287 Manager, und Projektmanager; also die Supplier Manager sind auch; aber das is schwierig, wenn wenn man konkurrierende (.) Firmen (.) in ein und demselben Projekt hat; dann neigt man natürlich dazu, dem andern klarzumachen, warum er nich so gut funktioniert wie man selbst. (…) also brauch man schon ’ne neutrale Schnittstelle, und die liefert ((Firma x)) in der:: in die diesem äh Thema selbst, das sind die Supplier Manager, und einer kann auch zwei aussteuern, das is auch kein Prob-lem, ja nach Volumen, aber dadrüber gibt’s natürlich noch das klassische Projektmanagement. 288 Die Deutschen reden anders mit dem Kunden (.) als die ungarischen Kollegen. Weil dann die Mentalität dann doch irgendwann mal ’ne Rolle spielt.

Page 341: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 344

Speziell die Entscheidung für den ungarischen Standort stammt ursprünglich aus persönlichen Kontakten mit Alpha. Zum einen gab es die Vorstellung, dass Ungarn kulturell und geografisch nä-her an Deutschland liegt als andere typische Offshoreziele und zum anderen existierten sehr gute Erfahrungen mit einem ungarischen Kollegen, sodass bereits eine gewisse Vertrauensbeziehung vor-handen war. Gerade dieses Vertrauen in bestimmte Personen vor Ort wird als zentral für den Aufbau der unterschiedlichen Standorte und insbesondere für Ungarn betont, denn das Ziel von Alpha 3 ist, eine ungarische Firma zu finden, mit der eine langfristige und ver-trauensvolle Zusammenarbeit möglich ist.289 Mittlerweile ist Un-garn jedoch sehr teuer geworden und die Firma orientiert sich we-gen der dort günstigeren Arbeitskosten stärker auf Rumänien oder auch auf Polen. Darüber hinaus spielt die geografische Nähe bzw. die leichte Erreichbarkeit solcher Länder eine wichtige Rolle.

Die Allokation der Mitarbeiter/innen wird bei Alpha 3 durch einen Vertriebssteuerungsmechanismus kontrolliert, sodass sowohl Alpha als auch andere externe Kunden die projektabhängige Allo-kation der Mitarbeiter/innen überprüfen können. Zwischen Alpha und Alpha 3 existiert eine gewisse Durchlässigkeit hauptsächlich bezogen auf ältere, aber durchaus auch auf jüngere Mitarbei-ter/innen. Der Bereichsleiter betont, dass er selbst immer die

289 Wie das Leben so spielt; das sind dann da sitzen zwei Leute zusammen, unterhalten sich, und der eine davon is Ungar, arbeitet bei ((Firma x)), und sagt Mönsch, da könn wer doch was machen, da hab ich doch noch Verbindungen, (.) das damals warn die Grenzen ja noch relativ geschlossen und da war Ungar-: Ungarn war einem schon’n bisschen näher, sach ich einfach mal, ja und dann is man da rüber gefahren, und hat „ge-ja“ da gibt’s einen, den Doktor ((S)) damals der hatte drei vier Leutchen, und der hat ’n guten Eindruck hinterlassen, (ham=wer=gesagt) ja da machn wer was; und so isses entstanden; Also das war jetzt nich mit großer Markterhebung und Pipapo, sondern ebn über persönliche Beziehungen; Und das is letztendlich auch unsere Erfahrung; wichtig is gerade also was wir nie gemacht haben, wir haben in Ungarn nie ein deutsches Management (.) irgendwie installiert. Sondern wir haben das immer dort mit ungarischen oder in Rumänien mit rumänischen Kollegen gemacht. Einfach weil wir es soll eine ungarische Firma sein und wir wollen, dass die ungarische Firma sich auch als ungarische Firma fühlt und auch so am Markt etabliert; Und dafür braucht man wiederum Leute, auf die man sich verlassen kann; Und das is einfacher, wenn man schon über persönliche Kontakte irgendwo reinkommt und weiß, mensch da hat man’n loyalen Geschäftsführer, auf den kann ich mich zu hundert Prozent verlassen.

Page 342: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

345 Internationale Professionalität

„Rückfahrkarte“ zu Alpha behält. Die Durchlässigkeit zwischen Alpha und Alpha 3 kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Stel-lenanzeigen von Alpha 3 zusätzlich zentral auf der Homepage von Alpha platziert werden. Auf Alpha 3-Stellen bewerben sich bei-spielsweise auch Mitarbeiter/innen, die bei Alpha nicht zufrieden sind. Der Wechsel von Entwicklern von Alpha zu Alpha 3 ge-schieht nicht in Form einer Versetzung, sondern durch Kündigung bei der Alpha AG und Neueinstellung bei der Alpha 3 GmbH, wo-bei die Rentenansprüche übernommen werden können.290

Was die Tätigkeitsdefinitionen angeht, erklärt der Qualitätsma-nager, dass die Mitarbeiter/innen in Projekte eingebunden sind, die an Geschäftsfelder in den jeweiligen Unternehmenssegmenten an-gegliedert sind. Die Mitarbeiter/innen, die die Verantwortung für die Geschäftsfeldleitung haben, sind auch für die Ressourcenaus-lastung sowie die Einstufung neuer Projekte verantwortlich. Derzeit ist Alpha 3 aus der Sicht des Qualitätsmanagers überschaubar und der Geschäftsfeldleiter kann den Überblick über die Verfügbarkeit verschiedener Personen behalten.

Die Allokation geschieht nach Angaben des Qualitätsmangers durch Kontakte, denn die Mitarbeiter/innen kennen sich unterei-nander und es wird informell geregelt, wer zu welchem Projekt kommt, wobei zum Zeitpunkt des Interviews wegen aktueller tech-nischer Innovationen viele neue Mitarbeiter/innen eingestellt wer-den.

Der Qualitätsmanager berichtet aber auch von sogenannten „Langläufern“, also Mitarbeiter/innen, die über mehrere Jahre in Projekten bleiben und sich auf bestimmte Arbeitsgebiete speziali-sieren. Dies hängt von der Projektdauer bzw. davon ab, ob sich rund um langfristige Projekte ein Geschäftsfeld etabliert. Aller-dings gibt es auch Verschiebungen von Mitarbeiter/innen zwischen

290 Die verliern dann auch also nich ihre Ansprüche ihre Rentenansprüche bei ((Firma x)) oder sowas, (.) da gibts dann hier auch Ausgleichs:geschichten, wir hängn zwar nicht direkt da dran, aber es gibt hier andere Alternativen, die das Ganze kompensieren. (128-138).

Page 343: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 346

den verschiedenen Segmenten, die nicht unbedingt im Vorhinein geplant werden. Für Personalallokation ist der Projektleiter nicht formell zuständig; dennoch definiert er den Personalbedarf und sucht sich die Mitarbeiter/innen für sein Projekt aus, wie er selbst erzählt.291 Auch bei der Umsetzung von Qualitätsstandards in den Projekten stellt sich die Frage von Zuständigkeiten immer wieder neu, womit auch immer wieder neue Konflikte zwischen Kunden und den verschiedenen Alpha 3-Standorten entstehen. Am Anfang jedes Projektes wird ein sogenannter Qualitätssicherungsplan er-stellt, in dem Prozesse und Methoden festgelegt werden. Dieser Plan muss mit den ungarischen Kollegen abgestimmt werden. Al-lerdings differieren nach Auffassung des Qualitätsmanagers die Qualitätskonzepte zwischen beiden Standorten und darüber hinaus sind Kunden nicht immer bereit, in Qualität auch Geld zu investie-ren.292

Wichtig für die Entscheidungsbefugnisse bzw. für die Macht-positionierung der jeweiligen Akteure ist die Herkunft der Projekt-leitung und ihre Position in Bezug zu den Kunden bzw. zur Mutter-gesellschaft Alpha. Im Zusammenhang mit der Allokation der Pro-jektleitung wird die standortübergreifende Leitungsrolle der Quali-tätsmanager festgelegt. Wie der Qualitätsmanager berichtet, liegt die Projektleitung ebenso wie die Schnittstelle zu den Kunden meistens in Deutschland, womit der deutsche Standort seine Machtposition in den Projekten in der Regel sichern kann. Diese Machtposition reicht sogar bis hin zur Kontrolle der Kommunikati-on zwischen Kunden und dem Standort in Ungarn.293 291 hab jetzt keine direkte Personalgewalt, sondern em ich definier, wie viel Personen dass ich brau-che in den einzelnen Projekten em und kauf mir die dann quasi zu e aus der F Firma heraus. 292 wo das alles definiert wird und das versuchen wir dann mit den Ungarn abzustimmen und das ist manchmal gar net einfach, weil die haben da andere Sichtweisen, vielleicht auch aus ihrer Erfahrung aus andern Projekten, wir versuchen mehr den pragmatischen Ansatz, versuchen auch dem Kunden entgegenzukommen, weil auch manchmal die Kunden gar net wollen, dass wa zu viel QM [Quali-tätsmanagement] machen, also das ist ’n Zweischneidiges, natürlich wollen se alle Qualität, (1) ist kein Thema, aber wollen nichts für zahlen. ne? 293 die Schnittstelle zum Kunden liegt bei uns. Weil es hat sich auch herausgestellt in der Vergangen-heit, machmal treffen die Kollegen in den Offshore Standorten auch net immer den richtigen Ton und

Page 344: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

347 Internationale Professionalität

Auch wenn die Machtkonflikte zwischen beiden Standorten unübersehbar sind, behauptet der Qualitätsmanager dennoch, dass die Zusammenarbeit wegen der Nähe und der Arbeitsqualität des ungarischen Standortes sehr gut funktioniert und sich Schwierig-keiten auf „Details“ beschränken. Aus seiner Sicht soll die Kom-munikation zwischen den Kunden bzw. der Muttergesellschaft und den ungarischen Kollegen/innen nicht direkt erfolgen. Der Grund dafür ist seiner Meinung nach weniger die interkulturelle Distanz, denn Ungarn wird als kulturell nahes Land wahrgenommen, son-dern die fehlende „Vertrauensbasis“, die nur mit der Zeit und auf einer gemeinsamen Wissensbasis jenseits von fachlichen und vor allem jenseits von technischen Qualifikationen und Kenntnissen entstehen kann.294

Arbeits- und Wissensanforderungen bei Alpha 3

Aus der Sicht der Personalverantwortlichen haben sich die Rekru-tierungspräferenzen in den letzten Jahren nicht extrem verändert. Verstärkt wird der „Typus Projektleiter“ gesucht. Dementspre-chend wird bei den Entwickler/innen nicht nur das aktuelle Know-how bewertet, sondern auch das Entwicklungspotenzial, vor allem im Zusammenhang mit Management-Skills oder souveränem Auf-treten vor Kunden. Damit wird die Persönlichkeit der Mitarbei- da gab’s dann immer wieder Eskalationen bis hoch zu unser Geschäftsleitung, bis die irgendwann gesagt hat, okay es geht nichts mehr direkt raus an den Kunden also alles was irgendwo sich auf taktischer, strategischer Ebene bewegt, natürlich im Operativen kann man nicht alles über uns lenken, aber ansonsten machen wa es jetzt so, dass dass wenn’s Prob-leme auch gibt, dass wir dann zum Kunden gehen und es mit dem Kunden besprechen und dann wieder die Sachen mit unsern Kollegen in den Offshore-Standorten bereden. Oder wenn Mails raus-gehen, dass es erstmal bei uns landet, wir drüber kucken und sagen ja, ist okay, schick ma so raus. Kann man als Gängelung ä bissle empfinden, aber ich sach ma, es gab halt wirklich Fälle und manchmal haben wir halt doch den besseren Überblick, was läuft, weil wir halt hier näher dran sind und die ungarischen Kollegen äh kennen manchmal die Hintergründe net so und tappen da halt dann ins Fettnäpfchen ne? 294 da scheitert schon viel an der Kommunikation und vielleicht auch die, diss domain know how. Fehlt vielleicht auch dann doch n bisschen. diss sind vielleicht gute Techniker, können sehr gut programmieren; aber diss ist halt net alles.

Page 345: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 348

ter/innen immer mehr in den Vordergrund gestellt,295 auch wenn die Qualifikation speziell in Informatik nach wie vor vorausgesetzt wird.

Die Personalverantwortliche erzählt, dass sie bei Bewerbungs-gesprächen schnell und aus dem Bauch heraus ihre Entscheidungen trifft und dass sie sich in der Regel nicht irrt.296 Wenn sie den Ein-druck hat, dass den Kandidaten/innen oder auch Mitarbeiter/innen ein gewisses „Etwas“ für Managementpositionen fehlt, sind die fachlichen Kompetenzen für sie das entscheidende Kriterium, denn das Defizit an dem gewissen „Etwas“ kann über Weiterbildung kompensiert werden.297 Die Personalverantwortliche betont, dass ein solches „gewisses Etwas“ bzw. soziale Kompetenzen generell in den letzten Jahren wichtiger geworden sind. So bezeichnet sie etwa Teamfähigkeit vor allem in Bezug auf die zunehmende Inter-nationalität von Projekten als das wichtigste.298

295 also bei uns jetzt ganz klar, wir suchen (.) ähm (.) stärker diesen Typus Projektleiter. [Wobei ich muss dazu sagen, au- wir auch ähm jetzt letztes Jahr wie gsagt Gott sei Dank auch Hoch-schulabsolventen eingestellt haben, viele sogar, ber die halt auch irgendwo dieses dieses ähm Quentchen an an Potenzial mitbringen, dass die in die Richtung gehen.(…) Also ich überleg s- ich kann mir kann jetzt net wirklich behaupten, dass sich das jetzt so extrem verändert hat, aber wenn wenn ich’s mir dann überleg, also dann is wenn überhaupt dann einfach in Richtung ja ähm so dass die Persönlichkeit vielleicht noch ’ne größere Rolle spielt. Weil das Auftre-ten zum Kunden hin is halt einfach ganz wichtig. 296 Ja und und a bissl so ich=sach=ma ein gewissen ((überlegt)) Schwung, wenn jemand also wenn jemand ganz so mhm sehr introvertiert is; dann i=mein man darf sich net täuschen lassen; ne das is net so, dass net dass man da auch irgendwas rausziehen kann und ich weiss die sin alle nervös, das is auch gar kei Frage, aber äh es s’is einfach ich muss sagn, ich hab mal ähm wenn man mal so wis-senschaftliche Bücher so im Personalbereich liest, dann liest dann liest man sehr oft, um Gottes Willen bloss net in den ersten fünf Minuten oder in den ersten fünfzehn Minuten urteilen. Ich ver-such’s net zu machen, aber man macht’s. Könn sagn was Sie wolln, aber das is das das das is einfach so. und des ähm das is oft isses ä Bauchgefühl. Und ganz oft täuscht’s eim einfach nicht. 297 da fehlt einfach noch was. Irgendwas das das is ganz schwer zu definieren, aber ich nenn das jetzt einfach mal so bissl so diese Managementfähigkeit. Und das is („ kein Problem“) Aber wenn ich sach, wenn der wenn der fachlich gut ist, wenn der versiert is, und wenn der das Zeug nur annähernd dazu hat da oben sein und dem fehlt ’n bissl was, das („ des krieg ich mitm Kurs hin, bin ich über-zeugt). 298 grad Projektteams, wo ma ja auch ähm da is das is halt g- halt ein ganz hoher Stellenwert das Thema Teamfähigkeit, grad weil ja die Zuteilung auch bis jetzt sind diese Teams ähm sehr internati-onal. Mit Ungarn mit Rumänien vielleicht mit Türken noch dann die Deutschen dann vielleicht sogar dann die die die Alpha 3-Leute die Alpha-Leute; das is schon sehr wichtig.

Page 346: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

349 Internationale Professionalität

Quereinsteiger haben der Personalverantwortlichen zufolge nach wie vor gute Chancen, um in die Firma einzusteigen, doch sie müssen eine solide Expertise in der Branche haben und nicht ein-fach für eine kurze Zeit „probiert“ haben. Vor allem ist es wichtig, wie diese Personen sich in einem bestimmten Gebiet spezialisiert haben.299

Nach Darstellung der Personalverantwortlichen ist die Rekru-tierung bzw. die Allokation von deutschen und ausländischen Mit-arbeiter/innen in bestimmten Projekten eine Kundenentscheidung bzw. eine Entscheidung von Alpha. Der Prozess geht direkt vom Kunden zum Geschäftsbereichsleiter, der in seinem Bereich über-blickt, welche Personalkapazitäten zur Verfügung stehen. Da in der Regel wenige Ressourcen frei sind, leitet der Geschäftsbereichslei-ter die Nachfrage meist an die Personalabteilung weiter, verbunden mit der expliziten Angabe, wo bzw. in welchen Ländern Mitarbei-ter/innen ausgesucht werden sollen. Der Bereichsleiter erzählt im Zusammenhang mit Offshoring, dass Alpha 3 komplette Projekte anbietet. Damit kann die Firma selbst entscheiden, welche Res-sourcenpakete sie dafür einsetzen will und ist nicht gezwungen, einzelne Personalkapazitäten anzubieten. Damit kann Alpha 3 bei der Personalakquisition flexibler agieren.300

Aus der Sicht der Personalverantwortlichen sind die Qualifika-tionsanforderungen abhängig vom Kunden und deswegen sind sie für ausländische und deutsche Mitarbeiter/innen gleich. Die Ab- 299 wenn’s jemand is, der zwar fachfremde Ausbildung hat, aber sich dann selber weitergebildet hat, und da e Perle auf irgend’nem Gebiet is, dann ja. Aber das muss er dann mitbringen. Also es könnt jetzt keiner sein, der kommt, ach ich probier das hier mal. Das das geht net. 300 es is für uns natürlich auch leichter, wenn wir aus eigenen Projekten her (1) den Bedarf an Offshoring haben. So dass gar nich der Kunde sagt, ich will Offshore gehen, sondern wir bieten ihm an, eine bessere Kostensituation zu erreichen bei uns, indem wir auch die Projekte auch mit Offshoring-Kollegen (.) durchsetzen, aufbauen(.) und er eigentlich gar nichts damit zu tun hat. Das is für uns auch die beste:: beste Lösung, weil ansonsten geht man her und sagt hier ich hab ’n Profil, haste denn. Aber wir sind keine Personal::Bestellungs::zeitarbeits:mäßig organisierte Firma, son-dern wir woll’n Projekte machen.(.) Dann isses leichter für uns die eigenen Kollegen da kriegt man auch mal junge Kollegen durch die Tür. Und sonst müssen wir alle zehn Jahre Berufserfahrung haben, müssen vier Sprachen sprechen, eigentlich alles was Alfa selbst nicht hat, müssen wir dann liefern, aber dann bitte nur zum Drittel vom Preis.

Page 347: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 350

stimmung über Qualifikationsanforderungen erfolgt durch den Ge-schäftsfeldleiter bzw. zwischen den Geschäftsfeldleitern in den jeweiligen Ländern, die zusammenarbeiten. Darüber hinaus erklärt die Personalverantwortliche, dass die Tätigkeitsprofile für Stellen-anzeigen nicht von der Personalabteilung definiert werden, sondern aus den jeweils zuständigen Fachabteilungen bzw. den Geschäfts-feldern kommen, denn sie sind diejenigen, die nah an den Kunden agieren müssen und deshalb die Bedürfnisse kennen.301

Um potenzielle Bewerber/innen anzusprechen, benutzt Alpha 3 auch die Internetplattform von Alpha. Auf diesem Weg gelangen die Stellenangebote auch auf zahlreiche Karriereseiten des Inter-nets. Auf Wunsch der Geschäftsbereichsleitung werden die Ange-bote auch in Fachzeitschriften oder Zeitungen platziert. Die Be-werbungen gehen dann per E-Mail bei der Personalabteilung ein, wo sie sortiert werden. Die Personalabteilung trifft eine Voraus-wahl und leitet geeignete Bewerbungen an die zuständigen Fachab-teilungen weiter. Die Fachabteilungen entscheiden letztlich, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden soll.

Aus der Sicht der Projektarbeitspraxis haben sich die Arbeits- und Wissensanforderungen in der Firma im Zusammenhang mit der Internationalisierung der Arbeit insofern verändert, als aufgrund der zunehmenden Projektschnittstellen mehr Kommunikation not-wendig wird. Im Vergleich zu früheren Zeiten, in denen die Perso-nen immer im gleichen Standort gearbeitet haben, benötigt man heutzutage mehr Verbindungspersonen sowohl zu den Kunden als auch zu den jeweiligen ausländischen Standorten, wie der Projekt-

301 Wir können die grundsätzlich (überhaupt net erstellen) Weil ich also das äh und deswegen ham wir jetzt das diese Personenförderung, die is weiss net zwei Monate, weil wir gsagt ham, so a es geht manchmal (kam einer her) wir brauchn ’n Internet-Architekten; ja wie was, also da kann i mit so ’ner Aussage kann i kein Stellenanzeige machen. Also dann ham mer das Ding entwickelt und gsagt, weil die Verantwortung, die liegt schon hier in diesem Geschäftsfeldern. Weil die sind am Puls des Kunden. Net wir. Und wir können nur die Umsetzung machen, und dann die Leut ähm wie gsagt äh die Bewerbungen beurteilen und scho mal irgendwo vorsortieren, aber wir können die Stellenanzei-gen niemals ohne die Fachabteilung so hinkriegen, wie sie sein muss ja. Geht gar net. Also immer abstimmen.

Page 348: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

351 Internationale Professionalität

leiter erklärt. Darüber hinaus wird die Kommunikation auch immer wichtiger, um den Überblick über die laufenden Prozesse zu behal-ten und die unterschiedlichen Standorte effizient zu koordinieren. Deswegen ist bei Alpha 3 die Leitung jedes Segments dauerhaft mit einer Doppelspitze besetzt.302 Der Projektleiter berichtet, dass in den ausländischen Standorten Koordinatoren benötigt werden, um die Schnittstellenfunktion zum Standort Deutschland zu überneh-men. Um eine solche Struktur aufzubauen, hat das Unternehmen drei Jahre gebraucht. Ziel dabei ist, dass die ausländischen Standor-te künftig selbst den Kontakt zu Kunden übernehmen.303

Aus der Sicht des Projektleiters müssen die Mitarbeiter/innen in einer solchen Konstellation international verteilter Arbeit mehr „Fingerspitzengefühl“ haben, um mit unterschiedlichen Kulturen umgehen zu können.304

Für ihn ist es sehr wichtig, dass ein Klima geschaffen wird, in dem er als Partner akzeptiert wird und in dem die gesamte Gruppe eine gemeinsame Identität, einen Sinn für Zugehörigkeit bildet. Damit lassen sich die verschiedenen Standorte harmonisieren. Dem dient auch die Verwendung von Englisch als neutraler Sprache in manchen Situationen.305 Darüber hinaus betont der Projektleiter,

302 Also man braucht einen Verbindungsmann auch auf der Partnerseite im Offshoringbereich und man braucht hier einen Verbindungsmann, der muss allerdings relativ nah beim Kunden sitzen. Das ist wichtig, deswegen muss der auch hier auf in Deutschland sein oder beim Kunden sein äm, und diese Kommunikation muss halt sehr gut funktionieren, deswegen ham wer eigentlich auch sehr viel diese Doppelspitzen. 303 Und das reine Doing ist dann wirklich im Offshorebereich, wodurch allerdings auch so ’n Koor-dinator vorhanden sein muss. Der muss allerdings nicht ganz die Qualifikation ham wie hier, sondern der muss wieder nur seine Leute aussteuern. Ja? Der hat einen Ansprechpartner und das ist meistens auch noch sein Freund, weil der in der gleichen Firma sitzt, also er – dem wird relativ darüber freigehalten, von unserer Seite. Wir ham den Kunden im Rücken, kümmern uns um den Kunden und wissen, dass wir ne Mann-schaft offshore sitzen haben, die uns da unterstützt. 304 ja gut, da muss man auch wieder dieses Fingerspitzengefühl mitbringen, em entsprechend mit den anderen Kulturen umzugehen, also man muss da offen sein. 305 die ich betreu, die spricht fast ausschließlich Englisch, am mit denen sprech ich nur Englisch. E vorher hab ich em schon auch viel Deutsch sprechen können, sprechen schon auch sehr viele ungari-sche Kollegen Deutsch, aber gerade wenns dann um kritische Dinge geht, dann versuchen wir wirk-lich diese neutrale Sprache herzunehmen, wo wer beide auch Schwächen haben, klar.

Page 349: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 352

dass die Projektleitung eine Tätigkeit geworden ist, die eine große Verantwortung mit sich bringt, weil sie für die Festlegung und Ein-haltung von „Spielregeln“ sowie für den Kommunikationsfluss im Projekt bzw. den Projekten und gegenüber den Kunden verantwort-lich ist. Niemand sonst kann diese Rolle übernehmen.306 Der Pro-jektleiter muss darüber hinaus im Hinblick auf die Arbeitszeit eine Vorbildfunktion für die Mitarbeiter/innen erfüllen.307 Für diese Tätigkeit sind berufliche Erfahrung und „Einfühlungsvermögen“ sowie Organisationstalent erforderlich.308 Aus der Perspektive des deutschen Softwareentwicklers ist durch die Aufteilung in ver-schiedene Standorte Arbeit „auf Zuruf“ zwischen Kollegen im glei-chen Raum nicht mehr möglich und die Arbeitsprozesse werden langsamer.309 Durch diese Transformation der Tätigkeiten haben

Um eine Harmonisierung verschiedener Standorte zu erreichen, soll zudem ein gemeinsames Ver-ständnis von Prozessen aufgebaut werden bzw. ein gemeinsames Professionalitätsverständnis: Und professionell können wers nur machen, wenn mas vernünftig aufschreiben und wenn jeder das gleiche professionelles Verständnis hat. 306 Also ich denk schon, dass da sehr viel Verantwortung bei ’nem Projektleiter ist, das denk ich nämlich auch @.@ Der beeinflusst dann auch den Kommunikationsfluss? Der ist verantwortlich dafür, ja! der sollte die Spielregeln festlegen, weil jemand anderes kann es nicht.(…) Er ist da kom-plett dafür verantwortlich dem Kunden gegenüber, also muss es also hat er auch die Aufgabe, sich dadrum zu kümmern. und je früher er auch eben diese Spielregeln definiert, umso besser klappt es danach. 307 Ja gut, gutes Time-Management ist auch wichtig. Das ist das nächste Thema, also das- man muss wissen, wie man mit seiner Zeit umgeht, und wenn man selbst von seiner Zeit abweicht, kann man es von den anderen auch nimmer einfordern, also muss man da Vorrol- ne Vorreiterrolle spielen. Oder Vorbildfunktion schon fast übernehmen. 308 Muss man aber auch Erfahrung mitr-bringen, gerade für de Projektmanagerjob, wie gesagt, man muss einfach dieses Einfühlungsvermögen haben, für Leute, man muss em in diese Sache reinwach-sen.(…) berufliche Erfahrung. Mitarbeit in verschiedenen Projekten, Teilprojektleitungen, Projektlei-tung selber, dann Mal ein größeres Projekt geleitet, em also des - viel Erfahrung sammeln und eben Austausch mit Kollegen. 309 Ja ja das ich bin halt einfach weg von der Programmierung; also weiss nich, wie’s andern Kolle-gen geht, aber ich hab jetzt nich so: die Ambition die Karriereleiter da unendlich nach oben (gedreten) zu werden ne, und also ich programmier halt gern für mein Leben; ich kann ’n ganzen Tag vor meinem Rechner sitzen, will was programmieren, und am Ende vom Tag seh ich, dass was Fetziges wieder funktioniert oder rausgekommen is ne, und das geht halt mittlerweile nicht mehr also das sind wirklich drei Kollegen mit Programmieraufgaben zu versorgen, ich komme eigentlich nicht mehr zum Programmieren und das das kommt halt au-noch dazu, dass wie ich schon gesagt hab, (ma is die Sprachbarriere ja,) alle alle Kommunikationsprobleme, die laufen irgendwie bei mir zusammen ne, wenn da ’n ungarischer Kollege kommt, den hab ich irgend’n Fehler zugewiesen, dann muss ich ihm den Fehler och erklären. (…) Ja als wir hier zwei deutsche Kollegen vor Ort warn, ja da hat

Page 350: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

353 Internationale Professionalität

sich auch aus der Sicht des deutschen Softwareentwicklers die Qualifikationsanforderungen verändert, sodass soziale und kom-munikative Kompetenzen immer mehr vorausgesetzt werden.

Karriereoptionen bei Alpha 3

Die Karrierepfade bei Alpha 3 werden zum Zeitpunkt der Inter-views im Januar 2007 erstmals gestaltet. Nach der Vorstellung der Personalverantwortlichen sollen langfristige Personalstrategien bzw. Entwicklungspfade für Mitarbeiter/innen eine „Pyramiden-form“ mit Projektleitung und Softwarearchitektur nach den jeweili-gen Entwicklungswegen auf oberer Ebene haben. Vor allem in den letzten Jahren hat das Unternehmen seine Personalkapazitäten mas-siv ausgebaut und dadurch festgestellt, dass eine langfristige Perso-nalentwicklung notwendig ist. Deshalb konzipiert die Personalver-antwortliche derzeit eine Kategorisierung von Potenzialtypen, die an bestimmte Laufbahnen angepasst werden sollen. Das Modell mit entsprechenden Weiterbildungskursen hat die Personalverantwort-liche von Alpha übernommen. Dahinter steht die grundlegende Idee, das interne Humankapital der Firma effizient zu nutzen und nicht auf externe Ressourcen zurückgreifen zu müssen.

Aus der Sicht des Bereichsleiters unterscheiden sich die Men-schen, die für Projektleitung zuständig sind, von denjenigen, die die Implementierung übernehmen. Daher sollen zwei verschiedene „technische“ Entwicklungspfade etabliert werden: Der eine beginnt bei der Implementierung und geht in Richtung Architektur und der andere ist auf Projektleitung spezialisiert. Der Entwicklungsweg der Architekten, der nur für eine Elite reserviert sein soll, setzt sehr tief gehende technische Kenntnisse voraus, während der des Pro-jektleiters sich auf Management, Koordination und Kommunikati-on richtet. Projektleiter/innen sollen grundsätzlich aus Deutschland jeder seins gemacht; Da hat mer sich mal gegenseitig gefragt, wie (könn wer) das Problem lösen, das ging Ruckzuck ja.

Page 351: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 354

stammen oder müssen zumindest über längere Zeit Erfahrungen in einer solchen Funktion in Deutschland gesammelt haben.310

Beim Projektmanagement gibt es neben der Leitung von Pro-jekten auch Coachingfunktionen, die darin bestehen, dass das Ver-trauen zwischen den unterschiedlichen Standorten hergestellt wird. Solche Coachingfunktionen wurden in den letzten Jahren im Zu-sammenhang mit der Auslagerung von Tätigkeiten und der Not-wendigkeit einer langfristig stabilen internationalen Projektkoordi-nation eingeführt.

Mentoring bzw. Karriereberatung gibt es in der Firma noch nicht, auch wenn die Personalverantwortliche diese für sehr wichtig hält. Karrierewege werden jährlich in Mitarbeitergesprächen disku-tiert und nach dem Modell von Alpha gestaltet, das die Personal-verantwortliche umgesetzt hat.311 Die Voraussetzungen für einen Aufstieg in der Firmenhierarchie sind aus der Sicht der Personal-verantwortlichen einerseits fachlicher, andererseits persönlicher Natur. Bereichsübergreifend wichtig sind das fachliche Know-how und die Bereitschaft bzw. der Wille, sich schnell in neue Wissens-gebiete einzuarbeiten oder, in anderen Worten, sich weiterzubilden. Darüber hinaus ist es zentral für Managementaufgaben, in ein be-

310 und was uns auf:fällt, wo wir eigentlich schon zwei Jahren versuchen gegenzusteuern, aber das geht irgendwie aus dem Kopf noch nich raus, das is ’ne gewisse Karriere, die dann auch nochmal durchlaufen wird; ich fang als Implementierer an: kann mich dann hocharbeiten, dann bin ich ir-gendwann mal ’n sehr guter Entwickler, was werd ich ’n dann? Projektleiter.(2) Da fängt’s an, schwierig zu werden; (.) weil unsere Erfahrung is einfach nich der beste Pro- äh Entwickler is auto-matisch der beste Projektleiter. (1) Und was wir jetzt versuchen, is auch den: guten Entwicklern die Karrierechance (.) Richtung Architekten, noch mal dann zu ermöglichen, und dass wir pr- ä prak-tisch das vom Projektmanagement trennen. Dass es praktisch zwei Arten von technischen Karriere-möglichkeiten gibt, das eine ist ( ) Projektmanagement, und das andere is wirklich ja; (.) Architek-ten. (Wir haben so) ’ne Architekten-Schiene Architektur(Software-)Architektur dann entwickeln. Das sind unterschiedliche Menschen. 311 Jedes Jahr. Also das is ähm halt ich: ä für ganz ganz wichtig und hab dann ähm hab hab ((räus-pert sich)) hab als ich dann damals von Alpha kam auch das Formular ähm ich sach mal sozusagen mitgebracht, und hab äh gsagt, das is ich hab das so eingeführt, dass das jedes Jahr jeder Block jedem Mitarbeiter einmal Gespräch führn muss.

Page 352: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

355 Internationale Professionalität

stimmtes „Persönlichkeitsprofil“ zu passen.312 Die Personalverant-wortliche unterscheidet zwischen den Bereichen mit und ohne Kundenkontakt. Nur in den letztgenannten Bereichen, typischer-weise bei der Programmierung bzw. Softwareentwicklung, können die Mitarbeiter/innen ohne Ambitionen auf Führungspositionen „einfach Entwickler“ bleiben.

Mechanismen der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis bei Alpha 3

Die zunehmende Internationalisierung geht auf der Ebene der Pro-jektarbeitspraxis mit einer wachsenden Arbeits- und Wissenskon-trolle einher. So erzählt beispielsweise der Projektleiter von den zunehmenden Regeln, die heutzutage im Arbeitsalltag notwendig sind und die neulich früher gedacht werden sollen. Die Prozesse müssen eingehalten werden und dadurch müssen immer mehr Ver-haltensregeln etwa in Bezug auf Kommunikation eingeführt wer-den. Jeder Schritt im Prozess muss beschrieben und zeitlich abge-glichen werden.313

Es werden Meilensteine und sogenannte „Quality Gates“ fest-gelegt, um Arbeitsschritte zu kontrollieren und zu entscheiden, ob der Arbeitsprozess weiterlaufen soll oder angehalten werden muss. Die Projekte werden aus der Sicht des Projektleiters nach Kriterien wie Komplexität, Risiken, Budget oder benötigten Skills klassifi-ziert, die als Rubriken in einem von Alpha übernommenen „Ermitt-lungsblatt“ enthalten sind. Grundsätzlich sind solche Kriterien mit

312 mit dem Thema Entwicklung und Aufstieg is geht’s ohne die Persönlichkeit also im Sinne von Auftreten, Kommunikationsfähigkeit, ja sich ausdrücken können und auch Organisationsfähigkeit, das Projekt steuern zu können; ohne das geht’s nicht. 313 Also das muss alles wesentlich genauer festgelegt werden, die Prozesse müssen ja dann eingehal-ten werden. Und das zieht sich durch die komplette Strecke eines Projektes, von Anfang an.

Page 353: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 356

den auch „Dreieck“ genannten bekannten Faktoren „Qualität, Ter-min und Kosten“ verbunden.314

Arbeitskontrolle wird aber nach Meinung des Projektleiters auch mit Vertrauen ergänzt. Dementsprechend erzählt er, dass er bei Offshoringprojekten wesentlich mehr Zeit als sonst investiert hat, um die Personen kennenzulernen und eine Freundschaftsbasis aufzubauen, damit er in einem zweiten Schritt Sicherheit verspürt, dass er sich auf diese Personen verlassen kann. Für die Interaktion ist es erforderlich, sich an bestimmte Verhaltensregeln wie Offen-heit oder Ehrlichkeit zu halten. Die Bereitschaft zur Einhaltung von festgelegten Regeln315 fungiert dann auch als Indikator dafür, auf wen man sich verlassen kann. Regelmäßige intensive Kommunika-tion zwischen Teammitgliedern ist für die Kontrolle der Arbeits-prozesse notwendig, wobei die Koordination und Zusammenset-zung der Gruppen sehr unterschiedlich ist.316

Die Projektdokumentation spielt eine wesentliche Rolle bei der langfristigen Arbeits- und Wissenskontrolle zwischen Standorten, die sich allerdings im Laufe der Etablierung internationaler Ge-schäftsfelder nach Auffassung des Projektleiters sehr geändert hat. Sie muss genauer spezifiziert, geschrieben und mit anderen Spra-chen abgeglichen werden. Auch müssen noch zusätzliche Doku-mente berücksichtigt werden.317

314 es gibt unterschiedliche Kriterien dafür, da gibt’s extra Ermittlungsblatt, das Alpha erstellt hat und wir größtenteils so übernommen haben, ä Komplexität, welche Risiken liegen dahinter, in einem Projekt, em auch (möglich) die Größe, budgetmäßig, em welche Skills werden benötigt? 315 je mehr Spielregeln! So blöd des jetzt klingt! Ich hasse eigentlich Spielregeln, weil ich schon eigentlich gern @auch@ agieren möchte und Spielregeln können auch einengen, also es muss schon in ’nem gewissen Maß sein, aber je genauer mer die definiert und je genauer mer sich so etwas hält, desto so besser kanns funktionieren, weil jeder weiß, was er zu tun hat im Endeffekt, und wir sind hier um zu arbeiten. 316 auch wenns irgendwann nicht so angenehm ist, aber es gib Regeln, da hat jeder genickt dazu, und die werden dann eingefordert, das heißt einfach ganz einfach einmal pro Tag Telefonat mit meinem direkten Partner, em mindestens einmal die Woche ’ne Telefonkonferenz mit den ganzen Jungs, E-Mail-Verkehr wird zusammen entschieden, was man den Kunden schickt und so weiter. 317 Ja gerade die Dokumentation hat sich verändert, dass muss wesentlich genauer spezifiziert wer-den, es muss wesentlich genauer geschrieben werden, es muss abgeglichen werden, ob der mit der anderen Sprache auch versteht. Das heißt, hier gibt’s oft zusätzliche Dokumente, die das dann noch-

Page 354: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

357 Internationale Professionalität

Doch der Projektleiter beteiligt das Projektteam von Anfang an an der Entwicklung solcher Statusreports bzw. an der Dokumenta-tion, sodass er den Mitarbeiter/innen vertrauen kann.318 Deswegen werden die Statusreports ungefiltert an die Kunden weitergeleitet.

In diesem Zusammenhang erklärt der Projektleiter die allge-meine Bedeutung von eigenen Qualitätsmanagementsystemen, die Alpha 3 nicht umsonst auf der Basis von Alpha-Standards entwi-ckelt hat. Nichtsdestotrotz mussten die Kollegen/innen in Ungarn von diesen Qualitätsmanagementsystemen zunächst überzeugt werden, ein Prozess, der zwei Jahren gedauert hat.319 Auf Quali-tätsmanagement wurde nach Meinung des Projektleiters in früheren Zeiten nicht viel geachtet. Doch vor allem in internationalen Pro-jekten ist dies wichtig, um die Projektoutputs schneller zusammen-zufügen. Dem Qualitätsmanager zufolge ist es für deutsche Mitar-beiter/innen einfacher, solche Systeme in die Arbeitspraxis umzu-setzen, weil viele der deutschen Kollegen von Alpha kommen und die Standards bereits von dort und „vielleicht“ auch aus der Uni-versität kennen.320

Bei Alpha 3 hat Qualitätsmanagement eine bestimmte Traditi-on, die der Qualitätsmanager in Zusammenhang mit der Geschichte des Unternehmens bringt. Das Unternehmen existiert seit zehn Jah-ren und die ungarische Tochter hat vor allem wegen Kundenanfor- mal unterfüttern. Hat mer das jetzt wirklich so, wie es die beiden Parteien auch verstanden haben? So ist es auch wirklich. 318 Je mehr man schriftlich da notiert, desto mehr kann man sich darauf verlassen, dass sich die Leute auch daran halten. (…) Um sich selber auch nur das Leben einfacher zu machen, das Gleiche in der Interaktion mi’m Kunden. 319 es ist sehr wichtig, dass man auf die Qualität achtet, nicht umsonst haben wir hier im Haus unsere eigenen Qualitätsstandards, em ist zwar angelehnt an die Alpha-Prozesse und Alpha-Qualitätsstandards, aber wir ham das nicht eins zu eins übernommen, sondern ham das wirklich angepasst. Es war ne Aufgabe das unseren ausländischen Kollegen schmackhaft zu machen, em aber nachdem sie einfach verstanden haben, welchen Mehrwert sie haben, eben, dass der Kunde einfach auch sieht und zufrieden ist, em dass wir solche Dinge machen, em arbeiten da eigentlich alle mit. 320 Es kann sich keiner rausreden. es gibt keine Schuldzuweisungen. Das heißt, an dieser Stelle kann man das Zusammenspiel relativ locker gestalten.ne? also es vereinfacht auch ’n bisschen. es verein-facht auch einiges, ja (…) (Die deutsche) die sind da offener dafür, weils wir eh sehr viele aus dem Hause Alpha kommen. und em da gibt es Prozesse seit längerer Zeit und die werden eingehalten und die kennen das. (PL, 1749-1790; 1134-1165).

Page 355: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 358

derungen im Bereich der Medizintechnik früher als der deutsche Standort mit der Umsetzung von Qualitätsmanagementsystemen angefangen. Dieser Bereich gehört zu einem großen Unterneh-menssegment von Alpha, das sowohl von den Kunden wie auch von externen Gesundheitsorganisationen mit bestimmten Qualitäts-anforderungen konfrontiert wird.321

Die Standorte in Deutschland sind mehr auf Forschung und Entwicklung sowie auf Informationstechnik und Wissensapplikati-onen fokussiert, sodass hier die Qualitätsanforderungen nicht so streng definiert wurden wie im ungarischen Standort. Dies war auch der Grund dafür, dass Qualitätsmanagement in den deutschen Standorten bisher dezentral in den Projekten angesiedelt war. Seit einem Jahr wird jedoch versucht, das Qualitätsmanagement zu zentralisieren. Derzeit arbeiten drei Mitarbeiter/innen in der Firma daran, die jeweils für ein Unternehmenssegment zuständig sind.322

Das Qualitätsmanagementsystem aus Ungarn dient als Vorbild für die gesamte Organisation. Es ist sehr wichtig, dass die gesamte Gruppe den gleichen Takt hat und deswegen sollen die Prozesse untereinander angepasst werden. Doch es gibt bestimmte Bereiche, in denen ein solcher übergreifender Takt notwendiger ist als bei anderen. So erklärt beispielsweise der Qualitätsmanager, dass es im Engineering oder in der Softwareentwicklung sinnvoll ist, gemein-same Prozesse zu entwickeln, dass im Personalressourcenbereich oder in kaufmännischen Bereichen aber zu viele rechtliche oder gesetzliche Unterschiede zwischen Deutschland und Ungarn beste-hen.323 321 also uns gibt’s seit zehn Jahren. GmbH und auch die Ungarn gibt’s seit zehn Jahren, einfach mh einfach durch die Kundenanforderungen haben die Ungarn die ungarischen Kollegen schon schon früher mit dem Thema angefangen. (QM, 123-127; 98-99). 322 eher in den Projekten organisiert und erst seit letztem Jahr fängt man eigentlich an, das hier auch zentrel zentral aufzubauen, weil man merkt, dass man ohne eben nicht mehr auskommt. (166-172; 114-120). 323 weil einfach auch gesetzliche Vorgaben da ganz ganz andere Sachen erzwingen, macht’s keinen Sinn, das analog zu halten, aber in den Engineeringbereichen Softwareentwicklung, Testen, (Konfi-gurations)management und so weiter, da da äh äh da machen wa das gemeinsam in der Alpha 3-Gruppe, diss is abgestimmt. (QM, 227-236; 153).

Page 356: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

359 Internationale Professionalität

Der deutsche Softwareentwickler berichtet, dass er die Arbeit seiner Kollegen auch über die Dokumentation sehen bzw. kontrol-lieren kann.324 Andererseits muss er sich in seiner Funktion als Ar-beitskoordinator wegen der räumlichen Distanz in der Zusammen-arbeit auf die Selbstdisziplin bzw. auf die Professionalität seiner ausländischen Kollegen/innen verlassen, die er mit Selbststeuerung der Mitarbeiter/innen in Zusammenhang bringt.325

Er plädiert dafür, mehr Zeit für die Prozesse einzuplanen, um eine bessere Qualität liefern zu können und um eine gemeinsame Identität im Entwicklungsprozess zu schaffen. Vor allem aufgrund der räumlichen Distanz müssen die Softwareentwickler/innen bei verteilter Projektarbeit selbst wissen, wie sie entscheiden und dass sie mit Kollegen/innen aus verschiedenen Standorten zusammenar-beiten sollen. Dafür ist es eine reibungslose Kommunikation zwi-schen den verschiedenen Standorten notwendig, aber nicht alle Mitarbeiter/innen haben Zugang zu allen Informationen. Der deut-sche Softwareentwickler entscheidet eigenständig darüber, welche Informationen an die ungarischen Kollegen weitergeleitet werden und welche nicht. Weiterhin gibt es eine sogenannte Montagsrunde im deutschen Standort, in der die Geschäftsabläufe in einem Proto-koll festgehalten werden, das anschließend an die ungarischen Kol-

324 )) Ja das seh ich au-was sie machen. Ja also das a natürlich auch so Themen ne; inwieweit muss ich denen ihre Arbeit kontrollieren oder inwieweit kontrollier ich sie tatsächlich, [Ja aber von denen seh ich ja was was die machen, oder ich kann es sehen wenn ich’s will, ne, (.) und ja wenn da Fragen sin oder wenn (2) oder es kann schon sein, dass ich mal sag, pass mal auf, hast da ’ne tolle neue Klasse geschrieben, gib dir mal bei der Dokumentation ’n bisschen mehr Mühe oder machste zumindest ’ne große Dokumentation, so was kommt schon vor. Aber ansonsten dann lass ich mir’s halt erklären, wie funktioniert ’n das, wie funktionieren die Funktionen, das geht. (SWE2, 474-486; 193-199). 325 Es is halt einfach so, dass die Kollegen och ’n bisschen außer Reichweite sin. Ja, ich kann denen ihre Arbeit nich kontrollieren, äh ständig ja, wenn die dort sitzen und Däumchen drehen, dann krieg ich das wahrscheinlich gar nich mit; ja wenn dann der ’n Tag zu Hause bleibt, krieg ich das nich mit; (.) Das das weiß ich einfach net. Ja also da muss ich mich einfach auf die Kollegen verlassen, dass die: (.) bisschen Selbstdisziplin wissen, was zu tun is. Und was tun. (SWE2, 615-620; 253-254). [Also eigentlich isses so, dass wir alle an einem Strang ziehen, und das is so in den Köpfen drin, und allen bewusst und mer versucht dann so gut wie möglich zusammenzuarbeiten, so einfach isses eigentlich. (SWE2, 627-629; 258-259).

Page 357: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 360

legen geschickt wird. Die ungarischen Kollegen/innen veranstalten ein paar Tage später ihre eigene Informationsrunde.326

Für den ungarischen Softwareentwickler ist es das Wichtigste bei der Arbeit, die an ihn gerichteten Erwartungen zu erfüllen. Da-bei geht es aber nicht nur um inhaltliche Aspekte, sondern auch um die persönliche Motivation und Selbstständigkeit, denn die Featureleiter, die verantwortlich für die Arbeitskontrolle sind, kön-nen nicht alles überblicken. Dementsprechend verbindet der unga-rische Softwareentwickler Qualität mit Motivation und Anerken-nung der Arbeit, die den Beschäftigten das Gefühl vermittelt, dass die eigene Arbeit wichtig ist.327

Konstruktion beruflicher Identitäten bei Alpha 3

Alpha 3 versucht beispielsweise im Rahmen der Einarbeitung aus-ländischer Mitarbeiter/innen mit entsprechenden Weiterbildungs-angeboten eine gemeinsame Identität zwischen den verschiedenen Standorten der Firma aufzubauen. Die Dauer der Einarbeitungszeit variiert je nach Arbeitsbereich, in dem die Mitarbeiter/innen einge-setzt werden sollen, zwischen drei Monaten und zwei Jahren. Es gibt komplexe Bereiche, die wie beispielsweise die Automatisie-rungstechnik auch langfristig in der Firma integriert sind, in denen die Mitarbeiter/innen über eine lange Zeit eingearbeitet werden. In der Systemintegration oder auch der Organisationstechnik sind die Einarbeitungszeiten hingegen eher kurz. 326 Also einige Sachen, die ich als wichtig erachte, die kommunizier ich einfach selber weiter in mein kleines Team. Dass die wenigstens wissen, und sich dran halten können. Aber wie das im Großen und Ganzen passiert, das also wissen tu ich’s, es gibt bei uns ’ne Montagsrunde, da wird das hier erzählt und dann machen die Ungarn ä ich weiß nich ein oder zwei Tage später dieselbe Runde noch mal ja, und gucken sich das Protokoll von uns an und erzählen das dann dort. (SWE2, 639-645; 263-264). 327 Und ich glaube, das ist eine gute Schritt für die Qualitäts- e- ( ) erhöhen, weil e weil so e s e s ist das wichtigste, jemand muss e so fühlen, dass seine Arbeit ist wichtig. Und e wenn jemand arbeitet nur für das Geld, was @er bekommt@, es es es sichert die Qualität nicht, [da ist die Motivation unten] aber die eigene Motivation ist ganz wichtig, und e mit diesem kleine Aufteilung können wir das sichern, dass (mehrere) Mitarbeiter hat die Fühlung, dass seine Arbeit ist wichtig. (SWE3, 469-512; 226-242).

Page 358: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

361 Internationale Professionalität

Es werden sowohl sogenannte „Fachkurse“ als auch „weiche Kurse“ als Weiterbildung in der Firma angeboten, die jeweils zerti-fiziert sind. Auch wenn die Vorgesetzen oder die Personalabteilung den Mitarbeiter/innen bestimmte Kursangebote „empfehlen“, be-wertet es die Firma sehr hoch, wenn die Mitarbeiter/innen sich selbst um ihre Weiterbildung kümmern bzw. wenn sie selbst zwi-schen den angebotenen Kursen auswählen. Das gilt vor allem für die Auswahl fachlicher Kurse, wie die Personalverantwortliche betont.328 Doch da es zukünftig eine Personalentwicklungsstrategie in der Firma geben wird, wird sich die Firma auch selbst stärker um die Entwicklung bzw. um die geeignete Weiterbildung der Mitar-beiter/innen kümmern.329 Auch die Mitarbeiter/innen aus osteuro-päischen Ländern sollen künftig in das geplante übergreifende Per-sonalentwicklungskonzept miteinbezogen werden.330

Wie der Bereichsleiter erzählt, haben die Mitarbeiter/innen in den ausländischen Standorten neben einem Sprachkurs jährlich Anspruch auf zwei Wochen Weiterbildungskurse, die innerhalb der Arbeitszeit abgerechnet werden, und darüber hinaus auf CMMI-Schulungen. Bei den Kommunikationstrainings geht es vor allem um die Art und Weise, in der den Kunden Inhalte vermittelt wer- 328 Im Prinzip wird nich alles von uns von der Personalabteilung aus gesteuert. Was die auf jeden Fall sehr selbstständig machen, sind alle fachlichen Kurse, und ansonsten ähm sagn wer mal diese ich sach mal weichen ä Faktoren oder oder weichen Kurse, das sin Sachen, die wir schon organisie-ren, jetzt zum Beispiel ähm auch Projektmanagementkurse ham mer angeboten, dieses Kommunikati-on im Projekt, diese diese Projektleiterausbildung, also da gibt’s im Prinzip jede Menge und mein bei uns isses (jetzt au-) gewünscht, dass die die Leute sich auch selbst dadrum kümmern, wir net sagn, mensch du könntst jetzt mal in den Kurs gehn oder den, sondern wirklich ähm ja (.) ich sach mal Fachkurse machen die dann selbstständig. Also da gibt’s auch jede Menge. Und dann Zertifizierun-gen also aller Art. (…) Also das is so beidseitig; eigentlich sind alle drei der Mitarbeiter der Vorgesetzte und die Perso-nalabteilung alle drei. 329 Ja es sind schon diejenigen die Potenzial haben, (.) und: (.) und dann von selbst mal wirklich ’n Finger heben. Ja. (1) Aber dadurch, dass wir da jetzt da mehr dahinter sind, denk ich, werdn sich die Fragen auch erübrigen, weil wir wirklich sagn okay, wir kümmern uns darum. Noch verstärkt um die um diese Mitarbeiter. Aber das sind hauptsächlich die, wo’s sich selber mehr zutraun und dann auch mal kommen. 330 Dadurch, dass dieses Personalentwicklungskonzept ansteht, wollen wir natürlich; dass die auch jetzt in Ungarn und Rumänien und so auch macht, und dann wird das bestimmt kommen. Aber, ähm bis jetzt noch nicht.

Page 359: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 362

den. Denn für die Mitarbeiter/innen gilt dem Bereichsleiter zufolge: „sie sind Dienstleister“ und als solche müssen sie die Ergebnisse der Arbeit positiv darstellen. In diesem Zusammenhang nimmt er die „Techniker“, speziell die ungarischen Kollegen, die überwie-gend auf technische Aufgaben spezialisiert sind, aber eher als pes-simistisch wahr.331

Weiterbildungskurse in deutscher Sprache für Mitarbei-ter/innen in den Nearshore-Standorten sind nach Meinung des Be-reichsleiters notwendig, denn „kaum jemand“ spricht eine Sprache wie Ungarisch. Am ungarischen Standort werden in Kooperation mit der örtlichen Universität auch Seminare über Themen wie Bahntechnik angeboten. Außerdem gibt es dort Weiterbildung zu Themen wie Projektmanagement, Kommunikation oder Präsentati-onstechnik für Führungskräfte, damit die ungarischen Kollegen in der Zukunft auch Projektleitungen übernehmen können.332

Darüber hinaus wurde der Versuch unternommen, in der Firma interkulturelle Trainings zu veranstalten, wie der Bereichsleiter erklärt. Doch gerade wegen der vermuteten kulturellen Nähe zu den osteuropäischen Ländern sind solche Trainings wenig hilfreich, denn man erwartet, dass für Europäer eine gemeinsame Basis be-reits existiert und nur kleine Feinheiten unterschiedlich sind. Des-wegen ist der Bereichsleiter der Meinung, dass die interkulturellen

331 auch als Techniker ich mein man muss ja seine Ergebnisse positiv rüberbringen; Techniker neigen einfach dazu, immer die @Fehler zu zeigen@, und den Werbeespekt a Aspekt(.) zu vergessen; und ich mein, wir sind Dienstleister, wir müssen schon zeigen, dass wir auch Sachen gut machen; ((leicht lachend)) Und wenn man neunzig Prozent gut gemacht hat und zehn Prozent ’n bisschen Probleme hatte, dann können unsere ungarischen Kollegen Stunden über die zehn Prozent reden, @aber neunzig Prozent vergisst man. 332 auch die kleinen Projektmanager oder Teilprojektleiter, die wir in in Ungarn haben, die schicken wir hier auch auf Projektmanagement-Seminare, obwohl wir eigentlich gern sagen, wir machen’s hier, und trotzdem isses wichtig, dass die das Verständnis haben, was bedeutet das letztendlich und wir woll’n ja auch mal soweit kommen, dass wir sagn okay, wir müssen nich alle Projektleiter hier haben, sondern wir haben auch ’n paar in Ungarn, die ( ) ganz gut machen; und die gibt’s auch, nur die müssen sich entwickeln.

Page 360: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

363 Internationale Professionalität

Kurse wenig bringen und interkulturelle Konflikte eher durch Learning by doing überwindbar sind.333

Gerade die guten Sprachkenntnisse vieler ungarischer Kollegen erschweren auch die Gewissheit darüber, ob eine Verständigung mit ihnen gelungen ist. Denn die deutschen Kollegen gehen davon aus, dass alles so verstanden wurde, wie es gemeint war. Bei unga-rischen Kollegen, die nicht so gut Deutsch sprechen können, be-mühen sich die deutschen Kollegen von vornherein um eine aus-führlichere und deutlichere Erklärung, sodass sich oft leichter überprüfen lässt, ob alles tatsächlich verstanden wurde. Nachhaken oder Weiterfragen bei den Kollegen können helfen, solche Proble-me zu vermeiden, wobei es in technischen Bereichen nach Mei-nung des Bereichsleiters wegen der Klarheit der Technikdefinition einfacher ist, Missverständnisse zu klären.

In Bezug auf die Projektarbeitspraxis erklärt der Qualitätsma-nager, dass sich die berufliche Identifikation eines großen Anteils von Mitarbeiter/innen, die über Konzernleihe nur indirekt an Al-pha 3 gebunden sind, wenig verändert hat. Sie fühlen sich nach wie vor als Alphaianer. Doch für diejenigen, die interne Projekte für Alpha 3 entwickeln, hat vor allem der Druck zugenommen, „Quali-tätsbewusstsein“ zu entwickeln. Dieses Bewusstsein soll nicht durch bürokratische Kontrollmaßnahmen erreicht werden; stattdes-sen wird versucht, ein Klima in der Firma herzustellen, das dazu führt, dass die Mitarbeiter/innen selbst für die Einhaltung von Qua-litätsstandards sorgen. Solche Qualitätsstandards hängen mit Ent-scheidungen über die Auslagerbarkeit bestimmter Projektteile bzw. Zuständigkeitsbereiche zusammen, die die Firma etablieren will. Der Qualitätsmanager will deshalb die Mitarbeiter/innen davon

333 Ham wer mal probiert, (.) aber dafür sind wer wieder zu nah aneinander;(2) das macht die Sache also so richtig ä interkultu- also wir ham jetzt nich diese asiatischen und und europäischen Gege-benheiten; wir sind alle in Europa, ich sach mal, das sind so na ja [Feinheiten. Und die kriegt man in so’nem interkulturellen Training relativ wenig raus. Das kann man ’n bisschen betreuen, aber das is wirklich eher so learning bei doing.

Page 361: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 364

überzeugen, dass Qualitätsmanagement „sinnvoll“ ist und zur Ar-beitsplatzsicherheit beiträgt.334

In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, Dokumentatio-nen zu erstellen, um eine „saubere“ Spezifikation zu erzielen, im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen die Arbeit weniger formali-siert war bzw. in denen Qualitätsstandards noch nicht übergreifend als Maßstab fungierten. Das Ziel bei der Umsetzung eines solchen Maßstabs ist, eine Balance zu finden zwischen Prozessplanung und einer gewissen Offenheit für Kreativität, die auch mit der notwen-digen Freiwilligkeit bei der Einhaltung von Qualitätsstandards ver-bunden ist. Denn letztendlich hängt der Erfolg der Umsetzung von Qualitätsmanagementsystemen davon ab, dass und wie die Mitar-beiter/innen von unten sowie die Projekt- und Geschäftsleiter/innen von oben diesen Prozess gemeinsam unterstützen.335

Weiterhin erklärt der Qualitätsmanager, dass für einige Mitar-beiter/innen die Arbeit sich insofern erheblich dadurch verändert hat, dass sie immer mehr Verantwortung übernehmen müssen. Weit entfernt vom Modell der verlängerten Werkbank, in dem die Mitar-beiter/innen in ausländischen Standorten geschlossene und abge-grenzte Aufgaben bekommen und bestimmte Produktteile nach Deutschland zurückschicken sollen, sind die ausländischen Stan-dorte auch an der Konzeption des gesamten Projektes mitbeteiligt. 334 für den einzelnen Mitarbeiter, Entwickler, für die hat sich nichts geändert. Der hat seinen Ar-beitsplatz auch bei Alpha. Der fühlt sich auch mehr als Alphaianer als als Alpha 3aner sag ich jetzt mal. Aber für die Projekte, die wir hier bei uns intern machen, wo wir auch die Verantwortung tragen, denk ich schon. hat sich einiges geändert. Also wir haben halt mit Schulungen angefangen, haben wir mal versucht, so’n bisschen das Bewusstsein dafür zu wecken; gibt’s immer Mitarbeiter, die springen schnell drauf, und manche, die sind ’n bisschen sehr skeptisch, also da hamma halt versucht, ähm möglichst viele dann auch äh begeistern ist das falsche Wort, aber irgendwo zu über-zeugen, dass was wa da machen, dass das sinnvoll ist, dass es auch letztendlich für jeden einzelnen Arbeitsplatz irgendwo auch ’ne Sicherung bedeutet. Und jetzt nicht nur als Bürokratie und over head betrachtet wird, also jetzt kommt schon wieder einer, der will wieder ’n Dokument mehr, ähm son-dern wir versuchen die Leute einzubinden und ähm äh einfach das Klima zu schaffen für für für Qualität. (QM, 757-781; 412). 335 Qualitätsmanagement-Einführung ist immer so ’ne Geschichte bottom up top down, also es geht das eine ohne das andere net, es muss ’ne gewisse top down muss irgendwie reingedrückt werden, es muss aber auch von unten irgendwas entstehen. Wenn das klappt, dann schafft man’s, wenn nur die eine Seite kommt, dann schläft’s irgendwann ein. (QM, 847-851; 450).

Page 362: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

365 Internationale Professionalität

Deswegen müssen bestimmte Arbeitspakete gemeinsam gestaltet werden, wodurch eine neue Arbeitskontrolle entsteht, denn diese Arbeitspakete sollen gewährleisten, dass das, was zurückkommt, den Erwartungen entspricht. Aber auch weil sich die Mitarbei-ter/innen zunehmend selbst direkt koordinierende Rollen bei inter-national verteilten Projekten übernehmen müssen, haben sich ihre Tätigkeiten verändert.336

Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien bei Alpha 3

Merkmale wie Alter oder Geschlecht sind nach Meinung der Per-sonalverantwortlichen für den Aufstieg in der Karrierepyramide irrelevant. Das Unternehmen kann es sich vor allem wegen des aktuell ganz akuten Fachkräftemangels nicht leisten, auf Mitarbei-terinnen zu verzichten.337 Entscheidend für die Einstellung in die Firma sind die fachlichen Fähigkeiten.338 Wenn Frauen „gleiche technische Qualifikationen wie die Männer“ mitbringen, haben sie gute Chancen im Unternehmen.339 Auch wenn Frauen Kinder be-kommen und nur Teilzeit arbeiten, sind die Aussichten von Frauen in der Arbeit gut, denn es geht hauptsächlich um das Know-how der Mitarbeiter/innen.340 336 für einige Mitarbeiter ham sich die Aufgaben dahingehend verändert, dass sie jetzt mehr die koordinierende Rolle übernommen haben; was halt bisher hier gemacht wurde, was halt ’ne andere Art der Zusammenarbeit is, sitzen jetzt halt Kollegen in Ungarn oder in Rumänien, und es is jetzt mehr ’ne Art von Aussteuerung. Man muss halt Arbeitspakete schnüren. 337 Ich glaub es kann sich auch kein Unternehmen mehr leisten, weil in in der Br- also so wie’s uns zurzeit geht, es is ganz schlimm. Ich kann’s wirklich net netwirklich gar net sagn, wie schwierig das is, die Leute hier zu kriegen. (329-332; 121-122). 338 Also ähm was die Positionen bei uns betrifft, da hat’s jetzt keinen Einfluss auf (darauf) ghabt. Muss ich sagn (…) [Auf muss ich sagn um’s Fachliche. (1243-1252; 458-461). 339 Wenn wenn der wenn wenn die genauso studiern wie die Männer, ähm dann dann gut. dann glaub ich wird dann irgendwann auch koi Unterschied mehr ( ) Wenn man d- also ä Frau, die von Technik was versteht, hat im Prinzip in dem Job echt gute Chan-cen. (1283-1293; 476-483). 340 Also bei uns is so wir ham jetzt zwei Fälle und die war’n beide dann Teilzeit wieder da, und die sind halt jetzt wieder schwanger, dann isses halt natürlich schwieriger, aber also bei uns definitiv ja. Also da geht’s einfach nur um das Know-how, dass man die dann braucht. Und die sin gut.(1) (1297-1302; 485-488).

Page 363: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 366

Grundsätzlich ist Teilzeit, die bereits bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden als solche deklariert wird, derzeit schwierig zu praktizieren, weil die Firma sich in einer Wachstumssituation be-findet.341 Andererseits wird Teilzeit im Zusammenhang mit Mutter-schaft von der Personalverantwortlichen positiv bewertet.342 Bei Alpha 3 gibt es keine besonderen Programme für Frauenförde-rung.343 Doch weil es nach Meinung der Personalverantwortlichen bei Alpha 3 keine starken Hierarchiestrukturen gibt, stellt Teilzeit im Gegensatz zu der Situation bei Alpha kein Karrierehemmnis dar. Es gibt aber bestimmte hohe Karrierepositionen, die sich nicht für eine Teilzeitbeschäftigung eignen. Denn in Führungspositionen ist es wegen der Vorbildfunktion nicht möglich, Teilzeit bzw. we-niger als die eigenen Mitarbeiter/innen zu arbeiten.344

Was ältere Mitarbeiter/innen angeht, können sie bei Alpha nicht entlassen werden, erklärt der Bereichsleiter. Da das Unter-nehmen Alpha sehr groß ist und die Durchlässigkeit zwischen den 341 Äh mhm prozentual gesehen zehn fünfzehn zwanzig Prozent, würd ich sagn. Ähm in sagn wer mal in in die die beim Kunden sind; die ham fast (gar kein) Teilzeit. Aber Teilzeit ist ( ja bei uns) scho 35 Stunden weil Vollzeit is bei uns 40 Stunden, Also wir ham den ein oder anderen auch, der also wenige, die jetzt mal sagn okay, ich möchte nur 35 Stunden. Ham wer aber auch, aber in den Bereichen wenn dann isses eher wirklich so im Perso-nalwesen zum Teil Teilzeit. Momentan eher weniger, (wir ham dann aufgestockt Stun-den, weil wir’s sonst net hinkriegen. (614-625; 220-225). 342 Jagut is ja mal, das is natürlich schon ähm: glaub wenn das jetzt Frauen sind, ähm bei uns isses net unbedingt das Thema Mutter, aber es isses auch; ich mein die sin im Endeffekt wir ham jetzt zwei Damen ghabt, die sin die ham jetzt Kinder kriegt, kamen wieder, warn Teilzeit da, aber wirklich auch im Software-(Entwicklungs-)Bereich; find ich dann scho super ne. (639-643; 230-231). 343 Aber spezielles (wird da) Programm für Frauen (is nich). (1175-1176; 437) 344 Also ich mein, bei uns würd ich jetzt mal sagn bestimmt net. Aber wir ham auch net so so äh so (starke) Hierarchie ja; also wenn ich jetzt amal an ((Firma x)) denke so’n Großkonzern grundsätz-lich müss-muss man’s mit ja beantworten. (665-669; 235). (…)Aber selbst Männer, die wirklich rausgehn mal in dies- diese Elternzeit nehmen, und vielleicht auf Teilzeit gehen, (wo diese Karrierebremse eindeutig haben). Find ich halt schlecht. Isses auch. Weil das an der Zeit ( macht das net immer aus ne,) Aber es gibt halt auch wie gsagt ich kann’s nur wiederholen Funktionen, da muss ich einfach voll da sein. Is so. Da ka-kann man sich’s einfach net erlauben, jetzt vielleicht dann 35 Stunden zu arbeiten.

[Das sind dann diese kundennahen Funktionen vor allem oder, [Oder Führungsfunktionen. [ S’im Führungsbereich, weil ich is ja klar ich hab a Mannschaft, die is 45 Stunden da, was machen die (andern Stunden ) Mein klar ma ma is jetzt net ständig da und kon- und und und behütet die oder oder schaukelt se drauf, aber ähm (.) es is dann schwierig dann (1) wirklich ähm weniger da zu sein wie die wie die eigenen Mitarbeiter. (672-687; 235-242).

