INTERKULTURELLES LERNEN IN
DER GRUNDSCHULE Einbindung anderssprachiger Schüler
ÜBERSICHT
1. Einstieg: Deutschland: Eine
multikulturelle Gesellschaft
2. Das Angebot einer interkulturellen
Pädagogik und das interkulturelle
Lernen
3. Interkulturelle Sprachliche Bildung
4. DAZ : Deutsch als Zweitsprache
Sprachliche Förderung und Integration von
Kindern mit Migrationshintergrund
„Wir sind aus Sri Lanka nach Deutschland gekommen, als ich vier war. Mit
meinen Eltern und Geschwistern habe ich mich natürlich weiterhin auf
Tamil unterhalten, aber so nach und nach kam dann der Spracherwerb im
Deutschen, vor allem im Kindergarten und dann in der Schule.[…] Ich hatte
keine größeren Probleme mit der deutschen Sprache, gut, ich hatte in den
ersten drei Jahren einen Akzent, aber mit der Sprache an sich war es
eigentlich einfach.“ Pria, 22 Jahre
„Spanisch war bis zu meinem 12. Lebensjahr die einzige Sprache für mich
und dann änderte sich alles von heute auf morgen, als ich zu meiner Mutter
nach Deutschland kam. Außer zu Hause mit meiner Mutter war plötzlich
überall die deutsche Sprache angesagt, in der Schule, auf dem Spielplatz, bei
den Nachbarn, beim Einkaufen usw. Das war sehr hart am Anfang, aber ich
habe schnell gelernt.“ Carmen, 23 Jahre
„Ich kam mit vier Jahren von Eritrea nach Deutschland, ja und dann ging es
eigentlich relativ schnell mit dem Deutsch lernen. Ich war mit meiner
Schwester zwei Jahre lang im Kindergarten, […] ich weiß noch, dass meine
Schwester und ich doch sehr verschüchtert waren, wir saßen Händchen
haltend in der Ecke und haben kein Wort rausgebracht. […] Ich glaube schon,
dass man eingeschüchtert ist, wenn man die Sprache nicht kann und sich
einfach nicht mitteilen kann. Mariam, 27 Jahre
DEUTSCHLAND - EINE MULTIKULTURELLE
GESELLSCHAFT
Menschen unterscheiden sich bezüglich:
- gemeinsamer Erfahrungen
- Herkunft
- Sozialisation
- Art der Wahrnehmung
- Denken
- Selbstdefinition
- Gestaltung sozialer Beziehungen
- Sprachkenntnissen
- finanzieller Ressourcen
- Lebensperspektiven
„Multikulturelle Gesellschaft, eine Gesellschaft, in
der Menschen unterschiedlicher Kulturkreise unter
Wahrung ihrer sozialen und kulturellen Identität
zusammenleben; die m. G. ist eine Ausprägungsform
der pluralistischen Gesellschaft. […] Nicht eindeutig
einzugrenzen ist, worin das spezifisch Kulturelle der m.
G. besteht. Mit Sicherheit gehören dazu die
Religionsfreiheit, die Erhaltung der eigenen Sprache
sowie der eigenen Wertvorstellungen, soweit diese nicht
das friedliche Zusammenleben in einer pluralistischen
Gesellschaft in Frage stellen. – Als bewusst gemachte
Situationsbeschreibung ist die m. G. ein Aufruf zur
Toleranz gegenüber allem Fremden und damit zum
Abbau von Aggressionen von Minderheiten.“
Goldmann Lexikon, 1998 Bertelsmann Lexikon Verlag :
Band 15, S. 6812
Kinder lernen Toleranz https://www.youtube.com/watch?v=6ATrQVfvxIk
FAKTEN UND ZAHLEN
Definition: Multi – kulturell
Multi = viele, mehrere
„Multikulturell“ bezeichnet also eine Situation, in
der mehrere Kulturen miteinander in Beziehung
stehen.
DAS ANGEBOT EINER INTERKULTURELLEN
PÄDAGOGIK UND DAS INTERKULTURELLE
LERNEN
kompetente Gestaltung der Beziehungen und
Bildungsprozesse von Menschen in kulturell
heterogenen Gruppen
der Blick auf Anderes und Fremdes wird immer
vom eigenen Selbst aus geleitet und konstruiert
die reflektierte Auseinandersetzung mit
Menschen, mit anderen soziokulturellen
Hintergründen kann nur auf Grundlage der
Bewusstwerdung der eigenen – ganz
individuellen – kulturellen Verortung
funktionieren
„Das Anderssein der anderen
als Bereicherung des eigenen Seins begreifen;
sich verstehen,
sich verständigen,
miteinander vertraut werden,
darin liegt die Zukunft der Menschheit.“
Rolf Niemann
Individuelle Förderung – Jedes Kind ist anders https://www.youtube.com/watch?v=te74nt3bdfg
WAS IST UND WAS WILL
INTERKULTURELLE PÄDAGOGIK?
