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Haustiergesch. BOD 2 file3 Inhalt Prolog . 3 Henne Margot und Jagdhund Rex . 5 Broiler Namenlos . 10...

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Ernst Woll Nicht alltägliche Haus- und Heimtiergeschichten 1. Auflage 2009 Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt ISBN: 978-3-837085-53-2

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Inhalt Prolog . 3 Henne Margot und Jagdhund Rex . 5 Broiler Namenlos . 10 Henne Paula – Jahrgang 1943 . 14 Käfighenne X - Jahrgang 1995 . 20 Wellensittiche . 27 Kleinnager und Reptilien . 41 Haushahn, Ganter und Hund . 48 Leistungen eines Blindenführhundes . 62 Von klugen und guten oder bissigen Hunden . 69 Schicksale von Hauskaninchen . 79 Ziege Hanne . 89 Hausschweinegeschichten. 94 Epilog . 119 Prolog

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Die Lebensläufe von uns Menschen beginnen in der Regel mit den Worten: Ich (Vor- und Zuname) wur-de am (Datum) in (Ort) geboren. Als Kind des Ehe-paares –die jüngere Generation kann damit seltener aufwarten, weil wenige heiraten oder vielfach allein erziehen wollen - (Name des Vaters und/oder der Mutter) und wuchs in (Ortsnamen) auf. Könnten Haustiere sprechen und schreiben würden ihre Le-bensgeschichten in ähnlicher Weise anfangen und in der Folge viele weitere interessante Geschehnis-se beinhalten. Mitmenschen ehren wir besonders nach ihrem Tod, indem wir oft und viel an hervorra-gende Lebensleistungen erinnern und diese häufig aufzeichnen. Manche schreiben aber das Erlebte – meistens die guten Seiten – schon zu Lebzeiten auch selbst auf, das nennen sie dann ihre Memoi-ren. Unsere Mitgeschöpfe verdienen es, dass wir ihre Lebensgänge ebenfalls darstellen, ohne sie könnten oft viele menschliche Taten gar nicht voll-bracht werden. Darüber hinaus müssen wir unbe-dingt die vielen bekannt gewordenen Ereignisse aufschreiben, bei denen die Tiere in ihrer jeweils besonderen Eigenart unser Leben bereichern, uns manche Freude bereiten und uns helfen mit Trauer und Schicksalsschlägen besser fertig zu werden. Sie lassen uns häufig über ihre besonderen Fähig-keiten staunen. Im Übrigen betrachten aber einige Menschen ihr Haustiere als Sache und nehmen ihre Verantwortung zur artgerechten Haltung und zum fachgerechten Umgang ungenügend wahr. Diese Tatsachen offen zu legen zwingt hoffentlich zum Nachdenken über die bekannten Sprüche: „Quäle

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nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz“, und „Tierschutz ist Menschenschutz“. Vögel gehören nicht zu den lebend gebärenden Tie-ren, ihre Lebensläufe beginnen deshalb mit dem Satz: Ich schlüpfte am (Datum) unter einer Henne, einem Vogel oder in einem Brutkasten aus dem Ei und erblickte das Licht der Welt. Henne Margot und Jagdhund Rex

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Zuchthenne Margot ist 4 Jahre alt, fühlt sich aber nicht wie eine 80jährige Frau, obwohl die Menschen immer so sonderbare Vergleichsrechnungen anstel-len. Z.B. soll ein Jahr Hühnerleben zwanzig Jahren Menschenleben entsprechen und ein 16jähriger Hund wird mit 80jährigen Menschen verglichen. Im Jahre 1986 schlüpfte sie in einem Brutschrank aus einem Ei. Ihre Besitzer riefen sie gern Margot, das war der Vorname der Bildungsministerin der DDR. Ob das Absicht war? Die Lehrer dieses Staates wählten wegen sonderbarer Entscheidungen manchmal diesen Vergleich mit einem Huhn, dem ein kleines Gehirn - Indiz für mangelndes Denkver-mögen - nachgesagt wird. Hier irrten sie aber, denn Hühner können gelehrige Tiere sein, das beweisen hervorragende Dressuren. Margots erster Lichtblick erfolgte durch ein kleines Loch in einer Ei-Schale, das sie selbst herauspicken musste. Als sie Leben in sich fühlte entstand das Bedürfnis, der Enge zu entfliehen und die Umge-bung kennen zu lernen. Nur waren ihre ersten Beo-bachtungen bedrückend: Um sie herum wimmelte es von ihresgleichen und die Enge in der großen Gemeinschaft war jetzt unangenehmer als das Al-leinsein im Ei. Sie hatte kein Zeitempfinden, aber wahrscheinlich schon nach kurzer Zeit rutschte sie auf einer glatten schiefen Ebene zusammen mit unzähligen Hühnchen in einen großen Behälter. Einen derartigen Eintritt ins Leben, bei dem in der Folge ein Greifer sie erfasste, hatte sie nicht erwar-tet. Sie verspürte unheimliche Angst und merkte instinktiv, der Greifer, eine Hand, die sie fest um-

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schloss, das war etwas Gefährliches. Mit einer ganz modernen Methode erfolgte nun das „Sexen“ eine Geschlechtsbestimmung; damit begann aber Mar-gots Glückssträhne. Sie und alle weiblichen Tiere sollten als Legehennen oder in der BRD als Mast-hähnchen bzw. in der DDR als Broiler heranwach-sen. Ihre männlichen Artgenossen dagegen wurden in einer Gaskammer getötet und anschließend in einer Tierkörperverwertungsanstalt zu Tierfutter verarbeitet. Sie erfuhr eine weitere Vergünstigung, sie kam mit wenigen anderen in einen kleinen kom-fortablen Stall und musste sich zur Zuchthenne entwickeln. Dafür gab sie sich auch alle Mühe, denn nicht nur ihre reinrassige Abstammung, sondern vernünftige Ernährung, stabile Gesundheit und Be-wegung bildeten die Voraussetzung zur Erreichung dieses Zieles. Ihre bewusste Lebensführung brach-te ihr dabei einen erneuten Vorteil, sie wurde von einem LPG-Bauern (Landwirtschaftliche Produkti-onsgenossenschaft) ausgewählt, der sie im Alter von 4 Wochen kaufte. Für die Genossenschafts-bauern der DDR war die individuelle Tierhaltung, der sie nun angehörte, eine zusätzliche Einnahme-quelle. Die Nutztiere kamen deshalb dort in beste Pflege. Alle wunderten sich, dass besonders Margot in ihrer Gruppe von 8 Hühnern der Liebling des stolzen gut aussehenden Hahnes wurde. Vielleicht deshalb, weil sie eine kräftige Statur und feste, dralle Mus-keln besaß? Das fehlte vielen ihrer Rasse, den Weißen Leghorn, die für hohe Legeleistung mit nur geringem Fleischansatz gezüchtet wurde. Der Bau-er wollte jedoch Hühner, die nach dem „Able-

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gen“ auch noch eine Fleischausbeute erbringen. Damit ist hier nicht das Entkleiden gemeint, sondern das Ende der Legeperiode eines Huhnes. Ihrem molligeren Körper und die enge Freundschaft mit dem Hahn verdankte sie es außerdem, dass man vorwiegend ihre Eier für die Nachzucht auswählte und sie einige Male brüten durfte; diese natürliche Vogeltätigkeit gönnt man heute leider nur noch we-nigen Haushühnern. Dem Bauer könnte man es aber übel nehmen, dass er sie betrog; er legte ein-mal Enteneier zum Brüten in ihr Nest. Das begüns-tigte wahrscheinlich sogar einen tragischen Unfall. Sie wunderte sich über die komischen Laute, die ihre Kleinen nach dem Schlüpfen von sich gaben. Etwas erstaunt betrachtete sie auch ihre Küken, die alle so sonderbare runde, gar nicht hühnerähnliche Schnäbel hatten. All das schob sie als Laune der Natur von sich, sie wusste, jeder Vogel hat sein in-dividuelles Aussehen. Margot bekam aber ein un-lösbares Problem. Sie ging mit ihren Schutzbefoh-lenen am Dorfteich entlang, als diese plötzlich ins Wasser sprangen, wohin sie nicht folgen konnte. Mit lautem Gegacker, das aber die Entlein nicht zu ver-stehen schienen, befahl sie die Ausreißer, die nicht gehorchten, zurück zu kommen. Ratlos lief sie hin und her, als plötzlich der Jagdhund Rex, der sich selbst befreit hatte, näher kam. Um dessen Auf-merksamkeit auf sich und von ihrem Nachwuchs ab zu lenken rannte sie kurz entschlossen dem Vier-beiner entgegen. Rex war ein so genannter Hühnerbeißer, deshalb untauglich für die Jagd und sollte schon als junger Hund getötet werden. Sein nunmehr 5jähriges

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Überleben verdankte er den Kindern des Bauern, die ihn damals, als sein Schicksal besiegelt schien, einige Wochen versteckt hielten und damit retteten. Seine Unart, alles was Federn hat und er erhascht sofort tot zu beißen, konnte ihm niemals abgewöhnt werden. Den Besitzer, einen passionierten Jäger, rührte in diesem Falle die Tierliebe seiner Spröss-linge und der Rüde wurde nicht eingeschläfert. Fortan lag oder stand er, arretiert an einer 5m lan-gen Kette, vor seiner Hütte und guckte oft sehr trau-rig. Ob dieses Leben „hundegerecht“ war, bleibt dahingestellt. Kinder begrüßte er immer mit hefti-gem freudigem Ausdruck, sie waren für ihn die ein-zigen, die manchmal für Abwechslung sorgten. Sie gingen hin und wieder mit ihm spazieren, mussten ihn allerdings immer an der Leine führen. In der Landwirtschaft gab es in der Vergangenheit oft ein anderes Verhältnis zu den Haustieren als in der Stadt; Nutztiere, die Lebensmittel lieferten, erfuhren größere Wertschätzung als alle anderen. Hunde führten außerdem in der Land- und Forstwirtschaft einen harten Existenzkampf. Ihre Aufgaben als Wächter für Haus und Hof, oder Helfer beim Hüten und bei der Jagd drohten oft durch technische Ein-richtungen ersetzt zu werden. Rex war dazu nur ein „Geduldeter“, ja sogar „Nutzloser“, der nun mit sei-nem Ausbüxen sogar zum „Wiederholungstä-ter“ wurde. Sein Opfer war Margot, die wie durch ein Wunder lebend, jedoch verletzt seinen Attacken entkam. Ursächlich waren mehrere günstige Um-stände für die Rettung dieser Henne von Bedeu-tung. Dem Hund war jahrelang kein Huhn so Nahe gekommen, dass er es fangen konnte, ihm fehlte

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deshalb die Übung. Margot wehrte sich mit kräfti-gem Flügelschlag und gebärdete sich wie toll, so dass der einst gewandte aber jetzt des Kampfes entwöhnte Rex sie zunächst nur am Bein erwischte, wo er den tödlichen Biss nicht anbringen konnte. Auf der Straße in unmittelbarer Nähe fuhr der 16jährige Sohn des Bauern auf einem Fahrrad ent-lang. Er sah das Unheil, sprang vom Rad, ließ es fallen und rannte querfeldein zur Kampfstätte. Mit geübtem Griff zog er den Hund von seinem Opfer weg. War es Zufall oder Fügung des Schicksals, dass in diesem Moment dieser Mensch eingriff, der ehemals das Hundeleben mit rettete, der dieses Tier bändigen konnte und dem Tierschutz Herzens-sache war. Es klingt fast unwahrscheinlich, aber es ist wahr, ein Bauernsohn, ein Kind vom Lande, bringt die verletzte Henne schnell zum Tierarzt. Sie wurde geheilt, das Leben dieses Muttertieres, das sich so tapfer für ihre Kleinen eingesetzt hatte, konnte erhalten werden! Sie vermochte weiterhin ihre Küken, selbst wenn es so genannte Kuckucks-kinder waren, zu schützen. Broiler Namenlos

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Als er sich 1991 aus dem Ei befreite war er schon Massenware und ein Namenloser. Kaum geschlüpft musste er sein Geschlecht leugnen, er war weib-lich, aber fortan der Broiler. Noch schlimmer, jetzt nach der Wende sollte auch im Osten Deutschlands eine Umbenennung in Masthähnchen erfolgen. Goldhähnchen kannten die Menschen der DDR nicht, mit Goldbroiler wussten sie aber etwas anzu-fangen. Hätte man Namenlos von vornherein verra-ten, dass sein reichliches gieriges Fressen Leben verkürzend wirkt, wäre er vielleicht etwas zurückhal-tender gewesen. Genutzt hätte das jedoch auch nicht viel, er war eher früher als später zum Sterben für die Esslust der Menschen bestimmt. Ein baldige-rer Tod bewahrte ihn sogar vor gesundheitlichen Qualen; warum? Ganz einfach: Als Abkomme einer Hybridzüchtung, seine Vorfahren waren vor Jahr-zehnten aus einer Kreuzung von Lege- und Mast-rassen entstanden, fehlte ihm die Vitalität für ein langes Leben. Durch diese Paarungen kam es zu einem deformierten Körperbau. Bewegungsarmut kommt hinzu. Beim Älterwerden führt das zu Ge-lenkentzündungen und Schmerzen. Letztlich ver-buchten aber diese ausschließlich für Mastzwecke gezüchteten Tiere einen Vorteil, auch die männli-chen Nachkommen brauchten nicht mehr getötet zu werden, sie eigneten sich ebenfalls für die Mast. Früher, als auch die Küken von Legerassen gemäs-tet wurden, waren die männlichen Tiere Aus-schussware, wie es die Henne Margot, wie aus den 1980er Jahren beschrieben, von ihren Mitküken noch erlebte. Namenlos blieb diese Feststellung

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ebenso verborgen wie seine Abstammung, Ahnen-forschung ist ausschließlich ein Privileg der Men-schen. Halt, an dieser Stelle darf der Autor, der als Stellvertreter die Lebensgeschichten für die Tiere aufschrieb, Gedanken zu diesem Sonderrecht ein-fügen. Zufriedener können allerdings Namenlos und alle seine Mitgeschöpfe leben, wenn sie gar nicht wissen, wer ihre Eltern, Groß- und Ur, Ur…Großeltern waren und was diese taten. Für Menschen kann es manchmal belastend sein, wenn sie erfahren, dass ihre Ahnen nicht immer als fried-volle, anständige Bürger lebten und handelten. Be-sonders die jüngste Geschichte ist reich an Beispie-len, nach denen auch bei Prominenten Vorfahren auftauchten, die z.B. im 3. Reich oder in anderen Diktaturen nicht immer human gehandelt hatten. Kurzum, Namenlos lebt, wie alle Tiere, dem Augen-blick, er macht sich keine Gedanken über Vergan-genheit und Zukunft. Seine Haltungsbedingungen sind im Übrigen nicht gerade angenehm. Zur kriti-schen Beurteilung seiner Lage fehlen ihm aber Ver-gleiche zu anderen Haltungsformen. Er verbringt Tag und Nacht im Dunklen, kann sich aus Platz-mangel kaum nieder hocken. Die Anzahl seiner Mit-gefangenen blieb seit der Einstallung, als sie noch kleiner waren, fast gleich. Auch verendete Tiere, die man dazu im Stall oft lange liegen ließ, brachten keine spürbare Auflockerung. Es gefiel ihm gar nicht, dass Verletzte nicht separiert wurden. Diese konnten oft den Attacken einiger bösartiger Mitge-schöpfe, die Freude daran hatten anderen mit ihren spitzen Schnäbeln blutende Wunden zu zufügen, nicht entfliehen. Als Unart bezeichnet man dieses

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gegenseitige Verletzen, ohne daran zu denken, dass daran ursächlich die enge und unnatürliche Haltung Schuld trägt. Außerdem erlebte Namenlos auf der Bodenintensivhaltung nie einen Wechsel der Einstreu, es roch deshalb immer sehr unangenehm nach Ammoniak. Das reizt die Atemwege, macht krank und Vögel können, das kommt quälend hinzu, nicht befreiend husten. Menschen würden es sich bestimmt nicht gefallen lassen, ständig auf den ei-genen Ausscheidungen leben zu müssen. Namen-los hat kein Zeitempfinden, aber meint schon viele Tage in dieser Umgebung zu sein, er hat schnell zugenommen und wurde bestimmt – ein erhabenes Gefühl - zeitig erwachsen. Das Ziel, mündig und selbständig zu werden wünschen sich die aufrecht gehenden Zweibeiner von Kindesbeinen an schnell herbei. Tiere bleiben dagegen ewig abhängig. Plötzlich schmerzen den fast fertig gemästeten Broi-ler die Augen, die von einem grellen Lichtschein getroffen werden. Er und mit ihm alle anderen – es müssen hunderte sein - rennen dem Licht entge-gen durch die geöffneten Türen ins Freie. Namenlos kann sich das Geschehene nicht erklären, aber die Menschen erzählen dazu eine fast unglaubliche Geschichte. Ansonst auf vielen Gebieten durch un-terschiedliche Entwicklungstendenzen gekenn-zeichnet gibt es aber in der Hähnchenmast in BRD und DDR in den für die Tiere qualvollen Haltungen Gemeinsamkeiten. Im Westen dürfen die Menschen gegen alles und auch dagegen protestieren, aber Verbesserungen gestalten sich schwierig und ge-hen nur langsam voran. Im Osten ist Widerstand von vornherein verboten. Nach der Wiedervereini-

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gung formieren sich in den neuen Bundesländern sehr schnell Tierschutzvereine, die nun nach den Vorbildern in den alten Bundesländern ihre Erbitte-rung über die Tierquälerei nicht nur in Worten son-dern auch in Taten zum Ausdruck bringen wollen. So wird in einer industriellen Broilermast – hier le-ben tausende Tiere unter schwierigsten Bedingun-gen – eine Befreiungsaktion durchgeführt. Es war kein Glücksfall für Namenlos, dass der Stall, in dem er sich befand, auserwählt wurde. Die Zeit der Frei-heit war kurz und das Zurücktreiben in die Unter-kunft grauenvoll. Alles stürzte übereinander und wahrscheinlich blieben auch einige erstickt oder durch zu hohe Kreislaufbelastung zu Tote gekom-men auf der Strecke. Trösten kann er sich damit, dass durch die Aktion ein Zeichen gesetzt wurde, das aber letztlich sein Schicksal auf einem Spies gebraten zu werden nicht veränderte. Könnte er die Bilder sehen, auf denen die Personen genussvoll in Broilerkeulen beißen, würde er vielleicht mit seinem schweren Los etwas ausgesöhnt. Er hätte zumin-dest ein wenig Freude vermittelt, die jedoch für die Menschen noch größer sein würde, wenn sie wüss-ten, die Haltung der Tiere, die sie verspeisen, war artgerecht und weniger qualvoll. Henne Paula - Jahrgang 1943

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„Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder, das ist zu schön, um wahr zu sein…“ Der Anfang dieses bekannten Schlagers könnte der Leitspruch für den Lebensweg der Henne Paula sein, die im Sommer 1943 unter einer lebenden Glucke aus dem Ei schlüpfte. Ihre Eltern waren reinrassige „Schwarze Italiener“. Ein 12jähriger Junge züchtete in einem kleinen Bauernhof in einer Ostthüringer Kleinstadt solche Tiere. Den Hahn, den wirklichen feststellba-ren leiblichen Vater von Paula, hatte er auf einer Geflügelausstellung erworben, ein mit einer Silber-medaille preisgekröntes Tier. Der Goldmedaillenträ-ger und Ausstellungssieger wäre zu teuer gewesen, aber hinsichtlich des stolzen Gebarens war der ge-kaufte Gockel unübertroffen. Außerdem zeichneten ihn aus: Schwarzes glänzendes Gefieder, wohlge-formter, kräftiger Körper und rassegerechter roter Kamm. Die 8 Hennen, die er befehligte, bewachte und betreute fühlten sich unter seiner Obhut sicht-lich wohl, die Eier, die sie legten waren befruchtet, wogen mehr als 60 Gramm und besaßen äußerlich eine glatte ebene Schale. Die tatsächliche leibliche Mutter Paulas konnte nicht ermittelt werden, der Bub hatte die für die Nachwuchsgewinnung auszu-wählenden Bruteier nicht extra gekennzeichnet, alle Hühner der Zuchtlinie besaßen eine einwandfreie Abstammung und untadelige Rassemerkmale; des-halb erübrigte sich die besondere Auswahl eines einzelnen Tieres. In der Familie des Jungen dage-gen hatte man mit reinrassigen, erbgesunden Ah-nen einige Probleme. Seine Cousine, die Braut ei-nes SS- Offiziersanwärters musste für die gewollte

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Heirat Abstammungsnachweise erbringen. Alle ihre Ahnen - bis ca. 200Jahre zurück - waren Arier, aber sie selbst, ihre Schwester und ein weiterer leiblicher Vetter waren wegen eines erblichen Hüftleidens als Kinder operiert worden. Die Heiratsgenehmigung wurde versagt, aber aus einem sehr traurigen Grund konnte die Hochzeit ohnehin nicht stattfin-den, der junge Mann fiel im Kampf um Stalingrad. Während sich alle befruchteten Eier von den Hen-nen gleichermaßen eigneten, galt es für ein Einzel-tier immer als Auszeichnung zu brüten und an-schließend die Küken fürs Leben vorzubereiten; das erreichte Paula als sie 1 Jahr alt und einer neuen Hühnergruppe mit einem ebenso schönen Hahn, wie ihr Vater, zugeteilt worden war. Inzucht sollte es in einer anerkannten Hühnerzucht nicht geben. Sie war die strammste in ihrer Abteilung, in ihrem ge-samten Verhalten ruhig und zuverlässig. Der junge Hühnerzüchter hatte hierfür schon einen Blick; ob aber die Namensgebung auch damit zusammen-hing blieb im Dunklen. Es wohnte in der Nachbar-schaft eine Mutter, die 9 Kinder großgezogen hatte, Paula hieß und der das nationalsozialistische Re-gime sogar das Goldene Mutterkreuz verliehen hat-te. In jener Zeit spürte man auf dem Lande, abgesehen von Meldungen über gefallene Soldaten, wenig vom Krieg. Freilich gab es auch hier die Lebensmittelra-tionierung und ähnliche Einschränkungen. Hin und wieder flogen große amerikanische oder englische Bomberverbände mit einem eigenartigen Gebrumm hoch am Himmel über die Gegend hinweg. Dieser Lärm, der manchmal die Luft vibrieren ließ, störte

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Paula, die auf 12 Eiern saß; aber ihre Aufgabe ver-nachlässigte sie deshalb nicht. Zweimal am Tag nahm der junge Hühnerzüchter Paula vorsichtig kurzzeitig vom Brutnest, damit sie trinken, fressen und sich entleeren konnte. Auf die Bruteier setzte sie sich immer sehr vorsichtig und war stets darauf bedacht alle gleichmäßig warm zu halten. Wahr-scheinlich merkte der Junge, der später gern Tier-arzt werden wollte, in diesen 21 Tagen Brutzeit, dass Paula sehr zuverlässig und ein besonders klu-ges Tier war. Er wählte sie deshalb für ein Experi-ment aus, das er mit Genehmigung seiner Mutter, die ihn in allem sehr unterstützte, durchführen durf-te. In dieser Zeit setzte sich bei fortschrittlichen Landwirten die Meinung durch: Legehennen dürfen nicht älter als 2 - 3 Jahre werden, weil sie dann we-niger Eier legen. So wollte er gern wissen wie sich das wirklich verhält, denn in einer populärwissen-schaftlichen Veröffentlichung hatte er außerdem gelesen, dass Hühner weitaus älter werden können. Diese Gedanken eines „jungen Forschers“ bescher-ten Paula ein längeres Leben, als es sonst für ihre Artgenossen üblich war. Sie genoss fortan zahlrei-che, wenn auch manchmal zweifelhafte und ein-schränkende Privilegien: Bewegungsfreiheit im ge-samten Gehöft, bis in den Wohnbereich, außer der guten Stube, uneingeschränkte Nahrungsaufnahme von allem was ihr schmeckte und dessen sie hab-haft werden konnte. Vom übrigen Hühnerbestand war sie allerdings ausgesperrt, weil in ihrem kleinen separaten Stall mit Eiernest, die Leistungskontrolle erfolgte. Freilich blieb ihr auch damit verwehrt, wei-terhin mit den Hähnen in Kontakt zu bleiben. Der

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reinrassige Gockel vom Zuchtstamm der „Schwar-zen Italiener“, den sie als Junghenne kennen ge-lernt hatte, interessierte sie ohnehin nicht mehr, der war zu stolz. Überhaupt war diese ganze Abteilung von der übrigen Hühnerhaltung, in der es keine Rassereinheit mehr gab, abgeschirmt. Im allgemei-nen Hühnerhof tummelten sich unter anderem leich-te „Weiße Leghorn“, von denen viele Eier erwartet wurden und schwere „Rhodeländer“, die viel Fleisch lieferten. Es hieß außerdem in dieser allgemeinen Haltung seien die Hähne nicht für die Vermehrung sondern nur zum Vergnügen, Schutz und zur Auf-munterung der Hennen da. Wichtig war allerdings, dass pro Bestand entweder ein oder drei Hähne zugeteilt wurden, zwei kämpften immer miteinander, manchmal sogar bis zum bitteren Ende eines Unter-legenen. Paula war nicht bei allen Bewohnern des Anwesens beliebt und auch Rinder und Ziegen sahen es nicht gern, wenn sie auf deren Futter herumstolzierte. Sie hinterließ überall ihre Häufchen, sie war absolut nicht zu erziehen, sie erledigte dieses Geschäft wo sie gerade ging oder stand. Nur den Schweinen machte es nichts aus, wenn sie auf deren Futtertrö-gen herumturnte; die fraßen wahrscheinlich sogar das mit, was sie hinterließ. Sehr schnell lernte sie, dass einige Orte zu meiden waren, insbesondere die Nähe des angeketteten Hundes, des getüterten Schafbocks und des Fressnapfes der Katzen; auch aus der Futterküche und von der Futterkiste im Pferdestall, wo es leckere Sachen gab, wurde sie immer wieder verjagt. Sehr freundlich gingen die Kinder mit ihr um, nur wenn fremde Leute den Hof

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oder Garten betraten, flatterte sie davon, sie wusste Freund und Feind nicht zu unterscheiden. Sieben Jahre lang, da war sie nun schon 9 Jahre alt, kon-trollierte der Junge, ihr Beschützer, die Anzahl der von ihr gelegten Eier, er beurteilte außerdem ihr Aussehen und ihre Vitalität. Er schrieb das Ergebnis auf, das kurz gefasst folgendes ergab: Im 3. Le-bensjahr legte sie 120 Eier und das nahm fast kon-tinuierlich ab, so dass es jetzt nur noch 12 Stück waren. Ihr Aussehen war auch nicht mehr das Bes-te, sie hatte Federausfall und manch kahle Stelle am Körper. Das Scharren im Garten und auf dem Mist, das ihr früher so viel Spaß gemacht hatte, denn dort gab es zahlreiche Würmer, fiel ihr nun insgesamt recht schwer. Paula fühlte sich alt und der nun erwachsen gewordene über 20 Jahre alte junge Mann ging fort zum Studium, er fand nie-mand, der sein Experiment fortführen wollte. Trotz-dem wehrte man sich dagegen, dass sie in den Kochtopf landen sollte, wie der Großvater forderte. Er war ein Bauer der betonte, dass es keine Aus-nahme für die Bestimmung der schlachtbaren Haustiere geben dürfe, alle müssten der Ernährung zugeführt werden. Sonst bestimmende Autorität, konnte er sich im Fal-le der Verwertung Paulas nicht durchsetzen, sie lebte recht und schlecht weiter in ihrer vertrauten Umgebung bis die gesellschaftliche Entwicklung eine ungewollte Lösung herbeiführte. 17 Jahr alt war die Henne, als 1960 der Besitzer des kleinen Landwirtschaftsbetriebes LPG – Mitglied werden musste. Sie gehörte nun zwar zur individuellen Tierhaltung, aber auf dem Gehöft wurden Genos-

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senschaftsstallungen eingerichtet und mit der Ruhe und dem gewohntem Umfeld war es vorbei. Paula war eines Tages verschwunden – sie wurde nicht gefunden, ihr Ende konnte trotz eifrigen Be-mühens nicht aufgeklärt werden. Ebenfalls unbe-antwortet bleibt damit die bei diesem Experiment gestellte Frage: Wie alt können Hühner werden, bevor sie eines natürlichen Todes sterben? Bekann-te Tierphysiologen gaben aber schon vor vielen Jahren die Antwort, danach kann ein Huhn durch-schnittlich 20 Jahre alt werden. Paula hätte aber wahrscheinlich einen Altersrekord aufstellen kön-nen, wenn sie nicht in den Strudel der politischen Verhältnisse gekommen wäre; die genetische Ver-anlagung und beste Umweltbedingungen in ihren anfänglichen Lebensjahren unter althergebrachten bäuerlichen Verhältnissen waren vorhanden. Die Bio – Bauern der Neuzeit lassen aber ihre Hühner auch nicht so lange leben bis sie eines natürlichen Todes sterben, das bringt absolut keinen Gewinn, auf den kein Mensch verzichten will. Käfighenne X– Jahrgang 1995