Page 364: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

367 Internationale Professionalität

unterschiedlichen Bereichen mehr oder weniger vorgegeben wurde, ist es möglich, ältere „unproduktive“ Mitarbeiter/innen zu verset-zen. Zum Teil wird in diesem Zusammenhang über Arbeitsteilzeit diskutiert, aber jedenfalls können die Mitarbeiter/innen in der Fir-ma bleiben. Darüber hinaus wurden auch einige ältere Mitarbei-ter/innen wegen ihres Know-how zurückgeholt und auch, um die Kommunikations-Schnittstelle von Alpha 3 zu Alpha zu überneh-men.345

Aus der Perspektive der Projektarbeitspraxis ist nach Ansicht des Projektleiters das Testen bzw. die Kontrolle über fertig entwi-ckelte Teile bei Frauen besonders beliebt. Er berichtet, dass auch wenn im Bereich Entwicklung mehr Männer als Frauen gibt, immer mehr Mitarbeiterinnen dazu kommen.346

In Bezug auf die Situation von Frauen im Standort Ungarn be-merkt der Projektleiter, dass Frauen dort keine Karriere machen wollen, weswegen im Standort Ungarn die Mehrheit der Beleg-schaft männlich ist. In Deutschland sind die Karrierewünsche von Frauen aber nicht anders als die von Männern. Der Projektleiter betont, dass das kein Problem darstellt, weil es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt bzw. weil alle Menschen unter-

345 Is schwierig ja. (.) Gut ich mein sie werden heute bei ((Firma x)) bring sie wenn einer da is, wenn der nich freiwillig geht, dann bleibt der (ihnen) sowieso. (BL, 548-551). Ja weil’se einfach zum Teil auch Spezial-Know-how haben, die wir dann zurückhol’n wollten einfach um uns zu unterstützen; und nich ((Firma x)) sondern wir wollten‚se dann haben; (ham wer) gesagt okay, (haben wer’n ) belgischen Kollegen da ging’s auch einfach auch darum, der war vorher in dem Segment schon tätig, spricht vier Sprachen, da haben wer gesagt okay der soll auch keine Soft- keine Software mehr entwickeln, sondern der soll wirklich dann die Kommunikations-Schnittstelle abbilden (BL, 560). 346 Also welche Themen sehr beliebt sind bei Frauen, hab ich jetzt festgestellt, sind die ganzen The-men: Testen, e irgendwas was schon fertig ist einfach mal anzuschauen, em mal zu testen, hat das wirklich die Funktionlitäten, da ’n bisschen mehr zu spielen. Eigentlich hab ich früher immer ge-dacht, das ist so ’n bisschen Männersache, a weng was @rumzuspielen@ und auszutesten. ne es hab ich jetzt eigentlich festgestellt, dass es eigentlich genau andersrum ist, eheem, also die weiblichen Kollegen wollen dann oft auch zu dem Thema Testen gehen em von den Entwicklungsaktivitäten, klar gibt es mehr männliche Kollegen, aber die weiblichen nehmen da zu und das find ich ganz gut so, dass das so ist. Ansonsten erkenne ich da eigentlich keinen Unterschied. (PL, 1955-1968; 1261-1271).

Page 365: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 368

schiedlich sind: „es menschelt halt ganz einfach“.347 Unterschiedli-che Karrierebeteiligungen von Frauen und Männern sind in der Wahrnehmung des Projektleiters also die Konsequenz normaler persönlicher Vorlieben.

Aus der Perspektive des Qualitätsmanagers sind vor allem Marketing und der Personalressourcenbereich die Tätigkeitsfelder, in denen der Frauenanteil am höchsten ist. Doch auch bei den Lei-tungsfunktionen348 gibt es seiner Meinung nach einen hohen Anteil von Frauen, der seiner Ansicht nach sogar über höher als bei Alpha liegt.349

Den Grund für den niedrigen Frauenanteil in der Firma sieht die deutsche Softwareentwicklerin in der geringen Zahl der Bewer-bungen von Frauen.350 Sie selbst hatte hingegen von Anfang an

347 Da ich jetzt ja doch sehr viel mit mit ungarischen Kollegen zusammenarbeite. Da ist ne andere Denkweise. Da sind 95 Prozent wirklich darauf aus, Kinder zu bekommen, und die wollen gar nicht in eine solche Position. Die sagn, wer wolln jetzt ne Arbeit ham, wo wer dann nach einem Jahr oder nach eineinhalb Jahren wieder einsteigen können, also wir wolln gar nicht die Karriere machen, also da ist eigentlich – ich kenn eine Projektleiterin in Ungarn un der Rest sind alles männliche Kollegen, und die wolln dann aber auch Karriere machen. die Frauen wollen das ja in Ungarn gar nicht, in Deutschland, fällt mir jetzt auch kein- ja es gibt n paar Teamleiterinnen, aber das funktioniert super mit denen, und em gibt keine Unterschiede, es klappt alles sehr sehr gut! (…) Ja es gibt Teamleite-rinnen, Projektleiterinnen, die waren dann voher Projektleiterinnen, was auch immer, das klappt auch wunderbar, aber da gibt’s keine Unterschiede, die ham alle Vor- und Nachteile. Is vollkommen klar. Ja wie jeder Mensch. Es menschelt halt ganz einfach, es ist ja nichts Negatives, ist ja eher gut so, dass wir alle unterschiedlich sind. Und das funktioniert, das klappt alles wunderbar. (PL, 1976-2002; 1273-1287). 348 hm, also wenn ich dort bin, hab ich immer das Gefühl, ja da sind mehr mehr Frauen wie bei uns, also im Qualitätsmanagement ist der Anteil recht hoch. Des sind glaub von den elf sind vier Frauen müsstens sein, fallen mer jetzt ein - vielleicht sogar fünf. Jetzt bei den Entwickler, weiß i net. Ich hab immer n Eindruck, ’s ist höher wie bei uns. Kann auch täuschen. (QM, 2474-2478; 1258). 349 Erfahrungsschatz würd ich sagen ist des jetzt fei nit die Aufgabe, die besonders gern angestrebt wird, also dieses wirklich rein technische Programmieren, Testen also ist dann eher vielleicht, reizvollere Aufgaben, die sich außen rum bewegen, ja wir ham hier Marketing, HR [Human Relati-ons] das sind ja auch sagn mer mal Funktionen in ’ner IT-Firma, wo der Frauenanteil sicherlich größer ist wie in den anderen Bereichen @.@ em Projektleiterinnen, auf der Ebene der Geschäfts-feldleiter, Segmentleiter haben wir einen relativ hohen Frauenanteil. (QM, 2440-2447; 1252). solche Managementfunktionen haben wer auf jeden fall ’n gewissen Anteil, der sich sehen lässt, ich denk höher als bei Alpha in den Managementstufen und da, die sind auch richtig gut. (QM, 2449.2451; 1252). 350 es bewerben sich leider nicht so viele. Zumindest bekomm ich das nicht so mit. (SWE1, 679-680; 404-405 ).

Page 366: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

369 Internationale Professionalität

Interesse an technischen und praxisbezogenen Themen, was sie dazu gebracht hat, in den IT-Bereich zu gehen.351

Vereinbarkeit von Arbeit und Leben bei Alpha 3

Alpha 3 hat seine Arbeitszeiten an die des Kunden Alpha ange-passt. Es gibt nach Aussagen des Projektleiters Arbeitsverträge über 20, 38 und 40 Stunden, die sich allerdings nach den Kunden-wünschen bzw. komplett nach dem Arbeitsmodell von Alpha rich-ten.352 Die Zusammenarbeit von international verteilten Arbeits-plätzen aus stellt nach Meinung des Projektleiters aufgrund der vielen technischen Möglichkeiten kein Problem dar. Deswegen hat die Internationalisierung ihm zufolge keine bemerkenswerte Ände-rung in dieser Hinsicht mit sich gebracht.353

Teilzeit wird aus der Sicht des Projektleiters sehr oft in An-spruch genommen. Es gibt Tätigkeiten, für die die volle Arbeitszeit nicht erforderlich ist, und das ist in sehr unterschiedlichen Berei-chen der Fall. Teilzeit ist seiner Ansicht nach kein Karrierehinder-nis, denn das Management ist in dieser Hinsicht sehr offen.354 351 [Also dazu bewogen hat mich vor allen Dingen, weil ich kein fünfjähriges Studium machen wollte, sondern ich wollt was Praxisbezogenes machen, und::ähm wenn man (.) oder wenn ich mich so jetzt vergleiche mit denjenigen, die Informatik studiert haben, also ich würd sagen, dass da nich so viel Unterschied is. Aber überhaupt so was Technisches zu machen.@(.)@ [Ja hat mich halt schon immer interessiert. (SWE1, 684-693; 407-412). 352 unser Kunde Alpha hat eigentlich sein Arbeitszeitmodell und das wendet er auf uns an. g- also wir sind – klar gibt es Teilzeitarbeit und em 20 Stunden-, 40 Stunden-, 38 Stunden-Verträge, aber das ist oft – oft gekoppelt mit den Kundenwünschen. Und da hängen wir uns eigentlich an den kompletten Arbeitsmodelle von Alpha an. (PL, 1830-1836; 1191-1195). 353 passt alles, es gibt heute die sämtlichen Kommunikationsmittel, es gibt ’ne kleine Webcam, da kann man sich hinstellen und man kann ’ne kleine Videokonferenz machen, es gibt Telefon, es gibt E-Mail, e es gibt alles, was man eigentlich benötigt, um vernünftig kommunizieren zu können und deswegen ist es absolut uninteressant, wo einer sitzt. (PL, 1843-1848; 1200-1203). 354 Selbstverständlich, in verschiedenen Bereiche, gerade in Themen, wo mer nit so em sei’s Unter-stützung, Assistenzkräfte, sei’s Qualitätswesen, e es gibt einfach schon Aufgaben, ich red jetzt wieder auf ungarischer Seite, em es gibt Aufgaben, die klar von einer Teilzeitarbeit gemacht werden können. Hier im Haus ham wer sehr viele Teilzeitkräfte, die dann teilweise da sind, weil einfach em für ’ne Vollkraft das zu viel wäre oder e nicht genügend Arbeit wäre, so muss ich sagen, zu viel Zeit wäre, und e aber man braucht ja trotzdem einen festen Ansprechpartner im Team, also das ist alles offen hier bei uns. (PL, 1868-1875; 1215).

Page 367: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 370

Im Gegensatz zum Softwareentwicklungsbereich sind im Ma-nagementbereich bezahlte Überstunden offiziell nicht vorgesehen. Der Projektleiter erzählt, dass die Zahl seiner Überstunden je nach Projektphase schwankt. Auf jedem Fall können die Überstunden zeitlich ausgeglichen werden und jede/r Mitarbeiter/in ist darauf vorbereitet. Darüber hinaus achtet das Management auch darauf, dass die Mitarbeiter/innen nicht so viel arbeiten.355

Die Frage über die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben bringt der Projektleiter in Zusammenhang mit der Arbeitszeitautonomie der Mitarbeiter/innen. Die Mitarbeiter/innen selbst sollen darüber entscheiden, wie sie ihre Arbeits- bzw. Freizeiten gestalten, was der Projektleiter sehr schätzt.356

Nach Meinung des Qualitätsmanagers ist die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben in seiner jetzigen Funktion kein Problem. Das gilt auch für seine Erreichbarkeit für die Firma in seiner Freizeit. In seiner früheren Position als Projektleiter konnte er hingegen „öfters nicht ruhig schlafen“. Als Projektleiter hatte er eine 60-Stunden-Woche, seine aktuellen Arbeitszeiten als Qualitätsmanager liegen im Rahmen seines Vertrages, betragen also an die 40 Wochen-stunden plus einige Überstunden.357 Bei seinen Kollegen bemerkt

Nein, warum sollte es? Also da ist unser Management-(…) jajajaja, da ist unser Management sehr offen, also da is (1884-1886; 1220-1222). 355 die die im Management sitzen, für die gibt’s keine Überstunden, offiziell, unsere Entwickler, d schreiben wer natürlich Überstunden mit, wird dann auch entsprechend ausgezahlt. (PL, 1894-1897; 1229-1232). 356 ja also da wird mer auch gar nichts in n n Weg gelegt, das Management, wie gesagt, das weiß des, und wenn man sagt, ich komm jetzt mal drei Tage nicht. Dann wird die Frage gestellt: Lässt sich das mit dem Projekt vereinbaren, und wenn ich dann noch sag: Ja! Dann wird gar nicht nachgefragt. Sondern dann : „Ok, Tschüß!“ @.@ ja ne is so! Weil sie genau wissen, ich bin nach den drei Tagen auch wieder da und vielleicht arbeit ich dann auch besser, wie wenn ich jetzt noch die drei Tage durchgearbeitet hätte. Also das ist wirklich, also das wird sehr offen gehandhabt bei uns, und das ist auch sehr gut so. Weil dann kann man sich danach richten. Und das kann man alles sehr gut verein-baren, also das also man kann sich seine Freizeit nehmen. (PL, 1934-1949; 1251-1259). 357 ich mein gut mit 40 Stunden kommt ma in der Regel nit aus, son paar Überstunden sind schon drin, aber es ist nit so, dass ma da jetzt den Bogen überspannt, das war früher Mal so, 60-Stunden-Woche, Ist jetzt nicht mehr so, also seit ich das QM [Qualitätsmanagement] mache, isses alles im Rahmen, kann man gut im Rahmen abwickeln, außer ma is ma auf Dienstreise oder so klar, aber da guckt ma nee also des des des is in Ordnung. (QM, 2362-2368; 1234).

Page 368: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

371 Internationale Professionalität

er jedoch individuell verursachte Konflikte bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben: Sie fokussieren sich extrem auf die Arbeit und opfern ihre Freizeit, was „das Geschäft“ seiner Meinung nach nicht erfordert.358

Der Qualitätsmanager betont auch die Eigenverantwortung der Mitarbeiter/innen für die Gestaltung der Arbeitszeiten, die aller-dings mit den Vorgesetzten ausgehandelt werden muss. Aus-gleichsmöglichkeiten für Überstunden gibt es aus seiner Sicht nur inoffiziell,359 genauso wie die Möglichkeit, Sabbaticals zu nehmen. Sie müssen mit den Projektleitern abgesprochen werden, denn es soll zum „Geschäft passen“.

Auf besondere Angebote im Zusammenhang mit der Unterstüt-zung der Vereinbarkeit von Arbeit und Familienleben angespro-chen, meint die deutsche Softwareentwicklerin, dass sie diese An-gebote nicht kennt, weil sie keine Kinder hat.360 Was die Arbeits-zeit betrifft, so hat sie einen 40-Stunden-Vertrag und bisher auch nicht viele Überstunden geleistet, erklärt sie. Allerdings kann sich diese Situation ihrer Ansicht nach zukünftig ändern, wenn sie an-spruchsvollere Tätigkeiten bekommt. Ihr zufolge sind es vor allem die erfahreneren Mitarbeiter/innen, die eher Überstunden leisten.361 Allerdings existiert eine sogenannte „Gleitzeit“, in der alle Mitar-beiter/innen erreichbar sein sollten. Die Überstunden werden aus

358 Gibt’s viele Kollegen, die ham dann mehr Stress, hier bei Alpha 3, die müssen auch außerhalb der Arbeitszeit Gewehr bei Fuß stehen. Also des ist des ist bei mir eigentlich recht human. (QM, 1390-1392; 1238). ich kenn Kollegen, die ham da ’n Problem. Aber manchmal auch persönlich selbst verursacht, dass sie sich da wirklich so reinsteigern in die Arbeit, wie g’sagt, das erfordert ’s Geschäft nicht. (QM, 2407-2410; 1242). 359 Also es gibt da Ausgleichsmöglichkeiten, ja. Aber kein kein offiziellen, dass man sich Überstunden ausbezahlen lässt oder so, ich denke, das ist in den meisten Verträgen ist des ausgeschlossen. (QM, 2377-2380; 1236). 360 [@Da ich keine Kinder habe, kann ich das nicht beurteilen@. (SWE1, 625-626; 371-372 ). 361 [Ähm::::::ja gut also bei mir isses nich der Fall dass ich irgendwie::: was weiss ich wie viele hundert Überstunden habe, aber ähm das ändert sich vielleicht, wenn wenn ich ein::::ja ein na anspruchsvolleres Aufgabenthema bekomm. [Also machen Ihre Kollegen mehr Überstunden? Oder [Die die schon immer mit dabei sind, und dementsprechend auch mehr Erfahrung haben ja. (SWE1, 528-535; 305-309 ).

Page 369: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 372

der Sicht der deutschen Softwareentwicklerin nach zwei Modellen ausgeglichen: Einige Mitarbeiter/innen erhalten die Überstunden bezahlt, während andere, die neu mit einem festen Jahresgehalt eingestellt wurden, solche Überstunden abbauen müssen.362

Bezüglich der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben und konkre-ter im Zusammenhang mit dem Angebot der Firma für Kinderbe-treuung erklärt der deutsche Softwareentwickler, dass es kein An-gebot dieser Form in der Firma gibt.363 Er selbst hat in dieser Hin-sicht oder auch wegen der Erreichbarkeit während seiner Freizeit kein Problem.364 Teilzeitarbeit existiert seiner Meinung nach offizi-ell nicht und er kennt auch niemanden, der sie praktiziert; grund-sätzlich haben alle Mitarbeiter/innen einen 40-Stunden-Arbeitsvertrag.365 Telearbeit ist seiner Beobachtung nach ebenfalls eine ungewöhnliche Arbeitsvariante.366

Der ungarische Softwareentwickler beziffert die durchschnittli-che Arbeitszeit mit etwa neun Stunden täglich. Eine realistische Einschätzung des zeitlichen Aufwands für die Aufgaben ist seiner Ansicht nach sehr schwer, weil immer wieder unerwartete Aspekte im Prozess vorkommen, für die eine Lösung gefunden werden muss. Die Regelarbeitszeit von acht Stunden täglich ist deshalb zu knapp, um die Aufgaben termingerecht zu erledigen.367 Die Ar-

362 [zwei Modelle::, ein ein ’ne (insentiv)-Regelung, wo man die dann ausbezahlt bekommt, die Überstunden, und diejenigen, die ein fixes Jahr das Gehalt haben, die müssen die Stunden halt dann abbauen. (SWE1, 542-544; 313-314). 363 [Also Kinderbetreuung gibt’s nix, da wüßt ich nix, also @kein Betriebskindergarten oder so was ne,@. (SWE2, 1139-1140; 483). 364 [Ich zum Glück nich. [Also gut. Ja. Wenn ich in Urlaub gehe, dann sagt (so Firma schon), lass ma de Telefonnummer da, oder („ kam zum Glück noch nie ’n Anruf “). Ja gut das solchen (.) in solche:: Ebenen sin mer noch @nich aufgestiegen.@ (SWE2, 1071-1080; 446-450). 365 [Ähm: offiziell nicht, aber ich könnt mir och vorstellen, wenn mer zum Chef geht und mit ihm redet, dass der dann ’ne Lösung findet. Aber es is ungewöhnlich; und ich kenne au-niemand, der Teilzeit arbeitet. [Also eigentlich ham mir alle 40-Stunden-Verträge. (SWE2, 1083-1092; 453-459). 366 [Ja das is möglich; Also es is (2) ja gut bei unserm Projekt praktiziert’s ein ((Firma x))-Kollege, der arbeitet so öfter mal von zu Hause aus. (Bei uns den) ((Firma y))-Kollegen isses unüblich¸ aber es is möglich. (SWE2, 1095-1097; 459-461). 367 Arbeitszeit e normalerweise 8 Stunden pro Tag und dann essen wir; das ist zusätzlich eine halbe Stunde, aber würde ich sagen, so eine eine Entwicklungsarbeit bedeutet immer mehr als 8 Stunden, so in 8 Stunden kann man nicht alles machen, was man braucht in einige Themen, so und die deut-

Page 370: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

373 Internationale Professionalität

beitszeit für die ungarischen Mitarbeiter/innen wird in einem „Werkvertrag“ festgelegt, der mit Alpha 3 abgeschlossen wird. Wenn Überstunden entstehen, werden diese erfasst und zur Bezah-lung an Alpha weitergeleitet. Den übermittelten Daten kann Alpha im Endeffekt zwar die Summe der Überstunden entnehmen, nicht aber, woher sie stammen. Den Überblick darüber hat Alpha 3 und damit kann Alpha 3 auch den Zeitaufwand künftiger Projekte bes-ser einschätzen.368 Die Mitarbeiter/innen nutzen sehr gerne die Möglichkeit, Überstunden zu machen, weil sie vergütet werden.369 Die Erreichbarkeit der Mitarbeiter/innen während ihrer Freizeit wird durch die Erfassung von Adressen in einer für alle Mitarbei-ter/innen der Firma zugänglichen Tabelle vereinfacht. Doch der ungarische Softwareentwickler erzählt, dass er noch nie einen An-ruf von der Firma während seiner Freizeit bekommen hat.370 sche Kollegen auch nicht. In unsere Mannschaft Gruppe arbeiten sie mehr als 8 Stunden, weil ein-fach in anderen Fall können wir die Sachen nicht terminlich beendet. (…) Ungarn auch ja. So es ist nicht wegen die Effektivität oder so was. Aber ich würde sagen allgemein, es ist eine Entwick-lungs(sache), so es ist es gibt eine Zeitschätzung, aber es ist immer untergeschätz, weil kommen unerwartete Sachen, also wir sehen nicht in der Zukunft, und dann dann dann passiert etwas immer, was war nicht erwartet. Aber so würde ich sagen 9 Stunden durchschnittlich. (SWE3, 935-951; 446-452). 368 wir sind hier mit Werkvertrag. Und wir haben eine Vertrag mit ungarische Alpha 3 und e dort diese 8 Stunden geregelt, aber wenn so und wir machen unsere Buchungen auch getrennt, wo Al-pha 3 Ungarn hat e eine seine System, was e in diesem man muss e die diese Überstunden einführen und dann e e Ende e Monatsende e wird das verarbeitet und eine Rechnung erstellt und e geschickt nach Alpha. Aber es ist e es ist e ganz e ganz gut detailliert, so wir haben die so hier e die ( Abteilun-gen ), jeder Arbeitspaket hat verschiedene Aufgaben, kleine geteilte Aufgaben und e es gibt eine Buchungsnummer für diese Arbeit, dann wir benutzen die gleiche Buchungskennzeichnungen als hier. Und dann e unsere Rechnungen basiert auch auf diesen e Kontonummern und dann e diese ganze (Armpool ) e -zeiten wird es summiert und dann in diesen Summierung schon gibt es keine Unterschiede, ob e dieser Teil wurden e in Budapest verarbeitet oder in Erlangen, aber in der Ge-samtstundenzahl kann man das auslesen. So in diesm Fall würde ich sagen, ganz gut integriert. So dann die Leitung kann hier ganz gut sehen, was jetzt- so wie viele Aufwand brauchen wir. (SWE3, 955-982; 454-464). 369 ja ja ja ja ja so die Überstunden werden bezahlt. Und das ist eine und deshalb natürlich die Kollegen machen gerne zusätzliche Stunden, weil sie wissen, es wird bezahlt dann. (SWE31003-1005; 474-475). 370 ja es ist es in unserem Pool, gibt es eine Excel( erstell )datei, wo wir haben e unsere Telefonnum-mer gegeben, aber nicht wegen eine Druck oder etwas, einfach so, dass die deutsche Kollegen hat seine e Telefonnummer gegeben, und dann ja – dann warum wir nicht? Aber es ist so so zum Beispiel ich hab kein Anruf bekommen, es ist wirklich, wenn wenn wenn etwas ganz schreckliche Sache passiert. (SWE3, 986-992; 467-468).

Page 371: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 374

III.3.2.3 Zwischenfazit: Internationalisierung der Arbeit und Transformation der Arbeitsorganisation in der Softwareentwicklung

Die Arbeitsorganisationsformen sowohl bei Beta 1 als auch bei Alpha 3 verändern sich in der Folge der Auslagerung von Tätigkei-ten in ausländische Standorte grundlegend. In diesem Transforma-tionsprozess gibt es Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen beiden Unternehmen, die vor allem auf die unterschiedli-che Bindung beider Firmen an ihre Mutterkonzerne sowie auf ihren unterschiedlichen Produktionsfokus und die entsprechenden Expertiseschwerpunkte zurückgehen.

In beiden Firmen sind Geschäftsfelder für die Gestaltung trans-nationaler Arbeitsfelder besonders wichtig. Im Kontrast zum Seg-ment der IT-Dienstleistungen haben Projekte in beiden Software-firmen eine stabile Dauer und etablieren sich als Geschäftsfelder, in denen die Geschäftsfeldleiter/innen von entscheidender Bedeutung für die Definition und Allokation von Tätigkeiten sind.

Unterschiedlich ist allerdings zwischen beiden Firmen die Be-ziehung zu ihren jeweiligen Mutterkonzernen, die ihre Positionie-rung in internationalen Arbeitsfeldern und auch ihre Beschäfti-gungspolitiken prägen. Während die Beziehung zwischen Alpha 3 und dem Mutterkonzern Alpha sehr eng und durch die Rolle von Alpha als Hauptkunde von Alpha 3 gekennzeichnet ist, ist Beta 1 unabhängiger vom Mutterkonzern Beta und hat unterschiedliche Kunden aus verschiedenen Bereichen auch jenseits der IT-Branche. Alpha 3 ist in Alphas internen Arbeitsmarkt eingebettet. Damit sind die Organisationsgrenzen von Alpha 3 deutlicher als die von Be-ta 1, die nicht auf Betas Regeln und Ressourcen angewiesen ist.

Wegen des akuten Fachkräftemangels in Deutschland prakti-zieren beide Unternehmen eine expansive Beschäftigungspolitik auf der Basis der Arbeitstransformation und nicht der Beschäfti-gung (Benner 2002). Dementsprechend wollen beide Firmen aus-ländische Mitarbeiter/innen langfristig integrieren, um auf die In-

Page 372: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

375 Internationale Professionalität

novationsanforderungen des Marktes reagieren zu können. Den-noch sind die Entscheidungsspielräume über die Integrationsform in beiden Firmen unterschiedlich. Beta 1 verfügt über mehr Spiel-raum, Tätigkeiten selbst zu definieren und sie in der Praxis zu or-ganisieren. Damit kann das Unternehmen selbstständiger seinen Zuständigkeitsraum und die „Ligations“ zwischen Arbeit und Raum gemeinsam mit den Experten/innen gestalten als Alpha 3, das eng mit dem organisationalen Feld von Alpha verbunden ist.

Nach der Typologie von Morgan und Quack (2005) kann Al-pha 3 als ein Beispiel für eine hierarchisch kontrollierte internatio-nale Firma bezeichnet werden. Zwar werden Arbeitsprozesse in den Alpha 3-Firmen in Deutschland und im Ausland standardisiert, die ausländischen Tochterfirmen behalten aber dennoch ihren nati-onalen Status nicht zuletzt weil Alpha 3 für seine geplanten Markt-expansion eine kontextualisierte Expertise benötigt. Die hierarchi-sche Kontrolle der ausländischen Standorte von Deutschland aus wird vor allem mit einer größeren Kundennähe legitimiert. Auf dieser Basis ist Alpha 3 Deutschland in der Lage, die Tätigkeitsde-finitionen für internationale Projekte durchzusetzen und damit auch über die Allokation solcher Tätigkeiten und die Ressourcen für die Arbeitspraxis zu entscheiden. Wie sich besonders im Fall der unga-rischen Tochterfirma zeigt, behalten die ausländischen Mitarbei-ter/innen aber gleichzeitig ihren Expertenstatus, weil sie über eine spezielle Expertise verfügen, die bereits beim Kunden Alpha be-kannt und anerkannt war, bevor Alpha 3 existierte. Auch die Ar-beitsregeln in der Form von Qualitätsstandards bei Alpha 3 stam-men aus der ungarischen Tochterfirma, die damit eine zentrale Po-sition in der Organisation der Arbeitspraxis und ihrer Legitimie-rung einnimmt. Mit dem gezielten Aufbau von Arbeitskapazitäten in Deutschland versucht Alpha 3, gegenüber Alpha unabhängiger von den ausländischen Tochterfirmen zu agieren. Der Fachkräfte-mangel in Deutschland verhindert aber eine solche Strategie. Die Durchsetzung einheitlicher Qualitätsstandards in allen Standorten

Page 373: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 376

von Alpha 3 stellt in dieser Hinsicht eine Strategie zur Verstärkung seiner Machtposition im Arbeitsfeld dar. Durch die künftige Ex-pansion der Firma in ausländischen Märkten werden weitere Schnittstellen entstehen, die Alpha 3 Deutschland von seiner Ver-mittlerposition gegenüber Alpha aus weiter in das Arbeitsfeld in-tegrieren und durch Weiterbildung etablieren kann. Wie Morgan und Quack (2005) in ihrer Typologie dargelegt haben, können da-mit zum einen langfristig Trainingskosten durch die Sozialisation junger Mitarbeiter/innen in den Arbeitsregeln und -standards einge-spart werden. Zum anderen wird damit gleichzeitig der Versuch unternommen, die Expertise nicht in den Händen der neuen jungen Mitarbeiter/innen zu belassen, sondern in „zertifizierter“ Form im Konzern zu integrieren. Nach Morgan und Quack (ebd.) suchen international hierarchisch kontrollierter Firmen weitere Kunden, um den potenziellen Profitverlust bei standardisierten Lösungen zu bremsen. Im Kontrast hierzu bemüht sich Alpha 3 um neue Schnitt-stellen im internen Alpha-Markt, um Alpha interne Dienstleistun-gen anzubieten und seine Position zu sichern. In diesem Sinne ist Alpha 3 eher eine IT-Dienstleistungsunternehmen, auch wenn sein Produktionsschwerpunkt in der Softwareentwicklung liegt. Eine solche Positionierung von Alpha 3 hat auch Konsequenzen für sei-ne berufliche Struktur, denn es benötigt vor allem technische Ex-perten/innen mit Managementfähigkeiten, um internationale Schnittstellen zu koordinieren und zu harmonisieren. Auch wenn technische Expertise als Karriereoption beibehalten wird, um ex-terne Abhängigkeiten zu vermeiden und potenzielle Experten/innen an das Unternehmen zu binden, wird bereits bei der Rekrutierung an das Managementpotenzial der Kandidaten/innen gedacht. Somit können sie sich einfacher und widerstandsloser an die berufliche Transformation anpassen, die die Spezialisierung auf die Kontrolle internationaler Schnittstellen im internen Alpha-Markt mit sich bringt. Auch die deutschen Softwareentwickler/innen, die ihre Ex-pertise bei Alpha 3 bereits aufgebaut haben, spüren einen solchen

Page 374: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

377 Internationale Professionalität

Druck, sich als Manager zu orientieren. Indem sie beispielsweise Informationen zurückhalten, versuchen sie, ihre Zuständigkeitsge-biete zu schützen und mit ihrer habitualisierten Expertise weiterar-beiten zu können, um sich diesem Druck zu entziehen. Schon jetzt sollen sie immer mehr koordinatorische Aufgaben übernehmen, wofür sie aber auf jeden Fall ihre technische Expertise benötigen. Grundsätzlich wird der Verbleib von Softwareentwickler/innen in spezialisierten Gebieten trotz des Drucks zur beruflichen Trans-formation durch die Etablierung eines technischen Karrierereweges ermöglicht. Damit können solche Mitarbeiter/innen als Reserve-Fachkräfte genutzt werden.

Die Expertise solcher Reserve-Fachkräfte bezieht sich nicht exklusiv auf informatische Qualifikationen und Erfahrungen, son-dern auch auf Arbeitsfelderfahrungen, die einen gesamten Über-blick über Arbeitspraktiken und -regeln im Arbeitsfeld der Alpha-Softwareentwicklung ermöglichen. Die technische Qualifikations-basis verliert damit nicht ihre Relevanz, im Gegenteil, sie wird im-mer wichtiger und soll umfassender werden, denn die Alpha 3-Softwareentwicklungsmanager müssen internationale technische Entwicklungsprozesse verstehen und qualitätsgemäß beurteilen, koordinieren, kommunizieren und verbessern. Die Kontrolle dieser Expertise ist weder ausschließlich in der Organisation bzw. bei Alpha oder Alpha 3 noch exklusiv bei den Experten/innen angesie-delt. Die Expertise wird vielmehr durch die Entwicklung von Qua-litätsmanagementsystemen, die die Arbeitspraxis formell regeln, und durch zertifizierte Weiterbildung organisationell kontrolliert. Beide Kontrollinstrumente sollen aber aufgrund des Innovations-drucks auf dem Markt auf der Grundlage von Projekterfahrungen weiterentwickelt werden. Die Softwareentwicklungsmanager sollen gerade dadurch dazu beitragen, dass sie die Mitarbeiter/innen im Arbeitsfeld zur Kodifizierung des Wissens motivieren.

Die Expertiseanforderungen bei Alpha 3 beziehen sich nicht nur auf Alpha-Wissensvorräte, sondern auch auf das spezifische

Page 375: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 378

Wissen in den Arbeitsfeldern, das die Mitarbeiter/innen durch die selbstständige Suche nach Weiterbildung erweitern sollen. Auf solchen transnationalen Arbeitsfeldern konkurrieren die deutschen und ausländischen Mitarbeiter/innen miteinander, und deswegen nehmen Softwareentwickler/innen Kooperationen mit neuen aus-ländischen Tochterfirmen als bedrohlich wahr. Auch wenn im Sin-ne von Morgan und Quack (ebd.) Anreize für solche Exper-ten/innen in Form von Karriereoptionen existieren, sind diese eher für eine kleine Elite gedacht. Die Habitualisierung der deutschen Softwareentwickler/innen in der „kreativen, künstlerischen“ Kultur der Informatik (Aneesh 2004; 2009; Ensmenger 2003; Braukowitz/Boes 2001; Himannen 2001; Castells 2003; Ruiz Ben 2005) hat für diese Mitarbeiter/innen eine stärkere Identifikations-kraft als die organisatorischen Anreize. Dennoch denken die Soft-wareentwickler/innen nicht an einen Ausstieg aus der Firma. Durch ihre privilegierte Nähe zum Kunden, die es ihnen ermöglicht, Ar-beitsregeln flexibler zu interpretieren, versuchen sie, ihre Position als Softwarespezialisten/innen im Arbeitsfeld als „Alphaianer“ zu behalten. Im Kontrast dazu orientieren sich die Softwareentwick-ler/innen in Ungarn eher auf die organisatorischen Arbeitsregeln und suchen die interne Anerkennung ihrer Arbeit im Alpha-Arbeitsfeld.

Technisch basierte Expertise ist demnach eine zentrale Kom-ponente gemischter Professionalität in Alpha 3. In der Folge exis-tieren die klassischen Zugangsbarrieren für Frauen auch in dem internen Alpha 3-Arbeitsfeld, denn Frauen haben seltener als Män-ner eine formelle Qualifikation in der Informatik. Auch wenn so-ziale und interkulturelle Kompetenzen sehr wichtige Bestandteile gemischter Professionalität in Alpha 3 sind, werden sie immer als komplementär zu einer hohen Basisqualifikation in der Informatik bewertet und sind allerdings durch Weiterbildung schlimmstenfalls kompensierbar. Expertise und Leistungsbereitschaft sind die wich-tigsten Kriterien für den Karriereaufstieg in Alpha 3. Vor allem

Page 376: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

379 Internationale Professionalität

aber ist der formelle technische Bestandteil der Expertise entschei-dend. Doch der Fachkräftemangel und der Marktdruck führen zu niedrigen Rekrutierungsquoten und zu einer Intensivierung der Arbeit für die Experten/innen. Personen, die Teilzeitarbeit oder temporäre Auszeiten in Anspruch nehmen, gehen in dieser Situati-on ein hohes Risiko ein, in stagnierenden Bereichen des Arbeitsfel-des zu bleiben.

Beta 1 hat mehr Spielraum als Alpha 3, um Arbeitsfelder un-abhängig vom Mutterkonzern zu gestalten, auch wenn Beta teilwei-se Ressourcen für bestimmte Beta 1-Projekte zur Verfügung stellt. Nach der Typologie von Morgan und Quack (2005: 302) kann Be-ta 1 als ein kollegial koordiniertes internationales Unternehmen bezeichnet werden, das aber nicht alle Charakteristika dieses Typus erfüllt. Firmenbeteiligung ist bei Beta 1 nicht vorgesehen. Beta 1 hat seine Internationalisierung mit der Gründung eines sogenannten „Branch office“ in Polen begonnen. Wie es nach Morgan und Quack für diesen Unternehmenstypus charakteristisch ist, investier-te Beta 1 vor dem Internationalisierungsprozess wenig in Weiter-bildungssysteme und verließ sich eher auf die Professionalität sei-ner Belegschaft, die grundsätzlich selbst ihre Weiterbildung aus-suchte, auch wenn sie mit Vorgesetzen diskutiert werden musste und von der Firma finanziell gefördert wurde. Durch die Interna-tionalisierung der Arbeit im Unternehmen mussten Tätigkeiten bzw. „Arbeitspakete“ genauer definiert werden, um die Allokation von Arbeit im Ausland zu ermöglichen und auch den Arbeitsablauf präzise festzulegen. Qualitätsmanagementsysteme wurden eigens entwickelt und implementiert, um die Arbeitspraxis zu koordinie-ren, aber auch um eine Grundlage für die Messung der Arbeitsleis-tungen der Mitarbeiter/innen in den jeweiligen Standorten zu schaf-fen. Die Arbeitsorganisation bei Beta 1 hat sich also in einer ähnli-chen Art und Weise gewandelt, wie Morgan und Quack sie als ty-pisch beschreiben. Doch der „Machtverlust des individuellen natio-nalen Partners“, den sie prognostizieren, ist im Fall von Beta 1

Page 377: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 380

nicht so deutlich. Die Macht des ausländischen Partners von Beta 1 kann sogar zunehmen, je stärker er in den Arbeitsfeldern von Be-ta 1 involviert ist und je wichtiger seine Expertise dabei wird. Da-rüber hinaus sind Experten/innen in osteuropäischen Arbeitsmärk-ten international nachgefragt, was ihre Position im Arbeitsfeld zu-sätzlich verbessert. Das Unternehmen muss also Anstrengungen unternehmen, um die Ansprüche ausländischer Experten/innen zu erfüllen. Weiterbildung und Karriereoptionen sind Mechanismen, die die Firma verwendet, um die Experten/innen und ihre Expertise in ihrem Arbeitsfeld zu halten. Aber auch Qualitätsstandards die-nen in der internationalen Arbeitspraxis als Quelle der Anerken-nung und damit als Orientierung für ausländische Mitarbei-ter/innen, um sich mit den deutschen Kollegen zu vergleichen. So müssen sie sich nicht als „Mitarbeiter zweiter Klasse“ fühlen, wie eine polnische Softwareentwicklerin in der Gruppendiskussion kommentierte.

Im Unterschied zu Alpha 3 ist bei Beta 1 die sogenannte „Fachlaufbahn“, die von Managementfunktionen vollständig ent-koppelt ist, gleichwertig mit der „Linienlaufbahn“. Den Druck, Softwareentwickler/innen auf die Laufbahn der Softwareentwick-lungsmanager/innen zu bewegen, gibt es bei Beta 1 nicht. Darüber hinaus ist die Expertise bei Beta 1 weder zertifiziert noch für ex-klusive Felder geschützt. Im Gegenteil, gerade das Wissen, das die Experten/innen außerhalb des Unternehmens erwerben können, ist für die Expertiseanerkennung von wesentlicher Bedeutung, speziell in der „Fachlaufbahn“ bei Beta 1. Ein zentraler Bestandteil der Ex-pertise in dieser „Fachlaufbahn“ ist der Austausch mit Fach-communities jenseits des organisationalen Feldes, ähnlich wie Morgan und Quack (2005: 237) es in ihrer Typologie für kollegial koordinierte Firmen beschreiben. Sie korrespondiert mit der Exper-tise der von Schön (1983) so genannten „reflektierten Praktiker“. Dabei wird den Experten/innen Spielraum für die Wissensentwick-lung belassen. Von den Experten/innen bei Beta 1 wird erwartet,

Page 378: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

381 Internationale Professionalität

dass sie Wissen aus ganz unterschiedlichen Quellen beziehen und dieses in die Arbeitspraxis und auch in die Entwicklung der Orga-nisation einbringen. So sind beispielsweise Beta 1-Experten/innen direkt an der Entwicklung von Qualitätsstandards beteiligt. Ein solches partizipatives Arbeits- und Wissenskontrollmodell trägt dazu bei, dass sich die Mitarbeiter/innen aus den jeweiligen Stan-dorten stark mit den Projekten ihres Arbeitsfelds identifizieren, weil sie sich dadurch als Experten/innen und nicht nur als Soft-warespezialisten/innen sehen. Auch Experten/innen aus anderen Unternehmen werden immer wieder von Beta 1 für neue Projekte eingestellt, wenn sie in einem solchen offenen Arbeitsfeld tätig sind. Ihre professionelle Identität suchen die Beta 1-Experten/innen in einem solchen offenen Arbeitsfeld und nicht wie die Beschäftig-ten von Alpha 3 im internen (Alpha-)Arbeitsmarkt. In solchen Ar-beitsfeldern wird die „kreative künstlerische“ Kultur der Informatik gepflegt und durch Mitgliedschaft in Foren wie der akademisch ausgerichteten GI unterstützt.

Genauso wie bei Alpha 3 ist auch in Beta 1 die technische Ex-pertise Voraussetzung für den Einstieg in das Unternehmen. Durch den engen Kontakt mit Universitäten sowohl in Deutschland als auch in Polen rekrutiert Beta 1 Nachwuchskräfte aber viel gezielter und langfristig effektiver: Die Experten/innen kennen sich seit den Studien- und Praktikazeiten in der Firma. Dadurch bestehen starke emotionale Verbindungen untereinander, die dazu beitragen, dass die Mitarbeiter/innen auch nach einem Wechsel zu anderen Unter-nehmen im Arbeitsfeld immer wieder zu Beta 1 zurückkehren, um erneut mit den ehemaligen Kollegen/innen zusammenzuarbeiten.

Wie schon im Fall von Alpha 3 ist die technische Qualifikation speziell in der Informatik und im speziellen technischen Arbeits-feldwissen die erste Barriere für den Zugang von Frauen zu Beta 1. Die Firma wirbt zwar gezielt um Informatikerinnen aus den Hoch-schulen anzuwerben, der Erfolg dieser Bemühungen ist aber wegen des akuten Fachkräftemangels auch und gerade in der Informatik

Page 379: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 382

begrenzt. Bei Beta 1 in Deutschland existieren Familienbe-treuungsmöglichkeiten, aber auch die in der Firma praktizierte so-genannte Arbeitszeitflexibilität wird als förderlich für eine gelin-gende Balance zwischen Arbeit und Leben betrachtet. Im Unter-schied zu Alpha 3 besteht außerdem die Möglichkeit, Teilzeit in Anspruch zu nehmen. In ausländischen Standorten von Beta 1 hin-gegen kann nur die Arbeitszeitflexibilität genutzt werden, um Fa-milie und Beruf besser zu koordinieren. Genauso wie bei Alpha 3 ist die Belegschaft in den Offshorebereichen noch sehr jung und hat noch keinen Bedarf an Familienbetreuungsmöglichkeiten geltend gemacht.

Das Professionalitätsmodell in Beta 1 lässt sich als internatio-nale reflektierte Professionalität bezeichnen. Die Experten/innen identifizieren sich mit einem transnationalen Arbeitsfeld, das offen ist und in dem sie Erkenntnisse und Erfahrungen aus Projekten und verschiedenen Wissensquellen für die Entwicklung ihrer eigenen Expertise und der Dienstleistungsqualität im Arbeitsfeld nutzen sollen. Das Arbeitsfeld, das die Firma und die Experten/innen durch ihren Beitrag bei der Expertiseentwicklung aus unterschied-lichen Quellen gemeinsam in der täglichen internationalen Projekt-arbeitspraxis mitgestalten, ist die professionelle Identitätsquelle.

Im Hinblick auf ihre Geschlechterkultur können sowohl Beta 1 als auch Alpha 3 dem Typus „reflexive-egalitäre“ Unternehmen (vgl. Funder 2006: 203) zugeordnet werden. Expertise steht in bei-den Fällen im Vordergrund und vor allem bei Beta 1 existieren darüber hinaus gezielte Maßnahmen, um Geschlechterasymmetrien abzubauen. Zwar gibt es in beiden Unternehmen auch Frauen in Führungspositionen; dennoch lässt sich sowohl eine horizontale wie auch eine vertikale Segregation entlang der Kategorie Ge-schlecht feststellen, die sowohl mit der spezifischen informatischen Prägung der Expertise als auch mit der Arbeitsintensivierung in hohen Karrierepositionen zusammenhängt.

Page 380: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

383 Internationale Professionalität

III.3.3 Produktionsfeld Telekommunikation

III.3.3.1 Alpha 1: Substitutive internationale Beschäftigungspolitik

Alpha 1 ist ein Joint Venture einer ehemaligen Sparte des Informa-tions- und Kommunikationsbereichs von Alpha, das im Jahr 2007 geschlossen wurde. Aktuell gehört Alpha 1 zusammen mit zwei anderen multinationalen Unternehmen zum Bereich der strategi-schen Gleichinvestitionen von Alpha. In seiner Selbstdarstellung im Internet präsentiert sich Alpha 1 als führender „Ermöglicher“ von Kommunikationsdienstleistungen mit Telekommunikationsan-geboten sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk. Das Unter-nehmen ist in 150 Ländern aktiv und beschäftigte im Jahr 2007 über 60.000 Mitarbeiter/innen weltweit.

Vor der großen Umstrukturierung bei Alpha im Jahr 2006 ge-hörte Alpha 1 zusammen mit Alpha 2 zum Bereich Information und Kommunikation von Alpha. Telefone, Telefonanlagen, Netzaus-stattung, Funkprodukte waren unter anderem die Hauptprodukte, die in diesem Bereich hergestellt wurden; damit erwirtschaftete Alpha 2005 24% seines Umsatzes.

Durch die tief greifenden Umwälzungen in der Telekommuni-kationsbranche befindet sich der Bereich in den letzten Jahren in einem ständigen Umstrukturierungsprozess. So wurden zum Bei-spiel im Jahr 2004 die Festnetz- und Mobilfunksparte zusammen-geschlossen, um den rasanten Entwicklungen und technologischen Veränderungen in der Telekommunikationsbranche Rechnung zu tragen. Doch im Jahr 2005 zeigte die zusammengeschlossene Al-phasparte eine Negativbilanz, die zu neuen Umstrukturierungen führte. Zusätzlich fielen Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung im Zusammenhang mit neuen Technologiefeldern wie Voice-over-IP, die sogenannte dritte Generation Mobilfunk und Home-Networking an (Geschäftsabschluss 2005: 4).

Page 381: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 384

Alpha 1 teilt sich in die Bereiche Übertragung, Betrieb, Draht-lose Module sowie Alpha Heim- und Büro-Kommunikationsmittel. Diese Unternehmensbereiche sind jeweils selbstständige rechtliche Einheiten.

Organisatorisch gibt es vier Vorstände, die nach geografischen Bereichen aufgeteilt sind und alle organisatorischen Einheiten (Mobile Netzwerke, Festnetz, Übermittlung, Unternehmenssysteme und -services sowie drahtlose Module) in ihrem jeweiligen Bereich leiten. Auf der Ebene darunter sind die funktionalen Einheiten an-gesiedelt (Kern-Übertragungsentwicklung, Beschaffungskette (supply chain), Übertragungsnetzwerke, Verkauf des Firmenberei-ches. Dann folgen die zentralen Funktionen und die lokalen Fir-men. Quer dazu liegt Alpha Home and Office Communication De-vices als rechtlich selbstständige Einheit.

Der Umsatz von Alpha 1 ist zwischen 2004 und 2005 gestie-gen. Speziell der Fertigungs- und Produktionsbereich von Alpha 1 war von Kürzungen und Arbeitsplatzabbau betroffen.

Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis bei Alpha 1

Bei Alpha 1 werden Tätigkeiten bereits seit geraumer Zeit ausgela-gert. Im Zusammenhang mit übergreifenden Standardisierungsplä-nen des Konzerns und der Suche nach günstigen Ressourcen, die insbesondere die Sparte Telekommunikationen betreffen, hat diese Tendenz jedoch deutlich zugenommen. Nach einer Entscheidung des Managements, das Unternehmen zunehmend zu internationali-sieren, wurde im Rahmen eines Organisationsprogramms festge-legt, dass 30% der Projekttätigkeiten im Ausland erledigt werden sollten.

Darüber hinaus spielen die Kunden/innen eine wichtige Rolle bei der Festlegung des Offshoringanteils in den konkreten Projek-ten, denn häufig fragen sie ausdrücklich danach. Der Personalver-antwortliche weist darauf hin, dass die Offshoringanteile nicht groß

Page 382: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

385 Internationale Professionalität

sind, aber immer häufiger nachgefragt werden. Je größer das Aus-lagerungspaket ist, desto höher ist die Ebene in der Organisations-hierarchie, auf der die Entscheidung darüber getroffen wird. Die Auslagerung von Tätigkeiten bedeutet auch, dass bestimmte Ent-wicklungsfunktionen in Deutschland nicht mehr vertreten sind.371 Das Unternehmen strebt eine massive Auslagerung von Tätigkeiten an, vor allem im Softwareentwicklungsbereich, bei Dienstleistun-gen und administrativen Tätigkeiten sowie in der Produktion. Im Softwareentwicklungsbereich sind speziell die Produktentwicklung und der Produkttest betroffen, insbesondere in frühen Teststufen-phasen.

2005 hat Alpha 1 zum ersten Mal eine umfangreiche Auslage-rung von Tätigkeiten ins Ausland vorgenommen: Mehrere hundert Mitarbeiter/innen wurden zu einem finnischen Entwicklungsdienst-leister transferiert.

Der Personalverantwortliche erklärt, dass es bei Alpha auf Un-ternehmensebene immer schon Zukauf und Ausgliederungen von Firmen gegeben hat. Auch bei Alpha 1 kam es immer wieder zu Auslagerungen von einzelnen Funktionen oder bestimmten Aufga-ben. Für die Auslagerung von Entwicklungstätigkeiten in Niedrig-lohnländer gibt es bestimmte Messwerte, die für die Kostenposition des Unternehmens sehr wichtig sind. Diese Messwerte sind je nach Geschäftsbereich unterschiedlich. Derzeit wird Softwareentwick-lung beispielsweise nach Indien, Polen, Ungarn und Portugal trans-feriert. Auch in der Hardwareentwicklung werden Tätigkeiten aus-gelagert.372

371 Es sind in der Regel für bestimmte Produktlinien bestimmte Entwicklungsfunktionen nicht mehr da. (PV Alpha 1, 1044-1045). 372 Und es gibt einen ständig steigenden Anteil an ähm Entwicklungstätigkeiten in Niedriglohnlän-dern. Der wird auch gemessen und äh der muss auch bestimmten Grenzwerten genügen. Weil ansonsten eben ähm unsere Kostenposition zu hoch ist. I: Und wie hoch sind die Grenzwerte ungefähr? Können Sie das sagen? PV: Das sind je nach Geschäftsgebiet unterschiedlich. Aber es sind äh zwischen ähm 40 60 äh aber ähm bis zu halbe halbe etwa. (PV Alpha 1, 759-769).

Page 383: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 386

Dem Personalverantwortlichen zufolge „vermischen“ sich die Auslagerungskriterien heutzutage. Früher betraf die Auslagerung vor allem Programmiertätigkeiten. Mittlerweile werden beispiels-weise auch Projektmanagementtätigkeiten ausgelagert, wenn auch (noch) nur vereinzelt. Vorbereitende Tätigkeiten werden ebenfalls ausgelagert, während Steuerungsfunktionen „im Unternehmen“ verbleiben. Die Ausgliederung von Callcentern bezeichnet er als „klassisch“.373

Outsourcing versteht der Personalverantwortliche als Auslage-rung unter Beteiligung von Drittdienstleistern. Interne Auslagerun-gen in andere Firmeneinheiten sind eine sehr häufige Praxis in der Organisation und haben bei Alpha schon immer stattgefunden, da Alpha von Anfang an stark globalisiert war.374 Der Aufbau stabiler ausländischer Organisationseinheiten ist aus der Sicht des Perso-nalverantwortlichen eine Stärke von Alpha.

Eine massive Auslagerung von Arbeitsplätzen hat nach Mei-nung des Personalverantwortlichen nicht gegeben, sondern eher eine Verstärkung im Jahr 2000, die vor allem Entwicklungstätig-keiten im Soft- und Hardwarebereich betrifft. Derzeit stagniert sei-ner Ansicht nach aber die Auslagerungstendenz, die zwischen 40% im Inland und 60% im Ausland geschieht, auch wenn es sehr ge-schäftsabhängig ist. Den Grund für diese Stagnation sieht der Per-

373 Mhmmm also sagen wir mal, die Kriterien vermischen sich gerade so’n bisschen. Früher waren’s reine Programmiertätigkeiten. Ähm heute sind’s sogar auch manche Projektmana-gement äh Themen aber noch vereinzelter. Und ähm in der Regel kann man schon sagen natürlich die Steuerungsfunktionen bleiben weitgehend im Unternehmen. Vorarbeitende Tätigkeiten werden augegliedert. Daneben gibt’s natürlich so die klassischen Ausgliederungen. Also Callcenter. (PV Alpha 1, 793-808). 374 outsourcing machen wir natürlich nicht in eine Landesorganisation rein, sondern wir reden jetzt von outsourcing nur, wenn wir Drittdienstleister betreffen. Ja ansonsten wenn wir nach ins Ausland verlagern, hätte ich das jetzt nicht oursourcing genannt. I: Ah ja dann ist das eher so’n internes? PV: Nö, das ist einfach ein Verlagern in andere ähm in andere Firmeneinheiten. Ne (PV Alpha 1, 836-846).

Page 384: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

387 Internationale Professionalität

sonalverantwortliche in der Schaffung vieler Steuerungsfunktionen, die in den Funktionsbereichen benötigt werden.375

Die Mitarbeiter/innen, die in Offshoringprojekten arbeiten müssen bzw. deren Tätigkeiten ausgelagert werden, erhalten eine Zusicherung, dass sie bis zum Ende des Projekts bleiben können. Auf der Projektleitungsebene haben die Aufgabengebiete einen internationalen Charakter und dementsprechend werden die Füh-rungsstrukturen gestaltet und die Qualifikations- und Fähigkeitsan-forderungen festgelegt. Diese Anforderungen betreffen Sprach-kenntnisse, Mobilitätsbereitschaft und ein „Kommunikationsver-halten über unterschiedliche Zeitzonen hinweg“.376 Die Mitarbei-ter/innen bzw. die Stellen, die von Umstrukturierung bzw. von Auslagerungsprozessen betroffen sind, werden stufenweise abge-baut.

Aus der Sicht des Personalverantwortlichen geht mit der Aus-lagerung von Tätigkeiten die Entwicklung neuer Profile ganz deut-lich vor allem im Entwicklungsmanagement und in der Fertigungs-steuerung einer. Das heißt, dass immer mehr Spezialisten für den Transfer von Technologien zu anderen Standorten und „Fabriken“, aber auch im Qualitätsmanagementbereich auf internationaler Ebe-ne bzw. für die Koordination von verschiedenen Standorten bezüg-lich Qualitätsstandards benötigt werden. Auch im Vertriebsbereich werden zusätzliche Fachkräfte gebraucht.377 Grundsätzlich bleiben

375 Wir haben auch ’ne Spanne von. Also ich schätze mal, dass es bis zu einem gewiss- gewissen Level geht. Der liegt so etwa bei 40 60. Also 40 Prozent Inland 60 Prozent Ausland. Und dass es dann zum Stagnieren kommt. Ja weil Sie jetzt dann im deutschen Unternehmen im deutschen Großun-ternehmen weil Sie eben in der Regel die Leitungsfunktionen hier noch im Land haben. Und äh damit auch viele Steuerungsfunktionen in den Funktionsbereichen brauchen. (PV Alpha 1, 892-906). 376 natürlich wird das Aufgabengebiet internationaler schon auf der Projektleiterebene. Ne. Und das betrifft fachliche Anforderung, das betrifft Sprachkenntnisse, das betrifft Reisetätigkeit und Mobilität. Das betrifft mhm Kommunikationsverhalten über unterschiedliche Zeitzonen hinweg. Und äh das betrifft auch äh Führungsstrukturen. (PV Alpha 1, 1122-1130). 377 Ja. Im im Entwicklungsmanagement ganz deutlich. In der Vertriebstätigkeit auch. Und in der Fertigungssteuerung auch. Ja das sind eben vor allen Dingen ähm auf der einen Seite äh zum Bei-spiel Spezialisten für den Transfer von Technologien und andere Standorte und Fabriken. Ja. Auf der anderen Seite sind das ähm äh Leute, die zum Beispiel neben Qualitätsmanagement international koordinieren. Ähm oder die Vertriebsaktivitäten koordinieren. (PV Alpha 1, 1199-1215).

Page 385: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 388

anspruchsvolle Tätigkeiten sowie Projektleitung und Tätigkeiten mit direktem Kundenkontakt in Deutschland oder auch in Öster-reich.378

Der Bereichsleiter nennt Kostenreduktion als wichtigsten Grund für die Auslagerung von Tätigkeiten. Um den Projektpreis in Grenzen zu halten, werden ihm zufolge Programmierungsanteile dann ausgelagert, wenn sie so kompliziert sind, dass ihre Durchfüh-rung in Deutschland zu teuer werden würde.

Art und Umfang der auszulagernden Tätigkeiten wie auch die Eigenschaften der Zielstandorte stellen die wichtigsten Kriterien für die Auswahl des Auslagerungsortes dar. Dabei ist entscheidend, wie die Kultur des Standortes wahrgenommen wird, denn es wird erwartet, dass die Mitarbeiter/innen in den ausländischen Standor-ten „genauso wie in Deutschland“ offen Fragen stellen, wenn es Probleme im Arbeitsprozess gibt. Um potenzielle Probleme mög-lichst von vornherein zu vermeiden, werden die auszulagernden Tätigkeiten so genau wie möglich definiert. Dafür spielen die Qua-litätsstandards eine entscheidende Rolle, wie der externe Berater bemerkt. Darüber hinaus wird auch erwartet, dass die Mitarbei-ter/innen in ausländischen Standorten nicht nur die deutsche Kultur kennen und schätzen, sondern auch, dass sie sehr engagiert arbeiten und Kenntnisse mitbringen, die in Deutschland schwer zu finden sind. Vor allem gegenüber osteuropäischen Mitarbeiter/innen be-steht eine entsprechende Erwartungshaltung. Tochterfirmen in Ös-terreich übernehmen hier eine Brücken- bzw. Schnittstellenfunkti-

378 , ich denke aus meiner Erfahrung, das ist eine Frage (2) e (2) eine Frage der Zeit. E am Anfang fängt das ganz sicher an mit ganz einfachen Tätigkeiten und die werden ausgelagert, und e danach werden auch e grundlegende Tätigkeiten in e ins Ausland dann ausgelagert am, was aber (2) am Ende dann zurückbläibt ist noch immer die Projektleitung und e Budgethoheit und e die Sachen bleiben in der Regel, wobei es natürlich hier auch dann Bes(serung) gibt, auch diese Sachen mit der Zeit auszulagern, aber die blaiben zunächst ein mo im Stoammhaus und em Teilprojektleitungen werden schon verlagert, wenn man die Gesamtprojektleitung, TLM-Tätigkeiten also, die man direkt mit dem Kunden Kontakt hat also wenn man direkt mit dem Kunden Kontakt hat, bleiben im Stamm-haus, glaub ich. (BL, 55-69).

Page 386: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

389 Internationale Professionalität

on,379 denn sie haben wegen der geografischen Nähe bereits häufi-ger informelle Kontakte und längere Erfahrungen in der Zusam-menarbeit mit osteuropäischen Ländern.

Projektmanagement hat in diesem Prozess an Bedeutung ge-wonnen. Diese zunehmende Wichtigkeit wird jedoch nicht in Zu-sammenhang mit der Internationalisierung der Informationsarbeit gebracht, sondern eher als allgemeine Entwicklung in der IT-Branche gesehen, die eine massive Delegierung von Tätigkeiten an Projektmanager und eine allgemeine Abnahme von Entscheidungs-kompetenz mit sich bringt, sodass Linienfunktionen davon entlastet wurden. Darüber hinaus weist der Personalverantwortliche darauf hin, dass niedrig qualifizierte Tätigkeiten aufgrund der technischen Standardisierung abgebaut wurden, was mit einer zunehmenden Akademisierung der Belegschaft und einer allgemeinen Transfor-mation der Gehaltsstrukturen einhergeht.380

Die Projektarbeitspraxis der Softwareentwickler/innen und Projektleiter/innen hat sich insofern verändert, als die Kommunika-tion nicht mehr direkt und unvermittelt, sondern mit Unterstützung von Informations- und Telekommunikationstechnologien stattfin-det, was öfters zu Missverständnissen und Zeitverzögerungen in Projekten führt. Die Kommunikation ist außerdem durch Interkul-turalität geprägt und die englische Sprache bekommt damit einen vorrangigen Stellenwert. Darüber hinaus sollen die Tätigkeiten immer stärker formalisiert und durch verschiedene Projektmanager an den Schnittstellen der Arbeitsprozesse koordiniert werden. Denn auch wenn häufig davon ausgegangen wird, mithilfe der Nutzung von technischen Infrastrukturen ließen sich international verteilte Arbeitsprozesse einfach koordinieren, treten immer wieder uner- 379 also da sind- muss ich schon sagen, die Österreicher ganz gut und auch sehr ähm pragmatisch und innovativ, muss man schon sagen, also für Alpha-Verhältnisse sind die da schon ziemlich offen, die ham sich auch sehr vorwiegend also auch die ganzen Österreicher in Alpha ham sich ja vorwie-gend also so den sozusagen den nahen Osten erschlossen, also Rumänien. (BL, 376-380). 380 Ja unser Gehaltsniveau verändert sich nach oben.] Die unteren Lohn- und Gehaltsgruppen wer-den immer weniger. Das hängt aber auch mit der Akademisierung unserer Belegschaft zusammen. (PV Alpha 1, 1157-1172).

Page 387: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 390

wartete Probleme auf, die nur durch den ständigen Austausch zwi-schen Mitarbeiter/innen gelöst werden können.381

So berichtet beispielsweise der Projektleiter über den Aufbau der Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Österreich und Rumä-nien in einem langfristigen Projekt, dass die Definition der Tätig-keiten und der Schnittstellen sowie die Standardisierung und Um-setzung von Arbeitsprozessen sehr lange gedauert hat, weil ent-sprechende Vorerfahrungen sowohl im Arbeitsgebiet des Projektes wie auch in der Zusammenarbeit mit den rumänischen Mitarbei-ter/innen fehlten. Darüber hinaus mussten auf Basis der Dokumen-tation, die auch parallel gestaltet wurde, weitere Formalisierungs-prozesse umgesetzt werden.382 Die Vorstellung eines perfekten und reibungslosen Prozesses einer Wertschöpfungskette ist von der Realität weit entfernt, wie der Projektleiter erklärt. Auch die Soft-wareentwickler/innen in Rumänien bestätigen die ständigen Prob-leme im alltäglichen Arbeitsprozess, die ihnen zufolge eher auf-grund der verschiedenen Interpretationen von Spezifikation zustan-de kommen. Die Ängste der rumänischen Mitarbeiter/innen vor möglichen negativen Konsequenzen ständigen Nachfragens383 ver-

381 na, da unterschiedliche Kulturen, die halt sich aneinander gewöhnen müssen, am Anfang, viel-leicht auch Misstrauen, unterschiedliche Arbeitsweisen (wahrscheinlich auch) MV: die das ein(pendeln) VS: das ist auch die Koordinationsfrage, weil wir arbeiten hier, die arbeiten woanders, und dann müssen es ein paar Personen geben, die dorthin fahren und denen alles erklären, sonst wissen die nie, wie alles funktionieren soll, was wir machen, wir wissen nie, was wir von ihnen erwarten müssen SK: eben, ich denke auch, das ist ’n gerade jetzt bei-bei Dokumentationssachen oder so denkt man zwar, dass das jetzt von den technischen Möglichkeiten alles recht einfach funktioniert, aber es ist dennoch ’n Problem, äh jetzt zum Beispiel aus Indien ’ne Dokumentation zu kriegen, was da gemacht worden ist, oder sie immer wissen, was wir gemacht haben und das erfordert halt alles höheren Kommunikationsaufwand, der dann anscheinend häufig nicht betrieben wird MW: und mein Eindruck ist auch so, dass es halt wichtig ist, dass halt immer- ah es gibt- muss immer mindestens eine Person geben, die an beiden Orten die ganze Zeit ist, die halt immer hin und her geht und das ganze halt irgendwie zu kontrollieren, nur übers Telefon und E-Mail geht’s einfach nicht. (Gruppendiskussion Alpha1). VS: wir haben auch Kollegen in-in Rumänien, die haben wirklich gekapselte Aufgaben, nur die sind abhängig davon, was ich mache, und zum Teil wissen sie wirklich nicht, was sie erwarten müssen. (GD s8). 382 des ist so’n iterativer Prozess, wo alles nebeneinander herpurzelt. (PL, 252). 383 in Rumänien ist das sehr, Angst, dass du kannst deinen Arbeitsplatz verlieren. (SWE Rum, 420).

Page 388: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

391 Internationale Professionalität

schlimmern die Schwierigkeiten noch zusätzlich. Um dem entge-genzuwirken und mögliche Fragen gemeinsam zu besprechen, wer-den wöchentlich Internetmeetings organisiert. Darüber hinaus wur-de in der Tochterfirma in Österreich, die die Auslagerung von Tä-tigkeiten grundsätzlich durchgeführt hat, eine Kontaktperson einge-stellt, die als Schnittstelle zwischen der Zentrale in Deutschland und dem Team in Rumänien fungiert. Damit wurde ein Vertrauens-verhältnis zwischen den beiden Tochterfirmen in Rumänien und Österreich aufgebaut, das dazu geführt hat, dass die Arbeitsprozes-se in letzter Zeit reibungslos verliefen.

Arbeits- und Wissensanforderungen bei Alpha 1

Die Qualifikationsanforderungen steigen ständig, vor allem im Pro-jekt- und Qualitätsmanagement. In diesem Bereich wurden daher spezifische interne Weiterbildungen und auch ein Zertifizierungs-verfahren etabliert.384 Entsprechend dieses prioritären Tätigkeits-profils hat sich der Stellenwert von Kommunikationsfähigkeiten noch einmal erhöht, wie der Personalverantwortliche, der CEO und auch der Betriebsrat berichten. Vor allem interkulturelle Kommu-nikationsfähigkeiten und Sprachkenntnisse werden allgemein im-mer wichtiger. Sie werden allerdings nicht immer der Rubrik „social skills“ zugeordnet, denn der Stellenwert der als social skills bezeichneten Fähigkeiten hat sich beispielsweise nach dem Ein-druck des Personalverantwortlichen nicht geändert.385 An dieser Stelle unterscheidet der Personalverantwortliche zwischen ver-schiedenen Varianten von social skills. An erster Stelle bei diesen „social skills“ stehen für ihn bestimmte persönliche Fähigkeiten, 384 Ja die werden höher. Und sie gehen mehr in Richtung Projektmanagement. (…) Wir haben auch interne Zertifizierungsverfahren. (PV Alpha 1, 1061-1070). 385 Hatte immer ’nen hohen Stellenwert I: Ah ja. Und haben Sie die Erfahrung gemacht das sich das [der Stellenwert von Social Skills] erhöht hat in den letzten Jahren? PV: Ähm ich würde mal nicht sagen dass sich dass seitdem ich diese Jobs Art von Jobs mache, dass sich das noch mal verändert. (PV Alpha 1, 314-319).

