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Haushaltsrede Haushalt 2020
CDU-Kreistagsfraktion
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Mit Mut und Zuversicht in das nächste Jahrzehnt
- Die Zeit bis 2030 nutzen
- Den Einwohnern(innen) Heimat geben
Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistags,
verehrte Zuhörer und Gäste,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
eigentlich wollte ich bei meiner ersten Haushaltsrede nicht groß auf
bundespolitische oder gesellschaftliche Entwicklungen eingehen, sondern mich
ganz auf den Ostalbkreis konzentrieren. Doch die Zeiten haben sich geändert
und wir müssen wahrnehmen, dass derzeit auf der Welt, in Europa, in
Deutschland aber auch bei uns auf der Ostalb unsere Gesellschaft bzw. die
Stimmung in der Gesellschaft sich spürbar verändert hat. Diese
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen werden
deutschlandweit begleitet bzw. gehen einher mit
Demokratiefeindlichkeit/Müdigkeit, Extremismus und Nationalismus.
Wir stellen zum einen fest, dass die Menschen immer individueller werden und
für jeden das Eigene, die eigene Familie bzw. das Ich zunehmend im
Mittelpunkt seines Handelns steht. Zudem werden wir vor allem aufgrund der
Arbeitswelt globaler und internationaler. Die Gesellschaft hat sich sicherlich
aber auch dadurch verändert, dass Deutschland ein Zuwanderungsland wurde.
Dies nicht so sehr durch die Flüchtlinge, sondern durch die vielen Menschen,
die nach Deutschland zugewandert sind, weil sie hier eine Perspektive auf
Arbeit und selbstbestimmtes Leben zu finden erhoffen.
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Die Folge hiervon ist, dass die Gesellschaft, die Einwohner ein Stück weit
„entwurzelt“ wurden, und man nicht mehr so richtig weiß, wo man hingehört.
Die Menschen suchen Heimat/Identität, sowohl die, die neu zu uns gekommen
sind als auch viele Einheimische. Wo gehöre ich dazu? Wo ist meine Heimat
bzw. wo erlebe ich Heimat?
Die zweite große Veränderung wurde uns seit Jahren als vierte industrielle
Revolution angekündigt und es wurde viel darüber referiert und berichtet, über
den kommenden Strukturwandel auf Grund der Digitalisierung. Wir haben das
zwar alle gehört, so richtig umgehen und nachvollziehen konnten es aber
wenige. Die ersten massiven Vorboten haben wir nun im Gmünder Raum im
Zusammenhang mit der Firma Bosch AS erleben müssen.
Die dritte wesentliche Veränderung entstand im Zusammenhang mit den
auftretenden Fragen zum Klimaschutz. Auch hier waren die Herausforderungen
seit vielen Jahren ja eigentlich schon seit Jahrzehnten bekannt, doch nach dem
Ende des Zweiten Weltkriegs, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
standen andere Themen wie Bevölkerungsversorgung, Wiederaufbau (von
Deutschland) und Erlangen eines gewissen Wohlstands im Mittelpunkt. Heute
nun erleben wir, dass teilweise der Vorwurf erhoben wird, die
Verantwortlichen in den vergangenen Jahrzehnten hätten alles „verpennt“
oder andere beantragen das Ausrufen eines Notstandes.
Das dürfen und wollen wir nicht unterstützen. Wir sollten auch nicht
„Notstände oder Notstandsvorbehalte“ definieren und ausrufen, die letztlich
suggerieren, dass unser demokratisches System die Herausforderungen nicht
lösen könne.
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Wir können uns nicht über Demokratiemüdigkeit bzw. Demokratiefeindlichkeit
und in der Politik über das Anwachsen populistischer Lösungsansätze
beschweren und gleichzeitig aktiv dazu beitragen, dass in der Bevölkerung,
gerade unter den jüngeren Menschen der Eindruck erweckt wird, wir benötigen
neue Strukturen. Nein, wir müssen in unserem Zuständigkeitsbereich vielmehr
zeigen, dass wir zuversichtlich sind und dass wir die Herausforderungen
benennen und Lösungsvorschläge sowie Perspektiven anbieten, die wir im
Rahmen unseres demokratischen Staatsgebildes auch umsetzen können. Wir
von der CDU-Fraktion haben für uns die Herausforderungen wie folgt definiert:
I. Strukturwandel (angehen)
II. Wohnen, ländliche Räume und Infrastruktur
III. Klima, Nachhaltigkeit und Mobilität
IV. Heimat, Identität, Nachbarschaft, bürgerschaftliches Engagement und
Soziales
Strukturwandel angehen
Der Ostalbkreis hat sich in den letzten Jahrzehnten konsequent als
Wirtschaftsregion innerhalb von Baden-Württemberg nach oben in die
Spitzenplätze entwickelt. Der Ostalbkreis gilt als der „Raum der Talente und
Patente“, war und ist aber auch „der Raum der Produktion“.