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Mit der Bezeichnung Käfighenne vermag man nur andeutungsweise das Schicksal der Hühner in ih-rem Lebensweg vom Küken bis zur lebenslangen Haft im engen Käfig zu charakterisieren. Die Ge-danken, Legehennen in engen Käfigen zu halten, wurden in den 1950er Jahren populär und zunächst in kleinerem Umfang verwirklicht. Diese Haltungs-form nahm dann in den Folgejahren in Europa und Deutschland ungeahnte Ausmaße an. In Studien wollten einige Wissenschaftler sogar nachweisen, dass diese Hühner in Käfigen glücklich seien. Was ist Glück und speziell „Hühnerglück“, dieses Wort existiert nicht im Duden, wobei ohnehin ungeklärt ist, ob generell von glücklichen Tieren gesprochen werden kann. Als Glück wird in der Philosophie ein Leben in harmonischem Zustand vollkommener Be-friedigung bezeichnet. Ob das auf Legehühner übertragbar ist, bleibt zweifelhaft, sie können es uns nicht sagen. Auf alle Fälle haben in der Literatur bereits sehr viele Autoren und Künstler über glückli-che Hühner geschrieben, oder solche fotografiert und gemalt. Fast immer handelt es sich um Hühner, die sich in einem Auslauf im Freien auf großem A-real bewegen, scharren können und verstreute Kör-ner aufpicken. Nach Herzenslust dürfen sie gackern und mit Gras, Klee oder ähnlichem ihren Vitamin-bedarf decken. Das wären ihre natürlichen Bedürf-nisse. Viele Menschen maßen sich aber an festzu-stellen und zu beurteilen, dass die Tiere auch zu-frieden wären, wenn sie dies gar nicht kennen ge-lernt hätten. Sie meinen, sie könnten durchaus auf engstem Raum mit künstlichem Licht leben. Die

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Reaktionen und das Aussehen der Geschöpfe, die in diesen nach unseren Empfinden unnatürlichen Verhältnissen vegetieren, bietet ein anderes Bild, wie es auch der Lebenslauf der Käfighenne X zeigt. Sie schlüpfte im Winter 1995 in einem vollklimati-sierten Brutapparat aus dem Ei. Ausgang des 20. Jahrhunderts besaß die Hühnerzucht höchstes Ni-veau. Die Henne war deshalb darauf programmiert eine jährliche Legeleistung von mindestens 300 Ei-ern zu erbringen, ihre Erbanlagen ließen dieses zu. Zunächst musste aber das Küken X noch vor dem Schlüpfen die ersten Hürden zum Überleben und gleich danach eine Massenabfertigung überwinden, um dann in der Käfighaltung zu landen. Mit dem qualvollen Transport zum Schlachthof und dem dor-tigen schmerzvollen Sterben endete die letzte Etap-pe eines nur 19 Monate währenden Hühnerlebens. Das ist die Kurzbiographie der Käfighenne X, die durch die Beschreibung weiterer Details ergänzt werden soll. Die Jahreszeit spürte das Küken nicht, denn im Brutschrank war es gleichmäßig warm, jedoch musste man sich beeilen rechtzeitig mit all den an-deren aus dem Ei zu entkommen. Wer zu langsam war und es am Stichtag noch nicht geschafft hatte, kam zusammen mit allen abgeworfenen Eischalen in den so genannten Muser und wurde zu Futterbrei oder Dünger verarbeitet. Jetzt wurde „gesext“ (nach Geschlechtern getrennt) und X hatte Glück oder Unglück - wie man es nimmt – ihren männlichen Artgenossen blieb längeres Leiden erspart, auf ei-nem Förderband transportiert, landeten sie in frü-heren Jahren in einer Gaskammer. Das war jedoch

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den gewinnsüchtigen Unternehmern zu teuer, sie lassen sie neuerdings in einem geschlossenen Be-hälter einfach ersticken! Weiter geht es, gemeinsam mit den nicht rechtzeitig geschlüpften Lebewesen, in den Muser, in dem rotierende Messer alles zer-kleinern. Augenzeugen berichten, dass die oben auf liegenden Küken oft längere Zeit schreien, sie piepsen nach der nicht vorhandenen lebenden Glu-cke. Das nennen Verhaltensforscher “Verlassen-heitsweinen“. X kommt zusammen mit allen überle-benden weiblichen Tieren per Fließband zum schmerzlosen Impfen, das aber alle doch nur recht ängstlich über sich ergehen lassen. Sie konnten nicht bekunden, ob ihnen der Nadelstich tatsächlich nicht wehgetan hatte. Zusammengepfercht, im Kar-ton verpackt, geht es anschließend auf kürzere oder längere Reisen. Das Küken X war über den kurzzei-tigen Transport recht froh, denn im engen Behältnis gab es nur wenig Luft zum Atmen. Erstickungsver-luste sind aber in diesem Überlebenskampf einkal-kuliert. Im Alter von ca. 10 Tagen, sie befinden sich nun schon in einem Käfig im Aufzuchtbetrieb, wird mit einem Messer der Schnabel gestutzt, damit sie künftig ihre Mitgefangenen nicht gefährlich hacken können. Da an der Schnittstelle besonders viele Nerven verlaufen ist die Prozedur schmerzhaft; dar-an ändert auch das heiße Instrument nichts. Es blu-tet nicht, und auch Entzündungen sind selten, even-tuell vorhandene Krankheitserreger vertragen die Hitze nicht und alle Blutgefäße werden verklebt. Anfangs gab es in diesen Aufzuchtkäfigen genü-gend Platz, auch das Futter schmeckte ausge-zeichnet und alle wuchsen schnell. Jedoch ist nach

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5 Monaten die Enge kaum noch zu ertragen; das unmittelbare Nebeneinander, außer Fressen haben sie nichts zu tun, verleitet dazu, sich gegenseitig zu attackieren. Trotz der stumpfen Schnabelspitze kommt es zu blutenden Wunden. Einige legen schon erste Eier, die aber in dieser Käfigkonstrukti-on nicht gesammelt werden können. Alle wünschen sich eine neue Umgebung, freuen sich auf die Kä-figbatterien für Legehennen und werden bitter ent-täuscht. Worte können das Ausmaß des Leidens nicht beschreiben und Bilder nicht umfassend ge-nug darstellen, was in dieser als modern gepriese-nen Haltungsform mit den Tieren geschieht. Es ist aber wichtig, hinzuschauen und nach den Spruch: „Was das Auge sieht, glaubt das Herz“ das Schön-reden der Befürworter der Eierproduktion in Käfig-haltung ad absurdum zu führen und mit umfassen-der Kenntnis- und Einflussnahme ein lebenswerte-res Schicksal für unsere Mitgeschöpfe zu erzwin-gen. X wird zur Legemaschine und muss auf einer Flä-che von ca. 500 qcm auf einem Gitter aus dünnen Drähten, das zum Abrollen der Eier geneigt ist, 14 Monate lang leben. Einige Male stirbt neben ihr eine Henne, aber das bringt nicht mehr Platz, es dauert erstens sehr lange bis die Tote entfernt wird und zweitens kommt sofort eine Neue dazu. Laut Statis-tik sterben in der Käfighaltung bis zu 20%, eine Ra-te die eingeplant wird. Das Tier könnte keinesfalls die Diskussion der Politiker verstehen, die darum feilschen, um wie viel Quadratzentimeter die Fläche pro Tier erweitert werden sollte. Grundsätzlich fehlt im Käfig der Platz zum Gehen, Flattern oder Flie-

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gen, keine Sitzstangen sind vorhanden; das Huhn kann sich nicht zurück in die gewünschte Einsam-keit verziehen, besonders wenn der Drang zum Ei-erlegen kommt. Richtig krank, ja depressiv wird das Tier auch, weil es alle natürlichen Bedürfnisse stets so lange zurück halten muss. X weiß gar nicht, dass es Hähne gibt. Eigentlich noch in besten Hühnerjah-ren – sie ist erst 19 Monate alt - fühlt sie sich krank und gebrechlich, hat angebrochene und ausgerenk-te Zehen und Flügel. Die Menschen sagen, sie sei „käfigmüde“, sie beschönigen damit aber nur die gesetzlich erlaubte Tierquälerei. Noch so jung muss sie nun die Reise zum Schlachthof antreten, wobei sie wiederum mit brutalen Methoden konfrontiert wird. Unsanft von Menschenhand gepackt werden sie alle in Transportkäfige verfrachtet, ja regelrecht geschleudert. Alles soll schnell gehen und manuelle Arbeit, auf die hier nicht verzichtet werden kann, wird immer teurer, weil die Arbeiter ständig höheren Lohn fordern. Oder liegt das gar nicht daran, son-dern vielmehr an den gesamten Umständen dieser Hühnerhaltung? Die Käfighenne kennt keine Ant-wort, sie spürt vor allem die rohe rabiate Behand-lung, die Enge und die schlechten Luftverhältnisse auf dem Transporter zur Schlachtstätte, wo das Ab-laden nicht minder grob und schmerzhaft für die Tiere geschieht. Der Leidensweg geht weiter, mit den Füßen in Haken und den Kopf nach unten hän-gen dann die Geschöpfe bei vollem Bewusstsein am Förderband, das zum elektrischen Betäubungs-bad läuft; erst hier enden für die Hennen die Schmerzen, die nicht nur Menschen, das wissen alle, sondern auch Tiere spüren. Viele, heute sogar

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durch zahlreiche Publikationen aufgeklärte Bürger, verdrängen dieses Wissen. Sie suchen und finden im Übrigen immer wieder Rechtfertigungen dafür, unsere Mitgeschöpfe bedingungslos für eigene Be-dürfnisse nutzen zu können. Beim Abladen am Schlachthof passiert für die Kä-fighenne X etwas Außergewöhnliches. Unbemerkt entglitt sie den Griff einer Arbeiterin, rutschte zwi-schen Käfigen nach unten und befindet sich plötz-lich allein unter dem Transportfahrzeug. Sie hört das Wehklagen ihrer ehemaligen Käfiggefährtinnen und ist ratlos, was sie nun tun soll. Zunächst ruht sie sich von ihrem bisherigen Stress aus. Es ist nasskaltes Herbstwetter, sie friert, in ihrer bisheri-gen Umgebung war es immer wärmer. Der harte Straßenbelag auf dem sie hockt ist im Gegensatz zum bisherigen Gitterboden wenigstens glatt. Plötz-lich wird es unangenehm hell um sie herum, der Hänger ist weggefahren, sie spürt instinktiv jetzt muss sie die Flucht ergreifen. Erstaunt merkt sie, dass sie als Ungeübte und leicht Beschädigte sogar noch flattern und wegfliegen kann. Sie landet am Zaun unter einem Stapel von Plastkisten und muss sich nach dieser Anstrengung erst wieder ausruhen. Hier fühlt sie sich sogar recht wohl, sie ist in ihrem Leben erstmals allein und der Ort vermutlich ein sicheres Versteck. Nach nicht all zu langer Zeit meldet sich aber der Hunger, denn im Käfig gab es immer in Selbstbedienung genügend zu fressen. Hier fehlt jedoch jetzt der Futterautomat. Die Ge-fahr nicht achtend, wieder eingefangen zu werden, begibt sie sich auf Futtersuche. Ihr Weg führt sie durch den Zaun in einen Schrebergarten. Es scheint

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ein angeborenes Verhalten zu sein, dass sie hier gleich den Komposthaufen findet, dort an den Abfäl-len nascht und sogar einen Wurm in den Schnabel bekommt, etwas, was sie bisher noch nie kennen gelernt hatte! Wie lange sie sich bediente, weiß sie nicht, aber wieder treten Veränderungen ein. Ein Mensch mit „Greifhänden“ hat sich herangeschli-chen, sie muss flüchten. Eine Jagd beginnt, in der sie zunächst verliert. Alles geschieht so schnell, dass sie die Umstände gar nicht begreift, als sie in einer Kiste mit ebenso wenig Platz wie in ihrem e-hemaligen Käfig landet; allerdings ist es hier dunkel. Aber welch ein Wunder, auf dem Boden liegen Ge-treidekörner! Jedes Lebewesen hat sein Schicksal: Eines hat Glück, das andere Unglück. Für X scheint es ein glücklicher Zufall zu sein, dass sie im Grundstück eines Tierschützers Asyl sucht. Kurzum: Sie wird trotz ihres ruppigen Aussehens und ihrer Gebrech-lichkeit wohlwollend aufgenommen, bekommt schmackhaftes Futter und darf sich nach kurzer Eingewöhnung frei im Garten bewegen. Nur scha-de, der Winter mit garstigen kalten Tagen kommt und sie muss sich sehr viel im Schuppen aufhalten. Nie hätte sie gedacht, in ihrem Leben einmal zu Menschen zu kommen, die es nicht sofort auf ihr Leben und ihr Fleisch abgesehen haben. Ihre Eier stellt sie gern ihrem Besitzer, der freundlich mit ihr umgeht, zur Verfügung. Die Geschichte klingt wie ein Märchen, ist aber Wahrheit, endet aber mit dem bekannten Ausklang eines Märchens: Wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute! Wellensittiche

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Großen Einfallsreichtum zeigen die Menschen bei der Namensgebung ihrer Lieblinge den Wellensitti-chen. Es sind bevorzugte Heimtiere, die keiner ge-sonderten Genehmigung bei der Haltung von Haustieren in Wohnungen bedürfen. Die Vögel sind pflegeleicht, hinterlassen jedoch beim freien Auf-enthalt in den Zimmern überall ihre Häufchen. Billig im Unterhalt, brauchen sie relativ wenig Futter, al-lerdings täglich frisches Wasser. Viel Vitamine und während einer etwas schwierigeren Mauser regel-mäßige Rotlichtbestrahlungen können helfen den kleinen Tierchen das Leben zu verlängern. Weih-nachten sind sie ein beliebtes Geschenk für kleinere Kinder, die damit gleichzeitig zur Pflichterfüllung bei der Pflege der ihnen anvertrauten Schützlinge an-gehalten und erzogen werden können. Blauer – Jahrgang 1944 Zur 6. Kriegsweihnacht 1944 fiel es den Eltern schwer, Geschenke für die Kinder zu finden, alles war knapp. Ein findiger Geschäftsmann betrieb eine Wellensittichzucht und hatte in dieser Zeit guten Absatz, weil er außerdem die Jungtiere schon handzahm abgab. Hierfür hatte er einige Schulkin-der für wenige Pfennige Lohn angestellt, die sich mit den nestjungen ca. 5 Wochen alten Vögeln alle Mühe gaben, ihnen die Scheu vor Menschen zu nehmen. Den Körnern, die ihnen auf der Hand ge-reicht wurden und den Petersilienstängeln konnten die kleinen Tierchen nicht lange widerstehen, zumal sie sahen, dass ihre älteren Geschwister keine Angst vor Menschenhänden hatten. Ein 12jähriger

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Junge, der besonders eifrig bei dieser Tätigkeit mitmachte, war hocherfreut, als er am heiligen A-bend den blauen Wellensittich, der gerade 6 Wo-chen alt war, in einem Bauer auf dem Gabentisch vorfand. Daneben, an dem geschmückten Christbaum glitzerte Lametta! Kein echtes, das gab es nicht zu kaufen, sondern Silberfäden, die von den feindlichen Flugzeugen abgeworfen und von den Kindern aufgesammelt wurden. Es hieß, mit diesen Materialien könnte der Funkverkehr für die Fliegerabwehr gestört werden. Der Vogel verließ seinen Käfig, er erkundete die Umgebung und übte auch das Sitzen auf dem Tan-nenbaum. Als die Familie am Tisch Platz nahm setzte er sich auf die ihm schon vertraute entgegen gestreckte Hand des Jungen. Plötzlich verhielt sich der Wellensittich ganz eigenartig, ließ den Kopf hängen und fiel tot in die Hand des Knaben. Alle waren sehr bestürzt und konnten sich die Ursache dieses plötzlichen Todes nicht erklären. Später, der Bub war Tierarzt geworden, konnte er alles aufklä-ren und auch künftig die Tierhalter zur Verhinderung solcher Unfälle beraten: „„WWeelllleennssiittttiicchheenn ggeeffäälllltt ddaass gglliittzzeerrnnddee LLaammeettttaa aamm WWeeiihhnnaacchhttssbbaauumm,, ssiiee ppiicckkeenn ddaarraann uunndd vveerrsscchhlluucckkeenn ddaabbeeii ssooggaarr mmaanncchhmmaall llaannggee FFääddeenn.. AAbbggeesseehheenn vvoonn ddeerr TTooxxiizziittäätt kköönnnneenn ddiieessee eeiinnee KKrrooppffvveerrssttooppffuunngg vveerruurrssaacchheenn,, ddiiee zzuumm EErrssttiicckkuunnggssttoodd ffüühhrreenn kkaannnn..““ SSoo eennddeettee ddeerr sseehhrr kkuurrzzee LLeebbeennssllaauuff eeiinneess VVooggeellss,, ddeerr bbeessttiimmmmtt iinn ddeerr FFaammiilliiee,, iinn ddiiee eerr ggeekkoommmmeenn wwaarr,, eeiinn llaannggeess sscchhöönneess LLeebbeenn ggeehhaabbtt hhäättttee.. RRuuddii

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wwiirr bbeessaaßßeenn,, ffüürr ddeenn VVooggeell ttooxxiikkoollooggiisscchh uunnbbeeddeennkk--lliicchh wwaarreenn.. EErr kknnaabbbbeerrttee eeiinniiggee BBlläätttteerr ddeerr GGeewwääcchh--ssee aann,, wwiirr hhaatttteenn ddeesshhaallbb BBeeddeennkkeenn,, ddaassss ddiieessee ddaass nniicchhtt üübbeerrsstteehheenn.. WWiirr rriicchhtteetteenn ddeesshhaallbb eeiinneenn ssoo ggeennaannnntteenn VVooggeellbbaauumm hheerr,, ddeerr vvoonn aalllleenn VVööggeellnn,, ddiiee iimm LLaauuffee ddeerr ZZeeiitt bbeeii uunnss wwaarreenn ggeerrnn aannggee--nnoommmmeenn wwuurrddee.. EErr ffaanndd sseeiinneenn PPllaattzz iinn ddeerr KKüücchhee.. SSoonnddeerrbbaarreerr WWeeiissee sscchhmmeecckktteenn aabbeerr ddiieessee PPffllaann--zzeennbblläätttteerr wwaahhrrsscchheeiinnlliicchh wweenniiggeerr gguutt,, ssiiee bblliieebbeenn uunnbbeerrüühhrrtt.. ÜÜbbeerraallll lliieeßß MMoollllii bbeeddeennkkeennllooss sseeiinn KKoott-- HHaarrnnggee--mmiisscchh,, ddaass eerrffrreeuulliicchheerr WWeeiissee nniicchhtt ddiiee uunnaannggee--nneehhmmeenn GGeerrüücchhee wwiiee KKaattzzeenneexxkkrreemmeennttee hhaatt,, ffaalllleenn.. TTrroottzzddeemm wwaarreenn aann aalllleenn OOrrtteenn,, aann ddeenneenn ssiicchh ddeerr VVooggeell aauuffggeehhaalltteenn hhaattttee,, hhääuuffiigg ggrrüünnddlliicchhee SSääuubbee--rruunnggssaakkttiioonneenn nnoottwweennddiigg.. AAnn FFeennsstteerrnn,, ddiiee hhiinn uunndd wwiieeddeerr ggeeööffffnneett wweerrddeenn mmuusssstteenn,, bbrraacchhtteenn wwiirr MMaa--sscchheennggiitttteerr aann,, aannssoonnsstt mmuusssstteenn wwiirr bbeeiimm ÖÖffffnneenn vvoonn AAuußßeennttüürreenn iimmmmeerr sseehhrr vvoorrssiicchhttiigg sseeiinn;; MMoollllii sseettzzttee ssiicchh ggeerrnn aauuff uunnsseerree SScchhuulltteerr uunndd wwoollllttee iimm--mmeerr ddaabbeeii sseeiinn,, wweennnn wwiirr uunnss mmiitt aannkkoommmmeennddeenn BBeessuucchheerrnn uunntteerrhhiieelltteenn.. RRiicchhttiigg ssttoollzz ssiinndd wwiirr,, ddaassss eerr iinn ddeenn 66 JJaahhrreenn,, iinn ddeenneenn eerr bbeeii uunnss wwaarr,, nniicchhtt eeiinn eeiinnzziiggeess MMaall aauuss ddeerr WWoohhnnuunngg eennttwwiicchh.. IImm SSoommmmeerr wwaarr MMoollllii aauuff uunnsseerreemm BBaallkkoonn ggeellaannddeett uunndd zzuu uunnss ggeekkoommmmeenn.. WWeeiihhnnaacchhtteenn iimm gglleeiicchheenn JJaahhrr bbrraacchhttee uunnss uunnsseerree EEnnkkeelliinn eeiinneenn jjuunnggeenn ggrrüü--nneenn WWeelllleennssiittttiicchh aallss GGeesscchheennkk,, wweeiill ssiiee rriicchhttiiggeerr--wweeiissee mmeeiinnttee:: „„DDiieessee VVooggeellaarrtt lleebbtt iinn SScchhwwäärrmmeenn uunndd MMoollllii bbrraauucchhtt eeiinneenn PPaarrttnneerr..““ WWiirr aakkzzeeppttiieerrtteenn ddaass AArrgguummeenntt uunndd nnaahhmmeenn ddaass WWeeiihhnnaacchhttssggee--sscchheennkk ffüürr uunnss uunndd MMoollllii ggeerrnn aann.. BBeeii ddeerr NNaammeennss--ggeebbuunngg zzeeiiggtteenn wwiirr wweenniigg EEiinnffaallllssrreeiicchhttuumm.. IImm GGee--

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ggeennssaattzz zzuu HHuunnddeenn uunndd tteeiillwweeiissee aauucchh KKaattzzeenn kkaannnn mmaann aabbeerr VVööggeell kkaauumm ooddeerr nnuurr ggaannzz sscchhwweerr ddaazzuu bbrriinnggeenn,, aauuff iihhrreenn NNaammeenn zzuu rreeaaggiieerreenn.. DDiiee AAnnrreeddee:: „„GGrrüünneerr““,, wwaarr ddeesshhaallbb vvoorrwwiieeggeenndd ffüürr uunnss eeiinnee BBee--zzeeiicchhnnuunngg zzuurr UUnntteerrsscchheeiidduunngg.. DDiiee bbeeiiddeenn VVööggeellhhäähhnnee bbeennaahhmmeenn ssiicchh vvoonn AAnnffaanngg aann ssoo,, aallss oobb ssiiee ssiicchh sscchhoonn jjaahhrreellaanngg kkeennnneenn wwüürr--ddeenn,, ssiiee wwaarreenn gglleeiicchh sseehhrr vveerrttrraauulliicchh.. AAuucchh hhiieerr eeiinn UUnntteerrsscchhiieedd zzuu vviieelleenn aannddeerreenn TTiieerraarrtteenn;; mmiitt HHiinnzzuu--ggeekkoommmmeenneenn wwiirrdd hhääuuffiigg nniicchhtt iimmmmeerr ssooffoorrtt ffrreeuunndd--sscchhaaffttlliicchh uummggeeggaannggeenn.. DDiiee BBeeiiddeenn ffllooggeenn aauussggeellaasssseenn dduurrcchh aallllee ZZiimmmmeerr uunndd bbeehhiieelltteenn ddiiee eehheemmaallss dduurrcchh MMoollllii bbeevvoorrzzuuggtteenn AAuuffeenntthhaallttssoorrttee jjeettzztt aauucchh ggeemmeeiinnssaamm bbeeii.. AAnn uunnss MMeennsscchheenn hhaatttteenn ssiiee jjeettzztt wweenniiggeerr IInntteerreessssee aallss eess ffrrüühheerr ddeerr eeiinnzzeellnn ggeehhaalltteennee VVooggeell ggeezzeeiiggtt hhaattttee.. UUnnsseerr FFiinnddlliinngg hhöörrttee ssooggaarr aauuff zzuu sspprreecchheenn –– hh zzaahhmm wwaarreenn ssiiee aabbeerr aallllee ZZwweeii,, ddaass lleerrnnttee ddeerr JJüünn--ggeerree vvoomm ÄÄlltteerreenn.. KKuurrzzuumm,, ddiiee 22 VVööggeell ffüühhlltteenn ssiicchh ooffffeennssiicchhttlliicchh sseehhrr wwoohhll;; iimm üübbeerrttrraaggeenneenn SSiinnnnee wwüürrddee mmaann ffüürr MMeennsscchheenn ssaaggeenn:: „„SSiiee hhaabbeenn eeiinn sscchhöönneess uunndd ggeebboorrggeenneess zzuu HHaauussee,, iihhnneenn wwiirrdd vviieell LLiieebbee eennttggeeggeennggeebbrraacchhtt..““ AAuuss ddeemm mmeennsscchhlliicchheenn ZZuussaammmmeennlleebbeenn iisstt aauußßeerrddeemm bbeekkaannnntt,, FFrreeuunndd--sscchhaafftteenn vvoonn 22 PPeerrssoonneenn wweerrddeenn mmeeiisstteennss ggeessttöörrtt,, wweennnn ddrriittttee hhiinnzzuukkoommmmeenn,, bbeeii vviieerr sstteelllltt ssiicchh oofftt wwiieeddeerr HHaarrmmoonniiee eeiinn.. EEiinn äähhnnlliicchheess VVeerrhhaalltteenn –– oobb ddaass aallllggeemmeeiinnggüüllttiigg iisstt,, wwiisssseenn wwiirr nniicchhtt –– eerrlleebbtteenn wwiirr bbeeii uunnsseerreenn WWeelllleennssiittttiicchheenn.. 44 JJaahhrree lleebbtteenn MMoollllii uunndd GGrrüünneerr eeiinnttrrääcchhttiigg zzuussaamm--mmeenn uunndd uunntteerrnnaahhmmeenn ffaasstt aalllleess ggeemmeeiinnssaamm,, ddaa bbrraacchhttee uunnsseerreerr EEnnkkeelliinn uunnss RRuuddii.. DDiieesseerr hhaattttee zzwwaarr sseeiinneenn eeiiggeenneenn BBaauueerr,, aabbeerr ddiiee FFrreessssnnääppffee vvoonn ddeenn

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22 aannddeerreenn wwaarreenn iinntteerreessssaanntteerr,, oobbwwoohhll ssiiee ddaass gglleeii--cchhee FFuutttteerr eenntthhiieelltteenn.. DDiiee PPlläättzzee,, aauuff ddeenneenn ssiiee ssiicchh ggeerraaddee nniieeddeerrlliieeßßeenn,, bbeeaannsspprruucchhttee aauucchh ddeerr HHiinnzzuu--ggeekkoommmmeennee ffüürr ssiicchh.. DDiiee bbeeiiddeenn bbeeffrreeuunnddeetteenn lliiee--ßßeenn eess RRuuddii aabbeerr aauucchh mmeerrkkeenn,, ddaassss eerr nniicchhtt zzuu iihhnneenn ggeehhöörrttee uunndd aattttaacckkiieerrtteenn iihhnn ssooggaarr mmaanncchhmmaall mmiitt iihhrreenn SScchhnnääbbeellnn.. DDuurrcchh ZZuuffaallll eennttssppaannnnttee ssiicchh ddiiee LLaaggee.. VVoorr uunnsseerreemm HHaauuss –– uunntteerr eeiinneemm AAuuttoo -- hhöörrtteenn wwiirr eeiinneess MMoorrggeennss eeiinn rreecchhtt kklläägglliicchheess PPiieepp--sseenn,, eess kkaamm vvoonn eeiinneemm VVooggeell,, ddeerr nniicchhtt mmeehhrr fflliiee--ggeenn kkoonnnnttee.. EErr lliieeßß ssiicchh mmüühheellooss ffaannggeenn uunndd mmiitt iinn ddiiee WWoohhnnuunngg nneehhmmeenn.. DDiiee UUnntteerrssuucchhuunngg eerrggaabb:: SSeeiinn lliinnkkeerr FFllüüggeell hhiinngg kkrraaffttllooss hheerruunntteerr,, eeiinnee VVeerr--lleettzzuunngg aann eeiinneemm sscchhaarrffeenn DDrraahhtt ooddeerr ssooggaarr aann eeii--nneerr SSttrroommlleeiittuunngg sscchhiieenn wwaahhrrsscchheeiinnlliicchh.. UUnnsseerree NNaacchhffoorrsscchhuunnggeenn,, ddeenn BBeessiittzzeerr zzuu eerrmmiitttteellnn,, bblliiee--bbeenn wwiieeddeerruumm eerrggeebbnniissllooss.. WWiirr nnaannnntteenn ddeenn kklleeiinneenn hhiillfflloosseenn KKeerrll,, eess wwaarr ddeerr 44.. WWeelllleennssiittttiicchhhhaahhnn,, ddeerr iinn uunnsseerree OObbhhuutt kkaamm,, HHaannssii.. RRüühhrreenndd,, wwaass jjeettzztt ggeesscchhaahh!! DDaass vveerrlleettzzttee TTiieerr lliieeff aauuff ddeemm FFuußßbbooddeenn hhiinn uunndd hheerr uunndd ddiiee 33 aannddeerreenn bblliieebbeenn bbeeii iihhmm,, ssiiee bbeegglleeiitteetteenn iihhnn aauuff sseeiinneenn GGäännggeenn dduurrcchh ddaass ZZiimm--mmeerr,, iinn ddeemm wwiirr nnuurr MMööbbeell bbeelliieeßßeenn,, ddiiee aauuff hhoohheenn FFüüßßeenn ssttaannddeenn.. EEss ggaabb ffüürr ddiiee TTiieerree nniirrggeennddss BBee--hhiinnddeerruunnggeenn dduurrcchh zzuu eennggee AAbbssttäännddee ooddeerr ZZwwii--sscchheennrrääuummee.. EEnnttttääuusscchhtt wwaarreenn ddiiee 33 GGeessuunnddeenn,, wweennnn HHaannssii nniicchhtt mmiitt iihhnneenn hheerruummfflliieeggeenn uunndd mmiitt zzuu ddeenn sscchhöönneenn hhööhheerr ggeelleeggeenneenn AAuuffeenntthhaallttssoorrtteenn kkoonnnnttee.. WWiirr rriicchhtteetteenn ddeesshhaallbb aauuff ddeemm WWoohhnnzziimm--mmeerrsscchhrraannkk eeiinnee LLaauuffffllääcchhee eeiinn,, wwoo ssiicchh aallllee 44 rreecchhtt ggeerrnn ttuummmmeelltteenn.. DDoorrtt hhiinnaauuff hhoobbeenn wwiirr ddeenn VVeerrlleettzz--tteenn.. BBeekkaannnnttlliicchh hhaabbeenn eess VVööggeell nniicchhtt ggeerrnn,, wweennnn wwiirr MMeennsscchheenn vvoonn oobbeenn aauuff ssiiee sscchhaauueenn;; ddaass hhäännggtt