Page 389: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 392

die er als „lead myself“ bezeichnet. Das heißt, dass die Mitarbei-ter/innen einen sehr hohen Grad an Selbststeuerung und Motivation zeigen und beweisen müssen. An letzter Stelle innerhalb der Social Skills positioniert der Personalverantwortliche die sozialen „inter-aktiven“ Kompetenzen.386 Als Orientierung für die Einschätzung solcher verschiedenen Kompetenzen benutzt der Personalverant-wortliche das Evaluationssystem von Alpha.

Aus der Sicht des Betriebsrates hat sich die Wertschätzung so-zialer Fähigkeiten insofern verändert, als sie derzeit zunehmend von Mitarbeiter/innen wie beispielsweise Softwareentwickler/innen gefordert werden, denn sie sollen jetzt zusätzlich Projektmanage-mentkompetenzen zeigen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Kompetenzen finanziell extra vergütet werden. Vielmehr sind sie zur zusätzlichen Anforderung neben den fachlichen Qualifikationen geworden, die die Mitarbeiter/innen selbstverständlich weiterhin aufweisen sollen.

Der CEO betont die notwendige Internationalität der Mitarbei-ter/innen.387 Sie sollen ein „international mind set“ haben, sich also am internationalen Markt orientieren bzw. international denken. Sie müssen in der Lage sein, mit Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen zu kommunizieren und zu arbeiten. Seiner Meinung nach ist es von zentraler Bedeutung, dass die Mitarbeiter/innen mehrere Sprachen beherrschen und dass sie sich im Ausland sehr schnell einfinden können, denn der Konzern funktioniert auf der Grundlage eines internen Arbeitsmarktes, in der die Qualifikationen und Kompetenzen und nicht die Nationalitäten relevant sind. Im Mittel-punkt sollen aber die Konzernziele und -regeln stehen, die die Mit-arbeiter/innen effizient umsetzen sollen. 386 stehen ganz sicher ähm das das Thema persönliche Kompetenzen in Bereich, ich würde das mal neu-deutsch sagen lead myself. Also ähm ähm Selbststeuerung ähm Kommunikation, Motivation, stellenbezogene und karrierebezogene Motivation. Und an dritter Stelle stehen soziale interaktive Kompetenzen. (PV Alpha 1, 296-310). 387 That was a competitive advantage but a few years ago, nowadays that is a condition sine qua. I mean either you are international or the possibilities of making a good career, you know, in a group like ours is I would say at least difficult. (CEO, 217-220).

Page 390: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

393 Internationale Professionalität

Zum Zeitpunkt der Interviews wird in den deutschen Standor-ten kaum Personal rekrutiert, da das Unternehmen hier Stellen ab-baut. An ausländischen Standorten – der Personalverantwortliche nennt China, Osteuropa und Israel – werden hingegen noch Mitar-beiter/innen eingestellt. Der Personalverantwortliche weist darauf hin, dass er der Einzige ist, der zurzeit Personal rekrutiert und das auch nur in sehr begrenztem Ausmaß.388 Bei der Suche nach geeig-netem Personal konzentriert sich das Unternehmen formell auf Fachkräfte, die allgemein Erfahrung mit Produktentstehungspro-zessen haben, und das auf allen Gebieten, das heißt als Produktma-nager/in, Programmmanager/in oder Entwickler/in.389

Dem Personalverantwortlichen zufolge gibt es bereits jetzt ei-nen Fachkräftemangel in einzelnen Nischen der Organisation und es besteht die Gefahr, dass der allgemeine Fachkräftemangel in der Branche in ein bis zwei Jahren auch Alpha betreffen wird. Grund dafür ist die geringe Zahl von Hochschulabsolventen/innen aus den technischen Fachbereichen, aber auch der starke globale Wettbe-werb auf dem IT-Arbeitsmarkt. Zum Teil wandern junge Absolven-ten ins Ausland ab; Alpha und Alpha 1 sind in Deutschland aber nach wie vor beliebte Arbeitgeber.390

Aus der Perspektive der Projektalltagspraxis betont der Pro-jektleiter, dass die Mitarbeiter/innen in Deutschland immer mehr Managementfunktionen übernehmen müssen, weil es gerade diese Aufgaben sind, die in Deutschland verbleiben. Weil das Design, die

388 Also wir glob- wir rekrutieren im Moment in China. Ja, wir rekrutieren auch in Osteuropa noch. Wir rekrutieren in Israel. Aber aber in Deutschland rekrutiert im Moment nur einer und das bin ich. Und das auch nur noch ein bisschen, ja. (PV Alpha 1, 282-292). 389 Ja? Und ich sag mal ähm an erster Stelle steht ganz sicher ähm nachdem es einen einen eher produktschaffender Bereich ist ähm die Erfahrung mit dem Produktentstehungsprozess ja. In welchen Funktionen auch immer. Ob als Product Manager, als Programm Manager oder als Entwickler. (PV Alpha 1, 296-310). 390 Zu wenig Absolventen auf der technischen Seite in Deutschland, ja und ähm zu hoher Wettbewerb global. Wir kriegen- Ja die gehen teilweise ins Ausland, die gehen aber mhm ähm. Im Ausland ha- sind wir bereits voll in einem in einem Wettbewerb natürlich mit den anderen Unternehmen. Hier in Deutschland ist Alpha und Alpha 1 demzufolge auch immer noch ’nen sehr preferet äh Arbeitgeber ne. (PV Alpha 1, 347-355).

Page 391: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 394

Umsetzung und die Evaluation von Software voneinander getrennt wurden, hat der Bedarf an Projektmanagement und Koordination391 im Allgemeinen zugenommen. Auch Qualitätsmanagement wird dementsprechend immer mehr benötigt, wie der Projektleiter er-zählt.

Sowohl der Projektleiter in Deutschland als auch die Projektlei-ter im Ausland sehen Defizite in der Qualifikation des Personals im Hinblick auf die Anforderungen sowohl beim Projektmanagement als auch beim Qualitätsmanagement. Sie kritisieren die Curricula der Informatikstudiengänge, die zu sehr auf Technik fokussiert sind und deswegen nur unzureichend auf die Realität der Projektarbeit in der IT-Branche vorbereiten. Gleichzeitig betont der Qualitäts-manager, dass die Erfahrungen, die die Mitarbeiter/innen in der Alltagspraxis machen, nicht in Hochschulen gelehrt werden kön-nen.392

Es wird darüber hinaus für einen intensiveren Austausch von Studenten/innen mit Offshoringländern plädiert. Aber auch Mitar-beiter/innen in den Offeshorestandorten sollen nach Meinung der ausländischen Projektleiter mehr Erfahrungen in Projektprozessen und insbesondere auch im Kundenkontakt sammeln. Denn gerade die Kommunikation mit den Kunden/innen sollte vor Ort von ein-heimischen Mitarbeiter/innen übernommen werden, damit Teilpro-jekte komplett transferiert und Kosten für Vermittler/innen aus Deutschland eingespart werden können. Da den Mitarbeiter/innen damit gleichzeitig eine Karriereperspektive als potenzielle Projekt-

391 was wird abgewickeltm, wie wird’s abgewickelt, was muss ich tun, um das alles abwickeln zu können. (PL Alpha 1, 715). 392 was wir hier machen, kann man in keiner Hochschule lernen […] und ähm entweder hat man vom Studium her, was weiß ich, Informatik oder so was, Mathematik studiert habe […] und irgendwie auch ’n bisschen Softwareentwicklung getrieben und weiß was mit Dokumentationen […] oder auch mit Test und das Ganze bedeutet oder ich weiß es halt nicht […] und selbst wenn ich es weiß, hab ich es in so ’nem Umfeld nie kennengelernt […] also muss man dort einfach was machen. (QM Apha 1, 314-318).

Page 392: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

395 Internationale Professionalität

leiter/innen eröffnet wird, lassen sich so auch Fluktuationsrisiken vermeiden.393

Die Qualifikation ausländischer Mitarbeiter/innen spielt auch für die Zusammenarbeit eine wichtige Rolle. Aus der Perspektive der deutschen Softwareentwickler/innen ist es schwierig, die Quali-fikation ihrer ausländischen Kollegen/innen einzuschätzen. Um feststellen zu können, ob die für die Auslagerung vorgesehenen Tätigkeiten tatsächlich vollständig im Ausland durchgeführt wer-den können oder ob die deutschen Softwareentwickler/innen selbst mehr Verantwortung übernehmen müssen, ist von Anfang an eine intensive Kommunikation notwendig. Auf jeden Fall sehen sich die deutschen Softwareetwickler/innen als Vermittler/innen zwischen verschiedenen Arbeitsbereichen, womit ihre Arbeit intensiviert wird, wie in der Gruppendiskussion kommentiert wird.394

Diese Vermittler/innen-Rolle ist aus der Sicht der Softwaren-entwickler/innen in Deutschland auch eine Konsquenz aus der Tat-sache, dass sie diejenigen sind, die direkten Kontakt zu den Kunden haben und die Kundenanforderungen interpretieren sollen. Die an die ausländischen Kollegen/innen übermittelten Kundenanforde-rungen werden aber häufig aus sprachlichen Gründen missverstan-den. Selten werden Nachfragen gestellt, was die deutschen Soft-wareentwickler/innen mit dem unterschiedlichen beruflichen Habi-tus in den verschiedenen ausländischen Standorten und auch mit der Angst ausländischer Mitarbeiter/innen vor Jobverlust in Zu-sammenhang bringen.395

393 I mäine, ein e wichtiges Thema is, den Leuten Verantwortung zu geben, ja? und eine Perspektive, ja? Also wenn man sie nur als verlängerte Werkbank sieht, ja?, und e sozusagn schlecht bezahlt, dann ist die Fluktuation sicher sehr hoch, und aber, em Sie wissen, mit Geld kann man nur e bis zu einem begrenzten Maß motivieren und dann muss man halt schaun, dass man halt alles, was die Leute sonst noch bewegt, ihnen zur Verfügung stellt, um um sie halt in der Firma, äh an die Firma zu binden, ja? (PL Alpha 1, 358-367). 394 ich sollte dann Vermittler spielen, weil der hat schnell gemerkt, aha die kann mir was äh verständ-licher sagen, und das äh da bin ich zu Koll- zu Funkt- zu Beratern gelaufen, hab gefragt, hab die Antwort übermittelt, das ist natürlich, das raubt meine Zeit und so. (VS GD s10). 395 [ich vermute, die ham auch] Angst um ihren Job, wollen sich natürlich von ihrer besten Seite präsentieren und wenn was nicht funktioniert, ähm, ham sie natürlich auch Angst, dass wir jetzt zu

Page 393: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 396

Um solche Missverständnisse zu vermeiden, versucht die Fir-ma, Tätigkeiten in osteuropäische statt in asiatische Länder zu ver-lagern, weil osteuropäische Länder als "kulturell ähnlicher" wahr-genommen werden. In diesen Ländern existiert auch eine intensive-re Kooperation mit den Universitäten; junge Nachwuchskräfte durchlaufen dort eine am deutschen Modell orientierte, an die Fir-menbedürfnisse angepasste Ausbildung. So können sie direkt nach ihrem Studienabschluss und damit zu einem sehr frühen Zeitpunkt in ihrer beruflichen Biografie geworben werden, was ihre Bindung an das Unternehmen erhöht und dazu beitragt, das Fluktuationsrisi-ko zu senken.396 Wegen der Bekanntheit des Konzerns in der Bran-che wird die Rekrutierung von Alpha übernommen. Speziell in osteuropäischen Ländern ist es wichtig, dass die potenziellen Mit-arbeiter/innen Auslandserfahrungen mitbringen.

Nach Auffassung der Softwareentwickler/innen in Deutschland werden die für die Berufspraxis erforderlichen sozialen Fähigkeiten bereits im Studium eingefordert, nicht nur in der Informatik. Die beruflichen Wissensgrundlagen sehen sie nicht exklusiv in diesem disziplinären Bereich, denn ihrer Meinung nach sind die Mitarbei-ter/innen im Unternehmen eher selten Informatiker/innen, sondern Quereinsteiger/innen aus anderen wissenschaftlichen Bereichen wie Wirtschaftsinformatik oder Betriebswirtschaftslehre.397

den Vorgesetzten direkt laufen und denen das mitteilen, die wären nicht dafür geeignet, dann ist natürlich Misstrauen da, deswegen trauen die sich wahrscheinlich auch nicht, äh zu sagen, wenn sie mal was nicht verstanden haben von dem Geschäftsprozess oder was. (AO GD s10). 396 wir sind alle von Uni gekommen. Keine Erfahrung haben fast alle. Und jetzt haben wir gelernt und kriegen wir mehr Verantwortung. (SWE1 Alpha 1, 112). 397 AO: es geht darum, dass man ja nicht unbedingt Informatiker sein muss, um den Beruf auszuüben SK: richtig, man wird ja- AO: sondern man kommt teilweise aus wirklich aus ganz anderen- bei Firma X sind unheimlich viele Physiker auch und deshalb- also eigentlich ist es gar nicht entscheidend, was man studiert. (Grup-pendiskussion s26).

Page 394: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

397 Internationale Professionalität

Karriereoptionen bei Alpha 1

Zum Zeitpunkt der Untersuchung befindet sich ein übergreifendes System zur Personalsteuerung bei Alpha 1 noch im Aufbau. Es orientiert sich an dem von Alpha praktizierten System, das alle Teilprozesse der Personalführung integriert, das heißt sowohl Ziel-vereinbarungen als auch Performance- bzw. Leistungsbewertung und Entwicklungsplanung. Ein wichtiges Instrument hierfür sind jährlich stattfindende Diskussionsrunden, bei denen Führungskräfte ihre Mitarbeiter/innen „im Quervergleich“ bewerten, wie der Per-sonalverantwortliche erklärt.398

Grundsätzlich existieren zwei Karrierepfade, ein technischer und ein Managementpfad, wobei der Managementpfad bessere Karrierechancen bietet, wie der Personalverantwortliche und der CEO berichten. Je breiter das Tätigkeits- bzw. Wissens- und Erfah-rungsspektrum der Mitarbeiter/innen, zu dem auch Auslandserfah-rungen gehören, desto besser sind die Chancen für einen Aufstieg in das Management. Das heißt, dass das Unternehmen Generalis-ten/innen und weniger Spezialisten/innen fördert. Aufgrund der tief gestaffelten Arbeitsorganisationsstruktur sowie wegen der Größe und der „guten finanziellen Ausstattung“ aller Bereiche von Al-pha 1 hält der Personalverantwortliche die Karrierechancen im Un-ternehmen allgemein für gut. Für den Karriereaufstieg orientiert sich das Unternehmen an den Balance Score Card Prinzipien, wie der Personalverantwortliche kommentiert.399 398 Und das ist im Prinzip eine Verbindung aus allen Teilprozessen der Personalförderung. Also Zielvereinbarung, ähm Performance also Leistungsbewertung und ähm Entwicklungsplanung. Und das wird einmal im Jahr gemacht äh für alle übertariflichen Mitarbeiter in Deutschland, namentlich in sogenannten in, an runden Tischen. Also das heißt, da lädt man mehrere Führungskräfte ein und spricht mit denen zusammen alle Mitarbeiter von diesen äh Kollegen im Quervergleich durch. (PV Alpha 1, 387-398). 399 Zur damaligen Zeit waren, hießen die drei Focus, Impact und Guide auf der eher Verhaltenseite ja. Also oder sagen wir eher Fähigkeitsseite. […] Drive meint äh die ganze wenn Sie so wollen ähm das ähm zielorientierte Verhalten im Wesentlichen ja? Focus ähm meinte äh die Konzentration auf das Wesentliche […] ja. Impact meinte die Einflussnahme und die Wirkweise auf ähm b ähm An-sprechpartner ja […] und Interfaces in den. Und ähm, was habe ich vergessen? Drei Focus, Guide, Guide meint die Personal-Führungsqualitäten […] Mhm, so und auf der Ergebnisseite hatten wir

Page 395: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 398

Sowohl die zu erreichende Karrierestufe bzw. „Zielfunktion“ als auch die einzelnen Schritte auf dem Weg dorthin werden zwi-schen den Führungskräften und den Mitarbeiter/innen vereinbart. Diese Entwicklungswege und die erreichten Ziele prägen die zu-künftigen Chancen der Beschäftigten. Die bisherigen Erfahrungs-profile der Beschäftigten spielen für die Zielfunktion eine wichtige Rolle. So nennt der Personalverantwortliche das Beispiel eines Vierzigjährigen, der sein ganzes Berufsleben in der Entwicklung verbracht hat und deshalb nicht ohne Weiteres etwa zum Marke-tingbereich wechseln könnte.400 Gleichzeitig behauptet der Perso-nalverantwortliche, dass die Karrieremöglichkeiten im Unterneh-men sehr vielfältig sind und dass deswegen die Chancen ziemlich offen bleiben. Legen die Mitarbeiter/innen ihr Funktionsspektrum und ihre individuellen Karriereziele breit an, haben sie größere Chancen, im General Management tätig zu werden.401 Doch der Betriebsrat erzählt, dass der berufliche Aufstieg in der Firma all-gemein und speziell für junge Mitarbeiter/innen schwieriger ge-worden ist.402 Den Grund hierfür sieht er in dem Druck, Personal-

ähm das Thema Customer […] ja, äh das Thema Employees […] das Thema ähm ähm Processes. Ja, also Prozesse. […] und was geh mir noch ab? (4) Kundenmitarbeiter, Mitarbeiterinnovation das ko-kommt kommt aus der Balance Score Card […] ähm Prozesse und (glaube ich sogar). (PV Alpha 1, 134-147). Äh, ja Voraussetzungen sind immer ähm eine eine sagen wir mal Spitzenleistung, eine Leistung über dem Durchschnitt. Und ähm dann als zweites ähm ein Potenzial was ähm sich letzten Endes ähm mhm bemisst an den Kriterien des äh Alphasführungsrahmens. Zur damaligen Zeit äh waren das äh äh vier Kriterien auf der IR Leistungs- und Verhaltensseite und vier Kriterien auf der Gegen- äh auf der Ergebnisseite, die äh mit einzelnen Zielen hinterlegt werden konnten. Ja und ähm, ph das war letzten Endes neben dem Erfahrungsprofil ((hustet)) ähm um das es ja auch geht. (PV Alpha 1, 129-138). 400 und das ist klar, wenn Sie ’nen Anfang Vierzigjährigen haben, der im Prinzip äh sein ganzes bisheriges Berufsleben in der Entwicklung ähm äh verbracht hat. Dann werden Sie aus dem nicht mehr ein Marketingleiter machen, neh. (PV Alpha 1, 195-198). 401 Man kann höchstens sagen ähm als ’ne Generallinie, je breiter die Leute sich in den frühen Be-rufsjahren anlegen, umso eher auch hinterher die Fähigkeit, auf diese Breite aufzubauen und letzten Endes funktionsintegrierend, das heißt im General Management tätig zu werden. (PV Alpha 1, 214-227). 402 vor allem die Jungen, die haben’s natürlich schwer […] und da ist äh mit Aufstieg eigentlich eher- eher wenig, sicherlich, immer wieder wird mal einer, wird’s mal einem gelingen, aber im Großen und Ganzen eher wenig, würd ich sagen. (BR, 65-67).

Page 396: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

399 Internationale Professionalität

kosten einzusparen und dementsprechend Stellen abzubauen. Ins-besondere für karrierewillige Führungskräfte gilt, dass sie im Un-ternehmen Präsenz, besonderes Engagement (etwa Bereitschaft zu Überstunden) und effiziente Leistungen zeigen sowie internationale Aufgaben erfüllen müssen. Sie sollen immer mehr Tätigkeiten übernehmen, die Mobilität erfordern, wie der Betriebsrat erzählt.403 Entscheidend ist aber auch, dass solche Führungskräfte, die überta-riflich bezahlt werden und keinen Anspruch auf bezahlte Überstun-den haben, gute Kontakte in informellen Netzwerken haben, die der Betriebsrat „Seilschaften“ nennt.

Aus der Sicht der Projektarbeitspraxis werden die Karriereop-tionen bzw. die Verfügbarkeit höherer Positionen im Unternehmen sehr negativ eingeschätzt. Derzeit gibt es wegen der in den letzten Jahren schlechten wirtschaftlichen Lage im Telekommunikations- bzw. IT-Segment kaum Karrierechancen, wie der Projektleiter er-klärt. In dieser Situation ist es deshalb besonders wichtig, Vorge-setze zu kennen, die die Mitarbeiter/innen zur Beförderung vor-schlagen oder in entscheidenden Gremien die Expertise der Mitar-beiter/innen bekannt machen können.404

Speziell im Ausland haben die Mitarbeiter/innen viele Mög-lichkeiten, in andere Unternehmen zu wechseln, denn der Arbeits-markt ist sehr dynamisch. Die Mitarbeiter/innen in solchen auslän-dischen Standorten wollen vor allem ihre Expertise erweitern und nutzen jede Gelegenheit, um dazuzulernen. Ihr Ziel ist nicht, bei der Programmierung zu bleiben, sondern Projektleiter/innen zu werden und möglichst in großen prestigeträchtigen multinationalen Unternehmen zu arbeiten, um ihre Position auf dem internationalen Arbeitsmarkt zu sichern. 403 Na äh ein relativ hohen, weil sie ja im Prinzip je weiter je höher sie kommen, umso mehr interna-tionale Aufgaben müssen sie wahrnehmen. (PV Alpha 1, 430-432). 404 „Nach oben wird’s immer schmaler in der Karriere und je mehr dorthin wollen, umso größer ist das Gerangel und da kann noch einer so ’n guten Job machen, wenn da ’n- ähm dort Politiker am Werke sind, die das Geschäft besser verstehen, jemanden wo zu platzieren, dann geht das nicht alleine um ’ne Qualifikation von ’ner einzelnen Person, sondern halt auch um die ganzen Randbe-dingungen, was da noch passiert.“ (PL, 565-570).

Page 397: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 400

Die Softwareentwickler/innen in Deutschland dagegen streben ganz bewusst gerade keine Karriere im Projektmanagement an. Die meisten wollen Programmierer bleiben,405 auch wenn ihnen klar ist, dass sie nicht für immer auf derselben Position verharren kön-nen.406 Eine Chance sehen sie in der internationalen Koordination von Tätigkeiten.407 Auch wenn das Thema Familienplanung für die meisten derzeit noch nicht aktuell ansteht, sehen sie darin eine po-tenzielle Hürde, die ihre Mobilität und damit auch ihre Karriere-chancen beschränken kann, wie in der Gruppendiskussion kom-mentiert wurde.

Die deutschen Softwareentwickler/innen machen sich im Kon-trast zu denjenigen im Ausland Gedanken über die Konkurrenz zwischen ihnen und ihren Kollegen/innen. Manche halten es für potenziell bedrohlich, dass die ausländischen Softwareentwick-ler/innen künftig auch Koordinationstätigkeiten übernehmen könn-ten.408 Ein Mitarbeiter sieht darin eher eine langfristige Chance im Hinblick auf seine Karriere bzw. seine Motivation, sich um einen Aufstieg zu bemühen.409 405 also ich möchte ehrlich gesagt gar keine Karriere machen, ich möchte einfach nur meine Arbeit machen, bisher, ich möchte gar nichts anderes machen @(.)@ (GD s7). 406 SK: aber es ist schon klar, dass man halt ab einer gewissen Stufe auch äh Personalverantwortung in-in einem gewissen Rahmen übernehmen soll, das heißt, dass man jetzt ’n Teilprojekt leitet oder dass man eine- dass man eine Arbeitsgruppe leitet. (GD s23). 407 halt nicht ewig als Programmierer dann auf einer Stelle bleiben, sondern muss halt gucken, dass man halt vorankommt, dass man halt ( ) irgendwann halt mal in’ner Position ist, dass man halt zum Beispiel so was aussteuern kann quasi, nicht mehr selbst programmieren, sondern dafür zu sorgen, dass halt so was zum Beispiel läuft mit „verteiltem Arbeitsstellen“ (…) MV: ich denke, dass vielleicht manche von unseren ursprünglichen Aufgaben zukünftig wegfallen, aber dafür gibt’s halt Chancen als Vermittler dann zu arbeiten zum Beispiel (…) oder dass wir auf der andern Seite dann auch die Möglichkeit haben, mal im Ausland zu arbeiten, also wenn man so’ne Vermittlerrolle bekommen sollen. (GD s5). 408 SK: vor zehn fünfzehn Jahren hat mit diesen Modellen, so wie sie jetzt gefahren werden, denk ich mal auch noch keiner so richtig gerechnet oder das richtig als-als-als Konkurrenz angesehen, also wer sagt denn nicht, dass-dass dann irgendwann halt auch komplette dort dort gemacht werden und nicht nur Teilprojekte ausgelagert werden und nicht nur entwickelt wird, sondern halt auch Projekt-managementaufgaben wahrgenommen werden, und dann hast du die Konkurrenz genauso, also ich. (GD s23). 409 MW: das ist halt auch die Chance für uns, weil (2) ich mein derzeit sieht’s halt so aus, dass halt Entwicklungsarbeit immer ausgelagert wird und wenn wir halt nicht nur Entwicklungsaufgaben haben, auch schon von unserm Karrieremodell hin, ist es halt besser für uns, als wenn wir jetzt

Page 398: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

401 Internationale Professionalität

Aus der Sicht der Softwareentwickler/innen ist es in jedem Fall von Vorteil, in einem großen und bekannten Unternehmen zu arbei-ten, denn es bietet gute interne, aber auch externe Mobilitätsmög-lichkeiten.410 Die Mitarbeiter/innen müssen aber auch selbst dafür sorgen, dass sie Zugang zu den richtigen lokalen Netzwerken fin-den, und bereit sein, mobil zu bleiben.

Die Softwareentwickler/innen im rumänischen Nearshorecenter wollen vor allem dazulernen und Projektmanager werden. Auch sie beziehen sich immer auf Alpha als Referenzpunkt ihrer Karriere-chancen: Es ist wichtig für sie, in einem großen Konzern wie Alpha zu arbeiten, weil damit eine hohe langfristige Sicherheit verbunden ist. Darüber hinaus bietet ihnen der Konzern die Möglichkeit zu reisen, auch wenn sie in Rumänien bleiben möchten.411

Mechanismen der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis bei Alpha 1

Dem Personalverantwortlichen zufolge wird die Arbeit nicht an-hand deutscher, sondern internationaler Qualitätsstandards kontrol- wirklich nur auf diesem einen Level bleiben würden und dann halt würden wir halt verlieren auf Dauer. (GD s23). 410 SK: also ich- ich denke schon, dass es n- dass es’n Vorteil bringt, wenn man jetzt bei Firma 1 oder oder bei Alpha ist oder generell beim- bei’nem großen Unternehmen, ich denke mal, wenn das kleine Unternehmen in seiner Branche ’n guten Ruf hat und man will in der Branche noch was machen, dann ist das genauso förderlich, aber Alpha ist nun mal generell ’ne Größe, und deswegen ist das schon ’n Vorteil, das macht sich gut im Lebenslauf. (GD s29). 411 Ja also, was für mich sehr wichtig ist bei einem Job ist, ähm klar, Spaß zu haben und die Sicher-heit meines- meiner Position, also meines Jobs. Ich- ich weiß Alpha ist eigentlich eine sichere- ein sicheres Unternehmen und das ist für mich sehr wichtig. […] Stabilität haben zu wissen, dass auch wenn Morgen Projekt X fällt, bleib ich nicht- werde ich nicht rausgeschmissen. […] So Alpha ähm ist- hat diese Politik, dir ein anderes Projekt zu suchen oder so. Und das für andere Unternehmen, vor allem hier in Rumänien, nicht üblich. Ich weiß nicht, wie es in anderen Ländern ist, aber hier wirst du gleich rausgeschmissen. Weil warum soll ich dich zahlen, wenn du nix machst […] oder so. I1: Mhm. Und würden Sie gerne hier in Rumänien bleiben oder oder vielleicht woanders gehen? S: Mhm zurzeit würde ich sagen, in Rumänien also mh. Ja, so wie es bis jetzt war, dass ich ab und zu nach Wien gefahren bin, nach München. So war es perfekt. Wirklich. […] Weil so konnte ich was von anderen Leuten lernen und und dann auch mit anderen und andere Sachen sehen. Aber mein Zuhau-se will ich, dass es hier bleibt also […] Weil hier will ich meine Familie haben und so. Ich könnte mir nicht vorstellen an- vorstellen vielleicht schon, aber nicht für immer. (SWE1 B Alpha 1, 950-981).

Page 399: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 402

liert. Das Management entscheidet gemeinsam mit den Qualitäts-beauftragten über das Qualitätssystem, das ganz klare konzernin-terne Evaluations- und Messkriterien beinhaltet. Das Qualitätssys-tem orientiert sich an ISO-Richtlinien; auch wenn externe Zertifi-kate in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen, liegt die Ver-antwortung dennoch intern auf der Führungsebene des Konzerns.412 Als Qualitätskriterien nennt der Personalverantwortliche Fehler-quote, Kosten und Kundenakzeptanz.

Um die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Stan-dorten zu steuern, wurde aus der Perspektive der Alltagspraxis nach den Aussagen des deutschen Projektleiters ein neues Qualitätsma-nagementsystem entwickelt. Die wenigen früheren Qualitätskriteri-en, die für die Zusammenarbeit im Unternehmen vorhanden waren, basierten auf „Zuruf“, das heißt auf informellen Praktiken, und wurden nicht dokumentiert. In der internationalen Zusammenarbeit müssen aber die Tätigkeiten, Prozesse und Schnittstellen genauso wie die stark verbundenen Arbeitsprozesse festgelegt werden.

Für langfristig angelegte Projekte, die als eigenständige Ge-schäftsbereiche fungieren, werden spezifische Qualitätsmanage-mentsysteme definiert, die durch Qualitätsmanager sowohl in Deutschland als auch in den ausländischen Standorten gesteuert werden.413 Die Etablierung solcher Systeme hat ca. zwei Jahre ge-dauert. Sie wurde durch Mitarbeiter/innen bzw. Projektleiter/innen und Softwareentwickler/innen unterstützt, die zwischen den ver-

412 Die das ist ’nen ganz klares Qualitätssystem und das wird scharf gemessen. Und äh da gibt’s äh ganz klare Kriterien. Also das ist das hat mit Vereinbarung nix zu tun. Und das sind einfach Pro-duktanforderungen und ähm wenn die nicht erfüllt werden, dann wird das Produkt nicht gefertigt oder geliefert. I: Ah ja. Und wer entscheidet über dieses Qualitätssystem? S: Das Management zusammen mit den Qualitätsbeauftragten. (…) S: Ja es gibt auch ex es gibt auch externe Zertifikate.] Ne ISO-mäßig. Aber äh ich sag mal, die Führungsverantwortung liegt intern. (PV Alpha 1, 982-998). 413 dazu gibt’s auch e regionale- e in den Projekten regionale Qualitätsmanager für die Projekte, also für die (selfmade) competences, aber auch, wenn ich jetzt wieder für Alpha Ö spreche, Alpha Ö nimmt das Thema auch sehr ernst, es gibt da auch in den einzelnen ähm Standorten, außerhalb Österreichs e gibt es in der Linienstruktur Qualitätsmanagement. (PL Ö Alpha 1, 552-556).

Page 400: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

403 Internationale Professionalität

schiedenen Standorten pendelten und als Vermittler/innen zwischen Projektmitarbeiter/innen und Kunden/innen fungierten.414

In Standorten mit sehr unterschiedlichen kulturellen Hintergrunden dauert es länger, solche verbindlichen Arbeitsnor-men einzuführen. Osteuropa gilt als kulturell naher Standort; im Vergleich zu Ländern wie China oder Indien lassen sich Qualitäts-managementsysteme aus der Sicht der ausländischen Projektleiter dort sehr schnell implementieren.

Ein wesentliches Element des Qualitätsmanagementsystems ist die Dokumentation und insbesondere die Prozessdokumentation, die als Grundlage für die internen Produkttests dient. In der interna-tionalen Zusammenarbeit wird es allerdings immer schwieriger, eine vollständige und vergleichbare Dokumentation zu erstellen. Dies liegt unter anderem daran, dass die Softwareentwickler/innen aus den verschiedenen Standorten unterschiedliche Auffassungen über die Bedeutung der Dokumentation haben und auch unter-schiedliche Dokumentationspraktiken und –gewohnheiten entwi-ckelt haben. Deswegen wird es nach Meinung der Projektleiter immer wichtiger, übergreifende Schulungen zu Qualitätsmanage-mentsystemen im Unternehmen zu etablieren.

Den deutschen Softwareentwicklern/innen ist zwar bewusst, dass die Dokumentation sehr hilfreich ist, um kritische Projektpha-sen zu bewältigen und Missverständnisse in der Kommunikation zu vermeiden. Sie wissen aber nicht, was mit der Dokumentation pas-siert bzw. wofür diese nach Projektablauf verwendet wird.415

414 dann braucht man (Delegierte), die in diesen Ländern sitzen, um des da- um dort die Strukturen ähm hinzubekommen und auch dort die entsprechende Denkweisen äh und Prozesse dort hineinzu-bringen. Ja, und dann werden auch da Leute hingeschickt, die zwei Jahre dort sitzen. (PL Ö Alpha 1, 706-710). 415 ob da jetzt jemand was wirklich damit anfangen kann, (2) wie gesagt, wir ham bis jetzt auch immer nur so die Sachen einmal so immer nur übergeben und ham dann halt selbst wieder weiterge-arbeitet und nicht wirklich, dass dann der Support die Sachen dann äh wirklich übernommen hätte und weitergearbeitet hätte, deshalb wissen wir halt auch nicht wirklich, wie das jetzt laufen würde, wenn das so wär. (Gruppendiskussion s12).

Page 401: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 404

Die Kontrolle der Arbeit findet nach den Aussagen der deut-schen Softwareentwickler/innen auf der Basis von Standards von Alpha bzw. von der Kundenseite statt, die aus Zeitgründen öfters nicht konsequent umgesetzt werden können und eher zwischen Mitarbeiter/innen kontrolliert werden. Eine direkte Kontrolle der Arbeit gibt es nicht, sondern lediglich eine Orientierung an den Richtlinien des Konzerns bzw. der Kunden.416

Für die ausländischen Mitarbeiter/innen sind die Qualitätsstan-dards für ihre tägliche Arbeit sehr wichtig, um mögliche Missver-ständnisse und Schuldzuweisungen von deutscher Seite zu vermei-den. Deswegen fordern sie die übergreifende Umsetzung von Richtlinien. Kontrolliert fühlen sie sich aber nicht direkt, sondern sie orientieren sich grundsätzlich an solchen Richtlinien und an den Fristen und Terminen, die für alle gelten.417 Darüber hinaus fühlen sie sich an die Vermittlerfirma Alpha 1 Ö in Wien sehr gebunden, sodass sie eine gewisse gemeinsame Identität auf der Basis der all-täglichen Arbeitskommunikation aufgebaut haben, auch wenn sie betrieblich Alpha 1 und den Kunden Alpha als Referenzpunkt be-halten.418

416 wir ham ja dann auf Betreiben, also mehr mehr aus eigener Initiative hinaus noch so’n einen kleinen internen Prozess entwickelt sozusagen, MW: der aber nicht gelebt wird SK: der aus- teilweise auch aus Zeitgründen halt auch nicht komplett gelebt wird, aber der sieht halt vor, dass wir auch die Qualität unserer Arbeit gegenseitig kontrollieren, und alle nach ’nem gewis-sen internen Standard arbeiten sozusagen, der sich allerdings an einem Standard von Alpha orien-tiert. (Gruppendiskussion s14). 417 Kontrolliert in dem Sinne wird das nicht eigentlich. (…) Ich bekomme zum Beispiel einen Task, ja mhm (…) SWE1 B, schau bitte dir das mal an äh, das funktioniert jetzt nicht. Und äh- wenn ich es fertig gemacht habe, bin- dann ist es fertig. Klar, wenn es in eine Stunde fertig sein muss, dann mach ich es in einer Stunde. Aber äh niemand fragt mich so, was hast du heute gemacht. Mhm ich bekom-me äh- es gibt einen Plan, nach dem Plan muss ich mich hal- aus also halten. Ich habe eine Deadli-ne. […] Ich muss mich für diesen Deadline halten. Also so läuft das eigentlich. (SWE1 B Alpha 1, 1381-1397). 418 Ähm die meisten, wie soll ich sagen, die saubersten, reinsten und meisten Informationen bekom-men wir, klar, aus Wien. Und die sind interpretierfrei und sie sind klar direkt, weil wir eine Familie sind. […] Klar von Alpha 1 wissen wir, es- es wird gefiltert. Sie sind trotzdem unsere Kunden also. Mhm jeder hält zu seinen Leuten, denke ich mal. Und ähm sicher, ist es auch so, dass es gibt ein gewisses ähm, na ja, wie soll ich das sagen, wir sehen ein bisschen die Leute von Alpha 1 auf einer

Page 402: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

405 Internationale Professionalität

Aus der Perspektive der deutschen Entwickler/innen sollen die Mitarbeiter/innen selbst für die Qualität ihrer Arbeit Verantwortung übernehmen. Sie haben nicht das Gefühl, dass es eine Kontrolle in ihrer täglichen Arbeit gibt. Im Rahmen der vorgegebenen Fristen gibt es ihrer Ansicht nach genügend Spielraum für eigene Ent-scheidungen über verschiedene Lösungsanwendungen, auch wenn sowohl die technischen Systeme als auch die Kundenanforderun-gen diesen Spielraum begrenzen. Die deutschen Softwareentwick-ler/innen haben gegenüber ihren ausländischen Kollegen/innen den Vorteil, dass sie durch ihren direkten Kontakt mit den Kun-den/innen die Möglichkeit haben, über solche Begrenzungen zu verhandeln.419

Konstruktion beruflicher Identitäten bei Alpha 1

Der Personalverantwortliche erklärt, dass im gesamten Alpha-Unternehmen ca. 3.000 Weiterbildungskurse angeboten werden, die die Mitarbeiter/innen von Alpha 1 besuchen können. Dieses

höheren Skala. […] Weil- und wir müssen immer aufpassen klar auch bei der Kommunikation, wie das läuft und so. (SWE1 B Alpha 1, 775-787). 419 weil wir ja für unsere Aufgaben dann verantwortlich sind, das ist natürlich- wär es jetzt nicht so schön zu hören, dass die das gar nicht anwenden MW: ja vor allem, dann wär’s auch ’n Scheitern vom Projekt, ich mein, wir übergeben’s und nach ’m Monat ist es tot, weil’s nicht mehr funktioniert, dann ist das Projekt natürlich gescheitert, also es ist schon in unserm Interesse, wir machen’s ja auch nach besten Wissen und Gewissen, aber wir ham halt das Gefühl, dass halt die Kontrolle nicht so da ist (…) MV: Prinzipiell hat man meistens mehrere Lösungsmöglichkeiten, in der Regel hat man auch ’n starken Termindruck und da muss ma schaun, dass ma den Termin halten kann, dann ist oft nur noch wenige Lösungsmöglichkeiten offen, aber im Detail hat man schon noch Spielraum SK: das hängt natürlich auch davon ab, wie detailliert und wie streng die die die Anforderungen formuliert wird und vorgegeben wird, wenn natürlich man sagt, na ja, ich hätte gern das und das, aber wie es jetzt genau funktioniert, wird nicht so genau festgelegt, dann kann man natürlich kreativ sein, solang das- solang das Endergebnis stimmt, aber ähm es ist ja jetzt auch so, dass wir im eigent-lich in einem schon bestehenden System entwickeln, wo man sich auch an gewisse- an gewisse Sa-chen halten muss, also gibt’s dann sowohl Beschränkungen von der Anforderungsseite her als auch Beschränkungen von der Systemseite schon, insofern hat man da schon gewisse Grenzen, denk ich mal (…). AO: meistens setzen wir uns ja dann auch mit dem Kunden oder Beratern zusammen und sprechen unsere Lösungsvorschläge durch. (Gruppendiskussion s15-16).

Page 403: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 406

Angebot ist in zwei Bereiche aufgeteilt: produkt- und fachspezifi-sche Trainings auf der einen und alle sonstigen Weiterbildungskur-se auf der anderen Seite. Zu diesem zweiten Bereich gehören Sprachkurse, Trainings in Kommunikations-, Präsentations- und Führungstechniken sowie gesonderte Kurse in Projektmanagement. Diese letztgenannten Kurse sind an den entsprechenden Manage-mentkarrierepfad gekoppelt und bestehen aus Trainings zu Mana-gement- sowie sozialen Fähigkeiten, wie der CEO erklärt.

Die Entscheidung darüber, welche Kurse die Beschäftigten be-suchen, wird im Dialog zwischen den Führungskräften und den Mitarbeitern/innen getroffen. Sie hängt unter anderem davon ab, welche Kompetenzen die Personen mitbringen und welche Anfor-derungen mit der Stelle verbunden sind. Die Auswahl aus dem Kursangebot soll die Mitarbeiter/innen dabei unterstützen, ihren Aufgaben besser gerecht zu werden und ihren eigenen Zielen nä-herzukommen.420 Dem Personalverantwortlichen zufolge engagie-ren sich die Mitarbeiter/innen aus zeitlichen Gründen umso weni-ger „proaktiv“ für Weiterbildung, je höher ihre Position im Mana-gement angesiedelt ist.421

Der Bereich Social Skills hat nach Meinung des Bereichsleiters in der Weiterbildung einen sehr hohen Stellenwert, der in den letz-ten Jahren durch die Internationalisierung des Unternehmens noch gestiegen ist. Auch wenn das für diese Kurse vorgesehene Budget geringer ist als das für die fachspezifischen Angebote, ist es den-noch beträchtlich. Nicht die hierarchischen Positionen sind ent-scheidend für den Stellenwert der Weiterbildung, sondern die Tä-tigkeitsanforderungen, sodass innerhalb der verschiedenen Ebenen

420 Da wird entschieden, indem man sich anguckt die Kompetenzen der Person, die Erfordernisse der Stelle. Und dann ähm im Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiter sich überlegt, wer soll eigentlich welche Weiterbildungsmaßnahmen wahrnehmen, um seinem Job ähm besser gerecht zu werden. Oder um und oder um ähm seinen Personalentwicklungszielen näherzukommen. (PV Al-pha 1, 467-475). 421 je höher das Management, umso weniger proaktive ähm (2) und ähm außerhalb des Arbeitsplatzes stattfindende lernen. Ne? Einfach auf Grund von zeitlichen Limitationen. (PV Alpha 1, 487-491).

Page 404: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

407 Internationale Professionalität

die Mitarbeiter/innen durch Weiterbildung für die Projekttätigkei-ten mobil sein können, wie der Personalverantwortliche erklärt.422

Allerdings weist der Betriebsrat darauf hin, dass Beschäftigte in den niedrigen Hierarchieebenen keine Weiterbildung in sozialen Fähigkeiten erhalten. Auch wenn Weiterbildungsangebote für alle Mitarbeiter/innen offen sind, gibt es Budgetlimitationen, die Priori-täten generieren.423 Außerdem berichtet der Betriebsrat, dass es seit drei Jahren keine Mitarbeitergespräche oder Weiterbildungsange-bote im Bereich der Produkttest mehr gibt.424

Bezüglich der Mobilität der Mitarbeiter/innen existiert diese vor allem durch den Betrieb motiviert. Mobilität ist aus Umstruktu-rierungsgründen und viel weniger aus eigener Initiative der Mitar-beiter/innen zu bezeichnen.425

Aus der Perspektive der Alltagspraxis und konkret aus der Sicht des Projektleiters werden die Weiterbildungsangebote immer mehr intern im Unternehmen organisiert. Kurse in sogenannten „social skills“ werden seiner Meinung nach grundsätzlich nur Mit-arbeiter/innen angeboten, die sich auf den Management-Karrierepfad orientieren.426

Generell schätzt der Projektleiter das Angebot an Weiterbil-dung im Unternehmen als unzureichend ein427 und er betont, dass

422 Ne das das schlüsselt sich nicht nach Hier- Hierarchieebene auf, sondern innerhalb der Hier-archieebenen muss priorisiert werden. (PV Alpha 1, 530-531). 423 im Prinzip äh m ein ähm Weiterbildungsbudget natürlich immer eins ist, was ähm ähm was nie reicht. Ja? (PV Alpha 1, 512). 424 nee, also ähm- also ähm, nicht- sag ich einmal flächendeckend, also früher gab- gab’s auch Weiterbildung, da hat- da sind Pläne gemacht worden für das ganze Jahr, wer auf welche Kurse gehen soll, oder was sollte man machen oder so, aber Weiterbildung, Kurse, davon hab ich schon lange nichts mehr gehört und gesehen I: ja. Wie lange ungefähr nicht? BR: (4) ((seufzt)) drei, vier Jahre mindestens. (BR Alpha 1, 161-166). 425 vielleicht ein Prozent äh pro Jahr zu anderen Alphabereichen. (…) Durch Umorganisation wird der Faktor natürlich vervielfacht ja. (PV Alpha 1, 260-264). 426 im Stammhaus prinzipiell Soft Skills ja, aber im Wesentlichen wird es nur dann gefördert, wenn sich jemand für Personalführung interessiert. (PL1 Alpha 1, 845). 427 Module zum Kompetenzaufbau, Seminare wie zum Beispiel Testmethodik […] nicht mal als Semi-nar angeboten wird. (PL1 Alpha 1, 329).

Page 405: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 408

die Mitarbeiter/innen ständig nach Kursen suchen müssen, die ih-nen statt Spezialisierung einen breiten Überblick vermitteln.

Den Projektleitern im Ausland zufolge werden die Mitarbei-ter/innen aufgefordert, ihre Qualifikationen an die strukturelle Transformation des Unternehmens anzupassen. Dementsprechend existieren in ausländischen Standorten Weiterbildungsangebote, die die Beschäftigten auf die vorgesehenen zwei Karrierepfade führen sollen. Die Entscheidung über den Kursbesuch wird durch Vorge-setze getroffen, die bestimmte Mitarbeiter/innen speziell für Mana-gementtätigkeiten auswählen. Die Projektleiter unterstreichen, dass die Mitarbeiter/innen in ausländischen Standorten sehr motiviert sind und dass der Weiterbildung eine entscheidende Rolle dabei zukommt, diese Motivation aufrechtzuerhalten und die Mitarbei-ter/innen an den Konzern zu binden. Eine solche integrative Funk-tion haben nach Meinung der ausländischen Projektleiter auch die Qualitätsstandards, denn sie schaffen eine gemeinsame Kommuni-kationsbasis, die für eine gemeinsame Identität im Projekt und den Ausgleich interkultureller Unterschiede wichtig ist.428 Sie dienen aber auch dem Zweck, die Entfremdung in Grenzen zu halten, die ausländische Mitarbeiter/innen aufgrund ihrer zu eng geschneider-ten Tätigkeiten im Projektablauf erleben müssen.

Aufgrund der kulturellen Unterschiede zwischen Mitarbei-ter/innen aus verschiedenen Standorten dauert es immer länger, alle Beteiligten in ein Projekt zu integrieren. Die damit verbundene Arbeitsverzögerung, aber auch der von deutschen Mitarbeiter/innen als bedrohlich wahrgenommene Stellenabbau im Unternehmen

(…) muss man dann wieder schauen, was gibt’s anderes, was nicht unbedingt jetzt wirklich Soft-wareentwicklung ist, sondern vielleicht diesen Scope mitbringt. (PL1 Alpha 1, 340). 428 dann verstehen sich die Leute gegenseitig besser, aber das heißt beispielsweise ein ähm Meilen-stein-Designende heißt, ich weiß nicht, ein D3, und wir sagen nicht: „Hast du jetzt dein Design fertig gemacht?“, sondern wir sagen, wir müssen D3 erreichen, D3 heißt- ist nicht nur eine Zahl, sondern dahinter sind Meilensteinkriterien verborgen, das heißt, er muss wissen, wenn ich den D3 erreiche, muss das, das, das, das muss gemacht sein, das heißt über diese Qualitäts- äh äh ähm normen und auch über die gleiche Terminologie wird die Kommunikation natürlich besser, auch die Mentalitäts-unterschiede werden ausgeglichen. (PL Ö Alpha 1, 621-630).

Page 406: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

409 Internationale Professionalität

verdirbt nach Meinung des Projektleiters das gemeinsame Be-triebsklima. Aus seiner Sicht macht sich ein solches schlechtes Be-triebsklima in der Intensivierung der Arbeit bemerkbar, vor allem durch den Druck, den die häufig wechselnden Projektleiter/innen auf die Mitarbeiter/innen ausüben.429

Nach Auffassung des deutschen Projektleiters hat sich die Internationalisierung von Arbeit negativ auf die Motivation der deutschen, nicht aber der ausländischen Mitarbeiter/innen ausge-wirkt.430 Andererseits sind einige Mitarbeiter/innen in Deutschland besonders motiviert, weil sie die Möglichkeit haben, nach Projekt-ende zu Linien- statt als Projektmitarbeiter/innen aufzusteigen, wie der Projektleiter erzählt.

Die Weiterbildung wird im Unternehmen nach Meinung der Softwareentwickler/innen zum Teil in Form von „Pflichtschulun-gen“ organisiert, die die Mitarbeiter/innen je nach Projektbedürf-nissen absolvieren sollen. Die Trainings bestehen aus Modulen, die entsprechend der Karrierestufe festgelegt wurden. Das hat aus der Sicht der Softwareentwickler/innen zur Folge, dass sich die Mitar-beiter/innen manche Kenntnisse, die in bestimmten Projekten not-

429 PL1: doch, also des kann ma- des kann man schon so sagen, dass sich das intensiviert hat, kann man auch an vielen, vielen Indizien ablesen I: ja::, welche Indizien wären das denn so? PL1: beispielsweise, als ich hier angefangen hab in dieser Firma, äh war es üblich, dass jeder in der Früh erst mal a halbe Stunde sei Zeitung gelesen hat […] und dann hat irgendwann einmal zum arbeiten angefangen, […] hat man schon lange keinen mehr gesehen, der Zeitung lesen in der Früh […] oder früher, früher war es üblich, ähm, dass man sich sagen wir mal so einmal die Woche äh-äh oder so in der Größenordnung oder zumindest wenn einer einen Geburtstag hatte oder bei Einstand oder Ausstand dann (halben) ein Tag zusammengesetzt hat und ’ne kleine Feier gemacht hat, so in der Dienststelle, […] das gibt’s schon lange nicht mehr, diese Sachen, die ham sich alle aufgehört (…) auch natürlich weil die Leute äh immer so mehr so durch die Gegend geschoben werden, also früher war’s üblich, dass was weiß ich, eine- eine andere Dienststelle dieser- die ist ja, was weiß ich, zwanzig, dreißig Jahre sind die immer zusammen gewesen, die gleichen Leute und- und- und also in meinem Fall sag ich einmal, die letzten- die letzten vier Jahre glaub ich hatt ich ja sieben verschie-dene Vorgesetzte. (PL1 Alpha 1, 534-561). 430 zum Beispiel mit Rumänien merk ich einfach, dass sie natürlich günstiger sind, und sie sind enga-gierter. Das Problem bei den Deutschen ist ja grundsätzlich hier, wir tun uns ja sozusagen das eigene Grab schaufeln, weil unser Engagement extrem zurückgegangen ist. (…) da sind die da wesentlich motivierter, das ist wesentlich, also dann auch sehr angenehm, mit denen zusammenzuarbeiten. (PL Alpha 1, 1200-1220).

Page 407: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 410

wendig sind und deren Erwerb im Unternehmen nicht angeboten wird, selbst privat aneignen sollen. Allerdings existiert ein internes Netzwerk von Mitarbeiter/innen, das als „Wissensgemeinschaft“ im Unternehmen fungiert und auf das die Mitarbeiter/innen zu-rückgreifen können, wenn sie Fragen haben, wobei externe Wis-sensquellen als Konkurrenz betrachtet werden.

Die deutschen Softwareentwickler/innen betonen, dass sich die Beschäftigten weniger mit der Firma insgesamt als vielmehr mit den einzelnen Projekten identifizieren, auch wenn es ungewiss ist, ob die Beteiligten auf Dauer kooperieren werden.431 Die Chancen, mit bekannten Kollegen/innen zusammenarbeiten zu können, sind aber hoch, wenn es sich um ein großes und langfristig angelegtes Projekt handelt.

Die Softwareentwickler/innen im rumänischen Nearshorecenter müssen gemeinsam mit der Alpha 1-Tochterfirma Alpha 1 Ö in Österreich mit anderen Firmen konkurrieren, um Projekte zu akqui-rieren. Aus diesem Grund haben sie auch eine gemeinsame Identi-tät gebildet, um Vertrauen mit Alpha 1 zu entwickeln. Für die Softwareentwickler/innen ist das sehr wichtig, da ihre Arbeit im Nearshorecenter ihre erste berufliche Erfahrung direkt nach dem Studium darstellt.432

431 SK: also’ne Projektidentität auf jeden Fall AO: würd ich auch sagen, in dem Moment ähm fühl ich mich dann eher zu den Mitarbeitern hier hingezogen als zu meinen Kollegen, mit denen ich zu der Zeit nicht im Projekt zusammenarbeite, das ist- VS: vor allem bei uns, wir sind so eine riesige Firma, ich kenn da bei Weitem nicht alle, also ich identifizier mich schon mit der, ne? MW: also bei uns ist es ja so, außer den Leuten hier vom Projekt kenn ich bei unserer Firma nie-mand. (GD S. 30). 432 Es war, obwohl wir auch Alpha sind- sind, waren wir in Konkurrenz mit Consulting-Firma Y. […] Ich weiß, jetzt von Preisen denk ich, waren wir billiger auf jeden Fall als Consulting-Firma Y. Aber wir mussten auch vertrauen, wir mussten Vertrauen gewinnen, wir- damit wir dann ahm, damit wir dann eigentlich äh im Projekt bleiben und nicht sie. Und der Vorteil, den Consulting-Firma Y hatte, ist dass, sie sind mit erfahrenen Leuten gegangen sind. Sie sind Consultants. Und wir waren alle frisch absolvierte Leute. Die null Ahnung hatten von irgendetwas. Null Ahnung im Job, im Arbeits-umfeld (…). Wir hatten schon einen- nicht nur wir, ich meine auch- auch unsere ähm also die Leute von Wien (…). Weil sie haben sich eigentlich dort in Alpha 1 durchgesetzt […] und mussten für uns dann- für uns einen guten Image machen. Also, wie soll ich sa- so viel- die Verhältnisse waren nicht

Page 408: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

411 Internationale Professionalität

In der Firma haben die rumänischen Softwareentwickler/innen auch die Möglichkeit, Alpha-Weiterbildungsangebote zu besuchen, die zeitlich von Projektarbeitszeiten abgerechnet werden und mit den Projektleiter/innen abgesprochen werden sollen. Priorität haben deswegen vor allem Kurse, die im Rahmen der Thematik des Pro-jektes bleiben. Dennoch haben die Softwareentwickler/innen den Wunsch, sich als Projektmanager weiterzubilden, und sie wollen sich vom Berufsbild des Programmierers auf jeden Fall distanzie-ren.433

Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien bei Alpha 1

In technischen Bereichen ist der Frauenanteil mit unter 10% sehr niedrig, was nach Meinung des Personalverantwortlichen auf die geringe Zahl von Absolventinnen aus technischen Fachgebieten zurückzuführen ist. Auch in Führungspositionen gibt es nur sehr wenige Frauen. In Bereichen wie Personalwesen, Finanzen, in den kaufmännischen Gebieten sowie in Marketing und Vertrieb sind Frauen traditionell hingegen sehr stark repräsentiert.434

Während bei Alpha viele Programme existieren, um den Frau-enanteil in der Organisation zu erhöhen, sind ähnliche Maßnahmen bei Alpha 1 erst noch im Entstehen, meint der Personalverantwort-liche. Es werden Kontaktmöglichkeiten für Eltern während der Elternzeit sowie Telearbeit und auch sogenannte Sabbaticals ange-boten, außerdem werden Kindertagesstätten sowie der Wiederein-stieg unterstützt. Gerade bei Sabbaticals stellt sich aus der Sicht des immer die besten ähm mit Alpha 1. Aber mittlerweile mhm sind- sind sie sehr stolz. Also unsere Chefs aus Wien sind sehr stolz aus das- auf das, was wir erreicht haben. Ende Juni wird Consulting-Firma Y das Projekt verlassen. Und dann sind wir nur auf uns gelassen. (SWE1 B Alpha 1, 535-559). 433 hier werden die Programmierer nicht besser gesehen als die Tester oder so. (SWE1 B Alpha 1, 2026). 434 wir haben ja sehr wenig Frauen, die Technik in Deutschland studieren. Demzufolge haben wir natürlich auch wenig Frauen, die Technik repräsentieren in der Belegschaft. Ja? So rum. Aber traditionell stark im Personalwesen, im Finanzen. Also in der ganzen Kaufmannschaft. Die ja bei Alpha sowieso traditionell stark ist. Und ja auch in Bereichen wie Marketing. Vertrieb. Ja, durchaus. (PV Alpha 1, 592-603).

Page 409: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 412

Personalverantwortlichen die Frage, was die Mitarbeiter/innen sich für die Zeit danach vorgenommen haben und wie berechenbar die Organisationsstruktur und ihre Führungskräfte sind. In dieser Hin-sicht sind die Konsequenzen von Sabbaticals individuell sehr unter-schiedlich.435

Wenn Mitarbeiter/innen wieder ins Unternehmen einsteigen wollen, können sie in ihre früheren Fachgebiete zurückkehren und auch entsprechende Weiterbildungsangebote nutzen. Ein Einstieg in andere Fachgebiete gestaltet sich jedoch schwierig, weil sie dort nicht bekannt sind. Für Spezialisten/innen ist ein solcher Wechsel aber kein Problem.436

Der Personalverantwortliche weist darauf hin, dass es in beiden fusionierten Unternehmen von Alpha 1 Programme zur Unterstüt-zung der Beteiligung von Frauen in ähnlicher Form gibt, wobei solche Programme als gleich wie in allen Unternehmen bezeichnet werden.437

Der Bereichsleiter ist grundsätzlich der Auffassung, dass spezi-elle Programme für die Unterstützung von Frauen im Unternehmen überflüssig sind. Frauen sind seiner Meinung nach genauso kompe-tent wie Männer. Probleme, die sich aus Familienverpflichtungen ergeben könnten, sollen privat zwischen Männern und Frauen ge-löst werden.

Auch der Betriebsrat bestätigt, dass Frauen überwiegend in den Verwaltungsbereichen des Unternehmens tätig sind. Die Program-

435 Na ja, das kommt immer drauf an. Also wo Sie gerade stehen und ähm was in der Zeit passiert, wo Sie im Sabbatical sind. Was Sie im Sabbatical machen, was Sie sich hinterher vorgenommen haben. Wie belast- wie berechenbar die ganze Organisationsstruktur ist. Wie berechenbar Ihre Führungs-kräfte sind. Da gibt’s viele Einflussfaktoren. Das individualisiert sich sehr stark. (PV Alpha 1, 672-684). 436 Das äh Unternehmen bietet natürlich zunächst mal ne Widereinstiegsmöglichkeit in dem Fachbe-reich als aus dem man gekommen ist. Ne? Und äh ganz klar muss das mit Weiterbildung unterstützt werden. Ne? Und äh n bissel schwieriger wird’s rein aus praktischen Gründen, wenn Sie sich für’n ganz anderen Job bewerben. Weil Sie natürlich da keiner kennt im Zweifelsfall. Und ähm das dann alles äh aber für Spezialistenfunktionen ist es auch da kein Thema. (PV Alpha 1, 688-696). 437 Nä. Die die Bestandteile sind überall das Gleiche. Und im (Entering) zum Beispiel äh auch ge gezieltes (Mentoring) für Frauen ist überall mit drin. (PV Alpha 1, 719-720).

Page 410: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

413 Internationale Professionalität

me, die zur Unterstützung der Partizipation von Frauen in der Fir-ma existieren, scheinen dem Betriebsrat nicht wirksam, weil sie nicht berücksichtigen, dass hierfür vor allem der Aufbau eines Netzwerks und das Präsenzzeigen entscheidend sind. Generell ist es für Frauen aufgrund familiärer Verpflichtungen sehr schwer, sich in der wichtigsten Karrierephase im Alter zwischen 30 und 40 Jahren weiterzuentwickeln.438

Ein Hindernis für das für den Karriereaufstieg entscheidende Präsenzzeigen ist die Teilzeitarbeit, die fast nur von Frauen in An-spruch genommen wird, wie der Personalverantwortliche und der Betriebsleiter berichten. Teilzeitarbeit erlaubt keinen Karriereauf-stieg und aus einer Teilzeitposition heraus ist auch kein schneller Wechsel auf eine Vollzeitstelle möglich. Wegen des dauerhaften Stellenabbaus im Unternehmen müssen Mitarbeiter/innen, die wie-der Vollzeit arbeiten möchten, langwierige Verhandlungen mit Vorgesetzen führen, und benötigen zudem die Unterstützung eines Fürsprechers, um erfolgreich zu sein.439

Grundsätzlich gibt es im Fertigungsbereich Schichtarbeitszei-ten und im Angestelltenbereich sogenannte „Vertrauensarbeitszei-ten“. Sie ermöglichen im Prinzip eine flexible Gestaltung der Ver-einbarkeit von Arbeit und Leben, sind allerdings je nach Arbeits-vertrag440 und vor allem je nach Geschäftszyklus unterschiedlich. Grundsätzlich werden in den Fertigungs- sowie in den Angestell-tenbereichen Vollzeitbeschäftigungsmodelle bevorzugt.

438 wenn man einfach in der Zeit nicht dagewesen ist, ich mein, wenn man studiert, ist man nachher 25, 28, vielleicht 30, (…) so und wenn man dann einfach einen Kinderwunsch hat, und dann gehen da sag ich einmal fünf, sechs Jahre ins Land […] äh und des ist so, äh die entscheidenden Jahre sind die zwischen 30 und 40, (…) ja, mit 40 sollte man ungefähr eine- eine- eine Stufe vor der Stufe stehen, was seine Zielstufe ist. (BR Alpha 1, 787-791). 439 es kommen schon wieder ab und zu Leute raus, aber die haben dann jahrelang da-da Kämpfe und Bitten und Betteln und- und brauchen dann ja einene Fürsprecher, es ist schwierig, da wieder raus-zukommen. (BR Alpha 1, 710-712). 440 Das hängt vom m Geschäftszyklus ab, in dem wir gerade sind. Also wenn’s ähm äh wenn’s gut aufwärts geht immer. (…) Ja wenn’s gerade abwärts geht, ist es schwierig. (…) Ja wobei es also stark reguliert wird’s nich. Weil es ist vielen Führungskräften lieber, Vollzeitmitarbeiter zu haben. (PV Alpha 1, 628-640).

Page 411: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 414

Was die Projektarbeitspraxis angeht, so werden die Arbeitszei-ten an die Projektbedürfnisse angepasst, erklärt der deutsche Pro-jektleiter. Das bedeutet, dass es Zeiten gibt, in denen die Mitarbei-ter/innen sehr intensiv arbeiten müssen, und andere Phasen, in de-nen die Mitarbeiter/innen sich Pausen gönnen können. Die Arbeits-zeiten unterscheiden sich allerdings je nach der Natur des Projekts. In Projekten mit knappen zeitlichen, personellen und finanziellen Ressourcen müssen die Mitarbeiter/innen extreme Arbeitsbelastun-gen aushalten. Überstunden und Arbeit am Wochenende sind dabei die Regel. Der Qualitätsmanager berichtet in diesem Zusammen-hang, dass Überstunden häufig kaum abgebaut werden können und sie werden auch nicht finanziell ausgeglichen.441 Speziell in inter-nationalen Projekten ist die Arbeitsbelastung wegen Kommunikati-ons- und Koordinationsschwierigkeiten höher, sodass zusätzliche Abstimmungsprozesse notwendig sind.

Die Softwareentwickler/innen sind der Ansicht, dass Familien-verpflichtungen ein Hindernis für die Karriere darstellen, denn Mobilität und die Bereitschaft, Überstunden zu leisten, sind für einen beruflichen Aufstieg erforderlich. Dabei hat keine/r der Softwareentwickler/innen Kinder und sie sind alle noch unter 30 Jahre alt. Sie differenzieren zwischen dem Karriereverhalten von Männern und Frauen in der Firma. Während die zahlreichen Männer mit Kindern, die es in der Firma gibt, trotz ihrer Familien-verpflichtungen mobil bleiben, ändert sich die Mobilitätsbereit-schaft von Frauen, sobald sie Kinder bekommen, und sie bleiben zuhause. Die Befragten selbst sind zuversichtlich, dass es möglich ist, nach einer Familienpause wieder in ein gutes Projekt einsteigen zu können. Voraussetzung hierfür ist, dass sie ihr Netzwerk vorher gut ausgebaut haben und dass sie in den zentralen Netzwerkorten

441 man hat ja keine Zeit, um Überstunden abzubauen (…) das heißt nicht, das jetzt jeder deswegen unglücklich ist, […] also, der eine oder der andere macht’s ja auch sehr gern. (…) äh es gab Zeiten, da hat man die Überstunden auch noch bezahlt bekommen, (…) was momentan auch nicht mehr der Fall ist (…), momentan gibt’s halt nur viel Arbeit ohne Ausgleich. (QM Alpha 1, 794-790).

Page 412: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

415 Internationale Professionalität

der Firma bleiben.442 Alle deutschen Softwareentwickler/innen haben einen festen Arbeitsvertrag, der durch Projektaufträge finan-ziell aufgestockt wird. Asymmetrien zwischen den deutschen Soft-wareentwickler/innen entstehen also abhängig davon, in wie vielen Projekten sie gearbeitet haben und welches Prestige und welche Laufzeiten diese Projekte in der Firma haben. Darauf bauen die Softwareentwickler/innen ihre Expertise und auch ihr Netzwerk auf, um Zugang zu Projekten und damit zusätzliche finanzielle Gra-tifikationen zu erhalten. Programme des Unternehmens zur Unter-stützung von Frauen oder zur Vereinbarkeit von Arbeit und Leben sind den Softwareentwickler/innen nicht bekannt.

Außergewöhnlich ist die Situation im Nearshorecenter in Ru-mänien, wo im Softwareentwickler/innenteam mehrheitlich Frauen vertreten sind. Dies geht darauf zurück, dass Frauen häufiger über Auslandserfahrungen und über Sprachkenntnisse als Männer verfü-gen und dass weibliche Bewerberinnen in den Personalauswahlver-fahren ein sichereres Auftreten zeigten. Alle Softwareentwick-ler/innen im Nearshorecenter sind unter dreißig Jahre alt und wur-den direkt aus der Universität rekrutiert. Keine/r von ihnen hat Kinder oder plant aktuell, eine Familie zu gründen. Ebenso wie ihre

442 AO: bei uns ist das abhängig davon, weiblich oder @männlich@, bei den Männern ist das so, die reisen trotzdem, auch wenn se Familie haben, das ist bei uns auf jeden Fall so, ähm, da se ja dann immer von montags bis donnerstags oder Freitag unterwegs sind, dann nur über’s Wochenende zu Hause, und ei den Frauen, sobald se dann Familie planen, Kinder kriegen, ändert sich das dann entsprechend, weil es nicht anders geht und meistens ist dieser Job wirklich mit Reisen verbunden, das steht im Vertrag drin (…) MW: das ist auch bei uns hier so, wenn de halt schon ein großes Netzwerk hast innerhalb der Firma, dann kannste halt’n bisschen steuern, wo de hinkommst, wenn dein Projekt mal zu Ende auf’n neues Projekt, dann kannst du zum Beispiel steuern, dass de halt immer jetzt im Bereich München bleibst, so und da ist- dann gibt’s halt von unserer Firma die Möglichkeit, wir ham hier das Office, du kannst halt dann hier wohnen und dann bist du dem Office zugeordnet, aber wenn de dann halt zum Beispiel irgendwo dich halt niederlassen willst, wo’s halt kein Office gibt von unserer Firma, dann wird’s halt schwierig und dann ist eigentlich die einzige Möglichkeit dann „die Firma zu wechseln“, weil es wird halt immer davon ausgegeben, dass du halt in der Nähe vom Office wohnst und wenn das halt- wenn du halt nicht gerade jetzt in München, Frankfurt oder Berlin wohnen willst, dann hast du eigentlich keine Möglichkeit und noch kein so richtiges Netzwerk hast, dass de mit Sicherheit sagen kannst, jetzt komm, ich bleib jetzt hier mal bei Projekten hier im Raum München, dann ist es einfach zu riskant halt. (GD s30).