Grundgedanke alle Kinder auf ein Leben in einer heterogenen Gesellschaft vorbereiten
Gemeinsames Bemühen um ein friedvolles Zusammenleben, geprägt von Akzeptanz und Respekt allen anderen Kindern gegenüber
Eine Art Strategie, welche es ermöglicht, das Leben in einer multikulturellen Gesellschaft bewältigen zu können
Wichtig: interkulturelle Pädagogik als durchgängiges Prinzip verstehen; d.h. „Bedürfnisse, Gewohnheiten, Traditionen und Rituale, Normen und Werte einheimischer und zugewanderter Familien durchgängig in der alltäglichen und ganzheitlichen Erziehung mit zu denken (sind)“ Elke Schlösser, 2004, S.10
geprägt durch ein Prinzip der Gleichheit und
Prinzip der Anerkennung
alle Adressaten interkultureller Pädagogik
(Kinder, Eltern, Lehrer, Erzieher) müssen sich
eigene Vorteile und kulturelle Prägungen
bewusst machen, um vorteilsbewusst handeln zu
können
Kinder müssen die Chance haben, sich in den
Angeboten der Schule wiederfinden zu können
und somit die Achtung und Wertschätzung ihrer
Sprache und Kultur erfahren
„Du bist angenommen, so wie du bist“
Fazit: konsequent sowohl interkulturell und
vorurteilsbewusst als auch antirassistisch und
antidiskriminierend arbeiten
INTERKULTURELLES LERNEN
„Interkulturelles Lernen ist eine ganz normale,
selbstverständliche Reaktion auf vielfache
Veränderungen der Wirklichkeit, auf die
existierende Verschiedenheit“
H. Hunfeld
Voraussetzungen:
Förderung der Mehrsprachigkeit durch eine Vielfalt
von Sprachen und Kulturen
Leben von Menschen unterschiedlicher Sprachen und
Kulturen nebeneinander und miteinander
Voneinander und miteinander lernen bedeutet, von
gemeinsamer Verschiedenheit lernen
Schüler erweitern ihre Erfahrungen bei Begegnungen
mit dem für sie Fremden
Sie akzeptieren und respektieren das Andere und
bringen eigene und fremde Sichtweisen zusammen
Sie entwickeln eine Offenheit gegenüber neuen Ideen
und Wertvorstellungen und können so ihr eigenes
Verhalten reflektieren und eventuell Haltungen bei
gemeinsamen Arbeits- und Lernformen ändern
Deutschunterricht für Migrantenkinder
https://www.youtube.com/watch?v=U0VEnQrie1Q
Definition Sprache:
„Sprache ist ein, auf kognitiven Prozessen
basierendes (…) Mittel, zum Ausdruck bzw. dem
Austausch von Gedanken, Vorstellungen,
Erkenntnissen und Informationen, sowie zur
Fixierung und Tradierung von Erfahrungen und
Wissen.“
(Bussmann, 1990 S. 699)
INTERKULTURELLE SPRACHLICHE
BILDUNG
Kinder erwerben Sprache in ihrer eigenen Familie als kulturelle Ausdrucksform
Spracherwerb = sozialer Prozess
umfasst nicht nur grammatikalische Strukturen der Sprache, sondern auch soziale Regeln der Kommunikation und die Körpersprache
Das heißt: das sprachliche Repertoires jedes Menschen ist eine Art Spiegel seiner sozialen Herkunft und seiner kulturellen Erfahrungen
Ziel: alle Schüler/innen in einem selbstbewussten Umgang mit ihrer sprachlich – kulturellen Identität zu stärken und sie zum Erwerb neuer sprachlich - kultureller Kompetenzen zu motivieren und befähigen (dies ermöglicht gleichberechtigte Teilhabe in der Schule und der Gesellschaft)
MODELL FÜR DIE „SPRACHLICHE
PLURALISIERUNG DER SCHULE“
(1) Erweiterung des Schulsprachenangebots unter
Berücksichtigung der in der Umgebung der
Schule gesprochenen Sprachen
(2) Überwindung der Monolingualität beim Lernen
im Medium von Sprache (z.B. bilinguale
Modelle, in denen Sachfächer in
Migrantensprachen unterrichtet werden)
(3) Berücksichtigung des Lernens unter
Bedingungen von Mehrsprachigkeit in allen
Schulfächern
Ingrid Gogolin
Ziel:
Das Konzept einer interkulturellen
sprachlichen Bildung soll sich an ALLE
Schüler und Schülerinnen richten!!
Der Unterricht soll so gestaltet werden, dass
er für jedes Kind passt!!