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wwaahhrrsscchheeiinnlliicchh ddaammiitt zzuussaammmmeenn,, ddaassss RRaauubbvvööggeell vvoonn ddeerr HHööhhee aauuss aannggrreeiiffeenn.. ZZuu uunnsseerreerr ggrrooßßeenn FFrreeuuddee eennttssttaanndd nnuunn iinn uunnsseerreemm WWoohhnnzziimmmmeerr eeiinnee rreeggeellrreecchhttee VVooggeelliiddyyllllee.. DDiiee VVööggeell ffüühhlltteenn ssiicchh iinn ddiieesseerr ggrrooßßzzüüggiiggeenn UUmmggeebbuunngg sseehhrr wwoohhll,, ddaass ssppüürr--tteenn wwiirr sseehhrr ddeeuuttlliicchh aann iihhrreemm ggeessaammtteenn VVeerrhhaalltteenn.. DDiiee sscchhöönnee ZZeeiitt ddaauueerrttee ffüürr uunnss RReennttnneerreehheeppaaaarr lleeiiddeerr nnuurr eeiinn rreeiicchhlliicchheess JJaahhrr,, ddaannnn bbeeggaannnn mmiitt MMoollllii ddiiee LLeeiiddeennssggeesscchhiicchhttee.. EErr wwiirrkkttee aabbggeesscchhllaa--ggeenn,, sscchhnnaappppttee oofftt nnaacchh LLuufftt uunndd wwuurrddee iimmmmeerr ddii--cckkeerr.. DDiiee vveerraannllaassssttee RRöönnttggeennaauuffnnaahhmmee zzeeiiggttee eeii--nneenn wwaallllnnuussssggrrooßßeenn TTuummoorr iimm BBaauucchhrraauumm.. AAllss eerr ggrrooßßee SScchhmmeerrzzeenn bbeekkaamm eennttsscchhlloosssseenn wwiirr uunnss,, iihhnn eeiinnzzuusscchhllääffeerrnn.. BBeessoonnddeerrss ggeeggeennüübbeerr ssoo aannss HHeerrzz ggeewwaacchhsseenneenn MMiittggeesscchhööppffeenn iisstt ddaass iimmmmeerr eeiinnee sscchhwweerree EEnnttsscchheeiidduunngg.. TTrroosstt bbrraacchhttee uunnss nnuurr ddiiee GGeewwiisssshheeiitt,, ddaassss TTiieerree ddeemm AAuuggeennbblliicckk lleebbeenn uunndd kkeeiinnee ZZuukkuunnffttssoorriieennttiieerruunngg hhaabbeenn;; eess eerrsscchheeiinntt uunnss ddeesshhaallbb lleeggiittiimm,, ssiiee vvoonn ssttaarrkkeenn BBeesscchhwweerrddeenn sscchhnneellll zzuu bbeeffrreeiieenn.. LLeebbeenn aauusszzuullöösscchheenn ffäälllltt aabbeerr iimmmmeerr sscchhwweerr uunndd ffüürr mmiicchh aallss TTiieerraarrzztt wwaarr eeiinnee ssoollcchhee TTäättiiggkkeeiitt sstteettss sseehhrr bbeellaasstteenndd.. IIcchh ggaabb mmiirr ddaabbeeii sseehhrr vviieell MMüühhee,, ddeenn TTiieerreenn kkeeiinnee ooddeerr wweenniigg SScchhmmeerrzzeenn zzuuzzuuffüüggeenn;; ttrroottzzddeemm eemmppffaanndd iicchh,, ddaassss ssiiee iinn jjeeddeemm FFaallllee mmeerrkkeenn,, eess ggeesscchhiieehhtt eettwwaass AAuu--ßßeerrggeewwööhhnnlliicchheess.. AAmm VVeerrhhaalltteenn ddeerr 33 zzuurrüücckk ggeebblliieebbeenneenn sstteelllltteenn wwiirr ffeesstt,, ddaassss ssiiee MMoollllii ssuucchhtteenn.. DDaass ddaauueerrttee eeiinniiggee TTaa--ggee uunndd ddaannnn eennttssttaanndd wwiieeddeerr ddaass ffüürr eeiinniiggee VVooggeell--aarrtteenn bbeerreeiittss bbeesscchhrriieebbeennee ttyyppiisscchhee VVeerrhhaalltteenn,, wweennnn ssiiee iinn uunngglleeiicchheerr ZZaahhll zzuussaammmmeennlleebbeenn mmüüss--sseenn,, bbeekkäämmppffeenn ssiiee ssiicchh.. NNaacchh mmeeiinneerr BBeeoobbaacchhttuunngg

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ssppiieelleenn ddaabbeeii gglleeiicchhee ooddeerr uunntteerrsscchhiieeddlliicchhee GGee--sscchhlleecchhtteerr ggaarr kkeeiinnee RRoollllee.. EEiinn uunnggeewwoolllltteess EErreeiiggnniiss bbrraacchhttee RRuuddii iinn SScchhwwiiee--rriiggkkeeiitteenn uunndd sscchhlliieeßßlliicchh sseeiinn ffrrüühheess EEnnddee.. UUnnsseerree 44 EEnnkkeellkkiinnddeerr zzwwiisscchheenn 1122 uunndd 1166 JJaahhrree aalltt wwaarreenn bbeeii uunnss zzuu BBeessuucchh;; aallllee wwuusssstteenn,, ddaassss wweeggeenn ddeerr ffrreeii iimm WWoohhnnzziimmmmeerr hheerruummfflliieeggeennddeenn VVööggeell FFeennsstteerr uunndd BBaallkkoonnttüürr ggeesscchhlloosssseenn zzuu hhaalltteenn ssiinndd.. WWeerr,, wwaarruumm,, iinn wweellcchheerr WWeeiissee uunnaacchhttssaamm wwaarr,, lliieeßß ssiicchh iimm nnaacchh hhiinneeiinn nniicchhtt mmeehhrr ffeessttsstteelllleenn.. AAuuff aallllee FFäällllee fflloogg RRuuddii dduurrcchh ddiiee ooffffeennee TTüürr üübbeerr eeiinnee WWiieessee iinn RRiicchhttuunngg HHeecckkee ((110000mm eennttffeerrnntt)) ppllööttzzlliicchh ddaavvoonn.. WWaahhrrsscchheeiinnlliicchh ttrriieebb iihhnn eeiinnee WWiinnddbbööee,, ddeerr eerr ggaarr nniicchhtt wwiiddeerrsstteehheenn kkoonnnnttee rreecchhtt sscchhnneellll ffoorrtt.. AAllss aallllee bbeessttüürrzztt rriieeffeenn:: „„RRuuddii iisstt rraauuss-- uunndd wweeggggeeffllooggeenn““,, wwaarr eerr sscchhoonn nniicchhtt mmeehhrr zzuu sseehheenn.. EEss wwaarr HHeerrbbsstt,, ggeeggeenn AAbbeenndd uunndd bbeeggiinnnneennddee DDäämmmmeerruunngg,, aallssoo wweenniiggee CChhaanncceenn ffüürr ddaass nnuurr aann ddiiee WWoohhnnuunngg ggee--wwööhhnnttee TTiieerr ddoorrtt ddrraauußßeenn dduurrcchhzzuukkoommmmeenn.. SSooffoorrtt bbeeggaannnn ddiiee ggeessaammttee FFaammiilliiee eeiinnsscchhlliieeßßlliicchh HHuunndd mmiitt eeiinneerr uummffaannggrreeiicchheenn SSuucchhaakkttiioonn.. AAbbsscchhnniitttt ffüürr AAbb--sscchhnniitttt bbiiss zzuu eeiinneerr EEnnttffeerrnnuunngg iimm RRaaddiiuuss vvoonn ccaa.. 11kkmm dduurrcchhkkäämmmmtteenn wwiirr rreeggeellrreecchhtt ddaass GGeelläännddee uunndd WWoohhnnggeebbiieett.. WWiirr ggaabbeenn eerrsstt aauuff,, aallss eess vvöölllliigg dduunnkkeell ggeewwoorrddeenn wwaarr,, wweeiill wwiirr mmiitt ddeemm LLiicchhttsscchheeiinn uunnsseerreerr TTaasscchheennllaammppeenn nnuurr nnoocchh eeiinnee sseehhrr kklleeiinnee RReeiicchh--wweeiittee hhaatttteenn,, aallssoo nniicchhttss mmeehhrr aauussrriicchhtteenn kkoonnnntteenn.. SSeellbbsstt aann ddeenn nnääcchhsstteenn TTaaggeenn dduurrcchhssttrreeiifftteenn wwiirr nnoocchh ddiiee GGeeggeenndd aauuff ddeerr SSuucchhee nnaacchh uunnsseerreemm VVeerrmmiisssstteenn.. IInn ddeerr ggeessaammtteenn WWoohhnnaannllaaggee vveerrtteeiilltteenn wwiirr AAuusshhäännggee mmiitt ddeerr BBeesscchhrreeiibbuunngg ddeess VVooggeellss uunndd ddeerr BBiittttee uumm BBeennaacchhrriicchhttiigguunngg,, wweennnn ddaass TTiieerr ggee--ffuunnddeenn wwoorrddeenn wwäärree.. NNaacchh vviieerr TTaaggeenn sspprraacchh uunnss

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ddiiee MMuutttteerr eeiinneess 55jjäähhrriiggeenn MMääddcchheennss,, ddaass ddeenn KKiinn--ddeerrggaarrtteenn iinn uunnsseerreerr NNäähhee bbeessuucchhttee,, aann uunndd bbaatt ddaass KKiinndd,, uunnss sseeiinn EErrlleebbnniiss zzuu eerrzzäähhlleenn:: „„UUnnsseerree KKiinnddeerrggrruuppppee hhaatt iinn ddeerr HHeecckkee iimm KKiinnddeerrggaarrtteenn iihh--rreenn VVooggeell ggeeffuunnddeenn.. EErr wwaarr ggaannzz eerrsscchhööppfftt,, lliieeßß ssiicchh aabbeerr iinn ddiiee HHaanndd nneehhmmeenn.. MMeeiinneerr FFrreeuunnddiinn ggeeffiieell eerr ssoo gguutt,, ddaassss ssiiee gglleeiicchh ssaaggttee,, ddeenn nneehhmmee iicchh mmiitt nnaacchh HHaauussee.. IIcchh wweeiißß aauucchh,, wwoo ssiiee wwoohhnntt..““ NNoocchh aamm gglleeiicchheenn AAbbeenndd ggiinngg iicchh zzuu ddeerr FFaammiilliiee,, wwoo iicchh RRuuddii iinn eeiinneemm KKääffiigg vvoorrffaanndd;; eerr sscchhiieenn aabbeerr nniicchhtt ggeessuunndd zzuu sseeiinn.. DDaass MMääddcchheenn wwoollllttee ddeenn VVooggeell nniicchhtt wwiieeddeerr hheerrggeebbeenn,, iicchh bboott iihhrr 2200..-- DDMM uunndd kkoonnnnttee ssiiee üübbeerrrreeddeenn,, eeiinneenn aannddeerreenn WWeelllleennssiittttiicchh iimm ZZooooggeesscchhääfftt zzuu kkaauuffeenn.. SSiiee wwiilllliiggttee sscchhlliieeßßlliicchh eeiinn uunndd iicchh nnaahhmm uunnsseerreenn AAuussrreeiißßeerr mmiitt.. EErr hhaattttee ssiicchh eeiinnee LLuunnggeenneennttzzüünndduunngg ggeehhoolltt uunndd iicchh bbeehhaannddeellttee iihhnn mmiitt AAnnttiibbiioottiikkaa,, lleeiiddeerr oohhnnee EErrffoollgg,, nnaacchh eeiinniiggeerr ZZeeiitt ssttaarrbb eerr.. WWiiee aalltt HHaannssii 11999999 iinnzzwwiisscchheenn ggeewwoorrddeenn wwaarr,, kkoonnnntteenn wwiirr nniicchhtt eerrmmiitttteellnn,, eerr ttrruugg kkeeiinneenn RRiinngg.. NNaacchh uunnsseerreerr SScchhäättzzuunngg mmuussssttee eerr aabbeerr bbeessttiimmmmtt sscchhoonn 77 –– 88 JJaahhrree aalltt sseeiinn,, ffüürr eeiinneenn vveerruunnffaalllltteenn VVooggeell eeiinn rreessppeekkttaabblleess eerrrreeiicchhtteess LLeebbeennssaalltteerr.. EErr wwaarr ddeerr nnääcchhssttee uunnsseerreerr VVooggeellsscchhaarr,, ddeerr nnuunn oohhnnee lläännggeerree VVoorraannkküünnddiigguunngg ssttaarrbb.. FFüürr iihhnn uunnttyyppiisscchh zzeeiiggttee eerr MMüüddiiggkkeeiitt uunndd AAtteemmnnoott uunndd eerr lliieeßß ddeenn KKooppff hhäännggeenn.. BBeeii ddeerr kklliinniisscchheenn UUnntteerrssuucchhuunngg kkoonnnntteenn kkeeiinnee oorrggaanniisscchheenn EErrkkrraannkkuunnggeenn ffeessttggee--sstteelllltt wweerrddeenn.. MMeeiinnee FFrraauu nnaahhmm iihhnn aamm 22.. TTaagg sseeii--nneerr UUnnppäässsslliicchhkkeeiitt aauuss ddeemm BBaauueerr iinn ddiiee HHaanndd,, ssttrreeiicchheellttee iihhnn uunndd ppllööttzzlliicchh lleeggttee eerr ddeenn KKooppff zzuurr SSeeiittee uunndd wwaarr ttoott.. WWiirr lliieeßßeenn eess aauuff ssiicchh bbeerruuhheenn uunndd ssuucchhtteenn nniicchhtt wweeiitteerr nnaacchh ddeerr TTooddeessuurrssaacchhee,,

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lliieeßß iihhnn aann ddeenn bbeelliieebbtteenn SSiittzzoorrtteenn,, aann ddeenn FFrreessss-- uunndd TTrriinnkknnääppffeenn ddeenn VVoorrttrriitttt uunndd eeiinniiggee aannddeerree GGeess--tteenn,, ddiiee wwiirr aauuff aallllee FFäällllee iinn ddiieesseemm SSiinnnnee ddeeuutteetteenn.. ZZeeiitt sseeiinneess LLeebbeennss wwaarr ddeerr WWeelllleennssiittttiicchh mmiitt sseeiinneerr BBeessiittzzeerriinn,, ddiiee ssiicchh aalllleerrddiinnggss sseehhrr vviieell mmiitt iihhmm bbee--sscchhääffttiiggtt hhaattttee,, aalllleeiinn oohhnnee PPaarrttnneerr ggeewweesseenn.. NNuunn sscchhiieenn eerr eess zzuu ggeenniieeßßeenn,, eeiinneenn FFlluugg-- uunndd SSiittzzggee--ffäähhrrtteenn zzuu hhaabbeenn mmiitt ddeemm eerr ssiicchh ssooggaarr aauussggiieebbiigg iinn eeiinneerr SSpprraacchhee,, ddiiee wwiirr nniicchhtt vveerrssttaannddeenn,, uunntteerrhhaalltteenn kkoonnnnttee.. EEiinn rreeiicchhlliicchheess JJaahhrr kkoonnnntteenn wwiirr ddiieesseess VVoo--ggeellggllüücckk bbeeoobbaacchhtteenn uunndd zzuuffrriieeddeenn mmiitt eemmppffiinnddeenn.. IInn ddeerr gglleeiicchheenn WWoocchhee,, iinn ddeerr ddiiee äälltteerree DDaammee aauuss ddeemm LLeebbeenn sscchhiieedd,, ssttaarrbb aauucchh iihhrr WWeelllleennssiittttiicchh aann AAlltteerrsssscchhwwääcchhee.. GGiibbtt eess hhiieerrffüürr eeiinnee EErrkklläärruunngg?? WWiirr wwiisssseenn eess nniicchhtt,, aanneerrkkeennnneenn aabbeerr ddiiee AAuussssaaggee:: „„EEss ggiibbtt mmeehhrr DDiinnggee zzwwiisscchheenn HHiimmmmeell uunndd EErrddee,, aallss uunnsseerree SScchhuullwweeiisshheeiitt ssiicchh ttrrääuummeenn lläässsstt..““ DDaass ggrröößßttee UUnnggllüücckk wwaarr nnuunnmmeehhrr wwiieeddeerruumm,, uunnsseerr GGrrüünneerr mmuussssttee aalllleeiinn aauuff ddeerr SSttaannggee ssiittzzeenn uunndd dduurrcchh ddiiee WWoohhnnuunngg fflliieeggeenn.. AAllss RReennttnneerr kköönnnneenn wwiirr uunnss jjeettzztt vviieell mmiitt iihhmm bbeesscchhääffttiiggeenn uunndd mmeerrkkeenn aabbeerr,, eeiinneenn VVooggeellppaarrttnneerr eerrsseettzzeenn wwiirr iihhmm nniicchhtt.. HHiieerr kkoommmmtt rreecchhtt hhääuuffiigg HHiillffee iinn rreecchhtt eeiiggeennaarrttiiggeerr WWeeii--ssee.. DDiiee EEnnkkeelliinn,, iinnzzwwiisscchheenn iinn eeiinneerr eeiiggeenneenn WWoohh--nnuunngg,, hhaatt ssiicchh 22 WWeelllleennssiittttiicchhee aannggeesscchhaafffftt,, ddiiee ssiiee CChhaarrlleess uunndd CCaammiillllaa nneennnntt.. DDiiee bbeeiiddeenn ssiinndd sseehhrr hhääuuffiigg bbeeii uunnsseerreemm GGrrüünneenn zzuu BBeessuucchh,, jjuunnggee LLeeuuttee ffaahhrreenn iinn ddeenn UUrrllaauubb uunndd hhaabbeenn ddoocchh hhääuuffiigg ssoo mmaanncchheess vvoorr.. DDaass iisstt aauucchh uunnss ggaannzz rreecchhtt,, wwiirr ddüürr--ffeenn ddaannnn „„VVooggeellppfflleeggeeeelltteerrnn““ ssppiieelleenn.. DDaabbeeii eerrlleebbeenn wwiirr eeiinniiggee KKuurriioossiittäätteenn.. CChhaarrlleess iisstt ddaass WWeeiibbcchheenn uunndd CCaammiillllaa ddaass MMäännnncchheenn,, ddiiee EEnnkkeelliinn hhaattttee bbeeii ddeerr EErrmmiittttlluunngg ddeess GGeesscchhlleecchhttss nniicchhtt aacchhtt ggeeggeebbeenn

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Kleinnager und Reptilien Der Begriff Haustier ist klar definiert, zu den Heim-tieren zählen aber auch nicht domestizierte Spe-zies, obwohl sie sich in menschlicher Obhut befin-den. Interessierte Fachleute kennen diese spezifi-sche Einteilung, die meisten passionierten Heim-tierhalter wissen aber nicht darüber bescheid, sie haben ganz einfach Freude an der Haltung und Pflege dieser Lebewesen, die besonders bei Kin-dern sehr beliebt sind. Meerschweinchen, Hamster, weiße Mäuse und selbst Reptilien finden sich laut Statistik mit wachsender Tendenz in vielen deut-schen Haushalten. Schulen, Zoos und Tierschutz-organisationen tragen in diesem Rahmen eine hohe Verantwortung zur Aufklärung über artgerechte Hal-tung, Fütterung und Pflege dieser Tiere. Auf dem Büchermarkt findet sich zu diesen Themen eine Vielzahl von Publikationen, davon die fehlerfreien und seriösen zu entdecken, ist für Nichtfachleute schwierig. Am ehesten sind Literaturen aus Fach-buchverlagen, bei denen keine Verkaufswerbung für Heimtierbedarf im Vordergrund steht, zu empfehlen. Ähnliches gilt für die zahllosen Veröffentlichungen im Internet. Im vorliegenden Beitrag wird keine spe-zifische Aufklärung über fachliche Fragen beabsich-tigt, die nicht alltäglichen Geschichten sollen aber den Leser anregen über diesbezügliches richtiges oder falsches Handeln nachzudenken. In der DDR war in Städten für eine Familie mit 1 bis 2 Kindern eine Dreizimmerwohnung mit 60 bis 70 Quadratmeter Wohnfläche der Normalfall. Ein Fami-lienvater, der in den 1960er Jahren in einer solchen

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Wohnung nicht auf eine umfangreiche Heimtierhal-tung verzichten wollte, funktionierte hierfür kurz ent-schlossen das Kinderzimmer um. Hierin befanden sich: Zeitweilig ein Schäferhund, ständig ein 70 cm langer Waran in einem Terrarium, eine Mäusezucht als Futtergrundlage für die Echse, ein 100 l Aquari-um, ein Graupapagei, je 2 Wellensittiche, Meer-schweinchen, Zwergkaninchen und Goldhamster. Ab seinem sechsten bis zum 12. Lebensjahr musste der Sohn in diesem 15 Quadratmeter großen Zim-mer Schularbeiten machen, spielen und schlafen. Die zwei Jahre jüngere Tochter hatte ihre Schlaf-stelle im Wohnzimmer. Die Eltern waren beide Aka-demiker; in diesem Haushalt besaßen die Tiere größere Privilegien als die Familienmitglieder. Die Käfige, die Kriechtierunterkunft, das Aquarium und das gesamte Tierzimmer wurden regelmäßig gründ-lich gereinigt und befanden sich in einem sauberen Zustand. Bei der gesamten Tierbetreuung und Füt-terung hatten Erwachsene und Kinder zugeteilte Aufgaben zu erfüllen. Die Be- und Entlüftung des Zimmers ließ allerdings zu wünschen übrig, in der gesamten Wohnung waren die Tiergerüche stark vorherrschend und für Menschen mit geringerer Tierliebe meistens unangenehm. Selbst Beschwer-den von Wohnungsnachbarn blieben nicht aus; sie erstatteten sogar einige Male Anzeige wegen an-geblich nicht tierschutzgerechter Haltungsbedin-gungen. Leute, die sich in zoologischen Fragen we-niger auskannten, beanstandeten vorrangig die Verfütterung lebender Mäuse an den Waran. Die kontrollierenden Behörden fanden jedoch in keinem Falle Gründe für Maßreglungen, auch für das enge

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Zusammenleben von Mensch und Tier gab es keine gesetzlichen Verbote, hierfür konnte nur ein ver-nünftigeres Handeln angemahnt werden. Offenen-sichtlich waren alle in diesem Kleinzoo gehaltenen Heimtiere gesund, es wurden keine von Tier auf Menschen übertragbaren Erkrankungen bekannt. Einige Schulfreunde und Spielgefährten der beiden Kinder dieser Familie kamen sehr gern zu Besuch und fanden die Tierhaltung super, heute würden sie cool sagen. Sie drängten ihre Eltern ebenfalls zu Anschaffung mehrerer Heimtiere aber die geschil-derte Art und der Umfang wurden wahrscheinlich in keinem weiteren Fall nachgeahmt. Trotzdem war es für einige Kinder eine Anregung und Aufklärung für eine Heimtierhaltung. Öffentliche fachlich geleitete Heimtierzoos dürften sich aber besser als Lehrob-jekte eignen. Besonders ab Anfang der 1990er Jahre stieg in Deutschland die Anzahl der Reptilienhaltungen in Wohnungen. Die Ursachen hierfür wurden vermut-lich nicht untersucht, lassen sich aber u. a. durch die seither umfangreicher werdende Verkaufswer-bung der Zoofachhandlungen erklären. Auch die gewachsenen Möglichkeiten durch Reisen die Exo-ten in ihren natürlichen Lebensräumen kennen zu lernen, trug hierzu bei. Der Autor beschrieb in sei-nem 2007 veröffentlichten Buch „Schulunterricht 2050“, dass wahrscheinlich sogar in dieser fernen Zeit das Interesse der Schüler an ausgefallenen Heimtierhaltungen gegenüber heute noch wächst. Hier soll aus dieser Publikation auszugsweise eine Unterrichtsstunde in einer 4. Klasse geschildert werden, in der der Lehrer die Schüler über Erleb-

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nisse mit eigenen Haustieren berichten lässt, die Schülerin Fredericke beginnt: „Mein Onkel Franz, 20 Jahre alt, liebt stets ausgefallene Objekte. Nach dem Abitur vor knapp 2 Jahren zog er gleich von zu Hause aus, weil er sich in einer eigenen Wohnung einen Kindheitstraum erfüllen wollte, er schaffte sich eine Boa constrictor an. Ich besuchte ihn schon mehrmals, spannend erzählt er über seine außer-gewöhnliche Tierhaltung. Er will nach Abschluss seiner zwei Pflichtarbeitsjahre Biologie studieren und sich später für eine Tätigkeit in einer Schlan-genfarm - vielleicht in Argentinien - bewerben. All das ist jetzt in unserer globalisierten Welt möglich, aber nur die fähigsten Spezialisten haben Chancen, in ihrem Traumberuf unterzukommen. Auch ich will nach dem Abitur während der neu eingeführten Pflichttätigkeit in sozialen Diensten schon versu-chen, mich auf meinen angestrebten Beruf als Na-no - Biotechnikerin vorzubereiten. Die Boa hält mein Onkel in einem extra Wohnzimmer, das er ausbruchssicher herrichtete. Trotzdem geschah das unfassbare; die 4 m lange Schlange gelangte in die Nachbarwohnung. Ich kann mir durchaus den Schreck des dort wohnenden älteren Ehepaares vorstellen, als sich plötzlich frühmorgens gegen 6,00 Uhr die Riesenschlange über ihre Bettdecke, 20 cm von ihren Köpfen entfernt, hinweg schlängel-te. Geistesgegenwärtig verhielten sie sich ruhig und fast bewegungslos. Das Tier bekundete auch kein Interesse an ihnen, es trat den Rückzug in sein ei-genes Domizil an, dort sind die Futterstelle und die ihr wohltuenden Wärmequellen. Die kältere Schlafstube dieser Menschen behagte ihr doch

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nicht so recht. Die Boa ist keine Giftschlage, kann aber den Menschen gefährlich werden, wenn sie sie umschlingt und dabei vielleicht erdrückt. Mein Onkel meint, fast alle Tiere greifen nur dann Menschen an, wenn sie sich bedroht fühlen. Nach diesem Aus-bruch seiner Boa musste er allerhand Auflagen er-füllen, um das Tier weiter in der Wohnung halten zu dürfen. Im Übrigen riecht es in seiner Wohnung im-mer nach Mäusen, selbst in der Werbung empfoh-lene Raumsprays helfen da nicht. Die Kleinnager werden aber als lebende Nahrung für die Schlange benötigt; deshalb gab es sogar Ärger mit einigen Tierschützern, die verbieten wollten, lebende Mäuse an die Schlange zu verfüttern. Erfreulicher Weise kam es hier zu einer sachlichen Aussprache die klärte, dass bei in Gefangenschaft gehaltenen Tie-ren oft naturgemäße Methoden, die uns Menschen grausam erscheinen, unumgänglich sind. Nach diesen Zukunftsgedanken soll im Weiteren auch eine nicht alltägliche Geschichte, die sich tat-sächlich in der Vergangenheit ereignete, dargestellt werden. Früher waren das Angebot und die Vielfalt an Kin-derspielzeug wesentlich geringer als heute. Das spornte die Kinder mehr an, eigene Ideen zu ver-wirklichen. Ende der 1930er Jahre kam der zehn-jährige Junge Günter auf den Gedanken gemein-sam mit seinem gleichaltrigen Spielkameraden eine improvisierte Seilbahn zu bauen. Sie wohnten in einer Kleinstadt in gegenüberliegenden Häusern in der 3. Etage. Von Fensterfront zu Fensterfront war über einer wenig befahrenen Straße ein Abstand von ungefähr 25 m. In seiner Mutter hatte Günter

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eine gute Helferin, sie besorgte lange Wäschelei-nen, Zigarrenkisten, Zwirnsrollen und was sonst noch dazu gehörte. In den behelfsmäßigen Trans-portbehältern der nachgeahmten Schwebebahn wurden Zinnsoldaten, Indianer, Püppchen und Mö-bel aus der Puppenstube, Gegenstände vom Kauf-mannsladen und allerhand Kleinspielzeug verladen und an den zwischen den Fenstern gespannten Seil auf die Reise hin und her geschickt. Der größte Clou war der Transport der weißen Mäuse, die der Junge in der Wohnung in einem Glaskasten hielt. Im Nu hatten sich auf der Straße viele Kinder ver-sammelt, die durch Geschrei und Hinweise die bei-den Buben in ihrem Tun anfeuerten. Als die Tier-chen in luftiger Höhe schwebten ließen die Buben das Seil vorsichtig auf die Straße hinunter, unten klappte aber der Deckel der Zigarrenkiste auf und die Mäuse krabbelten flugs heraus. Mit großem Hal-lo stürzte sich die Kinderschar auf die Ausreißer, die alle wieder eingesammelt zurück in Günters Woh-nung gebracht werden mussten. Die Eltern der an-deren Kinder wehrten sich solche Tierchen aufzu-nehmen. Gerade das hatte sich aber seine Mutter gewünscht, denn die Mäuse waren sehr fruchtbar und zumindest war eine Bestandsreduzierung not-wendig geworden. Bestürzt stellte sie jedoch fest, dass alle wieder da waren. Im Übrigen ekelte sie sich und sie störte auch der nicht zu verhindernde Mäusegeruch in der Wohnung. Schließlich gelang es ihr, Günter davon zu überzeugen, dass die Hal-tungsbedingungen in der Gefangenschaft für diese Tierart Tierquälerei sei. Er willigte ein, die Nager in der zum Anwesen gehörenden Scheune auszuset-

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zen, sie bemerkte: „Du kannst jeden Tag gucken gehen und wirst sie auch bestimmt sehen, denn sie heben sich von den anderen ab und Katzen mögen keine weißen Mäuse, die schmecken ihnen nicht.“ Leider wurde kein Bericht über das Schicksal der ausgesetzten Tiere überliefert und Zeitzeugen leben nicht mehr.