Page 413: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 416

deutschen Kollegen/innen kennen auch die Softwareentwick-ler/innen in Rumänien die Firmenprogramme zur Vereinbarkeit von Arbeit und Leben nicht. Insbesondere die befragten Frauen stellen es sich sehr schwer vor, Arbeit und Familienleben zu ver-einbaren.443

III.3.3.2 Zwischenfazit: Internationalisierung der Arbeit und Transformation der Arbeitsorganisation in der Telekommunikation

Alpha 1 praktiziert eine substitutive Beschäftigungspolitik, die primär darauf zielt, Kosten zu reduzieren, um sich im Alphakon-zern als günstiger Anbieter von Expertise gegen die interne und externe Konkurrenz zu positionieren. Zwar agiert Alpha 1 in einem internen Arbeitsmarkt im Rahmen von Alpha; allerdings hat sich der Telekommunikationsmarkt seit Ende der neunziger Jahre mit den Liberalisierungsprozessen und der Diversifizierung der Pro-duktion durch die Fusion mit Multimediaanbietern so entwickelt, dass immer mehr IT-Dienstleistungen und Softwareentwicklungs-kompetenzen in diesem Segment benötigt werden, die grundsätz-lich nicht Kompetenz von Alpha 1 sind. Darüber hinaus bietet Al-pha 2 innerhalb des Konzerns Alpha Expertise in IT-Dienstleistungen bzw. Softwareentwicklung an, sodass eine interne Konkurrenz zwischen beiden IT-Segmenten in Alpha entsteht. We-gen der internen Konkurrenz im Konzern versucht Alpha 1, seine eigenen Expertisekapazitäten zu externalisieren. Damit werden Tätigkeiten speziell in den Bereichen Softwareentwicklung und IT-Dienstleistungen massiv zu ausländischen Tochterfirmen oder Con-sulting-Unternehmen ausgelagert, die miteinander um Alpha 1 als Kunden konkurrieren.

443 Gut, die meisten, die auch Kinder haben, sind Männer @(.)@ Also weil- es wird das ein bisschen schwieriger sein. Ganz genau weiß ich nicht, wie es sein wird, aber es wird ein bisschen komplizier-ter sein. Das bin ich mir sicher. (SWE2 B Alpha 1, 1176-1179).

Page 414: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

417 Internationale Professionalität

Die neue internationale Arbeitspraxis wird durch technisch vermittelte Kommunikation geprägt, die zu zahlreichen Missver-ständnissen zwischen Mitarbeiter/innen aus unterschiedlichen Kul-turen führt. Alpha 1 versucht die Kommunikationsprobleme mithil-fe einer Tochterfirma in Österreich zu überwinden, die eine Brü-ckenfunktion mit den näher gelegenen Ländern in Osteuropa ein-nimmt. Die Verbindung zwischen den Definitionen von Arbeit und der internationalen Arbeitspraxis wird von Alpha 1 im direkten Zusammenhang mit Alpha-Plänen hergestellt. Aufgrund der beson-deren Nähe zu Alpha als Hauptkunden nimmt Alpha 1 eine privile-gierte Position in der internationalen Wertschöpfungskette ein. Al-pha 1 kann darüber mitentscheiden, wie Tätigkeiten abgegrenzt und definiert und wo sie verortet werden. Damit kann das Unternehmen auch Entscheidungen über die Regeln für die internationale Ar-beitspraxis treffen. Als eine transnationale Firma im Sinne von Bartlett und Ghoshal (2002) oder als heterarchisches Netzwerk (Hedlund 1993) kann Alpha 1 nicht bezeichnet werden. Vielmehr kann Alpha 1 nach Morgan und Quack (2005: 284) dem Typus der hierarchisch kontrollierten Firma zugeordnet werden, auch wenn Alpha 1 nicht alle Charakteristika dieses Typus aufweist. Weiter-bildung dient dem Zweck, technische Standards und Arbeitsregeln zu verbreiten, die zur Standardisierung von Routinen und Praktiken beitragen sollen. Weiterhin existiert ein firmeninterner internatio-naler Arbeitsmarkt mit nationalen und internationalen Karrieren. Allerdings liegt die Autorität im internationalen Netzwerk nicht bei einem internationalen Komitee, wie in Morgans und Quacks Typo-logie. Entscheidungen über Tätigkeitsdefinitionen und -allokationen werden vielmehr von deutschen Managern bei Alpha und Alpha 1 getroffen.

Die substitutive Beschäftigungspolitik von Alpha 1 hat inso-fern eine Arbeitstransformation verursacht, als sowohl in Deutsch-land als auch in den ausländischen Tochterfirmen immer mehr Koordinations- und Kontrolltätigkeiten benötigt werden. Aufgrund

Page 415: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 418

von Kosteneinsparungen übernehmen Projektmanager/innen und Qualitätsmanager/innen die Verantwortung für mehrere Schnittstel-len, wobei sie gleichzeitig darauf hinarbeiten, dass die Software-entwickler/innen selbst immer mehr Verantwortung für die Arbeit übernehmen. Das setzt voraus, dass die Softwareentwickler/innen nicht ausschließlich als Spezialisten/innen agieren, sondern in der Lage sind, als Generalisten/innen die immer wieder auftretenden unerwarteten Projektprobleme mit anderen Kollegen/innen zu lö-sen. Ähnlich wie schon die Fallstudien zum IT-Dienstleistungssegment gezeigt haben, wird numerische und fach-liche Flexibilität miteinander kombiniert (Benner 2002; Flecker 2005). Die Karriereoptionen in Alpha 1 wurden an diese Arbeits-transformation angepasst: Der Managementpfad, wo die Wissens-erwartungen breiter sind, bietet bessere Aufstiegschancen als der technische Pfad. Interne Alpha-Zertifikate unterstützen den Trans-formationsprozess, weil sich Mitarbeiter/innen mit deren Hilfe als anerkannte Professionals in der Firma bzw. im Konzern etablieren.

Um die Arbeitstransformation zu kontrollieren, werden nicht nur Zertifikate verwendet, sondern auch Rekrutierungspraktiken, die sich grundsätzlich an den ausländischen Arbeitsmärkten orien-tieren und sich allgemein an junge Generalisten bzw. potenzielle Manager richten, die vor allem soziale Kompetenzen im Sinne von „Eigenverantwortung“ und internationale „Führungskompetenzen“ aufweisen sollen. Die internationalen Qualitätsstandards von Al-pha, die als Leitbild für Alpha 1 und ihre Tochterfirmen gelten, haben eine legitimierende Funktion für die Transformation der Ar-beitsorganisation. Auf der Grundlage dieser zentralisierten Quali-tätsstandards werden die Arbeitsleistungen in den Projekten bewer-tet und damit wird auch über die Karrierechancen der Mitarbei-ter/innen und vor allem die Austauschbarkeit der „Professionals“ im Konzern entschieden.

Während die deutschen Mitarbeiter/innen eine solche berufli-che Transformation ablehnen, streben die Softwareentwickler/innen

Page 416: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

419 Internationale Professionalität

in Osteuropa umgekehrt eine Managerkarriere an. Die deutschen Softwareentwickler/innen identifizieren sich prinzipiell mit ihren Kollegen/innen im Projekt und möchten ihre Arbeitsidentität als Softwareentwickler/innen beibehalten. Ihre ausländischen Kolle-gen/innen verstehen sich demgegenüber eher nur temporär als Softwareentwickler/innen und orientieren sich mehr an einer lang-fristigen Identität als Alphaianer/innen. Darüber hinaus werden junge Spezialisten/innen durch frühe Sozialisation in den Universi-täten der osteuropäischen Standorte in die Arbeitskultur und -regeln des Unternehmens habitualisiert, sodass Weiterbildungskosten und direkte Kontrollmechanismen reduziert werden können, wie es auch Morgan und Quack in ihrer Typologie für diesen Unterneh-menstypus beschreiben. Für die deutschen Softwareentwick-ler/innen stellen die ausländischen Kollegen/innen eine Konkurrenz dar, die ihre Arbeitsidentität bedroht, denn mit der Auslagerung verschwinden diese Tätigkeiten aus den deutschen Standorten. Zu-dem wurden diese Beschäftigten meist in der Informatik soziali-siert, wo der Managerhabitus gar nicht existiert.

Die konzernübergreifende Weiterbildung stellt einen zusätzli-chen legitimierenden Mechanismus der Arbeitstransformation dar. Alle Mitarbeiter/innen von Alpha 1 und seiner Tochterfirmen ha-ben Zugang zu den Kursen, die Alpha anbietet und die an die ver-schiedenen Karrierestufen in der Firma angekoppelt sind. Die Ent-scheidung über den Besuch solcher Kurse wird in der Praxis von Vorgesetzten getroffen, sodass diese die Belegschaften in die ge-wünschte Richtung einer Tätigkeitstransformation lenken können.

Sichtbare Arbeitsleistungen in Projekten, persönliche Kontakte mit Projektleiter/innen sowie Weiterbildung und Mobilitätsbereit-schaft sind die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Karriere bei Alpha 1. Die Mitarbeiter/innen gewinnen damit die Aufmerk-samkeit von Vorgesetzten, die im Rahmen der grundsätzlich im Managementbereich vorhandenen Optionen über Karrierewege entscheiden. Weil die Karrierechancen derzeit sehr schlecht sind,

Page 417: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 420

werden Kontakte die wichtigste Quelle für den beruflichen Auf-stieg. Es ist also die „informelle“ Arbeitsreputation im Netzwerk (Marsden 1999), die zur Leistungsbereitschaft motivieren soll, wo-bei Weiterbildung sowie in Qualitätsstandards integrierte vordefi-nierte Arbeitsleistungen als institutionelle Mythen (Meyer/Rowan 1977) zur Legitimation des Karriereaufstiegs genutzt werden sol-len. Ein temporärer Ausstieg aus der Firma oder eine reduzierte Präsenz in der Alltagspraxis etwa aufgrund von Teilzeitarbeit sind umgekehrt die wichtigsten Barrieren für einen Karriereaufstieg. Vor allem Frauen mit familiären Verpflichtungen sind von solchen Barrieren betroffen. Die im Konzern institutionalisierten formellen Maßnahmen, um Chancenasymmetrien zwischen Frauen und Män-nern zu überwinden oder um die Vereinbarkeit von Arbeit und Le-ben zu unterstützen, können solche Barrieren nicht beseitigen. Sie werden aber als „rhetorischer Gleichheitsmythos“ genutzt (Wette-rer 2005). Nach der Typologie von Funder (2006) kann Alpha 1 als ein symbolisch-egalitäres Unternehmen bezeichnet werden. Doch wie bei Funders (ebd.: 203) ambivalent-egalitären Firmen werden in Alpha 1 auch Frauen für technische Tätigkeiten rekrutiert und es lässt sich auch durchaus eine Sensibilisierung für Geschlechter-asymmetrien und ein Bemühen um die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben feststellen. Dennoch bleibt das Unternehmen damit auf dem Niveau einer „rhetorischen“ Modernisierung im Sinne Wetterers (2003).

III.3.4 Produktionsfeld Hardwareentwicklung

III.3.4.1 Delta: Fragmentierte kerngeschäftsbezogene internationale Beschäftigungspolitik

Delta ist eine Aktiengesellschaft, die im Jahr 1999 aus einem Spin-off von Alpha gegründet wurde. Sie bietet Halbleiter- und System-lösungen anbietet. Es sind zwei Geschäftsbereiche, in denen das

Page 418: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

421 Internationale Professionalität

Unternehmen seine Produktion auslagert: Automobil, Industrie-elektronik und Multimarkt sowie Anwendungen in der Kommuni-kation. Darüber hinaus produziert Delta Speicherprodukte in Zu-sammenarbeit mit seiner Tochter Delta 1. Die Beteiligung an Del-ta 1 soll immer weiter reduziert werden und im Jahr 2009 schließ-lich unter 50% liegen (Konzernjahresabschluss). Mit weltweit rund 43.000 Mitarbeiter/innen (davon etwa 13.500 bei der Noch-Tochterfirma Delta 1) erzielte Delta im Geschäftsjahr 2007 (Ende September) einen Umsatz von 7,7 Milliarden Euro (davon 3,6 Mil-liarden Euro bei Delta 1).

In dem Bereich Automobil, Industrieelektronik und Multimarkt geht es hauptsächlich um die Produktion von Elektronikkomponen-ten für Autos, um energie- sowie sicherheitsbezogene Produkte für Industrieanlagen, um Anwendungsgebiete für Haushaltsgeräte, aber auch um Unterhaltungselektronik, Computerprodukte sowie Kom-munikationsgeräte. Darüber hinaus gibt es in diesem Bereich ein Segment, das auf Sicherheitslösungen spezialisiert ist. Im Bereich Kommunikationslösungen produziert Delta drahtlose sowie draht-gebundene Kommunikationsprodukte. Die Tochterfirma Delta 1 beschäftigt sich mit der Produktion von Speicherchips sowie mit deren Fertigung und Vertrieb. Darüber hinaus gibt es zwei zusätzli-che Segmente bei Delta: „Sonstige Geschäftsbereiche“ ist zustän-dig für die verbleibenden Aktivitäten von veräußerten Geschäften und andere Geschäftsaktivitäten. Das zweite Segment „Konzern-funktionen und Eliminierungen“ erfasst die Positionen, die nicht anderen Segmenten zugeordnet werden können, wie bestimmte Kosten der Konzernzentrale, strategische Investitionen, nicht ver-rechnete Leerkosten oder Umstrukturierungskosten.

Ein wichtiger Grund für die Ausgliederung von Delta aus dem Mutterkonzern war der geringe Anteil, den der Geschäftsbereich von Delta am Gesamtumsatz bei Alpha hatte. Er lag 1998 bei 5,7%. Die Firma wurde im Jahr 2000 gleichzeitig in Frankfurt und in New York an der Börse notiert, was eine Herausforderung darstell-

Page 419: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 422

te. Dieser doppelte Börsengang bedeutete die Einführung einer selbstständig agierenden Firma in zwei der wichtigsten Finanz-märkte der Welt. Dadurch verbesserten sich die Geschäftsmöglich-keiten für Delta: Als eigenständiges Unternehmen kann es andere Kunden (z.B. Alpha-Wettbewerber) akquirieren, hoch qualifizierte Mitarbeitern/innen durch ein weltweites attraktives Mitarbeiterbe-teiligungsprogramm gewinnen und binden sowie flexibler und schneller auf sich verändernde Marktsituationen reagieren. Durch seine Unabhängigkeit kann Delta einfacher Partnerschaften mit anderen Marktteilnehmern eingehen oder Zugang zum Kapital-markt zur Deckung des in der Halbleiterindustrie hohen Kapitalbe-darfs finden und Aktien als Akquisitionswährung nutzen (Bericht strategische Börseneingang 2000). Darüber hinaus war mit dem doppelten Börsengang eine Erweiterung des Investorenspektrums sowie ein hoher Prestigegewinn für Delta in ausländischen Märkten verbunden. Bei der öffentlichen Kampagne zum Börsengang wurde der Bezug zu Alpha in den Vordergrund gestellt, um den Anlegern das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Dieser Bezug zu Alpha ist aber nicht nur für Anleger wichtig, sondern auch, um angesichts des aktuell akuten Fachkräftemangels auf dem Arbeitsmarkt hoch qualifizierte Mitarbeiter/innen zu werben. Ende 2007 ging Delta ein Joint Venture mit Alpha ein, um in Deutschland und Ungarn Halbleiter zu produzieren und zu vertreiben. Alpha bringt in dieses Joint Venture keine Geschäftsaktivitäten ein, hält aber 40% der Stimmrechte und beteiligt sich an den Entscheidungen.

Verbindung zwischen Arbeit und organisierter Praxis bei Delta

Die Personalverantwortlichen sind für die Einstellung neuer Mitar-beiter/innen zuständig, nicht aber für die Allokation von Mitarbei-ter/innen in den verschiedenen Projekten. Hierüber entscheidet vielmehr ausschließlich das Management welche/r Mitarbeiter/in in welchem Projekt arbeiten soll, auf der Grundlage dessen, was es

Page 420: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

423 Internationale Professionalität

über die jeweilige Person weiß. Für die Allokation der Mitarbei-ter/innen ist vor allem das jährliche Mitarbeitergespräch wichtig, aber auch der sogenannte „Round-Table“, in dem das Management bzw. die Führungskräfte über jede/n einzelne/n Mitarbeiter/in und ihre Entwicklungsperspektiven diskutieren.

Der Vizepräsident bestätigt, dass die Projekt-Allokation nicht zentralisiert ist. Stattdessen werden je nach Arbeitsbereich Perso-nen identifiziert, die zu den Projektbedürfnissen bzw. der gesuchten Expertise passen und Zeitkapazitäten zur Verfügung stellen kön-nen.444 Wenn sich intern keine geeigneten Kandidaten/innen finden lassen, wird extern rekrutiert. Bei diesen externen Kandida-ten/innen handelt es sich nicht um Offshore-Mitarbeiter/innen, son-dern um Berater/innen.

Für die Mitarbeiter/innen sind vor allem die großen Projekte at-traktiv, weil sie damit sowohl in der Organisation als auch im „Bu-siness“ „sichtbar“ werden und ihre Beschäftigungschancen und -optionen verbessern können. Solche großen Projekte werden durch ein neues standardisiertes Auftragsabwicklungssystem vorbereitet. Da diese Vorbereitung dennoch meist recht lange dauert, bleibt den Mitarbeiter/innen ausreichend Zeit, sich auf den Wechsel in das neue Projekt einzustellen. Die Information über offene Projekte läuft sehr informell bzw. durch „Flurfunk“, wie der Vizepräsident dies nennt.445

444 Ja wir ham keinen zentralen Projektmitarbeiterpool. Ja? Das gibt es bei uns nicht. Das wär auch nicht zielführend meiner Meinung – nach. Wir ham uns oft drüber unterhalten, ob wir so was machen sollen, ob wir so was brauchen. Ich behaupte, es macht keinen Sinn, weil wenn sie ein Projekt haben, dann haben sie kein „grüne Wiese“-Projekt, sondern sie ham meistens ein Projekt, das ein spezifi-sches Know-how in zu oder über eine Applikation oder Technik benötigen. Und dann nehmen Sie nicht irgendeinen, sondern Sie nehmen einen der schon Ahnung hat in dieser Technik oder mit dieser Applikation. (…) Das heißt, das is, ja wir haben im Prinzip Gruppen, wo – ich sag jetzt Mal wir ham eine Finance-Gruppe, da werden die ganzen Finance-Themen abgefackelt und jetzt kommt ein neues Projekt rein und dann schaut man innerhalb der Finance-Group als Erstes, gibt es dort jemand, ders kann. Ders kann und Zeit hat. (VP, 807-814; 818-822). 445 das sind meistens die großen Projekte, die dann Interesse finden, und wenn Leute da ambitioniert sind und sagen, ich möchte jetzt dieses Projekt fahren und damit erreicht man eine große Visibilität durch die Organisation und dem Business (…) also einfach Information des läuft, des f – e der Flurfunk funktioniert da schon sehr schnell. (VP, 844-847; 859-860).

Page 421: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 424

Zum Zeitpunkt der Interviews ist der deutsche Fachkräfteman-gel bzw. der Mangel an Bewerbungen für das Unternehmen sehr akut, wie die Befragten beklagen. Die Gründe für Letzteres bringt die Personalverantwortliche in Zusammenhang mit schlechten Schlagzeilen in der Presse, die sich auf einen Stellenabbau bei Del-ta im Jahr 2001 oder aktuelle Offshoringpläne bezogen. Delta be-müht sich auch darum, Kandidaten/innen aus Beratungsunterneh-men zu rekrutieren. Das ist allerdings nicht einfach, vor allem weil die Gehaltsvorstellungen und die Ansprüche der Berater/innen an ihr berufliches Fortkommen sehr hoch sind. Außerdem kann Delta im Unterschied zu Beratungsunternehmen keine zusätzlichen An-reize wie private Reisen oder einen Firmenwagen bieten.

Im Prinzip sind nach Meinung des Vizepräsidenten sämtliche Tätigkeiten bei Delta auslagerbar. Die Entscheidung über die Aus-lagerung hängt von den Kundenwünschen und von der Strategie des gesamten Unternehmens, aber auch davon ab, wie stark der Kostendruck ist. Grundsätzlich bedeutsame Faktoren sind auch das Ausmaß der Strukturiertheit der Firma und die Komplexität der Produktionsprozesse.

Externalisierung wird eher mit Customizing in Verbindung ge-bracht, sodass bestimmte Entwicklungstätigkeiten an externe, aber bereits bekannte Firmen vergeben werden, nämlich an Alpha oder deren Tochterunternehmen. Darüber hinaus arbeitet Delta je nach Projektbedürfnissen auch mit Beratungsfirmen und Software-Häusern aller Couleur zusammen. Dem Vizepräsidenten zufolge wurde der gesamte Bereich der Umsetzung ausgelagert, das heißt Codierung und Entwicklung sowie Testing. Die Personalverant-wortliche berichtet, dass der Bereich Projektleitung in Deutschland bleibt und lediglich projektunterstützende Tätigkeiten ausgelagert werden. Der Vizepräsident betont, dass die Projektphasen des Requirementsengineering und des Geschäftsprozesses mit den Kunden, die Detaillierung und Spezifizierung von Produkten in Deutschland bleiben.

Page 422: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

425 Internationale Professionalität

Neu hinzugekommen sind Koordinationstätigkeiten und vor al-lem Kontrolltätigkeiten oder in den Worten des Vizepräsidenten446 „Babysitter für Offshorestandorte“. Bei dieser Tätigkeit geht es vor allem darum, die Mitarbeiter/innen in ausländischen Standorten in den gesamten Prozess einzubinden, nicht zuletzt um zu erreichen, dass ihre Arbeit die deutschen Anforderungen erfüllt. Deswegen ist es wichtig, dass diese „Babysitter“ Deutsche sind, denn nach Mei-nung des Vizepräsidenten kennen sich die ausländischen Mitarbei-ter/innen mit den gesamten Arbeitsprozessen im Detail nicht aus. Dieser zusätzliche Koordinationsaufwand wird dem Vizepräsiden-ten zufolge in der Regel in Offshoringprojekten nicht beachtet und auch nicht in die Kalkulation einbezogen.

Aus der Sicht der Personalverantwortlichen hat Offshoring nicht zu einer Abschaffung von Tätigkeiten oder zu Kündigungen von Mitarbeitern/innen geführt. In Deutschland gab es einen Ein-stellungsstopp und Beschäftigte, deren Tätigkeiten ausgelagert worden waren, wurden intern versetzt. Dadurch gab es auch keine Probleme mit dem Betriebsrat. Zu Beginn der Offshoringaktivitäten wurde aber versucht, massiv Arbeitsplätze abzubauen. Aus der Sicht des Vizepräsidenten wurden Mitarbeiter/innen durch auslän-dische Arbeitskräfte ersetzt, und zwar um Kosten zu reduzieren und gleichzeitig die Produktion mit mehreren Fachkräften weiterentwi-ckeln zu können, sodass für jede/n Mitarbeiter/in in Deutschland drei oder vier indische Fachkräfte eingestellt werden konnten. We-gen der starken Personalfluktuation wurden die Offshoreprojekte jedoch zurückgefahren.447 Auch die Personalverantwortliche bestä-

446 sie müssen ja so ’ne Art Babysitter definieren für diese Menschen, die dann da unten sitzen, weil sie möchten ja erst mal möchten sie, dass sie sich eingebunden fühlen, also zu ’ner Gruppe dazuge-hörig und dann natürlich, dass sie ihre Themen abarbeiten em und dazu ist auch und das ist auch eine Erfahrung gewesen eins ehr großer Aufwand notwendig, also wenn sie meinen sie tun da- das geht dann schon irgendwie, das können sie alles vergessen. (VP, 333-338) 447 Um kostenintensive Entwicklungsthemen von hier, sagen wir mal speziell München, zu verlagern in andere Teile der Welt, (( Gemurmel im Hintergrund )) dies einfach signifikant günstiger tun können und dann mit ’ner entsprechend größeren Manpower. Also die Substitution damals war ja ungefähr 1:3, 1:4, also ein Münchner ist gleich drei bis vier Inder vom Vollkostensatz her.

Page 423: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 426

tigt, dass Offshoringaktivitäten reduziert wurden. Beispielsweise wurde im letzten Jahr ein Offshorezentrum im indischen Bangalore geschlossen.

Die Personalverantwortliche kritisiert die Erwartungen, die mit Offshoring verbunden werden, als Illusionen. Zum einen führt Offshoring ihrer Meinung nach zu zusätzlichen Kosten, die aber nicht berücksichtigt werden, zum anderen ergeben sich interkultu-relle Konflikte, die zu neuen Anforderungsprofilen bei den Be-schäftigten führen. Das heißt, es werden Mitarbeiter/innen benötigt, die sich mit den Kulturen und institutionellen Bedingungen in den Offshoreländern auskennen. Interkulturelle Kurse können die dafür erforderlichen Kenntnisse aber nicht vermitteln; die entsendeten Personen können nur durch Erfahrungen vor Ort die Situation ein-schätzen. In diesem Zusammenhang erwähnt sie, dass Offshoreprojekte ohne deutschen Leiter gescheitert sind. Doch wil-lige Führungskräfte für Auslandseinsätze zu finden, ist sehr stark von der Attraktivität der unterschiedlichen Standorte abhängig.

Die Personalverantwortliche berichtet beispielsweise davon, welche Schwierigkeiten Delta beim Aufbau eines Nearshorecenters in Bratislava hatte. Weil die Slowakei damals noch nicht EU-Mitglied war, gab es rechtliche Probleme. Aber es machten sich auch interkulturelle Schwierigkeiten bemerkbar. So waren die Be-werber/innen in den Einstellungsgesprächen sehr zurückhaltend, vor allem bei persönlichen Themen. Je niedriger das Ausbildungs-niveau, desto reservierter verhielten sich die Kandidaten/innen. Deshalb ließ sich nur schwer beurteilen, inwiefern ihre Qualifikati-onen und beruflichen Erfahrungen den Stellenanforderungen ent-sprachen.

Ja sag ich mal, das war halt der f- der fromme Wunsch. Jo dann ham wers jetzt im Prinzip schlei-chend runtergefahren in meinem Bereich, BI, hab ich jetzt aktuell vor zwei Wochen dichtgemacht. (…) Warum des nicht funktioniert hat – meiner Meinung nach- is der einfache Gru- der allerein-fachste Grund is die Fluktuation ja? Wir haben dort keine Größe aufgebaut und es geschafft aufzu-bauen – also sie brauchen ’n signifikanten Block. Wenn sie da mit 20 Leuten so mal rummachen, is des keine signifikante Größe, da ham se auch keine Reputation als Arbeitgeber. (VP, 183-193).

Page 424: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

427 Internationale Professionalität

Im April 2006, als Delta sich von Delta 1 trennte, wurde die Verantwortung für den Standort Bratislava an Delta 1 übergeben. Die Rekrutierung von Personal übernahm eine Office-Managerin und mit den Abrechnungsaufgaben wurde eine externe Firma be-auftragt. Die Anwerbung von Mitarbeitern/innen in Bratislava ge-staltete sich vor allem deshalb schwierig, weil Delta in diesem Standort unbekannt war. Schließlich wurde ein lokaler Headhunter eingeschaltet, weil er mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut war, aber auch, weil die Koordination von Deutschland aus, z. B. wegen der damit verbundenen Reisekosten, sehr teuer gewesen wäre.

Bei der Standortentscheidung zugunsten von Bratislava spiel-ten hauptsächlich Kostenvorteile und das Vorhandensein universi-tärer Infrastrukturen eine Rolle. Darüber hinaus war die Nähe zum österreichischen Standort von Bedeutung.

Delta veranstaltete ein Event in Bratislava, um Präsenz vor Ort zu zeigen und so langfristig die Rekrutierung von Mitarbeiter/innen zu erleichtern. Denn das größte Problem, das sich für die Firma in Bezug auf die Integration des Personals in der Organisation stellt, ist die Fluktuation von Mitarbeiter/innen in ausländischen Standor-ten, wie der Vizepräsident erzählt. Eine Fluktuation von 15 bis 20% ist in ausländischen Standorten normal. Delta versucht Mitarbeiter-fluktuationen mithilfe von verschiedenen Strategien zu vermeiden: erstens die Auslagerung von unwichtigen Tätigkeiten ins Ausland, zweitens die Gehaltserhöhung, die allerdings an die Inflationsent-wicklung, die in strategischen Offshorestandorten wie Bratislava oder Bangalore sehr extrem ist, angepasst werden soll, sowie drit-tens Erhöhung der Präsenz der Firma im Ausland. Der Vizepräsi-dent weist darauf hin, dass es in Standorten wie Bratislava, wo die Konkurrenz zwischen Firmen extrem ist und wo die Firma nur eine kleine Gruppe von unter 50 Personen rekrutiert hat, massive Fluk-tuationsprobleme gab. Ihm zufolge hat Delta deswegen mehrere

Page 425: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 428

Projekte zurückgezogen und in Österreich oder direkt in Deutsch-land weitere Standorte aufgebaut.448

Der Hauptaufwand beim Offshoring liegt bei der Spezifizie-rung von Produkten und dementsprechend von Arbeitsprozessen und Tätigkeiten, denn durch die Fragmentierung und Auslagerung von Arbeit haben sich die Kommunikation und die Arbeitskultur stark verändert. Während früher die Kommunikation vor Ort und face to face stattfand, sodass Probleme bei den Arbeitsprozessen direkt zwischen den Projektmitgliedern geklärt werden konnten, müssen in Offshoringprojekten alle Prozesse und Arbeitspakete definiert, aber auch ganz genau kontrolliert werden, um interkultu-relle Missverständnisse und entsprechende Prozessverzögerungen zu vermeiden. Da solche interkulturellen Missverständnisse immer vorkommen und der zusätzliche Kostenaufwand beträchtlich sein kann, wird die Auslagerung von Projektbedürfnissen gezielt auf Standorte konzentriert, wo die Firma eine starke Präsenz und Repu-tation sowie langjährige Erfahrungen mit einheimischen Managern hat. Nearshoring in Österreich oder Osteuropa wird auch als Strate-gie zur Vermeidung von Personalfluktuation und versteckten Aus-lagerungskosten genutzt, denn diese Länder werden als kulturell nah wahrgenommen und Arbeit und Wissen lassen sich in den Pro-jekten dort deshalb einfacher kontrollieren, wie der Vizepräsident erklärt.449

448 Ich würde sagen 50 bis 80 Leute, das ist schon genug, also alles unter 50 bringt es schon nicht, ne? Weil es gibt keine Bindung – ich sama @es@ ist zwar blöd aber des Inders an sich an d die Firma also relativ gering, also wenn sie jetzt nicht SAP, oder TATA, Infosys(international bekannte IT-Unternehmen) heißen, wenn 5 Rupien woanders mehr geboten werden, dann ist der auch „Flups“ weg, ja? Also das geht rucki-zucki. Und die wechseln dann natürlich auch einfach über Nacht dann. Also wir ham da auch Fälle gehabt, wir ham die geheuert und die tauchten erst gar nicht auf, die kamen einfach nicht oder waren einfach über Nacht weg, also wirklich über Nacht, die kamen ein-fach am nächsten Tag nicht mehr und des ist natürlich ’n Thema, das können sie ja hier intern kei-nem Kunden erklären, warum jetzt seine kritische Applikation- warum er jetzt seinen Jahresabschluss nicht machen kann, weil wir gerade keine Inder mehr haben, die wir begleiten können, das funktio-niert dann einfach nicht. (VP, 231-242). 449 der Aufwand von uns für uns das auszusteuern ist so extrem hoch, dass sie sich schon wirklich überlegen müssen, macht es Sinn? Macht es Sinn, so weit weg zu gehen? Gehe ich vielleicht an einen Standort, wo es näher ist. Wo ich mehr bezahle, aber den Output, den ich rauskriege, ist viel größer.

Page 426: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

429 Internationale Professionalität

Was die Projektarbeitspraxis angeht, so wird betont, dass sich die Arbeitsauslagerung vor allem auf Kerngebiete bezieht. Derzeit versucht Delta aus der Sicht der Projektleiterin, bestimmte Tätig-keiten zu konsolidieren, das heißt Personal für Aufgaben vor Ort zu suchen, die offshore durchgeführt werden sollen und die entweder in die Standorte in Portugal oder in Indien transferiert werden kön-nen. Auf diese beiden Standorte möchte sich Delta konzentrie-ren.450 Nach Meinung der Projektleiterin sollten Tätigkeiten in Deutsch-land verbleiben, die eher mit physikalischen Prozessen zu tun ha-ben und daher nicht auslagerbar sind. Es ist sogar billiger, Personal nach Deutschland kommen zu lassen, um diese Tätigkeiten zu übernehmen, als sie auszulagern. Es handelt sich dabei vor allem um die Verarbeitung großer Mengen physikalischer Daten, die nur vor Ort, in der Anlage, wo die Maschinen laufen, stattfinden kann.

Um Offshoring sinnvoll gestalten zu können, hat die Firma ihre Kernkompetenzen definiert, wobei Softwareentwicklung definitiv nicht dazugehört, wie die Projektleiterin vehement betont.451 Die Know-how-Kernkompetenzen der Firma liegen aus der Sicht der Projektleiterin bei der Fertigung von IT, das heißt, dass das Perso- Sprich ich brauch da unten zehn, ich brauch woanders aber nur sechs, aber die sprechen die gleiche Sprache, ich bin in der gleichen Zeitzone, und ich kann da auch mal schnell hinfahren und da be-haupte ich heute des Learning, des geht des geht besser. Das sehen wir mit Bratislava, ich behaupte nicht, dass Bratislava alles golden ist, aber es geht einfach schneller. Das Kulturthema ist geringer, man kann auch Mal hin und her fahren, das ist einfach einfacher. (VP, 388-396). 450 Wir versuchen jetzt auch, andere äh Tätigkeiten zu konsolidieren, wo ma halt wirklich Leute brauchen, wo ma sagt, äh die arbeiten net Offshore, sondern mir ham au viele Aufgaben, wo mer halt Leute brauchen, die halt wirklich vor Ort sitzen, und da versuch mer halt auch zu konsolidieren, dass mer halt net über fünf Klitschen à zwei Leute jeweils beziehen, sondern vielleicht zwei ham, wo mer halt dann halt zehn Leute nehmen; ja. (PLin, 16-21). Und wir werdn bis zum Ende des Geschäftsjahr alle Aktivitäten, die jetzt bei irgendwelche andere Vendoren laufen, äh konsolidieren, entweder wir gehen nach Portugal oder wir gehen nach Indien. Und danach werden wir ungefähr achtzig Prozent konsolidiert haben, und die zwanzig Prozent, wo übrig bleiben, das sin halt dann solche Themen, wo die Firma halt uns wirklich Kapazitäten schicken muss, die halt dann wirklich an dem Standort arbeiten. Aber da werdn wir uns noch mal angucken, ob das net auch noch diese zwei Firmen machen können, indem ma jetzt einfach so ’ne Außenstelle (raus auch) macht. (PLin, 35-43). 451 Bei dem Offshoring isses ja so gedacht, wir ham uns ja mal angeguckt, was is unsere Kernkompe-tenz bei ((Firma y)) und das Codieren von Software is nicht unsre Kernkompetenz. (PLin, 77-80).

Page 427: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 430

nal von vorneherein die Prozesse verstehen und begleiten soll. Die Fachkräfte müssen die Anforderungen der Fertigung erkennen, diese dokumentieren und sie darüber hinaus auch implementieren können.452

Gerade weil Softwareentwicklung nicht zu den Kernkompeten-zen der Firma gehört, sucht Delta nach Meinung der Projektleiterin in Offshorestandorten nach Softwareentwickler/innen, um solche Wissenslücken zu schließen.453

Die Entscheidung für die Auslagerung von Arbeitspaketen an einen bestimmten Standort wurde vor allem von einer speziellen Einkaufsabteilung für IT getroffen.454 Wichtige Kriterien hierbei waren der Projektleiterin zufolge die günstigen Arbeitskosten in den Standorten und das „Domain-Wissen“, das heißt nicht nur IT-Wissen, sondern das Wissen über die gesamte Domain des Hard-warebereiches, das in den Standorten zur Verfügung steht. Anhand dieses zweiten Kriteriums wird vor allem festgelegt, ob bestimmte Standorte nur als „verlängerte Werkbank“ gedacht sind, in dem Sinne, dass die Mitarbeiter/innen in solchen „verlängerte- 452 unsere Leute Kernkompetenz is, dass die die Geschäftsprozesse von der Fertigung verstehen, und wenn jemand mit denen redet, dann reden die immer über das gleiche Thema. Dann braucht der sich nicht sechs Monate lang einsperren, ’ne Spezifikation schreiben, sondern der IT-Mann kann halt von vornherein mitdenken, weil er eigentlich weiß, warum die Fertigung das braucht. Und das is eigent-lich die Aufgabe, die Rolle, die mer halt gesehn ham für unsre Leute, in Bezug auf das Thema Offshoring. Also is unsre Aufgabe, die Anforderungen der Fertigung zu nehmen, die aufzuschreiben, und dann IT-technisch umzusetzen. (PLin, 83-90). 453 Und unser Offshoring-Partner, dem sein Job is dann, die Software quasi zu codieren, Af: [Umsetzung oder, mhm Cf: die äh die Tests zu machen mit der Software und dann gegebenenfalls je nachdem, wie komplex die Software is, oder was ma halt im Rahmen von dem Projekt definiert ham, dann mit der Software zu kommen, also hier zu kommen, die bei uns auf ’n Testsystem draufzuspielen, und dann gemeinsam mit unseren Mitarbeiter abzunehmen, ob das au richti-ob das wirklich is was ma na bestellt ham, und wenn wir dann zufrieden sind, dann holn wer hinten ’n Anwender, und dann kann er mal draufgucken und wenn der dann zufrieden is, da spieln mer’s auf’n Prototypsystem und dann schal-ten wir’s halt peu à peu (.) frei. Also es is immer dies Offshoring-Thema weil mir ham (1) wir brau-chen ungefähr einen Mitarbeiter, der das Projekt betreut, für ungefähr drei bis fünf Mitarbeiter, die dann codieren, und wenn ma sich überlegen müsste, wie viel Leute wir im Haus (.) einstellen müss-ten, das is einfach net machbar, zweitens isses net unsere Kernkompetenz. (PLin, 92-107). 454 Nee mir ham unsre (Purchasing-)Abteilung, da ham mir spezielle Einkaufsabteilung für IT, die ham mer eingeschaltet, und wir ham ja auch Vertreter in Asien, und wie gsagt, wie mer in des Thema reingegangen sind. (PLin, 465-468).

Page 428: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

431 Internationale Professionalität

Werkbank-Standorten“ entweder in die Firma integriert werden können oder für die Zusammenarbeit mit deutschen Mitarbei-ter/innen oder auch als interne Mitarbeiter/innen eingesetzt werden können, doch nicht als Softwarepfleger, weil die Prozesse gefehlt hätten und die Fluktuationsraten auch sonst sehr hoch gewesen wären.

Bei der Auswahl der Offshorepartner achtet Delta vor allem auf die Qualitätsstandards bzw. auf das standardisierte Niveau der Arbeitsqualität nach CMM-Kriterien bzw. Alpha-Richtlinien. In früheren Offshoringphasen, in denen Delta noch mit Delta 1 zu-sammenarbeitete, hat Delta versucht, Development Centers im Ausland zu eröffnen und Personal vor Ort zu trainieren. Das war der Fall in China, wo Offshoreprojekte gescheitert sind.455

Die Projektleiterin führt als Hauptgrund für das Scheitern von Offshoringprojekten an, dass Delta keine Kernkompetenzen in Software hat. Die Firma war nicht in der Lage, die entsprechenden Qualifikationen im Ausland anzubieten und die erforderlichen Softwareprozesse zu implementieren. Aus diesen Gründen ist Delta zu einer neuen Offshoringpraxis übergegangen, und zwar nach dem Modell der „verlängerten Werkbank, indem interne Mitarbei-ter/innen aus dem Managementbereich in Portugal externe Mitar-beiter/innen gesucht haben. Das Arbeitgeberbelastungsgesetz in Portugal ermöglichte die Implementierung eines solchen Mo-

455 Und wir ham uns halt bei ((Firma y)) entschieden, dass mer den Weg gehen, dass wir uns strate-gische Partner suchen, die das Thema für uns codieren. Also unser Inder is zum Beispiel ( a CMM-Level) vier oder fünf, und unsere Portugiesen liegen eigentlich nur zwischen drei und vier. Und dass mir uns halt net antun wollen, hier Prozesse bei denen einzuziehn, sondern die werden gemessen anhand von die (Deliverables) die die uns halt liefern, also gemäß die Qualität der Soft-ware. Wie wir noch mit ((K)) zusammen waren, war ich auch zuständig für das Thema Development-Center, und damals hatten wir uns @eingebildet@ dass wir in China, ein Development-Center aufmachen wo mer wirklich interne Mitarbeiter anheuern in China. Wir ham das echt gemacht, und ham da drüben sechzig Leute angeheuert, mit unterschiedlichen äh Ausprägungen von Englisch, und fast keine Erfahrung in der Halbleiterindustrie. Af: [@(.)@ Cf: Und dann ham wir uns das angetan, die zu trainieren, also über Halbleitertechnologie mir ham den dann Englisch beigebracht, und so weiter und so fort. Das Ende vom Liedes. (PLin, 109-124).

Page 429: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 432

dells.456 Dennoch war auch die Auslagerung nach diesem Modell nicht leicht, denn die gesamten Prozesse und Qualitätsstandards mussten auch transferiert werden, was zweieinhalb Jahre in An-spruch genommen hat.

Nach diesen Erfahrungen und nach der Aufsplittung von Delta und Delta 1 sowie wegen der hohen zeitlichen Investitionen, die ein Aufbau von Entwicklungscentern in Niedriglohnländern bedeutet, hat sich die Firma nach Aussage der Projektleiterin dafür entschie-den, strategisches Vendor-Management mit zwei Partnern im Aus-land zu praktizieren. Entscheidend für die Auswahl dieser Vendoren ist die von ihnen angebotene Softwarequalität, die durch Service Level Agreements garantiert und auf der Basis von Quali-tätsstandards quartalweise kontrolliert werden soll.457

Arbeits- und Wissensanforderungen bei Delta

Was die allgemeinen Qualifikationsanforderungen angeht, so wer-den Betriebswirte/innen, Wirtschaftsinformatiker/innen oder Wirt-schaftsingenieure/innen grundsätzlich bevorzugt eingestellt. Aber auch Quereinsteiger/innen haben gute Einstiegschancen. Aus der

456 China is zu ((K)) gegangen, aber das Hauptproblem war halt einfach, dass wir kein Software-Haus sind. Also wir haben gar net die Prozesse, die die wir benötigen, um in so’n Software-Development-Center einzu- ziehen also, und das war eigentlich das Hauptproblem. Das eine waren die Qualifikationen, das zweite war dann das Thema, dass du da eigentlich die ganzen Prozesse einziehen musst, und das Gleiche ham wer gemacht in äh Portugal, da ham mer ’n anderes Modell gefahrn, da ham er ä kleine Gruppe gehabt von internen Mitarbeiter, also Management-Bereich und ä paar Schlüssel(.)Positionen, mit technischem Know-how, und den Rest ha wer mit externen auf- ä aufgestockt, und die warn alle im gleichen Gebäudek- in Portugal kannste ja das machen, da mit diesem Arbeitgeberbelastungsgesetz, und die wurden halt behandelt wie verlängerter Arbeitsbank. (PLin, 133-144). 457 Und wir hatten net die Zeit, hier wieder sag ich mal äh zu lang zu investieren, dass mer hier hochlaufen, sondern wir ham halt aus ((K)) rausgemusst und deswegen ham er uns beschlossen, dass wer hier strategisches Vendor-Management machen mit zwei, und die werdn halt gemessen anhand von die Qualität der Software, die ’se halt liefern. Also ham da Service Level Agreements mit denen, und Qualitäts-(Corps), die quartalsweise überwacht werden. Und wir messen die halt nur an diesen Sachen, und die müssen die zusammenstellen und reporten, und da muss ich ganz ehrlich sagen, für uns als ((Firma y)) wars der einzige sinnvolle Weg, dass es da überhaupt weiterzumachen ne. (PLin, 161-169).

Page 430: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

433 Internationale Professionalität

Sicht des Vizepräsidenten sind Quereinsteiger Personen, die eine gewisse Technikaffinität mitbringen und die Firma gut kennen. Speziell die Informatik bringt der Vizepräsident mit Technik bzw. mit technischen Tätigkeiten in Zusammenhang. Weil sich diese Tätigkeiten zu schnell ändern und das Unternehmen den Aufwand der permanenten Weiterqualifizierung der eigenen Beschäftigten aus Kostengründen nicht leisten will, werden dafür externe Bera-ter/innen herangezogen. Für eine Externalisierung spricht auch, dass das Unternehmen Qualität in Bezug auf den Preis definiert und nicht darüber, „technisch up to date“ zu sein.458

Die Personalverantwortliche bestätigt, dass Delta in ausländi-schen Standorten Personal mit spezialisiertem und aktuellem Fachwissen rekrutiert. Sie erzählt beispielsweise, dass am Standort Bratislava Mitarbeiter/innen gesucht wurden, die sowohl über eine formelle Qualifikation als auch über Berufserfahrung im Bereich der Informatik verfügten und zusätzlich noch spezielles Wissen im Finanzwesen und im Accounting vorweisen konnten.

Die Bedeutung sozialer Kompetenzen für die Arbeit bei Delta verbindet die Personalverantwortliche mit der globalen Perspektive der Firma. Die Mitarbeiter/innen im Unternehmen müssen immer in internationalen und immer wieder wechselnden Projektteams arbeiten. Deswegen müssen sie interkulturell und persönlich anpas-sungsfähig sein und insbesondere auch miteinander kommunizieren können. Neben diesen interkulturellen kommunikativen Kompeten-zen ist nach Ansicht des Vizepräsidenten aber auch Selbstständig-keit der Mitarbeiter/innen von großer Bedeutung. Gemessen an

458 Hardcoretechniker, die da sitzen und nur programmieren, das machen wir eigentlich meistens mit externen. Em weil, die Technik entwickelt sich heute relativ schnell, das heißt, wenn Sie immer das neuste Know-how vorhalten wollen, dann müssen Sie einen sehr sehr hohen Aufwand spendieren, diese Menschen permanent zu qualifizieren. Ja? Und das können, das kann so eine Firma wie wir kann das eigentlich schier nicht leisten. Ja? Oder will des auch gar nicht leisten. Immer technisch up to date sein, ist für uns nicht die Qualität. Sondern die Qualität kommt für uns die Themen zu machen zum geringstmöglichsten Preis. Ja? Und da ist auch nicht immer das Beste gefragt und das Schönste sondern das Notwendige, ja? (VP, 524-532).

Page 431: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 434

ihren deutschen Kollegen/innen mangelt es den Mitarbeiter/innen in ausländischen Standorten ihm zufolge an Selbstständigkeit.459

Damit die Arbeit unter diesen Bedingungen rechtzeitig und qualitätsgemäß erledigt wird, muss eigens eine Person für die inter-kulturelle Koordination eingestellt werden. Für diese Tätigkeit existiert aber kein spezifisches und übergreifendes Profil. Stattdes-sen wird eine Person aus den in den ausländischen Standorten etab-lierten IT-Gruppen ausgewählt, welche die Verantwortung für die Steuerung der einzelnen Projekte in dieser spezifischen Wissens-domain übernimmt. Diese Personen werden „Experten“ genannt und sind als Projektleiter sowohl für die Kundenkontakte als auch für die Gruppensteuerung und die Arbeitskontrolle zuständig. Nach Meinung des Vizepräsidenten benötigen sie für diese Tätigkeit interkulturelle Kompetenzen, sonst aber keine weiteren vordefinier-ten Wissensgrundlagen.460

Da diese Koordinatoren und im Allgemeinem auch die Projekt-leiter als „Experten“ bezeichnet werden, sind genaue Tätigkeitsbe-schreibungen nicht nur überflüssig und zeitaufwendig, sondern auch demotivierend für die Projektleiter selbst. Der Vizepräsident erklärt, dass speziell für Projektleiter eine internationale Zertifizie-rung existiert, die dazu beiträgt, die Wissensgrundlagen der Mitar-beiter/innen zu homogenisieren und die Arbeitsqualität sicherzu-stellen.461

459 die ticken halt einfach alle anders, nämlich e – also kulturell alles anders und die sagen, die sagen wir ihnen immer ja ja, läuft alles, alles verstanden, es sind aber nur zwanzig Prozent de facto ange-kommen, des ist nicht mal, weil die zu doof sind, sondern einfach, weil sie’s nicht verstanden haben, weil sie einfach aus ’ner anderen Qelt kommen, weil sie keine lange Beziehung zu den Menschen haben und weil die einfach gar nicht wissen genau, was sie von denen wollten, vielleicht auch weil der Entwicklungsstand, also der Bildungsstand – egal von welcher Uni die kommen – dann doch anders ist, als sie’s erwarten. Ja? Des des aber auch die ich sag mal der Eigenantrieb, den wir hier von unseren Mitarbeitern erwarten, das umzusetzen, ist da völlig anders. Also die si- die ham eine sehr starke Hierarchiegläubigkeit oder ein starkes Hierarchiedenken. (VP, 372-381). 460 Ja gut sie brauchen diese diese die Skills, die kulturellen, das kulturelle Verständnis. Warum die so, was ist die Problematik, ansonsten denke ich mal, mit ’nem bisschen XMV schaffen sie das. Also Xunder Menschenverstand! (VP, 405-407). 461 wir ham ’ne große Masse an international zertifizierten und sehr qualifizierten Projektleitern, das heißt einheitliche Nomenklatur, klares Wissen, was ist in einem Projekt, wie geht man vor, was ist da

Page 432: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

435 Internationale Professionalität

Interkulturelle Trainings für Projektleiter werden nur angebo-ten, wenn das Management davon ausgehen, dass diese Personen langfristig für die Steuerung von internationalen Gruppen einge-setzt werden sollen, und nur wenn die ausländischen Standorte kul-turell und räumlich weit weg sind, berichtet der Vizepräsident.462

Die sozialen Kompetenzen der Einzustellenden werden von der Personalverantwortlichen mithilfe eines Interviewleitfadens bewer-tet. Dabei wird beispielsweise danach gefragt, wie die Kandida-ten/innen in Konfliktsituationen reagieren. Darüber hinaus wird auch das Verhalten beim Interview bewertet.

Karriereoptionen bei Delta

Bei Delta gibt es zwei Hauptkarrierepfade, einen Managementpfad und einen technischen Pfad. Ein dritter Pfad mit der Bezeichnung Individual Contributor stellt eher einen Teil des Managementkarri-erepfades dar.

Die Hierarchiestufen sind aus der Sicht der Personalverant-wortlichen bei den zwei bzw. drei Karrierepfaden global gleicher-maßen gültig, doch sie werden hierarchisch unterschiedlich gestal-tet. Darüber hinaus unterscheiden sich die Karrierepfade auch in ihrem Bezug zu tariflichen bzw. übertariflichen Bereichen. Beim Individual Contributor endet die Karriere bei der Stufe 15, während beim Management- und beim technischen Karrierepfade die Mög-lichkeit besteht, bis zum Vorstand zu gelangen. Der übertarifliche Bereich, der regional unterschiedlich gegliedert ist, beginnt in Bay-ern bei Stufe 12. Beim technischen Karrierepfad sind beispielswei-se Senior Engineers bei Stufe 11 angesiedelt und ab Stufe 16 gibt es leitende Angestellte. zu leisten, und zwar von Planung bis hin zu Dokumentation. Das heißt, die ham alle e das e Rüstzeug an der Hand! Und das sollen sie dann auch da anwenden. (VP, 468-470). 462 das ist dann eher sowas, was weit weg ist und kulturell etwas fremdartiger. Bratislava ist Europa, das ist hier, wie weit? 500 Kilometer weg? Da müsste man ja schon für Österreich ein interkulturel-les Training ansetzen. (VP, 487-490).

Page 433: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 436

Nach Aussage der Personalverantwortlichen übernehmen die Angestellten in der Managementschiene Verantwortung in der Per-sonalführung, während bei der technischen Schiene die Mitarbei-ter/innen eine bestimmte technische Expertise haben sollen. Dem-entsprechend gestaltet Delta ein Entwicklungsprogramm für die gesamte Organisation, in dem die jeweiligen Anforderungen an die Mitarbeiter/innen in den unterschiedlichen Pfaden im Zusammen-hang mit dem Unternehmensziel festgelegt werden. Dadurch wer-den auch die Wissensfelder sowie die dazu gehörenden Subfelder definiert, die die Kernkompetenzen des Unternehmens abdecken sollen. Auf dieser Basis werden die Mitarbeiter/innen je nach Wis-sen und Erfahrung sowie „soft facts“ bewertet, wie die Personal-verantwortliche soziale Fähigkeiten nennt. Diese „soft facts“ sind sehr wichtig für die Weiterentwicklung in den Karriereschienen, denn dazu gehört unter anderem, wie die Mitarbeiter/innen mit Konflikten umgehen und wie sie ihr Wissen weitergeben.

Aus der Sicht des Vizepräsidenten werden nicht alle drei Kar-rierewege gleich hoch angesehen. Am prestigeträchtigsten ist seiner Meinung nach der Managementpfad, dann folgt der technische Pfad und an dritter und letzter Stelle Individual-Contributor-Pfad,463 der eher einen sehr spezialisierten Weg darstellt.

Sowohl der Vizepräsident als auch die Personalverantwortliche weisen darauf hin, dass die technische und die Managementschiene durchlässig sind und Mitarbeiter/innen beispielsweise aus dem technischen Pfad auch in Managementpositionen gelangen können, wenn sie technische Expertise und Soft Skills vorweisen können. Wie der Vizepräsident erklärt, könnte eine dauernde Mobilität zwi-schen den verschiedenen Pfaden aber letztendlich als „fragwürdig“

463 Management klar, wahrscheinlich wie überall, aber auch die Technical Ladder ist auch angese-hen. Ja? Is auch gut dotiert und ist auch ’n Karrierepfad, wo die Leute Wert drauf legen. Ich würd sagen: Individual Contributer ist von den dreien die am schlechtesten ausgeprägteste. (VP, 874-877).

Page 434: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

437 Internationale Professionalität

erscheinen und Zweifel an der Zielstrebigkeit wecken, die von den Mitarbeiter/innen erwartet wird.464

Im Zusammenhang mit Auslagerungsprozessen heben die Be-fragten die Bedeutung des Managementpfads und die Notwendig-keit hervor, Manager in den verschiedenen Standorten auszubilden, damit Offshoreprojekte erfolgreich werden. In der Management-schiene qualifizieren sich die Mitarbeiter/innen durch die Leitung von Projekten weiter. So gewinnen sie an Berufserfahrung und er-weitern ihre Expertise. Wenn diese Projekte erfolgreich sind und sie sich darüber hinaus auch in als kommunikationsfähig erwiesen haben und von den Kunden akzeptiert werden, wird ihnen die Lei-tung weiterer Projekte angeboten. So können sie immer weiter auf-steigen. Die Entwicklungschancen der Mitarbeiter/innen im techni-schen Karrierepfad beruhen auf deren speziellem Know-how, das im Unterschied zum Managementpfad sehr genau spezifiziert und bewertet wird. Beim Individual-Contributor-Pfad müssen die Mit-arbeiter/innen ihre Karrierewege durch Projekte gestalten, wobei in diesem Pfad vor allem wichtig ist, dass die Mitarbeiter/innen ihr „Expertendasein“ in einzelnen Themen entwickeln, wie der Vize-präsident erklärt.465 Um auf die höheren Karrierestufen des techni- 464 Ja also, sie können von der Management Career runtergehen, ja tun wir auch, der hat sich in n Jahren eher technisch entwickelt, dann springt er halt auf diesen Zug, em auf die Individual Contributer, auf Management Career, es ist alles möglich, aber es ist weniger möglich, konstant auch konstant dazwischen hin und her zu hoppen. Also ich sag mal sie können mal einen von dort nach dort bewegen, aber dass sie dann sich von dort wieder dann zurück oder sich woanders hinbe-wegt, da wird das dann schon da wird das dann auch fragwürdig. Aber es ist möglich. (VP, 880-885). 465 Ja gut Management Career, da qualifizieren sie sich halt über die Zeit, über ihre Projekte, über den Erfolg, über das Auftreten, über die kommunikativen Skills, über die Business Relationship, die sie aufbauen, über die Kundenakzeptanz em über diese Themen qualifizieren sie sich halt, wie nor-mal überall auch, denk ich Mal. Auf der Technical Ladder qualifizieren sie sich einfach durch Know-how. Da ham wer einen Katalog, also einen klaren Katalog, der ist definiert, da gibt es sozusagen Ausprägungen und da müssen sie überlegen als Vorgesetzter, wie also zusammen mit dem Mitarbei-ter, wie sehen sie die Ausprägungen und dann gibt es im Prinzip ’ne Bewertung und dann zeigt es Ihnen, wo stehen sie, ja? Und die kann man die wird auch reviewed auch in ’nem normalen Ge-spräch und so kann sich der Mitarbeiter auch weiterentwickeln über die Jahre. Und je mehr Punkte er sozusagen auf der technischen Schiene er sammelt und ihm attestiert werden. So weiter kann er dann auch wachsen. Und auf der Individual Contributer isses halt klar über die Projekte und über den Projekterfolg. Oder das Expertendasein, das sie dann in Einzelthemen genießen. (VP, 886-900).

Page 435: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 438

schen Karrierepfades zu gelangen, ist es notwendig, "sich einen Namen zu machen". Je höher die Mitarbeiter/innen steigen wollen, desto mehr wird von ihnen erwartet, dass sie fachlich durch Publi-kationen, Vorträge in Fachkonferenzen oder Lehrtätigkeiten bzw. Kooperationen mit Universitäten hervortreten.

Mobilität sowie interkulturelle Erfahrungen sind wichtige Fak-toren für die Karriereentwicklung. Dazu gehört es der Personalver-antwortlichen zufolge, dass die Mitarbeiter/innen ihre Bereitschaft „signalisieren“, für eine Zeit ins Ausland zu gehen und sich in interkulturellen Umgebungen zu bewegen. Bei Delta existieren verschiedene Modalitäten, um deutsche Mitarbeiter/innen ins Aus-land zu entsenden: von einer dreimonatigen Dienstreise über eine kurze Entsendung unter drei Jahren oder einen längeren Aufenthalt von maximal fünf Jahren bis zu einer Delegation ins Ausland unter lokalen Bedingungen.

Mechanismen der Kontrolle und Legitimierung der Arbeitspraxis bei Delta

Bezüglich der Qualitätsstandards für die Arbeitskontrolle wurden wegen der Bedeutung von CMM-Zertifizierungen in Indien früher auch diese Arbeitsrichtlinien benutzt, mittlerweile konzentriert sich Delta auf ITIL. Jedoch hält sich das Unternehmen nicht strikt an solche Standards; wichtiger ist, dass die Projekte eher mit einem Change Management verbunden sind, das in den Management Meetings abgesegnet werden soll. Die grundsätzlichen Kriterien, die bei den Qualitätsstandards immer beachtet werden sollen, sind „Budget“, „Time“ und „Scope“. Diese Kriterien ändern sich nicht und unterliegen einem Change Request, der genehmigt werden soll. Der Grund dafür ist eine grundsätzliche Veränderung in der Ar-beitsorganisation, von einer eher individualistischen Philosophie zu standardisierten Prozessen, die an die Offshoreprojekte weiter über-tragen werden sollen. Heutzutage müssen die Prozesse viel detail-

Page 436: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

439 Internationale Professionalität

lierter definiert werden, ihr Ablauf und auch ihre Dokumentation folgt festgelegten Kriterien, wie der Vizepräsident kommentiert.466

Auch die Schnittstellen sind wegen der Externalisierung von Arbeitspaketen und wegen der Arbeitskonstellation zwischen Pro-jektteilnehmern/innen und Kunden zahlreicher als früher und sie müssen zunehmend kontrolliert werden. In den Worten des Vize-präsidenten wurden zu diesem Zweck sogenannte „Quality Gate-ways“ eingeführt, die eine detaillierte Dokumentation vorausset-zen.467

Allerdings wird lediglich bei schwierigen Projekten ein Work-shop veranstaltet, auf dem die Projekterfahrungen präsentiert wer-den. Eine systematische Übertragung solcher Erfahrungen in die tägliche Projektpraxis findet nicht statt. Die Projektleiter/innen sind vielmehr „proaktiv“ tätig, das heißt, sie tauschen sich selbst indivi-duell und informell aus, ohne irgendwelche Vorschriften oder or-ganisierte Prozeduren.468

Wie die Projektleiterin aus der Projektarbeitspraxis berichtet, wird die Arbeitskontrolle bei Projekten zwischen Offshorestand-orten und Deutschland zum Teil durch ausländische Mitarbei-ter/innen durchgeführt. Sie sollen dabei als sogenannte Transition-

466 Das hat sich ganz klar verändert. Also allein, was heute für ein Projekt-Approval-Dokument, ein Change-Request-Dokument oder dann final für ein Kundenabnahme-Dokument erforderlich ist, das gabs alles nicht. Ne? Also man muss heute viel mehr erbringen im Vorfeld oder im Nachgang als früher! Es reicht nicht, wenn er heute sagt: Mein Projekt ist fertig, sondern da sind dann noch diver-se Themen zu tun, inklusive Dokumentationen. (VP, 748-753). 467 Das heißt, dass wir versuchen zwischen Projekt- und Kundeninterface und Operations in weiten Teilen zu trennen, haben sie da immer ein Quality Gateway, wo jemand durch muss, bevor der andere das in seinen operativen Betrieb übernimmt. Also insofern ham wer schon, ham wir so eine Qualitätsschnittstelle ham wer drinne, em insofern ist die Dokumentationsfreudigkeit dann höher, weil er sonst sein Projekt nicht in die Operations überführen kann. (VP, 766-772). 468 Was wir bei schwierigen Projekten machen ist ein „Lessons Learned Workshop“, das ist eigent-lich, das gehört auch zum Standard – bei uns. Jetzt ist natürlich die Frage. Inwiefern wird dieses Lessons Learned weiterverwendet, da glaube ich, also als Lernende Organisation glaub ich ham wer noch Verbesserungspotenzial, dass man da dieses Wissen wirklich weiterreichen, die die da wirklich lernen sind die die da am Lessons Learned Workshop teilnehmen, aber das das jetzt übertragen wird auf andere Einheiten, das findet vielleicht statt, wenn der- ein Projetlei- proaktiv fragt. „Hey du hast doch schon Mal ein Offshoring-Outsourcing-Thema gemacht – erzähl Mal – wie hast du’s gemacht? (VP, 785-793).

Page 437: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 440

Manager zwischen den Standorten und als Brücke zwischen beiden Arbeitskulturen fungieren. Diese Personen müssen gefilmte Video-konferenzen auswerten, die zwischen den Standorten geführt wer-den, und aus der Fülle der Informationen die für eine hoch qualita-tive Zusammenarbeit wichtigen Informationen extrahieren. Die gefilterte Information aus den verschiedenen Veranstaltungen ist aber vor allem dafür gedacht, dass die Mitarbeiter/innen in den ausländischen Standorten selbst über ihre eigene Arbeit reflektieren und Verbesserungsvorschläge für die Zusammenarbeit formulieren. Gerade solche Verbesserungsvorschläge stellen den erwarteten Output der regelmäßigen Videokonferenzen dar. Dabei ist nach den Aussagen der Projektleiterin eine Art Wettbewerb in ausländischen Standorten um die besten Verbesserungsvorschläge entstanden. So kann das Unternehmen von dem großen Innovationspotenzial profi-tieren, das die ausländischen Mitarbeiter/innen nach Meinung der Projektleiterin auf diese Weise einbringen.469 Sie schätzt gerade diese aktive Praxis bei Offshoringprojekten sehr; die Letztentschei-dung über die Umsetzung neuer Ideen behält sich jedoch Delta vor.470

Speziell das Thema Fluktuation sowie die schnell steigenden Lohnkosten sind in manchen ausländischen Standorten sehr akut. Deshalb hat sich Delta die ausländischen Firmen vor Ort angesehen und sich bei den für Offshoreprojekte in Betracht kommenden Kandidaten erkundigt, wie sie mit der Mitarbeiterfluktuation und auch mit den steigenden Lohnkosten umgehen wollen. Nach den Aussagen der Projektleiterin suchen die meisten ausländischen

469 und wir erwarten auch auch self-study, dass sie sich ’n Code angucken, (.) und so weiter und so fort und was mir da wirklich an der ausländischen Firma gfällt, ähm die wissen, oder sie hams selber scho gemerkt, dass wir nur zufrieden sind, wenn sie auch mit Verbesserungsmaßnahmen kommen. (PLin, 414-417). 470 das is das was mir bei der Firma halt gfällt, das is net immer nur dieses (peace advice), sondern mir ham halt ganz klar zu denen gesagt, schreibts uns net bloss was das Problem is, sondern schreibts uns vielleicht auch wenn ihr scho Ideen habt, was mer da in Betracht ziehen könnte, aber letztendlich is die Entscheidung dann unsre, ob mer das tut oder nicht tut ne, und wie gesagt, das funktioniert relativ gut. (PLin, 455-460).

Page 438: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

441 Internationale Professionalität

Firmen sehr junge neue Mitarbeiter/innen, um steigende Lohnkos-ten zu vermeiden. Darüber hinaus versuchen die Firmen auch Kar-riereperspektiven anzubieten, um die Beschäftigten an das Unter-nehmen zu binden. Die Projektleiterin betont aber, dass sich Delta nicht für die konkrete Lösung der Fluktuationsprobleme ausländi-scher Firmen interessiert, sondern für die Qualität und den Arbeits-preis. So erzählt die Projektleiterin beispielsweise, dass die Qualität in Indien jedes Quartal vor Ort kontrolliert wird.471

Um die Auslagerungsprozesse zu steuern, hat die Firma Quali-täts- und Softwareentwicklungs-Handbücher eingesetzt. Nach Auf-fassung der Projektleiterin wurde gerade dabei erneut deutlich, welche Kompetenzen bei der Firma fehlen, nämlich detaillierte Softwareentwicklungskompetenzen.472

Konstruktion beruflicher Identitäten bei Delta

Im Weiterbildungsangebot von Delta finden sich sowohl technische Kurse als auch solche im Bereich sozialer Kompetenzen. Darunter sind Kurse über überzeugendes Auftreten, Präsentationsfähigkei-ten, Sprache, Methoden, Problemlösungen und vor allem eine gan-ze Reihe von Kursen speziell für Führungskräfte. Allerdings richtet sich das Angebot generell nicht an ausländische Projektmitarbei-ter/innen vorgesehen, da sie als Externe gelten.