Für unseren Wirtschaftsraum werden daher die Folgen von Veränderungen in
der Mobilität, insbesondere in der Automobilbranche, den Herausforderungen
des Klimaschutzes und vor allem den Folgen der Digitalisierung gravierend
werden.
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Hatten wir zunächst gehofft, dass die Wirtschaft und die Wirtschaftsverbände
entsprechend gut vorbereitet sind und die richtigen Konzepte im
Zusammenhang mit einem solchen Strukturwandel aufweisen, so stellen wir
heute fest, dass diesen Strukturwandel wohl ein Akteur allein nicht schaffen
wird, sondern wir als Gesamtheit, d. h. der Ostalbkreis und seine Kommunen
mit den Verantwortlichen aus Wirtschaft, Gewerbe, Handwerk und den
Arbeitnehmern/Gewerkschaften den Prozess aktiv begleiten und dort handeln
müssen, wo sie Verantwortung tragen. Der Ostalbkreis stellt sich dieser
Verantwortung:
1. Wir müssen die Digitalisierung „in die Fläche bringen“ und die
Digitalisierung als Chance nutzen. Die größeren Unternehmen haben dies
längst erkannt. Jetzt gilt es umso mehr die kleineren und mittleren
Betriebe sowie das Handwerk mit der Digitalisierung und deren
Transformationsprozess zusammenzubringen. Mit der dezentralen
Struktur des DiGiZ in Aalen und Schwäbisch Gmünd sind kurze Wege und
lokale Impulse möglich. Letztlich sind aber auch solche Formate wie die
Make Ostwürttemberg eine notwendige und geeignete Plattform, damit
traditionelle Wirtschafts- und Handwerksbetriebe mit den neuen
Chancen der Digitalisierung in Berührung kommen.
2. Wir müssen im Ostalbkreis auch dazu beitragen, dass wir nicht nur den
Namen Raum für „Talente und Patente“ als Werbemaßnahme tragen,
sondern dass wir „Talente“ ermutigen, neue und eigene Wege zu gehen.
Es muss wieder belohnt und unterstützt werden, wenn jemand
„gründet“. Auch hier haben wir dezentrale Angebote für StartUp-
Betriebe und eine StartUp-Szene, in Aalen und Schwäbisch Gmünd.
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Wobei mit einer StartUp-Szene auch eine Veränderung im
gesellschaftlichen Wertebewusstsein einhergehen muss. Man darf nicht
Angst haben, mit Ideen zu scheitern.
Wir müssen wieder lernen, dass auch Fehler bzw. Scheitern erlaubt ist.
3. Um den Transfer bzw. Strukturwandel gestalten zu können, sind
Wissenschaft- und Forschungsstrukturen notwendig. Wir sollten
konsequent an der Hochschulstrategie 2030 weiterarbeiten. Wir
benötigen weitere Studiengänge, weitere Forschungsinstitute und wir
benötigen letztlich universitäre Strukturen in Ostwürttemberg. Es kann
nicht sein, dass der Osten Baden-Württembergs in Sachen
wissenschaftlicher Struktur benachteiligt wird, vielmehr wäre jetzt genau
der richtige Zeitpunkt um weitere Wissenschafts- und
Forschungsstrukturen zu schaffen. Dies wäre die Antwort, die wir
benötigen, um auf den Strukturwandel in einer produktionslastigen
Region zu reagieren. Bislang hat uns das Wissenschaftsministerium aber
wenig unterstützt.
4. Wir haben im Ostalbkreis eine gute und sehr motivierte
Wirtschaftsförderung. Diese müssen wir gemeinsam mit der WIRO
konsequent weiterentwickeln. Die künftige EU-Strukturförderung bietet
hierbei eine gute Chance. Mit der PH, der HfG und insbesondere der
Hochschule Aalen sowie dem FEM haben wir ausgezeichnete Partner im
Bereich Wissenschaft und Forschung. Diese Partner müssen wir bei den
Zukunftsthemen wie KI, Materialität, Leichtbau, digitale Prozesse,
Internet der Dinge, Elektromobilität und vor allem weiteren alternativen
Antriebstechniken nutzen.