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Haushahn, Ganter und Hund Haushahn, Ganter und Hund unterschiedliche Tier-arten erfüllten „haupt- oder nebenberuflich“ recht oder schlecht eine gleiche Aufgabe, sie bewachten Bauernhöfe; außerdem führten sie dort ein für diese Tiere typisches Leben auf dem Lande. Das spielte sich in der 2. Hälfte der 1940er Jahren ab; in den Folgejahren entstand eine neue Struktur der Land-wirtschaft, damit verloren die Tiere diese Aufträge und Position. Welcher der Drei der jeweils beste und fähigste oder auch ein ungeeigneter Wächter war, möge der Leser selbst beurteilen, wenn er die Lebensgeschichten gelesen hat. Haushahn Gockel VViieerr LLeebbeennssjjaahhrree llaanngg ssttoollzziieerrttee ddeerr ggrrooßßee kkrrääffttiiggee HHüühhnneerrhhaahhnn GGoocckkeell ggeennaannnntt uunndd ggeerruuffeenn aauuff ddeemm ggrrooßßeenn HHooff eeiinneess BBaauueerrnngguutteess hheerruumm.. DDeemm ZZuucchhtt--ssttaammmm,, rreebbhhuuhhnnffaarrbbiiggeerr IIttaalliieenneerr,, ggeehhöörrtteenn nneebbeenn iihhmm nnoocchh 1100 HHeennnneenn aann.. DDiiee üübbrriiggee HHüühhnneerrhhaallttuunngg ddeess AAnnwweesseennss bbeeffaanndd ssiicchh mmiitt UUnntteerrkküünnfftteenn uunndd AAuussllaauuff iinn eeiinneemm sseeppaarraatteenn GGaarrtteenn.. GGoocckkeell wwuussssttee sscchheeiinnbbaarr nniicchhtt wwiiee eerr hhiieeßß,, ssoo aann--ggeesspprroocchheenn rreeaaggiieerrttee eerr ggaarr nniicchhtt.. EErr uunndd sseeiinnee HHüühhnneerr sscchhlliieeffeenn iinn eeiinneemm aabbggeetteeiilltteenn RRaauumm ddeerr SScchheeuunnee mmiitt sseeppaarraatteemm EEiinnggaanngg uunndd zzeehheennggeerreecchh--tteenn SSiittzzssttaannggeenn.. NNeesstteerr iinn ddeenneenn mmaann uunnggeessttöörrtt EEiieerr lleeggeenn kkoonnnnttee ggeehhöörrtteenn zzuurr kkoommffoorrttaabblleenn AAuuss--ssttaattttuunngg iihhrreess SSttaalllleess,, wwoohhiinn ssiiee ssiicchh aallllee aabb ddeerr AA--bbeennddddäämmmmeerruunngg bbeeggaabbeenn.. DDaass HHeellllwweerrddeenn ffrrüühh--mmoorrggeennss kküünnddiiggttee GGoocckkeell jjeeddeenn TTaagg mmiitt sseeiinneemm ttyyppiisscchheenn KKrräähheenn aann,, eess wwaarr gglleeiicchhzzeeiittiigg ddiiee AAuuffffoorr--

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ddeerruunngg aann sseeiinnee SScchhaarr,, ggeemmeeiinnssaamm ddiiee UUnntteerrkkuunnfftt zzuu vveerrllaasssseenn.. DDiiee ZZeeiitt vvoonn SSoonnnneennaauuff-- bbiiss SSoonnnneenn--uunntteerrggaanngg vveerrbbrraacchhtteenn ssiiee iimm FFrreeiieenn uunndd nnuurr TTeemm--ppeerraattuurreenn kkäälltteerr aallss MMiinnuuss 1100 GGrraadd ggeessttaatttteetteenn eeii--nneenn DDaauueerraauuffeenntthhaalltt iinn SSttaallll ooddeerr SScchheeuunnee.. SSeellbbsstt RReeggeenn uunndd SScchhnneeee ssttöörrttee ssiiee nniicchhtt.. AAuuff ddeemm ggrrooßßeenn MMiisstthhaauuffeenn iinn ddeerr MMiittttee ddeess HHooffeess hhiieelltteenn ssiiee ssiicchh aallllee aamm lliieebbsstteenn aauuff,, ddoorrtt wwaarreenn vviieellee WWüürrmmeerr uunndd kklleeiinneess sscchhmmaacckkhhaafftteess GGeettiieerr zzuu ffiinnddeenn.. FFüürr ddeenn HHaahhnn wwaarr eess nnaacchh uunnsseerreenn mmeennsscchhlliicchheenn VVoorrsstteell--lluunnggeenn jjeeddoocchh eeiinn gglleeiicchhmmääßßiiggeess eeiinnttöönniiggeess LLeebbeenn.. SScchheeiinnbbaarr ffüühhllttee eerr ssiicchh aabbeerr iinn sseeiinneerr RRoollllee aallss BBee--sscchhüüttzzeerr ddeerr HHeennnneenn,, ddiiee iihhnn aallss „„BBeessttiimmmmeerr““ aakk--zzeeppttiieerrtteenn,, sseehhrr wwoohhll.. DDiiee MMeennsscchheenn,, ddiiee ssiicchh aauuff ddeenn HHooff uunndd iinn ddeenn SSttäälllleenn bbeewweeggtteenn uunndd ttäättiigg wwaa--rreenn,, ggeehhöörrtteenn zzuurr ggeewwoohhnntteenn UUmmggeebbuunngg uunndd wwuurr--ddeenn vvoonn HHaahhnn uunndd HHüühhnneerrnn ggaarr nniicchhtt mmeehhrr bbeewwuusssstt wwaahhrrggeennoommmmeenn.. GGlleeiicchheess ggaalltt ffüürr ddeenn HHuunndd BBeelllloo,, ddeerr aannggeekkeetttteett vvoorr sseeiinneerr HHüüttttee ssttaanndd ooddeerr llaagg uunndd ddiiee KKaattzzeenn,, ddiiee aabb uunndd zzuu üübbeerr ddeenn HHooff lliieeffeenn.. WWoorr--aann GGoocckkeell FFrreemmddee eerrkkaannnnttee,, wweennnn ssiiee ddeenn HHooff bbeettrraatteenn,, kkoonnnnttee nniicchhtt aauuffggeekklläärrtt wweerrddeenn.. SSoobbaalldd ddiieessee iinn sseeiinnee uunndd iinn ddiiee NNäähhee sseeiinneerr SScchhuuttzzbbeeffoohh--lleenneenn kkaammeenn,, ssttiieeßß eerr zzuunnääcchhsstt eeiiggeennaarrttiiggee WWaarrnnrruu--ffee aauuss,, eerr ggaacckkeerrttee ggaannzz ggeeffäähhrrlliicchh.. SSoolllltteenn ddiieessee EEiinnddrriinngglliinnggee ggaarr aauuff iihhnn zzuuggeehheenn,, rrüüsstteettee eerr zzuumm KKaammppff.. JJee äälltteerr eerr wwuurrddee uummssoo sscchhlliimmmmeerr eennttwwii--cckkeellttee ssiicchh sseeiinnee AAnnggrriiffffsslluusstt,, bbeessoonnddeerrss ggeeggeennüübbeerr KKiinnddeerrnn.. DDuurrcchh eeiinn ddiieessbbeezzüügglliicchheess VVoorrkkoommmmnniiss vveerrlloorr eerr ddeesshhaallbb ssooggaarr sseeiinnee FFuunnkkttiioonn aallss ZZuucchhtt--hhaahhnn uunndd mmuussssttee eeiinneemm JJüünnggeerreenn wweenniiggeerr AAggggrreess--ssiivveenn wweeiicchheenn..

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EEiinn aacchhttjjäähhrriiggeerr JJuunnggee uunndd eeiinn gglleeiicchhaallttrriiggeess MMäädd--cchheenn,, VVeerrwwaannddttee aauuss ddeerr GGrrooßßssttaaddtt,, bbeessuucchhtteenn ddiiee BBaauueerrnnffaammiilliiee.. DDiiee KKiinnddeerr bbeeääuuggtteenn nneeuuggiieerriigg ddeenn UUmmggaanngg mmiitt ddeenn llaannddwwiirrttsscchhaaffttlliicchheenn TTiieerreenn,, ssiiee wwaaggtteenn ssiicchh ssooggaarr mmaanncchhmmaall aalllleeiinn iinn ddeerreenn NNäähhee.. NNiieemmaanndd hhaattttee ssiiee vvoorrmm GGoocckkeell ggeewwaarrnntt.. SSiiee ggiinn--ggeenn aalllleeiinn aauuff ddeenn HHooff,, wwoolllltteenn ddeenn pprrääcchhttiiggeenn HHaahhnn,, ddeerr aauuff ddeerr MMiissttuummrraanndduunngg tthhrroonnttee aauuss ddeerr NNäähhee aannsscchhaauueenn,, vviieelllleeiicchhtt ssooggaarr ssttrreeiicchheellnn.. AAllss ddiiee BBeeiiddeenn nnoocchh kkeeiinnee 55 mm vvoonn iihhmm eennttffeerrnntt iimmmmeerr nnää--hheerr kkaammeenn ffllaatttteerrttee eerr aauuff,, sspprreeiizzttee ddiiee FFllüüggeell uunndd ssttüürrzzttee ssiicchh zzuueerrsstt aauuff ddaass MMääddcchheenn,, ddiiee eerr aauuff ddeemm KKooppff mmiitt sseeiinneemm ssppiittzzeenn SScchhnnaabbeell bbeeaarrbbeeiitteettee.. DDeerr JJuunnggee wwoollllttee iihhrr hheellffeenn,, eerr wwuurrddee sseeiinn nnääcchhsstteess OOpp--ffeerr,, iihhnn hhaacckkttee eerr iinnss GGeessiicchhtt,, nnuurr gguutt,, ddiiee AAuuggeenn bblliieebbeenn vveerrsscchhoonntt.. DDiiee WWuunnddeenn bblluutteetteenn sseehhrr ssttaarrkk.. DDuurrcchh ddaass ggrrooßßee GGeesscchhrreeii uunndd ddeenn TTuummuulltt eeiillttee ddiiee BBaauueerrssffrraauu hheerrbbeeii;; mmiitt ggeeüübbtteemm GGrriiffff ffaassssttee ssiiee ddeenn UUnnhhoolldd,, ddeerr nnuurr mmiitt GGeewwaalltt vvoonn wweeiitteerreenn AAttttaacckkeenn zzuurrüücckk ggeehhaalltteenn wweerrddeenn kkoonnnnttee;; eerr wwuurrddee ssooffoorrtt eeiinnggeessppeerrrrtt.. DDeerr WWeegg iinnss KKrraannkkeennhhaauuss bblliieebb ddeenn 22 GGeesscchhääddiigg--tteenn eerrssppaarrtt.. DDeerr cchhiirruurrggiisscchh aauussggeebbiillddeettee HHaauussaarrzztt bbeehhaannddeellttee ddiiee KKiinnddeerr aammbbuullaanntt,, pprrooggnnoossttiizziieerrttee aabbeerr,, ddaassss bbeessttiimmmmtt WWuunnddnnaarrbbeenn zzuurrüücckk bblleeiibbeenn.. VVoorr nniicchhtt aallll zzuu llaannggeerr ZZeeiitt hhaattttee ddeerr HHaahhnn sscchhoonn eeiinnmmaall eeiinneenn 1122 JJäähhrriiggeenn aannggeeggrriiffffeenn,, ddeerr ssiicchh aabbeerr wweehhrrttee uunndd uunnvveerrlleettzztt rreetttteettee.. DDeerr BBaauueerr eennttsscchhiieedd ddeesshhaallbb,, ddaass wwaarr ddiiee lleettzzttee UUnnttaatt ddeess GGoocckkeellss,, ddeerr sseeiinneenn WWaacchhddiieennsstt zzuu uunnqquuaalliiffiizziieerrtt vveerrssiieehhtt.. DDaass TTiieerr vveerrmmoocchhttee eess mmiitt sseeiinneemm HHüühhnneerrvveerrssttaanndd eeiinn--ffaacchh nniicchhtt lleerrnneenn zzwwiisscchheenn FFrreeuunndd uunndd FFeeiinndd zzuu uunntteerrsscchheeiiddeenn.. IImm ÜÜbbrriiggeenn kkoommmmtt eess vvoorr aalllleemm

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nnaacchhttss ddaarraauuff aann ddaass GGeehhööfftt zzuu bbeewwaacchheenn uunndd iinn ddiieesseerr ZZeeiitt ssiinndd ddiiee HHüühhnneerr iinn iihhrreenn SSttaallll uunndd sscchhllaa--ffeenn.. SSiiee wweerrddeenn nnuurr wwaacchhssaamm,, wweennnn ssiicchh ddoorrtt eeiinn ttiieerriisscchheerr zz.. BB.. FFuucchhss,, MMaarrddeerr uunndd aannddeerreerr ooddeerr eeiinn mmeennsscchhlliicchheerr DDiieebb zzuu sscchhaaffffeenn mmaacchheenn.. DDiiee SSttaaddttkkiinnddeerr ssiinndd ttrroottzz iihhrreerr WWuunnddeenn uunndd SScchhmmeerrzzeenn ttrraauurriigg,, ddaassss ddeerr HHaahhnn iimm KKoocchhttooppff llaann--ddeett uunndd wwoolllleenn vvoonn ddeerr eennttsspprreecchheennddeenn SSuuppppee nniicchhttss mmiitt eesssseenn.. SSiiee eerrffaahhrreenn aabbeerr iinnssggeessaammtt eeiinnee iinntteerreessssaannttee AAuuffkklläärruunngg üübbeerr ddiiee VVeerrwweerrttuunngg ddeerr eessssbbaarreenn llaannddwwiirrttsscchhaaffttlliicchheenn TTiieerree,, wwoommiitt ssiiee bbeeii iihhrreenn MMiittsscchhüülleerrnn iinn ddeerr SSttaaddtt kküünnffttiigg mmiitt IInnssiiddeerrwwiiss--sseenn aauuffwwaarrtteenn kköönnnneenn.. GGaanntteerr ooddeerr GGäännsseerriicchh FFrriiddoolliinn IImm GGaarrtteenn eeiinneess BBaauueerrnnhhooffeess wwuurrddee eeiinnee HHeerrddee HHaauussggäännssee ggeehhaalltteenn.. DDiieessee TTiieerraarrtt sscchhaaffffttee mmaann eerrsstt iinn ddeerr 22.. HHäällffttee ddeerr 11994400eerr JJaahhrree aann.. IInn ddiieesseerr NNaacchhkkrriieeggsszzeeiitt ggaabb eess sseehhrr wweenniigg zzuu eesssseenn,, ddeess--hhaallbb ssoollllttee ddaammiitt ffüürr FFaammiilliiee,, VVeerrwwaannddttsscchhaafftt uunndd gguuttee BBeekkaannnnttee ddeerr bbeelliieebbttee uunndd ffüürr vviieellee uunnvveerrzziicchhtt--bbaarree WWeeiihhnnaacchhttss-- uunndd tteeiillwweeiissee aauucchh MMaarrttiinnssggaannss--bbrraatteenn ggeessiicchheerrtt wweerrddeenn.. AAuußßeerrddeemm eeiiggnneetteenn ssiicchh GGäännssee lleebbeenndd ooddeerr ggeesscchhllaacchhtteett aallss TTaauusscchhoobbjjeekktt ffüürr mmaanncchhee rraarree HHaauusshhaallttss-- ooddeerr aauucchh LLuuxxuusswwaarree.. EEcchhtteerr BBoohhnneennkkaaffffeeee wwaarr iinn ddiieesseerr ZZeeiitt nnuurr sscchhwwiiee--rriigg zzuu bbeesscchhaaffffeenn,, ddiiee BBaauueerrssffrraauu eeiinnee lleeiiddeennsscchhaafftt--lliicchhee KKaaffffeeeettrriinnkkeerriinn ttaauusscchhttee mmaanncchhee GGaannss ggeeggeenn ddiiee wweerrttvvoolllleenn BBoohhnneenn eeiinn.. IInn ddeerr ssoowwjjeettiisscchheenn BBeessaattzzuunnggsszzoonnee ggeehhöörrttee mmiitt üübbeerr 3300 hhaa AAcckkeerrffllääcchhee ddeerr BBeettrriieebb zzuu ddeenn GGrrooßß--bbaauueerrnn,, ddiiee ggrrooßßee SScchhwwiieerriiggkkeeiitteenn hhaatttteenn ddaass ffüürr ssiiee bbeessoonnddeerrss hhoohhee AAbblliieeffeerruunnggssssoollll zzuu eerrffüülllleenn.. SSiiee

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mmuusssstteenn mmiitt SSiinnnn,, VVeerrssttaanndd uunndd aauussggeekkllüüggeelltteenn MMeetthhooddeenn hhööcchhssttee EErrttrrääggee aauuss ddeerr VViieehhwwiirrttsscchhaafftt hheerraauusshhoolleenn.. IInn ddiieesseemm RRaahhmmeenn vveerrvvoollllssttäännddiiggttee ddiiee zzuussäättzzlliicchhee GGäännsseehhaallttuunngg ddiiee MMaaßßnnaahhmmeenn kklluu--ggeerr WWiirrttsscchhaaffttssffüühhrruunngg.. IImm ÜÜbbrriiggeenn mmuussssttee mmaann ssiicchh ssttäännddiigg üübbeerr ddiiee nneeuueesstteenn BBeessttiimmmmuunnggeenn iinn--ffoorrmmiieerreenn,, wweerr GGeesseettzzee vveerrlleettzzttee,, hhaattttee ssttrraaffrreecchhttllii--cchhee FFoollggeenn bbiiss hhiinn zzuurr EEnntteeiiggnnuunngg zzuu bbeeffüürrcchhtteenn.. EErrsscchhwweerrtt wwuurrddee ddiieess dduurrcchh ddiiee zzaahhllrreeiicchheenn BBeeffeehhllee ddeerr SSoowwjjeettiisscchheenn MMiilliittäärraaddmmiinniissttrraattiioonn ((SSMMAA)),, ddiiee ffüürr DDeeuuttsscchhee vviieell NNeeuueess uunndd UUnnggeewwoohhnntteess bbeeiinnhhaall--tteetteenn.. DDeerr BBaauueerr kkaauuffttee GGöösssseell,, bbeettrriieebb nnuurr GGäännsseemmaasstt uunndd kkeeiinnee ZZuucchhtt;; ddeesshhaallbb bbeessttaanndd kkeeiinnee NNoottwweenn--ddiiggkkeeiitt eeiinn mmäännnnlliicchheess ZZuucchhttttiieerr zzuu hhaalltteenn.. GGaanntteerr FFrriiddoolliinn,, ssoo ttaauufftteenn iihhnn ddiiee KKiinnddeerr ddeess BBaauueerrnn wwaarr ddeesshhaallbb eeiinn AAuussnnaahhmmeeffaallll.. DDiiee ddaammaallss aauuss vviieelleenn GGeeggeennddeenn kkoommmmeennddeenn UUmmssiieeddlleerr ffüühhrrtteenn ddeenn BBeegg--rriiffff GGäännsseerriicchh eeiinn.. FFrriiddoolliinn hhaattttee ssiicchh iinn ddeerr MMaassttppee--rriiooddee 11994477 sseehhrr uummssiicchhttiigg ggeezzeeiiggtt,, ddiiee GGäännsseesscchhaarr bbeewwaacchhtt uunndd zzuussaammmmeennggeehhaalltteenn.. EErr üübbeerrlleebbttee ddeess--hhaallbb iinn ddeerr VVoorrwweeiihhnnaacchhtt ddiieesseess JJaahhrreess ddiiee uumm ddiiee--ssee ZZeeiitt ssttaattttffiinnddeennddee GGäännsseesscchhllaacchhttssaaiissoonn.. DDiieessee AAuuffggaabbeenn oobbllaaggeenn iihhmm ddaannnn bbiiss 11995522,, aallssoo 55 JJaahhrree llaanngg.. FFrriiddoolliinn,, NNaacchhkkoommmmee eeiinneerr ZZuucchhttggaannss,, ddiiee 5500 bbeeffrruucchhtteettee EEiieerr ggeelleeggtt hhaattttee,, sscchhllüüppffttee iinn eeiinneemm BBrruuttkkaasstteenn uunndd kkaamm zzuussaammmmeenn mmiitt 2200 KKüükkeenn 11994466 iinn ddeenn llaannddwwiirrttsscchhaaffttlliicchheenn BBeettrriieebb.. AAbb MMaaii kkaammeenn ddiiee GGäännssee iinn ssoo ggeennaannnnttee WWeeiiddeemmaasstt,, wwoo ssiiee nnaacchh ccaa.. 77 MMoonnaatteenn eeiinn EEnnddggeewwiicchhtt vvoonn dduurrcchhsscchhnniittttlliicchh 77 kkgg eerrrreeiicchheenn ssoolllltteenn.. VVoonn AAnnffaanngg aann ttaatt ssiicchh ddiieesseerr GGaanntteerr bbeessoonnddeerrss hheerrvvoorr uunndd vveerrssuucchhttee iinn ddeerr RRaanngglliissttee iimmmmeerr ggaannzz oobbeenn zzuu sstteehheenn.. BBeeii aalllleenn

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FFrreemmddeenn,, bbeessoonnddeerrss MMeennsscchheenn,, HHuunnddeenn,, KKaattzzeenn,, SScchhaaffee,, ZZiieeggeenn,, ddiiee ssiicchh hhiinn uunndd wwiieeddeerr ddeenn GGäänn--sseenn nnäähheerrtteenn nnaahhmm eerr eeiinnee üübbeerrttrriieebbeennee AAbbwweehhrr--hhaallttuunngg eeiinn.. VVoonn JJuuggeenndd aann bblliieebbeenn sseeiinnee AAnnggrriiffffss--mmeetthhooddeenn:: HHaallss ssttrreecckkeenn,, ggeeffäähhrrlliicchh zziisscchheenn uunndd ddeenn GGeeggnneerr ffrroonnttaall eennttggeeggeenn rreennnneenn.. SScchhoonn iimm eerrsstteenn LLeebbeennssjjaahhrr nnaahhmm ddiieesseess TTiieerr sscchhnneelllleerr uunndd mmeehhrr zzuu aallss sseeiinnee MMiittggeesscchhööppffee;; nnaacchh 55 MMoonnaatteenn wwoogg ddeerr BBaauueerr iinntteerreesssseehhaallbbeerr ddiiee MMaassttttiieerree uunndd vveerrkküünnddeettee ssttoollzz:: „„FFrriiddoolliinn hhaatt üübbeerr--dduurrcchhsscchhnniittttlliicchh zzuuggeennoommmmeenn,, eeiinnee AAuussnnaahhmmee,, eerr wwiieeggtt sscchhoonn 66,,55 kkgg““.. VViieelllleeiicchhtt wwaarr ddaass uunndd sseeiinn VVeerrhhaalltteenn ddiiee UUrrssaacchhee,, ddaassss eerr JJaahhrr ffüürr JJaahhrr vvoonn ddeerr SScchhllaacchhttuunngg vveerrsscchhoonntt bblliieebb.. FFrreeiilliicchh ddüürrffttee aauucchh ddeerr eeiinnuunnddzzwwaannzziiggjjäähhrriiggee SSoohhnn ddeerr FFaammiilliiee,, ddeerr eeiinn SSttuuddiiuumm ddeerr LLaannddwwiirrttsscchhaafftt bbeeggoonnnneenn hhaattttee,, eeiinn WWoorrtt mmiitt ggeesspprroocchheenn hhaabbeenn.. DDeerr eemmppffaahhll aauucchh bbeeii GGäännsseenn,, wwiiee bbeeii aalllleenn HHeerrddeennttiieerreenn,, eeiinn LLeeiittttiieerr zzuu fföörrddeerrnn;; ddaadduurrcchh wwiirrdd ddaass HHüütteenn eerrlleeiicchhtteerrtt.. IImm AAllllggeemmeeiinneenn iisstt ddaass zzwwaarr eeiinnee GGaannss,, ddeerr sstteettss aallllee hhiinntteerrhheerr wwaattsscchheellnn,, aabbeerr aauucchh eeiinn GGäännsseerriicchh kkaannnn ooffffeennssiicchhttlliicchh ddiieessee FFuunnkkttiioonn üübbeerrnneehhmmeenn.. DDiiee GGäännssee mmuusssstteenn iinn iihhrreemm AAuussllaauuff oohhnnee nnaattüürrllii--cchheess WWaasssseerrbbeecckkeenn aauusskkoommmmeenn,, iinn eeiinneemm ggrröößßee--rreenn BBoottttiicchh aauuss HHoollzz ssttaanndd aabbeerr sstteettss ggeennüüggeenndd TTrriinnkkwwaasssseerr zzuu VVeerrffüügguunngg.. IInn ddiieesseemm BBeehhäälltteerr ssttiillll--tteenn ssiiee jjeeddoocchh nniicchhtt nnuurr iihhrreenn DDuurrsstt,, ssoonnddeerrnn vveerr--ssuucchhtteenn aauucchh hhiinn uunndd wwiieeddeerr ddaarriinn zzuu bbaaddeenn.. KKaauumm vvoorrsstteellllbbaarr wwiiee sscchhllaammmmiigg ddaannnn ddeerr uunnbbeeffeessttiiggttee BBooddeenn iinn ddeerr UUmmggeebbuunngg wwuurrddee.. DDiiee 1177 jjäähhrriiggee NNiicchhttee ddeess BBaauueerrnn wwaarr aauuss ddeerr SSttaaddtt zzuu BBeessuucchh,, ssaahh ddiiee sscchhmmuuttzziiggeenn GGäännssee uunndd bbeeddeeuutteettee:: „„WWeennnn iicchh mmiirr vvoorrsstteellllee ssoollcchhee ddrreecckkiiggeenn GGäännsseeffeeddeerrnn

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kkoommmmeenn iinn mmeeiinn KKooppffkkiisssseenn,, ddaannnn bbeekkoommmmee iicchh rriicchhttiiggee GGäännsseehhaauutt.. WWiirrkktt ssiicchh ddeerr SScchhmmuuttzz eeiiggeenntt--lliicchh aauucchh aauuff ddaass FFlleeiisscchh aauuss?? IIcchh hhaabbee ggeehhöörrtt,, ddaassss KKaarrppffeenn,, ddiiee iimm SScchhllaammmm lleebbeenn aauucchh ddaannaacchh sscchhmmeecckkeenn ssoolllleenn!!““ DDeerr iinn llaannddwwiirrttsscchhaaffttlliicchheenn FFrraa--ggeenn uunnaauuffggeekklläärrttee TTeeeennaaggeerr wwuurrddee bbeelleehhrrtt,, bbeekkaamm aabbeerr ggeessaaggtt,, ssiiee kköönnnnee bbeeiimm nnääcchhsstteenn GGaannsseesssseenn dduurrcchhaauuss aauuff iihhrree FFlleeiisscchhppoorrttiioonn vveerrzziicchhtteenn.. PPllööttzz--lliicchh wwaarr ddaass aalllleess ggaarr nniicchhtt mmeehhrr ssoo sscchhlliimmmm,, ddiiee ffaasstt sscchhwwaarrzzeenn TTiieerree ssaahheenn nniieeddlliicchh aauuss uunndd ddeerr BBrraatteenn wwüürrddee bbeessttiimmmmtt ggaannzz vvoorrzzüügglliicchh sscchhmmeecckkeenn.. WWeemm wwuunnddeerrtt eess,, ddaassss ddeerr BBaauueerrnnssoohhnn,, ddeerr SSttuu--ddeenntt,, ggeerrnn mmiitt sseeiinneerr hhüübbsscchheenn CCoouussiinnee fflliirrtteettee uunndd iihhrr ggeeggeennüübbeerr mmiitt sseeiinneemm WWiisssseenn pprraahhllttee.. SSoo kkaamm eerr bbeeiimm SSppaazziieerrggaanngg iinn ddeerr NNäähhee ddeerr GGäännsseewweeiiddee iinnss ddoozziieerreenn üübbeerr ddiiee aarrtt-- uunndd ssaacchhggeerreecchhttee GGeeffllüü--ggeellhhaallttuunngg,, vveerrsscchhwwiieegg aabbeerr ddiiee GGeeffäähhrrlliicchhkkeeiitt vvoonn FFrriiddoolliinn.. SSiiee nnäähheerrtteenn ssiicchh ddeerr GGäännsseesscchhaarr uunndd ddeerr GGaanntteerr ggrriiffff ddaass MMääddcchheenn aann.. EErr ssaauussttee aauuff ssiiee zzuu,, eerrffaassssttee iihhrreenn RRoocckkssaauumm uunndd vveerrssuucchhttee ssiiee vvoonn sseeii--nneenn SScchhüüttzzlliinnggeenn ffoorrtt zzuu ttrreeiibbeenn.. JJeettzztt kkoonnnnttee ssiicchh ddeerr jjuunnggee MMaannnn aallss RRiitttteerr zzeeiiggeenn,, eerr ppaacckkttee ddaass TTiieerr aamm HHaallss,, sscchhlleeuuddeerrtt eess eeiinniiggee MMeetteerr ddaavvoonn uunndd bbaannnnttee ddaammiitt aallllee GGeeffaahhrr.. BBeewwuunnddeerrnndd zzoollllttee iihhmm ddaass SSttaaddttffrrääuulleeiinn AAnneerrkkeennnnuunngg uunndd sstteellllttee wweeiitteerrhhiinn vviieellee FFrraaggeenn zzuumm UUmmggaanngg mmiitt TTiieerreenn.. SSoo kkoommmmtt eerr bbeeiimm wweeiitteerreenn EErrkklläärreenn aauuff ddaass ssoo ggeennaannnnttee LLee--bbeennddrruuppffeenn uunndd SSttooppffeenn ddeerr GGäännssee zzuu sspprreecchheenn,, bbeewwuusssstt üübbeerrttrreeiibbtt eerr ddaabbeeii uunndd ssiiee vveerrsstteehhtt eess ggee--sscchhiicckktt zzuu rreeaaggiieerreenn.. EErr eerrzzäähhlltt:: „„DDiiee HHaallttuunngg uunndd ddeerr LLeebbeennsswweegg ddeerr TTiieerree iisstt iinn ddeenn eeiinnzzeellnneenn BBaauu--eerrnnwwiirrttsscchhaafftteenn sseehhrr uunntteerrsscchhiieeddlliicchh.. BBeeii uunnss hhaabbeenn eess ddiiee GGäännssee,, oobbwwoohhll ssiiee tteeiillwweeiissee aauuff nnaasssseenn