Weiterbildung ist nach Meinung der Personalverantwortlichen wichtig, um bestimmte Stufen („Grades“) der Karrierehierarchie zu erreichen zu können. Um zu prüfen, ob sich eine Person für Füh-rungsaufgaben eignet, wird eine Status-quo-Analyse durchgeführt. Es gibt keine Richtlinien über die Trainings, die die Mitarbei- 471 und noch mal wie die das machen; das is mir wurscht. Hauptsache der Preis stimmt, den mer kriegen, und die Qualität. Und das wird beides gemessen; (…) wir machen ja alle drei Monate mit denen ’n Review, wo wir nach Indien runterfahren, und wie gsagt, der sitzt hier vor Ort, also die wern gemessen von dem, was sie als Output liefern ja. (PLin, 608-615). 472 also wirklich bis ins letzte äh Detail und das war wirklich en Heiden-Arbeit und ma hat halt wieder gesehn, wo’s halt auf unsrer Seite gefehlt hat, weil mir sin schlicht und einfach kein Software-Haus. (PLin, 182-185).

Page 439: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 442

ter/innen absolvieren sollen, um in bestimmte Positionen zu gelan-gen. Es kann sich auch um externe Schulungen handeln. Für die Entscheidung über die Weiterbildung spielen sowohl die Kosten als auch der damit einhergehende Zeitaufwand eine Rolle. Das Kurs-programm der Beschäftigten muss mit der Projektarbeit abge-stimmt werden, denn in den Weiterbildungszeiten stehen sie für Projektarbeiten nicht zur Verfügung.

Aus der Sicht des Vizepräsidenten spielt Weiterbildung aktuell eine sehr große Rolle. Delta hat vor drei Jahren ein Programm zur Weiterbildung initiiert, in dem nicht nur technische, sondern auch soziale Kompetenzen vermittelt werden sollen. Der Grund dafür ist, dass das Wissen der Mitarbeiter/innen sich auf tiefe und grundle-gende Kenntnisse konzentrieren soll, die aus verschiedenen Quel-len erworben werden können, von Kursen bis zu Kongressen. Spe-ziell die sozialen Kompetenzen verbindet der Vizepräsident mit der Selbstreflexion der Mitarbeiter/innen. In dem üblichen jährlichen Mitarbeitergespräch werden die „Schwächen“ der Mitarbei-ter/innen diskutiert und es wird von ihnen erwartet, dass sie selbst auch geeignete Weiterbildungskurse vorschlagen. Dabei sind sozia-le und technische Trainings nach Meinung des Vizepräsidenten gleichwertig.473

In einem „All-Hands Meeting“ wurden die Offshoringpläne von Delta an die Mitarbeiter/innen kommuniziert. Diese Pläne so-wie die konkreten Konsequenzen für jede/n Mitarbeiter/in sind auch Thema in den Mitarbeitergesprächen. Die Beschäftigten in den Projekten reagieren zum Teil mit Sorge auf die Auslagerungs-aktivitäten. Doch die Mitarbeiter/innen übertagen solche Sorgen nicht unbedingt auf die Gewerkschaften oder organisieren sich, um mögliche negative Effekte der Auslagerung zu vermeiden. Kontak-

473 Also Weiterbildung spielt ganz klar ’ne Rolle und zwar nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch i Management, em oder Kongresse und was auch immer. (…) Ist gleich bewertet, würd ich sagen 50:50, eigentlich möchte is eigentlich möchte ich, dass die sagn wer mal zwei Trainings im Jahr würd ich mal sagen sind Standard und idealerweise macht er eins so und eins so. (VP, 910-912; 936-938).

Page 440: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

443 Internationale Professionalität

te zu Gewerkschaften gibt es nach Angabe der Personalverantwort-lichen mit der IG Metall. Auch mit Fachcommunities gibt es Kon-takte vonseiten der Mitarbeiter/innen. Doch was die berufliche All-tagspraxis der Mitarbeiter/innen am meisten prägt, ist die zuneh-mende und fragmentierte Kommunikation mit verschiedenen Ver-mittler/innen in Projektschnittstellen.

Der Wissenstransfer zwischen den externen Vendoren und den internen IT-Mitarbeitern/innen im Übergang von einer Projektpha-se zur nächsten wird vor allem über Videokonferenzen organisiert. Dort können Fragen angesprochen und konkrete „Komplexitäten“ des Arbeitsalltags aufgeteilt werden. In bestimmten thematischen Feldern gibt es einen sogenannten „Shadow-Support“. Das bedeu-tet, dass die „alte“ Firma zunächst noch die Zuständigkeit für be-stimmte Themen behält und während des Change-Request-Management-Prozesses die Verantwortung an die „neue“ Firma überträgt. Ein solcher Shadow-Support kann in verschiedenen Pro-jektphasen stattfinden, bis schließlich die gesamte Verantwortung für einen Wissensbereich übertragen worden ist, wie die Projektlei-terin erklärt.474

474 Und wir werden das Gleiche jetzt hier wieder durchziehn und für Applikationen, wo mer halt gesagt ham die sind ziemlich komplex, also mer ham die in gewisse Komplexitäten aufgeteilt, für die wo mer als sehr komplex erachten, damals sogar so gemacht, dass die alte Firma und die neue Firma, die rennen jetzt die Woche hier zum Beispiel irgendwo rum, und die machen gemeinsame äh Workshops. Und die Sessions, die mer jetzt per Videokonferenz und so machen, die sind halt aufge-baut mit immer wieder ähm Fragesessions und Nachfragen, ob ses auch wirklich verstanden haben, oder net, und dieses Know-how-Transfer läuft jetzt irgendwie (.) drei bis vier Wochen glaub ich, oder vielleicht sogar fünf Wochen, je nachdem halt, wie komplex die Applikationen ist, Dann geht’s in den sogenannten ähm Shadow-Support rein, das heißt, die alte Firma is noch zuständig, und die neue Firma arbeitet eigentlich schon mit, das heißt, wenn jemand ’n äh was mir ’n Change-Request nen-nen, möchte, dann ist die alte Firma noch zuständig, und die neue Firma überlegt sich halt, wie ses denn gemacht hätte. Und dann gibt’s wieder ’ne Telekonkonferenz, wo se sich gegenseitig austau-schen, also die neue Firma sagt der alten Firma, wie ses denn gemacht hätten, und unsre Leute sind dann dabei, und dann schaun mer halt, dass sie so langsam die Kurve kriegen, und dann geht das über in äh zweite Shadow-Support, wo dann die neue Firma zuständig is, aber die alte Firma is halt noch dabei als Hosenträger und Gürtel, und dann schalt mer dann komplett live um, das heißt die alte Firma is dann aus die Verantwortung heraussen, und die neue Firma is halt dann in die Verant-wortung und da sehn mer halt einfach, dass mer dort in dem Bereich halt viel intern (.) noch dazu helfen müssen, weil die alte Firma is ja de facto dann schon weg. (PLin, 208-230).

Page 441: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 444

Nach Meinung der Projektleiterin gibt es immer wieder Kom-munikationsprobleme bei solchen Prozessen, die mit interkulturel-len Unterschieden und entsprechenden verschiedenen Hierarchie-verständnissen in Zusammenhang gebracht werden.475 Solche interkulturellen Probleme werden aber hauptsächlich in indischen Standorten verortet und nicht in Ländern, die als „kulturell nah“ wahrgenommen werden. So betont die Projektleiterin, dass die Zu-sammenarbeit bei den Nearshoreprojekten von Delta wegen der gemeinsamen europäischen Mentalität beider Partner einfacher ist als bei Offshoringprojekten. Bei den indischen Partnern muss man zuerst nachdenken, wie Probleme kommuniziert werden können.476

Nicht wegen zeitlicher Unterschiede zwischen internationalen Standorten, sondern wegen dieser interkulturellen Distanz hat sich das Unternehmen dafür entschieden, bei jedem neuen Projekt be-stimmte Mitarbeiter/innen als Transferpersonen einzustellen, die für einige Monate nach Deutschland kommen, um das Projekt von hier aus zu steuern, wie die Projektleiterin erklärt.477

475 Ja es gibt halt immer wieder die gleichen Probleme, als erstes scheitert’s an ähm Verständnis, vielleicht, dann haben Sie ja sagen wir mal mit Portugal vielleicht nicht so, mit Indien haben sie ganz klar ein kulturelles Problem, wo sich die Leute teilweise am Anfang, wo sich der, ich sage mal der kleine Inder, vielleicht sich nicht so traut, eine Frage zu stellen, wenn dann noch sein Fachvorgesetz-ter vielleicht zufällig auch am Telefon ist. Aber wie gesagt, wir arbeiten jetzt mit der Firma schon fast fünf sechs Monate zusammen, und da haben sich doch einige äh Schwellen, die’s gegeben hat, jetzt sage ich mal (.) sind nicht mehr so hoch. (PLin, 247-255). 476 Ja ich mein, der Vorteil von Portugal is es halt es is Nearshore, man hat halt die europäische Mentalität in Portugal sag mal sind die zwei Stunden oder eine Stunde hinter uns sind in der Zeit, und wir haben halt scho länger mit der Firma zu tun. Sag ich mal so und die sind auch sehr professi-onell und es is ’ne sehr gute Firma a vom vom äh von der Einstellung vom Geschäftsführer, mit der Firma also mer kommt da wirklich sehr gut zurecht und ma hat au immer den Eindruck, dass die Jungs sich wirklich einen abbrechen, um hier die Qualität zu sichern und wenn ma mit irgendwas net zufrieden is, mer kann mit denen sehr offen umgehen, und es is halt ’ne europäische sag ich mal Kommunikation. Bei den Indern isses halt so, dass man halt da a lernen muss wie ma mit denen äh kommunizieren kann oder wie ma mit denen halt reden muss ne, weil was ich en Portugiesen is vielleicht net ganz angebracht, was ich en Inder sage ne. (PLin, 296-307). 477 Wir ham jetzt hier vor Ort einen Inder sitzen, und der is dafür zuständig, dass alle Projekte die nach Indien gehen, dass er die versteht, und wenn’s Eskalationen auf unserer Seite gibt, dann wirdn die bei ihm gleich eskaliert, er kann sich das dann hier noch mal angucken, was da jetzt Sache is, und dann kümmert er sich drum, dass das in Indien gelöst wird. Und der muss sich drum kümmern, dass meine Leute halt dann äh dementsprechend eingebunden werden, wenn’s dann noch zur Klä-rung geh,t aber der sitzt ja gleich da drüben, und er ist deswegen ist der da. (PLin, 346-356).

Page 442: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

445 Internationale Professionalität

Arbeitsorganisation und Geschlechterasymmetrien bei Delta

Alle Befragten bemerken, dass Frauen im Allgemeinen bei Delta weniger beteiligt sind als Männer. Darüber hinaus stellen Frauen besonders im technischen Karriereweg eine Minderheit dar. Frauen sind vor allem im Individual-Contributor-Karrierepfad und im „normalen“ Tarifbereich vertreten.

Telearbeit ist in der Firma sehr verbreitet und die Personalver-antwortliche sieht in dieser Arbeitsform eine gute Möglichkeit für Frauen, Arbeits- und Familienzeit zu vereinbaren. Spezielle Frau-enfördermaßnahmen existieren bei Delta nicht. Die Frauen müssen sich „im Dschungel der Männer“ behaupten, wie die Personalver-antwortliche es ausdrückt. Sie betont, dass die Chancengleichheit da ist, wenn Frauen mit aller Macht Karriere machen wollen. Unter den Bedingungen von intensiven und flexiblen Arbeitszeiten setzt dies allerdings eine entsprechende Verfügbarkeit voraus. „Regulä-re“ Arbeitszeiten gibt es nicht. Arbeiten von acht bis fünf, bedeutet keine Karriere machen zu können.

Der Personalverantwortlichen zufolge macht es keinen Unter-schied, ob Mitarbeiter/innen Kinder haben oder nicht. Allerdings werden die Einschränkungen von Mitarbeiter/innen mit Erzie-hungsverantwortung bei den Mitarbeitergesprächen thematisiert und perspektivisch diskutiert. Die Personalverantwortliche hebt hervor, dass Frauen ohne Kinder genauso flexibel sind wie alle anderen Mitarbeiter und dass ihnen keine Hindernisse im Weg ste-hen, wenn sie wirklich Karriere machen wollen. Mitarbeiter/innen, die sich auf die Familie konzentrieren wollen, müssen dementspre-chend mit Karriereeinbußen rechnen.478

478 Die die das Handicap der Kinder und der Familie so nich haben oder nur in einem, in einer ja äh ohne Kinder Beziehung leben, dann sehe ich da keinen Nachteil für Frauen. Dann sind’s genauso flexibel wie alle andern auch. Ja, aber wenn ich halt natürlich sag, ich konzentrierter, hab auch diese Versorgung der Kinder halt mit dabei, dann wird’s schwierig halt. Wie will ich dann hier mal zwei drei Wochen irgandwohin fahren, wenn’s Kind nit in Kindergarten ist oder so oder die Schule gerade anfängt.

Page 443: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 446

Teilzeitarbeit kommt im Bereich der tariflichen Vergütung häufig vor, wobei es vor allem Frauen in oder nach der Elternzeit sind, die diese Möglichkeit nutzen. Um Karriere zu machen, müs-sen die Mitarbeiter aber ein großes Kontingent an Überstunden leisten. Deshalb hat Teilzeitarbeit zur Folge, dass die Mitarbei-ter/innen auf einer bestimmten Stufe innerhalb des Karrierepfades verharren und nicht weiter aufsteigen. Der Vizepräsident bestätigt die negativen Konsequenzen einer Teilzeitbeschäftigung für die Karriere: Die betreffenden Mitarbeiter/innen bleiben in einem sehr engen Gebiet und nehmen an geregelten Arbeitsprozessen nicht mehr teil. Deshalb ist ein wirklicher beruflicher Aufstieg nach Meinung des Vizepräsidenten mit Teilzeitarbeit nicht zu vereinba-ren.479

Dass Frauen Karriere in Managementbereichen machen, ist nach ganz ausdrücklicher Auffassung des Vizepräsidenten unmög-lich. Er bezeichnet sogar die Frage nach Möglichkeiten, Karriere und Teilzeitarbeit zu vereinbaren, als betriebs- und lebensfremd.480

479 Mit @Sicherheit hat das Konsequenzen für die Karriere@ also ich mein, wenn sie jetzt schwanger werden und arbeiten noch 20 Stunden von zuhause aus, nehmen sie an dem geregelten Arbeitsprozess nicht mehr teil, sondern dann ham sie ein sehr sehr enges Gebiet, das sie bearbeiteten, das sie abar-beiten … also Karriere? Jetzt? Die Frage, was sie als Karriere v e definieren in diesem Zusammen-hang. Also wenn sie sagen, sie ham jetzt ’n Job und sie nehmen an ’nem normalen Gehaltsentwick-lungsprogramm teil, dann ist ihre Karriere nach wie vor existent. Aber wenn sie jetzt sagen, ob der ob der Neigewinkel genauso steil ist wie vorher, dann würd ich sagen nein, also weil es nicht möglich ist. (VP, 968-976). 480 ich weiß jetzt nicht, ob ich mich jetzt gerade in fragwürdiges Gewässer manövrier hier aus dem Arbeitsgleichstellungsgesetz, aber e ich weiß nicht, ob ihre Frage nicht ’n bisschen betriebsfremd ist ja? Oder lebensfremd? (…) Ich vermute es fast mal. Also wenn Sie glauben, Sie sind Frau, Sie wer-den schwanger, e sind zuhause und arbeiten noch zwei Tage die Woche und übernehmen große Managementpositionen, da würd ich sagen, da dürfte das vielleicht in manchen Firmen möglich sein, das hängt vielleicht ab von der Tätigkeit, aber hier wird des isses nicht möglich, weil Sie halt eine sehr starke Vor-Ort-Präsenz brauchen und halt eine Nähe zum Thema. Was dadurch nicht gegeben ist. Aber jetzt sag ichs mal andersrum. Wenn jemand schwanger ist und der ist x Wochen und Monate weg und der kommt zurück, ja dann hat das mit der Karriere nichts zu tun, das wird hier normal gefördert und das ist kein Thema. Ja? Oder wenn diejenige sagt, ich möchte jetzt nur noch 35 Stunden oder 40 Stunden arbeiten, und kann nicht mehr abends bis um acht Uhr, dann geht des auch, das hat dann mit den Modellen nichts zu tun, dann würd ich sagen, dann bring eine normal gute Leistung und dann ist der Karrierepfad normal wie bei jedem anderen auch. (VP, 985-1002).

Page 444: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

447 Internationale Professionalität

Genauso unmöglich ist es seiner Meinung nach, an fünf Tagen in der Woche Telearbeit mit einem Vollzeitvertrag zu leisten.

Alle an der Projektarbeitspraxis beteiligten Befragten bestäti-gen den generell geringen Frauenanteil im Unternehmen. Der Softwareentwickler macht das technische Image, aber auch die „Irregularität“ der Arbeit dafür verantwortlich. Für die Vereinbar-keit von Arbeit und Leben existiert kein Modell bei Delta. Es wird von den Mitarbeiter/innen erwartet, dass sie selbst einschätzen können, wie viel und wie lange sie arbeiten. Die Befragten gehen davon aus, dass in allen IT Unternehmen eine ähnliche Situation herrscht.

Was die Arbeitszeiten angeht, berichten die Personalverant-wortliche und der Vizepräsident übereinstimmend, dass es bei Del-ta eine rechtlich geregelte Gleitzeit gibt. Im tariflichen Bereich be-trägt die reguläre Arbeitszeit 35 Stunden, in übertariflichen Berei-chen 40 Stunden. Im Zusammenhang mit Offshoring hat sich daran nichts Grundsätzliches geändert, auch wenn manche Mitarbei-ter/innen manchmal außerhalb der geregelten Arbeitszeiten mit Kollegen/innen im Ausland telefonieren müssen. Der Vizepräsident weist darauf hin, dass in Offshorebereichen Personen gesucht wer-den, die bereit sind, zwischen acht Uhr abends und sechs Uhr mor-gens deutscher Zeit zu arbeiten, um den Arbeitsrhythmus „24x7“, also rund um die Uhr an allen Tagen der Woche, zu halten.481

Überstunden können in tariflichen, nicht aber in außertarifli-chen Bereichen ausgeglichen werden. Sabbaticals kommen nur vereinzelt vor. Nach Meinung des Vizepräsidenten hat wegen der Offshoringprozesse das Ausmaß von Überstunden zugenommen. Dadurch, dass die Arbeit auf unterschiedliche Zeitzonen verteilt ist, müssen sich die Projektmitarbeiter/innen teilweise an die Arbeits-rhythmen in Offshoringstandorten anpassen, sie müssen also je 481 Für die im Offshorebereich, also vielleicht, weil wir da zum Teil 24x7 brauchen, oder Shift Model-le. Das heißt in der Hinsicht hat sich vielleicht schon was verändert, dass bei man- zu machen The-men brauchen wir Leute vor Ort, die auch gewillt sind, um acht Uhr abends bis sechs morgens zu arbeiten, also in diesen Acht-Stunden-Rhythmen. (VP, 941-944).

Page 445: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 448

nach Standort unter Umständen ihre Arbeit früher oder später be-ginnen bzw. beenden. Die Mitarbeiter/innen akzeptieren nach Mei-nung des Vizepräsidenten diese Ausdehnung und Verschiebung der Arbeitszeiten, da sie keine Dauersituation darstellt und die Mitar-beiter/innen auch „glauben“, dass ihnen die internationalen Projek-te eine bessere Reputation einbringen.482 Grundsätzlich müssen nach Meinung des Vizepräsidenten sowohl die Mitarbeiter/innen selbst als auch die jeweiligen Vorgesetzten auf die Überstunden achten. In Großprojekten, in denen es besonders schwer ist, Ar-beitszeitgrenzen einzuhalten, sind sowohl zeitliche als auch finan-zielle Kompensationen für Überstunden vorgesehen.

III.3.4.2 Zwischenfazit: Internationalisierung der Arbeit und Transformation der Arbeitsorganisation in der Hardwareentwicklung

Delta richtet sein internationales Arbeitsfeld mit Blick auf das Kerngeschäft des Unternehmens aus: Es werden vor allem Tätig-keiten im Zusammenhang mit der Umsetzung von Softwareent-wicklungsprozessen ausgelagert. Sie werden eher als periphere bzw. unterstützende Tätigkeiten betrachtet und zählen nicht zu den Kernkompetenzen der Firma. Die immer bedeutsamer werdenden Koordinationstätigkeiten sowie solche, die mit physikalischen Entwicklungsprozessen zu tun haben, werden als Kernkompeten-zen des Unternehmens angesehen und bleiben folgerichtig haupt-sächlich in Deutschland. Delta folgt demnach dem Flexibilisie-rungsmodell der Differenzierung zwischen Kern- und Peripherie-Arbeitsbereichen (Atkinson/Meager 1986). Die Firma sucht Stabili-tät im Kerngeschäft und Kosteneinsparungen durch Externalisie-rung von Tätigkeiten, die nicht zum Kernkompetenzbereich gehö- 482 Is eigentlich gut akzeptiert, ja? Weil wenn die Leute ein Projekt haben, was ihnen gefällt, was sie begeistert, sind sie auch meistens bereit, das in Kauf zu nehmen, ehm, weil sie glauben halt, dass es für ihre Reputation gut ist, weil es ihnen Spaß macht, em übern gewissen Zeitraum geht es auch, es darf halt nur keine Dauerinstitution sein. (VP, 1014-1017).

Page 446: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

449 Internationale Professionalität

ren und sich inhaltlich sehr schnell ändern. Dennoch handelt es sich nicht um eine numerische Flexibilisierung der Belegschaften im klassischen Sinne (ebd.), denn es werden keine Stellen abgebaut. Stattdessen werden Mitarbeiter/innen versetzt bzw. in verschiede-nen Firmenabteilungen eingesetzt. Die Differenzierung zwischen Kern und Peripherie bezieht sich auf die strategische Suche nach billigen und in Deutschland nicht verfügbaren Fachkräften zur Un-terstützung des etablierten Kerngeschäfts. Das heißt, dass das transnationale Arbeitsfeld als ein Geflecht von fragmentierten Kooperationsbeziehungen in zahlreichen Standorten strukturiert wird. Für die Allokationsentscheidungen, die vom oberen Delta-Management getroffen werden, ist nicht nur die Kostenreduktion wichtig, sondern vor allem das vorhandene Wissen bzw. die Leis-tungsqualität in den ausgewählten Standorten. Letztere wird nach internationalen Qualitätsstandards bewertet. Es handelt sich um eine vergleichbare Leistungsqualität ausländischer Mitarbei-ter/innen, die an den gesamten Fertigungsprozess von Hardware-produkten anpassbar ist.

Die für eine solche Leistungsqualität erforderlichen Fachkräfte sind im Ausland nicht nur billiger zu haben, sondern dort, im Un-terschied zu der Situation in Deutschland, auch überhaupt in aus-reichender Zahl vorhanden. Zum einen wird von den ausländischen Mitarbeiter/innen Expertise im Sinne einer technischen Spezialisie-rung erwartet; zum anderen sollen sie auch einen ähnlichen Selbstständigkeitshabitus vorweisen wie deutsche Mitarbeiter/innen und interkulturell offen sein. Weil die Softwareentwicklung keine Kernkompetenz des Unternehmens ist, fällt es allerdings schwer, die Leistungsqualität der ausländischen Softwareentwickler/innen nur auf der Grundlage organisationsexterner Qualitätsstandards zu bewerten. Deswegen sind mehrere Offshorestandorte gescheitert. Als Reaktion auf diese Erfahrungen wurden zusätzliche Kontrollen in Schnittstellen von Projekten eingeführt. Diese Tätigkeiten wur-den als paralleler Managementpfad strukturiert, der zentral zur

Page 447: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 450

Kernkompetenz des deutschen Standortes gehört. Die diesbezüg-lich von Delta eingesetzten Flexibilitätsformen (Flecker 2005) sind komplementär: numerische Expansion im Ausland und qualitative Flexibilität gepaart mit numerischer Flexibilität in Deutschland. An den deutschen Standorten sollen sich die Mitarbeiter/innen inhalt-lich stärker auf den Management-Karrierepfad orientieren (qualita-tive Flexibilität), wofür die Firma dann auch quantitativ mehr Opti-onen anbietet. Gleichzeitig sollen die Mitarbeiter/innen in höheren Positionen immer mehr Überstunden leisten (numerische Flexibili-tät), was zum professionellen Managerprofil gehört.

Die Mitarbeiter/innen in Deutschland sollen eher ein breites technisches und kaufmännisches Wissensspektrum sowie zuneh-mend interkulturelle Erfahrungen mitbringen. Weil die Tätigkeiten sehr zwischen den Projekten variieren und es keine festen Tätig-keitsprofile gibt, müssen sie zudem in der Lage sein, sich an der Definition ihrer eigenen Tätigkeit zu beteiligen. Anstelle von Tä-tigkeitsprofilen existieren bei Delta Karrierestufen nach Alpha-Vorbild, die die Mitarbeiter/innen erreichen sollen. Für den Auf-stieg entscheidend sind ihre Projektleistungen, die anhand standar-disierter Qualitätskriterien beurteilt werden.

Auch wenn in Deutschland der technische Karrierepfad als zweiter Hauptpfad neben der Managementschiene beibehalten wird, kommt letzterem durch die Internationalisierung der Arbeit und die Zunahme von Schnittstellen im Arbeitsprozess immer mehr Bedeutung zu. Darüber hinaus wird durch die höheren Löhne in Managementpfad die Transformation der Arbeitsstrukturen weg von den technischen hin zu den Managementbereichen unterstützt.

Delta steht vor dem Dilemma, dass Management zwar nicht zur Kernexpertise des Unternehmens gehört, es aber wegen der interna-tionalen Expansion der Arbeitsprozesse dennoch zusätzliche Res-sourcen in den Managementbereich investieren muss. Um dieses Dilemma zu überwinden, versucht Delta eine massive Standardisie-rung der Arbeitsprozesse umzusetzen, die den bisher in der Soft-

Page 448: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

451 Internationale Professionalität

wareentwicklung vorhandenen individualistischen Habitus ablösen soll. Auch die Beschäftigten selbst sollen sich in diesem Transfor-mationsprozess engagieren, indem die Mitarbeiter/innen die Ar-beitsprozesse detailliert dokumentieren und die Projektleiter/innen sich intensiv austauschen, um die Arbeitsprozesse zu optimieren und noch stärker zu vereinheitlichen. Qualitätsziele werden hier nach finanziellen Kriterien legitimiert, die international vergleich-bar und für die Verhandlungen von Projektzielen mit Kunden zent-ral sind. Die Kontrolle der Arbeitspraxis und des Wissensaustau-sches wird also nach finanziellen Kriterien legitimiert.

Solche Kontrollsysteme werden auch in Weiterbildungskursen parallel zu Trainings in sozialen und interkulturellen Kompetenzen vermittelt. Diese letztgenannten Kompetenzen werden für die in-ternational verteilte Zusammenarbeit immer wichtiger, aber auch, um Fluktuationsrisiken zu vermeiden.

Nach der Typologie von Morgan und Quack (2005) kann Delta als ein finanziell kontrolliertes Unternehmen charakterisiert wer-den. Die Beschäftigungsbeziehungen werden durch die Situation auf dem internationalen Arbeitsmarkt geprägt, wobei die internati-onal nachgefragten Fachkräfte sich an die Expertise des Kernge-schäfts anpassen müssen. Auch die internationalen Anreizsysteme basieren auf finanziellen Zielen, die nach internationalen Quali-tätsmaßstäben messbar sind.

Eine deutliche Geschlechtersegregation zugunsten von Män-nern findet sich besonders im technischen Karrierepfad. Ein ver-gleichsweise höherer Frauenanteil ist in normalen Tarifbereichen des niedrig bewerteten Individual-Contributor-Pfades zu verzeich-nen, wo Teilzeit im Unterschied zu den anderen Karrierepfaden möglich ist. Bei Delta kann nach der Typologie von Funder (2006: 203) von einer symbolisch-egalitären Geschlechterkultur gespro-chen werden: Die starke horizontale und vertikale Geschlechterseg-regation wird mit dem akuten und chronischen weiblichen Fach-kräftemangel in den nachgefragten technischen Qualifikationsge-

Page 449: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 452

bieten gerechtfertigt. Prinzipiell wird Geschlecht nach meritokratischen Vorbildern „de-thematisiert“, denn das Unter-nehmen ignoriert ihre „Indifferenzzonen“, das heißt solche, die jenseits individueller Leistungen bleiben. Die Mitarbeiter/innen sollen sich nach den festgelegten Leistungskriterien richten und selbst ihre Ressourcen dafür mobilisieren. Frauen müssen demnach die gleichen Leistungen vorweisen wie Männer, unabhängig von privaten Umständen. Explizit ausschließlich Männern oder Frauen zugeschriebene Bereiche gibt es nicht. Horizontale Segregation basiert auf Qualifikationsfaktoren, doch sie ist mit einer vertikalen Segregation insofern verbunden, als Arbeitszeitansprüche in höhe-ren Karrierepositionen als frauenfeindlich wahrgenommen werden und damit als Erwartungsschema für Ressourcenallokation etabliert werden. Arbeitsintensität wirkt also als Hauptdifferenzierungsfak-tor bei der vertikalen Segregation im Unternehmen. Eine Sensibili-sierung oder eine „rhetorische Modernisierung der Geschlechter-verhältnisse“ im Sinne Wetterers (2003) gibt es im Fall Delta nicht. Vielmehr werden mögliche Geschlechterasymmetrien ignoriert. Dies gilt noch viel mehr für Asymmetrien zwischen deutschen und ausländischen Fachkräften, denn die Abgrenzung zwischen beiden Gruppen ist ganz klar strukturiert: Ausländische Fachkräfte sind keine Delta-Mitarbeiter/innen, sondern externe Kompetenzressour-cen.

III.4 Typologie internationaler Beschäftigungspolitiken und gemischter Professionalitäts- und Karriereformen

Tabelle 3 fasst die Analyseergebnisse zusammen. Es können drei Haupttypen von internationalen Beschäftigungspolitiken im Zu-sammenhang mit der Koordination von Expertise und Arbeit unter-schieden werden, nämlich substitutive, expansive und fragmentierte Beschäftigungspolitiken. Bei der substitutiven internationalen Be-schäftigungspolitik werden Stellen in Deutschland abgebaut und

Page 450: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

453 Internationale Professionalität

die entsprechenden Tätigkeiten im Ausland ad hoc nach Projektkri-terien angesiedelt. Bei der expansiven internationalen Beschäfti-gungspolitik geht es vor allem darum, zusätzliche Wissenskapazitä-ten in die Firma zu integrieren, sodass Stellen und Tätigkeiten in Deutschland erhalten bleiben. Bei der fragmentierten internationa-len Beschäftigungspolitik geht es prinzipiell um eine strategische Suche nach Arbeits- bzw. Wissenskapazitäten, die das Kernge-schäft bzw. das Kernwissen der Firma ergänzen.

Tabelle 3: Typologie internationaler Beschäftigungspolitiken in der Informationsarbeit

Substitutive Beschäftigungspolitiken (IT Dienstleistungen, Telekommunikationen)

Expansive Beschäftigungspolitiken (Softwareentwicklung)

Fragmentierte Beschäftigungspolitiken (IT Dienstleistung, Hardware)

VERBINDUNG ZWISCHEN ARBEIT UND ARBEITSPRAXIS MECHANISMEN DER KONTROLLE VON ARBEIT UND WISSEN KONSTRUKTION BERUFLICHER IDENTITÄTEN ASYMMETRIEN

• Beschäftigungsflexibilität • Tätigkeitssubstitution in Deutschland. Externe

Berater/innen in Schnittstellen • Kostenreduktion als Motivation. „Factory

Modell“ • IT Segmentdruck. Unsichere Geschäftsfelder. • Konzerninterne Karrieren (nicht im Ausland) –

Management • Hohe Qualifikation und Management

Expertise • Hierarchisch etablierten

Qualitätsmanagementsysteme • Konzerninterne zertifizierte Weiterbildung in

Management • Starke Arbeitsintensivierung: Zeit und

Mobilität

• Arbeitsflexibilität • Tätigkeitsstabilität in Deutschland und

langfristige Erweiterung im Ausland

• Wissenszugang und Flexibilität durch

Erweiterung der Expertise. Markterschließung.

• Stabile Geschäftsfelder • Offene Firmenkarrieren (auch im Ausland) an

Geschäftsfelder orientiert – Technik und Management

• Hohe Qualifikation in Informatik und Präsenz

in Diskussionsforen. Reflexive technische Expertise und technische Managementexpertise

• Partizipative Entwicklung von

Qualitätsmanagementsysteme • Interne und externe Weiterbildung • Wissensinnovation und Selbstprofilierung

• Beschäftigungsflexibilität (Kerngeschäft) • Tätigkeitsunstabilität in Deutschland.

Strategische Projektkooperationen (Bekanntenkreis)

• Wissenszugang bzw.

Wissenskonzentration auf Kerngeschäft und Kostenreduktion. „Factory Modell“

• Stabile Geschäftsfelder. Konzentration

auf Kerngeschäft. • Kerngeschäftskarrieren – Technisches

Management und Technik Hohe (technische) Qualifikation und

Präsenz in Diskussionsforen. Technische-Management Expertise.

• An Kerngeschäft orientierte

Qualitätsmanagementsysteme • Interne Weiterbildung • Meritokratie und Performance. Flexibilität

Alpha 1 und Alpha 2, die im Telekommunikations- bzw. im IT-Dienstleistungssegment der Branche angesiedelt sind und zum

Page 451: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 454

gleichen Mutterkonzern gehören, sind durch eine substitutive Be-schäftigungspolitik gekennzeichnet. Sie zielt darauf, Kosten zu reduzieren und lediglich Managementtätigkeiten in Deutschland zu behalten. Die Standardisierung von Arbeitsprozessen und eine deutliche Intensivierung der Arbeit nach tayloristischem Vorbild sind die Grundlagen einer solchen Beschäftigungspolitik, die mit dem Argument des international stetig wachsenden Marktdrucks legitimiert wird.

Der Konkurrenzdruck in beiden IT-Segmenten ist sehr stark, sodass Geschäftsfelder hart erkämpft und eher kurzfristig angelegt werden. Für den Mutterkonzern stellen beide Firmen „Sorgenkin-der“ dar. Sie werden im Vergleich zu anderen Alphabereichen mit weniger Ressourcen ausgestattet und unterliegen einer ständigen Gefahr, vom Konzern ausgegliedert und getrennt zu werden. So wird Kostenreduktion gemessen an konzernübergreifenden Mess-werten zum Erfolgsmaßstab und Hauptziel beider Firmen.

Der Mutterkonzern entscheidet über die Vergabe von Projekten und hat damit auch die Kontrolle über die Definition von Tätigkei-ten und Zuständigkeitsfeldern. Das heißt, dass er die Verbindungen zwischen Projektarbeit und Projektarbeitspraxis vorgibt. Dadurch, dass die Definition von Arbeit an heterogene und zeitlich befristete Projekte gebunden ist, hat das Management von Projekten und nicht aus der Linie heraus Priorität, auch wenn die Linie gegenüber den Projektmitarbeiter/innen weiterhin Disziplinarbefugnisse hat. Eine steigende Anzahl Projektmanagern/innen mit begrenzten Ent-scheidungsbefugnissen, die zudem noch häufig wechseln, ist die Konsequenz dieser Entwicklung. Die Projektmanager/innen kon-kurrieren miteinander um Zuständigkeiten im organisationalen Feld von Alpha und die Konflikte zwischen Projekt- und Linienmana-gern/innen sind ebenso chronisch wie die ständige Fluktuation im oberen Management.

Dementsprechend wird eine Projektmanagement-Expertise ge-fordert, die eine auf massive Kostenreduktion orientierte berufliche

Page 452: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

455 Internationale Professionalität

Transformation unterstützt. Legitimiert wird diese Transformation durch den Marktdruck in den IT-Segmenten. Langfristig wird sie durch Karrierestrukturen und in der Arbeitspraxis kurzfristig durch schnell wechselnde Qualitätsmanagementsysteme implementiert. Durchgesetzt wird sie durch die Ablösung von Alternativen: Wi-derstand bedeutet potenziellen Stellenabbau. Die Experten/innen sind für immer mehr Tätigkeiten verantwortlich und sollen ihre Karrieren und Expertise auf den dafür vorgesehenen Projektmana-gementweg ausrichten. Eine hohe formelle Qualifikation, die aber nicht exklusiv aus technischen Gebieten stammen muss, wird ne-ben Selbstständigkeit und Social Skills im Sinne von Fligstein (1997) gefordert, die unter anderem in der Fähigkeit bestehen, an-dere Menschen für eine bestimmte Aufgabe zu motivieren. Wis-sensspezialisierungen oder auch die „mathematische“ oder „ingeni-eurwissenschaftliche“ Orientierung der Informatik (Ruiz Ben 2005), die die Informatiker/innen in einer individualistischen und künstlerischen Kultur habitualisieren, sollen vermieden werden. Stattdessen sollen die „Experten/innen“ durch konzerninterne Zerti-fikate re-habitualisiert werden und sich an die vom Konzern vorge-sehenen Karrierestrukturen anpassen. Gefragt ist demnach eine Management-Expertise, die die Grundlage für eine in der Projekt-praxis des Mutterkonzerns situierte Professionalität bildet. Die Mit-arbeiter/innen sollen dafür sorgen, dass die konzernintern etablier-ten Arbeitsregeln implementiert werden, wofür sie zertifizierte Kenntnisse erwerben sollen. Sie sollen als Projektmanager/innen mit allgemeinen technischen Kenntnissen den Interessen des Mut-terkonzerns dienen. Die Kontrolle dieser Expertise liegt beim Mut-terkonzern oder mit anderen Worten: Die Expertise findet ihren Sinn im Kontext des Konzerns. Wegen der Instabilität der Ge-schäftsfelder und des hohen Konkurrenzdrucks im IT-Dienstleistungssegment ist eine Wissensspezialisierung nicht mög-lich.

Page 453: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 456

In Anlehnung an Morgan und Quacks (2005: 284) Typologie können Firmen, die eine solche substitutive Beschäftigungspolitik praktizieren, als hierarchisch kontrollierte internationale Unter-nehmen bezeichnet werden. Die Kontrolle der Arbeit und des Wis-sens wird international konzernintern gesteuert, sodass die Mitar-beiter/innen vergleichbare Trainings bekommen und mit vergleich-baren Standards arbeiten. So kann auch sichergestellt werden, dass das Wissen der Mitarbeiter/innen innerhalb der Firmen weitergege-ben wird bzw. dort verbleibt. Wie in der Typologie von Morgan und Quack beschrieben, müssen diese Unternehmen umfangreich in „nicht produktive Tätigkeiten“ investieren, um die mit der inter-nationalen Projektarbeitspraxis einhergehenden Risiken zu über-winden oder wenigstens zu minimieren. Da die Firmen in Deutsch-land nur die Expertise in Projektmanagement behalten sollen, ent-stehen Expertiseabhängigkeiten von ausländischen Tochterfirmen und Beratungsfirmen, deren Mitarbeiter/innen in ihren eigenen Standorten jedoch auch Arbeitsmöglichkeiten bei anderen Unter-nehmen haben. Gerade die Ungewissheitszonen (Crozier/Friedberg 1979), die an den zunehmenden internationalen Projektschnittstel-len entstehen, werden durch Berater/innen immer mehr kontrolliert.

Um ausländische Experten/innen zu gewinnen und dauerhaft an das Unternehmen zu binden, setzen die Firmen neben Weiterbil-dung und attraktiven Karrierestrukturen auf eine frühe Sozialisation in den lokalen Universitäten durch das Angebot von Alphakursen und die direkte Kooperation lokaler Professoren/innen. Sie nutzen aber auch gezielt das Prestige des Mutterkonzerns als symbolische Beibehaltungskraft. Damit bildet sich eine Alpha-professionelle Identität, die auf interne Mobilität im Konzern orientiert ist. Den-noch ist die Heterogenität der internationalen Standorte hoch, so-dass Standardlösungen nicht überall funktionieren. Die unterstellte kulturelle Nähe osteuropäischer Standorte soll dazu beitragen, eine gemeinsame internationale Alpha-Professionalität zu kreieren.

Page 454: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

457 Internationale Professionalität

Das Kostenreduktionsziel internationaler substitutiver Beschäf-tigungspolitiken spiegelt sich nicht nur in dem Stellenabbau in deutschen Standorten oder in dem beruflichen Transformations-druck, sondern auch in einer deutlichen Arbeitsintensivierung und im Mobilitätsdruck auf die verbleibenden Mitarbeiter/innen wider. Asymmetrien zwischen den Mitarbeiter/innen bilden sich haupt-sächlich als Konsequenz solcher Faktoren. Speziell Frauen mit fa-miliären Verpflichtungen wird es nicht zugetraut, die vorgesehenen hohen Leistungen unter einem solchem Zeit- und Mobilitätsdruck zu erbringen. Zudem werden die internen Programme zur Verein-barkeit von Arbeit und Familie mit dem Druck der Kostenreduktion bedroht. Die Firmeninvestitionen konzentrieren sich auf die Stabili-sierung der internationalen Koordination durch die Implementie-rung von Weiterbildung, Professionalität und Karrierestrukturen, die sich jeweils an dem Vorbild von Alpha orientiert, und nicht auf die gezielte Unterstützung spezieller Mitarbeitergruppen, auch wenn sie formell und rhetorisch im Konzern als Zielgruppe für Un-terstützung institutionalisiert sind oder aus institutioneller Sicht als „Mythos“ existieren (Funder 2006; Wetterer 2003; 2005). Ältere Mitarbeiter/innen werden als Abbaupotenzial gesehen, da sie als teuer wahrgenommen werden und es als schwer gilt, sie in den neuen professionellen Habitus zu gewonnen. Jüngere Mitarbei-ter/innen dagegen werden früh in die organisationellen Standards eingeführt. Damit ist die Erwartung verbunden, dass sich „Resozia-lisierungskosten“ mittelfristig reduzieren oder vermeiden lassen.

Damit werden die Ergebnisse von Voß und Weiß (2005: 85) bestätigt: Asymmetrien verlaufen nicht entlang einer eindeutigen Geschlechtertrennlinie, sondern quer durch die Kategorien Eltern-schaft, Alter, Nationalität und Expertise, die sich aus Weiterbil-dung, internationaler Projektpraxiserfahrung und formeller techni-scher Qualifikation zusammensetzt. Speziell die formelle techni-sche Qualifikation verliert ihre Bedeutung als Differenzierungs-quelle nicht, sondern gilt im Gegenteil immer noch als erste Wis-

Page 455: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 458

sensbasis, um zunächst überhaupt Zugang zu verbleibenden Zu-ständigkeitsfeldern zu bekommen und sich in der internationalen Karrierepyramide zu positionieren. Die Trennung zwischen „tech-nisch“ nahen und fernen Arbeitsfeldern (Funder 2006; Ruiz Ben 2005; Henninger 2001; Huber et al. 2003) existiert nach wie vor, auch wenn die Karrierestufen keine technische, sondern eine Ma-nagementbezeichnung bekommen. Frauen arbeiten vor allem in administrativen, „technisch“ fernen Tätigkeiten und können auch in diesem Bereich durch Teilzeitarbeitsmodelle „flexibel“, das heißt individuell Familie und Arbeit vereinbaren.

Beta 1 und Alpha 3 praktizieren eine expansive Beschäfti-gungspolitik, die darauf zielt, Wissenskapazitäten im Ausland auf-zubauen und zu stabilisieren, um sich langfristig den Markt in den ausgewählten Standorten zu erschließen. Die Unternehmen können ihre transnationalen Arbeitsfelder entlang relativ stabiler Geschäfts-felder bilden und dabei sogar punktuell auf zusätzliche internatio-nale Ressourcen des Mutterkonzerns zugreifen. Das gilt selbst dann, wenn sie wie im Fall von Alpha 3 von Alphaaufträgen ab-hängig sind, da sie in einem speziellen Marktgebiet agieren, wo sie mit ihrer „exklusiven Expertise“ sehr gut positioniert sind. Im Ge-gensatz zu Firmen mit substitutiven Beschäftigungspolitiken wer-den bei Unternehmen mit expansiven Beschäftigungspolitiken kei-ne Stellen abgebaut. Sowohl in Deutschland als auch in ausgewähl-ten Standorten werden Experten/innen mit sehr hohen Informatik-qualifikationen gesucht, um sie langfristig in die professionellen Arbeitsfelder der Firma zu integrieren. Diese Suche nach zusätzli-chen Mitarbeiter/innen in ausgewählten Standorten wird dadurch legitimiert, dass zum einen auf die Marktkonkurrenz, vor allem aber auf den Mangel an hoch qualifizierten Informatiker/innen in Deutschland verwiesen wird. Der Arbeitsinhalt wird nicht ersetzt wie in Firmen mit internationalen substitutiven Beschäftigungspoli-tiken. Stattdessen wird er wird insofern erweitert, als die Mitarbei-ter/innen für die ständige Erneuerung ihres Wissens innerhalb und

Page 456: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

459 Internationale Professionalität

außerhalb der Firma verantwortlich sind. Dadurch werden sie von Spezialisten/innen mit beschränktem technischen Wissen zu techni-schen Experten mit Überblickswissen im Arbeitsfeld, die auch in der Lage sein sollen, mit den Kunden selbst zu kommunizieren und Problemdiagnosen bzw. Potenzial für die Stabilität des Kundenbe-zugs zu formulieren.

Das Segment der Softwareentwicklung ist stabiler als das der IT-Dienstleistungen, sodass Geschäftsfelder langfristiger angelegt werden können. Damit lassen sich Arbeitsfelder etablieren, die aber nicht exklusiv durch organisationsgebundene, hierarchisch vorge-gebene Arbeitsregeln und Wissenszertifikate abgeschlossen wer-den. Vielmehr werden in den jeweiligen Arbeitsfeldern in einem partizipativen Prozess beständig Projekterfahrungen integriert und die Regeln und Normen so kontinuierlich verbessert und aktuali-siert. Die Koordination der Arbeit wird durch Qualitätsmanage-mentsysteme gesteuert, an deren Entstehung und Interpretation die Mitarbeiter/innen beteiligt sind. Sie agieren als Arbeitsfeldexper-ten/innen, die Eigenverantwortung für Problemdiagnosen und -lösungen bzw. für die angemessene Anwendung von Qualitätsre-geln und die Suche nach geeigneten Wissensquellen tragen. Die „künstlerische ingenieurwissenschaftliche“ Informatikkultur, in der die Mitarbeiter/innen in deutschen Universitäten habitualisiert wur-den, wird hier gepflegt, ausdrücklich gefördert und auch in auslän-dischen Standorten erwartet. Technische Qualifikationen hat für Firmen mit expansiven Beschäftigungspolitiken insofern einen zentralen Stellenwert, als sie die Basis für die Kernexpertise der Firma bilden. Diese Kernexpertise stellt wiederum die Grundlage der Produktqualität dar, mit der die Firma die Positionierung ihres Arbeitsfeldes in der IT-Branche bzw. im internen Arbeitsmarkt legitimiert. Das heißt, dass die Positionierung auf dem Markt nicht wie bei Firmen mit internationalen substitutiven Beschäftigungspo-litiken prinzipiell durch Kostenreduktion erzielt wird. Sie erfolgt vielmehr in traditionellem professionellen Sinne (Freidson 2001;

Page 457: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 460

Evetts 2008) durch Expertise, die den Firmen als Grundlage dafür dient, Zuständigkeit zu beanspruchen. Diese Expertise wird kolle-gial durch Netzwerke kontrolliert, die aus der Projektpraxis in den etablierten Arbeitsfeldern entstehen. Doch mit der internationalen Expansion der Arbeitsfelder implementieren die Firmen immer mehr standardisierte Arbeits- und Wissenskontrollmethoden, wie in diversen Studien (Morgan/Quack 2005; Greenwood/Empson 2003; Hinings et al. 1999) bereits nachgewiesen wurde. Dabei entsteht eine hybride Professionalität mit geteilter Arbeits- und Wissens-kontrolle zwischen Firmen bzw. Mutterkonzernen und den Exper-ten/innen in den Arbeitsfeldern. Professionelle sollen als reflexive Praktiker/innen im Sinne von Schön (1984) in transnationalen Ar-beitsräumen agieren und zur Initiierung neuer organisationeller Pfade (Djelic/Quack 2005) bzw. neuer organisationeller Strukturen in Form internationaler Arbeitsräume mit eigenen Ressourcen und selbst legitimierten Regeln in der Firma beitragen. Sinn und Legi-timität erhält die Professionalität im Arbeitsfeld, zu dem solche entstehenden transnationalen Arbeitsräume gehören. Auf dieses Arbeitsfeld orientieren sie sich auch in der Gestaltung eigener Ar-beitsqualitätsmaßnahmen, die gleichzeitig zur transnationalen Ar-beitsanerkennung dienen. Die Wissensentwicklung in den Arbeits-feldern wird nicht durch Zertifikate, sondern durch Kollegen/innen kontrolliert. Darüber hinaus ist der Austausch in internationalen akademischen und professionellen Foren zentral, die als Innovati-ons- und Anerkennungsquellen fungieren. Firmen mit internationa-len expansiven Beschäftigungspolitiken geben nicht alternativlose hierarchische Karrierewege vor, sondern setzen organisationale Anreize für die Professionellen durch horizontale Mobilität zwi-schen technischen und Managementkarrierepfaden und die aus-drückliche Unterstützung externer Weiterbildung, die allerdings von den Professionellen selbst ausgesucht und gerechtfertigt wer-den soll.

Page 458: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

461 Internationale Professionalität

Die Organisation der Firma wird durch die Zunahme von Ar-beitsschnittstellen in transnationalen Arbeitsfeldern immer mehr durch eine Projektstruktur infrage gestellt, sodass sowohl Linien- als auch Projektbefugnisse in der Rolle von sogenannten Geschäfts-feldleiter/innen konzentriert werden.

Die internationale expansive Suche nach Informatikexper-ten/innen spiegelt sich auch in diesem Fall in der Institutionalisie-rung von Asymmetrien zwischen den Mitarbeiter/innen wider. Der Mangel an Experten/innen mit geeigneten Profilen für die Arbeits-felder und die zunehmende Formalisierung international verteilter Arbeit führt zur Intensivierung der Arbeit und erhöht den Druck sich weiterzubilden. In solchen Firmen kämpfen die Professionals zunehmend mit der Firma um die Kontrolle der Expertise, denn dadurch können sie sich in den internationalen Arbeitsfeldern posi-tionieren und Karrierechancen verbessern. Die Experten/innen sol-len ihre Expertise in Projekten beweisen. Das heißt, sie müssen in den Augen von Geschäftsfeldleiter/innen, Projekt- und Qualitäts-manager/innen zeigen, dass ihr Expertiseprofil neben den selbstver-ständlichen sehr hohen Informatikqualifikationen auch Über-blickswissen, Eigeninitiative und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung sowie zum ständigen Lernen und zur Mobilität in internationalen Kontexten beinhaltet. Nicht Zertifikate, sondern Arbeits- und Wissensengagement und Performance von Expertise in transnationalen Arbeitsfeldern und professionellen Foren sind hier die Hauptfaktoren, die zu Asymmetrien zwischen Mitarbei-ter/innen führen. Expansive internationale Beschäftigungspolitiken verfolgen eine meritokratische Arbeitspolitik, in der die Weiter-entwicklung von Expertise zentral ist. Zeit-, aber auch Mobilitäts-ressourcen sind für eine solche Weiterentwicklung von Expertise erforderlich. In diesem Zusammenhang stellen wieder vor allem Mütter eine Risikogruppe „par excellence“ dar. In diesem Fall in-teragiert jedoch die Kategorie „Elternschaft“ mit der Qualifikation: Frauen, die eine sehr hohe technische Qualifikation besitzen, wer-

Page 459: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 462

den als hohes wertvolles Expertisegut der Firma und potenzielle Multiplikatorinnen betrachtet, um die Firmenexpertise in universi-tären Bereichen zu erweitern. Eltern mit technischen Qualifikatio-nen und bewiesener Expertise werden speziell gefördert und finden bei den Programmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Firma Unterstützung, um in ihren Arbeitsfeldern aktiv zu bleiben. Die herausragende Bedeutung von Expertise für Firmen mit inter-nationalen expansiven Beschäftigungspolitiken prägt auch die För-derprogramme für die Mitarbeiter/innen und fungiert als Basis für die Gestaltung von sogenannten „indifference zones“ (Simon 1957). Das heißt, dass sich solche Firmen vor allem in Zeiten eines Fachkräftemangels immer weniger Indifferenzzonen von Individu-en leisten können, da sie als Firmen-Professionals Träger organisa-tioneller Expertise und potenzieller Wissensinnovation sind, auch wenn sie aufgrund familiärer Verpflichtungen pausieren müssen. Doch diese Gruppe stellt nach wie vor eine kleine Elite in der Fir-ma dar. Darüber hinaus werden solche unterstützenden Maßnah-men bisher lediglich in Deutschland implementiert.

Gamma und Delta praktizieren eine international fragmentierte Beschäftigungspolitik, die durch die Konzentration auf die spezifi-schen Kerngeschäfte bzw. Kernexpertise in Deutschland und die Auslagerung von unterstützenden Tätigkeiten gekennzeichnet ist. Auch der Arbeitsinhalt im Kerngeschäft ist der Dynamik der Wis-sensinnovation in diesem speziellen Gebiet unterworfen. Um die Kernkompetenzen der Firmen zu stabilisieren, entlasten sich die Unternehmen durch Auslagerung von den Tätigkeiten, die als nicht zum Kerngeschäft gehörend gesehen werden, wie beispielsweise Softwareentwicklung. Solche Tätigkeiten werden in ausländischen Standorten angesiedelt, die eine entsprechende Wissensbasis und gemessen an internationalen Qualitätsstandards auch die erforderli-che Arbeitsqualität aufweisen können. Sie werden zudem an Fir-men vergeben, die zum organisationalen Feld gehören, sodass ein gewisses Vertrauen in die Arbeitsleistungen und die Loyalität in

Page 460: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

463 Internationale Professionalität

ausländischen Standorten gegeben ist. Dadurch, dass solche ausge-lagerten bzw. „peripheren“ Tätigkeiten von Wissensinnovation und Leistungspreisschwankungen in internationalen Arbeitsmärkten mehr betroffen sind als Kerntätigkeiten, gehen die Unternehmen keine langfristige Bindung mit den ausländischen Standorten ein, sondern projektbezogene bzw. „fragmentierte“ Beziehungen, die eine Beschäftigungsflexibilisierung (Benner 2002) begünstigen. Die Arbeitsfelder von Firmen mit solchen Beschäftigungspolitiken werden dementsprechend klar in Verbindung mit der Definition des Kerngeschäfts abgegrenzt. Allerdings gibt es keine Garantie dafür, dass die bisher nicht ausgelagerten Tätigkeiten auch langfristig in Deutschland erhalten bleiben. Je nachdem, wie sich das Kernge-schäft und die entsprechenden Projektaufträge im Arbeitsfeld ent-wickeln, werden Tätigkeiten abgebaut oder neue Stellen temporär geschaffen. Vor allem Koordinationstätigkeiten sind im Laufe der zunehmenden Internationalisierung der Arbeit in Firmen mit sol-chen Beschäftigungspolitiken neu entstanden. Sie gelten als wichti-ger Bestandteil des Kerngeschäfts, weil sie nicht nur die punktuelle Projektkoordination umfassen, sondern auch die Kommunikation mit den Kunden, die für die Stabilität des Kerngeschäfts von zent-raler Bedeutung ist.

Die Konzentration auf das Kerngeschäft bedeutet aber auch ei-ne Orientierung auf Kostenreduktion, die durch Standardisierung von Arbeitsprozessen erzielt werden soll. Ähnlich wie bei Firmen mit substitutiven Beschäftigungspolitiken wird hier das tayloristische sogenannte „Factory Modell“ so weit wie möglich umgesetzt. Die Arbeits- und Wissenskontrolle wird auf Basis inter-nationaler Qualitätsstandards des Kerngeschäfts gesteuert. Doch diese Qualitätsstandards haben nicht den integrativen und anerken-nungsbezogenen Stellenwert wie in Firmen mit internationalen expansiven Beschäftigungspolitiken, sondern dienen eher der Rechtfertigung von Produktionsleistungen im Arbeitsfeld. Firmen mit fragmentierten Beschäftigungspolitiken können auf diese Wei-

Page 461: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 464

se im Konkurrenzkampf mit anderen Anbietern beweisen, dass sie einen vergleichbaren Qualitätswert schneller und zu einem günsti-geren Preis erreichen und eine gewisse Kerngeschäftskontinuität auf der Basis von Preis-Leistungsverhältnissen erzielen.

Dementsprechend wird eine Expertise gefordert, die eine sehr hohe technische Qualifikationsbasis mit internationalen Projektma-nagementkompetenzen und der Fähigkeit kombiniert, mit Kunden zu kommunizieren. Technische Qualifikationen haben auch in Fir-men mit fragmentierten Beschäftigungspolitiken einen sehr hohen Stellenwert, die aber genauso wie bei Firmen mit expansiven Be-schäftigungspolitiken weiterentwickelt und ergänzt werden sollen. Die spezialisierten Informatiker/innen sollen ein Überblickswissen im Kerngeschäft haben, das es ihnen ermöglicht, den Kunden die erzielten Produktleistungen zu vermitteln und über potenzielle wei-tere Aufträge zu verhandeln. Technisches Wissen, Implementa-tionserfahrungen bez. international anerkannte Standards im Ar-beitsfeld im Sinne einer „situierten Professionalität“ sowie Kom-munikationswissen und Eigenverantwortung für die Arbeitskontrol-le sowie für die Weiterbildung bilden in diesen Firmen die institu-tionalisierte Expertise, die durch die Firmen und die Exper-ten/innen selbst über Zertifikate oder Qualitätsstandards kontrolliert wird. Technische Karriereoptionen sind in Firmen mit fragmentier-ten Beschäftigungspolitiken wichtig, sie werden jedoch im Laufe des Standardisierungs- und Internationalisierungsprozesses der Arbeit vom technischen Projektmanagementpfad zunehmend ver-drängt. Es gibt horizontale Mobilitätsmöglichkeiten innerhalb der jeweiligen Pfade gibt und auch Mobilität zwischen Karrierepfaden wird nicht ausgeschlossen. Zugangschancen haben außerdem auch Personen ohne spezifische technische Qualifikationsprofile, die in den internationalen Managementpfad einsteigen möchten.

Das Ziel der Konzentration auf das Kerngeschäft, die Kosten-einsparungen bringen soll, geht genauso wie in Firmen mit substitutiven Beschäftigungspolitiken mit einer Intensivierung der

Page 462: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

465 Internationale Professionalität

Arbeit einher. Eine solche Intensivierung der Arbeit macht sich vor allem in den höheren außertariflichen Karrierestufen der techni-schen Managementpfade in Deutschland bemerkbar, wo Überstun-den weder finanziell noch zeitlich ausgeglichen werden, sondern als Teil der erwarteten situierten Professionalität in internationalen stark konkurrierenden Arbeitsfeldern angesehen werden.

Asymmetrien werden dementsprechend durch die starke meritokratische und auf Leistungsperformance bezogene Karriere-politik sowie durch die strategische Bindung ausländischer Stand-orte geprägt. Personen, die in Deutschland die erwarteten Leistun-gen insbesondere in großen und stabilen Projekten zeigen können und bereit sind, inhaltlich, zeitlich und räumlich flexibel je nach Projektbedürfnissen im Arbeitsfeld zu bleiben, haben die besseren Karrierechancen. Im Unterschied zu den Firmen mit internationalen substitutiven Beschäftigungspolitiken gibt es in Firmen mit interna-tionalen fragmentierten Beschäftigungspolitiken Nischen, in denen die Mitarbeiter/innen ihre spezialisierte Expertise weiterentwickeln können und in denen auch Teilzeitarbeit möglich ist. Solche Ver-bleibmöglichkeiten sind aber vom Produktionsschwerpunkt des Arbeitsfelds abhängig. So zeigen die Fallstudien, dass Stellenabbau in IT-Dienstleistungsfirmen, auch wenn sie vom internen Arbeits-markt und vorteilhaften Positionierungen im Mutterkonzern profi-tieren, auch bedrohlich sein können, während im Produktionsfeld Hardwareentwicklung auf Krisenzeiten mit Versetzungen statt Stel-lenabbau reagiert wird.

Geschlechterasymmetrien bilden sich im Zusammenhang mit technischen Konnotationen der erwarteten Expertise und auch mit den von Vorgesetzten unterstellten Leistungsschwankungen bei Frauen aufgrund potenzieller familiärer Verpflichtungen, denn nach der meritokratischen Arbeits- und Karrierepolitik existieren keine familienfördernden Maßnahmen oder Programme für die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben. Professionelle in Firmen mit internationalen fragmentierten Beschäftigungspolitiken müssen

Page 463: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 466

selbst dafür sorgen, dass sie ihre eigenen Ressourcen und Grenzen optimal mit den Firmenphilosophien in Einklang bringen. Frauen mit technischen Qualifikationen oder Frauen, die hohe Arbeitsleis-tungen und Flexibilität im Arbeitsfeld nachweisen können, haben nach den herrschenden meritokratischen Prinzipien die gleichen Chancen wie Männer in Firmen dieser Art. Frauen, die dazu nicht in der Lage sind oder keine Gelegenheit dazu bekommen, können unter Umständen in bestimmten Nischen bleiben und dort auch durchaus Karriere machen, falls sie fördernde Vorgesetzte im Ar-beitsfeld finden. Ältere Mitarbeiter/innen können selbst bei schwa-chen Leistungen nicht gekündigt werden, sondern werden meist versetzt. Die Nationalität spielt in Firmen mit internationalen frag-mentierten Beschäftigungspolitiken insofern eine Rolle bei der In-stitutionalisierung von Asymmetrien zwischen Mitarbeiter/innen, als die Karriereoptionen exklusiv für Mitarbeiter/innen in Deutsch-land gedacht sind. Ihre Einstufung kann dabei an den Tarifverein-barungen der Branche orientiert werden.

III.4.1 Internationale Professionalitätsformen

Die Tabellen 4 und 5 zeigen eine Typologie der internationalen Professionalitätsformen, die im Zusammenhang mit den verschie-denen internationalen Beschäftigungspolitiken entstehen. Sie wur-den auf der Grundlage von fünf organisatorischen Hauptfaktoren unterschieden: Wissensanforderungen und -kontrolle, Arbeitskon-trolle, Karriereformen, professionelle Identitätsquelle sowie Enga-gement der Experten/innen in den Organisationen. Während sich bei Unternehmen mit substitutiven und fragmentierten Beschäfti-gungspolitiken situierte Professionalitätsformen als Lösung des Transformationsproblems der Arbeit in internationalen Arbeits-räumen institutionalisieren, entsteht in Firmen mit expansiven Be-schäftigungspolitiken eine internationale reflexive Professionalität.

Page 464: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

467 Internationale Professionalität

Tabelle 4: Situierte Professionalität

Substitutive Beschäftigungspolitik

Fragmentierte Beschäftigungspolitik

Situative Professionalität Wissen

o Anforderungen

o Kontrolle Arbeitskontrolle

Karriereformen

Professionelle Identitätsquelle

Experten/innen-Engagement

Managerialistische Expertise, die Konzernexperten/innen durch konzernübergreifende hierarchisch nach Karriereoptionen geordnete Weiterbildung erzielen sollen.

Technisches Zugangswissen,

Managementfähigkeiten und konzernexklusives Zertifiziertes Wissen.

Bürokratisch (Konzern) und

indirekte Experten/innen Selbstkontrolle

Situierte Arbeitsautonomie: Konzernsituierte Arbeitskontrollmaßnahmen, die Konzernexperten selbst implementiert sollen.

Exklusive Karriereoptionen im Konzern Deutschland durch beschränkten Expertisetransfer.

Konzernidentität. Anerkennung durch Konzernkriterien

Widerstand oder Konzernausstieg als Reaktion gegen Expertisetransformation.

Technische Managerialistische Expertise, die Kergeschäftsexperten/innen durch sichtbare Projektleistungen erzielen können.

Nicht exklusives technisches oder zertifiziertes Wissen. Technisch Kerngeschäftsaffine Qualifikationen mit Management- und Kommunikationsfähigkeiten

Bürokratisch (Auf dem Markt orientiert) und indirekte Experten/innen Selbstkontrolle

Arbeitsfeldsituierte Arbeitsautonomie: Orientierung an Kerngeschäft bei der Selbstimplementierung von Arbeitskontrollmaßnahmen in Projekten.

Karriereoptionen im Kernbereich in Deutschland durch unbeschränkten Expertisetransfer.

Kerngeschäfts- bzw. Arbeitsfeldidentität. Anerkennung durch sichtbare Projektleistungen.

Widerstand und auch Engagement an Expertiseentwicklung. Karriereaufstieg und horizontale Mobilität. Arbeitsnischen.

Page 465: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 468

Tabelle 5: Reflexive Professionalität

Expansive Beschäftigungspolitik Reflexive Professionalität Wissen

o Anforderungen

o Kontrolle Arbeitskontrolle

Karriereformen

Professionelle Identitätsquelle

Experten/innen-Engagement

Technische Expertise, die Arbeitsfeldexperten/innen reflexiv in Interaktion mit verschiedenen Wissensquellen und firmenintern verhandelbaren Qualitätswerten selbst weiterentwickeln und anwenden sollen.

Qualifikation in der Informatik und Weiterbildung (nicht exklusiv zertifizierte)

Kollegiale Kontrolle im Arbeitsfeld

Kollegial im Arbeitsfeld und zunehmend durch firmenintern international vereinbarte Qualitätsstandards

Offene firmenübergreifende Karrieren

Arbeitsfeld. Annerkennung durch partizipative Arbeitsqualitätskriterien.

Engagement in Weiterentwicklung von firmeninternen Qualitätsmanagementsysteme und Expertise. Karriereaufstieg und horizontale Mobilität.