Integration der Herkunftssprache in
den Gesamtunterricht Schüler
können aktiver am Unterricht
teilnehmen und werden nicht von der
Gesamtgruppe getrennt unterrichtet
DAZ: DEUTSCH ALS ZWEITSPRACHE SPRACHLICHE FÖRDERUNG UND INTEGRATION VON KINDERN MIT
MIGRATIONSHINTERGRUND
Ziel:
möglichst gute Integration in das Schulwesen
und das Erreichen schulischer Abschlüsse
fördern
einen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung von
Schülerinnen und Schülern unter bikulturellen
Bedingungen leisten
Mädchen und Jungen in Ihrer Individualität
stärken, Unterschiede im Lernen berücksichtigen
DAZ als Lernbereich für DAZ Kinder in
Kooperation mit Inhalten, Zielen und Methoden
des allgemeinen Unterrichts zu etablieren
WIE FUNKTIONIERT DAZ?
der Rahmenplan geht vom Lernenden aus
die individuellen Lernprozesse und Anstrengungen stehen im Mittelpunkt: es wird die Fähigkeit des Lernenden gefördert, sich Sprache selbstständig anzueignen und in Eigeninitiative zu erwerben
Offene Unterrichtsgestaltung, die auf die individuellen Bedürfnisse und Erfahrungen der Lernenden eingeht
dabei soll der Lehrende mehr ein Begleiter sein im Spracherwerbsprozess
KEIN isoliertes Sprachtraining, Einbeziehung in den Regelunterricht
der Unterricht übernimmt die Synchronisation
ungesteuerter und gesteuerter Erwerbsprozesse
verläuft vorwiegend ungesteuert
findet zumeist in heterogenen Lerngruppen statt:
Die Kinder sprechen dabei Deutsch auf stark
differierenden Niveaus und vertreten viele
unterschiedliche Erstsprachen
nicht nur DAZ – Unterricht, um Deutsch zu
lernen, sondern von Anfang an in allen Fächern
in dieser Sprache unterrichtet zu werden
dabei zwei Richtungen:
spezifische DAZ – Unterricht: fachliche Inhalte
allgemeiner Unterricht: DAZ – didaktische
Elemente
WIE LÄSST SICH DAS KONZEPT EINES
INTEGRATIVEN DAZ – UNTERRICHT IM
SCHULALLTAG UMSETZEN?
Lehrkräfte brauchen Kenntnisse über DAZ, um die Sprache der Kinder und um die Qualität von Lernangeboten beurteilen zu können
der Sprachhintergrund der Kinder ist Voraussetzung für die Wahrnehmung und Entfaltung der Sprache
Ziel: kindgerechte Sprachförderung
Einbeziehung der Erstsprachen Anerkennung der Sprachkompetenz und Nutzung des mit der Erstsprache erworbenen Welt- und Sprachwissens
Offenheit und Vertrauen in die erstsprachlichen Kompetenzen der Kinder
verschiedene Formen der Gruppenarbeit:
Lernen in der Ganzen Gruppe
Arbeit mit Kleingruppen
individuelles Lernen
Aufgaben sollten so konzipiert sein, dass möglich
viele Kinder sprachlich aktiv sein können
Verbindung von Sprach- und Sachlernen
Entwicklung einer Frage- und Nachfragekultur
MATERIALKISTE
Lernmaterialien (Spiele, CD-Roms)
Lehrwerke für DAZ (Werkstatt Deutsch als
Zweitsprache, Schroedel Verlag, Hannover 2003)
Bildkarten, Bilderbücher
Liederbücher
Kinderbücher, Hörspiele
Anderssprachige Materialien
Wörterbücher, Lexika (kindgerecht)
"Es ist keineswegs sicher, dass es
besser wird, wenn es anders wird,
aber so viel steht fest, dass es
anders werden muss, wenn es
besser werden soll."
Georg Christoph Lichtenberg
Literaturliste:
• Fürstenau Sara: Interkulturelle Pädagogik und Sprachliche Bildung, Springer Fachmedien Wiesbaden, 2012
• Stephanie Stangier und Eva-Maria Thoms: Eine Schule für alle – Inklusion umsetzen in der Sekundarstufe, Verlag an der Ruhr, 2012
• Schroedel Verlag: Deutsch als Zweitsprache – Grundlagen, Übungsideen, Kopiervorlagen zur Sprachförderung, 2010
• Gabriele Kniffka, Gesa Siebert – Ott: Deutsch als Zweitsprache – Lehren und Lernen, Verlag Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn, 2007
• http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61649/migrationshintergrund-ii
• http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61646/migrationshintergrund-i
• http://www.kindergartenpaedagogik.de/1525.html
• http://www.fruehpaedagogik.uni-bremen.de/handreichungen/B10Interkult.Kompetenzen%28CF%29.pdf
• http://grundschule.bildung-rp.de/fileadmin/user_upload/grundschule.bildung-rp.de/Downloads/Migrationshintergrund/Rapla_DaZ_Druckfassung.pdf
• http://daz-lernwerkstatt.de/