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sscchhllaammmmiiggeenn FFllääcchheenn lleebbeenn,, vveerrgglleeiicchhsswweeiissee gguutt.. IIhhnneenn sstteehheenn ddaanneebbeenn eeiinnee ggrrooßßee WWiieessee uunndd aabbggee--eerrnntteettee FFeellddeerr ooddeerr KKlleeeeffllääcchheenn mmiitt iimmmmeerr ffrriisscchheemm GGrrüünn zzuurr VVeerrffüügguunngg.. AAnnddeerree HHaalltteerr bbeettrreeiibbeenn nneeuu--mmooddiisscchheess ZZeeuugg,, eeiinnee ssoo ggeennaannnnttee IInntteennssiivvmmaasstt,, bbeeii ddeerr ddiiee TTiieerree iimmmmeerr iimm SSttaallll ssiinndd uunndd nnaacchh 55 MMoonnaatteenn sscchhoonn eeiinn EEnnddggeewwiicchhtt vvoonn 66 kkgg eerrrreeiicchheenn mmüüsssseenn.. DDoorrtt wweerrddeenn zzuurr mmaaxxiimmaalleenn AAuussbbeeuuttee aann FFeeddeerrnn ddiiee TTiieerree aauucchh lleebbeenndd ggeerruuppfftt.. IImm AAlltteerr vvoonn 88 WWoocchheenn ddaass eerrssttee MMaall uunndd iimm gglleeiicchheenn AAbbssttaanndd nnoocchh zzwweeii MMaall wweerrddeenn ddiiee vveerräännggssttiiggtteenn VVööggeell mmiitt ggeeffeesssseelltteenn BBeeiinneenn aamm HHaallss ggeehhaalltteenn uunndd aallllee KKöörr--ppeerrffeeddeerrnn hheerraauussggeerruuppfftt.. NNiicchhtt sseelltteenn eennttsstteehheenn ddaabbeeii ssooggaarr WWuunnddeenn.. OObbwwoohhll eess bbeeii uunnss iinn DDeeuuttsscchhllaanndd vveerrbbootteenn iisstt,, wweeiißß iicchh,, ddaassss aauußßeerrddeemm eeiinniiggee ddaass GGäännsseessttooppffeenn pprraakkttiizziieerreenn.. GGäännsseelleebbeerrnn ssiinndd sseehhrr ggeeffrraaggtt,, wweennnn zz.. BB.. ddiiee TTiieerree zzwwaannggsseerrnnäähhrrtt wweerrddeenn vveerrggrröößßeerrtt ssiicchh ddiieesseess OOrrggaann uunndd bbrriinnggtt hhööhheerree SScchhllaacchhttaauuss--bbeeuuttee.. DDrreeiimmaall aamm TTaagg wwiirrdd ddeenn VVööggeellnn mmiitttteellss eeii--nneess TTrriicchhtteerrss eeiinn ssppeezziieelllleess MMaassttffuutttteerr eeiinnvveerrlleeiibbtt.. EEiinnee ggrraauussaammee PPrroozzeedduurr,, ddiiee vvoorr aalllleemm iinn UUnnggaarrnn üübblliicchh iisstt.. MMeeiinn GGrrooßßvvaatteerr,, ddeerr ddaass ddoorrtt sscchhoonn wwäähh--rreenndd ddeess 11.. WWeellttkkrriieeggeess iinn ddeerr PPrraaxxiiss ggeesseehheenn hhaatt--ttee,, wwoollllttee ddiieessee MMeetthhooddee aauucchh bbeeii uunnss eeiinnffüühhrreenn,, aabbeerr mmeeiinn VVaatteerr uunndd iicchh hhaabbeenn uunnss eerrffoollggrreeiicchh ddaa--ggeeggeenn ggeewweehhrrtt.. SSoo bblleeiibbtt ddaass uunnsseerreenn GGäännsseenn eerr--ssppaarrtt.. ÜÜbbeerrhhaauupptt hhaabbee iicchh mmiicchh jjeettzztt aallss SSttuuddeenntt eeiinneerr TTiieerrsscchhuuttzzbbeewweegguunngg aannggeesscchhlloosssseenn,, wwiirr ppllää--ddiieerreenn uunndd kkäämmppffeenn ffüürr aarrttggeerreecchhttee HHaallttuunngg uunndd PPfflleeggee aalllleerr TTiieerree““.. EEcchhtt iinntteerreessssiieerrtt hhaatt ddaass SSttaaddttkkiinndd zzuuggeehhöörrtt uunndd sstteelllltt nnuunn ddiiee FFrraaggee:: „„DDaa hhaabbeenn wwoohhll aallllee TTiieerree eeii--

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nneenn ssppeezziieelllleenn LLeebbeennssllaauuff ggeennaauu wwiiee wwiirr MMeennsscchheenn uunndd mmaanncchhee hhaabbeenn GGllüücckk aannddeerree PPeecchh,, aabbhhäännggiigg ddaavvoonn zzuu wweellcchheemm BBeessiittzzeerr ssiiee kkoommmmeenn?? IIcchh hhäättttee aabbeerr ggeerrnn nnoocchh ggeewwuusssstt oobb ddaass ssttiimmmmtt,, ddiiee GGäännssee sseeiieenn ddiiee wwaacchhssaammsstteenn TTiieerree,, wweennnn iicchh aann ddaass EErr--lleebbnniiss mmiitt FFrriiddoolliinn ddeennkkee,, ddaannnn kkaannnn ddaass wwoohhll ssoo sseeiinn““?? Der Bauernsohn antwortet: „Du hast alles richtig verstanden und ich erinnere mich noch an die über-lieferte Episode, die ich in der Schule im Ge-schichtsunterricht hörte: Das Geschnatter der Gän-se im Capitol soll Rom vor der Einnahme der Gallier bewahrt haben. Unsere Gänse haben auch schon manchen Dieb vertrieben. In der jetzigen Nach-kriegszeit sind Lebensmittel begehrtes Diebesgut. Viele Menschen glauben in den Bauernhöfen auf den Dörfern Essbares stehlen zu können. Sobald Gänse etwas Ungewohntes hören oder merken ma-chen sie einen derartigen Lärm, dass die Einbre-cher sich ertappt fühlen und oft das Weite suchen“. Er will sich bei der jungen Dame einschmeicheln, er beendet den Dialog mit der Bemerkung: „Taktlose Männer bezeichnen Frauen, die sehr eingebildet sind, oder so erscheinen, als dumme Gans. Das ist nicht nur eine Beleidigung für das weibliche Ge-schlecht, sondern auch für diese Tierart, die durch-aus ihre eigene spezifische Klugheit besitzt“. Haushund Nettel Warum und weshalb der Haushund diesen untypi-schen Hundenamen Nettel erhielt, konnte vom Au-tor, der diese Hundebiographie aufschreibt, nicht ermittelt werden. Ebenso im Dunklen blieb das ge-

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naue Geburtsdatum. Geboren wurde der Rüde, ein Mischling, Anfang 1944 in einem winzigen Dorf in der Nähe einer Thüringer Kleinstadt. Seine Vorfah-ren gehörten mit großer Wahrscheinlichkeit unzähli-gen unterschiedlichen Rassen an. Merkmale von Pinscher und Terrier schienen sich u. a. erhalten zu haben. Seine Größe und Gewicht entsprachen an-nährend einem Fox Terrier, aber für diese Abstam-mung passten nicht der Körper und das Gesicht. Nettel hatte scheinbar von allen seinen Ahnen ei-genartiges Aussehen und nach unserer Auffassung die guten oder schlechten verschiedenartigsten Charaktereigenschaften und Wesensmerkmale ei-nes Hundes geerbt. Damit war er aber veranlagt die Funktion eines wachsamen Haushundes zu über-nehmen. Der Bauer, der Nettel im Alter von ungefähr 12 Wo-chen übernahm brauchte nur ein so genanntes Glücksgeld, in diesem Falle 50 Pfennig, zu zahlen. In der Bauernwirtschaft, in der er zur Welt gekom-men war, gab es mehrere frei herumlaufende Hun-de, die vorwiegend aus einer unkontrollierte Ver-mehrung auch in Paarungen mit anderen Tieren aus dem Dorf, stammten. Der Besitzer war froh wieder einen von diesem Wurf mit 10 Welpen los zu werden, sie hatten kaum Abnehmer gefunden. Ü-berzählige einzuschläfern oder zu töten war für Hunde weniger üblich als für Katzen, die auch in großer Anzahl herumliefen. Der Kleine hatte also Glück ein neues zu Hause zu finden, wo er außer-dem der Spielgefährte der Kinder wurde. Zeit seines Lebens war Nettel ein sehr aufmerksa-mer Wächter. Tagsüber bellte er nur, wenn er merk-

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te es kommt ungebetener Besuch, wie er das fest-stellte blieb uns ein Rätsel. Nachts dagegen gab er laut sobald sich etwas Ungewohntes im Gehöft er-eignete. Es dauerte aber lange bis man ihn abge-wöhnt hatte lauthals zu bellen, wenn die Katzen über den Hof huschten; mit der Zeit lernte er aber, diese Tierart besitzt auch Aufenthaltsrecht im An-wesen. Im Sommer 1945, zu Friedensbeginn, war eine rela-tiv gute Getreideernte herangewachsen. Noch im-mer gab es aber für die meisten Menschen zu we-nig zu essen. Die Garben mit den Stroh und den schönen großen Ähren befanden sich zu Getreide-puppen zusammengestellt zum trocknen unge-schützt auf den Feldern. Das lockte Diebe an, die vor allem nachts die Fluren unsicher machten. Die Polizei war in jener Zeit kaum präsent. Die Bauern organisierten deshalb eigene Wachen. Der Herr von Nettel verpflichtete zu diesem Wachauftrag die ganze Familie und sogar die halbwüchsigen Kinder mussten mit ran, die als Schutz den Hund an ihre Seite bekamen. Dieser schien diese Aufgabe sehr gern zu verrichten, legte sich während eines sol-chen Dienstes am Feldrain gehorsam neben einem Busch in Deckung neben die 14ährige Tochter, die dabei ein besonderes Erlebnis hatte. Bis 24,00 Uhr blieb alles sehr ruhig, sie war sogar eingeschlafen, wusste sie doch den aufmerksamen Nettel neben sich. Plötzlich knurrte der kaum hörbar und stupste sie leicht mit der kalten nassen Nase ins Gesicht. Sofort hell wach bemerkte und sah sie schemen-haft, dass sich in ca. 10 m Entfernung 2 Personen auf dem Feld bewegten und wahrscheinlich Ähren

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abschnitten und in einen Sack verfrachteten. Jetzt war guter Rat teuer und viele Fragen offen. Können sie und der Hund die 2 erwachsenen Diebe stellen und gar dingfest machen? Oder sollte sie nur rufen und schreien, um sie zu vertreiben? Würden diese überhaupt aufgeben, oder vielleicht einen tätlichen Angriff wagen? Ist Nettel stark aber auch mutig ge-nug, Menschen die sich vielleicht wehren zu atta-ckieren? Sie hatte bisher noch nicht erlebt, dass er bissig war oder Menschen angegriffen hatte. Als erstes rief sie sehr laut Hilfe und der Hund sauste auf die beiden, es waren kräftige Männer, los. Die waren so überrascht, dass sie zunächst fast reglos stehen blieben. Das Tier baute sich zähneflet-schend vor ihnen auf, sie bekamen selbst vor die-sen halbwüchsigen sich aber sehr angriffsbereit positionierenden Hund Angst. Das Mädchen schau-spielerte, rief und tat so, als ob mehrere Männer in der Nähe seien, hielt sich aber im Hintergrund. Die Diebe baten das Tier zurück zu rufen und bekunde-ten die Ähren auf den Acker zu schütten und zu verschwinden. Nettel gehorchte und ließ die Beiden davon rennen. Erstaunlich wie das Tier, das keiner-lei Dressur hatte – Hundeschulen kannte man da-mals gar nicht – die ihm zugewiesene Aufgabe meisterte. Für die Klugheit dieses Mischlingshundes spricht auch, dass er während eines ähnlichen Wachdienstes am Getreidefeld sofort erkannte, dass die sich nähernde Person, eine Bauersfrau aus der Nachbarschaft war; dieser Bekannten sprang er Schwanz wedelnd entgegen. Zu hochtra-bend wäre es jedoch zu vermuten, dass er wusste

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diese Frau ist keine Diebin, die hat selbst genügend Getreide. Der Hund freute sich, im Sommer durfte er täglich gegen Abend mit zum Futter holen. Er lief neben dem Pferdegespann her und brauchte niemals an der Leine geführt zu werden, er gehorchte seinem Herrn aufs Wort. Während das Gras oder der Klee gemäht und aufgeladen wurde war es ihm oft lang-weilig und in unbeobachteten Augenblicken lief er davon. Der Bauer brauchte sich deswegen aber keine Sorgen zu machen. Nettel blieb ein bis zwei Tage weg, stand dann wieder neben seiner Hütte und wollte angekettet werden. Er widerlegte die Be-hauptung, die Arretierung an einer Kette wäre Tier-quälerei, er wählte, ja wünschte sich sogar freiwillig diese Haltungsform. Es stellt sich heraus, während seines Ausfluges besuchte er den ca. 3 km entfern-ten Bauernhof, wo er geboren wurde; dort lebte wahrscheinlich seine Mutter noch und die Gesell-schaft mehrerer Hunde bedeute für ihn eine beson-dere Freude. Sein Zurückkommen aus freien Stü-cken zeigte gleichermaßen, dass er sich bei seiner jetzigen Herrschaft sehr wohl fühlte. Die Bedingungen unter denen der Hund lebte müs-sen sehr tiergerecht gewesen sein, er wurde 18 Jahre alt, hatte aber ein schlimmes Ende, worüber die gesamte Familie sehr traurig war. Während sei-ner letzten zwei Lebensjahre schlief er viel in seiner Hütte oder im Stroh auf dem Scheunenboden, schien aber keinerlei Schmerzen zu haben und auch das Fressen, er bekam weiche „Seniorenkost“, schmeckte ihn noch gut. Er bewegte sich jetzt sehr langsam, Ausflüge machte er auch nicht mehr. Den

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Hof verließ er kaum noch, Besucher scherten ihn nicht; er wurde deshalb auch selten angekettet. Wa-rum er wider alle bisherigen Gewohnheiten durch das offen gelassene Tor auf die Straße ging konnte später niemand mehr nachvollziehen, aber man machte sich Vorwürfe, man war unvorsichtig gewe-sen. Er lief auf die Straße, kam unter das Rad eines Pferdewagens und starb an den Unfallfolgen. Nettel begab sich Zeit seines Lebens sehr gern mit auf die Wiesen und Felder, wenn dort gearbeitet wurde. Die Äcker des landwirtschaftlichen Betriebes gehörten inzwischen aber zur LPG, dort an seien Lieblings-plätzen wäre kein Standort für sein Grab gewesen. Beerdigt wurde er deshalb auf einer Wiese, die dem Bauer als individuell genutzte landwirtschaftliche Fläche verblieb. Nettels Ruhestätte, auf der die Kin-der Blumen pflanzten, wurde einige Jahre erhalten und gepflegt. Tierfriedhöfe wie heute gab es Anfang der 1960er Jahre noch nicht.

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Leistungen eines Blindenführhundes Es ist mir ein besonderes Bedürfnis Leistungen der Blindenführhunde darzustellen, die häufig ungenü-gend benannt und gewürdigt werden. In zahlreichen Fällen helfen sie blinden oder stark sehbehinderten Menschen sich in vertrauter oder fremder Umge-bung orientieren zu können. Bewundernswert ist der Mut und selbstlose Einsatz dieser Hunde, die Schwerbehinderte schon mehrmals vor Übergriffen rücksichtsloser Personen und Gefahren schützten. Die Bevölkerung sollte in gleicher Weise Courage zeigen und diese Tiere zum Vorbild nehmen. Alle müssen wissen: Blindenführhunde sind im Dienst an dem offiziellen Verkehrszeichen, einem weißen Führgeschirr, erkennbar. Ihnen muss die gebührende Rücksichtnahme entgegengebracht werden. Nur ausgesuchte Hunde besitzen Erbeigenschaften, die für eine Ausbildung zum Blindenführhund aus-reichen. Gezielte diesbezügliche Züchtungen sind aber nicht bekannt. Bestürzt war die gesamte Familie als sich heraus-stellte die reinrassige Riesenschnauzerhündin war trächtig und man wusste nicht von welchem Rüden. Die halbwüchsigen Kinder hatten beim Spaziergang im Park nicht acht gegeben und sie war einige Stunden verschwunden gewesen. Die Freude über den wieder nach Hause gekommenen teuren Hund wurde nun im Nachhinein durch dieses Vorkommnis getrübt. Alle lehnten jedoch den Vorschlag einer Trächtigkeitsunterbrechung ab, weil ohnehin keine gezielte Hundezucht betrieben werden sollte. Ge-

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nau 64 Tage nach dem damaligen folgenschweren Verschwinden erblickten 6 Welpen das Licht der Welt; es gab keinen Zweifel, ein Deutscher Schä-ferhund war der Vater. Die Sechs waren gesund, agil, entwickelten sich prächtig und an Abnehmern bestand kein Mangel. Selbst der Chef der nahe ge-legenen Blindenhundeschule suchte sich zwei 8 Wochen alte Welpen für einen entsprechenden Eig-nungstest aus, nach dessen Bestehen eine Ausbil-dung zum Blindenführhund erfolgen kann. Damit begann für Alice und Alf, so wurden die beiden ge-tauft, 1985 ein schwerer aber interessanter Le-bensweg. Hündin und Rüde bestanden den Test und wurden für die Hundeschule vorgesehen, wo man gern mit Mischlingen arbeitete. Zunächst hieß es aber, sie mussten sich trennen, jeder kam für sich allein in eine so genannte Patenfamilie. Das dauerte ungefähr ein Jahr. Danach trafen sie sich in der Hundeschule wieder. Der Ausbilder äußerte: „Die erkannten sich und wussten dass sie aus dem gleichen `Nest´ stammten“. Er arbeitete jetzt gern mit Alice und Alf, die bei ihren Paten gut auf ihre Lehre vorbereitet also sozialisiert worden waren. Bei der Konfrontation der Tiere mit Situationen und Ereignissen richtete man das Augenmerk auf Ner-venfestigkeit, Aggressionsverhalten, Ängstlichkeit, Jagdtrieb und Wohlverhalten im Umgang mit Men-schen. Alf war sehr schnell so weit, dass neben ihm ein Schuss abgefeuert werden konnte ohne dass er zuckte oder davonlief. Auf Geräusche aus der All-tagsumgebung reagierten beide im gebotenen Maß. Erstaunlich wie sich die Tiere an die wechselvolle Umwelt anpassen konnten. Nach einem Jahr Aus-

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bildung waren beide soweit, dass sie ihren Dienst bei blinden Menschen beginnen konnten. Hier kommt es darauf an, dass der Behinderte den rich-tigen Führhund bekommt zu dem das erforderliche Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann. Er erhält hierbei Hilfe und Unterstützung von erfahre-nen Hundeausbildern. Der Lebensweg von Alf soll nun weiter verfolgt werden, weil dieser außerge-wöhnliches erlebte und vollbrachte. Er kam zu einer hübschen 30jährigen allein stehenden Frau, die vor 5 Jahren einen Unfall hatte, der zur Erblindung führ-te. Als sie das erste Mal in die Hundeschule kam war es dieses Tier, das sich spontan sofort an ihre Seite begab und Sympathie bekundete. Bei Men-schen würde man sagen: „Liebe auf dem ersten Blick“. So absonderlich und schauerlich wie das klingt, es soll nicht beleidigen, aber hier konnte die-ser Blick nicht erfolgen; es muss also noch andere Verbindungsströme geben, die übereinstimmende Gefühle zwischen Lebewesen erzeugen. Fortan verschaffte Alf der Frau die Möglichkeit sich weitge-hend selbständig und gefahrenfrei außerhalb ihrer Wohnung zu bewegen. Musste sie sich in der Ver-gangenheit die Einkäufe von anderen erledigen las-sen, so freute sie sich, dass sie jetzt die Dinge des täglichen Bedarfs gemeinsam mit dem Tier einkau-fen konnte. In einer größeren gut besuchten Kauf-halle geschah hierbei ein erster Zwischenfall. Ihre Einkaufstasche, in der sich auch die Geldbörse be-fand, hing am Einkaufswagen, den sie im Gang ste-hen ließ. Sie ging mit Alf zum ca. 1m entfernten Re-gal. Dort nahm sie sich sogar die bekannten Sa-chen selbst heraus, wenn diese immer an der glei-

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chen Stelle geblieben waren. Der aufmerksame Hund hatte es sofort bemerkt, wahrscheinlich noch bevor die Hand des jungen Mannes direkt an der Tasche war, hier soll etwas weggenommen werden. Für ihn eine sehr brenzlige Situation, vom Geschirr und Griff seiner Herrin konnte er sich nicht befreien, den Dieb durfte er aber auch nicht entwischen las-sen. So schnell kann kein Mensch reagieren, er verschaffte sich hierfür gerade genug Bewegungs-freiheit, er erwischte mit dem Gebiss den Schopf der Jacke des Kerls und ließ nicht mehr los. Umste-hende sahen die Szene, leisteten aber keine Hilfe. Einige schätzten das Geschehen falsch ein, sie meinten das Tier wollte zubeißen. Der Langfinger war so verdattert, dass er die ergriffene Tasche in der Hand behielt; er versuchte damit um sich schla-gend den Hund abzuwehren und jammerte. Kurzum ein einziger beherzter älterer Mann erkannte das Geschehen richtig und brachte genügend Mut auf den Dieb festzuhalten, woraufhin auch Alf auf Be-fehl seiner Gebieterin diesen wieder los ließ. Erst dann erhielt er plötzlich viel Lob von den Umste-henden. Das Tier fühlte sich in seiner Umgebung, seinem zu Hause und mit seiner Aufgabe unbeschreiblich wohl; er konnte das nicht sagen sondern nur durch Blicke, Schwanzwedeln, manchmal wohlige Laute und dezentes Anschmiegen nach Hundeart kund-tun. Zynisch aber auch bedrückt sagte die junge Frau manchmal: „Ich gehe gern abends wenn es dunkel ist spazieren, ich sehe ohnehin nichts und da ist die Luft schön rein; wenige Menschen sind unterwegs und ich habe ja auch meinen Beschützer

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immer bei mir“. Dieses sorglose Verhalten wäre der schönen Frau fast zum Verhängnis geworden. A-bends im Dunklen spazierte sie durch einen großen Park und spürte plötzlich, ihr folgte jemand. Blinde haben bekanntlich ein viel besseres Gespür als Se-hende. Auch ihr Begleiter knurrte nur für sie hörbar, für die Umgebung war es fast lautlos. Sie versuchte keine Angst zu zeigen, ging wie gewohnt weiter. Unvermittelt spürte sie einen heftigen Schmerz am Hinterkopf, ihr wurde schwindlig und ohne Hilfe-schreien zu können fällt sie bewusstlos hin. Als sie aus der Ohnmacht erwacht spürt sie Alfs Nase auf ihrer Hand, sie liegt, das merkt sie, im weichen Gras auf einer Wiese; um sie herum ein lautes Stimmen-gewirr. Eine sympathische Frauenstimme spricht sie an: „Da haben sie ja noch mal Glück gehabt, wäre ihr Hund nicht gewesen, dann könnten sie jetzt ver-gewaltigt und vielleicht tot sein. Der Verbrecher hat-te nicht mit der Intelligenz und Schnelligkeit ihres Tieres gerechnet. Zwei Jogger in der Nähe, die wir noch ermitteln müssen, haben ihnen jedenfalls nicht geholfen“. Noch ganz benommen, aber so viel Kraft hat sie bereits wieder, sie drückt zuerst ihren Hund liebkosend ganz fest an sich. Ihr wird eröffnet, sie muss sobald sie sich in der Lage dazu fühlt ver-nommen werden und kommt ins Krankenhaus, der Wagen ist unterwegs. Nicht ohne meinen Beschüt-zer ist ihre spontane Reaktion; das wird ihr zugebil-ligt. Schade, das Tier kann nicht befragt werden, damit könnte mehr Licht in das gesamte Gesche-hen, das sich wie folgt zusammenfassen lässt, ge-bracht werden: Von dem Täter ist anfangs wenig Brauchbares zu hören, er behauptet, der Hund ha-

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be ihn beim Vorübergehen angegriffen und deshalb habe er sich gewehrt. Als einschlägig Vorbestrafter, das sei vorweg genommen, hat er wenig Aussicht, dass man ihm das glaubt. Die bisherigen Fakten: Eine Polizeistreife hörte im Park lautes Hundebel-len, dem geht sie nach, sie findet einen am Boden liegenden etwa 30jährigen Mann, auf dessen Brust steht ein Hund mit seinen Vorderfüßen. Sobald die-ser sich bewegte drohte das Tier zuzubeißen. Es trägt das weiße Geschirr des Blindenführhundes. In unmittelbarer Nähe auf dem Weg liegt eine Frau, um die sich die Beamten zuerst kümmern, sie ist verletzt, wie schwer ist noch ungewiss, aber sie lebt. Der geschulte Hund spürt offensichtlich, Retter sind gekommen, er lässt sie ungehindert den von ihm Überwältigten die Hände fesseln und begibt sich sofort neben seine Herrin. Von einer Aggressi-vität gegenüber Menschen, die er als Helfer ein-schätzt, keine Spur. Der Hauptwachtmeister konsta-tiert als erstes: Es ist ein Blindenführhund, der kennt sich aus, vor ihm brauchen wir uns nicht zu fürch-ten. Der hat die Gefahr, die durch den Überfall auf die Frau Gewissheit wurde, gewittert, er konnte dem zweiten Schlag, der ihm galt geschickt ausweichen und deshalb den Burschen dingfest machen. Nach-betrachtung: Es ist Ende Oktober, vor wenigen Ta-gen wurden die Uhren auf die Normalzeit umgestellt und deshalb ist es jetzt um 19,00 schon dunkel. Auf der in ca. 200 m entfernten Straße waren noch zahl-reiche Passanten unterwegs. Einige schienen be-merkt zu haben, dass sich im Park etwas ereignet, denn im Nu haben die 2 Polizisten alle Mühe Schaulustige fernzuhalten, obwohl zuerst alles nur

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im kleinen Bereich der Scheinwerfer des Polizeiau-tos zu sehen ist. Unterstützung erhalten sie sehr schnell durch herbeigerufene weitere Beamte und auch der Krankenwagen ist im Nu zur Stelle. Nur gut, dass am Parkeingang und auf den Wegen Au-tofahrt möglich war, das ist ihren Vorschlägen zu verdanken. Früher hatte die Stadtverwaltung alles so abgeriegelt, dass auch Einsatzfahrzeuge nicht in die Anlage fahren konnten. Bei der dort hin und wieder entstehenden Gefahrenlage war das ehe-mals katastrophal. Die Frau erholte sich relativ schnell von ihrer Gehirnerschütterung. Alf blieb in den Folgejahren ständig ihr treuer Begleiter, auch wenn sie zu ihrer Arbeitsstelle ging. Sie hatte gro-ßes Glück, medizinischer Fortschritt ermöglichte es, sie erhielt nach einer Operation, das war 10 Jahre nachdem der Hund zu ihr gekommen war, eine ein-geschränkte Sehkraft zurück. Sie brachte es nicht über das Herz das Tier, für das nun die Kranken-kasse nicht mehr aufkam, abzugeben. 18 Jahre alt wurde Alf, starb in ihrer Wohnung an Altersschwä-che und ist auf einem Tierfriedhof beigesetzt.

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Von klugen und guten oder bissigen Hunden Übersinnliches oder erklärbares Verhalten eines Hundes? Laut Statistik wurden in den früheren Jahren bei der Berufsgruppe der Briefträger die vergleichsweise meisten Bissverletzungen durch Hof- und Wach-hunde registriert. Viele ähnliche Schäden bei ande-ren Berufsgruppen blieben jedoch unerfasst, sie zogen häufig keine versicherungsrechtlichen Folgen nach sich. Es wäre zu einfach den Tieren die allei-nige Schuld zu zuschreiben, wenn diese manchmal den Menschen misstrauen, die: Gute oder auch schlechte Nachrichten überbringen, angeblich mit friedlicher Absicht Grundstücke und Wohnungen betreten, sie betrügen wollen, aber auch Angst ha-ben oder den Personen zu nahe kommen, die von ihnen beschützt werden sollen. Mehrdeutige für die Hunde nicht erkennbare Situationen sind dabei häu-fig nicht auszuschließen. Die folgenden Geschich-ten werden von einigen Tierverhaltensforschern für unwahrscheinlich gehalten, diejenigen, die sie er-lebten, beschwören den Wahrheitsgehalt. In den Thüringer Dörfern und Kleinstädten gab es in den 1940er Jahren in jedem Bauernhof und in vie-len Hausgrundstücken einen oder sogar mehrere Haus- oder Wachhunde. Das Schild: „Vorsicht bis-siger Hund“ fand man nur in den wenigsten Fällen am Eingang, es galt der Grundsatz: Mit einem ge-fährlichen Hund ist immer zu rechnen. Die angeket-teten Hunde bewegten sich in den ihnen zugebillig-ten Radius, in dem sie Ein- oder Ausgänge bzw. spezielle Wege in ihrer speziellen Art schützten.