Zwar setzen beide Professionalitätsformen sehr hohe Qualifikatio-nen voraus; sie unterscheiden sich aber darin, in welchem Ausmaß die Expertise mit formalen Qualifikationen und Wissensexklusivi-tätsanspruch verbunden ist. Situative Professionalität ist einerseits offener bezüglich der formalen Qualifikationsbasis, andererseits aber auch an Zertifizierungsprozesse interner organisationaler Wis-sensvorräte gebunden, die im klassischen Sinne (Freidson 2001; Abbott 1988) zur Arbeitsfeldabgrenzung interner Arbeitsmärkte, aber auch zur Unterstützung beruflicher Transformation (Evetts 2008) auf organisationaler Ebene genutzt werden. Die situierte Pro-fessionalität, die in den Firmen mit international substitutiven und fragmentierten Beschäftigungspolitiken institutionalisiert wird, ist

Page 466: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

469 Internationale Professionalität

durch eine Kontrolle von Arbeit und Wissen gekennzeichnet, die auf hierarchisch gegebenen bürokratischen Regeln basiert und im Konzern oder im spezialisierten Kernbereich der Firmen kontextualisiert bzw. situiert wird. Wie bereits Freidson (2001) bemerkt hat, kombiniert diese Professionalitätsform demnach un-terschiedliche Kontrollquellen. Die Mitarbeiter/innen in den deut-schen Standorten solcher Firmen sollen sich als Experten/innen nicht nur mit den Regeln identifizieren, sondern sich auch an ihrer ständigen Verbesserung und praktischen Implementierung in vari-ablen Projekten beteiligen. Denn die Konzern- bzw. Kernbereichs-regeln müssen so offen gehalten werden, dass sie den Mitarbei-ter/innen genügend Spielraum lassen, um ihre Kreativität und ihr Innovationspotenzial auch entfalten zu können (Deutschmann 2008: 104 ff.). Die Experten/innen sollen die jeweils unterschiedli-chen konkreten Situationen in der Projektarbeitspraxis auf der Ba-sis der Konzern- bzw. Kernbereichsregeln interpretieren und auch dementsprechend handeln. Dazu gehört es, Prioritäten zu setzen und auch Regeln zu kombinieren. Das führt zu neuen Situationen, in denen die Mitarbeiter/innen erneut pragmatisch handeln müssen (Joas 1992; Holtgrewe 2006). Als situative Experten/innen sollen sie in der Lage sein, Entscheidungen im Sinne professioneller kon-zernbezogener Diskretion (‚discretion‘ bzw. Umsicht) zu treffen. Durch solche Entscheidungen interpretieren und verändern sie die Regeln situationsgemäß im Prozess der Arbeitspraxis. Das Exper-tenwissen der international situativen Professionellen in Deutsch-land ist also ein System von Verhaltensmöglichkeiten, die sie aus Konzern- oder Kernbereichsregeln sowie aus ihren eigenen Ar-beitserfahrungen mobilisieren, um die Probleme genau zu definie-ren und lösungsorientiert zu behandeln. Im Sinne Giddens’ (1984) basieren die Handlungen international situativer Experten/innen auf Konzern- und Firmenstrukturen bzw. auf Kernbereichsstrukturen, die gleichzeitig durch diese Expertenhandlungen wiederum gene-riert werden. Damit werden auch international situative Exper-

Page 467: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 470

ten/innen zu einer Art Lösungsverwalter im Sinne des Konzerns bzw. der Firma und des Kernbereichs, wo solche Regeln einen ge-zielten Produktionssinn bekommen. Darüber hinaus müssen die Experten/innen in Deutschland „social skills“ (Fligstein 2001a)483 einsetzen: Sie sollen dafür sorgen, dass die Ziele und Situationsde-finitionen mit den Interessen anderer Mitarbeiter/innen harmonie-ren, insbesondere mit denen der ausländischen Mitarbeiter/innen, für deren Integration in den international verteilten Arbeitsprozess die deutschen Experten/innen verantwortlich sind. Denn sie sollen nicht nur Regeln interpretieren und implementieren, sondern mit zunehmendem Karrierestatus auch immer mehr die Arbeit selbst bzw. Zuständigkeiten entsprechend den verhandelbaren Projektzie-len sowie den Karriere- und Tarifstufen definieren.

Die Professionalität der Experten/innen ist von vielen Unsi-cherheiten geprägt. In internationalen Projekten können je nach Heterogenität des Firmenportfolios und der Innovationsdynamik des Kernbereichs so große und komplexe Probleme entstehen, dass sich das Expertenwissen als unzureichend erweist. Wie auch das Fallbeispiel Delta zeigt, greifen manche Unternehmen angesichts dessen zu der Strategie, die Kernbereiche auch anhand ihrer Stabili-tät zu definieren, sodass Tätigkeiten, die sich wegen der Wissens-dynamik sehr schnell ändern, ins Ausland verlagert werden. Auch die Qualitätsstandards erfüllen neben ihrer Funktion der Legitimie-rung professionellen Handelns den Zweck, zur Unsicherheitsbewäl-tigung beizutragen. Denn mithilfe festgelegter Dokumentations-praktiken wird das Erfahrungswissen aus Projekten in die Quali-tätsstandards integriert und damit gehören sie zum Expertenwissen bzw. zum Konzern- und Kernbereichswissen. In Firmen mit inter-nationalen substitutiven und fragmentierten Beschäftigungspoliti-ken erfolgt die Kontrolle von Expertise demnach auf der Grundlage von (konzern- oder kernbereichsbezogenen) Qualitätsstandards, und zwar sowohl durch die Konzerne und Firmen als auch durch 483 Fligstein (2001a: 112) definiert sie als „ability to induce cooperation among others“.

Page 468: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

471 Internationale Professionalität

die Experten/innen selbst. Die Mitarbeiter/innen sollen durch Wei-terbildung und Projektpraxis mit solchen Standards einen Wissens-überblick erwerben, der sie von bloßen Spezialisten/innen erst zu Experten/innen werden lässt. Das heißt, dass bürokratische Steue-rungsprinzipien der Arbeit mit Formen indirekter Kontrolle ergänzt werden (Courpasson 2003; Evetts 2008; Muzio et al. 2007). Auch wenn sowohl Firmen mit international substitutiven als auch solche mit fragmentierten Beschäftigungspolitiken ein sogenanntes „Fac-tory Modell“ verfolgen, das zu einer umfassenden und gezielten Standardisierung von Arbeitsprozessen führen soll, reichen ent-sprechende bürokratische Methoden der Arbeitskontrolle allein nicht aus, um den international verteilten und innovationsabhängi-gen Arbeitsprozess zu steuern. Gerade wegen der Zunahme von Schnittstellen in der internationalen Zusammenarbeit entstehen immer mehr Unsicherheiten in der alltäglichen Projektpraxis, die indirekte situationskonforme Steuerungsformen benötigen.

Allerdings sind diese Kontrollfunktionen an den Schnittstellen grundsätzlich für deutsche Experten/innen und nicht für ausländi-sche Spezialisten/innen reserviert. Dementsprechend sind Karriere-optionen in Firmen mit situativen Professionalitätsformen exklusiv für deutsche Mitarbeiter/innen gestaltet. Horizontale Karrieremobi-lität ist dabei nicht vorgesehen, denn potenziell sollen in Deutsch-land lediglich Expertentätigkeiten bleiben, die auf der Basis von zertifiziertem Konzern- bzw. Kernbereichswissen die Arbeit von Spezialisten/innen im Ausland steuern. Die Mobilitätsgrenzen für situative Experten/innen sind in Firmen mit internationalen situati-ven Beschäftigungspolitiken auf den Konzern fokussiert, während sie in Firmen mit international fragmentierten Beschäftigungspoli-tiken auf den definierten Kernbereich konzentriert werden. Damit wird versucht, die Wissensdynamik sowie Fluktuationsrisiken zu kontrollieren, aber auch die berufliche Transformation der Firmen zu lenken. Hier entfaltet die Professionalität eine starke appellative Kraft im Sinne Evetts’ (2008), sodass den werdenden Exper-

Page 469: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 472

ten/innen mit dem Karriereaufstieg auch eine zunehmende Arbeits-autonomie in Aussicht gestellt wird, die allerdings konzern- bzw. kernbereichsspezifisch ist.

Der Expertenstatus wird nicht nur durch Weiterbildung, son-dern auch durch Sichtbarkeit von Projektleistungen bzw. Expertisepotenzial und soziale Kontakte erreicht, die in Projekten geknüpft und genutzt werden sollen. Als formeller Maßstab gelten hier Qualitätsstandards der Arbeit, die durch informelle Unterstüt-zung von Projektvorgesetzten dazu beitragen, dass die Mitarbei-ter/innen gezielte Weiterbildung bekommen. Letztere wiederum ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die Beschäftigten in die nächsten Karrierestufen aufsteigen und auch in wichtige Projekten integriert werden können, um ihre Projekterfahrung – wichtiger Bestandteil von Expertise – zu erweitern und damit auch in zentra-len Projektnetzstellen sichtbar zu werden. Dadurch wird die Arbeit im Konzern- bzw. Kernbereichskreis anerkannt und belohnt. Doch solche Beschäftigungspolitiken stoßen auf massiven Widerstand vor allem in Firmen mit international substitutiven Beschäftigungs-politiken. Zum einen identifizieren sich nur wenige in der deut-schen Informatikdisziplin habitualisierte Spezialisten/innen mit professionellen Konzernzielen. Zum anderen beanspruchen auslän-dische Mitarbeiter/innen ihr „Karriererecht“ im Konzern und kön-nen ihrer Forderung vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels dadurch Nachdruck verleihen, dass sie mit einem Arbeitsplatz-wechsel drohen. Hierdurch wird das von den Unternehmen verfolg-te Flexibilitätsmodell, wonach Kern und Peripherie getrennt wer-den sollen (Flecker 2005; Benner 2002), infrage gestellt. Vor allem Firmen mit international substitutiven Beschäftigungspolitiken greifen deshalb immer mehr auf gezielte Dienstleistungen von in-ternationalen Beratungsfirmen zurück, um den Widerstand gegen das „Factory Modell“ zu überwinden und den Verlust an Expertisekapazitäten durch Fluktuation zu vermeiden.

Page 470: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

473 Internationale Professionalität

Allerdings existieren auch in solchen Firmen nach wie vor Ni-schen, wie beispielsweise bei der Wartung von alten Systemen oder in unterstützenden stabilen Projekten, in denen deutsche Spezialis-ten/innen und Teilzeitbeschäftigte entgegen dem Marktdruck und der beruflichen Transformationsdynamik verbleiben können.

In Firmen mit einer internationalen expansiven Beschäfti-gungspolitik wird eine reflexive Professionalität international insti-tutionalisiert. Eine solche Professionalität ist durch eine Kontrolle von Arbeit und Wissen gekennzeichnet, die auf partizipativ gestal-teten Regeln basiert und im Arbeitsfeld der Firmen situiert wird. Arbeitsfelder konstituieren sich in solchen Firmen als Gruppen von Projekten, die eine relativ ähnliche Expertise benötigen und in Ge-schäftsfeldern stabil verankert sind. Die Mitarbeiter/innen sollen sich als Experten/innen auf der Grundlage ihrer formell und infor-mell in verschiedenen Projekten bzw. Firmen erworbenen techni-schen Expertise in solchen Arbeitsfeldern positionieren. Im Gegen-satz zur situativen Professionalität, die auf hierarchisch vorgegebe-ne Regeln angewiesen ist, basiert die reflexive Professionalität auf informatischem Wissen und Projekterfahrungen, die nicht exklusiv auf den Konzern oder auf den Firmenkernbereich beschränkt sind, sondern aus unterschiedlichen Quellen stammen können. Neben einem solchen Wissen wird von Experten/innen ein direktes Enga-gement in der Gestaltung von Arbeitsregeln verlangt, mit denen sie sich identifizieren und für die sie sich verantwortlich fühlen sollen. Sie müssen die Arbeitsregeln nicht nur situativ interpretieren und situationsgemäß implementieren, sondern sind vielmehr von vor-neherein an der Definition der Regeln selbst beteiligt. Gemeinsam mit anderen Experten/innen sollen sie darüber reflektieren, wie die Zuständigkeiten und Arbeitsregeln im Projekt ausgestaltet werden sollen. Auch wenn in den Unternehmen bereits Richtlinien mit ent-sprechenden Regeln existieren, soll für jedes neue Projekt erneut ein Konsens darüber hergestellt werden, und zwar vor Projektbe-ginn und nicht erst während des Arbeitsprozesses. Daran sind nicht

Page 471: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 474

nur deutsche Experten/innen, sondern auch ausländische Spezialis-ten/innen bzw. werdende und etablierte ausländische Exper-ten/innen beteiligt. Das heißt, dass eine kollegiale Kontrolle der Arbeit stattfindet, die durch partizipativ angepasste Arbeitsfeldre-geln legitimiert wird.

Reflexive Professionalität setzt voraus, dass die Experten/innen nicht nur über eine sehr hohe formelle informatische Qualifikation verfügen, sondern auch im Arbeitsfeld und in anderen Foren, wie etwa in einschlägigen akademischen Kreisen, anerkannt werden. Sie sollen reflexiv ihr außerhalb der Firmen erworbenes Wissen durch Projektpraxis oder durch das Engagement in der Verbesse-rung der Qualitätsrichtlinien und offene Diskussionen über techni-sche Innovation in die Arbeitsfelder des Unternehmens einbringen. Eine solche reflexive Professionalität ist insofern arbeitsfeldsituativ und orientiert sich nicht nur auf das organisationale Feld der Fir-men. Ihre Expertise wird nicht zertifiziert, denn sie soll ständig aus heterogenen Quellen erweitert werden, damit die Firmen ihre Expertisekapazitäten sichern und umfassende Zuständigkeiten be-anspruchen können (Abbott 1998).

Wie schon die situierten Professionellen sollen auch internatio-nale reflexive Professionelle als Lösungsverwalter fungieren. Doch um die Probleme in den Projekten genau zu definieren und lö-sungsorientiert zu behandeln, greifen die Experten/innen nicht auf konzern- und kernbereichsbezogenes Wissen und Regeln zurück, sondern auf kollegial entwickelte und anerkannte Arbeitsfeldregeln bzw. Arbeitsfeldwissen. Dabei vollzieht sich auch hier eine rekur-sive Strukturierung der Arbeitsorganisation im Sinne Giddens’ (1984), denn die Handlungen international reflexiver Exper-ten/innen basieren auf Arbeitsfeldstrukturen, die sie selbst durch ihre direkte Beteiligung an der Gestaltung von Arbeitsregeln und Zuständigkeiten mit generieren. Außerdem müssen auch reflexive Professionelle „social skills“ (Fligstein 2001a) mobilisieren und die Ziele und Situationsdefinitionen mit den Interessen anderer Mitar-

Page 472: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

475 Internationale Professionalität

beiter/innen harmonisieren, wobei nicht exklusiv deutsche Exper-ten/innen, sondern auch die ausländischen Spezialisten/innen bzw. werdenden Experten/innen und etablierte Experten/innen im Ar-beitsfeld einbezogen werden. Diese Harmonisierung von Zielen bezieht sich darüber hinaus nicht nur auf Arbeitsprozesse, sondern auch auf die Weiterentwicklung von Expertise, die als zentrale In-novationsgrundlage in den Arbeitsfeldern gilt. Auch die Expertise ist in solchen Firmen die Grundlage für die Zuständigkeitsabgren-zung in Projekten, die allerdings sehr stark von den Entscheidungen der Geschäftsfeldmanager/innen abhängt. Letztere sind diejenigen Experten/innen, die auf den oberen Stufen der Karrierepyramiden strukturelle Entscheidungen über die Gestaltung transnationaler Arbeitsfelder, aber auch über die Trajektorien werdender Exper-ten/innen treffen. Sie verfügen damit sowohl über Linien- als auch über Projektentscheidungsbefugnisse, während sie gleichzeitig di-rekt im Arbeitsprozess großer stabiler hoch dotierter Projekte in-volviert sind.

Situierte Professionalität ist mit einer Anpassung an organisati-onelle Regeln verbunden. Demgegenüber bildet sich internationale reflexive Professionalität im Spannungsfeld zwischen organisatori-schem und professionellem Wissen bzw. Expertise aus verschiede-nen Quellen, die die Innovation des Wissens und damit auch die Produktivität in unsicheren Märkten begünstigen. Gerade die Fä-higkeit, solches Wissen aus heterogenen Quellen zu identifizieren, zu filtern und für die Arbeitsfelder der Firmen zu rekombinieren, stellt einen zentralen Bestandteil international reflexiver Professio-nalität dar. Es handelt sich dabei also um Wissen zweiter Ordnung oder um Wissen in Aktion in Degeles (2000: 92) Sinne: Es geht um die Fähigkeit zu entscheiden, wie verschiedene Wissensbestandtei-le einzusetzen sind. Internationale reflexive Professionalität weist einen stark interaktiven Charakter auf. Darin gleicht sie der Kom-

Page 473: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 476

munikationsarbeit,484 die immer auf verbale und nicht-verbale Kommunikation angewiesen ist (Knoblauch/Heath 2000). Unter-nehmen mit institutionalisierter reflexiver Professionalität wählen deshalb ausländische Standorte nicht primär unter dem Gesichts-punkt möglichst geringer Kosten aus. Sie sind vielmehr auf der Suche nach Expertisevorteilen, die in der in den Arbeitsfeldern institutionalisierten Kommunikation habitualisierbar sind. Osteuro-päische Länder, die jüngst Mitglied der Europäischen Union ge-worden sind, werden wegen der unterstellten kulturellen Nähe als geeignet wahrgenommen und als Expansionsstandorte bevorzugt. Um eine solche Habitualisierung zu erreichen, werden zum einen Absolventen/innen einschlägiger Studiengänge bereits in den Uni-versitäten vor Ort angesprochen. Zum anderen werden den osteu-ropäischen Mitarbeiter/innen gezielt Weiterbildungen in deutscher Sprache, in den Qualitätsstandards der Arbeitsfelder und häufige Besuche in Deutschland angeboten. Mögliche kulturelle Konflikte sollen durch partizipative Methoden der Gestaltung von Arbeits-qualitätsregeln vermieden werden. Damit können sich sowohl deut-sche als auch ausländische Experten/innen mit den Regeln identifi-zieren und sie als von der Nationalität unabhängige Anerkennungs-quelle ihrer Leistungen im Arbeitsfeld nutzen.

Die reflexive Professionalität, die auf sehr hohen formellen In-formatikqualifikationen und im Arbeitsfeld anerkannter Weiterbil-dung als zentralen Expertisebestandteilen basiert, ist nicht exklusiv an vertikale Karrierestrukturen gekoppelt. In Firmen mit internatio-naler expansiver Beschäftigungspolitik, die auf die Erweiterung von Expertise fokussieren, spielen fachliche Karrierewege und ho-rizontale berufliche Mobilität bzw. relationale langfristige Karrie- 484 Wie Knoblauch und Heath (2000) betonen, sind Informations- und Kommunikationstechnologien ein Teil der Handlungen selbst und nicht etwas externes, das die Interaktionen zwischen kooperie-rende Mitarbeiter/innen lediglich beeinflusst. Solche Technologien sind aus ihrer Sicht Bestandteil der Interaktionen, die die Grundlage für jede Institutionalisierung und damit für jede Organisation darstellen. Mehrere Autoren/innen sprechen auch von Kommunikationsarbeit als einem eigenständi-gen Tätigkeitsfeld (Höflich 1996; Knoblauch 1996; Knoblauch/Heath 1999; Mikl-Horke 1994; Rammert 1992).

Page 474: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

477 Internationale Professionalität

ren eine zentrale Rolle (Arthur/Rousseau 1996; Guerrero et al. 2004; Valenduc et al. 2005). Durch Projekterfahrungen und selbst ausgewählte Weiterbildung bauen die werdenden deutschen und ausländischen Experten/innen ihre Wissensvorräte und ihre persön-lichen Beziehungen (Sullivan, Arthur 2006) im Arbeitsfeld aus. Sie erfahren dabei auch, dass ihre Karriere „Sinn macht“ und dass ihre Chancen im Arbeitsfeld nicht exklusiv auf die jeweilige Firma be-grenzt sind. Das heißt, dass sie im Sinne von Weick (1996) und Cadin et al. (2003: 62) ihre Karrieren „enacten“. Firmen mit inter-nationalen expansiven Beschäftigungspolitiken wenden partizi-pative Methoden der Gestaltung von Arbeitskontrollregeln an und sind offen für fachliche und horizontale Karrieretrajektorien, was den informatischen Habitus fördert. Deshalb identifizieren sich die werdenden und etablierten Experten/innen mit den professionellen Zielen der Unternehmen, sodass sie sich für die Erweiterung der Expertise im Arbeitsfeld engagieren und Fluktuation oder Wider-stand gegen berufliche Transformation im Vergleich zu Firmen mit internationalen substitutiven oder fragmentierten Beschäftigungs-politiken eher vermieden werden kann.

III.4.2 Internationale Professionalitätsformen und implizite Asymmetrien: Geschlecht, Alter, Nationalität und Qualifikation als interaktionale Segregationsfaktoren in transnationalen Arbeitsfeldern

Sowohl die situierte wie auch die reflexive Professionalität impli-zieren verschiedene asymmetrische Verhältnisse zwischen Mitar-beiter/innen. Situative Professionalitätsformen basieren auf techni-schen Qualifikationen, die allerdings nur in Verbindung mit zertifi-ziertem konzern- bzw. kernbereichsbezogenem Wissen Verbleibs-möglichkeiten in den Firmen und Aufstiegschancen bieten. Diese sollen speziell mit der Ergänzung von Managementfähigkeiten er-reicht werden. Um konzern- bzw. kernbereichsbezogene Zertifikate

Page 475: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 478

und messbare Leistungen in Projekten zu erzielen, müssen die Mit-arbeiter/innen technische managementbezogene Wissensvorräte und Fähigkeiten besitzen und konzern- bzw. kernbereichsgemäß langfristig weiterentwickeln. Dafür müssen die Mitarbeiter/innen zeitliche und auch soziale Ressourcen mobilisieren, um zu wichti-gen Projekten zu gelangen, die ihnen wiederum die Möglichkeit eröffnen, die Notwendigkeit von Weiterbildung zu rechtfertigen.

Geschlecht wird mit der Definition situativer Expertise inso-fern verbunden, als solche Ressourcen ungleich zwischen Frauen und Männern verteilt sind und auch asymmetrisch als männlich und weiblich konnotiert werden: Nur eine Minderheit von Frauen be-sitzt technische Qualifikationen, sodass der Zugang zu den Unter-nehmen für Frauen bereits von vornherein beschränkt ist. Auch Personen mit „technikaffinen“ Qualifikationen können Zugangs-chancen bekommen, wenn sie solche technischen mit potenziellen Managementfähigkeiten überzeugend bzw. nach dem männlichen Vorbild „technischer Professionalität“ inszenieren können. Gerade durch die zunehmende Wichtigkeit der Interaktionen mit Kun-den/innen ist die Fähigkeit einer solchen Inszenierung technischer Expertise immer wichtiger, speziell in IT-Dienstleistungsfirmen mit internationalen substitutiven Beschäftigungspolitiken. Doch solche Inszenierungsfähigkeiten technisches Wissens fehlt bei Frauen, die keine technische Qualifikationen haben. Darüber hin-aus gelten Frauen im gebärfähigen Alter in Firmen mit situativer Professionalität, die sich an den Kostenreduktionsprinzipien des Factory Modells orientieren, als Kostenrisiko. Investitionen in „professionelle“ Weiterbildung für Personen, die potenziell jeder-zeit aussteigen können, lohnen sich aus dieser Perspektive nicht.

Die geschlechtsspezifische Differenzierung interagiert aber nicht nur mit Qualifikationsdifferenzen oder mit Mobilitätsmög-lichkeiten oder darauf, dass die Experten/innen selbst Verantwor-tung für die zeitliche und räumliche Abgrenzung ihrer Arbeit über-nehmen müssen. Darüber hinaus sind Anpassungsfähigkeiten an

Page 476: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

479 Internationale Professionalität

die berufliche Transformation der Organisationen erforderlich. So sind die Aufstiegschancen beispielsweise für Frauen in ausländi-schen Standorten begrenzt, auch wenn sie alle Voraussetzungen erfüllen und zeitliche sowie soziale Ressourcen im Konzern bzw. im Kernbereich mobilisieren können, weil für ausländische Mitar-beiter/innen lediglich ein Aufstieg bis zu einer bestimmten Karrie-restufe möglich ist. Das heißt, dass Geschlecht im Zusammenhang mit der geforderten Expertise situativer Professionals zum einen nach wie vor mit dem „social/technical“ divide (Henninger 2001; Ruiz Ben 2005; Huber et al. 2003) und zudem mit Generativität und Nationalität verbunden ist. Diese Professionalitätsform korres-pondiert insofern mit einer „symbolisch-egalitären“ Geschlechter-kultur in den Organisationen (Funder 2006), als Geschlecht prinzi-piell „de-thematisiert“ wird. Doch sowohl an die Entwicklung als auch an die Performance von Expertise werden männlich konno-tierte Ansprüche gestellt, die mit meritokratischen Kriterien der Vollverfügbarkeit für das Unternehmen sowie der Kostenprofite nach tayloristischem Vorbild einhergehen. Situative Professionali-tät wird für junge, männliche, deutsche, technisch hoch qualifizier-te, vollverfügbare, mobile und transformationsbereite Experten vorgesehen.

Reflexive Professionalität ist noch stärker an formelle informa-tische Qualifikationen gebunden als situative Professionalität. Doch der Druck zur Expertiseerweiterung ist nicht auf den Konzern oder auf den Kernbereich beschränkt und durch Zertifikate geschützt. Informatische Qualifikation sowie zeitliche Ressourcen und Mobi-lität sind zentral, um die Expertisebasis reflexiver Professionalität auszubauen. Reflexive Professionalität ist mit einer „reflexiv-egalitären“ Geschlechterkultur in den Organisationen (Funder 2006) verbunden. Informatische Expertise steht hier im Vorder-grund und gibt auch den Impuls, um Geschlechterungleichheiten in den Organisationen abzubauen. Es werden hohe informatische Qualifikationen vorausgesetzt, die sich nach deutschen informati-

Page 477: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 480

schen Habitualisierungscharakteristika bezüglich Sozialer Kompe-tenzen und Selbstkompetenzen (GI 2005: 10) entwickeln. Da Frau-en in der Informatik nach wie vor in der Minderheit sind, stellt die Bevorzugung informatischer Qualifikationen für den Organisati-onszugang eine erste Barriere dar, die strukturelle Effekte für die horizontale Segregation hat, denn technische Arbeitsbereiche sind nach wie vor eine Männerdomäne. Reflexive Professionalität setzt auch Eigenverantwortung für die Suche nach Weiterbildung jen-seits organisationaler Felder bzw. ausserhalb vom Arbeitsort vo-raus. Weiterbildung ausserhalb vom Arbeitsort erfordert Zeitver-fügbarkeit und Mobilität. Mit den Charakteristika einer „symbo-lisch-egalitären“ Geschlechterkultur in Organisationen ist reflexive Professionalität insofern verbunden, als Vollverfügbarkeit für die Expertiseentwicklung vorausgesetzt wird. Daher stellt auch Teil-zeitarbeit ein Hindernis für die vorgesehene Expertiseentwicklung von reflexiven Professionals dar.

Page 478: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

IV Diskussion der Ergebnisse: Formen internationaler Professionalität und implizite Mitarbeiterasymmetrien

Ausgangsthese dieser Arbeit war, dass gemischte Professionalitäts-formen eine Antwort auf die Herausforderungen international ver-teilter Arbeit sind. Gemischte Professionalität kombiniert bürokra-tische und indirekte Kontrollformen der Arbeit und des Wissens. Sie wird sowohl für Mitarbeiter/innen in Organisationen als auch für Arbeitgeber/innen attraktiv. Sie bietet für Mitarbeiter/innen eine gewisse Entscheidungsfreiheit und Anerkennungsbasis sowie Ori-entierung in unsicheren internationalen Arbeitsmärkten und für Arbeitgeber/innen eine effiziente Ergänzung organisationaler büro-kratischer Kontrollmechanismen und Flexibilitätsstrategien. Ich habe dargelegt, dass solche Professionalitätsformen unterschiedlich sind, je nachdem, wie Organisationen ihre Beschäftigungspolitiken an die unterschiedlichen Expertisebedürfnisse und institutionellen Kontexte anpassen, in denen sie operieren. Der Fokus der Argu-mentation liegt auf der Arbeitsorganisation, die unterschiedliche Kontexte und Kulturen bündeln soll. Um die Argumentation zu-nächst theoretisch zu fundieren, habe ich mich mit der Entwicklung von Arbeitsorganisationsmodellen beschäftigt und theoretische Ansätze diskutiert, die die Transformation solcher Modelle erklä-ren. In Anlehnung an europäische institutionelle Theorien (Mor-gan/Quack 2005) bin ich davon ausgegangen, dass organisationale Internationalisierungspraktiken je nach institutionellen Umständen und den Ansprüchen, die die Produktion an die Expertise stellt,

E. Ruiz Ben, Internationale Professionalität,DOI 10.1007/978-3-531-93183-8_4, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Page 479: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 482

variieren können. Entsprechend dieser Variabilität von Internatio-nalisierungspraktiken bzw. internationalen Beschäftigungspolitiken bilden sich transnationale Arbeitsfelder, in denen Akteure mit ver-schiedenen Positionen und Ressourcenzugang sowie Interessen in ihren sozialen Praktiken bestimmte Kontrollformen von Arbeit und Wissen institutionalisieren.

Die empirischen Ergebnisse der Studie über die Internationali-sierung von Informationsarbeit bestätigen die Pluralität von Ar-beitsorganisationsmodellen innerhalb der gleichen Branche. Darü-ber hinaus wird auch eine Kombination verschiedener Flexibilitäts-strategien (Flecker 2005) bestätigt. Grundlegend für diese Diffe-renziertheit sind die Natur der Firmen, ihre Wissens- und Innovati-onsbedürfnisse, Beschäftigungspolitiken, die Koordinationsformen ihrer Tätigkeiten sowie die Anreize, die in Bezug auf Arbeit, Wei-terbildung und Karriereentwicklung bestehen. Die unterschiedliche Natur der Firmen im Sinne ihrer mehr oder weniger intensiven Ab-hängigkeit von Mutterkonzernen prägt ihre Möglichkeiten, transna-tionale Arbeitsfelder zu gestalten, und dementsprechend ihre Flexi-bilitätsstrategien und Beschäftigungspolitiken. Nicht für alle Un-ternehmen ist Kostenreduktion der prioritäre Grund für die interna-tionale Auslagerung von Arbeit. Vor allem für Unternehmen, die expansive Beschäftigungspolitiken verfolgen und deshalb speziali-sierte Expertisebedürfnisse haben, ist die relative Verfügbarkeit hoch qualifizierter Fachkräfte in internationalen Arbeitsmärkten und die entsprechende Expansions- und Innovationspotentialle wichtiger als die Erwartung, durch Arbeitsauslagerung kurzfristige Kosteneinsparungen zu realisieren. Das bestätigen sowohl die Er-gebnisse von Morgan und Quack (2005) als auch andere Studien in der IT-Branche (Tünte et al. 2007; Flecker 2005).

Gleichzeitig lässt sich in den untersuchten Firmen eine allge-meine berufliche Transformation hin zur Etablierung von Mana-gementtätigkeiten und besonders zu internationalem Projektmana-gement als zentralem Expertisegebiet der deutschen Standorte fest-

Page 480: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

483 Internationale Professionalität

stellen. Übergreifend für alle Segmente und alle Firmen gewinnt internationales Projektmanagement an organisationaler Bedeutung und auch an beruflichem Profil. Alle betrachteten Organisationen orientieren sich immer stärker an internationalen Kunden bzw. ver-stehen sich als internationale Dienstleister, die ihre Portfolios auf-grund des Marktdrucks in den jeweiligen IT-Segmenten der Bran-che um Angebote kundenindividueller Lösungen erweitern müssen. Internationalem Projektmanagement kommt deshalb eine zentrale Rolle zu, was sich in den Karrierestrukturen aller untersuchten Un-ternehmen widerspiegelt. Wie die Untersuchung von Kalkowski und Mickler (2009) zeigt, wird dieser Bereich überdies zunehmend professionalisiert. Die Internationalisierung der Arbeit hat in allen Fällen eine grundlegende berufliche Transformation und Intensivie-rung der Arbeit mit sich gebracht, die sich unterschiedlich auf den Stellenwert „technischer“ Arbeitsbereiche in den Organisationen auswirken.

Je nachdem, wie stark die Konzentration der Firmen auf das Kerngeschäft ist, zu welchem IT-Segment die Firmen sich orientie-ren, und wie sie sich im Mutterkonzern positionieren, unterschei-den sich die internationalen Beschäftigungspolitiken der Firmen und damit die jeweiligen internationalen Arbeitsteilungen, der Stel-lenwert von „technischen“ und „Management“-Tätigkeiten, Profes-sionalitäts- und Karriereformen sowie Asymmetrien zwischen Mit-arbeiter/innen. Während in Firmen mit internationalen substitutiven und fragmentierten Beschäftigungspolitiken technische Tätigkeits-bereiche durch Standardisierung und Dezentralisierung zugunsten von Projektmanagementtätigkeiten verdrängt werden, sind sie in Firmen mit internationalen expansiven Beschäftigungspolitiken nach wie vor zentrale Kernbereiche. Doch auch in diesen letztge-nannten Unternehmen gewinnen Koordinationstätigkeiten aufgrund der Internationalisierung der Arbeitsabläufe immer mehr an Bedeu-tung. Gleichzeitig geraten etablierte Organisations- und Koordina-tionsmethoden zunehmend in Konflikt mit emergenten, von hetero-

Page 481: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 484

genen simultanen Projekten gekennzeichneten Organisationsfor-men, was zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen Linien- und Pro-jektorganisation führt. Hier ergibt sich ein Widerspruch zwischen organisationsinterner und sogar internationaler Professionalisierung von Projekt- und Qualitätsmanagement und der bestehenden diszip-linarischen Unterordnung von Mitarbeiter/innen unter Linienvorge-setzte.

Der Arbeitsalltag von Softwareentwickler/innen wird durch Off- und Nearshoringprozesse bzw. durch die zunehmende Interna-tionalisierung der Organisationen entscheidend transformiert. In allen betrachteten Fällen steigt der Anteil von Beratungs- und Kommunikationsaufgaben bei den in Deutschland verbleibenden Tätigkeiten. Darüber hinaus erhöht sich die Kontrolle der Arbeit durch Formalisierung und Standardisierung der Abläufe, die in Qualitätsmanagementsysteme übertragen und unterschiedlich ge-staltet werden. Während in Firmen mit substitutiven und fragmen-tierten Beschäftigungspolitiken Qualitätsstandards hierarchisch implementiert und lediglich als Kontrollinstanz wahrgenommen werden, spielen solche Systeme in Firmen mit expansiven Beschäf-tigungspolitiken eine wichtige Rolle als Arbeitslegitimierung und Anerkennungsquelle in emergierenden transnationalen Arbeitsfel-dern. Damit werden auch die Widerstände deutscher Mitarbei-ter/innen gegen eine kulturelle und berufliche Transformation in den Organisationen sowie gegen potenziellen Stellenabbau zumin-dest mittelfristig vermieden, die besonders in Firmen mit internati-onalen substitutiven Beschäftigungspolitiken sehr virulent sind. In Firmen mit expansiven Beschäftigungspolitiken sollen international übergreifende Weiterbildungsangebote und Karriereoptionen sol-che Probleme lösen sowie das Fluktuationsrisiko bei ausländischen Mitarbeiter/innen verringern. Auch in Firmen mit substitutiven Beschäftigungspolitiken werden solche Strategien verwendet, wo-bei die Möglichkeiten des Managementkarrierepfads allerdings auf die deutschen Standorte beschränkt sind. Zeit, Mobilität und Exper-

Page 482: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

485 Internationale Professionalität

tise fungieren dabei als entscheidende Ressourcen mit wichtigen Implikationen für die Institutionalisierung von Geschlechterrollen in den Organisationen (s. dazu Ruiz Ben 2007a; 2007b).

Korrespondierend zur Pluralität der internationalen Organisati-on der Arbeit institutionalisieren sich verschiedene Professionali-tätsformen, die unterschiedliche Spielräume für Entscheidungsau-tonomie offen lassen bzw. mit unterschiedlichen Unsicherheitszo-nen im Sinne von Crozier und Friedbergs (1977) verbunden sind. Für die Typologisierung internationaler gemischter Professionali-tätsformen bin ich von den unterschiedlichen internationalen Be-schäftigungspolitiken ausgegangen. Parallel dazu habe ich das En-gagement der Mitarbeiter/innen bei der Entwicklung der organisa-tionalen Expertise und Wissensvorräte und in der Gestaltung von Kontrollmechanismen der Arbeit, aber auch ihre Motivation be-rücksichtigt, überhaupt organisationelle Professionals zu werden. Die Ergebnisse der Studie bestätigen allgemein die Bedeutung der Professionalität als berufliches Leitbild auf der Ebene sowohl der Beschäftigungspolitik als auch der Projektarbeitspraxis. Sämtliche Firmen nutzen Professionalität in ihren Präsentationen in Internet explizit als Attraktivitätsfaktor für die Rekrutierung von Fachkräf-ten. Besonders für Mitarbeiter/innen in den untersuchten osteuropä-ischen Standorten hat Professionalität eine sehr hohe Anziehungs-kraft. Im Kontrast dazu ist der Appell an die Professionalität bei deutschen Mitarbeiter/innen nicht so stark wirksam. Für ihre pro-fessionelle Identifikation ist die informatische Habitualisierung in Deutschland wichtiger als die organisatorische Professionalität. Diesen Befund bestätigen auch die Untersuchungen von Boes und Kämpf (2008) sowie von Mayer-Ahuya und Feuerstein (2007). Besonders die situative Professionalität, die eine hohe Identifikati-on mit den Unternehmenszielen impliziert, stößt in Firmen mit substitutiven Beschäftigungspolitiken auf starken Widerstand von-seiten der deutschen Mitarbeiter/innen, der die Firmen immer mehr vor das Dilemma stellt, in Abhängigkeit von externen

Page 483: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 486

Expertiseressourcen zu geraten. Gerade solche Politiken lassen sich in meinem Sample bei Unternehmen des IT-Dienstleistungs-segments und der Telekommunikation feststellen, die einem sehr hohen Marktdruck ausgesetzt sind (s. BITKOM 2009: III. 1; S. 117). Auf dieses Segment konzentrierten sich die Studien von Boes und Kämpf (2008) und von Mayer-Ahuya und Feuerstein (2007). Reflexive Professionalität, die meiner Untersuchung zufolge in Unternehmen mit internationalen expansiven Beschäftigungspoliti-ken im Softwaresegment der IT-Branche institutionalisiert wird, wird von deutschen Mitarbeiter/innen ambivalent wahrgenommen. Einerseits zeigt sich unter den deutschen Mitarbeiter/innen bei Al-pha 3 eher eine Identifikation mit der deutschen informatischen Habitualisierung, andererseits identifizieren sich die deutschen Be-ta 1-Mitarbeiter/innen sehr positiv mit dem organisationalen Pro-fessionalitätsbild ihres Unternehmens. Doch auch hier wird die Transformation zum Dienstleisterprofil spürbar und als potenziell bedrohlich für die professionelle Identität der Mitarbeiter/innen wahrgenommen. Allerdings zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass entgegen dem von Bartlett und Ghoshal (2001) postulierten übergreifenden Modell der transnationalen Unternehmen unter-schiedliche internationale Organisationsformen sogar innerhalb ein und derselben Branche entstehen. Auch die von Managementtheo-retikern entwickelten evolutionistischen Internationalisierungsmo-delle (Dunning 2002; Johanson/Vahlne 2003) können nicht bestä-tigt werden.

In Bezug auf Geschlechterasymmetrien wird der Zugang zu den Firmen für Frauen nach wie vor durch „mangelnde technische“ Qualifikationen bestimmt. Denn auch für das neue Profil des inter-nationalen Projektmanagers und -beraters werden sehr hohe techni-sche Qualifikationen vorausgesetzt, auch wenn sie besonders in Dienstleistungsfeldern, die eine besonders intensive Interaktion mit Kunden/innen verlangen, in Verbindung mit Managementkompe-tenzen inszeniert werden sollen. Vor allem in Firmen mit expansi-

Page 484: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

487 Internationale Professionalität

ven, aber auch in solchen mit einer fragmentierten Beschäftigungs-politik ist eine Qualifikation in Informatik zentral. Daraus ergeben sich jedoch für Frauen, die über solche Qualifikationen verfügen, große Chancen in solchen Unternehmen, wo sie eine Vorbildfunk-tion einnehmen und als Multiplikatorinnen fungieren können, um weitere weibliche Fachkräfte zu werben. Bei Firmen mit einer substitutiven Beschäftigungspolitik steht der Kostendruck im Vor-dergrund und vor allem Mütter werden als potenzieller Kostenfak-tor gesehen. Asymmetrien zwischen Mitarbeiter/innen im Zusam-menhang mit der Internationalisierung von Informationsarbeit lau-fen quer zu den Kategorien Mutterschaft, Qualifikation, Alter, Na-tionalität und Expertise, die je nach Beschäftigungspolitik in den Organisationen unterschiedlich kombiniert und institutionalisiert werden. Damit werden die Ergebnisse von Funder (2006) bestätigt. Darüber hinaus zeigt sich wie durch die Subjektivierung der Arbeit, die implizit durch die Institutionalisierung gemischter Professiona-litätsformen in transnationalen Arbeitsfeldern statt findet, das ge-samte Leben von Frauen und Männern für die Arbeitsorganisation sowie für die Integration in die Arbeit immer relevanter wird (Ni-ckel et al 2008). Gleichzeitig werden Entgrenzungsprozessen der Arbeit in unterschiedlichen Beschäftigungspolitiken differenziert gezeigt: vor allem in Unternehmen mit substitutiven Beschäfti-gungspolitiken wird die Abgrenzung zwischen Arbeit und Leben bzw. "Selbstbeschrenkungen" (Volker 2010: 308) als individuelle Verantwortung bzw. Kompetenz vorausgesetzt. Allerdings müssen die konkreten Expertisebedürfnisse der Organisationen sowie die spezifische kontextuelle Institutionalisierung dieser Expertise in verschiedenen Standorten langfristig beobachtet und analysiert werden, um klare Erkenntnisse über die Verbindungen mit der in-ternationalen Institutionalisierung von Geschlechterasymmetrien zu gewinnen. Die vorliegende empirische Studie konnte diesbezüglich leider nur Momentaufnahmen liefern. Gerade im Hinblick auf die 2008 wirtschaftliche Krise ist es wichtig zu untersuchen, inwieweit

Page 485: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 488

die Unternehmen ihre Internationalisierungsabsichten umgesetzt haben oder ob sie dazu übergegangen sind, ihre Arbeitskapazitäten eher zu (re-)zentralisieren. Es ist zwar sehr wahrscheinlich, dass immer öfter verschiedene Flexibilisierungsoptionen miteinander kombiniert werden (Flecker 2005; Benner 2002). Dies erlaubt un-terschiedliche Professionalisierungsniveaus von Arbeitsfeldern und entsprechende Intensivierungsgrade der Arbeit innerhalb der glei-chen Organisationen, die auch eine schnellere Reaktion auf Krisen-zeiten ermöglichen. Auch ist zu erwarten, dass von solchen Profes-sionalisierungsprozessen diejenigen Mitarbeiter/innen profitieren werden, die die damit verbundene Arbeitsintensivierung akzeptie-ren und sich an die in Deutschland üblichen bzw. von Kundenseite geäußerten Erwartungen bezüglich Berufshabitualisierungen anpas-sen können. Diese Annahmen sollten jedoch empirisch überprüft werden.

Offen bleibt, inwieweit sich in Firmen mit expansiven Beschäf-tigungspolitiken das Profil des Informatikers hin zum professionel-ler Berater/innen verschiebt und wie die ausländischen Mitarbei-ter/innen, besonders aus den neuen osteuropäischen EU-Mitgliedsländern als bevorzugte deutsche Auslagerungsziele, lang-fristig in die Organisation integriert werden. Möglicherweise agie-ren diese Firmen aufgrund des wachsenden Marktdrucks und der zunehmenden Orientierung am IT-Dienstleistungssegment künftig ähnlich wie Firmen mit substitutiven Beschäftigungspolitiken im-mer mehr nach tayloristischen und kosteneinsparenden Modellen.

Page 486: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Verzeichnis der Grafiken und Tabellen

Grafiken Graphik 1: Marktvolumen und Wachstumsraten in den

Segmenten der IT-Branche im Oktober 2009 ........... 193 Graphik 2 Erwerbstätige in der IT-Branche in Deutschland

(September 2008) ...................................................... 196 Graphik 3: Defizite von Hochshulabsolventen/innen aus der

Perspektive von deutschen IT-Firmen ...................... 208 Tabellen Tabelle 1: Operationalisierung der Dimensionen der

Arbeitsorganisation ................................................... 237 Tabelle 2: Übersicht über die Feldarbeit .................................... 242 Tabelle 3: Typologie internationaler

Beschäftigungspolitiken in der Informationsarbeit ... 453 Tabelle 4: Situierte Professionalität ........................................... 467 Tabelle 5: Reflexive Professionalität ......................................... 468

E. Ruiz Ben, Internationale Professionalität,DOI 10.1007/978-3-531-93183-8, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Page 487: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Literaturverzeichnis

Abbate, J. (2012): Recoding Gender. Women's Changing Participation in Computing. Cambridge, Massachussets: MIT Press.

Abel, J./Braczyk, H.-J./Renz, C./Töpsch, K. (1998): Wandel der Arbeits-regulation. Arbeitsbericht Nr. 118. Stuttgart.

Abel, J./Sperling, H. J. (Hrsg.) (2001): Umbrüche und Kontinuitäten. Perspektiven nationaler und internationaler Arbeitsbeziehungen. München/Mering.

Abo, T. (1994): Hybrid Factory: The Japanese Producion System in the United States. Oxford: Oxford University Press.

Abbott, A. (1988): The System of Profession. An Essay on the Division of Expert Labour. Chicago/London: Chicago U.P.

Abbott, A. (1993): The Sociology of Work and Occupations. In: Annual Review of Sociology 19, 187–209.

Abbott, A. (1995): Boundaries of Social Work or Social Work of Bound-aries? In: Social Service Review, 69:545–562.

Abbott, A. (2005): Linked Ecologies. In: Sociological Theory, 23:245–274.

Achatz, J. (2005): Geschlechtersegregation im Arbeitsmarkt. In: Abra-ham, M./Hinz, T. (Hrsg.): Arbeitsmarktsoziologie. Probleme, Theorien, empirische Befunde. Wiesbaden: VS-Verlag. S. 263–301.

Acker, J. (1994): Power, Productivity, and Participation: Possibilities for Workplace Change in the 21st Century. In: J. Glass (ed.): Working in the 21st Century: Gender and Beyond. Los Angeles: Institute of In-dustrial Relations, University of California.

Acker, J. (2006): Inequality Regimes: Gender, Class and Race in Organi-zations. In: Gender & Society, 20, 4: 441–464.

Aglietta, M. (2000): Ein neues Akkumulationsregime. Hamburg: VSA.

E. Ruiz Ben, Internationale Professionalität,DOI 10.1007/978-3-531-93183-8, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Page 488: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

491 Internationale Professionalität

Aglietta, M./Bischoff, J./Boccara, P./Haug, W. F./Huffschmid, J./Wallerstein, I. (Hrsg.) (2002): Umbau der Märkte. Akkumulation, Finanzkapital, Soziale Kräfte. Hamburg.

Aharoni, Y. (1966): The Foreign Investment Decision Process, Boston (Mass.), Division of Research, Harvard.

Ahrne, G./Brunsson, N. (2006): Global Organization. In: M.-L. Djelic/K. Sahlin-Andersson (Eds.): Transnational Governance, pp. 74–94. Cambridge: Cambridge University Press.

Aldridge, M./Evetts, J. (2003): Rethinking the Concept of Professional-ism: the Case of Journalism. In: British Journal of Sociology, 54 (4), S. 547–564.

Allmendinger, J./Podsiadlowski, A. (2001): Segregation in Organisatio-nen und Arbeitsgruppen. In: Heinz, B. (Hrsg.): Geschlechtersoziolo-gie. Sonderheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsy-chologie Nr. 41, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 276–307.

Altieri, G./Leonardi, S./Oteri, C./Pellerito, D. (2002): D3 Study: Case Studies Report. TOSCA (Social Observation Table of Call Centers). Brussels, Belgium: European Trade Union Confederation.

Altmann, W./Feuerstein, A. (2002): Die neue berufliche „IT-Weiterbildung mit System“. In: Informatik Spektrum. 25 (4): 277–285.

Alvarez, J. L. (1998): The Sociological Tradition and the Spread and Institutionalization of Knowledge for Action. In: Alvarez, J. L. (Ed.): The Diffusion and Consumption of Business Knowledge. London: MacMillan Press: 13–57.

Alvesson, M. (1995): Management of Knowledge-intensive Companies. Berlin/New York: De Gruyter.

Alvesson, M. (1996): Communication, Power and Organization. Ber-lin/New York: De Gruyter.

Alvesson, M. (2000): Social Identity and the Problem of Loyalty in Knowledge-intensive Companies. In: Journal of Management Stud-ies, 37, 6: 112–135.

Alvesson, M./Billing, Y. Due (1997): Understanding Gender and Organ-isations. London: Sage.

Amberg, M./Wiener, M. (2005): Kritische Erfolgsfaktoren für Offshore-Softwareentwicklungsprojekte. Eine explorative Studie. URL:

Page 489: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 492

http://www.wi3.unierlangen.de/OSE/Studie_KritischeErfolgsfaktorenOffshoreSoftwareentwicklungsprojekte_Amberg+Wiener.pdf (Stand: 29.03.2006).

Anker, R. (1998): Gender and Jobs. Sex Segregation of Occupations in the World. Geneva: ILO.

Armbruster, D./Kieser, A. (2003): Jeder Mitarbeiter ein Unternehmer!? In: Zeitschrift für Personalforschung, 17: 151–175.

Appelbaum, E./Batt, R. (1994): The New American Workplace. Trans-forming Work Systems in the United States. Ithaca; New York: ILR Press.

Appelbaum, E./Bailey, T./Berg, P./Kalleberg, A. (2000): Manufacturing Advantage: Why High Performance Systems Pay Off, Ithaca, NY: Cornell University ILR Press.

Arthur,M.B./ Hall, D.T. / Lawrence, B.S. (1989): Generating new direc-tions in career theory: the case for a transdisciplinary approach. In: M.B. Arthur/ D.T. Hall / B.S. Lawrence (Eds), Handbook of Career Theory, Cambridge University Press, Cambridge, 7-25.

Arthur, M. B. (1994): The Boundaryless Career: A Competency-Based Perspective. In: Journal of Organizational Behavior, 15, 307–324.

Arthur, M. B. (1994a): The Boundaryless Career: A New Perspective for Organizational Inquiry. In: Journal of Organizational Behavior, 15, 295–306.

Arthur, M. B./Rousseau, D. M. (1996): A Career Lexicon for the 21st Century. In: Academy of Management Executive, 10 (4), 28–39.

Arthur, M. B. (1998): Career Development and Participation at Work: Time for Mating? In: Human Resource Management, 27, 181–200.

Arthur, M. B. (2008): Examining Contemporary Careers: A Call for In-terdisciplinary Inquiry. In: Human Relations, 61 (2), 163–186.

Aspray, W./Mayadas, F./Vardi, M. Y. (Hrsg.) (2006): Globalization and Offshoring of Software. A Report of the ACM Job Migration Task Force. (ACM).

Atkinson, J. (1984): Flexibility, Uncertainty and Manpower Manage-ment. Report 89, Institute of Manpower Studies.

Atkinson, J. (1989): Flexibility and Skill in Manufacturing Establish-ments. Report 180, Institute of Manpower Studies.

Page 490: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

493 Internationale Professionalität

Atkinson, J./Meager, N. (1986): Changing Working Patterns. National Economic Development Office.

Aulenbacher, B. (2003): Rationalisierungsleitbilder – wirkmächtig, weil machtvoll und machbar. In: S. Geideck/W.-A. Liebert (Hrsg.): Sinn-formeln. Linguistische und soziologische Analysen von Leitbildern, Metaphern und anderen kollektiven Orientierungsmustern. Ber-lin/New York: Walter de Gruyter.

Barley, S. R. (1989), "Careers, identities and institutions", in M. B. Ar-thur, D. T. Hall and B. S. Lawrence (eds.) The Handbook of Career Theory, Cambridge: Cambridge University Press. 41-60.

Barley, S./Tolbert, P. S. (1997): Institutionalization and Structuration: Studying the Links between Action and Institution. In: Organization Studies 18: 93–117.

Baron, J./Davis-Blake, A./Bielby, W. T. (1986): The Structure of Oppor-tunity: How Promotions Ladders Vary within and among Organiza-tions. In: Administrative Science Quarterly 31, 248–273.

Bartlett, C. A./Ghoshal, S. (2002): Managing across Borders: The Trans-national Solution. Harvard Business Review Press; Auflage: 2., überarb. A. (Februar 2002).

Bartlett, C. A./Ghoshal, S. (1990): Internationale Unternehmensführung: Innovation, globale Effizienz, differenziertes Marketing. Frankfurt a. M.: Campus Verl.

Bartlett, C. A. (1989): Aufbau und Management der transnationalen Un-ternehmung: Die neue transnationale Herausforderung. In: M. Porter (Hrsg.): Globaler Wettbewerb: Strategien der neuen Internationali-sierung. Wiesbaden: Gabler: 425–464.

Baethge, M./Denkinger, J./Kadritzke, U. (1995): Das Führungskräftedi-lemma. Manager und industrielle Experten zwischen Unternehmen und Lebenswelt. Frankfurt/New York.

Baethge, M. (Hrsg.) (1999): Empfehlungen des Expertenkreises Dienst-leistungsbeschäftigung im 21. Jahrhundert. Göttingen.

Barbalet, J. M. (1998): Emotion, Social Theory and Social Structure. Cambridge: Cambridge University Press.

Batt, R./Moynihan, L. M. (2002). The Viability of Alternative Call Cen-tre Production Models. In: Human Resource Management Journal, 12, 14–34.

Page 491: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 494

Batt, R. / Doellgast, V. (2004): Groups, Teams, and the Division of La-bour: Interdisciplinary Perspectives on the Organization of Work. In: The Oxford Handbook of Work Organization. S. Ackroyd/ R. Batt/ P. Thompson / P. Tolbert (eds.) Oxford: Oxford University Press. 138-165.

Baukrowitz, A./Boes, A. (2001): Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie. Abschlußbericht des Forschungsprojekts ARB-IT. Manuskript. Dar-mstadt.

Bäurle, I. (1996): Internationalisierung als Prozess-Phänomen. Konzepte, Besonderheiten,Handhabung, Wiesbaden.

Becker-Schmidt, R. (Hrsg.) (2002): Gender and Work in Transition. Globalisation in Western, Middle and Eastern Europe. Opladen: Leske+Budrich.

Beckert, J. (1996): Was ist soziologisch an der Wirtschaftssoziologie? Ungewissheit und Einbettung wirtschaftlichen Handelns. In: Zeit-schrift für Soziologie, 25: 125–146.

Beckert, J. (1999): Agency, Entrepreneurs, and Institutional Change. The Role of Strategic Choice and Institutionalized Practices in Organiza-tions. In: Organization Studies 20(5): 777–99.

Beck, U./Brater, M./Daheim, H. (1980): Soziologie der Arbeit und Beru-fe. Reinbeck bei Hamburg.

Beck, U./Brater, M. (1978): Berufliche Arbeitsteilung und soziale Un-gleichheit. Eine gesellschaftlich-historische Theorie der Berufe. Frankfurt a. M.: Campus Verl.

Beck-Gernsheim, E. (1976): Der geschlechtsspezifische Arbeitsmarkt. Zur Ideologie und Realität von Frauenberufen. Frankfurt a. M.: as-pekte verlag.

Becker-Ritterspach, F. (2006): The Hybridization of Local MNE Produc-tion Systems: The Case of Subsidiaries in India. Research School Systems, Organisation and Management. Ridderkerk: Labyrint Pub-lications.

Beechler S./Bird, A. (1999): Japanese multinationals abroad: Individual and organizational learning. Oxford: Oxford University Press.

Beer, U. (Hrsg.) (1987): Klasse und Geschlecht. Feministische Gesell-schaftsanalyse und Wissenschaftskritik. Bielefeld: Juventa.

Page 492: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

495 Internationale Professionalität

Behr, M. von/Hirsch-Kreinsen H. (Hrsg.) (1998): Globale Produktion und Industriearbeit. Frankfurt/New York.

Bahnmüller, R. (2001): Stabilität und Wandel in der Leistungsentloh-nung. In: WSI Mitteilungen. H. 7: 426–433.

Bell, D. (1985): Die nachindustrielle Gesellschaft. Frankfurt a. M./New York: Econ.

Bender, G. (2002): Entstandardisierte Formen der Leistungsbeurteilung – ein Beispiel und vier Thesen, in: D. Sauer (Hrsg.): Dienst-Leistung(s)-Arbeit. Kundenorientierung und Leistung in tertiären Organisationen. München: S. 21–34.

Bender, W. (2003): Kompetenzentwicklung im Zusammenspiel von Wei-terbildung, lern-förderlicher Arbeitsorganisation und Qualitätsmana-gement. In: H. Loebe//E. Severing (Hrsg.): Qualitätssicherung in der betrieblichen Bildung. Reihe Wirtschaft und Weiterbildung, Bd. 29. Bielefeld: S. 19–31.

Bendix, R. (1956): Work and Authority in Industry. New York: Wiley. Benner, C. (2002): Work in the New Economy. Flexible Labour Markets

in Silicon Valley. Oxford: Oxford University Press. Benner, C./Leete, L./Pastor, M. (2007): Staircases and Treadmills? La-

bor Market Intermediaries and Economic Opportunity in a Changing Economy. London: Russell Sage Foundation Publications.

Berger, J. (1995): Warum arbeiten die Arbeiter? In: Zeitschrift für Sozio-logie 24 (6), S. 407–421.

Berger, P. L./Luckmann, T. (1966): The Social Construction of Reality: A Treatise in the Sociology of Knowledge, Garden City, NY: Anchor Books.

Berg-Peer, J. (1981): Ausschluß von Frauen aus den Ingenieurswissen-schaften. Berlin: Sigma.

Bergström, O. (2001): Externalization of Employees: Thinking About Going Somewhere Else. In: International Journal of Human Resour-ce Management, May. 12:3.

Berndes, S./Kornwachs, K./Lünstroth, U. (2002): Softwareentwicklung, Erfahrung und Innovation. Berlin: De Gruyter.

Best, M. H. (1990): The New Competition: Institutions of Industrial Re-structuring. Cambridge, Mass.: Cambrige University Press.

Page 493: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 496

Beyer T. (2004): Bombay oder Bukarest? – Standortüberlegungen bei der Verlagerung von IT-Dienstleistungen; in: IT-Director, 9: 25–39.

Birkinshaw, J. (2000): Entrepreneurship in the Global Firm. London: Sage.

Birkinshaw, J. (2001): Strategy and Management in MNE Subsidiaries. In: Rugman, A./Brewer, T. L. (eds.) The Oxford Handbook of Inter-national Business. Oxford: Oxford University Press.

Bischoff, J. (2006): Die Zukunft des Finanzmarkt-Kapitalismus, Ham-burg: VSA.

Bispinck, R./Trautwein-Kalms, G. (1997): Gewerkschaftliche Tarifpolitik im Informationstechnologie-Sektor. In: WSI-Mitteilungen 4, S. 228–241.

BITKOM (2008): Frauen meiden technische Ausbildungen und Studien-gänge, Presseinformation vom 17.6.2008, http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Presseinfo_Frauen_in_IT-Jobs_17_06_2008.pdf (Zugriff: 8.2.2011).

BITKOM (2009a): 20.000 offene Stellen für IT-Experten – trotz Krise, Pressemitteilung vom 10.11.2009, http://www.bitkom.org/de/presse/62013_61645.aspx (Zugriff: 8.2.2011).

BITKOM (2009b): Der Arbeitsmarkt für IT-Experten, Präsentation zur Pressekonferenz am 10.11.2009, http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Praesentation_PK_IT-Fachkraefte_10_11_2009.pdf (Zugriff: 8.2.2011).

BITKOM (2010a): Erwerbstätige in der ITK-Branche, http://www.bitkom.org/files/documents/Erwerbstaetige_ITK-CE_2007-2010.pdf (Zugriff: 8.2.2011).

BITKOM (2010b): ITK-Marktzahlen, http://www.bitkom.org/files/documents/ITK-Marktzahlen_Oktober_2010_Kurzfassung.pdf (Zugriff: 8.2.2011).

BITKOM/Fakultätentag Informatik/Fakultätentag für Elektrotechnik und Informationstechnik/Gesellschaft für Informatik (2008a): Bologna weiter entwickeln! Für ein leistungsfähiges Hochschulsystem, http://www.gi-ev.de/fileadmin/redaktion/Download/Bologna-Stellungnahme2008.pdf) (Zugriff: 8.2.2011).

Page 494: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

497 Internationale Professionalität

BITKOM/Fakultätentag Informatik/Fakultätentag für Elektrotechnik und Informationstechnik/Gesellschaft für Informatik (2008b): Bologna-Prozess für Qualität in der Hochschulbildung nutzen. Presseinforma-tion vom 30.1.2008, https://www.bitkom.org/files/documents/PI_BITKOM_FTI_FTEI_GI_30_01_2008_final.pdf (Zugriff: 8.2.2011).

Black, S./Jameson, J./Komoss, R./Meehan, A./Numerico, T. (2005): Women in Computing: a European and International Perspective. Vortrag auf der Tagung 3rd European Symposium on Gender & ICT: Working for Change am 1.2.2005, Manchester Conference Centre, Manchester UK, http://ict.open.ac.uk/gender/2005/papers/(Zugriff 27.10.2007).

Blomstermo, A./Sharma, D. D (2003): Three Decades of Research on the Internationalisation Process of Firms. In: Blomstermo, A./Sharma, D. D. (Eds.): Learning in the Internationalisation Process of Firms, Cheltenham: Edward Elgar: 16–35.

Blossfeld, H. P./Mayer, K. U. (1988). Arbeitsmarktsegmentation in der Bundesrepublik Deutschland. Eine empirische Überprüfung von Segmentationstheorien aus der Perspektive des Lebenslaufs. In: Köl-ner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 40(2): 262–283.

Bluhm, K. (2001): Exporting or Abandoning the „German Model“? La-bour Policies of German Manufacturing Firms in Central Europe. In: European Journal of Industrial Relation 7: 153–173.

Bluhm, K. (2002): Flucht aus dem deutschen Modell? Arbeitsbeziehun-gen in polnischen und deutschen Tochtergesellschaften. In: J. Beyer (Hrsg.): Vom Zukunfts- zum Auslaufmodell? Die deutsche Wirt-schaftsordnung im Wandel. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 214–236.

Boes, A./ Kämpf, T. (2008): Hochqualifizierte in einer globalisierten Arbeitswelt: Von der Erosion der “Beitragsorientierung” zu neuen Arbeitnehmeridentitäten. In: Arbeits- und Industriesoziologische Studien, Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), 1 Jg., S. 44-67.

Boes, A. (2008): Globalisierung - Reaktionsmuster deutscher IT-Firmen. Online. In: silicon.de, 4. Juni 2008.

Page 495: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 498

Boes, A. (2004): Interessen und Interessenhandeln von IT-Beschäftigten. Fokus Entwickler. 6. Arbeitspapier des Projekts ARB-IT2. Beitrag zum Workshop: Individuelles Interessenhandeln kontra kollektive In-teressenvertretung? Ingenieure und Informatiker als Herausforderung an Betriebsräte am 04. März 2004 an der TU Darmstadt.

Boes, A./ Marrs, K. (2003): Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie. Inte-ressenhandeln der Beschäftigten. In: http://www.ARB-IT2.de/docs/Boes-Marrs2003_Arbeitspapier1.pdf, Arbeitspapier 1 des Projekts ARB-IT2, München. (Zugriff 15.03.2008).

Boes, A./Baukrowitz, A. (2002): Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie. Erosion oder Innovation der Mitbestimmung? Berlin: Edition Sigma.

Boes, A./Baukrowitz, A./Eckhardt, B. (1995): Herausforderung „Infor-mationsgesellschaft“. Die Aus- und Weiterbildung von IT-Fachkräften vor einer konzeptionellen Neuorientierung. In: MittAB, 2, S. 239–251.

Boes, A./Schwemmle, M. (2004): Herausforderung Offshoring. Interna-tionalisierung und Auslagerung von IT-Dienstleistungen. Düsseldorf: Edition Hans Böckler Stiftung.

Boes, A./Trinks, K. (2006): „Theoretisch bin ich frei“. Interessenhandeln und Mitbestimmung in der IT Industrie. Berlin: Sigma.

Böhle, F./ Milkau, B. (1988): Sinnliche Erfahrung und Erfahrungswissen im industriellen Arbeitsprozess. In:

http://www.isf-muenchen.de/pdf/isf-archiv/1988-boehle-milkau-sinnliche.pdf (accessed 27.06.2007)

Böhle, F. (1999): Subjektivität und Sinnlichkeit. Paradoxien des moder-nen Arbeitsbegriffs. In: G. Schmidt (Hrsg.): Kein Ende der Arbeits-gesellschaft. Arbeit, Gesellschaft und Subjekt im Globalisierungspro-zeß. Berlin: Sigma, S. 89–109.

Böhle, F. (2002): Was hat Zugang zu Bildung? Anregung zu einem neuen Blick auf menschliche Fähigkeit jenseits rationalen Handelns. In: M. Moldaschl (Hrsg.): Neue Arbeit – Neue Wissenschaft der Arbeit? Festschrift zum 60. Geburtstag von Walter Volpert. Heidelberg: Asanger Verlag, S. 143–169.

Boltanski, L./Chiapello, E. (2003): Der neue Geist des Kapitalismus. Konstanz.

Page 496: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

499 Internationale Professionalität

Bolton, S./Muzio, D. (2007): Can’t Live with ‘Em; Can’t Live Without ‘Em: Gendered Segmentation in the Legal Profession. In: Sociology 41(1), pp 4761.

Borch, H./Weißmann, H. (2002): IT-Berufe und Geschäftsprozesse – eine Herausforderung an das Bildungssystem. In: Borch, H; H. Weiß-mann (Hrsg.): IT-Berufe machen Karriere. Zur Evaluation der neuen Berufe im Bereich Information und Telekommunikation. Bonn. S. 53–72.

Bosch, G. (2002): Auf dem Weg zu einem neuen Normalarbeitsverhält-nis? Veränderungen von Erwerbsverläufen und ihre sozialstaatliche Absicherung. In: Gottschall, K./Pfau-Effinger, B. (Hrsg.): Zukunft der Arbeit und Geschlecht. Diskurse – Entwicklungspfade und Re-formoptionen im internationalen Vergleich, Opladen, S. 107–136.

Boockmann, B./Hagen, T. (2005): Befristete und andere „atypische“ Be-schäftigungsverhältnisse: Wird der Arbeitsmarkt funktionsfähiger? In: Zeitschrift für Arbeitsmarktforschung 38(2/3): 305–324.

Bögenhold, D./Leicht, R. (2000): „Neue Selbständigkeit“ und Entrepreneurship: Moderne Vokabeln und damit verbundene Hoffungen und Irrtümer. In: WSI-Mitteilungen, 53: 779–787.

Böhle, F. (1999): Arbeit – Subjektivität und Sinnlichkeit. Paradoxien des modernen Arbeitsbegriffs. In: Schmidt, G. (Hrsg.) Kein Ende der Arbeitsgesellschaft. Berlin: Sigma: 89–110.

Böhle, F. (2002): Vom Objekt zum gespaltenen Subjekt. In: Moldaschl, M./Voß, G. (Hrsg.) Subjektivierung der Arbeit. München: Mehring: 101–134.

Bollinger, H. (2001): Neue Formen der Arbeit – neue Formen des Gesundheitsschutzes: Das Beispiel Projektarbeit. In: WSI-Mitteilungen, 54: 685–691.

Borrus, M., D. Ernst/Haggard, S. (2000): Cross-Border Production Net-works and the Industrial Integration of the Asia-Pacific Region. In: M., D. Borrus/Ernst/S. Haggard (Eds.): International Production Networks in Asia. Rivalry or Riches? London: Routledge.

Bosch, G. (2000): Neue Lernkulturen und Arbeitnehmerinteressen. In: AG QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2000. Münster, S. 227–270.

Page 497: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 500

Bosch, G. (2003): Die Arbeitsgesellschaft. Kontroversen, Zukunftsvisio-nen und Fakten zu einer aktuellen Debatte. Opladen: Leske + Budrich.

Bosch, G./Weinkopf, C. (Hrsg.) (2007): Arbeiten für wenig Geld: Nied-riglohnbeschäftigung in Deutschland. Frankfurt a. M.: Campus Verl.