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Damit der Ostalbkreis insgesamt also über die Mittelzentren hinaus den
Strukturwandel angeht und von einer künftigen Strukturförderung als
Ganzes auch mit den kleineren Städten und Gemeinden profitiert, wäre
es wichtig, diese Forschungskompetenz in den Hochschulen und beim
FEM dezentral mit den innovativen Betrieben in allen Städten und
Gemeinden zu verknüpfen. Viele Betriebe im Ostalbkreis verfügen teils
über große inhaltliche Kompetenzen und Strukturen im Bereich
Forschung und Entwicklung. Diese F- und E-Bereiche in den Betrieben gilt
es mit der kommenden Strukturförderung 2021 ff. zu verknüpfen. Dies ist
eine einmalige Chance, die wir nutzen sollten. Um aber solche Potentiale
nutzen zu können, muss die Wirtschaftsförderung bzw. die WIRO wissen,
in welchen Betrieben und in welchen Bereichen Forschung und
Entwicklung stattfindet. Derzeit besteht davon vereinzelt Kenntnis bzw.
keine ausreichende Verknüpfung. In einem ersten Schritt sollte daher
eine systematische Befragung sowie der Aufbau eines Kompetenzprofils
der Betriebe durch den Ostalbkreis (die Wirtschaftsförderung und die
WIRO) erfolgen, welche dann Bestandteil der künftigen EU-
Strukturförderung sein könnte. Dies sollte unter Federführung des
Ostalbkreises am besten auf die gesamte Wirtschaftsregion
Ostwürttemberg unter Einbindung der IHK sowie des Landkreises
Heidenheim erfolgen. Wir stellen hierzu einen Antrag.
Die CDU-Fraktion möchte an dieser Stelle auch dem neuen Landrat von
Heidenheim, Herrn Peter Polta zu seiner einstimmigen Wahl gratulieren.
5. Begleiten können wir diesen Strukturwandel auch dadurch, indem wir
mit den Gemeinden eine Bildungsoffensive für digitale Lernangebote an
den kommunalen und beruflichen Schulen umsetzen.
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Hierzu gehört auch die Lernfabrik 4.0 um den Bereich Robotik zu
ergänzen und nun am Standort Ellwangen ein Labor Handwerk 4.0
einzurichten. Auch unterstützen wir die Bezuschussung von explorhino in
Aalen und der EULE in Schwäbisch Gmünd als außerschulische MINT-
Lernorte.
6. Aber auch der Klimaschutz wird im Bereich der Wirtschaft neue Impulse
setzen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wird das Klimaschutzprogramm
2030 zum einen durch direkte Förderung von Forschung und
Entwicklung, aber zum anderen auch durch Marktanreize dazu beitragen,
dass Deutschland und letztlich auch die Betriebe der Ostalbkreis ihre
Stellung als innovativer Anbieter für klimafreundliche Technologien
„Made in Germany“ ausbauen werden.
7. Um den Strukturwandel zu begegnen, müssen wir aber auch den
Branchenmix auf der Ostalb erweitern. Gesundheit und Pflege können
ebenfalls „Marktmotoren“ sein. Mit dem Studiengängen
Pflegewissenschaften und Pflegepädagogik an der Pädagogischen
Hochschule sowie dem EFRE – Projekt Assisted Living“ wurden wichtige
Impulse gesetzt. Aber auch die Gesundheitsstudiengänge an der
Hochschule Aalen und die Pädagogische Hochschule werden dazu
beitragen, dass weitere Gesundheitsangebote und eine wachsende
Gesundheitswirtschaft entsteht. Hier wäre es nun wichtig, dass wir
endlich auch mit der Gesundheitsakademie in Ellwangen weiterkommen.
Es ist sehr ruhig geworden um dieses für den Ostalbkreis und den Raum
Ellwangen so wichtige Projekt. Die CDU-Fraktion bittet darum, dass wir
im Frühjahr 2020 über den aktuellen Stand unterrichtet werden.
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Ebenso wird der Trend hin zum Urlaub im eigenen Land bzw. zum
Kurzurlaub den Tourismus auch auf der Ostalb in den nächsten Jahren
beflügeln und neue Arbeitsplätze schaffen.
Wohnen, ländliche Räume und Infrastruktur
Die Bevölkerung in Deutschland/Baden-Württemberg und auch im Ostalbkreis
wächst entgegen früherer demografischer Einschätzungen wieder.
Zum einen ist die Geburtenrate gestiegen, aber auch Zuwanderung hat zu
diesem Bevölkerungswachstum beigetragen.