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Andererseits liefen viele Hunde frei herum, sie wa-ren so erzogen, dass sie keine Menschen angriffen, oder nur auf Befehl handelten. Wer diese Gepflo-genheiten kannte und beachtete brauchte in der Regel nichts zu fürchten, Zwischenfälle hielten sich deshalb in Grenzen. Eine Familie hielt einen nach ihrer Meinung gut erzogenen Schäferhund, der frei auf dem Hof herumlief. Sehr gewissenhaft versah er seine Aufgabe: Bei verschlossenem Hoftor, im Nor-malfall von Abends bis zum Morgen, darf niemand Fremdes rein oder raus. Am Tag können, sofern jemand von der Herrschaft zu Hause ist, regelmäßi-ge Besucher, selbst der Postbote, ungehindert pas-sieren. Der Familienvater und 2 Söhne waren ab Kriegsan-fang 1939 an der Front. Die Hausfrau, ein 16jähriges Mädchen und 14jähriger Junge führten die Nebenerwerbslandwirtschaft weiter und der Hund gehorcht auch uneingeschränkt ihren Kom-mandos. Vom Familienvater war Ende 1942 lange Zeit keine Nachricht gekommen, sie sorgten sich sehr, sie wussten er befand sich im umkämpften Stalingrad. Eines Tages wurden sie mit einem Ge-schehen konfrontiert, das sie nie wieder vergessen konnten: Sie sitzen am Mittagstisch, hören im Hof laute Rufe und rennen nach draußen. Der Schäfer-hund hat den Briefträger, der sich erfolglos wehrt, am Rockärmel erfasst, er lässt nicht wieder los. Dem Befehl der Herrin kommt er jedoch sofort nach und der aufatmende Mann sagt: „Ich bringe Dir hier einen Einschreibebrief, als ich den aus der Tasche zog, griff mich das Tier plötzlich an. Das hat es noch nie getan, nur gut, es ist schon recht kalt und

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ich habe eine dicke Jacke an, ins Fleisch scheint der Biss nicht gegangen zu sein.“ Mit zitternden Händen quittiert die Frau den Empfang des Briefes, den sie sich gar nicht getraut zu öffnen. Sie ahnt, es ist eine schlechte Nachricht, womit sie Recht behält. Es ist die Mitteilung des Kompaniechefs, der ihr in bewegten Worten mitteilt, dass ihr Mann gefallen ist. Einige persönliche Sachen des Gefallenen sind beigelegt, deshalb der etwas größere Umschlag und die Einschreibesendung. Verständlich, es dau-ert einige Zeit bis sich die Ehefrau etwas beruhigt hat und alle in der Familie wieder klare Gedanken auch zu dem Vorfall mit dem Hund fassen können. Vertrauensvoll spricht sie mit dem älteren Pastor, der auch versucht ihr Trost zu spenden und hilft eine Erklärung zu den eigenartigen Verhalten des Hundes zu finden. Übersinnliche Deutungen oder Aberglauben kann der Kirchenmann nicht zugeste-hen, aber gemeinsam finden sie eine schlüssige Auslegung, die letztlich niemand beweisen aber auch nicht widerlegen kann: „Im Brief befanden sich Gegenstände, die dem Herrn des Hundes gehörten und dieser berührt hatte, das roch er. Ob er aber ahnte, dass etwas Schlimmes passiert war oder er annahm die geschnupperten Dinge in Schutz neh-men zu müssen? Hierzu fehlt die endgültige Erklä-rung; ebenso für die Annahme, das Tier wollte seine Herrin vor der schrecklichen Nachricht abschirmen. Tatsache bleibt, bestimmte Sinne eines Hundes sind anders und stärker ausgeprägt als ähnliche Wahrnehmungen bei uns Menschen. Das Tier muss etwas bemerkt und gespürt haben, dass uns ver-borgen blieb, sonst hätte es nicht, völlig entgegen

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bisherigen Verhaltens, den Postboten attackiert und die Briefübergabe zu verhindern versucht“. Ist es Zufall, oder nur für uns Menschen nicht er-klärbar. Als etwas später noch ein Sohn der Familie im Krieg ums Leben kam, spielte sich mit dem Hund Ähnliches ab. In diesem Falle wollte er den vorsich-tig gewordenen Briefträger nicht auf den Hof lassen. Hierzu meinten aber die Kritiker, der Hund hätte inzwischen eine gewisse Aggressivität gegenüber diesem Mann oder der Berufsgruppe entwickelt. Vielleicht hatten sie Recht, oder auch nicht? Alle anderen Leute brauchten bei gewohntem Verhalten den Schäferhund nicht zu fürchten; auch den Post-boten ließ er außer zur erwähnten Briefübergabe ansonst ohne weiteres ins und aus dem Haus. Zum Lebenslauf dieses Hundes ist noch zu ergän-zen, er wurde 18 Jahre alt und war stets ein treuer wachsamer Hausgefährte. Beerdigt wurde er im Garten des kleinen Bauernhofes. Das Grab pflegte die Familie viele Jahre. Schutzmaßnahmen gegenüber bissigen Hunden Die folgende Geschichte, die in der betreffenden Familie von Generation zu Generation bis heute weitererzählt wird, beschreibt Ereignisse aus der Mitte des 19.Jahrhunderts. Es wird darin u. a. ein Rezept genannt, das die Ur-ur-Urgrossmutter der heute 50jährigen Nachkommen im Umgang mit bissigen Hunden anwandte. Sie war häufig gemein-sam mit ihrem Ehemann mit einem Pferdegespann in den Dörfern Ostthüringens unterwegs. Sie betrie-ben einen Stoffhandel und die Bauern waren gern Abnehmer; die Aussteuer der Töchter nähte man

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damals vielfach zu Hause. In fast allen Anwesen hielt man in jener unruhigen Zeit frei herumlaufende Wachhunde, die unbekannten Leuten, die unerlaubt das Grundstück betraten, sehr gefährlich werden konnten. Wenn der Händler vor einem Gehöft an-hielt, ließ er erst die Frau auf den Hof gehen, sie wurde nie von Hunden gebissen. Selbst die aggres-sivsten Tiere gingen meist auf sie zu, beschnupper-ten sie und liefen eine Zeit lang neben ihr her. Ihre ganz einfache Methode, die sie allen gern mitteilte, war von jedermann nachzuahmen. Die Ahnin hielt zu Hause Rüden und Hündinnen. Von der Liege-statt, auf der sich die männlichen und weiblichen Tiere aufgehalten hatten, nahm sie einen Lappen mit, den sie bei sich trug. Sie schlussfolgerte und das klappte bei ihr auch, dass die anderen Hunde immer erst schnuppern, prüfen und neugierig wer-den: „Wo befindet sich das Tier, das ich hier rie-che?“ Damit ist die mögliche sofortige Angriffslust erst einmal gebrochen und Zeit für einen friedlichen Umgang gewonnen. Zunächst unerklärlich, konnten aber einige Menschen nicht in gleicher Weise ge-fährliche Hunde bändigen. Die Frau hatte in der damaligen Zeit, in der man noch teilweise an Hexe-rei glaubte, sogar manchmal Mühe, Verdächtigun-gen abzuwehren, sie wäre mit dem Bösen im Bun-de. Außerdem steckte im 19. Jahrhundert die Ver-haltensforschung bei Tieren noch in den Kinder-schuhen; von dieser Seite her konnte sie deshalb kaum Erklärungen erwarten. Es gelang ihr empi-risch zu beweisen, dass neben der geschilderten Nutzbarmachung des Geruchssinns der Tiere, auch Kenntnis über deren Verhalten ausschlaggebend

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ist. Menschen, die von vornherein Angst vor Hun-den haben, brauchen gar nicht nach irgendwelchen Hilfsmitteln zu suchen. Furchtloses, aber nicht leichtsinniges Zugehen auf die Tiere, so gab schon die Ur- ur- Urgroßmutter ihren Nachfahren mit auf den Weg, gehört immer dazu. Unter den Nach-kommen der Familie sind Landwirte und Tierärzte, die gern den Erfahrungsschatz weitervermittelten und beherzigten. Ein pflichtbewusster Wachhund Selbst versierten Fachkräften gelingt es nicht immer Wachhunde, die ihre Aufgabe sehr ernst nehmen, zu bändigen; das erlebte ein Veterinärmediziner mit einem solchen pflichtbewussten Tier. In den 1950er Jahren änderte sich der Tagesablauf der Bauersleu-te. Die in den LPG tätigen Genossenschaftsbauern, sie besaßen in Typ I Betrieben in ihren privaten Ställen noch Nutztiere, mussten diese tagsüber, wenn sie auf den Feldern arbeiteten, allein lassen. Von der Familie war also oft niemand zu Hause. Zwischen den Bauern und den Tierärzten bestand stets ein sehr vertrauensvolles Verhältnis, so dass ihnen häufig – auch aus praktischen Erwägungen – gesagt wurde, wo der Schlüssel für Haus und Hof zu finden war, damit sie die Tiere behandeln konn-ten. So war der Arzt unbehelligt in Hof und Stall ge-langt, hatte die notwendigen Verrichtungen vorge-nommen und wollte nun das Gehöft verlassen. Plötzlich stand ein großer Rotweiler knurrend und

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mit gefletschten Zähnen vor ihm, ließ ihn nicht einen Schritt Richtung Tor gehen. Alle seine - gewiss nicht ungeschickten Versuche - ihn abzulenken misslan-gen; es blieb keine andere Wahl als zu warten. Ü-ber eine Stunde stand er unter den wachsamen Bli-cken des Hundes in der Stalltür, bis ihn der zurück gekehrte Bauer aus seiner misslichen Lage befreite. Ärgerlich über die verlorene Zeit; bestärkte es ihn aber in dem Vorsatz, in keinen Hof mehr hinein zu gehen, der von einem Hund bewacht wird, selbst wenn dieses Tier sich beim Eintreten sehr friedlich zeigt. Der dankbare Findling Von einem Mischlingshund, der ungefähr so groß wie ein Wolfsspitz war, handelt die folgende Le-bensgeschichte; in ihr zeigt sich die Erfüllung des Sprichwortes: „Wo Mitleid ist, da ist auch Hilfe.“ Sein Lebensweg kann ab der Zeit verfolgt werden, als er ungefähr 6 Monate alt, auf einem Autobahn-parkplatz ausgesetzt, aufgefunden wurde. Es war im Januar und sehr kalt. In dunkler Nacht hatte ein unverantwortlicher Besitzer das wehrlose Tier of-fensichtlich zurück gelassen und an einer Bank festgebunden. Ein weiterer Spruch trifft hier zu: „Wer unrecht handelt, scheut das Licht“. Der frie-rende Kleine wurde im Morgengrauen von dem Mann entdeckt, der für die Sauberkeit auf den Rastplätzen sorgt; Ermittlungen zur Herkunft blie-ben ergebnislos. Fast jedes Jahr werden einige Wochen nach Weihnachten immer wieder meistens sehr junge Haus- und Heimtiere ausgesetzt. Ob-wohl die Mitglieder der Tierschutzvereine drüber

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aufklären, dass sich Tiere als Geschenke nur in Fäl-len eignen, in denen sachgemäße dauerhafte Hal-tung garantiert ist, wird das noch immer zu wenig beachtet; einige Zoohändler sehen oft nur das Ge-schäft! Kurzum, der Mischling fand einen mitleidi-gen Menschen, der ihn mit nach Hause nahm. Ihm blieb deshalb der Aufenthalt in einem Tierheim er-spart. Spontane Begeisterungen bekundeten das 8jährige Mädchen und der 10jährige Junge, aber Bestürzung die Ehefrau, die Beschwernisse der Hundehaltung in einer Stadtwohnung befürchtete. Sehr schnell revidierte sie ihre Meinung, das Tier war stubenrein, passte sich den Gepflogenheiten und Tagesablauf in der Familie entsprechend an, hatte einen Platz im Korridor und machte durch sei-ne Anhänglichkeit viel Freude. Die Kinder gingen regelmäßig mit dem Tier spazieren; es konnte aber auch für kurze Zeit allein in der Wohnung gelassen werden. Durch Geräusche und Geschehnisse, die nicht seinen unmittelbaren Aufenthalt betrafen, ließ es sich nicht stören. Beschwerden von Nachbarn über ungewöhnliches Bellen gab es deshalb eben-falls nicht. Schon nach kurzer Zeit konnte man sich in der Familie ein Leben ohne den Hund gar nicht mehr vorstellen. Eine Einschränkung musste man allerdings immer auf sich nehmen: Im Urlaub oder bei Ausflügen fand man in der DDR ganz wenige oder sogar keine Einkehrstätten, in die das Tier mit hinein durfte. Ferienplätze, bei denen man zuließ, einen Hund mitzubringen, waren eine große Aus-nahme. Der Familienvater schloss sich der Meinung an: Die DDR ist ein „hundeunfreundliches Land“. Von Verwandten aus der BRD hatten sie erfahren,

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dass dort den Vierbeinern in dieser Hinsicht mehr Rechte zugebilligt werden. Allerdings erzählten die wieder von Beispielen, dass Vermieter kinderrei-chen Familien eine Wohnung nicht geben wollten, jedoch den Einzug von Hundehaltern eher tolerier-ten. „Auf unserer Welt ist nichts vollkommen, der Mensch neigt mehr zu Extremen als zu Kompromis-sen“, kommentierte der hilfsbereite Mann, der oft vieler Leute Schmutz beseitigte, seine Lebenserfah-rung. Vor reichlichen zwei Jahren war der Hund aufgenommen worden, der Vater nahm ihn jetzt hin und wieder mit zu seinen Arbeitsstellen an den Au-tobahnparkplätzen. Er war des Lobes voll, wie sich das Tier dabei folgsam verhielt; es lief nicht auf die Straße, blieb nach Aufforderung im Auto usw. Eines Morgens, es war noch dunkel, stieg der Mann aus seinem Fahrzeug aus, ein Raser kam angebraust, fuhr ihn an, verletzte ihn schwer und beging Fahrer-flucht. Der Mischling setzte sich neben seinen am Boden liegenden Herrn und bellte immerfort, ent-fernt anhaltende LKW-Fahrer wurden aufmerksam, fanden und versorgten den Verletzten. Die Sanitäter des herbeigerufenen Krankenwagens hatten wie-derum Mitleid mit dem Hund und nahmen ihn mit bis in die Klinik, wo er dann der benachrichtigten Ehe-frau übergeben wurde. Der Rettungsarzt sagte: „Hätte der Hund durch sein Bellen nicht auf den Verletzten aufmerksam gemacht, wäre der Mann verblutet. Die schnell herbeigerufene Hilfe rettete sein Leben.“ In der Familie verstärkte sich die Zu-neigung zu dem Tier, das mit seinem gesamten weiteren Verhalten dafür sorgte, ein trauriges Er-eignis besser zu verkraften. Der Familienvater blieb

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nach dem Unfall Schwerbeschädigter und an den Rollstuhl gefesselt. Der Hund wich fast nicht von der Seite seines Herrn und lernte ohne besondere Auf-forderung eine Reihe Tätigkeiten mit denen er dem Kranken half und ihn unterstützte. Er holte die Zei-tung, wusste sogar die Fernbedienungen von Radio und Fernseher und andere Geräte so in sein Maul zu nehmen, dass er sie schadlos transportieren konnte. Höhepunkte waren für ihn, wenn er sich auf den Schoß seines Gebieters setzen durfte. Auf der Straße wollte er stets unbedingt an den Rollstuhl gespannt werden, um das Fahren des Gefährts für den Mann zu erleichtern. Es gab Passanten, die sich empörten, der kleine Hund würde gequält. In Wirklichkeit ließ der sich von dieser und anderen Hilfen nicht abhalten und knurrte empört, wenn man ihn dieses nicht erlaubte. Der Familienvater betonte mehrmals: „Ohne meinen Mischling könnte ich mei-ne Behinderung gar nicht verkraften. Stumm, aber durch ihre Anhänglichkeit bedanken sich Tiere sehr oft für entgegengebrachte Liebe und Zuwendung. Das beobachte ich auch häufig bei den Obdachlo-sen, deren tierische Begleiter nicht von deren Seite weichen und sie allzeit unterstützen, soweit sie es können. Unser Hund will sich wahrscheinlich auch immer und immer wieder dafür erkenntlich zeigen, dass ich ihn damals am Autobahnparkplatz rettete und mit zu uns nahm“.

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Schicksale von Hauskaninchen Viele Menschen sind mit ihrem Schicksal unzufrie-den, könnten sie jedoch das eines anderen be-kommen, wünschen sie sich meistens, ihr eigenes zu behalten. Nach gründlicher Prüfung erkennen sie, neben mir existiert ebenso viel oder noch mehr Unheil wie ich es selbst ertragen muss. Im Übrigen beherzigen oder missachten sie auch die Maxime: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Das Glück oder Unglück der Haustiere bestimmen jedoch vorrangig die Besitzer. Diese Abhängigkeit, auch in Verbin-dung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen, er-lebten seit den 1940er Jahren in Deutschland die Hauskaninchen. Drastisch verschlechterte sich nach dem Ende des 2. Weltkrieges die Versorgung mit Lebensmitteln. Aus den ehemals besetzten Gebieten hörten zwangsläufig die Nahrungsgüterlieferungen auf; die Produktion im eigenen Lande reichte für die Bevöl-kerung einschließlich der vielen hinzukommenden Umsiedler nicht aus. Für die Menschen war in jener Zeit Kaninchenfleisch eine sehr wertvolle Ernäh-rungsquelle. Mit riesigem Einfallsreichtum suchte und fand man Möglichkeiten Kaninchen zu züchten und zu halten. Dabei zeigten sich mannigfaltige Un-terschiede von artgerechter bester Haltung bis hin zu Tierquälereien. Renommierte Tierphysiologen fanden heraus, dass unter natürlichen Verhältnis-sen die durchschnittliche Lebensdauer der Kanin-chen 5 – 7 Jahre beträgt. Die Häsin Lisa erreichte sogar ein Alter von 8 Jahren, dann wurde sie durch eine Seuche hinweggerafft. Wie alt sie tatsächlich

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ohne dieses außergewöhnliche Ereignis geworden wäre, konnte deshalb nicht festgestellt werden. Ihr Lebensweg beginnt Anfang 1945 in einer Kleingar-tenanlage am Rande einer Großstadt; ebenfalls lässt sich nicht ermitteln, wie stark sie tatsächlich unter den damaligen Luftangriffen litt. Lisa blieb je-denfalls vom Kriegsgeschehen nicht ganz unbehel-ligt. In den letzten Kriegstagen, wenige Tage nach-dem sie das Nest verlassen hatte, schlug in der Nä-he der Laube, in der sich ihr Stall befand, eine Flie-gerbombe ein. Steine und Splitter beschädigten die Außenwände des Gartenhauses. Schon ein halbes Jahr vorher war die Wohnung der Besitzerfamilie im Zentrum der Stadt teilweise ausgebombt worden, deshalb wohnten sie jetzt im Garten, wo die Leute wähnten sicherer zu sein. Sie hatten Glück, sie und die Kaninchen waren beim Einschlag der Bomben mit dem Leben davon gekommen; an der Laube entstanden nur geringe Schäden. Im Frühjahr 1945 herrscht in Deutschland so schö-nes Wetter, dass man glaubte, die Natur wolle da-mit Menschen und Tiere mit dem schrecklichen Ge-schehen versöhnen. Lisa erhielt deshalb auch recht bald von der kleinen Wiesenfläche des Garten-grundstückes frisches zartes schmackhaftes Gras. Sie nahm wenig von dem wahr, was um sie herum, außerhalb ihrer Welt, geschah; sie lebte im gut ein-gestreuten für ihre Verhältnisse geräumigen Stall bei ausreichend nahrhaftem Futter. Die Frau und die 2 Kinder, von denen die Kaninchen bisher täg-lich versorgt wurden, ließen sich nunmehr, nach-dem der Kriegslärm ringsherum aufgehört hatte, seltener blicken; sie gingen in ihre notdürftig wieder

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hergerichtete Bleibe in die Stadt zurück. Die Ver-sorgung der Tiere blieb jedoch gesichert, sie erhiel-ten täglich frisches Futter. Lisa war erst reichlich 8 Wochen alt, da geschah eines Nachts etwas Schreckliches. Holz splitterte, ein Krach wie in Kriegszeiten veranlasste sie und ihre Geschwister sich in die äußerste Ecke des Stal-les zu verkriechen. Als die Stalltür aufging huschte Lisa an greifenden Händen vorbei und versteckte sich im Schuppen unter allerhand Geräten, Stroh und Heu. Die Einbrecher stahlen fast alles, auch ihre Geschwister und die anderen größeren Kanin-chen, die sich wehrten, steckten sie brutal in Säcke. Die Besitzer fanden Lisa am nächsten Tag, sie hockte verängstigt unter dem kaputten Handwagen; würde sie sprechen können, dann hätte sie gewiss gesagt: „Mir ist es ganz übel und mau!“ In der Lau-be sah es fürchterlich aus. Die Frau weinte und die 12jährige Tochter nahm Lisa liebevoll auf den Arm, das ließ sie sich gern gefallen, es tat ihr gut. „Jetzt haben wir nur noch Lisa“ klagte der 14jährige Sohn, der sie auch streichelte. Aus dem geplanten Kanin-chenbraten am kommenden Sonntag wurde nichts; zum Kaninchenessen hatten die Kinder ohne hin immer eine zwiespältige Meinung, einerseits schmeckte das Fleisch gut und man bekam aus-nahmsweise etwas Kräftiges zwischen die Zähne, aber andererseits taten ihnen immer die Kaninchen leid, die dafür ihr Leben lassen mussten. Die Tiere waren für sie so niedlich und so richtig lieb. Beim Schlachten hatten sie auch noch nie zugesehen, obwohl ihre Mutter das auch oft für Nachbarn be-sorgte, bei denen, wie damals in den meisten Fäl-

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len, die Männer bei den Soldaten oder noch in Ge-fangenschaft waren. Durch die schreckliche Begebenheit bildete Lisa nunmehr den Anfang einer neuen Kaninchenzucht; ein weiteres Zuchttier zu zukaufen, überstieg die wirtschaftlichen Verhältnisse der allein stehenden Mutter mit ihren 2 Kindern. Nur gut, dass sich Lisa zu einer gesunden Häsin mit stabiler Kondition ent-wickelte. Für die Familie entstand jedoch eine Durststrecke von fast einem Jahr bis wieder Kanin-chenbraten gegessen werden konnte. Auf dem Schwarzmarkt kostete damals Kaninchenfleisch immense Summen. Im Übrigen wurden auch aller-hand Betrügereien bekannt, z.B. verkaufte man Katzenfleisch als Kaninchen. Es galt, nur solche Schlachtkörper zu erwerben, bei denen der typische Kaninchenkopf noch nicht vom übrigen Körper ab-getrennt war. Lisa wurde fortan gut gefüttert und gepflegt, aber erst im Alter von einem Jahr belegt oder gedeckt. Der nunmehr 15jährige Sohn kaufte sich ein Buch über Kaninchenhaltung. Er versuchte, die vielen von den Kaninchenzüchtern gebrauchten Fachausdrü-cke, kennen zu lernen und zu verstehen, er wollte später gern Tierarzt werden. Das Kaninchen gehör-te zu einer schweren Rasse, auch Riesen genannt, war deshalb etwa erst mit 12 Monaten deckreif, während leichtere Rassen schon mit 9 – 10 Mona-ten zum Hasenbock können. Die höhere Fleisch-ausbeute machte schließlich den Zeitverlust wirt-schaftlich wieder wett. Ob es gleich beim ersten Mal mit dem Deckakt geklappt hatte konnte man mit einem einfachen Test feststellen. Ca. 10 Tage nach

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dem ersten Zusammensein mit dem Rammler wur-de die Häsin nochmals zu ihm gebracht, fauchte sie ihn an und ließ sich nicht noch einmal decken, dann war sie mit Sicherheit tragend. Lisa begann ungefähr 4 Wochen nachdem sie be-legt worden war, ihr Nest herzurichten. Jetzt wuss-te man, dass man richtig gerechnet hatte und in 1- 2 Tagen die Geburt, bei Kaninchen sagt man Wurf, erfolgt. Sie brachte 6 kräftige Junge zur Welt, gera-de die richtige Anzahl, dass jedem eine Zitze zum Trinken zur Verfügung stand. Die 2 weiblichen des Wurfs wurden zur weiteren Zucht bestimmt und die übrigen Tiere für die Mast vorgesehen. Einen Rammler zog man im eigenen Bestand nicht auf, um auch der Gefahr einer Inzucht zu entgehen. Man brachte deshalb die Häsinnen auch zu Ramm-lern in unterschiedlichen Zuchtbeständen. Lisa war sehr fruchtbar, sie gebar in den nächsten 4 Jahren mit insgesamt 10 Würfen 60 Nachkommen, von de-nen wiederum einige Zuchttiere wurden. Der Kanin-chenbestand des Kleingartenbesitzers zählte dann in jener Zeit im Durchschnitt 20 Tiere, darunter 3 Zuchthäsinnen und gestattete eine willkommene Fleischversorgung für die Familie und noch für eini-ge Verwandte. Probleme bereitete die Futterversor-gung, das Grundstück war zu klein, um mit den Ern-teerträgen die Tiere zu ernähren. Im Frühsommer 1947 war der Familienvater aus der Gefangenschaft heimgekehrt, die Frau freute sich, zu seiner Begrü-ßung ein kleines Fest arrangieren zu können, zu dessen Krönung ein Kaninchenbraten serviert wur-de. Er war seiner Familie sehr dankbar, dass sie die Kaninchenzucht wieder aufgebaut und erhalten hat-

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te. Ideenreich suchte und erschloss er nun zusätzli-che Futterquellen: Gras an Straßen- und Weges-rändern ernten, auf Getreidefeldern Ähren aufsam-meln und Stroh zusammenrechen, Kartoffeln und Rüben stoppeln, Gemüse und Kartoffelschalen bei Verwandten und Bekannten sammeln und ähnli-ches. Auch die Kinder mussten dabei tüchtig mithel-fen. Sie unterstützten sehr gern die Kaninchenhal-tung, brachte diese ihnen doch eine Aufbesserung ihres Taschengeldes. Die Felle der geschlachteten Kaninchen mussten abgeliefert werden und man bekam in der DDR dafür einen recht ansehnlichen Preis – bei bester Qualität einige Mark. Das Geld durften sie in der Regel behalten. Nach und nach kehrten auch in Lisas Umgebung normale Friedensverhältnisse ein, aber da erlebte sie und alle Kaninchen des Bestandes ein erneutes aufregendes Ereignis. Nacht für Nacht schlich ein Marder durch die Laube, in der sich ihre Ställe be-fanden. Erfreulicher Weise waren sie in ihren Unter-künften mit dem festen Maschendraht an den Türen relativ sicher und der Räuber schien auch kein Inte-resse an ihnen zu haben. Das aufgeregte Gackern der 3 Hühner, die der „Laubenpieper“ kürzlich noch angeschafft hatte, signalisierte aber Gefahr. Der Marder plünderte regelmäßig die Eiernester und der Besitzer wunderte sich, dass die Hühner nicht mehr legten; er kam hinter die Ursache, das Tier konnte mit einer Lebendfalle eingefangen und weitab in der Flur wieder ausgesetzt werden. Lisa wurde nach ihrem 10. Wurf nicht mehr gedeckt, die Familie wollte der Stammmutter ihrer Kanin-chenzucht ein „Seniorendasein“ gönnen, alle wehr-

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ten sich, als von Schlachtung die Rede war. 1953 - in Lisas achtem Lebensjahr - musste der Kleintier-züchter nochmals eine schwere Heimsuchung hin-nehmen. In den Kaninchenbestand wurde die My-xomatose eingeschleppt. Daran waren nicht die Menschen schuld und man konnte sich auch kaum dagegen wehren, diese Infektionskrankheit wird durch Blut saugende Mücken übertragen. Wahr-scheinlich hatte Lisa als älteres Tier zu wenige Wi-derstandskräfte, sie erkrankte als erste und starb sehr schnell. Alle Kaninchen des Bestandes, auch die noch nicht erkrankten, mussten im Rahmen der Bekämpfung dieser Tierseuche geschlachtet wer-den. Nachdem die seuchenhafte Erkrankung im Bestand und in der Umgebung getilgt war, brachte der „Laubenpieper“ trotzdem den Mut auf, erneut mit der Kaninchenzucht zu beginnen. Eine Zuchthä-sin, diesmal der mittelschweren Rasse „Blaue Wie-ner“ wurde gekauft; langsam besserte sich die Le-bensmittelversorgung, die „Riesenrassen“ verloren an Bedeutung, weil die Fleischportionen nicht mehr so groß zu sein brauchten. Auf alle Fälle waren die Zuteilungen auf Lebensmittelmarken einschließlich Fleisch und Fett angehoben worden. Im Osten Deutschlands gab es außerdem in der HO (Han-delsorganisation – der Einzelhandel in der DDR) für etwas höhere Preise auch Fleisch und andere Le-bensmittel ohne Marken zu kaufen. Wer glaubt, damit wäre auch der Boom der Kaninchenhaltung zurückgegangen, der irrt. Im Gegenteil in den fol-genden Jahren konnte man in der DDR mit Kanin-chenfleisch gute Gewinne erzielen; das nutzten so-gar einige für unseriöse Geschäfte.