Bourdieu, P. (1976): Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologi-schen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Boyer, R. (1989): The Regulation School: A Critical Introduction. New York: Oxford University Press.

Boyer R./Freyssenet M. (2000): Les modèles productifs. Paris: Repères, La Découverte.

Braczyk, H.-J./Schienstock, G. (Hrsg.) (1996): Kurswechsel in der In-dustrie. Lean production in Baden-Württemberg. Stutt-gart/Berlin/Köln.

Brandes, U./Schiersmann, C. (1986): Frauen, Männer und Computer. Eine repräsentative Untersuchung über die Einstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland zum Thema Com-puter, Hamburg: VSA.

Brandt, G. (1989): Arbeit, Technik und gesellschaftliche Entwicklung. Transformationsprozesse des modernen Kapitalismus. Frankfurt a. M.: Campus.

Braverman, H. (1977): Die Arbeit im modernen Produktionsprozess, New York: The Montly Review Press.

Brint, S. (1994): Eliot Freidson’s Contribution to the Sociology of Pro-fessions. In: Work and Occupations, 20 (3): 259–278.

Britton, D. (1998): The Epistemology of the Gendered Organization (Or, How Do We Know a Gendered Organization When We See One?) Paper presented at the the first annual Gender, Work and Organiza-tion Conference, Manchester, England, January 9–10, 1998.

Britton, D. (2000): The Epistemology of the Gendered Organization. In: Gender & Society, 14, 2000, 3, S. 418–434.

Britton, D. (2003): At Work in the Iron Cage. The Prison as Gendered Organization. New York: New York Univ. Press.

Brödner, P./Latniak, E. (2002): Der lange Weg zur „High Road“: neue Untersuchungsergebnisse zu organisatorischen Veränderungen in

Page 498: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

501 Internationale Professionalität

Unternehmen. In: Institut Arbeit und Technik: Jahrbuch 2001/2002. Gelsenkirchen. S. 113–134.

Broy, M,/Schmid J. (1999): Informatik: Grundlagenwissenschaft oder Ingenieurdisziplin? In: Informatik Spektrum. 22: 206–209.

Brunsson, N./Jacobsson, B. (2000): A World of Standards. Oxford: Ox-ford University Press.

Bruch, M. (2000): Betriebliche Oganisationsform und gesellschaftliche Regulation. Zum Problem des Verhältnisses von Organisation und Gesellschaft in polit-ökonomisch orientierten Ansätzen. In: G. Ort-mann/Jörg Sydow/Klaus Türk (Hrsg.) Theorien der Organisation. Die Rückkehr der Gesellschaft. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag. 180–210.

Buckley, P. J./Casson, M. (1976): The Future of the Multinational En-terprise. New York: Holmes & Meier.

Buckley, P. J. (1993): Barriers to Internationalization. In: Zan, L./Zambon, S./Pettigrew, A. M. (Eds.) Perspectives on Strategic Change. London: Kluwer. 79–106.

Buckley, P. J./Ghauri, P. N. (Eds.) (1999): The Internationalization of the Firm. London: International Thompson Business Press.

Buckley, P. J. (2004): Globalization, Economic Geography and the Strat-egy of Multinational Enterprises. In: Journal of International Busi-ness Studies. Vol. 35, No. 2: 81–98.

Burawoy, M. (1982): Manufacturing Consent. Chicago: University of Chicago Press.

Burawoy, M. (1985): The Politics of Production. Factory Regimes under Capitalism and Socialism. London: Tavistock.

Burhenne, W./Freytag, J./Zimmermann, G. (2000): Empfehlungen der Gesellschaft für Informatik e.V. zu Standards zur Akkreditierung von Studiengängen der Informatik und interdisziplinären Informatik-Studiengängen an deutschen Hochschulen. In: www.gi-ev.de. (Zugriff: 27.04.2008).

Burrage, M. (1990): Professions in Theory and History: Rethinking the Study of the Professions. London: Sage Publications.

Cadin, L./ Bender, A.F. / Saint-Giniez, V. (2000): Exploring boundary-less careers in the French context. In: M. Peiperl/ M.B. Arthur/ R.

Page 499: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 502

Goffee / T. Morris (Eds). Career frontiers: New conceptions of work-ing lives. Oxford: Oxford University Press. 228–55.

Cadin, L./Bailly-Bender, A.-F./de Saint-Giniez, V. (2003): Exploring Boundaryless Careers in the French Context. In: M. Peiperl/M. B. Arthur/R. Goffee/T. Morris (Eds.): Career Frontiers: New Concep-tions of Working Lives. Oxford: Oxford University Press, pp. 228–255.

Callon, M./Latour, B. (1992): Don’t Throw the Baby Out with the Bath School! A Reply to Collins and Yearley. In: A. Pickering (Ed.): Sci-ence as Practice and Culture. Chicago, Chicago University Press: 343–368.

Campbell, N./Burton, F. (eds.) (1994): Japanese Multinationals: Strate-gies and Management in the Global Kaisha. London: Routledge.

Capellen, C./ Janssens, M. (2005): Career paths of global managers: To-wards future research. In: Journal of World Business. 40. 348-360. http://www.econ.kuleuven.be/fetew/pdf_publicaties/6452.pdf (ac-cessed 26.12.2008).

Cappelli, P./Rogovsky, N. (1994): New Work Systems and Skill Re-quirements. In: International Labour Review, No. 2, pp. 205–20.

Carmel, E./Tjia, P. (2005): Offshoring Information Technology, Sourcing and Outsourcing to a Global Workforce. Cambridge University Press: Cambridge.

Carr-Saunders, A. M./Wilson, P. A. (1933): The Professions. Oxford: Clarendon Press.

Cassens, J. (2001): Zum Verhältnis der Informatik zu anderen Fachdis-ziplinen. Dokumentation der Arbeitstagung „Informatik: Aufregung zu einer Disziplin“, Heppenheim 6.–8. April 2001, S. 36–38.

Castaño, C. (2005): Las mujeres y las tecnologías de la información. Internet y la trama de nuestra vida. Madrid.

Castells, M. (2003): Der Aufstieg der Netzgesellschaft. Opladen: Leske + Budrich.

CDI (2002): CDI-Stellenmarktanalyse, http://www.cdi.de (Zugriff April 2003).

Child, J./Faulkner, D./Pitkethley, R. (2001): The Management of Interna-tional Acquisitions. Oxford: Oxford University Press.

Page 500: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

503 Internationale Professionalität

Coase, R. (1936): The Nature of the Firm. In: Economica 4 (16): 386–405.

Cockburn, C. (1983): Brothers: Male Dominance and Technological Change. London: Pluto Press.

Cockburn, C./Ormrod, S. (1993): Gender and Technology in the Making. London/Thousand Oaks, Calif.: Sage.

Cockburn, C. (1995): Machinery of Dominance: Women, Men and Tech-nical Know-how. London: Pluto.

Coleman, J. S. (1988): Social Capital in the Creation of Human Capital. In: American Journal of Sociology 94:95–120.

Collins, R. (1979): The Credential Society. New York: Academic Press. Collmer, S. (1997): Frauen und Männer am Computer. Wiesbaden. Combe, A./Helsper, W. (1996): Einleitung: Pädagogische Professionali-

tät. In: Dies. (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Frankfurt a. M., 9–48.

Conze, W./Kocka, J. (Hrsg.) (1985): Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert. Teil I: Bildungssystem und Professionalisierung in internationalen Vergleichen. Stuttgart.

Cooke, F-L./Hebson, G./Carroll, M. (2004): Commitment and Identity across Organisational Boundaries. In: M. Marchington/D. Grim-shaw/J. Rubery/H. Willmott (Eds.): Fragmenting Work: Blurring Organizational Boundaries and Disordering Hierarchies, Oxford: OUP.

Cooper, David J./Robson, K. (2005): Accounting, Professions and Regu-lation: Bringing Accounting Firms. In: School of Business, Univer-sity of Alberta; Cardiff Business School, Cardiff University.

Courpasson, D./Reed M. (2004): Bureaucracy in the Age of Entreprise, Introduction to the Special Issue of Organization. 11; 1: 5–12.

Courpasson, D./Clegg S. (2006): Dissolving Iron Cage, Tocqueville Michels Bureaucracy and the Perpetuation of Elite Power. In: Organization, April, n°13, 319–343.

Costas, I. (1992): Das Verhältnis von Profession, Professionalisierung und Geschlecht in historisch vergleichender Perspektive. In: A. Wet-terer (Hrsg.): Profession und Geschlecht. Über die Marginalität von Frauen in hoch qualifizierten Berufen, Frankfurt a. M.: Campus. S. 51–82.

Page 501: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 504

Covaleski, M. A./Dirsmith, M. W./Rittenberg, L. (2003): Jurisdictional Disputes over Professional Work: the Institutionalization of the Global Knowledge Expert. Accounting, Organizations and Society, 28, S. 323–355.

Coy, W. (1997): Defining Discipline. In: Ch. Freksa/M. Jantzen/R. Valk (Eds.): Foundations of Computer Science, Berlin: Springer.

Crouch, C./Farrell, H. (2002): Breaking the Path of Institutional Devel-opment: Alternatives to the New Determinism in Political Economy. Max-Planck Discussion Paper, Max-Planck Institute for the Study of Society, Cologne, Germany.

Crozier, M./Friedberg, E. (1977/1979): Macht und Organisation. Die Zwänge kollektiven Handelns, Königsstein/Ts: Äthenäum.

Cyert, R. M./March, J. G. (1963): A Behavioral Theory of the Firm. 4. Auflage, Englewood Cliffs (NJ): Prentice-Hall, Inc.

Czarniawska-Joerges, B./Sevón, G. (1996): Translating organizational change. New York: Walter de Gruyter.

Czarniawska, B. (2004): On Time, Space, and Action Nets. In: Organiza-tion 11(6): 773–91.

Czarniawska-Joerges, B./Sevón, G. (1996): Translating organizational change, Berlin/New York: Walter de Gruyter.

D'Alessio, N.; Oberbeck, H.; Seitz, D. (2000): Rationalisierung in Eigen-regie. Ansatzpunkte für den Bruch mit dem Taylorismus bei VW, Hamburg: VSA-Verlag.

Daheim, H. J./Schönbauer, G. (1993): Soziologie der Arbeitsgesellschaft, Weinheim/München.

Davis-Blake, A./Broschak, J. P. (2009): Outsourcing and the Changing Nature of Work. In: Annual Review of Sociology, 35: 321–340.

DB Research (2005): Offshoring Report. In:http://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-

PROD/PROD0000000000188321.pdf (Zugriff 30.03.2008). Deeg, J. (2005): Diskontinuierlicher Unternehmenswandel. Frankfurt am

Main: Peter Lang Verlag. DeFillippi, R. J./Arthur, M. B. (1998): Paradox in Project-Based Enter-

prise: The Case of Film-Making. In: California Management Review, 40 (2), 125–139.

Page 502: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

505 Internationale Professionalität

Degele, N. (2000): Informiertes Wissen. Eine Wissenssoziologie der com-puterisierten Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Campus.

Delbridge, R. (1998): Life on the Line in Contemporary Manufacturing. Oxford: Oxford University Press.

Denert, E. (2001): Gleichgewicht von Persönlichkeit und Fachwissen. http://www-sst.informatik.tu-cottbus.de/~db/Teaching/Denert.html (Zugriff: 8.2.2011).

Deutchmann, C. (2008): Kapitalistische Dynamik. Eine gesellschaftstheo-retische Perspektive. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaf-ten.

Deutschmann, C. (2002): Postindustrielle Industriesoziologie – Theoreti-sche Grundlagen, Arbeitsverhältnisse und soziale Identitäten. Wein-heim: Juventa.

Deutschmann, C. (2005): Finanzmarkt-Kapitalismus und Wachstumskri-se. In: P. Windolf (Hrsg.): Finanzmarkt-Kapitalismus. Analysen zum Wandel von Produktionsregimen, Sonderheft 45 der Kölner Zeit-schrift für Soziologie und Sozialpsychologie, S. 58–84.

Deutschmann, C. (2005): Ist globaler Kapitalismus mit politischer De-mokratie vereinbar? Ein Kommentar zu dem Aufsatz von Dirk Meyer, in: Leviathan, 33. Jg. Heft 3, S. 325–336.

Deutschmann, C. (2005): Latente Funktionen der Institution des Berufs. In: M. Jacob/P. Kupka (Hg.): Perspektiven des Berufskonzepts – Die Bedeutung des Berufs für Ausbildung und Arbeitsmarkt. Beiträge für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Nr. 297, IAB Nürnberg, S. 3–16.

Deutschmann, C. (2005): Rätsel der aktuellen Wirtschaftspolitik. Die heimliche Wiederkehr des Keynesianismus. In: Zeitschrift für Sozi-alökonomie, 42. Jg., 146. Folge, S. 3–12.

Deutschmann, C. (2005): Wie entwickeln Firmen kollektive Kompeten-zen? Kommentar zu dem Beitrag von Margit Osterloh und Bruno S. Frey. In: B. Schauenberg/G. Schreyögg/J. Sydow (Hrsg.): Institutionenökonomik als Managementlehre? Management-forschung 15, Wiesbaden, S. 365–368.

Dezalay, Y./Sugarman, D. (Eds.) Professional Competition and Profes-sional Power, London: Routledge.

Dezalay, Y. (1995): Professional Competition and the Social Construc-tion of Transnational Markets. In: Y. Dezalay/D. Sugarman (Eds.)

Page 503: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 506

Professional Competition and Professional Power, London: Routledge. pp. 1–21.

Dichtl, E./Leipold, M./Köglmayr, H. G./Müller, S. (1984): The Export Decision of Small and Medium-Sized Firms: A Review. In: Man-agement International Review. Vol. 24, No 2: 49–60.

Dicken, P./Malmberg, A. (2001): Firms in Territories: A Relational Per-spective. In: Economic Geography. 77: 345–363.

Dijkstra, E. W. (1989): On the Cruelty of Really Teaching Computing Science. In: Communications of the ACM: 32. S. 1398–1404.

DiMaggio, P. J./Powell, W. W. (1983): The Iron Cage Revisited: Institu-tional Isomorphism and Collective Rationality in Organizational Fields. In: American Sociological Review 48: 147–160.

DiMaggio, P. J./Powell, W. (Hrsg.) (1991): The New Institutionalism in Organizational Analysis Chicago: University of Chicago Press.

Dingwall, R. (2008): Essays on Professions. Aldershot: Ashgate. Djelic, M.-L. (1999): Exporting the American Model: The Post-War

Transformation of European Business. Oxford: Oxford University Press.

Djelic, M.-L./Kleiner, T. (2006): The International Competition Network: Moving Towards Transnational Governance. In: M.-L. Djelic/K. Sahlin-Andersson (eds.): Transnational Governance, Cambridge: Cambridge University Press. pp. 287–307.

Djelic, M.-L./Quack, S. (2003): Conclusion: Globalization as a Double Process of Institutional Change and Institution Building. In: M.-L. Djelic and S. Quack (eds) Globalization and Institutions, Chelten-ham: Edward Elgar. pp. 302–34.

Djelic, M.-L./Quack, S. (2003): Theoretical Building Blocks for a Re-search Agenda Linking Globalization and Institutions. In: M.-L. Djelic/S. Quack (Eds.): Globalization and Institutions, Cheltenham: Edward Elgar. pp. 15–36.

Djelic, M.-L./Quack, S. (2005): Rethinking Path Dependency: The Crooked Path of Institutional Change in Post-War Germany. In: G. Morgan/R. Whitley/E. Moen (Eds.), Changing Capitalism? Interna-tionalization, Institutional Change, and Systems of Economic Organ-ization. Oxford: Oxford University Press, 137–166.

Page 504: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

507 Internationale Professionalität

Djelic, M.-L./Quack, S. (Eds.) (2003): Globalization and Institutions. Cheltenham: Edward Elgar.

Djelic, M.-L./Sahlin-Andersson, K. (Eds.) (2006): Transnational Gov-ernance. Cambridge: Cambridge University Press.

Dorado, S. (2005): Institutional Entrepreneurship, Partaking, and Con-vening. In: Organization Studies 26(3): 385–414.

Doering, P./Piore, M. (1971): Internal Labour Markets and Manpower Analysis, Lexington, MA: D, C, Heath and Company.

Dörre, Klaus (1996): Globalstrategien von Unternehmen – ein Desinteg-rationsphänomen? Zu den Auswirkungen grenzüberschreitender Un-ternehmensaktivitäten auf die industriellen Beziehungen. In: SOFI Mitteilungen 24, November 1996, S. 1528.

Dörre, K. (2001): Partizipation im Arbeitsprozess – Alternative oder Er-gänzung zur Mitbestimmung. In: Industriellen Beziehungen 4, S. 379–407.

Dörre, K. (2002): Kampf um Beteiligung. Arbeit, Partizipation und in-dustrielle Beziehungen im flexiblen Kapitalismus. Wiesbaden.

Dörre, K. (2003): Das flexibel-marktzentrierte Produktionsmodell. Gravi-tationszentrum eines „neuen Kapitalismus“? In: Dörre, K./Röttger, B (Hg.). Das neue Marktregime. Konturen eines nachfordistischen Pro-duktionsmodells. Hamburg.

Dörre, K. (2009): Die neue Landnahme. Dynamiken und Grenzen des Finanzmarktkapitalismus. In: K. Dörre/S. Lessenich/H. Rosa: Sozio-logie – Kapitalismus – Kritik. Eine Debatte. Frankfurt/M.: Suhr-kamp, S. 21–86.

Dörre, K./Röttger, B. (2003): Das neue Marktregime. Konturen eines nachfordistischen Produktionsmodells. Hamburg.

Dörrenbächer, C. (2004): Fleeing or Exporting the German Model? the Internationalization of German Multinationals in the 1990s. In: Competition & Change, Vol. 8, No. 4, pp. 443- 456.

Dörrenbächer, C. (2006): Mikropolitik in Multinationalen Unternehmen: Konturen eines neuen Forschungsfeldes. In: U. Mense-Petermann/G. Wagner (Hrsg.), Transnationale Konzerne. Ein neuer Organisations-typ? Wiesbaden: VS Verlag. S. 123–152.

Page 505: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 508

Dörrenbächer, C./Gammelgaard, J. (2006): Subsidiariy Redifinition: Charter Loss in a German-owned Subsidiary in a German owned Subsidiary in Hungary. WZB Working Paper: SP III 2006-201.

Dörrenbächer, C./Geppert, M. (2005): Micro-political Aspects of Man-date Development and Learning in Local Subsidiaries of Multina-tional Corporations. WZB Working Paper SP III 2005-202.

Dörrenbächer, C./Riedl, C. (2000): Strategie, Kultur und Macht: Ein klei-ner Streifzug zur Internationalisierung von Unternehmen. In: C. Dörrenbächer / D. Plehwe (Hg.): Grenzenlose Kontrolle? Organisa-torischer Wandel und politische Macht multinationaler Unterneh-men. Berlin: Edition Sigma. 15-44.

Dosi G.; Freeman, C.; Nelson, R.; Silverberg, G. & Soete, L. (1988) Technical Change and Economic Theory. New York: Columbia Uni-versity Press.

Dostal, W. (2006): Berufsgenese. Ein Forschungsfeld der Berufsfor-schung, erläutert am Beispiel der Computerberufe. (Beiträge zur Ar-beitsmarkt- und Berufsforschung, 302), Nürnberg

Dostal, W. (2002): IT-Arbeitsmarkt. Katastrophe oder Normalisierung? In: Informatik Spektrum. 5 (25), S. 341-348.

Dostal, W. (2001): Turbulenzen im Arbeitsmarkt. In: Informatik-Spektrum, Nr. 24/ 4, S. 207-217.

Dostal, W. (2000): Die Informatisierung der Arbeitswelt. Ein erster Blick auf die Ergebnisse der BIBB/IAB-Erhebung. S. 151–169. In: Dostal, W./Jansen, R./Parmentier, K. (Hrsg.): Wandel der Erwerbsarbeit: Arbeitssituation, Informatisierung, berufliche Mobilität und Weiter-bildung. BeitrAB Bd. 231.

Dostal, W./Reinberg, A. (1999): Ungebrochener Trend in die Informati-onsgesellschaft. IAB-Kurzbericht Nr. 10.

Doz, Y. (1980): Strategic Management in Multinational Companies. In: Sloan Management Review 21: 27–46.

Doz, Y. L./Prahalad, C. K. (1991): Managing DMNCs: A Search for a New Paradigm. In: Strategic Management Journal, 12 (Special Is-sue): 145–164.

Drucker, P. (1973): Management: Tasks, Responsibilities, Practices. New York: Harper & Row.

Page 506: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

509 Internationale Professionalität

Dunkel, W. (1988): Wenn Gefühle zum Arbeitsgegenstand werden. Ge-fühlsarbeit im Rahmen personenbezogener Dienstleistungstätigkei-ten. In: Soziale Welt, 39. Jg., Heft 1: 66 – 85.

Dunning, J. H. (1977): Trade, Location of Economic Activity, and the Multinational Enterprise: A Search for an Ecclecic Approach. In: B. Ohlin/P. O. Hesselborn/P. M. Wijkman (Eds.): The International Al-location of Economic Activity. New York: Holmes and Meier.

Dunning, J. H. (1981): International Production and the Multinational Enterprise. Lomdon: George Allen & Unwin.

Dunning, J. H. (1988): Towards an Eclectic Theory of International Pro-duction: Some Empirical tests. In: Journal of International Business Studies. 11 (1), 9–31.

Dunning, J. H. (1991): Multinational Enterprises and the Global Econo-my. Wokingham: Addison-Wesley.

Dunning, J. H. (1993): Multinational Enterprises and the Global Econo-my. London: Addison-Wesley.

Dunning, J. H./Bansal, S. (1997): The Cultural Sensitivity of the Eclectic Paradigm. In: Multinational Business Review, V(1): 1–16.

Dunning, J. H. (Hrsg.) (2000): Regions, Globalization and the Knowledge-Based Economy. Oxford: Oxfor University Press.

Dunning, J.H. / Pitelis, C.N. (2008): Stephen Hymer's contribution to international business scholarship: an assessment and extension. In: Journal of International Business Studies, 39(1): 167-176

Dülfer, E. (2001): Internationales Management in unterschiedlichen Kul-turbereichen. Wien: Oldenbourg.

Durkheim, E. (1988): Über soziale Arbeitsteilung. Zweites Buch: Ursa-chen und die Bedingungen. Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Edwards, R. (1979) Contested Terrain. New York: basic Books. Edwards, R. (1981) Herrschaft im modernen Produktionsprozess. Frank-

furt a. M.: Campus Verl. Edwards P./Geary J./Sisson K. (2002): New Forms of Work Organization

in the Workplace: Transformative, Exploitative, or Limited and Con-trolled? In: G. Murray/J. Bélanger/A. Giles/P. A. Lapointe (Eds.): Work and Employment Relations in the High Performance Work-place. London, NY: Continuum, S. 72–119.

Page 507: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 510

Ekstedt, E./Lundin, R. A./Söderholm, A./Wirdenius, H. (1999): Neo-Industrial Organising: Renewal by Action and Knowledge Formation in a Project-Intensive Economy. London.

Elger, T./Smith, C. (Eds.) (1994): Global Japanisation? The Transfor-mation of the Labour Process. London: Routledge.

Ehlscheid, C. (2001): Formen der Entgeltgestaltung und Leistungsregula-tion im Umbruch. In: Ch. Ehlscheid/H. Mathes/M. Scherbaum (Hrsg.): „Das regelt schon der Markt!“. Marktsteuerung und Alter-nativkonzepte in der Leistungs- und Arbeitszeitpolitik. Hamburg, S. 114–132.

Emirbayer, M./Mische, A. (1998) What is Agency? In: American Journal of Sociology 103(4): 962–1023.

Emirbayer, M. (1997): Manifesto for a Relational Sociology. In: Ameri-can Journal of Sociology 103:281–317.

Emirbayer, M./Goodwin, J. (1994): Network Anaylsis, Culture, and the Problem of Agency. In: American Journal of Sociology Vol. 99:1411–1454.

Endres, A. (1999): Die Informatik als Ingenieurwissenschaft: Noch ein Beitrag zu einer nicht endenden Diskussion. In: Informatik Spektrum. 22 (6): 439–443.

Engelhard, J./Ekert, S. (1993): Markteintrittsverhalten deutscher Unter-nehmen in Osteuropa. In: Der Markt. Vol. 32, No 127: 172–188.

Enßlinger, B. C. (2003): Born Globals – Begriff und Bedeutung. In: Holtbrügge, D. (Hrsg.): Internationalisierung kleiner und mittlerer Unternehmungen. Festschrift zum 60. Geburtstag von Helmut Haussmann, Stuttgart: 129–149.

Erb, U. (1996): Frauenperspektiven auf die Informatik. Informatikerinnen im Spannungsfeld zwischen Distanz und Nähe zur Technik, Münster.

Erb, U. (1993): Informatikerinnen als Minderheit. Theoretische Informa-tik als Zugangsschneise für Frauen? In: Funken, C./ Schinzel, C. (Hrsg.): Frauen in Mathematik und Informatik, Tagungsbericht, IBFI, 1.6.-4.6.1993, Schloß Dagstuhl. S. 65-77.

Erlinghagen, M./Knuth, M. (2004): In Search of Turbulence. Labour Market Mobility and Job Stability in Germany. In: European Socie-ties 6, 49–70.

Page 508: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

511 Internationale Professionalität

Erlinghagen, M./Knuth, M. (2004): The Evolution of Labour Market Dynamics in West Germany from the Doom of Industrialism to the Dawn of the Service Economy. In: Economia & Lavoro 38, 91–113.

Esping-Andersen, G. (1990) The Three Worlds of Welfare Capitalism, Polity Press, Cambridge.

Etzioni, A. (1969) The Semi-Professions and Their Organization, Collier-Macmillan, London.

Evetts, J. (1992): Dimensions of career: Avoiding reification in the analy-sis of change. In: Sociology, Vol. 26, No. 1. 1- 21.

Evetts, J. (1996): Gender and Career in Science and Engineering. Lon-don: Taylor and Francis.

Evetts, J. (2002): New Directions in State and International Professional Occupations: Discretionary Decision Making and Acquired Regula-tion. In: Work, Employment and Society, 16(2): 341–353.

Evetts, J. (2003): The Construction of Professionalism in New and Exist-ing Occupational Contexts: Promoting and Facilitating Occupational Change. In: The International Journal of Sociology and Social Pol-icy, 23(4/5): 22–35.

Evetts, J. (2003): The Sociological Analysis of Professionalism: Occupa-tional Change in the Modern World. In: International Sociology 18 (2): 395–415.

Evetts, J. (2006): Short Note: The Sociology of Professional Groups New Directions. In: Current Sociology, 54(1): 133–143.

Faust, M. (2002): Der „Arbeitskraftunternehmer“ – eine Leitidee auf dem ungewissen Weg der Verwirklichung. In: E. Kuda/J. Strauß (Hrsg.): Arbeitnehmer als Unternehmer? Herausforderungen für Gewerk-schaften und berufliche Bildung, Hamburg: VSA, S. 56–80.

Faust, M./Voskamp, U./Wittke, V. (Hrsg.): European Industrial Restruc-turing in a Global Economy. Fragmentation and Relocation of Value Chains. Göttingen: SOFI Verlag.

Faust, M./Funder, M./Moldaschl, M. (Hrsg.) (2005): Die „Organisation“ der Arbeit. München und Mering: Hampp.

Ferner, A. (1997): Country of Origin Effects and Human Resource Man-agement in Multinational Companies. In: Human Resource Man-agement Journal, 7, 1, 19–37.

Page 509: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 512

Ferner, A./Varul, M. Z. (2000): The German Way: German Multination-als and Human Resource Management. London: Anglo-German Foundation Report.

Feuerstein, P. (2007): Processing People? A Labour Sociologist’s Per-spective on Risk Management in IT-Offshoring Projects. In: J. Mäkiö/S. Betz/R. Stephan (Hrsg.): Offshoring of Software Develop-ment: Methods and Tools for Risk Management. Karlsruhe: Universitätsverlag Karlsruhe, S. 47–64.

Fine, G. A. (1995): A Second Chicago School? The Development of a Postwar American Sociology. Chicago: The Univ. Of Chicago Press.

Finnemore, M. (1996): Norms, Culture, and World Politics. Insights from Sociology’s. Institutionalism. In: International Organization, 50 (2), 325–347.

Flam, H. (2002): Soziologie der Emotionen. Eine Einführung. Konstanz: UVK.

Flecker, J. (2001): Co-ordination and Control in Transnational Businesses and Non-Profit Organizations. In: Pries, L. (ed), New Transnational Social Spaces. International migration and transnational companies in the early twenty-first century. London: Routledge.

Flecker, J. (2000): „Sachzwang Flexibilisierung“? Unternehmensreorga-nisation und flexible Beschäftigungsformen. In: Minssen, H. (Ed.): Begrenzte Entgrenzungen. Wandlungen von Organisation und Ar-beit. Berlin: Sigma. S. 269–291.

Flecker, J./Kirschenhofer, S./Riesenecker-Caba, T. (2002): Fördern neue Informations- und Kommunikationstechnologien wirklich ortsunab-hängige und selbständige Arbeit? Empirische Einwände gegen popu-läre Thesen. In: H. Eichmann/I. Kaupa/K. Steiner (Hrsg.): Game over? Neue Selbständigkeit und New Economy nach dem Hy-pe. Wien: Falter Verlag.

Flecker J. (2005): Interne Flexibilisierung: von der Humanisierungsver-mutung zum Risikobefund. In: M. Kronauer/G. Linne (Hrsg.): Flexicurity. Die Suche nach Sicherheit in der Flexibilität, Berlin: Edition Sigma. S. 73–96.

Fligstein, N. (1991): The Structural Transformation of American Indus-try: An Institutional Account of the Causes of Diversification in the Largest Firms, 1919–1979. In: W. Powell/P. J. DiMaggio (Eds): The

Page 510: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

513 Internationale Professionalität

New Institutionalism in Organizational Analysis, Chicago: Universi-ty of Chicago Press..

Fligstein, N. (1997): Social Skill and Institutional Theory. In: American Behavioral Scientist 40: 397–405.

Fligstein, N. (2001a) The Architecture of Markets: an Economic Sociol-ogy of Twenty-first Century Capitalists Societies. Princeton: Prince-ton Univ. Press.

Fligstein, N. (2001b): Social Skill and the Theory of Fields. In: Sociolog-ical Theory. 19 (2): 105–125.

Fligstein, N. (2002): Constructing Polities and Markets: An Institutional-ist Account of European Integration. In: American Journal of Sociol-ogy 107:1206–1243.

Fligstein, N./Freeland, R. (1995): Theoretical and Comparative Perspec-tives on Corporate Organisation. In: Annual Review of Sociology 21: 21–40.

Floyd, C. (1994): Software-Engineering – und dann? In: Informatik Spektrum. 17 (1): 29–37.

Fourcade, M. (2006): The Construction of a Global Profession: The Transnationalization of Economics. In: American Journal of Sociol-ogy. 112 (1): 145–195.

Fournier, V. (1999): The Appeal to „Professionalism“ as a Disciplinary Mechanism, Social Review, 47(2): 280–307.

Forsgren, M. (1989) Foreign Acquisitions: Internationalization or Net-work Interdependency? In: Hallén, L./Johanson, J. (Eds.) Networks of Relationships in International Industrial Marketing. Advances in International Marketing. Vol. 3. Greenwich: JAI Press. 141–159.

Forsgren, M. (2002) The Concept of Learning in the Uppsala Internation-alization Process Model: a Critical Review. In: International Busi-ness Review. Vol. 11, No. 3: 257–277.

Franz, S./Wipprich, M. (2006): Optimale Arbeitsteilung in Wertschöp-fungsnetzwerken, Münster.

Freidson, E. (1970): Profession of Medicine. New York: Dodd, Mead. Freidson, E. (1975): The Deprofessionalization of Everyone? In: Sociolo-

gical Focus. 3: 197–213. Freidson, E. (Ed.) (1993): Professions and their Prospects. London:

Sage.

Page 511: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 514

Freidson, E. (1988): Professional Powers. A Study of the Institutionalisa-tion of Formal Knowledge. Chicago.

Freidson, E. (2001): Professionalism. The Third Logic. Oxford: Black-well Publ.

Frerichs, P. (1997): Klasse und Geschlecht. Arbeit, Macht, Anerkennung, Interessen. Opladen : WDV.

Freyssenet, M. (1995): La ‚production réflexive‘, une alternative à la ‚production de masse‘ et à la ‚production au plus juste‘? In: Sociologie du Travail, n°3, pp 365–388.

Friedberg, E. (1995): Ordnung und Macht. Dynamiken organisierten Handelns. Frankfurt a. M.: Campus.

Friedman, A. L. (1977): Industry and Labour. Class Struggle at Work and Monopoly Capitalism. London: McMillan Press.

Fuchs, M./Apfelthaler, G. (2002): Management internationaler Geschäfts-tätigkeit. Berlin: Springer.

Funder, M. (2008): Emotionalität erwünscht? Rationalität, Emotionalität und Geschlecht in wissensbasierten Unternehmen. In: C. Funken; I. Schulz-Schaefer (Hrsg.): Die Digitalisierung der Arbeitwelt: die Neuordung formaler und informeller Prozesse im Unternehmen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 165-192

Funder, M./Dörhöfer, S./Rauch, C. (2006): Geschlechteregalität – mehr Schein als Sein. Geschlecht, Arbeit und Interessenvertretung in der Informations- und Telekommunikationsindustrie. Berlin: Sigma.

Funken, C. (1998): Neue Berufspotentiale für Frauen in der Softwareent-wicklung. In: Winker, G./Oechterring, V. (Hrsg.): Computernetze – Frauenplätze. Frauen in der Informationsgesellschaft. Opladen: Leske + Budrich. S. 57–66.

Funken, C. (2005): Berufliche Kommunikationsstrategien von Frauen und Männern. In: Funder, M./Dörhöfer, S./Rauch, C. (Hrsg.): Jen-seits der Geschlechterdifferenz? Geschlechterverhältnisse in der In-formations- und Wissensgesellschaft. Rainer Hampp Verlag, Mün-chen und Mering. S. 219–232.

Fürstenberg, F. (2000): Berufsgesellschaft in der Krise. Berlin. Gadrey, J./Lehndorff, S. (1999): A Societal Interpretation of the

Differences and Similarities in Working Time Practices. In: Baret, C./Lehndorff, S./Sparks, L. (eds.): Flexible Working in Food Retail-

Page 512: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

515 Internationale Professionalität

ing. A Comparison amongst France, Germany, Great Britain and Japan. London: Sage.

Garhammer, M. (2002) Zeitarbeit – ein Muster für die Arbeits- und Be-triebsorganisation der Zukunft? In: Berliner Journal für Soziologie 12: 109–126.

Garud, R./Karnøe, P. (2003) Bricolage versus Breakthrough: Distributed and Embedded Agency in Technology Entrepreneurship. In: Re-search Policy 32: 277–300.

Gasson, S. (2005). The dynamics of sensemaking, knowledge, and exper-tise in collaborative, boundary-spanning design. In: Journal of Com-puter-Mediated Communication, 10(4), 14.

http://jcmc.indiana.edu/vol10/issue4/gasson.html (accessed 15.07.2008).

Geissler, B./Maier, F./Pfau-Effinger, B. (Hrsg.) (1998): FrauenArbeits-Markt, Berlin: Sigma.

Geissler, B. (2000): Arbeit-Zeit-Geschlechterverhältnis. In: Gewerkschaftliche Monatshefte 4/2000: 27–39.

Geppert, M. (2003): Sensemaking and Politics in MNCs: A Comparative Analysis of Vocabularies within the Global Manufacturing Discourse in one Industrial Sector. In: Journal of Management Inquiry, Vol.12, No.4, pp 312–329.

Gereffi, G. (1995): Global Production Systems and Third World Devel-opment, in: B. Stallings (Ed.): Global Change, Regional Response. The New International Context of Development, Cambridge: 100–142.

Gereffi, G. (1999): International Trade and Industrial Upgrading in the Apparel Commodity Chain, in: Journal of International Economics 48,1: 37–70.

Gereffi, G. (2005): The Governance of Global Value Chains, in: Review of International Political Economy 12,1: 78–104.

Gereffi, G./Humphrey, J./Sturgeon, T. (2006): The Governance of Global Value Chains, in: T. Clarke/M. dela Rama (Eds.): Corporate Govern-ance and Globalization, Vol. 2: 180–205.

Gereffi, G./Korzeniewicz, M. (1994): Commodity Chains and Global Capitalism. Westport, Conn.

Gerhards, J. (1988): Soziologie der Emotionen. Weinheim.

Page 513: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 516

GfK Marktforschung GmbH/Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE/Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung ISI (2000): Analyse und Evaluation der Software-Entwicklung in Deutschland. Eine Studie für das Bundes-ministerium für Bildung und Forschung, Dezember 2000, http:// http://www.iese.fraunhofer.de/de/Images/Softwareentwicklung_Deutschland_Evasoft_tcm122-7431.pdf (Zugriff 8.2.2011).

GI [Gesellschaft für Informatik e.V.] (2005): Empfehlungen für Bache-lor- und Masterprogramme im Studienfach Informatik an Hochschu-len, http://www.gi-ev.de/fileadmin/redaktion/empfehlungen/GI-Empfehlung_BaMa2005.pdf (Zugriff: 8.2.2011).

Giddens, A. (1982) Power, the Dialectic of Control and Class Structura-tion. In: A. Giddens/G. McKenzie (Eds.): Social Class and the Divi-sion of Labour. Cambridge: Cambridge University Press.

Giddens, A. (1988): Die Konstitution der Gesellschaft. Grundzüge einer Theorie der Strukturierung. Frankfurt a. M.: Campus.

Giesecke, J./Martin G. (2002) Befristete Beschäftigung: Chance oder Risiko? In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 54: 85–108.

Gildemeister, R./Wetterer, A. (1992): Wie Geschlechter gemacht werden. In: G.-A Knapp./A. Wetterer (Hrsg.): Traditionen/Brüche, Freiburg i. Br.

Glimstedt, H. (2001): Between National and International Governance: Geopolitics, Strategizing Actors and Sector Coordination in Electri-cal Engineering in the Interwar Era. In: G. Morgan/R. Whitley/P. H. Kristensen (Eds.): The Multinational Firm. Oxford: Oxford Universi-ty Press.

Goffman, E. (1969): Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. München.

Gollac, M./Volkoff, S. (2001): Intensité et fragilité. In: G. Jeannot/P. Veltz. (Eds.): Le travail entre l’entreprise et la cité. Paris: éditions de l’Aube.

Goleman, D. (1995): Emotional Intelligence: Why it Can Matter More than IQ. New York.

Gottschall, K. (1995): Geschlechterverhältnis und Arbeitsmarktsegregati-on. In: Becker-Schmidt, R./Knapp, G. A. (Hg.): Das Geschlechter-

Page 514: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

517 Internationale Professionalität

verhältnis als Gegenstand der Sozialwissenschaften. Frankfurt a. M.: Campus.

Gottschall, K. (2000): Soziale Ungleichheit und Geschlecht. Opladen: Leske+Budrich.

Gottschall, K./Pfau-Effinger, B. (Hg.) (2002): Zukunft der Arbeit und Geschlecht. Diskurse, Entwicklungspfade und Reformoptionen im in-ternationalen Vergleich. Opladen: Leske+Budrich.

Gottschall, K./Voß, G. G. (Hrsg.) (2003): Entgrenzung von Arbeit und Leben. Zum Wandel der Beziehung von Erwerbstätigkeit und Pri-vatsphäre im Alltag, München.

Graham, E. (1995): Foreign Direct Investment in the World Economy. International Monetary Fund Working Paper. WP 95/59.

Granovetter, M. (1973): The Strength of Weak Ties. In: American Jour-nal of Sociology 78:1360–1380.

Greenwood, R./Suddaby, R./Hinings, C. R. (2002) Theorizing Change: The Role of Professional Associations in the Transformation of Insti-tutionalized Fields. In: Academy of Management Journal 45: 58–80.

Grimshaw, D./Earnshaw, J./Hebson, G. (2003): Private Sector Provision of Supply Teachers: a Case of Legal Swings and Professional Roundabouts. In: Journal of Education Policy, Vol. 18(3), pp. 267–288.

Groh, B./Jännichen, S./Koch, W. (1996): Software und Softwaretechnik. In: R. Wilhelm (Hrsg.): Informatik: Grundlagen – Anwendungen – Perspektiven. München. S. 78–102.

Guerrero, S./Sire, B. (2001): Motivation to Train from the Workers’ Per-spective: Example of French Companies. In: The International Jour-nal of Human Resource Management, 12:6, 988 – 1004.

Guerrero, S./Barraud-Didier, V. (2004): High-involvement Practices and Performance of French Firms. In: International Journal of Human Resource Management, 15, 1408–1423.

Guerrero, L./Rothstein, M. G./Konrad, A. (2006): Extending Holland’s RIASEC Vocational Theory to Include International Job Choice. In: Academy of International Business Conference Proceedings, Indian-apolis, Indiana.

Page 515: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 518

GULP (2003): Marktstudie: Frauen im IT-Projektmarkt, November 2003, http://www.gulp.de/kb/mk/arbeitsmarkt/frauenpdb.html (Zugriff: 11.2.2011).

Gunz, H. (1989): The dual meaning of managerial careers: Organisational and individual levels of analysis. In: Journal of Management Studies, 26.3. 225-250.

Hakim, C. (1998): Social Change and Innovation in the Labor Market. Oxford: Oxford University Press.

Hall, D. T. (1976): Careers in Organizations. Glenview, IL: Scott, Foresman.

Hall, D. T. (2002). Careers in and out of Organizations. Thousand Oaks, CA: Sage.

Hall, D. T./Moss, J. E. (1998): The New Protean Career Contract: Help-ing Organizations and Employees Adapt. In: Organizational Dyna-mics. 26 [3], S. 22–38.

Hall, P. A./Gingerich, D. W. (2004): Spielarten des Kapitalismus und institutionelle Komplementaritäten in der Makroökonomie. Eine em-pirische Analyse. In: Berliner Journal für Soziologie 14, 1, 5–32.

Hall, P. A./Soskice, D. (Hg.) (2001) Varieties of Capitalism. The Institu-tional Foundations of Comparative Advantage. Oxford: Oxford Uni-versity Press.

Hanappi-Egger, E./ Hofmann, R. (2004): Organisationale Kosten-Nutzen-Perspektiven aus Gender-Sicht. In: Working Papers / Abteilung Gen-der and Diversity in Organizations, 2. Institut für Management und Wirtschaftspädagogik, Abt. Gender and Diversity in Organizations, WU Vienna University of Economics and Business, Vienna.

Hanlon, G. (1999): Lawyers, the State and the Market: Professionalism Revisited. Basingstoke: Macmillan Business.

Harzing, A. W. (2000): An Empirical Analysis and Extension of the Bart-lett and Ghoshal Typology of Multinational Companies. In: Journal of International Business Studies. Vol. 31, No. 1: 101–120.

Harzing, A. W. (1999): Managing the Multinationals: An International Study of Control Mechanisms. London: Edward Elgar.

Harrell, A./ Chewning, E. / Taylor, M. (1986): Organizational-professional conflict and the job satisfaction and turnover intentions

Page 516: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

519 Internationale Professionalität

of internal auditors. In: Auditing: A Journal of Practice & Theory, Vol. 5 No. 2. 109-21.

Hasse, R./Krücken, G. (1999): Neo-Institutionalismus. Bielefeld: transcript-Verlag.

Hassel, A. et al. (2000): Zwei Dimensionen der Internationalisierung: Eine empirische Analyse deutscher Großunternehmen. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 52, 500– 519.

Hawkins, K. (Ed.) (1992): The Uses of Discretion. Oxford: Clarendon. Heckscher, C. (1994): Defining the Post-Bureaucratic Type. In: Heck-

scher, Ch./Donnellon, A. (eds.): The Post-Bureaucratic Organiza-tion. Thousand Oaks: 14–62.

Hedlund, G. (1993): Assumptions of Hierarchy and Heterarchy: An Ap-plication to the Multinational Corporation. In: Ghoshal, S./Westney, D. E. (eds.): Organization Theory and the Multinational Company. London: McMillan.

Heidenreich, M. (2003): Die Debatte um die Wissensgesellschaft. In: Böschen, S./Schulz-Schaeffer, I. (Hg.): Wissenschaft in der Wis-sensgesellschaft. Wiesbaden: 25–51.

Heidenreich, M. (2002): Merkmale der Wissensgesellschaft: http://www.uni-bamberg.de/sowi/europastudien/dokumente/blk.pdf. (Stand Mai 2006).

Heidenreich, M./Töpsch, K. (1998): Die Organisation von Arbeit in der Wissensgesellschaft. In: Industrielle Beziehungen, 5: 13–44.

Heintz, B./Nadai, E. (1998): Geschlecht und Kontext. De-Institutionalisierungsprozesse und geschlechtliche Differenzierung. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 28, Heft 2, S. 75–93.

Heintz, B./Nadai, E./Fischer, R./Ummel, H. (1999): Ungleich unter Glei-chen. Studien zur geschlechtspezifischen Segregation des Arbeits-marktes. Frankfurt a. M.: Campus.

Heintz, B. (1997): Geschlechtersoziologie. Kölner Zeitschrift für Soziolo-gie und Sozialpsychologie. Sonderheft 41. Wiesbaden: West-deutscher Verlag.

Helmes-Hayes, R. (1998): Everett Hughes: Theorist of the Second Chi-cago School. In: International Journal of Politics, Culture and Soci-ety 11 (4) (1998), pp. 621–673.

Page 517: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 520

Henninger, A. (2001): Gender-Probleme in der New-Economy: Ge-schlechterverhältnisse in kleinen Softwarefirmen. In: Zeitschrift für Frauenforschung, 3, 88–108.

Herrmann, T. (2001): Kompendium zur Grundvorlesung Informatik und Gesellschaft.

In:http://web-imtm.iaw.ruhr-uni-bochum.de/iug/daten/grundvorle-sung/iug-kompendium.pdf (Zugriff 7.08.2008)

Hildebrandt, E./Seltz, R. (1987): Managementstrategien und Kontrolle. Eine Einführung in die Labour Process Debate, Berlin: de Gruyter.

Hildebrandt, E./Littig, B. (Eds.) (2006): Work-Life Balance, Special Is-sue of the Journal European Societies. 8(2)2006: 1–9.

Hildebrandt, E. (2000) (Hrsg.): Reflexive Lebensführung. Zu den sozial-ökologischen Folgen flexibler Arbeit, Berlin.

Hinz, Thomas/Abraham, Martin (2005). Theorien des Arbeitsmarktes: Ein Überblick. In: Abraham, Martin/Hinz, Thomas (Hg.). Arbeits-marktsoziologie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 23–32.

Hirsch-Kreinsen, H. (1998): Shareholder Value: Unternehmensstrategien und neue Strukturen des Kapitalmarktes In: H. Hirsch-Kreinsen/H. Wolf (Hrsg.): Arbeit. Gesellschaft. Kritik. Orientierungen wider den Zeitgeist, Berlin: Sigma. S. 195–224.

Hirsch-Kreinsen, H. (2008): Lohnarbeit. In: Mauerer, Andrea (Hrsg.): Handbuch der Wirtschaftssoziologie. Wiesbaden: VS Verlag, 268–290.

Hirst, P. Q./Thompson, G. F. (1999): Globalization in Question: The International Economy and the Possibilities of Governance, 2nd edi-tion. London: Sage.

Hochschild, A. (1979) Emotion Work, Feeling Rules, and Social Struc-ture. In: American Journal of Sociology 85, 3: 551575.

Hochschild, A. R. (1983): The managed heart. Commercialization of Human Feelings. Berkeley, CA.

Höflich, J.R. (1996) Technisch vermittelte interpersonale Kommunikati-on. Grundlagen, organisatorische Medienverwendung, Konstitution „elektronischer Gemeinschaften“. Opladen:Westdeutscher Verlag.

Höpner, M. (2001): Corporate Governance in Transition: Ten Empirical Findings on Shareholder Value and Industrial Relations in Germany.

Page 518: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

521 Internationale Professionalität

MPIfG Discussion Paper 2001/05. Köln: Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung.

Hoffmann, U. (1987): Computerfrauen, München. Hoffmann, E./Walwei, U. (1998) Normalarbeitsverhältnis: ein Auslauf-

modell? In: MittAB Heft 3. Hofstede, G. (1994): Cultures and organizations: Software of the mind:

Intercultural cooperation and its importance for survival. London: HarperCollins.

Hofstede, G. (1980): Culture’s Consequences: International Differences in Work-Related Values. Beverly Hills-London: Sage.

Hollingsworth, R. (1997): Continuities and changes in social systems of production: the cases of Japan, Germany, and the United States. In: J. R. Hollingsworth/R. Boyer (eds.): Contemporary Capitalism: the Embeddedness of Institutions, Cambridge: Cambridge University Press. S. 265–310.

Holst, E./Maier,F. (1998): Normalarbeitsverhältnis und Geschlechterord-nung. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt und Berufsforschung 31: 506–518.

Holtbrügge, D. (2005) Die Lerntheorie der Internationalisierung von Johanson/Vahlne: Grundzüge, empirische Relevanz und Kritik. In: Working Paper 3. Betriebswirtschaftliches Institut. Universität Er-langen-Nürnberg.

Holtbrügge, D. (Hrsg.) (2003) Management Multinationaler Unterneh-mungen. Heidelberg: Physica.

Holtgrewe, U. (2001): Recognition, intersubjectivity and service work: Labour conflicts in call centres. In: Industrielle Beziehungen Jg. 8, H. 1, S. 37–54.

Holtgrewe, U./Kerst C. (2002): Call Center: Die Institutionalisierung von Flexibilität. In: Industrielle Beziehungen Jg. 9, H. 2, S. 186 – 208.

Holtgrewe, U./Kerst, C./Shire, K. (Hrsg.) (2002): Re-Organizing Service Work. Call Centres in Germany and Britain. Aldershot: Ashgate.

Holtgrewe, U. (2006): Flexible Menschen in flexiblen Organisationen, Berlin: Sigma.

Hornung, U. (2000): Stachel ”Geschlecht”. Der soziologische Diskurs über den Wandel und die Zukunft der Arbeit. Ökonomie und Ge-schlechterverhältnis – ein Überblick. In: Soziologie, Nr. 3, S. 64–77.

Page 519: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 522

Hu, Y. S. (1992): Global or Stateless Firms are National Corporations with International Operations. In: California Management Review, 34 (2), 107–126.

Huber, A. (2000): IT-Projekte und HR-Mangement, Systor AG, Zü-rich/Rüschlikon.

Huber, B./Reiff, I./Ruiz Ben, E./Schinzel, B. (2001): Frauen in IT- und ausgewählten technischen Ausbildungen und Berufen in Baden-Württemberg. Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg. Arbeitsbericht Nr. 213.

Hughes, E. C. (1958): Men and Their Work. Glencoe, IL: Free Press. Hughes, E. C. (1971): The Sociological Eye: Selected Papers. Chicago:

Aldine • Atherton, Inc. Humphrey, J./Schmitz, H. (2002): Developing Country Firms in the

Global Economy: Governance and Upgrading in Global Value Chains, Duisburg: INEF-Report Nr. 61.

Hymer, S. H. (1970): The efficiency (contradictions) of multinational corporations. American Economic Review, LX, 2, 441–448.

Hymer, S. H., (1979): The multinational corporation and the international division of labor. In: Cohen R. B. et al. (eds.): The Multinational Corporations: A radical Approach. Papers by Stephen Herbert Hy-mer. Cambridge: Cambridge University Press, ch. 6: 140–164.

Ichniowski, C./Kochan, T. A./Levine, D./Olson, C./Strauss, G. (1996): What Works at Work? In: Industrial Relation 35, 299–333.

IESE/ISI (Hrsg.) (2000): Analyse und Evaluation der Softwareentwick-lung in Deutschland. Karlsruhe: Fraunhofer Gesellschaft.

Indic@tor (2005): A cross-cultural study on the measurement and en-hancement of employability among ICT professionals working in small and medium-sized companies. EU Commission. Project ID: IST-2000-31070.

Jacobs, J. A. (1989) Revolving Doors: Sex Segregation and Women’s Careers. Stanford: Stanford University Press.

Jacobsen, H./Voswinkel, S. (Hrsg.): (2005): Der Kunde in der Dienstleis-tungsbeziehung. Beiträge zur Soziologie der Dienstleistung. Wiesba-den: VS Verlag.

Kleeman, F./Matuschek, I./Voß, G. (2002): Subjektivierung von Arbeit. Ein Überblick zum Stand der soziologischen Diskussion. In: M.

Page 520: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

523 Internationale Professionalität

Moldaschl/G. G. Voß (Hrsg.): Subjektivierung von Arbeit. Mün-chen/Mering: Hampp, S. 53–100.

Kosuch, R. (1994): Beruflicher Alltag in Naturwissenschaft und Ingenieurwesen. Eine geschlechtervergleichende Untersuchung des Konflikterlebens in einer Männerdomäne. Weinheim: Deutscher Studienverlag.

Jackson, G. (2003): Corporate Governance in Germany and Japan: Liber-alization Pressures and Responses During the 1990s. In: K. Yama-mura/W. Streeck (Eds.): The End of Diversity. Ithaca: Cornell Uni-versity Press. 261–305.

Jahn, C. (2007): Internationalisierung der Unternehmensberatung: Ana-lyse und empirische Untersuchung. München: Rainer Hampp Verl.

Janshen, D./Rudolph, H. (1987): Ingenieurinnen. Frauen für die Zukunft, Berlin: De Gruiter.

Jansen, D. (2007): Theoriekonzepte in der Analyse sozialer Netzwerke. Entstehung und Wirkungen, Funktionen und Gestaltung sozialer Einbettung, Speyer: FÖV Discussion Papers 39.

Jarrillo, J./Martinez, J. (1990): Different roles for subsidiaries: The case of multinational corporations in Spain. In: Strategic Management Journal 11(7): 501–512.

Jepperson, R. L. (1991): Institutions, Institutional Effects, and Institution-alism. in: Powell,W./DiMaggio, P. (Eds.): The New Institutionalism in Organizational Analysis. Chicago: University of Chicago Press. S. 143–163.

Joas, H. (1996) Die Kreativität des Handelns. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Johansson, J. U./Nonaka, I. (1983): Japanese export marketing: Struc-

tures, strategies, counterstrategies. In: International Marketing Re-view 1, 12–25.

Johanson, J. K./Vahlne, J. (1977): The Internationalization Process of the Firm: A Model of Knowledge Development and Increasing Foreign Commitment. In: Journal of International Business Studies, Jg. 8(1), S. 23–32.

Johanson, J./Vahlne, J.-E. (1990): The Mechanism of Internationalisation. In: International Marketing Review, Vol. 7, No. 4, S. 11–24.

Page 521: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 524

Johanson, J./Vahlne, J.-E. (1993): Management of Internationalization. In: Zan, L./Zambon, S./Pettigrew, A. M. (Hrsg.): Perspectives on Strategic Change, Boston: Kluwer. S. 43–71.

Johanson, J./Vahlne, J.-E. (2003): Building a Model of Firm Internation-alisation. In: Blomstermo, A./Sharma, D. D. (Hrsg.): Learning in the Internationalisation Process of Firms, Cheltenham: Edward Elgar. S. 3–15.

Johanson, J./Wiedersheim-Paul, F. (1975): The Internationalization of the Firm. Four Swedish Cases, in: Journal of Management Studies, Vol. 12, No. 3, S. 305–322.

Johnson, T. J. (1972): Professions and power. London: Macmillan. Johansson, J. K./Yip, G. S. (1994): Exploting globalization potential:

U.S. and Japanesse Strategies. In: Strategic Management Journal. 15 (8): 579–605.

Jones, C. / Dunn, M.B. (2007): Careers and institutions: The centrality of careers to organizational studies. In: H. Gunz / M. Peiperl (Eds), Handbook of career studies. Los Angeles, CA: SAGE. 437—50.

Jurczyk, K. (2005) Work-Life–Balance und geschlechtergerechte Ar-beitsteilung. Alte Fragen neu gestellt’, In: Seifert, H. (Hg): Flexible Zeiten in der Arbeitswelt, New York/Frankfurt, S, 102–123.

Jurczyk, K. and Rerrich, Maria, (1993): ‚Lebensführung weiblich-Lebensführung männlich. Macht diese Unterscheidung noch Sinn?’ In: dies. (Eds.): Die Arbeit des Alltags. Beiträge zu einer Soziologie der alltäglichen Lebensführung, Freiburg, S. 279–309.

Jurczyk, K./Voß, G. G. (2000): ‚Entgrenzte Arbeitszeit-reflexive Alltags-zeit’, in: Hildebrandt, E. (Ed.): Reflexive Lebensführung. Zu den so-zialökologischen Folgen flexibler Arbeit, Berlin, S. 191–205.

Jürgens, U./Naschold, F. (Hrsg.) (1984): Arbeitspolitik. Materialien zum Zusammenhang von politischer Macht, Kontrolle und betrieblicher Organisation der Arbeit. In: Leviathan Sonderheft 5, Opladen: West-deutscher Verlag.

Jürgens, K./Voß, G. G. (2007): Gesellschaftliche Arbeitsteilung als Leis-tung der Person. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (34), 3–9.

Jürgens, K. (2007): Die Ökonomisierung von Zeit im flexiblen Kapita-lismus. In: WSI-Mitteilungen (4), S. 167–173.

Page 522: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

525 Internationale Professionalität

Kahlert, H./Kajatin, C. (Hrsg.) (2004): Arbeit und Vernetzung im Infor-mationszeitalter. Frankfurt am Main: Campus.

Kalkowski, P./Mickler, O. (2009): Antinomien des Projektmanagement. Eine Arbeitsform zwischen Direktive und Freiraum. Berlin: Sigma.

Kanter, R. M. (1997): Men and Women of the Corporation. New York: Basic Books.

Kaplinsky, R./Morris, M. (2001): A Handbook for Value Chain Research, Brighton: IDS.

Klammer, U. (2005): Sozialpolitische Dimensionen flexibler Arbeitszei-ten und Erwerbsbiographien, In: Seifert, Hartmut (Ed.): Flexible Zei-ten in der Arbeitswelt, Frankfurt am Main, S. 304–329.

Kalkowski, P. (2002): Neue Steuerungsinstrumente – Überwindung der Bürokratie oder Bürokratie im neuen Gewand? – Zur betrieblichen Arbeitsregulation in der Telekommunikation. In: ARBEIT, 11: 129–142.

Kalleberg, A. L./Moody, J. W. (1994): Human Resource Management and Organizational Performance. In: American Behavioral Scientist 37, 948–962.

Kerckhoff, A. C. (1996) Building conceptual and empirical bridges be-tween studies of educational and labor force careers. In: Ders. (Ed.) Generating Social Stratification:Toward a New Research Agenda. Boulder: CO: Westview Press, 37–55.

Kern, H.; Schumann, M. (1984): Das Ende der Arbeitsteilung? München: Suhrkamp.

Klatetzkin, T./Tacke, V. (Hg.) (2005) Organisation und Profession. Wiesbaden.

Kleemann, F./Matuschek, I./Voß, G. (2002) Subjektivierung von Arbeit – Ein Überblick zum Stand der soziologischen Diskussion. In: Moldasch, M./Voß, G. (Hg:) Subjektivierung der Arbeit. München: Mehring: 53–100.

Klemm, M./Popp, M. (2006): Die Lokalität transnationaler Unternehmen. In: U. Mense-Petermann./G. Wagner (Hrsg.): Transnationale Kon-zerne. Ein neuer Organisationstyp? Wiesbaden: VS-Verlag. S. 189–221.

Page 523: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 526

Kleinn, K./Schinzel, B. (2000): Männer und Frauen in der Softwareent-wicklung. Forschungsbericht für das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.

Knapp, G.-A. (1987): Arbeitsteilung und Sozialisation. In: U. Beer (Hrsg.): Klasse Geschlecht, Bielefeld: Westfälisches Dampfboot.

Knapp, G.-A. (1995): Unterschiede machen. Zur Sozialpsychologie der Hierarchisierung im Geschlechterverhältnis. In: Becker-Schmidt, Regina/Knapp, G.-A. (Hrsg.): Das Geschlechterverhältnis als Ge-genstand der Sozialwissenschaften, Frankfurt am Main: Campus.

Knapp, G.-A. (1998): Gleichheit, Differenz, Dekonstruktion: Vom Nut-zen theoretischer Ansätze der Frauen- und Geschlechterforschung für die Praxis. In: G. Krell (Hrsg.): Chancengleichheit durch Personal-politik. Gleichstellung von Frauen und Männern in Unternehmen und Verwaltungen. Wiesbaden, S. 73–81.

Knickerbocker, F. (1973): Oligopolistic reaction and multinational en-terprise, Boston, Harvard School of Business Administration.

Knights, D./Willmott, H. (Hrsg.) (1993) The Labour Process Debate: A Theoretical Review. London: McMillan Press.

Knoblauch, H. (Hg.) (1996) Kommunikative Lebenswelten. Zur Ethno-graphie einer geschwätzigen Gesellschaft. Konstanz: Universitäts-verlag.

Knoblauch, H. & Heath, C. (1999), Technologie, Interaktion und Organi-sation: Die Workplace Studies. In: Schweizerische Zeitschrift für So-ziologie 25, 2: 163-181.

Knoblauch, H. (2005): Wissenssoziologie. Konstanz: UTB. Knoblauch, H./Heath, C./Luff, P. (2000): Technology and social interac-

tion: the emergence of ‚Workplace studies‘, in: British Journal of Sociology Vol. 51 No. 2 (June 2000), 299–320.

Knoblauch, H. (2003): Habitus und Habitualisierung. Zur Komplementa-rität von Bourdieu mit dem Sozialkonstruktivismus. In: Rehbein, B. et al. Pierre Bourdieus Theorie des Sozialen, Konstanz: UTB. 187-201.

Kocka, J. (1998) AGORA, Arbeit – Wissen – Bildung. Einige Fragen und Vorschlägen mit Betonung auf ‚Arbeit’. S. 1. (Manuskript). S. Mayer (2000: 383).

Page 524: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

527 Internationale Professionalität

Kock, K. (1994). Zur Soziologie des betriebsinternen Arbeitsmarktes. München und Mehring: Hampp, S. 13–38.

Kogut, B. (1991) Country capabilities and the permeability of borders. In: Strategic Management Journal, vol. 12: 33–57.

Kogut, B. (Ed.) (1993) Country Competitiveness: Technology and the Organizing of Work, Oxford University Press: New York.

Koppetsch, K. (2006): Das Ethos der Kreativen. Eine Studie zum Wandel von Identität und Arbeit am Beispiel der Werbeberufe. Konstanz: UVK.

Kostova, T./Zaheer, S. (1999) Organizational legitimacy under conditions of complexity: The case of the multinational enterprise. In: Academy of Management Review, vol. 24, pp. 64–81.

Kocyba, H. (2000) Der Preis der Anerkennung. Von der Tayloristischen Missachtung zur strategischen Instrumentalisierung der Subjektivität der Arbeitenden. In: Holtgrewe, U./Voswinkel, S./Wagner, G. (Hg.) Anerkennung und Arbeit. Konstanz: UKV.

Kreikebaum, H./Gilbert, D. U./Reinhardt, G. O. (2002) Organisations-management internationaler Unternehmen Grundlagen und moderne Netzwerkstrukturen. Franfurt a. M.: Gabler.

Kristensen, P. H. / Zeitlin, J. (2001): The Making of a Global Firm: Local Pathways to Multinational Enterprise. In: G. Morgan/ P. H. Kris-tensen / R. Whitley (eds) The Multinational Firm. Oxford: Oxford University Press.

Kronauer, M./Linne, G. (Hrsg.). (2002) Flexicurity: die Suche nach Si-cherheit in der Flexibilität. Berlin: edition sigma.

Krüger, H. (Hrsg.) (1992): Frauen und Bildung, Bielefeld. Krüger, H. (1995/2009): Prozessuale Ungleichheit. Geschlecht und

Institutionenverknüpfungen im Lebenslauf. In: P. A. Berger/P. Sopp (Hrsg.): Lebenslauf und Sozialstruktur. Sozialstrukturanlayse 5. Op-laden: Leske + Budrich 1995, 133–153. Reprint 2009 in: Solga, H./Powell, J./Berger, P. A.: Soziale Ungleichheit. Klassische Texte zur Sozialstrukturanalyse. S. 447–463.

Krüger, H. (2001): Der Institutionenansatz in der Frauenforschung. In: G.-A. Knapp,/A. Wetterer (Hrsg.), Soziale Verortung der Geschlech-ter, Münster.

Page 525: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 528

Krüger, H./Levy, R. (2000): Masterstatus, Familie und Geschlecht. In: Berliner Journal für Soziologie, 3: 64–86.

Kuhlmann, E./Kutzner, E./Müller, U./Riegraf, B./Wilz, S. (2002): Orga-nisationen und Professionen als Produktionsstätten der Geschlech-ter(a)symmetrie. In: E. Schäfer et al. (Hrsg.): Geschlechterverhält-nisse im sozialen Wandel. Opladen: Leske + Budrich, S. 221–249.

Kurtz, T. (Hg.) (2002) Aspekte des Berufs in der Moderne. Opladen: Leske+Budrich.

Kutschker, M. l/Schmid, S. (2004): Internationales Management. Olden-bourg.

Kutschker, M./Bäurle, I./Schmid, S. (1997): International Evolution, In-ternational Episodes and International Epochs – Implications for Managing Internationalization. In: Management International Re-view, Spezial Issue International Process – New Perspectives for a Classical Field of International Management, 2/1997, S. 101–124.

Kutzner, E./Kock, K. (Hg.) (2002): Dienstleistung am Draht – Ergebnisse und Perspektiven der Call-Center-Forschung. Beiträge aus der For-schung Bd. 127, Dortmund,

http://www.sfs-dortmund.de/docs/beitr127.pdf. Lam, A., 2000: Tacit Knowledge, Organizational Learning and Societal

Institutions: An Integrated Framework. In: Organization Studies. Vol. 21, No. 3, 487-513

Lane, C. (2001): The Emergence of German Transnational Companies: A Theoretical Analysis and Empirical Study of the Globalization Proc-ess. In: G. Morgan/P. Kristensen/R. Whitley (Hrsg.): The Multina-tional Firm. Oxford: Oxford University Press. S. 69–96.

Lane, C. (1998): European Companies Between Globalization and Local-ization: A Comparison of Internationalization of British and German MNCs. In: Economy and Society 27: 462–485.

Lane, R. (1966): The Decline of Politics and Ideology in a Knowledge-able Society. In: American Sociological Review, 21: 245–283.

Larson, M. S. (1977): The rise of professionalism. A sociological analy-sis. University of California Press: Berkeley.

Lawrence, T. B./Roy, S. (2006) Institutions and Institutional Work. In: S. R. Clegg/C. Hardy/T. B. Lawrence/W. R. Nord (Eds.) Handbook of Organizations, 2nd edn, London: Sage. pp. 215–54.

Page 526: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

529 Internationale Professionalität

Lazzarato, M. et al. (1998): Umherschweifende Produzenten: Immateriel-le Arbeit und Subversion. Berlin: ID-Verlag.

Lehndorff, S. (1999): New working time systems, work organisation and re-distribution of work. Final Report. Gelsenkirchen: Graue Reihe des Instituts Arbeit und Technik.

Lenz, I. (Hrsg.) (2000): Geschlecht-Arbeit-Zukunft, Münster. Licht, G./Steiner, V./Bertschek, I./Falk, M./Fryges, H. (2002): IKT-

Fachkräftemangel und Qualifikationsbedarf, Mannheim. Liker, J. K./Fruin, M./Adler, P. (1999): Remade in America: Transplating

and Transforming Japanese Management Systems. Oxford: Oxford University Press.