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Nach Gründung der LPG wurde in den individuellen Tierhaltungen der Genossenschaftsbauern die Ka-ninchenzucht und -haltung eine sehr lukrative Ein-nahmequelle. Die staatlichen Handelsorganisatio-nen der DDR kauften von diesen und anderen pri-vaten Produzenten - z. B. Kleintierzüchtern - die Produkte zu weitaus höheren Preisen ein, als diese Waren dann im Einzelhandel an die Bevölkerung abgegeben wurden. Das war u. a. pro kg Kanin-chenfleisch sogar eine Differenz von mehreren Mark der DDR. Bis in die 1970er Jahre verleitete das einige Menschen dazu, in der HO solches Fleisch zu kaufen und für einen höheren Preis als Eigenproduktion wieder abzuliefern. Darauf auf-merksam geworden, ordneten die staatlichen Insti-tutionen an, nur noch lebende Kaninchen abzu-nehmen, aber die unsinnigen Preise blieben. Die so veräußerten Tiere wurden nicht selten mit Haferflo-cken und Brot aus dem Konsum – beides für Pfen-nigbeträge zu haben – dick und rund gefüttert. Die widersinnig niedrig gehaltenen Preise für Lebens-mittel hatten Kultstatus, weil sie Humanität im Sinne niedriger Lebenshaltungskosten – „in der DDR braucht niemand zu hungern“ - gegenüber dem ka-pitalistischen Ausland dokumentierten. In jener Zeit machte in der DDR die allgemeine Feststellung die Runde: „Reiche Genossenschafts-bauern, arme LPG“. Das lag wahrscheinlich auch mit daran, dass in wirtschaftsschwachen Genos-senschaften viele Mitglieder in erster Linie für ihre individuelle Tierhaltung, also auch für ihre Kanin-chen, sorgten, ehe sie an das Wohl der Gemein-schaft dachten.

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Ein Bauer wusste nicht, wie viele Kaninchen in den ehemaligen Ställen seines Hofes herumrannten, es war bestimmt eine Zahl über 200. Die Tiere fühlten sich zurückversetzt in die Verhältnisse ihrer Vorfah-ren, ehe sie Haustiere wurden. Diese Haltung und unkontrollierte Vermehrung mit einer umfangreichen Inzucht funktionierte sogar einige Jahre; dann traten Krankheiten auf und mehrere Tiere kümmerten. Jetzt musste der Bauer etwas unternehmen, um weiterhin die lukrative Einnahmequelle zu behalten. Er besann sich seiner Verantwortung gegenüber seinen Haustieren, wählte einige kräftige Häsinnen aus, kaufte zuchtgeprüfte Rammler zu, um frisches Blut einzubringen und trennte in der Haltung nach Geschlechtern. Von den zur Mast vorgesehenen Tieren wurden die männlichen kastriert. Nun funkti-onierte alles wieder wie in einer normalen Hauska-ninchenhaltung. Die vormals in einer Art freier Wild-bahn lebenden Kaninchen konnten nicht befragt werden, wahrscheinlich fanden aber die stärkeren unter ihnen das „Zurück zur Natur“ gar nicht schlecht. Kinder von Arbeitern und Genossenschaftsbauern erhielten in der DDR bevorzugt begehrte Studien-plätze. Auf Grund dieser Herkunft erhielt der zum Jüngling herangereifte erwähnte Junge 1950 die Zulassung zum Studium der Veterinärmedizin. Schon als Kind missfiel ihm, dass sehr häufig die Kaninchenschlachtung unsachgemäß ausgeführt wurde. 1953 veröffentlichte er ein Buch über die fachgerechte Schlachtung der Kaninchen, in dessen Vorbereitung Fotos über die einzelnen Arbeitsgänge anzufertigen waren. Er nahm von zu Hause ein sol-

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ches Tier, das als Fotomodell dienen sollte, in einer relativ geräumigen Transportkiste mit zum Studien-ort. Der Termin der Fotoarbeiten verzögerte sich und das Behältnis mit dem Tier blieb frühmorgens in der Studentenbude. Die Freundin kam allein in die Wohnung. Aus Mitleid ließ sie das Kaninchen frei in der Stube herumhoppeln und ging wieder weg. Un-beschreiblich welches Chaos der Student am A-bend vorfand! Abgesehen von überall verstreuten Ausscheidungen, die leicht zu entfernen waren, hat-te das Kaninchen, das nicht einmal zu den Nagetie-ren zählt, Tisch- und Stuhlbeine angenagt; es konn-te durchaus seine Zähne in dieser Weise gebrau-chen. Am allerschlimmsten war die Tapete im ge-samten Zimmer beschädigt. Gekonnt hatte es zu-nächst diese oberhalb der Scheuerleiste angeknab-bert und dann daran gezogen, einzelne Tapeten-bahnen fielen herunter, andere hingen noch in Fetzen an der Wand. Eine umfangreiche Renovie-rung wurde erforderlich, das Honorar für die Veröf-fentlichung war damit aufgebraucht. Das Los der Kaninchen, die ab der 1970er Jahre in der DDR in den neu errichteten Kaninchenmastbe-trieben teilweise auch in Käfigen lebten, ist fast ver-gleichbar mit den Quälereien der Intensivhaltung der Hühner.

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Ziege Hanne Von einem Hundeleben spricht man, wenn es je-manden sehr schlecht geht. Vom Ziegenleben sind keine solchen Vergleiche bekannt. Folglich müsste es ihnen immer gut gehen. Geläufig sind aber die Schimpfworte: „Dumme Ziege, alte Ziege“; das sind ganz ungezogene Bemerkungen gegenüber Frau-en, worüber auch die Tiere beleidigt sein könnten. Es soll nunmehr der Lebensweg der Ziege Hanne in Verbindung mit dem Zeitgeschehen Ende der 1930er bis Mitte der 1940er Jahre dargestellt wer-den. Das im Mai 1938 geborene Tier hatte Glück, Os-tern war vorbei und die für das Fest benötigten Zie-genlämmer hatte man bereits geschlachtet und teilweise gegessen, also bestand kein Bedarf mehr. Es war in diesem Falle ein Vorteil, dass das Zicklein ausnahmsweise so spät im Jahr noch zur Welt kam, sonst wäre es vielleicht auch im Kochtopf gelandet. Man behielt es als Zuchttier und nannte es Hanne. In jener Zeit bezeichnete man die Ziegen als die Kühe des „kleinen Mannes“. Diese so genannten Häusler bewirtschafteten in der Regel Acker- und Wiesenflächen von durchschnittlich nicht mehr als 1 bis 2 ha. Ebenso bekannt sind hierfür die Namen Kleinsiedler und später bis in die Neuzeit die Be-zeichnung Nebenerwerbslandwirt. Das erste Lebensjahr von Hanne verlief recht nor-mal bis auf die Tatsache, dass sie vom 14 jährigen Enkel des Häuslers dressiert wurde. Sie lernte z. B. wie ein Hund bei Fuß zu gehen und zu stehen. Ge-gen die Ausführung des Befehles „Sitz“ wehrte sie

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sich allerdings mit Erfolg. Der Junge perfektionierte die Ausbildung auch nur in dem Umfange, dass es für das Tier zu keiner Qual wurde. Sein Großvater lehnte es ab, von den Tieren Kunststücke zu ver-langen, die diesen Schmerzen bereiten oder eine nicht tiergerechte Belastung sein könnten, das ak-zeptierte der Junge. Im Herbst stellt sich bei Hanne die Brunst ein – die Ziegenhalter sagen auch „Bockigsein“. Sie mecker-te sehr viel, wedelte dauernd mit dem Schwanz und zeigte Unruhe. Der Opa wollte sie am 2. Tag nach diesen Anzeichen zum Bock bringen, der von einem Kleinbauern gehalten wurde. Dieses Gehöft befand sich ungefähr 1 km entfernt, es war nicht zu verfeh-len, denn der typische Geruch war in einem großen Umkreis wahrzunehmen. Beschweren hierüber durf-ten sich die Nachbarn damals nicht, das gehörte zum ländlichen zu akzeptierenden Umfeld. In der Neuzeit würde es hierzu bestimmt zum Streit bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen! In diesem Rahmen gibt es heutzutage ja sogar Anzei-gen wegen Belästigungen durch einen krähenden Hahn am Morgen. Die eigentlich dressierte Hanne vergaß alles Ge-lernte und ging nicht freiwillig mit aus dem Hoftor. Ein unerklärliches Phänomen, sie war noch nie beim Bock gewesen und merkte, es sollte dorthin gehen. Niemand hatte feststellen können, dass die Altziegen sie aufgeklärt hätten. Das wäre eine Be-gründung für die Vorahnung der Jungziege gewe-sen, oder roch sie die Nähe des männlichen Tieres und wollte sich gegen eine „Zwangspaarung“ weh-ren? Fragen, zu deren Klärung unsere menschliche

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Erkenntnis nicht ausreicht. Kurzum der Häusler lud sie auf einen Handwagen, wo er sie mit Stricken arretieren musste, er fuhr sie zum Ziegenbock. Der Deckakt klappte sofort und genau nach 157 Tagen gebar sie 2 männliche Lämmer. Hanne wurde eine gute fürsorgliche Ziegenmutter, die neben der Ver-sorgung ihrer beiden Böcklein schon nach der ers-ten Geburt noch zusätzliche Milch für den Haushalt lieferte. An dieser Stelle sei eingefügt, der Opa hat Zeit seines Lebens täglich mindestens einen halben Liter Ziegenmilch direkt nach dem Melken – noch tierkörperwarm – getrunken. Er wurde 82 Jahre alt und war nie ernsthaft krank; 10 Tage vor seinem Tod hat er sich das erste Mal kränkelnd ins Bett gelegt und der Arzt schrieb auf den Totenschein: Gestorben an Altersschwäche. Vorher, als Patient, hatte er ihn nicht kennen gelernt. Hanne wurde die Stammmutter der Ziegenhaltung des Häuslers, bestehend aus 3 Muttertieren und dem jährlichen Nachwuchs, der vorwiegend der Fleischgewinnung diente. Als 1939 der 2. Weltkrieg begann war sie 1 Jahr alt und begann von nun an für die Milch- und Fleisch-versorgung der Familie ihres Besitzers, 4 Erwach-sene und ein Schulkind, mit beizutragen. Sie brach-te bis zum Ende des Krieges jedes Jahr zwei Läm-mer zur Welt, 3 davon wurden Mutterziegen, die übrigen wurden gemästet und geschlachtet. Nach jeder Geburt wartete sie mit einer ansehnlichen Milchleistung auf. In dieser Zeit besaßen diese Le-bensmittel, da sie nur zum Teil auf die rationierte Versorgung angerechnet wurden, einen hohen Wert.

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In Kleinstädten Thüringens und der ländlichen Ge-gend, abgelegen von Rüstungsindustrie, spürte man wenig vom Krieg oder von Luftangriffen. Für Hanne lief alles, als sei die Welt ringsherum in Ord-nung. Besonders gefiel ihr, wenn sie in der Nähe der ihr vertrauten Menschen gemeinsam mit den übrigen Ziegen, ob groß oder klein, grasen konnte. Nicht so recht gefiel ihr, dass sie gemeinsam mit 3 Mastschweinen, zwar abgetrennt in Buchten, aber im gleichen Stall, leben musste. Allerdings bedauer-te sie diese manchmal, sie bekamen auf ihren Holz-bohlen wenig oder keine Stroheinstreu. Sie rochen auch immer unangenehm und waren schmutzig; da dünkte sie sich mit ihrem glatten sauberen weißen Fell schon als etwas Besseres. Bis zum April 1945 ging alles seinen gewohnten Gang, da aber begann um Hanne herum große Auf-regung; der alte Herr war schon einige Tage nicht mehr zu ihr in den Stall gekommen. Auch der Auf-enthalt im Garten war trotz des schönen Frühlings-wetters vorbei. Was war die Ursache dieser Verän-derungen? Der Krieg kam nunmehr auch in diese bisher kaum von schlimmen Ereignissen berührte Gegend. Den Menschen ist die Frage zu stellen: “Warum müssen auch die unschuldigen Tiere unter den Kriegsgeschehen leiden, das diese in keiner Weise zu verantworten haben und nicht beeinflus-sen können?“ Die Ziege starb unter den Trümmern einstürzender Decken und Mauern. In unmittelbarer Nähe ihres Stalles schlugen Panzergranaten ein und zerstörten das Gebäude. Was sie vorher und während dieser letzten Stunden oder Minuten für Qualen erlitt, ist nicht nachvollziehbar. Die überle-

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benden Personen berichteten jedoch im Nachhinein über das Geschehen. Die Kleinstadt sollte beim An-rücken der Amerikaner von einer deutschen Einheit verteidigt werden. Beim Schusswechsel trafen Pan-zergeschosse das Gehöft des Häuslers, der in der Stube im Krankenbett lag. Er hatte sich geweigert in den Keller gebracht zu werden und gesagt: „Die Tiere können auch nicht in den Schutzraum, wenn es sie und mein Haus trifft, will auch ich nicht davon kommen“. Das Wohnhaus blieb stehen, Menschen kamen nicht zu Schaden aber von den Tieren über-lebten nur die Hühner und Kaninchen. Der Opa starb am Tag nach dem Beschuss und dem Ein-marsch der Amis. Wahrscheinlich haben das große Leid, vor allem der Verlust der Ziegen, die ihm sehr ans Herz gewachsen waren, sein Sterben be-schleunigt. Er war ein gläubiger Mensch und er äu-ßerte als Letztes: „Jetzt kann ich vielleicht im Him-mel meine Tiere wieder treffen“. Die Ziegenhaltung der Neuzeit hat ein ganz anderes Profil als damals. Ziegenmilch wird vorwiegend zur Herstellung von Käsespezialitäten benötigt, das Fleisch der Tiere ist kaum gefragt. Die Haltungsfor-men sind auf die Erzielung höchster Milcherträge gerichtet. Sogar Melkmaschinen für Ziegen wurden entwickelt.

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Hausschweinegeschichten Wendeereignis - Hausschweinerlebnisse Es ist schon kurios, das Wort Schwein wird sowohl in Verbindung mit Beschimpfungen als auch für die Benennung glücklicher Ereignisse benutzt. „Wen-de“ hat in unserem Sprachgebrauch einen festen Platz für die Bezeichnung der friedlichen Revolution in der DDR gefunden, sie umfasst nach der Definiti-on der Geschichtswissenschaftler die Zeit von Sep-tember 1989 bis 3. Oktober 1990. Die meisten Menschen in Deutschland waren in unterschied-lichster Weise davon betroffen und selbst die Schweine blieben nicht außen vor. In der Schweinehaltung erprobte man in der DDR besonders ab den 1970er Jahren neue Bedingun-gen und Wege und erzielte gute Ergebnisse in der Schweinefleischproduktion. Die Haltungsformen mit sehr großen Tierbeständen fanden 1989 jedoch durch Politik und Landwirtschaft der BRD ableh-nende Beurteilungen; neuerdings vollzieht sich ein Wandel dieser Auffassungen, es entstehen wieder ähnliche große Stallanlagen. Die Formulierung der Frage: „Wie erlebten die Schweine die Wende“? könnte missverstanden werden – sie ist im vorliegenden Falle jedoch aus-schließlich auf diese Haustierart bezogen. Durch die Beschreibung der Lebenswege von Hausschweinen während der benannten Zeit wird versucht, Antwor-ten zu finden. Die Sau, deren Lebenslauf wir verfolgen und Johl-ante nennen, brachte im Mai 1989 10 Ferkel zur Welt. Sie war in das Programm der Brunstsynchro-

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nisation eingebunden. Ohne diese Methode wäre in der Schweinezuchtanlage, in der sie mit über 2000 Sauen und entsprechender Anzahl Nachkommen-schaft lebte, kein planmäßiger Ablauf möglich ge-wesen. Im Abferkelstall kam deshalb am gleichen Tag bei 20 Muttertieren Nachwuchs an. Diese Tat-sache erklärt in anschaulicher Weise dieses Sys-tem. Durch verabreichte Hormone und Medikamen-te wird erreicht, dass die üblicherweise spontan auf-tretende Brunst zu einem gewünschten Termin auf-tritt, die vorbestimmte größere Sauengruppe kann deshalb zum gleichen Zeitpunkt besamt werden. Der gesamte weitere Ablauf, Geburts- Absetz- Um-stellungstermine, wird damit exakt planbar. Johlante lernte keine traditionelle Landwirtschaft und Tierhaltung kennen, deshalb konnte sie keine Vergleiche ziehen. Die Menschen, ob Fachleute oder Laien, taten dies für sie und stritten über die Frage: Ist die Haltung in den Schweinegroßanlagen tier- und tierschutzgerecht? Hierzu muss eine Er-gänzungsfrage folgen: Wurden und werden auch überall und immer in den klassischen bäuerlichen Betrieben die Tierschutzprinzipien und Grundsätze der tierartgerechten Haltung befolgt? Die Schweine können es uns nicht sagen, deshalb neigen wir da-zu, dieses vorrangig nach den tierischen Leistungen zu beurteilen. Lobenswert, wenn sich dann noch einige finden, die auch das Verhalten und die Reak-tionen der Tiere einbeziehen. Auf einem Schlachthof in den neuen Bundesländern trifft 1993 Johlante eine gleichaltrige Sau aus den alten Bundesländern, die den Namen Josefine er-hält. Der Autor erlaubt sich nun die Freiheit, einen

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Dialog dieser beiden Tiere zu inszenieren. Ebenso wie viele deutsche Menschen kamen zu diesem Zeitpunkt die Beiden erstmals frei und offen in ein „Ost- Westgespräch“ über interessante aber viel-leicht auch ausgefallene Themen, die jedoch wie in vielen Fällen Gemeinsames und Trennendes wider-spiegeln. Johlante erzählt der aufmerksam zuhörenden Jose-fine: „Ich bin froh kurz vor dem Schlachten, ich rie-che und spüre, dass das geschieht, noch einmal mein Herz ausschütten zu können. Stell dir vor, wir wurden mit der Begründung abgewickelt: Unsere Schweineproduktionsanlage wäre unwirtschaftlich, alles würde sich nicht mehr rechnen und es hätte sich kein Käufer gefunden; was mit uns Tieren da-bei geschah danach fragte niemand. Lass dir be-richten wie wir in der Sauenanlage lebten, dann kannst du dir selbst ein Bild machen. Freilich ver-stehe ich nichts oder wenig von Ökonomie, aber ich weiß, dass alle Sauen sehr fruchtbar waren, die Läufer sehr gute Tagesgewichtszunahmen hatten, die Tiergesundheit hätte allerdings noch etwas bes-ser sein können, aber arbeitssparende Technolo-gien und moderne Methoden der Haltung und Fütte-rung kamen zur Anwendung, die Produktionspläne und die Verträge zur Belieferung der Schweine-mastanlagen wurden immer erfüllt“. „Du schmeißt ja mit Fachbegriffen und Ausdrücken um dich, die ich im Westen noch nie hörte“, unterbricht Josefine die so richtig in Redefluss gekommene Johlante, die auch gleich fort fährt: „Diese Worte vernahmen wir während der Abwicklung auch immer von den Landwirten aus der BRD, die sich unsere Anlage

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anschauten. Die meinten: `Das ist ja eine richtige Konkurrenz zur Schweinehaltung im Westen, hier-hinein Privatinitiative, nicht rostender Stahl und die modernsten Baumaterialien, so könnten wir in der Welt unschlagbar werden`. Aber mit dieser Aussage wussten wir wiederum nichts anzufangen. Wir ha-ben uns in 40 Jahren auseinander gelebt, das merk-te selbst ich, die ich nur das Ende der DDR noch kennen lernte. Aber hören wir auf von Politik zu schwätzen, wir Schweine verstehen davon zu we-nig, ich will dir noch einiges von den Bedingungen in unserem Umfeld erzählen. Ende 1987 wurde ich in einem Kastenabferkelstand geboren und meine Mutter war dazu noch angebunden, wir konnten nicht erdrückt werden, vegetierten aber auf ganz wenig Einstreu, trotzdem fühlten wir uns wohl auf dem warmen Ferkelnest. „Waren bei euch alle Sauen angebunden?“ will Jo-sefine wissen und redet gleich weiter: „Ich sehe auch, du hast noch die eingedrückten Stellen am Hals, wahrscheinlich vom Bügel der Anbindung. Bei uns soll das angeblich auch in einigen Schweine-zuchtanlagen praktiziert werden, aber bei meinem Bauer gab es das nicht, wir lagen in unserem Ab-ferkelstall und auch später stets auf sehr viel Stroh. Wir hatten große Bewegungsfreiheit.“ „Damit sprichst du ein sehr wichtiges Thema an“, erwidert Johlante: „Wir alle haben außer wenig Häcksel, nie mehr in unserem Leben Stroh gesehen. Es wurde gesagt, es gibt keine Technologie, die es ermöglicht in den großen Tierkonzentrationen rationell mit Einstreu zu arbeiten. Außerdem hatten wir stets nur so viel Liegefläche zur Verfügung, wie sie nach Be-

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rechnungen der Wissenschaftler für die einzelnen Altersgruppen der Schweine notwendig wäre“. Aus den Nachbarbuchten im Wartestall des Viehhofes ertönen laute Rufe von Mastschweinen, die zuge-hört hatten: „Das stimmt, wir kommen aus einer Mastanlage in der 10000 Tiere lebten, auch wir wurden abgewickelt, bei uns existierten nur Voll-spaltenböden, Stroh ist für uns ein Fremdwort. Beim Hinlegen berührte man ständig den Nachbarn“. „Ja, aber warum wehrt ihr euch dann gegen die Abwick-lung, eure Nachkommen können es doch nur bes-ser haben, wenn sie wieder in kleinere bäuerliche Betriebe kommen?“ fragt Josefine. „Du bringst mich ganz durcheinander“, sagt Johlante: „Deshalb muss ich dir unbedingt auch die vielen Vorteile darstellen, die wir in unserer Anlage hatten. Hoffentlich bleibt mir dazu noch genügend Zeit bis wir zur Schlach-tung abgeholt werden.“ Zynisch und sogar etwas überheblich sagt die Sau aus dem Westen: „Was ich bisher vernahm, kann das doch gar nicht viel sein“. Nun ist die Sau aus dem Osten leicht belei-digt, lässt sich aber nichts anmerken und berichtet: „Bei uns konnten alle neuen wissenschaftlichen Er-kenntnisse schnell in die Praxis überführt werden, das klingt wie Propaganda, aber ich will es dir be-weisen; fangen wir mit der Hygiene an. Das Perso-nal, das bis zu uns Schweinen vordrang, musste durch eine Schleuse und sich dort duschen und die Straßen- gegen Arbeitskleidung tauschen. Vor der Einschleppung von Infektionskeimen waren wir gut abgesichert. Sauberkeit und Desinfektion besaßen bei uns höchste Priorität. Mit Wasser brauchte auch nicht gespart werden, das war billig. Unsere Hal-

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tungsbedingungen entsprachen - abgesehen von der erwähnten ungünstigen Anbindhaltung der Sau-en - neuesten Erkenntnissen, z. B. Läuferkäfige, bequeme Spaltenböden, vorzügliche Stalllüftung und ausgeklügelte Futter- und Gülletechnologie. Je Sau und Jahr wurden 2,1 Würfe und 20 aufgezoge-ne Ferkel erzielt, eine Leistung, die Weltniveau war.“ „Mit solchen hochtrabenden Bezeichnungen habt ihr euch im Osten ja immer gebrüstet“, kann sich Josefine nicht enthalten zu bemerken. Unbeirrt redet Johlante weiter: „Die Fütterung war reichlich und gut und ich wage zu behaupten, die Mehrzahl der Schweine fühlte sich wohl. Bei uns arbeitete eine relativ große Anzahl Pfleger, das waren in den Augen der Ökonomen stets zu viele Arbeitskräfte; aber diese konnten sich intensiv mit uns Tieren be-schäftigen und Quälereien gehörten eher zur Aus-nahme, weil auch das Wort der Tierärzte etwas galt. Jetzt bei der Abwicklung werden viele, so wie ich, geschlachtet, andere in alle Winde verstreut. Mich selbst trifft das Los Fleisch zu liefern, mein Leben ist zu Ende, wie es aber all den Überlebenden er-gehen wird, bleibt ungewiss. Diese fortschrittlichen Bedingungen, die wir hatten, kommen bestimmt nicht wieder. Mit unserem untrainierten Immunsys-tem - wir kamen ja kaum mit Keimen in Berührung - könnten für diejenigen, die in eine andere Umwelt kommen, Krankheiten vorprogrammiert sein.“ „Jetzt halt aber die Luft an“, kontert Josefine, „du redest ja gerade so, als sei die traditionelle Landwirtschaft schmutzig und hast sie gar nicht kennen gelernt. Ich fühlte mich in meiner Bauernwirtschaft pudelwohl, für uns Schweine kann das Wühlen im Dreck eine

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Wonne sein, das haben wir von unseren Ahnen, deren Verhalten zu leugnen grenzt an Hochmut. Die neuen Haltungsformen dachten sich die Men-schen doch nur aus, um höhere Leistungen aus uns herauszuholen. Es bleibt zweifelhaft ob dass in je-dem Falle unserem Naturell und Wünschen ent-spricht. Ich ziehe jedenfalls ein Leben mit weniger Stress vor“. „Und trotzdem werden wir beide für die Menschen jetzt bald sterben, denn es geht ab in die Betäubungsbucht“, sind die letzten Worte von Johl-ante. Sie laufen in dem schmalen Gang nicht schnell genug, ein Arbeiter schlägt sie deshalb mit einem Stock und fügt ihnen Schmerzen mit einem elektrischen Viehtreiber zu. Rohe Menschen treiben leider überall ihr sträfliches Handwerk, nicht alle werden ertappt. Beide Tiere erfahren aber nunmehr wieder eine Gleichbehandlung, ob Schwein aus dem Osten oder Westen! Das besondere Schweineerlebnis „Schwein gehabt“, sagen wir Menschen u. a., wenn ein fast ausweglos scheinendes Geschehen glimpf-lich ausging. Im übertragenen Sinne war das zutref-fend für ein Hausschwein, dessen Lebensgeschich-te in der Mitte der 1950er Jahre ein Vorspiel hatte. Es wurde in dieser Zeit der Anfänge der LPG in einer solchen Genossenschaft im Leipziger Land geboren. Die dortigen Bauern besaßen fruchtbare Äcker und waren in der Regel wohlhabend. Die ge-sellschaftlichen Veränderungen im Osten Deutsch-lands erbrachten jedoch nach dem 2. Weltkrieg für manche in die Kategorie Großbauer eingestuften Besitzer Erschwernisse. Ein überdimensionales Ab-

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lieferungssoll zwang einzelne wirtschaftlich in die Knie. Einige flohen deshalb und auch wegen ande-rer Gründe nach der BRD, ihre Landwirtschaftsbe-triebe blieben zurück, sie wurden von den LPG ü-bernommen. Vorher schon waren die 1945/46 ent-eigneten Güter und Besitzungen von Kriegsverbre-chern oder belasteten Nationalsozialisten im Rah-men der Bodenreform aufgeteilt worden. Im Übrigen fehlten aber damals auf dem Lande Arbeitskräfte. Die Aktion „Industriearbeiter aufs Land“ sollte Abhil-fe schaffen, brachte auch manchem zwar arbeitswil-ligen, aber mit landwirtschaftlichen Arbeiten nicht vertrauten Menschen in die Dörfer. Dazu kamen Neubauern, die ihre Kenntnisse auf agrarwirtschaft-lichem Gebiet überschätzt hatten. In dieser Situati-on empfanden einige Betriebe, die wirtschaftlich nicht mehr weiter wussten, die LPG als Rettung. Entsprechend schwierig gestaltete sich in diesen neuen Wirtschaftsformen auch die gesamte Tierhal-tung. In dem Dorf, in dem das Schwein mit dem be-sonderen Erlebnis, nennen wir es „Zahme“, auf-wuchs, gab es nur noch 2 selbständige Bauern, alle anderen gehörten zur LPG Typ III, in der es wenige Fachleute gab. Dieser Schweinename wird im spä-teren Leben des Tieres noch eine Rolle spielen. Im Frühjahr 1956 war in der Genossenschaft infolge unplanmäßigen Wirtschaftens alles Winterfutter aufgebraucht und die neue Ernte noch weit weg. Zahme, Ende November des Vorjahres geboren, litt in der Zeit, in der sie sich noch als Saugferkel an der Mutter ernähren konnte, keine spürbare Not. Der Abferkelstall war massiv und noch war auch genügend Einstreu vorhanden. Zwei Monate später

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wurde sie von der Mutter getrennt und gehörte nun zu den Läufern. Für die zahlreichen in die LPG ein-gebrachten Tiere reichte der Platz in festen Ställen nicht mehr aus. Anfang März, noch war es draußen - besonders nachts - sehr kühl, wurde Zahme des-halb mit der Mehrzahl der Läufer in einem Auslauf in primitiven Schweinehütten untergebracht. Die Bewegung an der frischen Luft tat sehr gut, wenn nur genügend Futter zum Ausgleich des körperei-genen Wärmehaushaltes vorhanden gewesen wäre! In den Unterkünften mit Holzwänden und Strohdach gab es wenig Bewegungsfreiheit, das war sogar vorteilhaft, die Tiere konnten sich gegenseitig wär-men. Im Mai, als es in die nachfolgende Abteilung, die Schweinemast, ging, meinte Zahme, das Gröbs-te überstanden zu haben. Das war aber ein Trug-schluss, alle waren zwar relativ mager. aber trotz-dem setzten nun nach dieser neuen Zusammenstel-lung der Gruppen noch zusätzlich unerbittliche Rangkämpfe ein. Wieder mussten sie mit einer Frei-landhaltung vorlieb nehmen. Die Futterrationen wa-ren so spärlich, dass es nicht einmal zur Erhaltung reichte und da sprachen die Menschen noch von einer Mast! Täglich holte das Fahrzeug vom Tier-körperverwertungsbetrieb, früher als Abdeckerei bekannt, die an Unterernährung gestorbenen Tiere ab. Freilich versuchten die wenigen, fachlich noch real denkenden Landwirte, mit allen Mitteln, Futter zu beschaffen; man wusste, Schweine, die begin-nen abzumagern, eignen sich künftig nicht mehr zur Mästung. So wurden für teures Geld im Norden der DDR angebotene Saatkartoffeln, die nicht bewirt-schaftet waren, gekauft. Ob diese der späteren

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Aussaat entzogen wurden, blieb unbeantwortet. Die staatlichen Stellen drückten bei diesen illegalen Ge-schäften alle Augen zu. Das erste sprießende Grün auf den Wiesen und Feldern wurde, sobald es sichtbar war, geerntet usw. All das erwies sich als ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber der Staat gestattete auch nicht, den Viehbestand der Futter-decke anzupassen. Die vorgegebenen Tierhal-tungspläne mussten eingehalten werden. Darin sa-hen die Fachleute völlig unvernünftige Festlegun-gen. Zahme wollte sich mit den misslichen Umständen nicht mehr abfinden. Durch ein Loch im Zaun der Absperrung entkam sie ihrer Notlage, wusste je-doch nicht, was sie in der Freiheit zu erwarten hatte. Sie lief zunächst Richtung Wald, fand im Gebüsch Unterschlupf und ruhte sich von der Anstrengung aus. Die Flucht schien nicht bemerkt worden zu sein, niemand suchte. Auch später erfolgte keine Fahndung, wahrscheinlich zählte man die Tiere gar nicht mehr und war außerdem froh, einen Fresser weniger zu haben. Als nächstes galt es für Zahme etwas Fressbares zu finden, an Hunger gewöhnt, konnte sie trotzdem nicht gänzlich ohne etwas zwi-schen die Zähne zu bekommen, leben. Da kam der Zufall zu Hilfe, in der Nähe war eine Miete mit Saat-kartoffeln, wahrscheinlich gehörte sie den Einzel-bauern des Dorfes. An diesen wertvollen Vorrat machten sich nachts Wildschweine zu schaffen. Als diese weg waren, versuchte das hungrige Tier sein Glück und nie mehr im Leben schmeckten rohe Kar-toffeln, an denen man sich dazu noch satt fressen konnte, so gut! Freilich, die nächsten Stunden ru-

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morte es ganz schön im Magen und Bauch, aber das Schwein besaß noch genügend Widerstands-kraft mit den neuen Ernährungsumständen fertig zu werden. Am nächsten Tag war die Futterquelle weg, aber es fanden sich in der weiten Flur gepflanzte Erdäpfel, Rübenpflänzchen, Eicheln, zart aufsprie-ßender Klee und ähnliches. Jetzt war Zahme allein, die vielen Futterneider nicht mehr um sie herum, so ließ sich alles viel besser bewältigen. Immer wieder beobachtete Zahme im gebührenden Abstand ein Rudel Wildschweine, traut sich aber noch nicht nä-her an die Verwandten heran. Diese schienen auch keine Notiz von dem abartigen Schwein zu nehmen. Sie fühlte sich aber in der neu gewonnen Freiheit, selbst wenn es einsam war, sehr wohl. Monate ver-gingen, der natürliche Drang, wieder in Gesellschaft mit anderen zusammen sein zu wollen, wurde im-mer stärker und Zahme gliederte sich heimlich ins Wildschweinrudel ein. Das wird zum Verhängnis oder auch Glück. Der junge Keiler, der noch immer stark abgedrängt wird, findet Gefallen an dem wei-ßen für ihn komisch aussehenden Tier, das jedoch hinsichtlich Geruch und Gebaren seiner Art durch-aus ähnlich erscheint. Er lässt sich mit dem nun-mehr geschlechtsreif gewordenen weiblichen Schwein ein und macht es zur trächtigen Sau. Un-wissende könnten das als Schimpfwort auffassen, aber Zahme ist erfreut darüber, dass sie nun bald Mutter werden kann. Nicht bedacht hat sie, dass der Winter beginnt und die kalte Jahreszeit noch nicht zu Ende sein wird, wenn sie ihre Kleinen zur Welt bringt.

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Als es mit der Geburt so weit ist, begibt sie sich ins Gebüsch unter einen Berg von Streu und Laub, sie schenkt 8 Ferkeln, oder muss man sie Frischlinge nennen? das Leben. Der andere Nachwuchs vom Rudel ist schon etwas größer. Sie kümmern sich nicht um Zahme. Auch den jungen Keiler scheint es nicht zu interessieren, dass er Vater geworden ist. Von der Kondition her ist sie trotz des Aufenthalts in der freien Natur noch kein Wildschwein geworden. Wieder ist das Glück ihr hold. Auf seinem Pirsch-gang entdeckt sie der Förster, der sofort feststellt, ein Hausschwein hat sich mit einem Keiler gepaart. Ein mögliches aber seltenes Phänomen, dessen weiteren Verlauf er gern verfolgen möchte. Es ge-lingt ihm, Zahme mit ihrem Nachwuchs in einen Kä-fig einzufangen und sie im unbelegten Stall der Försterei unterzubringen. Jetzt kennzeichnet der vergebene Name die Eigenschaft des Tieres, das trotz seines bisherigen Lebens das Wesen eines Hausschweins beibehielt. Die Nachkommenschaft ist im Aussehen, ihrer Vitalität und im gesamten Verhalten schon eher zum großen Teil mit Wild-schweinen identisch. Die Farbschattierungen ihrer Haut reichen von schwärzlich, über braun bis hell, Wild- und Hausschweinborsten sind zu sehen und sie überspringen bis 1,5 m hohe Buchtenabtren-nungen. Es ist eine Freude, den Kleinen beim gieri-gen Trinken am Gesäuge des Muttertieres und spä-ter beim Fressen zu zusehen. Sie bevorzugen Ei-cheln, kurzum alles Futter, das auch ihren wilden Artgenossen schmeckt. Damit werden sie auch in der Försterei gut versorgt, während Zahme sich sehr schnell und gern wieder auf Hauschweinkost

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umstellen lässt. Trotz reichlicher Nahrung nehmen die Jungtiere vergleichsweise geringer an Körper-gewicht zu, als Ferkel und Läufer der Hausschwein-rassen. Alle acht werden in der Försterei bis zur Schlachtreife gehalten. Im weiteren kann dann Menschen, die emotional unterschiedlicher Auffas-sung zum Ende der Haustiere sind, nur schwer er-klärt werden, was verstandesmäßig geschehen muss. Klar, eine weitere Zucht mit den Abkömmlin-gen ist nicht möglich, Tiere aus solchen Paarungen sind nach bisherigen Erfahrungen unfruchtbar, also bleibt die Schlachtung, die, das wird im vorliegen-den Fall vorausgesetzt, mit Betäubung ordnungs-gemäß erfolgt. Auch in der Natur wären sie Ziel der Jagd geworden. Das Fleisch der Mischlinge, das sei im Nachhinein betont, besaß trotz artgerechter Füt-terung keine Wildschweineigenschaften. Den Le-sern, bei denen die Tierliebe so weit geht, dass sie kein Fleisch essen, soll noch mitgeteilt werden: „Zahme wurde nach dem Absetzen der `wilden Fer-kel´ nicht geschlachtet, sondern sorgte noch für wei-tern Nachwuchs `echter Hausschweine´, die letzt-lich aber auch der Fleischversorgung dienten“. Schweine in der Kriegs- und Nachkriegszeit Im Vorwerk eines Rittergutes befanden sich in ei-nem Stall 70 Zuchtsauen. Es war ein vorbildlicher Landwirtschaftsbetrieb, der Ende der 1930er Jahre Tierhaltung nach damals modernen Gesichtspunk-ten betrieb. In dem großen Auslauf konnten sich die Sauen, unter denen einige um die sieben Zentner wogen, nach Belieben suhlen. Verwandte des Rit-tergutsbesitzers aus der Stadt, völlig ahnungslos in

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agrarwissenschaftlichen Problemen, besichtigten die Schweinehaltung und fragten: „Wirkt sich der Dreck und Schlamm, in dem die Tiere wühlen, nachteilig auf den Geschmack des Fleisches aus?“ Außerdem erkundigten sie sich über die Themen der Fortpflanzung: „Bekommen die Haus-schweine, auch wie ihre wilden Vorfahren, nur zu bestimmten Jahreszeiten, vor allem im Frühjahr, Junge? Fachmännische Auskunft erhielten die Be-sucher vom älteren erfahrenen Gutsinspektor, ei-nem Landwirt mit Hochschulausbildung, der sie zu-nächst insbesondere hinsichtlich des Fleischge-schmacks beruhigte. Zu den Geburtszeiten der Ferkel erzählte er: „Infolge der Domestikation der Wildschweine gibt es heute während aller Jahres-zeiten Geburtstermine. Es gelingt uns aber nicht die Brunst der Sauen zu steuern, deshalb können wir die Ferkelproduktion und die erforderlichen Stallka-pazitäten für Sauen, Läufer und Mastschweine nicht exakt voraus planen.“ Er wusste damals nicht, dass reichlich 2 Jahrzehnte später die Wissenschaft mit der Brunstsynchronisation eine Methode entwickel-te, die diese Probleme löste und damit unter ande-rem eine Voraussetzung für die Errichtung von Stallanlagen mit sehr großen Tierzahlen schuf. Da-mit wurden aber auch einige Gefahren für die Men-schen heraufbeschworen. Im Übrigen traf er eine weiteren Aussage, die ein halbes Jahrhundert spä-ter wieder ganz aktuell wurde: „Wir halten unsere Schweine in ganz natürlicher tiergerechter Art mit Auslauf und richtigem Schweinefutter ohne chemi-sche Zusätze“. Die zwischenzeitlich teilweise unna-türliche Haltung und Fütterung der Schweine kehrte

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sich um in die Forderung: „Zurück zu natürlichen Haltungsbedingungen – mit den neuen Wortschöp-fungen: Erzeugung von Bioprodukten aus ökologi-scher Landwirtschaft. Nahrungsmittel müssen frei von schädlichen Einflüssen der Umwelt produziert werden!“ Der Standort des Vorwerks, er kann heute nur noch schwerlich ausgemacht werden, befand sich ganz nahe der Grenze zum Nachbarland Polen. Das Ge-sinde, damals die Bezeichnung für Knechte und Mägde, aber auch Rittergutsherr und Inspektor spürten im Sommer 1939 deutlicher als die Men-schen im Inland den nahenden Krieg. Truppenauf-märsche, als Manöver getarnt, brachten u. a. Ein-quartierungen und beeinflussten den Lebensalltag. Von den Soldaten schienen mehrere aus der Landwirtschaft zu stammen, sie interessierten sich im verstärkten Maß für die vorbildliche Schweine-zucht des Mustergutes. Ein Landser, mit dem Vor-namen Adolf, sagte: „Der deutsche Edelschwein-eber, den man hier hält, wiegt mehr als 8 Zentner, er sorgt bestimmt für kräftige muskulöse Nachkom-men und könnte in meinem Bauernhof auch den Sauen gefallen.“ Sein Kamerad bemerkte dazu zy-nisch: „Ob aber in dessen Adern hier an der deut-schen Außengrenze auch reines arisches Blut fließt, das weißt du nicht.“ Mit weiteren Äußerungen hielt er sich zurück, in der Armee musste man mit Ge-sprächen zu verfänglichen politischen Themen sehr vorsichtig sein. Aus dem Radio, einem Volksempfänger, von der Bevölkerung als „Göbbels-Schnauze“ bezeichnet, erfuhren auch die Leute auf dem Rittergut am ers-

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ten September 1939 den Kriegsbeginn. Nun wurde es in der ganzen Gegend wieder ruhiger, die deut-sche Wehrmacht zog gen Osten. In den Schweine-ställen musste jetzt aber die Arbeit vorwiegend von Fremdarbeitern, jungen polnischen Frauen, bewäl-tigt werden; die tauglichen deutschen männlichen Arbeitskräfte wurden Soldat. Die Schweinezucht des Gutes erhielt den Status eines für die Volkser-nährung wichtigen Betriebes, es wurden zahlreiche wertvolle Zuchtsauen und Eber in Landwirtschafts-betriebe in ganz Deutschland geliefert. Der erwähn-te Landser Adolf, der vor Kriegsbeginn im Vorwerk einquartiert war, konnte gut organisieren und er-reichte, dass auch seine Heimatgemeinde in Thü-ringen einen Jungeber aus der wertvollen Zucht kaufen konnte. Er sagte, als er nach dem Krieg aus russischer Gefangenschaft nach Hause kam: „Viel Schreckliches widerfuhr mir, da bin ich froh, dass es vorbei ist; aber einen Vorteil brachte mir das Um-herziehen in der weiten Welt, ich sah viele Unter-schiede und dabei manches Neue und sammelte Erfahrungen. Einiges davon kann ich sogar in mei-nem Bauernhof anwenden. Nur die Verhältnisse, die ich bei meiner Arbeit in einer Kolchose in der Sowjetunion erlebte, mögen uns erspart blei-ben.“ Er konnte 1946 noch nicht ahnen, dass ab Mitte der 1950er Jahre auch in seiner Heimat LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) nach sowjetischem Vorbild entstanden. Vom Rittergut an der polnischen Grenze, wo er als Soldat einst die mustergültige Schweinezucht be-wunderte, hörte er Schreckliches. Er hatte damals dort einige Freundschaften geknüpft. Auf der Flucht

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vor der Roten Armee gen Westen erinnerte sich der Inspektor des Gutes an diese persönlichen Be-kanntschaften. Er suchte und fand deshalb mit sei-nem Treck im Dorf dieses Bauern Unterkunft. Die von ihrer Heimat geflüchteten leidgeprüften Men-schen berichteten: „Während des Krieges blieben wir auf dem Lande von Bombenangriffen verschont, konnten uns einigermaßen satt essen und hatten ein Dach über dem Kopf. Das Dilemma begann, als in den letzten Monaten des Krieges die Front vom Osten her sich immer schneller unserem Gebiet näherte. Erst hieß es, an der deutschen Ostgrenze vollzieht sich der Wandel zum Sieg, hier werden die Feinde aufgehalten. Dann hörten wir den schon gar nicht mehr weit entfernten Geschützdonner, die Meldungen und Parolen änderten sich nun täglich. Einerseits sollten wir einen Treck zusammenstellen und nach Westen ziehen, andererseits forderten die Parteioberen, wir, die alten Männer, Frauen und Kinder müssten bleiben und unsere Heimat vertei-digen. Kurzum, eines Nachts rückte eine deutsche Geschützeinheit an, unser Vorwerk wurde auf Grund der strategisch günstigen Lage zu einem Verteidigungsbollwerk ausgebaut. Jetzt zogen wir aber los, fast alle erkannten die aussichtslose Lage. Wir konnten nur die Zugtiere mitnehmen; das Fleisch von einigen Schweinen, die in Eile noch ge-schlachtet wurden, sollte uns als eiserne Reserve dienen. Die übrigen größtenteils wertvollen Zuchttie-re blieben zurück. Ein fünfzehnjähriger, bisher strammer Hitlerjunge, widersetzte sich seiner Mutter und ging nicht mit. Als einziger Volkssturmkämpfer, die anderen 4 Mann des Gutes zogen mit uns, be-

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gab er sich zu den kämpfenden Soldaten. Nach 5 Tagen, wir waren schon ungefähr 100 km nach Westen gezogen, holte uns der Junge, der auch die Kampfstätte verlassen hatte, wieder ein. Ganz ver-stört berichtete er: `Wir hatten in den Ställen die Tiere auf engstem Raum zusammengetrieben und alles für eine Verteidigung eingerichtet. Spione müssen den Feinden übermittelt haben, dass unser Vorwerk uneinnehmbar ausgebaut wurde. Jeden-falls schlugen zielgenau so viele Granaten ein, dass von den Gebäuden nur Mauerreste übrig blieben. Überall lagen Menschen- und Tierleichen. Wie es mir gelang, in dieser Hölle zu überleben und davon zu kommen, weiß ich nicht. Das Schrecklichste für mich waren die schwer verletzen Schweine, die vor Schmerzen schrieen, die man aber liegen lassen musste, weil es galt, die verwundeten Soldaten zu bergen. Die grausamen Russen schossen weiter, als schon alles in Trümmern lag, sie hatten nicht einmal Mitleid mit den unschuldigen Tieren. Unser Vorwerk und auch unsere dortigen Wohnungen e-xistieren nicht mehr. Bin ich ein Fahnenflüchtiger? Ich kann nicht zurück in den Kampf, das Leid der Tiere hat mir den Rest gegeben`.“ Mitte Mai 1945 war der Treck im Thüringer Dorf, vor der sowjetischen Armee flüchtend, in der amerika-nischen Zone angekommen. Jetzt machten Gerüch-te die Runde, die Russen würden hierher kommen. Bange Frage: „Sollen sie weiter gen Westen zie-hen?“ Die meisten entschlossen sich dazu, der In-spektor und einige andere blieben und kamen dann ab Juni in den Herrschaftsbereich der Sowjets, dem sie eigentlich mit diesem bisherigen enormen Auf-

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wand entfliehen wollten. Ihr ehemaliges Zuhause wurde auf Grund von Grenzbereinigungen polni-sches Staatsgebiet. In der Ostzone wurden sie 1946 Neubauern und gehörten durch ihre landwirt-schaftlichen Kenntnisse zur Elite dieser neuen ge-sellschaftlichen Schicht, die gegenüber Mittel- und Großbauern manche Vorteile genossen. Vom Zuchteber, der Anfang der 1940er Jahre vom Rittergut aus dem weiten Osten Deutschlands ins Thüringer Dorf kam, gab es inzwischen bis nach dem Krieg zahlreiche Nachkommen. Der Bauer, der ihn hielt und eine 15 ha große Wirtschaft besaß, hatte einen guten Ruf als Schweinezüchter. Er er-zählte später gern und oft am Stammtisch in der Dorfschenke: „Ich bin Adolf, meinem Nachbarn, noch heute dankbar, dass er damals als Soldat so umsichtig war und uns das wertvolle Zuchttier be-schaffte. Erst im Alter von 7 Jahren musste es ei-nem Jüngeren Platz machen, damit es außerdem hier in unserer Gegend zu keiner Inzucht kam. Ganz gerührt waren wir aber alle, dass ein Schwein Heimatgefühle wecken kann. Der Gutsinspektor, aus dessen Betrieb der Eber stammte, besuchte mich kurze Zeit nachdem er hier ankam und freute sich, dass dieses Tier, dass in seinem Stall geboren und aufgewachsen war, noch lebte. Bewegt brachte er zum Ausdruck, dass er hoch erfreut war, hier et-was aus seiner früheren glücklichen Zeit anzutref-fen. Ansonst hat der Krieg auch sein Lebenswerk, einen wertvollen Schweinezuchtbestand, gänzlich vernichtet.“ In der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR hießen die Menschen, die im Osten ihre

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Heimat verloren hatten, Umsiedler, während man sie im Westen als Vertriebene bezeichnete. Die Leute vom ehemaligen Rittergut wurden in der Thü-ringer Gemeinde, in der sie ein neues Zuhause suchten, recht schnell integriert, wahrscheinlich an-erkannte man ihre landwirtschaftlichen Fachkennt-nisse und ihren Fleiß. In jener Nachkriegszeit be-saß die Nahrungsbeschaffung für fast alle Men-schen in Deutschland Vorrang im Überlebenskampf. Tauschgeschäfte blühten und einige gierige Bauern bereicherten sich durch Schwarzmarkthandel; die landwirtschaftlichen Erzeugnisse waren sehr ge-fragt. Sofort nach Kriegsende waren die notwendigen Verwaltungsstrukturen wieder zu ordnen. Die Be-fehle der sowjetischen Militäradministration (SMA) sollten hierbei die bisherigen nazistisch behafteten Gesetze ersetzen. Wenige Änderungen erfuhren zunächst die Bestimmungen über die Lebensmittel-rationierung, die Viehzählungen, die Schlachtung landwirtschaftlicher Nutztiere zum Eigenbedarf und das Ablieferungssoll für landwirtschaftliche Erzeug-nisse. Der Bauer, Besitzer des 15 ha - Betriebes und der vorbildlichen Schweinezucht, stöhnte unter der Last der aufgebürdeten abzuliefernden Fleischsollmen-gen. Während des Krieges war ihm ein großes per-sönliches Leid widerfahren. Seine 20jährige Tochter hatte ein Liebesverhältnis mit einem polnischen Kriegsgefangenen, einen hübschen jungen Bur-schen, der auf dem Bauernhof arbeitete. Ihr wurden zusammen mit noch drei anderen Mädchen, denen gleiche Vergehen vorgeworfen worden waren, in

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der nahen Kleinstadt öffentlich die Haare abge-schnitten. Anschließend fuhr man die jungen Frau-en auf einem Mistwagen durch die Straßen. Diese Bestrafung und Demütigung führte zur seelischen Erkrankung der Tochter, die nie völlig ausgeheilt wurde. Nun war die schlimme Hitlerzeit vorbei und ihm als so genannten Großbauern machte man sei-tens der Staatsorgane erneut das Leben schwer. Neidische Nachbarn zeigten ihn an, „schwarzge-schlachtet“ zu haben, hinzukam ein Rückstand im Fleischablieferungssoll. Er wurde verhaftet und in einem Schnellverfahren zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt. War es Schikane oder Zufall, dass er in der Strafanstalt, die sich gegenüber seiner Bauern-wirtschaft befand, einsaß? Vom vergitterten Fens-ter seiner Zelle aus konnte er täglich das Leben und Treiben auf seinem Hof sehen. Nach einem Jahr erhielt er im Zuge einer Amnestie seine Frei-heit wieder. Trotz dieser unangenehmen Erlebnisse flüchtete er nicht in die Westzonen, er war zu stark mit seinem Besitz und Tierbestand verbunden, als diese im Stich lassen zu können. Später, als die Vergehen verjährt waren, erzählte er gern Ge-schichten über das Leben auf dem Lande aus der Zeit der zweiten Hälfte der 1940er bis Mitte der 1950er Jahre: „Schwarzgeschlachtet haben in der Nachkriegszeit wohl alle, die Schlachttiere hielten, deren Fleisch auf die Eigenversorgung mit Lebensmitteln ange-rechnet wurde. Diese Tiere wurden im Rahmen ei-ner fast lückenlosen Viehzählung erfasst. Wollte man legal ein Schwein, Rind oder Kalb schlachten, musste bei der Gemeindeverwaltung ein so ge-

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nannter Schlachtschein beantragt werden. Das Schwarzschlachten dagegen musste nicht nur vor den Behörden, sondern auch vor den Nachbarn verborgen werden, weil diese sonst Möglichkeiten zur Erpressung hatten. Beim heimlichen Schlachten wurden im Stall Fenster und Türen mit Decken ver-hangen. Es war günstig, wenn das Schwarzschlach-ten parallel zu einer regulär genehmigten Schlach-tung erfolgte. In diesem Falle brauchte nur aufge-passt werden, dass die größeren Produktmengen nicht auffielen. Schweinehaut und Knochen muss-ten damals abgeliefert werden. Mir wurde ein Fall bekannt, dass bei einem Kleinbauern alles gut ging; nur an die Beseitigung der Kopfknochen des schwarzgeschlachteten Schweins hatte er nicht ge-dacht und man glaubte ihm die Story nicht, dass sein Tier eine Missgeburt mit zwei Köpfen gewesen sei. Tiere, die illegal geschlachtet wurden, mussten verständlicher Weise bei der Viehzählung wieder vorhanden sein. Die Kontrolleure verließen sich nicht allein auf mündliche Angaben, sondern zähl-ten selbst nach. Bei uns meinte der Bürgermeister, der selbst kontrollierte, einmal: `Diese Schweine sind doch bestimmt krank, denn sie sind seit einem halben Jahr fast nicht gewachsen.´ Er merkte wohl, dass es ein Ersatz für schwarz geschlachtete Ge-schöpfe waren, ging aber zum Glück darüber hin-weg, weil er keinen Ärger haben wollte. Ein anderes Vorkommnis, das ich mit einem Verwandten aus dem Nachbardorf erlebte, der als so genannter Häusler nur wenig Tiere hielt, war schwieriger zu bewältigen. Nach einer Schwarzschlachtung hatte er die notwendige Anzahl der Schweine noch nicht

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wieder ergänzt. Eine kurzfristig auf den nächsten Tag anberaumte Viehzählung brachte ihn deshalb in arge Not. Bei uns größeren Bauern, die Sauen hielten, war die Tierzahl über die Angabe von weni-ger geborenen Ferkeln zu manipulieren. Nicht bei ihm. Noch am Abend vor der zu erwartenden Zäh-lung, den Termin hatte ihn ein guter Bekannter aus dem Gemeindeamt verraten, kam mein Verwandter zu uns. Ich verkaufte ihm ein Ferkel, das er in einer Kiste mit Luftlöchern auf dem Handwagen über Wald- und Feldwege nach Hause transportierte. Er hatte dabei immer Angst, dem Ortspolizisten zu be-gegnen, der gern zu Kontrollen übers Land ging. Auf dem holprigen Weg fiel aber der Behälter vom Gefährt, der Deckel sprang auf und das Ferkel rannte in der Finsternis davon. Sehr erstaunt war ich deshalb, als mein Verwandter ca. eine Stunde nach seinem Weggang wieder vorm Hoftor stand und sein Missgeschick beichtete, ich gab ihm ein zweites Ferkel. Später brachte er mir das ausge-büxte Tier, das sie bei Tageslicht im Gebüsch auf-spüren konnten, zurück; es hatte den Ausflug über-lebt und war froh wieder beim Muttertier zu sein. Die Viehzählung verlief bei dem Häusler ohne Bean-standungen. Das erworbene Ferkel zog die Familie mit Flasche und Ziegenmilch auf.“ Normale Schlachtfeste bei den Bauern auf dem Lande mit vorliegenden Genehmigungen waren in dieser Zeit für Besucher aus der Stadt etwas Be-sonderes. Für diese Eigenversorgung wurden meis-tens Schweine mit einem Gewicht von 4 und mehr Zentnern geschlachtet, alle wollten fettes Fleisch, fette Wurst und dicken Speck. Daran erinnerte sich

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Ende der 1990er Jahre ein 65jähriger Großstadtbe-wohner, der in einem Fleischerfachgeschäft einen fetten Kasslerkamm verlangte und die Verkäuferin sagte: „So etwas wird heutzutage nur selten ge-wünscht, hoffentlich finden wir etwas für Sie. Alle wollen doch nur mageres Fleisch.“ Das Kamm-stück, das er schließlich erhielt, erfüllte nicht seine Erwartungen, veranlasste ihn aber seinen in der Stadt aufwachsenden Enkeln von der Zeit Anfang der 1950er Jahre zu erzählen: „Als Jugendlicher besuchte ich damals sehr gern und oft unsere Ver-wandten, die einen kleinen Bauernhof in einem Thü-ringer Dorf besaßen. Dort konnte ich mich wenigs-tens richtig satt essen. Als ich zufällig während ei-nes Schlachtfestes dort zu besuch war, machte es mir gar nichts aus, dass ich mir durch zu fettes Wellfleisch den Magen verdarb. Mir wurde ausge-sprochen übel, weil ich auch heimlich den nur für den Fleischer reservierten Schnaps mit trank. Meine mahnenden Worte scheinen euch Kinder Anfang des 21. Jahrhunderts nur wenig zu interessieren, trotzdem berichtete ich weiter, ihr müsst es einfach ertragen und sollt es später euren Kindern weiter erzählen können. Die Lebensmittel, die wir in jener Zeit in der Stadt auf Marken bekamen, reichten für uns junge wachsende Menschen nie aus. Als Schü-ler hatten wir auch zu wenig Geld, um Zusätzliches in der HO, das es dort ohne Marken gab, zu kaufen. Eure Oma, meine damalige Freundin, erstand je-doch als Ausnahme für drei Mark ein Gebäckstück, ein Schweinsohr, das sie mit zwei Freundinnen teil-te. Ich leistete mir einmal für 5 Mark, das war mein wöchentliches Taschengeld, eine Bockwurst; ich

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habe schon immer gern Wurst gegessen. Daran muss ich immer denken, wenn ihr heutzutage selbst die wenigen Fettstücken, die am Fleisch oder in der Suppe sind, an den Tellerrand zum Wegwerfen schiebt. Für uns wären das damals Delikatessen gewesen.“

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Epilog Haustiere präsentieren sich heute in großer fast nicht mehr zu überblickender Rassenvielfalt. Le-bensgeschichten konnten deshalb nur von einer kleinen Auswahl dargestellt werden. Wahrscheinlich wird gefragt, warum wird eine der wichtigsten Spe-zies, die Hauskatze, weggelassen? Ganz einfach, über diese sind bereits viele Geschichten publiziert, es würde schwer fallen eine Novität zu finden. Die Lebensläufe der Tiere enden sehr unterschied-lich. Die Nutztiere, Rinder, Schweine, Geflügel, Ka-ninchen werden in der Regel geschlachtet. Heimtie-re werden bei unheilbaren schmerzhaften Erkran-kungen eingeschläfert. Einige Tiere sterben eines natürlichen Todes oder durch Unfälle. Manche ver-schwinden auch plötzlich, nicht mehr auffindbar, aus der Umgebung der Menschen. Ähnliches erleb-te der Autor von einer Katze, die am gleichen Tag verschwand an dem der Hausherr ins Krankenhaus kam. Der hatte dazu prophezeit: „Wenn Putzi, so hieß das Tier, wegbleibt, komme auch ich nicht wieder nach hause.“ Die Katze blieb für immer weg, er starb in der Klinik. Mit dieser sehr kurzen Ge-schichte soll auch diese Tierart in der Veröffentli-chung noch Berücksichtigung finden. Sie spricht die oft nicht erklärbare Frage an: Gehen die Ahnungen der mit uns eng verbundenen Tiere über das von uns Menschen erkennbare Geschehen hinaus? Tat-sächlich haben unsere Mitgeschöpfe oft ein stärke-res ehrliches Mitgefühl für unsere körperlichen und seelischen Leiden, als die manchmal heuchelnden Mitmenschen. Die Tiere vermögen uns all das nur in

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ihrem Verhalten zu zeigen; daraus schöpfen wir häufig auch die Kraft für die Bewältigung schwieri-ger Lebenssituationen. In diesem Sinne sollen die gezeigten Lebensgeschichten verschiedener Tierar-ten eine Anregung sein, über die zahlreichen unge-lösten Verhaltensprobleme unserer Haus- und Heimtiere nachzudenken.

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