Lindbeck, A./Snower, D. J. (1998): The insider-outsider theory of em-ployment and unemployment. Cambridge: MIT Press.

Linhart, D. (1994): La Modernisation des Entreprises. Paris: Editions La Découverte.

Lohr, K./Nickel, H. M. (Hg.) (2005) Subjektivierung von Arbeit. Riskante Chancen. Münster: Westfälisches Dampfboot.

Lorber, J. (1999): Gender-Paradoxien. Opladen: Leske + Budrich. Lorenz, E./Valeyre, A. (2005): Organisational Innovation, Human Re-

source Management and Labour Market Structure: A Comparison of the EU-15. In: The Journal of Indutrial Relations. Vol. 47, No. 4: S. 424–442. http://homepage.ntu.edu.tw/~lbh/ref/JofIR/12.pdf (Stand 29.05.2007).

Luckmann, T./Sprondel, W. M. (Hg.) (1979) Berufssoziologie. Köln. Luostarinen, R. (1989): Internationalization of the Firm. Helsinki: Acta

Academiae Oeconomicae Helsengiensis. Lutz, B. (1992): Die Singularität der europäischen Prosperität nach dem

Zweiten Weltkrieg. In: H. Kaelble (Hrsg.): Der Boom 1948 – 1973. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa, Opladen: Leske + Budrich. S. 35–59.

Lühde, R. V./Nerlich, M. R. (2001): Call Center in Arbeits- und Betriebs-soziologischer Perspektive: Chancen und Risiken im Betrieblichen Innovationsprozess. In: Call Center Evolution. München: Verlag Vahlen. S. 1–19.

Page 527: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 530

Lüthje, B./Schumm, W./Sproll, M. (2002): Contract Manufacturing. Transnationale Produktion und Industriearbeit in der IT-Branche. Frankfurt am Main: Campus.

Lynn, K. (1963) Introduction to the Issue ‚The Professions’ Daedalus’. In: Journal of the American Academy of Art & Science. 649-654.

Mäkiö, J./Betz, S./Stephan, R. (Hrsg.) (2007): Offshoring of Software Development: Methods and Tools for Risk Management. Karlsruhe: Universitätsverlag Karlsruhe.

Macdonald, K. (1993): The Sociology of the Professions, London: Sage. Maguire, S./Hardy, C. (2006) The Emergence of New Global Institutions:

A Discursive Perspective. In: Organization Studies 27(1): 7–29. Macharzina, K. (2003) Unternehmensführung – Das internationale Ma-

nagementwissen. 4. Auflage, Wiesbaden: Gabler Verlag. Macharzina, K. (1994) Joint Venture. In: Dülfer, E. (Hrsg.) International

Handbook of Cooperative Organizations, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 522–527.

Macharzina, K./Engelhard, J. (1991) Paradigm Shift in International Business Research: From Partist and Eclectic Approaches to the GAINS Paradigm. In: Frontiers of International Business Research, Special Issue, Management International Review, Jg. 31, S. 23–43.

Macharzina, K./Oesterle, M.-J. (Hrsg.), (2002) Handbuch Internationales Management – Grundlagen, Instrumente, Perspektiven. 2. Auflage, Wiesbaden: Gabler Verlag.

Macharzina, K./Welge, M. K.(Hrsg.) (1989) Handwörterbuch Export und Internationale Unternehmung. Stuttgart: Schäffer-Poeschel-Verlag.

Majkgård, A. (Hrsg.) (1998) Experiential Knowledge in the Internation-alization Process of Service Firms, Uppsala: Department of Business Studies, Uppsala University.

Malnight, T. W. (1995): Globalization of an ethnocentric firm: An evolu-tionary perspective. In: Strategic Management Journal, Vol. 16 pp.119–141.

Marchington, M. P./Vincent, S. (2004): Analysing the Influence of Insti-tutional, Organizational and Interpersonal Forces in Shaping Inter-organizational Relations. In: Journal of Management Studies, vol. 41(6), pp. 1029–1056.

Page 528: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

531 Internationale Professionalität

Marin, D. (2004) ‘A Nation of Poets and Thinkers‘ – Less so with East-ern Enlargement? Austria and Germany. Munich Discussion paper 2004-06. March 2004. Department of Economics, University of Mu-nich/Volkswirtschaftliche Fakultät, Ludwig-Maximilians-Universität München,

http://epub.ub.uni-muenchen.de/329/1/EasternEnlargement-munich_discussion_papers.pdf (Stand 5.2.2011).

Marshall, T. H. (1950): Citizenship and Social Class and Other Essays. Cambridge: Cambridge University Press.

Marsden, D. (1999): A Theory of Employment Systems. Micro-Foundations of Societal Diversity. Oxford: Oxford Univ. Press.

Marsden, D. (2004) The ‘network economy’ and models of the employ-ment contract. In: British Journal of Industrial Relations, 42 (4). 659-684.

Martin, J. L. (2003): What is field theory?. In: American Journal of Soci-ology. 109 (1): 1–49.

Martinsons, M. G./Chong, P. K. (1999): The Influence of Human Factors and Specialist Involvement on Information Systems Success. In: Human Relations, Nr. 52/1, S. 123–152.

Matthäi, I./Kotthoff, H. (2001): Managementprozess und Unternehmens-kultur im Organisationswandel globaler Konzerne. Saarbrücken.

Matuschek, I./Henninger, A./Kleemann, F. (Hrsg.) (1998): Neue Medien im Arbeitsalltag. Empirische Befunde – Gestaltungskonzepte – Theo-retische Perspektiven. Wiesbaden: DUV.

Mayer, K. U. (2000). Arbeit und Wissen. Die Zukunft von Bildung und Beruf. In: J. Kocka, C. Offe/B. Redslob (Hrsg.) Geschichte und Zu-kunft der Arbeit. Frankfurt a.M.: Campus. 383–409.

Meyer, J. W./Sutton, J./Dobbin, F./Scott, R. (1994): Legalization of the Workplace. In: American Journal of Sociology 99, 4: 944–71.

Mayer-Ahuja, N./Feuerstein, P. (2008): Everywhere is becoming the same“? Labour utilisation, regulation and the tensions inherent in transnational IT-production. In: Work, Organisation, Labour, Glob-alisation. 2, 2, Autumn 2008, pp. 162–178.

Mayer-Ahuja, N./Wolf, H. (2009): Beyond the Hype. Working in the German Internet Industry. In: McKinlay, A./Smith, Ch. (Eds.): Crea-

Page 529: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 532

tive Labour. Working in the Creative Industries. Palgrave Macmil-lan, S. 210–233.

Mayer-Ahuja, N./Wolf, H. (2007): Beyond the Hype. Working in the German Internet industry. In: Critical Sociology, Volume 33, Nr. 1–2, S. 73–99.

Mayer-Ahuja, N. (2006): Normalarbeit am Netz? Regulierung von Arbeit und Potenziale der Organisierung in den Creative Industries am Bei-spiel deutscher Internetfirmen, in: Kulturrisse. Zeitschrift für radi-kaldemokratische Kulturpolitik 4/2006, S. 34–37.

Myntz, R. (2002): Akteure – Mechanismen – Modelle. Zur Theoriefähig-keit makrosozialer Analysen. Frankfurt a. M.: Campus.

Mayrhofer, W. (2001) Karrieren in Nonprofit Organisationen – Eine the-oretische Analyse. In: R. Simsa (Hrsg.): Management der Zivilge-sellschaft: Spezifische Herausforderungen in Nonprofit Organisatio-nen. Stuttgart: Schäffer Poeschel. S. 143–164.

Mayrhofer, W./Iellatchitch, A./Meyer, M./Steyrer, J./Schiffinger, M./Strunk, G. (2004): Going beyond the individual. Some potential contributions from a career field and habitus perspective for global career research and practice. In: Journal of Management Develop-ment: 870–884.

Mayrhofer, W./Iellatchich, A. (2005): Rites, right? The value of rites de passage for dealing with today’s career transitions. In: Career Development International, 10(1): 52–66.

Mayntz, R. (2005): Nuevos Desafíos De La Teoría De La Gobernanza. In: A. Cerrillo i Martínez (Hrsg.): La Gobernanza Hoy: 10 Textos De Referencia. Estudios goberna. Madrid: Instituto Nacional De Administración Publica, 83–98.

Mayo, E. (1945): The Social Problems of an Industrial Civilization. New Hampshire: Ayer.

Mayr, H. C./ Maas, J. (2001): Perspektiven der Informatik. In: Informatik Spektrum, 4: 11-25.

Mc Auley, A. (2001) International Marketing – Consuming Globally, Thinking Locally. Chichester: John Wiley & Sons, Ltd.

McCall, L. (2001): Complex Inequality. New York: Routledge.

Page 530: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

533 Internationale Professionalität

MacDuffie, J. P. (1995): Human Resource Bundles and Manufacturing Performance: Flexible Production Systems in the World Auto Indus-try. In: Industrial Relations and Labor Review 48, 197–221.

McInnes, J. (2006): ‚Work-life balance in Europe: a response to the baby bust or reward for the baby boomers?’ In: Hildebrandt, E./Littig, B. (eds): Work-Life Balance, Special Issue of the Journal European So-cieties.

Mead, G. H. (1932) The Philosophy of the Present. London: The Open Court Company.

Meffert, H. (2000): „Marketing – Grundlagen marktorientierter Unter-nehmensführung“, neunte Auflage, Wiesbaden: Gabler Verlag.

Meffert, H./Bolz, J. (1998): „Internationales Marketing Management”, 3. Auflage, Stuttgart: Kohlhammer.

Menez, R. (2005): Interessenverbände in der IT-Branche. Die Organisa-tionsfähigkeit von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden unter neo-institutionalistischer Perspektive.

Menez, R./Munder, I./Töpsch, K. (2001): Qualifizierung und Personal-einsatz in der IT-Branche. Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg. Arbeitsbericht Nr. 200.

Mengel-Belabbes, K. (1998): Möglichkeiten und Schwierigkeiten hoch-qualifizierter Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Informatikerinnen in der Bundesrepublik. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wo-chenzeitung Das Parlament. Bd. 22-23/ 98, 22. Mai 1998, S. 31-37.

Mense-Petermann U./Wagner, G. (2006) Transnationale Konzerne Ein neuer Organisationstyp? Frankfurt a. M.: VS Verlag.

Meyer, J. W. (1994): Institutional environments and organizations: struc-tural complexity and individualism. Thousand Oaks, Calif.: Sage.

Meyer, J. W./Rowan, B. (1991): Institutionalized Organizations: Formal Structure as Myth and Ceremony. In: Powell, W. W./DiMaggio, P. J. (Eds.): The New Institutionalism in Organizational Analysis. Lon-don: The University of Chicago Press: 41–62.

Meyer, J./Rowan, B. (1977) Institutionalized Organizations: Formal Structure as Myth and Ceremony. American Journal of Sociology 83:340–363.

Page 531: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 534

Michels, R. (1915) Political Parties: A Sociological Study of the Oligar-chical Tendencies of Modern Democracy. New York: The Free Press.

Mikl-Horke, G. (1994) Die Wiederkehr der Geschichte. Zur historischen Soziologie der Gegenwart. In: Österreichische Zeitschrift für Sozio-logie 3, 3-32

Millar, J./Jagger, N. (2001): Women in ITEC. Courses and Careers. Sch-lussbericht. University of Sussex, Brighton, http://www.berr.gov.uk/files/file19505.pdf (Zugriff 03.11.2007).

Minssen, H. (1999): Direkte Partizipation contra Mitbestimmung? Her-ausforderung durch diskursive Koordinierung, in: Müller-Jentsch, W. (Hrsg.): Konfliktpartnerschaft - Akteure und Institutionen der indust-riellen Beziehungen, 3. Auflage, München und Mering, S. 129 - 156, Rainer Hampp.

Minssen, H. (2006) Arbeits- und Industriesoziologie: Eine Einführung. Frankfurt a. M.: Campus.

Minssen, H. (2008): Unternehmen. In: A. Maurer (Hrsg.): Handbuch der Wirtschaftssoziologie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaf-ten: 247–267.

Minssen, H. (2009): Bindung und Entgrenzung. Eine Soziologie interna-tional tätiger Manager. München: Hampp.

Minztberg, H. (1983) Structure in Fives: Designing Effective Organisa-tions. Englewood Cliffs: Prentice Hall.

Mitter, S. (2003): ICTs, Globalisation and Poverty Reduction: Gender Dimensions of the Knowledge Society. In: http://www.idrc.ca/en/ev-46259-201-1-DO_TOPIC.html (Zugriff 27.10.2007).

Moczaldo, R. (2004): Chancen und Risiken des Offshore-Development. Empirische Analyse der Erfahrungen deutscher Unternehmen. http://www.competence-ite.de/offshore.nsf/8FB68EAB823EF285C-1256D72005BBCD1/$File/studie_offshore_prof_moczadlo.pdf (Zu-griff: 3.09.2008).

Moldaschl, M./Voß, G. (Hg.) (2002) Subjektivierung der Arbeit. Mün-chen: Mehring.

Moldaschl, M. (1999): Das befreite Subjekt als homo oeconomicus. The-sen zur Ökonomisierung der Kooperationsbeziehungen im Betrieb. In: Moldaschl, M./Nagler, B./Senghaas-Knobloch, E. (Hg.): Subjek-

Page 532: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

535 Internationale Professionalität

tivität, ökonomische Verwertung und Arbeitskultur, In: artec-paper Nr. 66: 1–13.

Moldaschl, M. (2000): Herrschaft durch Autonomie – Dezentralisierung und widersprüchliche Arbeitsanforderungen, In: Lutz, B. (Hg.) Ent-wicklungsperspektiven von Arbeit. Ergebnisse aus dem Sonderfor-schungsbereich 333 der Universität München. München: 132–164.

Moldaschl, M./Sauer, D. (2000): Internalisierung des Marktes – Zur neu-en Dialektik von Kooperation und Herrschaft, In: Minssen, H. (Hg.): Begrenzte Entgrenzungen. Berlin.

Moldaschl, M. (2002): Was ist gute Arbeit? Neue Antworten auf alte Fragen. In: artec-paper Nr. 98: 81–114.

Moldaschl, M./Voß, G. G. (Hrsg.): (2002) Subjektivierung von Arbeit. München und Mering: Hampp.

Morgan, G./Quack, S. (2005): Internationalization and Capability Devel-opment in Professional Service Firms. In: G. Morgan/R. Whitley/E. Moen (Eds.) Changing Capitalism? Internationalization, Institution-al Change, and Systems of Economic Organization. Oxford: Oxford University Press, 277–311.

Morgan, G. (2006) Transnational Actors, Transnational Institutions, Transnational Spaces: The Role of Law Firms in the Internationalisa-tion of Competition Regulation. In: M.-L. Djelic/K. Sahlin-Andersson (Eds.) Transnational Governance, Cambridge: Cam-bridge University Press. pp. 139–60.

Morgan, G. (2005): Understanding Multinational Corporations. In: Ackroyd, P. Et al. (Eds.): The Oxford Handbook of Work and Organ-ization. Oxford: Oxford University Press. 554–576.

Morgan, G./Whitley, R./Kristensen, P. H. (Hrsg.) (2001) The Multina-tional Firm. Oxford: Oxford University Press.

Müller, U./Schmidt-Waldherr, H. (Hrsg.) (1987): Frauen Sozialkunde, Bielefeld.

Müller, U. (2000): Asymmetrische Geschlechterkultur in Organisationen und Frauenförderung als Prozeß – mit Beispielen aus Betrieben und der Universität. In: I. Lenz, et al. (Hrsg.), a.a.O.

Müller-Jentsch, W. (2003) Organisationssoziologie: Eine Einführung. Frankfurt a. M.: Campus.

Page 533: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 536

Murphy, R. (1988): Proletarianization or Bureaucratization: The Fall of the Professional? In: R. Torstendahl/M. Burrage (Hrsg.): The For-mation of Professions. London: Sage, S. 71–96.

Muzio, D./Ackroyd, S./Chanlat, J. F. (Eds) (2007): Redirections in the Study of Expert Labour: Established Professions and New Expert Occupations. Basingstoke: Palgrave.

Nake, F./Grabowski, S. (2001): Human-computer interaction viewed as pseudo-communication. In: Knowledge-Based Systems: 14 (8): 441–447.

Neal, M./Morgan, J. (2000): The Professionalization of Everyone? A Comparative Study of the Development of the Professions in the United Kingdom and Germany. European Sociological Review, 16 (1), S. 9–26.

Negt, O. (2001): Arbeit und menschliche Würde. Göttingen: Steidel. Neuberger, O. (1995): Mikropolitik - Der alltägliche Aufbau und Ein-satz von Macht in Organisationen. Stuttgart. Nickel, H. M./ Frey, M. /Hüning (2004): Wandel von Arbeit - Chance für

Frauen? Thesen und offene Fragen. In: Berliner Journal für Soziolo-gie 4/03. 531-543

Nickel. H. M./ Hüning, H./ Frey, M. (2008) Subjektivierung, Verunsiche-rung, Eigensinn. Auf der Suche nach Gestaltungspotentialen für eine neue Arbeits- und Geschlechterpolitik. Berlin: Sigma.

Nohria, N./Ghoshal, S. (1997): The Differentiated Network, Organizing Multinational Corporations for Value Creation. San Francisco: The Jossey-Bass Business & Management Series.

Nonaka, I./Takeuchi, H. (1995): The knowledge creating company: how Japanese companies create the dynamics of innovation. New York: Oxford University Press.

Noordegraaf, M. (2007): From Pure to Hybrid Professionalism. Present-Day Professionalism in Ambiguous Public Domains. In: Administra-tion & Society, vol. 39, nr 6, pp. 761–785.

Oevermann, U. (1996): Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten Handelns, in: A. Combe/W. Helsper (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädago-gischen Handelns. Frankfurt am Main: Campus. S. 70–182.

Page 534: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

537 Internationale Professionalität

O’Grady, S./Lane, H. W. (1996) The Psychic Distance Paradox. In: Jour-nal of International Business Studies, Vol. 27, No. 2, S. 309–333.

Ortmann, G. (1990): Mikropolitik und systemische Kontrolle. In: J. Bergstermann; R. Brandherm-Böhmker (Hg.): Systemische Rationa-lisierung als sozialer Prozeß. Bonn. 99-120

Ortmann, G. (1995): Die Form der Produktion. Organisation und Rekur-sivität. Opladen: WDV.

Ortmann, G./Sydow, J./Windeler, A. (2000 [1997]): Organisation als reflexive Strukturation. In: G. Ortmann/J. Sydow/K. Türk (Hrsg.): Theorien der Organisation. 2. Auflage. Opladen: Westdeutscher Verlag, 315–354.

Ortmann, G./Windeler, A./Becker, A./Schulz, H.-J. (1990) (Hrsg.): Computer und Macht in Organisationen - Mikropolitische Ana lysen. Opladen: VS Verlag. Osterman, P. (1994): How common is workplace transformation and who

adopts it? In: Industrial and Labour Relations Review, Vol. 47 No.2, pp. 173–88.

Ostner, I. (1978): Beruf und Hausarbeit: Die Arbeit der Frau in unserer Gesellschaft. Frankfurt am Main: Campus Verlag.

Ostner, I. (2000): Was heißt hier normal? Normalarbeitszeit, Teilzeit, Arbeit im Lebenszyklus. In: Nutzinger, H. G./Held, M. (Eds): Geteil-te Arbeit und ganzer Mensch. Perspektiven der Arbeitsgesellschaft, Frankfurt/New York, S. 173–189.

Parkin, F. (1979): Marxism and Class Theory. Washington: Columbia University Press.

Parsons, T. (1968): Professions. International Encyclopedia of the Social Sciences 12, 536–547.

Parsons, T. (1939/1964) Die akademische Berufe und die Sozialstruktur. In: Ders.: Beiträge zur soziologischen Theorie. Berlin: Luchterhand: 160–179.

Parsons, T. (1951) The Social System. New York: Free Press. Parsons, T. (1954) Essays in Sociological Theory. Glencoe: Free Press. Parsons, T. (1968) Professions. In: International Encyclopedia of the

Social Sciences. Vol. 12: 536–547.

Page 535: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 538

Parsons, T. (1978) Research with Human Subjects and the „Professional Complex“. In: Ders. Action Theory and the Human Condition. New York: Free Press: 35–65.

Pasch, J. (1994): Kooperative Softwareentwicklung im Team, Berlin: Springer.

Pasero, U. (1994): Geschlechterforschung revisited – konstruktivistische und systemtheoretische Perspektiven. In: T. Wobbe./G. Lindemann (Hg.): Denkachsen: Zur theoretischen und institutionellen Rede vom Geschlecht. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. S. 264–296.

Paulitz, T. (2007) Das Bild des Ingenieurs. In: Der Standard. S. 19. 14. März 2007.

Pausenberger, E. (1992) Industrialisierungsstrategien industrieller Unter-nehmungen. In: Dichtl, E./Issing, O. (Hrsg.) Exportnation Deutsch-land, 2. Auflage, München: C. H. Beck Verlag, S. 199–220.

Pedersen, T. (2000) The Internationalization Process of Danish Firms. Gradual Learning or Discrete Rational Choices? In: Journal of Transnational Management Development, Vol. 5, No. 2: 75–89.

Pedersen, T./Shaver, J. M. (2000): Internationalization Revisited. The „Big Step” Hypothesis. In: Department of International Economics and Management, Working Paper WP 5, Copenhagen: Copenhagen Business School.

Peiperl, M. A., / Baruch, Y. (1997). Back to square zero: The post-corporate career. In: Organizational Dynamics, 25(4). 7–22.

Perlitz, M. (1995) Internationales Management, 2. Aufl., Stuttgart: Vie-weg.

Perlitz, M. (2004) Internationales Management. 5. Auflage, Stuttgart: Lucius & Lucius Verlag.

Perlmutter, H. V. (1969): The Tortuous Evolution of the Multinational Corporation. In: Columbia Journal of World Business, Vol. 4, No. 1, S. 9–22.

Peterson, R. A. / Anand, N. (2002): How Chaotic Careers Create Orderly Fields. In: Creative Careers. 257-289.

Pfadenhauer, M. (Hrsg.) (2005): Professionelles Handeln. Wiesbaden: VS-Verlag.

Page 536: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

539 Internationale Professionalität

Pfau-Effinger, B. (2000) Kultur und Erwerbstätigkeit in Europa. Theorie und Empirie im internationalen Vergleich, Leske und Budrich, Opla-den.

Pfau-Effinger, B. (1993): Macht des Patriarchats oder Geschlechterkon-trakt? Arbeitsmarkt-Integration von Frauen im internationalen Ver-gleich. In: PROKLA, 23. Jg., Nr.4, Dezember. S.: 639–663.

Pfeiffer, S. (1998): information@WORK. Neue Tendenzen in der Informatisierung von Arbeit und vorläufige Überlegungen zu einer Typologie informatisierter Arbeit. In: Matu-schek/Henninger/Kleemann (Hg.), 237 – 255.

Pflicht, H./ Schreyer, F. (2002): IAB Kurzbericht, Nr. 11, 27.05.02, S. 2. Piore, M. J. (1990): Mass Production, Flexible Specialization and the

Revival of Economic Prosperity: A Hybrid System After All?, In: The Annual Bulletin of the Institute of Social Science, No. 5, Nihon Fukushi University.

Piore, M. J./Sabel, C. (1984): The Second Industrial Divide: Possibilities for Prosperity. New York: Basic Books.

Polanyi, K. (1944: 1978): The Great Transformation. Politische und öko-nomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Polanyi, M. (1965): The Structure of Consciousness. In: Brain, Vol. LXXXVIII, 799–810.

Pongratz, Hans J./Voß, G. Günter (Hg.): Typisch Arbeitskraftunterneh-mer? Befunde der empirischen Arbeitsforschung. Berlin: Edition Sigma.

Pongratz, H. J./Voß, G. G. (2003): Vom Arbeitnehmer zum Arbeitskraft-unternehmer – Zur Entgrenzung der Ware Arbeitskraft.’ In: Minssen, H. (Ed.): Begrenzte Entgrenzungen. Wandlungen von Organisation und Arbeit, Berlin, S. 225–247.

Pongratz, Hans J. und Voß, Günter G. (2003): Arbeitskraftunternehmer. Erwerbsorientierungen in entgrenzten Arbeitsformen, Edition Sigma, Berlin.

Porter, E. M. (1996): Wettbewerbsvorteile: Spitzenleistungen erreichen und behaupten. Frankfurt am Main.

Porter, M. (1985): Competitive Advantage: Creating and Sustaining Su-perior Performance. New York.

Page 537: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 540

Porter, M. (1989): Wettbewerbsvorteile. Spitzenleistungen erreichen und behaupten. Frankfurt am Main.

Power, M. (1997) The Audit Society. Rituals of Verification. Oxford: Oxford Univ. Press.

Power, M. (1997a) From Risk Society to Audit Society. In: Soziale Systeme 3: 3–25.

Prahalad, C. K./Doz, Y. (1987): The multinational mission: Balancing local demands and global vision. New York: Free Press.

Pries, L. (2008): Die Transnationalisierung der sozialen Welt. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Promberger, M. (2006) Leiharbeit – Flexibilität und Prekarität in der betrieblichen Praxis. In: WSI Mitteilungen. 5: 263-269.

Quack, S. (1997): Karrieren im Glaspalast. Weibliche Führungskräfte in europäischen Banken. In: Discussion Paper des Wissenschaftszent-rum Berlin für Sozialforschung. FS I 97-104.

Quack, S./Morgan, G./Whitley, R. (Hrsg.) (2000): National Capitalisms, Global Competition and Economic Performance. Amsterdam, Phila-delphia: John Benjamins.

Rabe-Kleberg, U. (1990): Besser gebildet und doch nicht gleich! Biele-feld: Westfälisches Dampfboot.

Ramioul, M./Huws, U./Kirschenhofer, S. (2005): Offshore outsourcing of business services. Dublin: European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions – European Monitoring Center of Change.

Rammert, W. (2007): Technik – Handeln – Wissen. Zu einer pragmatistischen Technik- und Sozialtheorie. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften.

Rammert, W. (2000): Innovation – Prozesse, Produkte, Politik. http://www.tu-berlin.de/fb7/ifs/soziologie/Crew/rammert/articles/In-novationen-PPP.html.

Rammert, W. (1988): Das Innovationsdilemma. Technikentwicklung im Unternehmen. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Ramsay, H./Scholarios, D./Harley, B. (2000): Employees and High-Performance Work Systems: Testing inside the Black Box. In: Bri-tisch Journal of Industrial Relations 38(4): 501–531.

Page 538: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

541 Internationale Professionalität

Rastetter, D. (1999): Emotionsarbeit. Stand der Forschung und offene Fragen. In: Arbeit. Heft 4, Jg.8: 374-388.

Reed, M. I. (1996): Expert power and control in late modernity: an em-pirical review and theoretical synthesis. In: Organisation Studies (17)4: 573597.

Regini, M. (2000) Between Deregulation and Social Pacts: The Re-sponses of European Economies to Globalisation. In: Politics & So-ciety 28: 101-127.

Reid, S. (1983) Firm Internationalization, Transaction Costs and Strategic Choice. In: International Marketing Review, Vol. 16, No. 3: 44–56.

Reisin, F. M. (1988): Menschenzentrierte Software-Entwicklung. Ein weibliches Anliegen. In: I. Küller/I. Schöll (Hrsg.): Microsysters. Digitalisierung des Alltags, Frauen und Computer. Berlin: De Gruyter, S. 62–66.

Reskin, B./McBrier, D. (2000): Why Not Ascription? Organizations’ Employment of Male and Female Managers. In: American Socio-logical Review (April).

Reskin, B. F. (Hg.) (1984): Sex segregation in the workplace. Trends, explanations, remedies. Washington: National Academy Press.

Reskin, B. F. (1988): Bringing the men back in: Sex differentiation and the devaluation of women’s work. In: Gender & Society 2: 58–81.

Reskin, B. F./Roos, P. A. (1990): Job queues, gender queues: Explaining women’s inroads into male occupations. Philadelphia: Temple Uni-versity Press.

Riesin, F. M. (1988): Menschenzentrierte Software-Entwicklung. Ein weibliches Anliegen. In: Küller, I./Schöll, I. (Hrsg.): Microsysters. Digitalisierung des Alltags, Frauen und Computer, Berlin, S. 62–66.

Riegraf, B. (1996): Geschlecht und Mikropolitik. Das Beispiel betriebli-cher Gleichstellung. Opladen: Leske + Budrich.

Rogoll, T. / Piller, F. (2003): Konfigurationssysteme für Mass Customi-zation und Variantenproduktion. Muenchen: Thinkconsult. In: http://www.iimcp.org/marktstudie/info2.pdf (Zugriff 28.04.2009).

Roloff, C. (1989): Von der Schmiegsamkeit zur Einmischung. Professio-nalisierung der Chemikerinnen und Informatikerinnen, Pfaffenwei-ler: Centaurus.

Page 539: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 542

Rousseau, D. M. (1989): New hire perspectives of their own and their employer’s obligations: A study of psychological contracts. In: Jour-nal of Organisational Behaviour 11: 389–400.

Rousseau, D. M. (1995): Psychological contracts in organizations: Un-derstanding written and unwritten agreements. Thousand Oaks, CA: Sage Publications.

Rubery, J./ Cooke, F. L./ Marchington, M. / Earnshaw, J. (2003): Inter-organizational relations and employment in a multi-employer envi-ronment. In: British Journal of Industrial Relations, 41:2. 265-289.

Rubery, J./Grimshaw, D. (2003): The Organisation of Employment: an international perspective. London: Palgrave.

Rubery, J./Smith, M./Fagan, C. (1999) Women’s Employment in Europe, Routledge, London and New York.

Rueschmeyer, D. (1983) Professional autonomy and the social control of expertise. In. R. Dingwall and P. Lewis (Eds.): The sociology of the professions. London: Sage.

Rugman, A. M./Verbeke, A. (2004) A perspective on regional and global strategies of multinational enterprises. In: Journal of International Business Studies. Vol. 35, No. 1: 3–18.

Ruigrok, W./Van Tulder, R. (1995): Misverstand: Globalisering. In: Economische en Statistische Berichten. 80. Nr. 4038, S. 1140–1143.

Ruiz Ben, E. (2002a): The development of Computer Science in Ger-many: the perspective of the Professors. in: Proceedings of SITE.

Ruiz Ben, E. (2002b): Qualifikation, Erfahrung und Geschlecht in der Softwarepraxis. In: FiFFKo Nr. 3. S. 37–41.

Ruiz Ben, E. (2003): Looking beyond the Software-Boom: Gendered costs and benefits? In: Pasero, U. (Hrsg.) Gender from costs to benefits. Westdeutscher Verlag. 236–253.

Ruiz Ben, E. (2005): Professionalisierung der Informatik: Chance für die Beteiligung von Frauen?. Wiesbaden: DUV.

Ruiz Ben, E./Reiff, I./Schinzel, B. (2001): Die Professionalisierung der Informatik in Deutschland, in: Forum Bildung und Beschäftigung NFP 43 des SNFs, S. 114–125.

Ruiz Ben, E./Schinzel, B. (2002): „Kryptographinnen: unbekannte Pio-nierinnen und Spitzenforscherinnen der Gegenwart“ in: Die Bundes-polizei – Juni.

Page 540: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

543 Internationale Professionalität

Ruiz Ben, E./Wieandt, M. (2006): Growing East: Nearshoring und die neuen ICT-Arbeitsmärkte in Europa. In: FIfF Kommunikation. 23. Jg. Nr. 3. S. 36–42.

Sablowski, T./Rupp, J. (2001): Die neue Ökonomie des Shareholder Va-lue. Corporate Governance im Wandel. In: Prokla 122, 31. Jg., H. 1, 47–78.

Sahay, S./Nicholson, B./Krishna, S. (2003): Global IT Outsourcing Soft-ware Development across Borders, Cambridge: Cambridge Univer-sity Press.

Sahlin-Andersson, K. (1996) Imitating by Editing Success: The Construc-tion of Organization Fields. In: B. Czarniawska/G. Sevón (Eds.) Translating Organizational Change, pp. 69–92. Berlin: Walter de Gruyter.

Saxenian, A. (2002): Silicon Valley’s new immigrant entrepreneurs. In: Economic Development Quarterly 16(1), 20–32.

Schade, G. (1997): Die Wirkung weiblicher Kompetenzen im Software-entwicklungsprozess. In: TU Ilmenau (Hrsg.) Entwicklung und Ein-satz von informationstechnischen Lösungen – auch eine Frage des Geschlechts? TU-Ilmenau, S. 14–23.

Sharpe, D. (2001): Globalization and change: Organizational continuity and change within a Japanese multinational in the UK. In: Morgan, G./Kristensen, P. H./Whitley, R. (Eds.) The multinational firm. Ox-ford: Oxford University Press: 196–221.

Schätzl, L. (Hrsg.) (1993): Wirtschaftsgeographie der Europäischen Ge-meinschaft. Paderborn. S. 18–29.

Schätzl, L. (2001) Wirtschaftsgeographie 1: Theorie. München: Vieweg. Schein, E. H. (1978): Career Dynamics: Matching Individual and

Organizational Needs. Reading, MA.: Addison-Wesley. Scheer, A.-W. (2009): Vortrag Pressekonferenz zu den Erwartungen an

den IT-Gipfel 2009 und BITKOM-Branchenbarometer, 2.12.2009, https://www.bitkom.org/files/documents/Vortrag_Prof_Scheer_BB_IT-Gipfel_vorab_02_12_2009.pdf (Zugriff: 8.2.2011).

Schelhowe, H. (1997): Die Krise für Veränderungen nutzen! Technologie und Geschlechterverhältnis in der Informationsgesellschaft. In: Bath, C./Kleinen, B. (Hrsg.): Frauen in der Informationsgesellschaft: Flie-gen oder Spinnen im Netz? Mössingen, S. 75–88.

Page 541: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 544

Scherer, Andreas Georg, 2000: Die Rolle der Multinationalen Unterneh-mung im Prozess der Globalisierung – Vorüberlegungen zu einer Neuorientierung der Theorie der Multinationalen Unternehmung. Habilitationsschrift. Nürnberg.

Schimank, U. (2002) Organisationen: Akteurkonstellationen – korporati-ve Akteure – Sozialsysteme. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 42, S. 29–54.

Schinzel, B. (Hrsg.) (1996): Schnittstellen. Zum Verhältnis von Informa-tik und Gesellschaft. Wiesbaden/Baunschweig: Vieweg Verlag.

Schinzel, B. (2001) Informatik im Kontext der Genderforschung in Tech-nik und naturwissenschaften. In: FIFFKO, 4, S. 19–28.

Schinzel, B. (1999): Informatik, vergeschlechtlicht durch Kultur und Strukturen, ihrerseits vergeschlechtlichend durch die Gestaltung ihrer Artefakte. In: Janshen, D. (Hrsg.): Frauen über Wissenschaften. Die widerspenstigen Erbinnen der Männeruniversität, Weinheim, S. 61-81.

Shire, K. (2007): Gender and the Conzeptualization of the Knowledge Economy in Comparison. In: S. Walby/H. Gottfried/K. Gottschall/M. Osawa (Eds.), Gendering the New Economy. London: Palgrave Macmillan: 80–125.

Schmid, S. (2002): Die Internationalisierung von Unternehmungen aus der Perspektive der Uppsala-Schule, in: Wirtschaftswissenschaftli-ches Studium, Bd. 31, Nr. 7, S. 387–392.

Schmidt, S./Minssen, H. (2007): Accounting for International Assign-ments: The Case of the German Chemical Industry. In: Journal for Human Resource & Accounting, Vol. 11, No. 3, S. 214 – 228.

Schmiede, R. (Hg.) (1996): Virtuelle Arbeitswelten - Arbeit, Produktion und Subjekt in der „Informationsgesellschaft“. Berlin: edition sigma.

Schmitt, B. (1992): Neue Wege – Alte Barrieren. Beteiligungschancen von Frauen in der Informatik. Berlin: de Gruyter.

Schön, D. (1983): The Reflective Practitioner. How Professionals Think in Action. London: Temple Smith.

Schreyögg, G. (1978) Umwelt, Technologie und Organisationsstruktur: Eine Analyse des kontingenttheoretischen Ansatzes. Opladen: Leske+Budrich.

Page 542: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

545 Internationale Professionalität

Schreyögg, G./Geiger, D. (2005) Zur Konvertierbarkeit von Wissen: We-ge und Irrwege im Wissensmanagement. In: Zeitschrift für Betriebs-wirtschaft, Vol. 75, 5, S. 433–454.

Schumpeter, J. A. (1942): Capitalism, socialism and democracy. New York/London: Harper.

Schuppert, G. F. (Ed.) (2006) Global Governance and the Role of Non-state Actors. Nomos: Baden-Baden.

Schütz, A./Luckmann, T. (2003), Strukturen der Lebenswelt, Konstanz: UTB.

Schwemmle, M./ Zanker, C. (2000): ‘Anytime, anyplace...’ Befunde zur elektronischen Internationalisierung von Arbeit, Frankfurt.

Scott, W. R. (1987): The adolescence of institutional theory. In: Adminis-trative Science Quarterly. 32:493-511.

Scott, W. R. (2001). Institutions and Organizations. Thousand Oaks, CA: Sage

Scott, R./Meyer, J. W. (1994): Institutional Environments and Organiza-tions: Structural Complexity and Individualism. Thousand Oaks: Sage: 136–137.

Selznick, P. (1957): Leadership in Administration. New York: Harper & Row.

Sengenberger, W. (1987): Struktur und Funktionsweise von Arbeitsmärk-ten. Frankfurt: Campus.

Senghaas-Knobloch, E. (1998) Von der Arbeits- zur Tätigkeitsgesell-schaft? Politikoptionen und Kriterien zur ihrer Abschätzung. In Fe-ministische Studien, Vol. 16 (2), pp. 9–30.

Sennett, Richard (1998) The Corrosion of Character. The Personal Con-sequences of Work in the New Capitalism, W. W. Norton and Com-pany, New York.

Seo, M.-G./Creed, W. E. D. (2002) Institutional Contradictions, Praxis, and Institutional Change: A Dialectical Perspective. In: Academy of Management Journal 27(2): 222–47.

Sesselmaier, W./Blauermel, G. (1997). Arbeitsmarkttheorien. Ein Über-blick. 2. Auflage, Heidelberg: Physica-Verlag.

Sesselmaier, W. (2004). Deregulierung und Reregulierung der Arbeits-märkte im Lichte der Insider-Outsider-Theorie. In: WSI-Mitteilungen 3/2004, S. 125–131.

Page 543: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 546

Schmiede, R. (Hrsg.) (1996): Virtuelle Arbeitswelten. Arbeit, Produktion und Subjekt in der „Informationsgesellschaft“. Berlin: Sigma.

Schraps, U./Hoff, E.-H. (2005): Arbeitszentrierte und entgrenzte Lebens-gestaltung – ein Geschlechtervergleich in IT-Start-ups. In M. Funder/St. Dörhöfer/Ch. Rauch (Hrsg.): Jenseits der Geschlech-terdifferenz? Geschlechterverhältnisse in der Informations- und Wis-sensgesellschaft. München: Hampp. S. 305–323.

Schulzki-Haddouti, C./Bernhardt, U./Ruhmann, I. (1999): IT-Verbände auf Konsolidierungskurs. In: c’t 1, S. 130 – 139.

Schwemmle, M./Zanker, C. (2000): „Anytime, anyplace …“. Befunde zur elektronischen Internationalisierung von Arbeit. Frankfurt a. M.

Siefkes, D. et al. (2001): Informatik. Aufregung zu einer Disziplin. Do-kumentation der Arbeitstagung „Informatik: Aufregung zu einer Dis-ziplin“, Heppenheim 6.-8. April 2001, S. 7–10.

Siegrist, H. (1988) Bürgerliche Berufe. Zur Sozialgeschichte der freien und akademischen Berufe im internationalen Vergleich. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Siegrist, H. (1990) Professionalization as a Process: Patterns, Progression and Discontinuity. In: M. Burrage & R. Torstendahl (eds.) Profes-sions in Theory and History: Rethinking the Study of the Professions, London: SAGE.

Slama, D./ Kaefer, W. (2005): Model Driven Offshoring. In: http://www.sigp.de/publications/os/2005/06/kaefer_slama_OS_06_05.pdf (Zugriff: 29.10.2007).

Sørensen, K. H. (2002): Love, Duty and the S-curve. An Overview of Some Current Literature on Gender and ICT. In: SIGIS, http://www.rcss.ed.ac.uk/sigis/public/displaydoc/full/D02_part1 (Zugriff 27.10.2007).

Solga, H./Konietzka, D. (2000). Das Berufsprinzip des deutschen Ar-beitsmarktes: Ein geschlechtsneutraler Allokationsmechanismus? In: Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 26 (1): 111–147.

Sorensen, J. E./ Sorensen, T. L. (1974): The Conflict of Professionals in Bureaucratic Organizations. In: Administrative Science Quarterly, Vol. 19. 98–106.

Sorge, A. (2005): The Global and the Local: Understanding the Dialec-tics of Business Systems. Oxford: Oxford University Press.

Page 544: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

547 Internationale Professionalität

Spencer, H. (1896): The Principles of Sociology, volume 3, part 6–8, published as Ecclesiastical Institutions (London, Williams & Nor-gate).

Sperling, H. (1994): Innovative Arbeitsorganisation und intelligentes Partizipationsmanagement. Marburg

Stabell, C. B./Fjeldstad, O. D. (1998): Configuring Value For Competi-tive Advantage: On Chains, Shops, and Networks. In: Strategic Management Journal, Vol. 19.

Starr, P. (1982). The Social Transformation of Medicine. New York: Ba-sic Books.

Stehr, N. (1994) Arbeit, Eigentum und Wissen. Zur Theorie von Wissens-gesellschaften Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Stichcombe, A. L. (1997): On the Virtues of the Old Institutionalism. In: Annual Review of Sociology. 1–18.

Stichcombe, A. L. (1988): Interorganizational Relations and Careers in Computer Software Firms. In: A. L. Stinchcombe/C. A. Heimer (Eds.): Research in the Sociology of Work, Volume 4: High Tech Work 179–204.

Stichweh, R. (1994): Wissenschaft, Universität, Professionen. Soziologi-sche Analysen. Frankfurt/M: Suhrkamp.

Stichweh, R. (1996) Professionen in einer funktional differenzierten Ge-sellschaft. In: Combe, A./Helsper, W. (Hrsg.) Pädagogische Profes-sionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns. Frankfurt a. M.: Suhrkamp: 49–69.

Storey, J. (2000): Human Resource Management: A Critical Text. Lon-don: Thompson Learning.

Stöttinger, B./Schlegelmilch, B. B. (2000) Psychic Distance. A Concept past its Due Date? In: International Marketing Review, Vol. 17, No. 2: 169–173.

Strauss, A. u.a. (1980): Gefühlsarbeit. In: KZfSS, 32, 629–651. Streeck, W. (1998): The Internationalization of Industrial Relations in

Europe: Prospects and Problems. In: Politics and Society, Vol. 26, No. 4, Dezember, 429–459.

Streeck, W. (2005): Nach dem Korporatismus: Neue Eliten, neue Kon-flikte. MPIfG Working Paper 05/4, Mai 2005, http://www.mpifg.de/pu/workpap/wp05-4/wp05-4.html (Stand vom

Page 545: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 548

5.2.2011), auch abgedruckt in: H. Münkler/G. Straßenberger/M. Bohlender (Hrsg.): Deutschlands Eliten im Wandel. Frankfurt am Main: Campus. S. 149–175.

Streeck, W. (2008): Korporatismus in der Europäischen Union. In: M. Höpner/A. Schäfer (Hrsg.): Die Politische Ökonomie der europäi-schen Integration. Schriften aus dem Max-Planck-Institut für Gesell-schaftsforschung, Bd. 61. Frankfurt am Main: Campus. S. 203–240.

Struck, Olaf / Köhler, Christoph (2005) Beschäftigungsstabilität im Wan-del? Eine problemorientierte Sicht auf den Untersuchungsgegen-stand. In: O. Struck; C. Köhler. Beschäftigungsstabilität im Wandel? Empirische Befunde und theoretische Erklärungen für West- und Ostdeutschland. Mering: Rainer Hampp Verlag, S. 7-20.

Struck, O. (2006): Flexibilität und Sicherheit. Entwicklungen und Gestal-tungsmöglichkeiten von Beschäftigungsstabilität. Wiesbaden: VS-Verlag.

Stuart, T. (2007): The Formation of Inter-Organizational Networks. In: J. E. Rauch (Ed.): The Missing Links. Formation and Decay of Eco-nomic Networks, New York: 79–99.

Stubbart, C. I./Smalley, R. D. (1999) The Deceptive Allure of Stage Models of Strategic Processes. In: Journal of Management Inquiry. Vol. 8, No 3: 273–286.

Sturgeon, T. (1997a): Turn-key Production Networks: A New American Model of Industrial Organization? University of California at Berke-ley. Berkeley Roundtable on the International Economy. Working Paper 92A, August.

Sturgeon, T. (1997b): Turn-key Production Networks: The Organization-al Delinking of Production from Innovation. In: U. Juergens (Hrsg.), New Product Development and Production Networks. Global Indus-trial Experience. Berlin, New York: Springer Verlag.

Sturgeon, T. (2000): How Silicon Valley Came to Be. In: M. Kenney (Ed.), Understanding Silicon Valley: the Anatomy of an Entrepre-neurial Region. Palo Alto, CA: Stanford Business Books, Stanford University Press.

Sturgeon, T. (2000): Modular Production Networks. A New American Model of Industrial Organization. In: Industrial and Corporate Change 11, 3: 451–496.

Page 546: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

549 Internationale Professionalität

Sullivan, S. E./Arthur, M. B. (2006): The evolution of the boundaryless career concept: Examining physical and psychological mobility. In: Journal of Vocational Behavior. 69 [1], S. 19–29.

Svensson, L. G./Evetts, J. (Hrsg.) (2003): Conceptual and Comparative Studies of Continental and Anglo-American Professions. Department of Sociology, Göteborg University: Göteborg.

Swadosch, R./Ruiz Ben, E. (2002): Softwareentwicklerinnen in der Pra-xis. In: Fluminut (Hrsg.): Alles unter einem Hut, Kassel. S. 275–286.

Sydow, J. (1991): Strategische Netzwerke in Japan, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 3: 238–254.

Sydow, J. (2006): Management von Netzwerkorganisationen, Wiebaden. Szydlik, M. (1990). Die Segmentierung des Arbeitsmarktes in der Bun-

desrepublik Deutschland. Eine empirische Analyse mit Daten des So-zio-ökonomischen Panels. Berlin: edition sigma, S. 19–44.

Taggart, J. H. (1998) Strategy Shifts in MNC Subsidiaries. In: Strategic Management Journal, 19: 663–681.

Tamm Hallström, K. (2004) Organizing International Standardization. Cheltenham: Edward Elgar.

Tawney, R. H. (1921): The Acquisitive Society. New York: Harcourt Bru-ce.

Taylor, F. W. (1977): Die Grundsätze Wissenschaftlicher Betriebsfüh-rung. Weinheim: Beltz Verlag.

Teece, D. J. (1983): Technological and organisational factors in the the-ory of the multinational enterprise. In: M. C. Casson (Ed.): The growth of international production, London: Sage. S. 51–62.

Teichova, A./Levy-Leboyer, M./Nussbaum, H. (1986) Multinational Enterprise in Historical Perspective. Cambridge: Cambridge Univer-sity Press.

Teubner, U. (1989): Neue Berufe für Frauen – Modelle zur Überwindung der Geschlechterhierarchie im Erwerbsbereich, Frankfurt am Main: Campus.

Teubner, U. (1992): Geschlecht und Hierarchie. In: A. Wetterer (Hrsg.): Profession und Geschlecht, Frankfurt am Main: Campus.

Teubner, U. (2002): Gendered Segregation of Work. In: R. Becker-Schmidt (Hrsg.), Gender and Work in Transition, Opladen: Leske+Budrich.

Page 547: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 550

Teubner, U./Wetterer, A. (2003): Gender-Paradoxien: Soziale Konstruk-tion transparent gemacht. In: J. Lorber: Gender-Paradoxien. Opladen: Leske+Budrich, S. 9–29.

Thompson, E. (1967) Tim, work-discipline and industrial capitalism. In: Past and Present. 38: 56–97.

Thompson, E. (1973) Zeit, Arbeitsdisziplin und Industriekapitalismus. In: Braun, R. et al. (Hg.): Gesellschaft in der industriellen Revolution. Köln: Kiepenheuer V., S. 81–112.

Thompson P. (2003), Work organisations. Third edition. Hound-mills/New York: Palgrave.

Torstendahl, Rolf und Michael Burrage (1990): The Formation of Profes-sions. Knowledge, State and Strategy. Sage Publications: London.

Tolbert, P. (1988): Institutional Sources of Organizational Culture in Major Law Firms. In: Zucker, Lynne G. (Eds.): Institutional Patterns and Organizations. Cambridge, MA: Ballinger: 101–113.

Tolbert, P. S./Zucker, L. G. (1996): The Institutionalization of Institu-tional Theory. In: S. R. Clegg/C. Hardy/W. R. Nord (Eds.) Hand-book of Organization Studies, London: Sage. pp. 175–90.

Tolbert, P. S. (1996): Occupations, organizations, and boundaryless ca-reers. In M. B. Arthur/D. M. Rousseau (Eds.): The boundaryless ca-reer. A new employment principle for a new organizational era. Ox-ford: Oxford University Press. (pp. 331–349).

Tolbert, P. S. (2005) Introduction. In: S. Ackroyd; R. Batt; P. Thompson; P. S. Tolbert. The Oxford Handbook of Work and Organization. Ox-ford: Oxford Univ. Press. 329-338.

Tomaskovic-Devey, D./Skaags, S. (2001): Führt Bürokratisierung zu geschlechtsspezifische Segregation? In: Heintz, B. (1997): Ge-schlechtersoziologie. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozial-psychologie. Sonderheft 41. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag: 308–331.

Tondorf, K. (2001): Gender Mainstreaming – politisches Leitprinzip für Politik und Verwaltung. In: WSI-Mitteilungen, Heft 4, S. 271–277.

Töpsch, K. (2001): Arbeitsregulation in wissensintensiven Arbeitskontex-ten. S. 71–87 in: Fuchs, G./Töpsch, K. (Hrsg.). Baden-Württemberg – Erneuerung einer Industrieregion, Kolloquium zum Andenken an

Page 548: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

551 Internationale Professionalität

Prof. Dr. Hans-Joachim Braczyk am 14.7.2000, Dokumentation der Akademie für Technikfolgenabschätzung: Stuttgart.

Töpsch, K./Malanowski, N. (2000): Arbeitsregulation im Modernisie-rungsprozess – neue Herausforderungen für Gewerkschaften und Verbände in Baden-Württemberg. Arbeitsbericht Nr. 175, Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg. Stuttgart.

Töpsch, K./Menez, R./Malanowski, N. (2001): Ist Wissensarbeit regu-lierbar? Arbeitsregulation und Arbeitsbeziehungen am Beispiel der IT-Branche. S. 306–332 in: Industrielle Beziehungen. Zeitschrift für Organisation, Arbeit und Management. Jg. 8, H. 3/2001.

Totterdill, P. (2002): Developing new forms of Work Organisation: the role of the main actors. DG Employment & Social Affairs, KE-47-02-1123-EN-C. Brüssel: Europäische Kommission.

Trautwein-Kalms, G. (2001): IT-Fachkräftemangel: Der Mensch lebt nicht von der Qualifikation allein. In: Gewerkschaftliche Monatshef-te, Nr. 2, S. 94–99.

Trautwein-Kalms, G. (1991): Arbeits- und Berufssituation qualifizierter Angestellter im Software-Bereich. S. 213–229 in: Littek, W./Heisig, U./Gondek, H.-D. (Hrsg.). Dienstleistungsarbeit. Strukturverände-rungen, Beschäftigungsbedingungen und Interessenlagen. Berlin: Sigma.

Trautwein-Kalms, G. (1995): Ein Kollektiv von Individualisten? Interes-senvertretung neuer Beschäftigtengruppen. Berlin: edition sigma.

Trappe, H./Rosenfeld, R. A, (2001) Geschlechtsspezifische Segregation in der DDR und der BRD. S. 152–181 in Geschlechtersoziologie. Sonderheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsycholo-gie Nr. 41, herausgegeben von B. Heintz. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Tremblay, D.-G. (2003): New types of career in the knowledge economy? Networks and boudaryless jobs as a career strategy in the ICT and multimedia sector. Québec: Université du Québec.

Trittin, W. (2003): Arbeitsvertrag im Wandel: Das Arbeitsergebnis er-setzt die Arbeitszeit. In: Kastner, M. (Hg.): Neue Selbständigkeit in Organisationen. München und Mering: 139–159.

Tünte, M. et al. (2007): Jenseits von Virtualität. Arbeiten und Lernen in Projektnetzwerken. In: Shire, K./Borchert, M./Hoppe, H. U. (Hrsg.):

Page 549: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 552

Entstehung und Organisation von Projektnetzwerken. Lohmar-Köln: Eul Verlag: 83–132.

Türk, K. (2004): Neo-institutionalistische Ansätze. In: Schreyögg, G./v. Werder, A.: Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisa-tion. Stuttgart: Schäffer-Poeschel: 925–931.

Türk, K. (2000): Organisation als Institution der kapitalistischen Gesell-schaftsformation. In: Ortmann, G./Sydow, J./Türk, K. (Hrsg.): Theo-rien der Organisation. Die Rückkehr der Gesellschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag: 124–176.

Turnbull, P. W. (1987) A Challenge to the Stages Theory of the Internationalization Process. In: Rosson, P. J./Reid, S. D. S. 21–40.

Valcourt M./Tolbert P. S. (2003): Gender, Family and Career in the Era of Boundarylessness: Determinants and Effects of Intra- and Inter-organisational Mobility. In: The international journal of human re-source management, vol. 14, n° 5, p. 768–787.

Valenduc, G./Vendramin, P./Guffens, C./Ponzellini, A. M. (2004): Wid-ening Women’s Work in Information and Communication Technol-ogy. Synthesis Report of the project WWW-ICT (IST-2001-34520), IST programme, European Commission.

Valenduc, G./Vendramin, P. (2005): Work organisation and skills in ICT professions: the gender dimension. In: Conference ICT, the Knowledge Society and Changes in Work. Den Haag, 9–10 June 2005.

Valk, R. (1997): Die Informatik zwischen Formal- und Humanwissen-schaften. In: Informatik Spektrum. 20 (2): 95–100.

Van de Ven, A. H. (1992) Suggestions for Studying Strategy Process: A Research Note. In: Strategic Management Journal. Vol. 13, No 8: 169–188.

Veltz, P./Zarifian, P. (1993): Vers de nouveaux modèles d’organisation ? In: Sociologie du travail . Num. 1: 57–83.

Vernon, R. (1966): International Investment and International Trade in the Product Cycle. In: Quarterly Journal of Economics. Cambridge, Mai, S. 191–207.

Völker, S. (2010) Der Wandel der Erwerbsarbeit praxeologisch in den Blick genommen. In: M. Frey et al. (Hrsg.) Perspektiven auf Arbeit

Page 550: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

553 Internationale Professionalität

und Geschlecht. Transformationen, Reflexionen, Interventionen. München: Rainer Hampp Verlag. 297-314.

Von Behr, M./Hirsch-Kreinsen, H. (1998): Globale Produktion und In-dustriearbeit. Arbeitsorganisation und Kooperation in Produktions-netzwerken. Frankfurt am Main: Campus.

Voß, G./Pongratz, H. G. (1998): Der Arbeitskraftunternehmer: Eine neue Grundform der Ware Arbeitskraft? S. 131–158 in: KZfSS. 1/1998.

Voß, G. G. (2001): Auf dem Wege zum Individualberuf? Zur Beruflichkeit des Arbeitskraftunternehmers. In: Th. Kurz (Hrsg.), Aspekte des Berufs in der Moderne. Opladen: Leske + Budrich.

Voß, G. G. / Weiss, C. (2005): Ist der Arbeitskraftunternehmer weiblich?. In: : K. Lohr/H. M. Nickel (Hg.) Subjektivierung von Arbeit. Riskan-te Chancen. Münster: Westfälisches Dampfboot: 65-91.

Wächter, H. (2002): Vielfältige Beschäftigungsmuster – einfältige Perso-nalwirtschaftslehre. In: Zeitschrift für Personalforschung 16(4): 476–490.

Wagner, A. (2000a): Arbeiten ohne Ende? Über die Arbeitszeiten hoch-qualifizierter Angestellter. In: Institut Arbeit und Technik: Jahrbuch 1999/2000. Gelsenkirchen, S. 258–275.

Wagner, A. (2000b): Krise des Normalarbeitsverhältnisses: über eine konfuse Debatte und ihre politische Interessenorientierung, in: Schä-fer Claus. (Hrsg.): Geringer Löhne – mehr Beschäftigung? Niedrig-lohn-Politik, Hamburg: VSA-Verl., S. 200–246.

Wagner, A. (2002): Zur Notwendigkeit der Diskussion über gesellschaft-liche Leitbilder – Plädoyer für ein neues Normalarbeitsverhältnis. In: Gerntke et al.: Hart(Z) am Rande der Seriosität?, LIT Verlag, S. 59–86.

Walby, S. (1997): Gender Transformations. London: Routledge. Walby, S. (2007): Theorizing the gendering of the knowledge economy:

Comparative perspectives. In: S. Walby/ H. Gottfried/ K. Gottschall / M. Osawa (eds.) Gendering The Knowledge Economy: Comparative Perspectives. London: Palgrave.

Walgenbach, P. (2006): Neoinstitutionalistische Ansätze in der Organisa-tionstheorie. In: Kieser, A./Ebers, M. (Hrsg.): Organisationstheorien. 6. Auflage, Stuttgart. S. 353–401.

Page 551: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 554

Walgenbach, P. (2002): Neoinstitutionalistische Organisationstheorie — State of the Art und Entwicklungslinien. In: Schreyögg, G./Conrad, P. (Hrsg.): Managementforschung 12. Wiesbaden: Gabler: 155–202.

Walgenbach, P. (1999): Institutionalistische Ansätze in der Organisati-onstheorie. In: Kieser, Alfred (Hrsg.) (1999): Organisationstheorien. Stuttgart: Kohlhammer: 319–353.

Wallace, J. E. (1995): Organizational and professional commitment in professional and non professional organizations. In: Administrative Science Quarterly, 40, 228–255.

Weber, M. (1968) Economy and Society. New York: Bedminster Press. Weber, M. (1988): Politik als Beruf. In: Weber, Max: Gesammelte Politi-

sche Schriften. Tübingen: Mohr: 505–560. Weber, M. (1922: 1972): Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen: Mohr. Weber, H./Königstein, U./Töpsch, K. (1999): Hochleistungsorganisation.

Wettbewerbsfähigkeit und Restrukturierung. München: C.H. Beck. Wedekind, H. (1987): Gibt es eine Ethik der Informatik? In: Informatik

Spektrum 10. Weick, K. E. (1996): Sensemaking in Organizations. Thousand Oaks,

CA: Sage. Weick, K. E./Roberts, K. H. (1993): Collective Mind in Organizations:

Heedful Interrelating on Flight Decks. In: Administration Science Quarterly, 38: 357–381.

Weiss, C./Voß, G. (2005): Ist der Arbeitskraftunternehmer weiblich? In: K. Lohr/H. M. Nickel (Hrsg.): Subjektivierung von Arbeit. Riskante Chancen. Münster: Westf. Dampfboot.

Welch, L. S./Luostarinen, R. K. (1988), Internationalization: Evolution of a Concept. In: Journal of General Management. 14 (2): 36–64.

Weltz, F./Ortmann, R. G. (1992): Das Softwareprojekt: Projektmanage-ment in der Praxis. Frankfurt a. M.: Campus.

Wenger, E. (1998): Communities of Practice: Learning, Meaning, and Identity, Cambridge University Press.

Westney, E./Zaheer, S. (2001) The Multinational Enterprise as an Or-ganisation. In: A. Rugman/T. L. Brewer (Hrsg.): The Oxford Hand-book of International Business. Oxford: Oxford University Press.

Wetterer, A. (Hrsg.) (1992): Profession und Geschlecht, Frankfurt a. M.: Campus.

Page 552: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

555 Internationale Professionalität

Wetterer, A. (1995): Dekonstruktion und Alltagshandeln. In: A. Wetterer (Hrsg.): Die soziale Konstruktion von Geschlecht in Professionalisie-rungsprozessen. Frankfurt a. M.: Campus.

Wetterer, A. (1999): Ausschließende Einschließung – maginalisierende Integration. In: A. Neusel/A. Wetterer (Hrsg.): Vielfältige Verschie-denheiten, Frankfurt am Main: Campus.

Wetterer, A. (2003): Arbeitsteilung und Geschlechterkonstruktionen: Gender at Work in theoretischer und historischer Perspektive. Kon-stanz: UVK.

Wetterer, A. (2005): Rhetorische Modernisierung und institutionelle Ref-lexivität: Die Diskrepanz zwischen Alltagswissen und Alltagspraxis in arbeitsteiligen Geschlechterarrangements. In: Freiburger Frauen Studien. Zeitschrift für Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Ausgabe 15: Arbeit und Geschlecht, S. 75–96.

White, W. H. (1956): The Organization Man. New York: Doubleday Anchor Books.

Whitley, R. (1984): The Fragmented State of Management Studies. In: Journal of Management Studies 21 (3): 331–348.

Whitley, R. (1997): The Institutionalist Approach. In: Organization 4: 289–292.

Whitley, R. (1999): Divergent Capitalism: The Social Structuring and Change of Business Systems. Oxford: Oxford University Press.

Whitley, R. (2000): Introduction: Science Transformed? In: Whitley, Richard: The Intellectual and Social Organization of the Sciences. Oxford: Oxford University Press: IXXLIV.

Whitley, R. (2001): How and Why are International Firms Different? the consequences of cross-border managerial coordination for firm char-acteristics and behaviour. In: R. Whitley (Ed.): The Multinational Firm: organising across institutional and national divides. Ox-ford,Oxford University Press, pp. 27–68.

Whitley, R. (2003): The Institutional Structuring of Organizational Capa-bilities: The Role of Authority Sharing and Organizational Careers. In: Organization Studies 24, 5. 667-695.

Whitley, R. (2005): Developing Transnational Organisational Capabili-ties in Multinational Companies: institutional constrains on authority sharing and careers in six types of MNC. In: G. Morgan et al. (Eds):

Page 553: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 556

Changing Capitalisms?. Oxford: Oxford University Press. S. 235–276.

Wickham J. (2005): Technological and Organisational Choice. INFOWORK report, Employment Research Centre, Dublin.

Wilensky, H. L. (1964): The Professionalization of Everyone? The American Journal of Sociology 70/2: 137–158.

Wilensky, Harold L. (1979): Jeder Beruf eine Profession? In: T. Luckmann & W. M. Sprondel (Hg.): Berufssoziologie. Köln: Kiepenheuer&Wisch. 198-215.

Wilkins, M. (2001) The History of the Multinational Enterprise. In: A. Rugman/T. L. Brewer (Hrsg.) The Oxford Handbook of International Business. Oxford: Oxford University Press.

Williamson, O. E. (1985): The Economic Institutions of Capitalism. Firms, Markets, Relational Contracting. Free Press.

Wilz, S. M. (2002): Organisation und Geschlecht – strukturelle Bindun-gen und kontingente Kopplungen, Opladen: Leske + Budrich.

Windeler, A. (2001) Unternehmungsnetzwerke. Konstitution und Strukturation. Wiesbaden: Wesdeutscher Verlag.

Windolf, P. (Hrsg.) (2005): Finanzmarktkapitalismus: Analysen zum Wandel von Produktionsregimen. In: Kölner Zeitschrift für Soziolo-gie und Sozialpsychologie. Sonderheft 45.

Winker, G. (Hrsg.) (2001): Telearbeit und Lebensqualität. Zur Integrati-on von Beruf und Familie, Frankfurt a. M.: Campus.

Winker, G./ Preiß, G. (2000): Unterstützung des Frauen-Alltags per Mausklick? Zum Potenzial elektronischer Stadtinformationssysteme. In: Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlechterstudien, Nr. 1 u. 2, S. 49-80.

Winker, G./Oechterring, V. (Hrsg.) (1998): Computernetze – Frauenplät-ze. Frauen in der Informationsgesellschaft. Opladen: Leske + Budrich.

Wittke, V. (1990): Systemische Rationalisierung – zur Analyse aktueller Umbruchprozesse in der industriellen Produktion. In: Bergstermann, R.; Brandherm-Böhmker, R.: Systemische Rationalisierung als sozia-ler Prozeß. Bonn, S. 23-41.

Witz, A. (1990): Professions and Patriarchy, London: Routledge.

Page 554: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

557 Internationale Professionalität

Womack, J. P./Jones, D. T./Roos, D. (1990): Die zweite Revolution in der Automobilindustrie, Frankfurt a. M.: Campus.

Woodfield, R. (2000): Women, work, and computing. Cambridge, UK; New York: Cambridge University Press.

Yancey Martin, P. (2003): „Said and Done“ versus „Saying and Doing“. Gendering Practices, Practicing Gender at Work. In: Gender & Soci-ety, 17(3), 342–366.

Yancey Martin, P. (2004): Gender as Social Institution, in: Social Forces, 82(4), 1249–1273.

Zabusky, S. E./Barley, S. R. (1996): Redefining Success: Ethnographic Observations on the Careers of Technicians. In: P. Osterman (Ed.): The Broken Ladder: Managerial Careers in Transition. Oxford: Ox-ford University Press.

Zander, U./Kogut, B. (1995) Knowledge and the Speed of the Transfer and Imitation of Organizational Capabilities: An Empirical Test Or-ganization. In: Organization Science, Vol. 6, no. 1, pp. 76–92.

Zilber, T. (2006): The Work of the Symbolic in Institutional Processes: Translations of Rational Myths in Israeli High Tech. In: Academy of Management Journal 49 (2):281–303.

Zucker, L. G. (1977): The Role of Institutionalization in Cultural Persis-tence. In: American Sociological Review 42: 726–743.

Zucker, L. G. (1983): Organizations as Institutions. In: Bacharach, S. B. (Ed.): Advances in Organizational Theory. Research in the Sociology of Organizations, Vol. 2. Greenwich: 1–47.

Zucker, L. G. (1987): Normal Change or Risky Business: Institutional Effects on the ‚Hazard‘ of Change in Hospital Organizations 1959–1979. In: Journal of Management Studies 24: 671–700.

Zucker, L. G. (1987a): Institutional Theories of Organization. In: Annual Review of Sociology 13: 443–464.

Zucker, L. G. (1988): Where Do Institutional Patterns Come From? Or-ganizations as Actors in Social Systems. In: Zucker, L. G. (Ed.): In-stitutional Patterns and Organizations. Culture and Environments. Cambridge, MA: Ballinger: 23–49.

Zucker, L. G. (1989): Combining Institutional Theory and Population Ecology: No Legitimacy, no History. In: American Sociological Re-view 54: 542–545.

Page 555: Internationale Professionalit¤t: Transformation der Arbeit und des Wissens in transnationalen Arbeitsfeldern

Internationale Professionalität 558

Zucker, L. G. (1991): The Role of Institutionalization in Cultural Persis-tence. In: Powell, W. W./DiMaggio, P. J. (Eds.): The New Institu-tionalism in Organizational Analysis. Chicago: University of Chi-cago Press: 83–107.

Zuckerman, E. W. (2003): On Networks and Markets. In: Journal of Economic Literature XLI,2: 545-565.


Recommended