Zudem erleben wir, dass die Menschen heute andere Vorstellungen von
Wohnen haben. Diese veränderten Wünsche an das eigene Wohnumfeld sowie
eine stark gewachsene Bevölkerung haben dazu geführt, dass der Wohnraum
bei uns, insbesondere aber in den größeren Städten, wo noch der, nach wie vor
bestehende Trend zur Urbanisierung dazu kommt, knapp wird.
Wohnen ist zu einem zentralen Thema der Daseinssorge geworden. Wir von
der CDU-Fraktion sagen, dass diese Herausforderung nicht mit weiterer
Urbanisierung, sondern zu einem großen Teil durch die ländlichen Räume bzw.
Randzonen zum Verdichtungsraum wie dem Ostalbkreis mit seinen
mittelgroßen Städten und insbesondere den kleineren Städten und Gemeinden
zu lösen sein wird. Wollen wir diese Chance nutzen, setzt dies voraus, dass wir
den Menschen attraktive/zeitgemäße Rahmenbedingungen anbieten:
1. Im Hinblick auf zusätzlichen Wohnraum haben wir in den letzten Jahren
in vielen kleineren Gemeinden erlebt, dass Gebäude, das aufgegebene
Hofstellen und dass leerstehende Wohnungen als Leerstand wieder auf
den Wohnungsmarkt zurückgebracht oder aber durch neue
Wohnbauprojekte ersetzt wurden.
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Zudem haben die Gemeinden und die Wohnbauwirtschaft neuen
zusätzlichen Wohnraum erschlossen. Diesen Weg sollten wir konsequent
weiterverfolgen.
2. Was die verkehrliche Erschließung des Ostalbkreises angeht, haben wir in
den letzten Jahren mit viel Augenmaß die richtigen verkehrlichen
Entscheidungen sowohl im Bereich der Bundes- als auch der
Landesstraßen getroffen. Der Ausbau der B 29 als der wichtigsten
Lebensader im Ostalbkreis wird konsequent weitergeführt, weitere
Themen wie z. B. die L 1060 sollen im Zusammenhang mit der
Fortschreibung des Landesverkehrsplans angegangen werden. Aber
auch im SPNV wurden mit dem Halbstundentakt, dem schnellen
Stundentakt IC/IRE ein Quantensprung erreicht. Jetzt müssen es die
Verantwortlichen nur noch schaffen, dass die Züge auch
vereinbarungsgemäß fahren. Der SPNV bietet zudem mit Verbundtickets,
günstigeren Tarifen sowie zusätzlichen Bahnhalten auf Rems- und
Brenzbahn weitere Potentiale. Ebenso wird ein gut funktionierender
ÖPNV vorausgesetzt.
3. Eine funktionierende Breitbandinfrastruktur wie vom Ostalbkreis auf den
Weg gebracht, ist heute Grundvoraussetzung nicht nur für die Betriebe,
sondern auch für die Bevölkerung. Wohnen und Arbeiten in ländlichen
Räumen funktioniert nur mit einer entsprechenden
Breitbandinfrastruktur bis in jedes Wohnhaus. Wir müssen mit unseren
Kompetenzzentrum nun die Kommunen bei der Umsetzung
unterstützen.
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4. Zu einem attraktiven Lebensraum gehören aber auch kulturelle,
sportliche sowie allgemeine Freizeitangebote. Die 42 Städte und
Gemeinden haben Einiges zu bieten. Überhaupt haben sich die
Raumschaften Aalen, Schwäbisch Gmünd, Ellwangen und auch die vierte
Raumschaft (östlich der Autobahn) zu lebenswerten Räumen
weiterentwickelt. Für Ellwangen wird die Landesgartenschau 2026 eine
gute Chance bieten, sich sowohl als Freizeit- als auch als Lebens- und
Wohnort weiterzuentwickeln. Wir von der CDU-Fraktion sagen der Stadt
Ellwangen mit ihrem neuen Oberbürgermeister Michael Dambacher zu,
diesen Prozess positiv zu begleiten.
5. Attraktive Wohnplätze bedeutet heute aber auch, dass die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf gewährleistest sein muss. Wir freuen uns, dass die
Kommunen ihre Kita-Angebote stets konsequent sowohl quantitativ als
auch qualitativ weiterentwickeln und wir seitens des Ostalbkreises die
Angebote der Tagespflege ergänzend voranbringen.
6. Ein ganz zentrales Thema im Zusammenhang mit Infrastruktur ist aber
natürlich auch der gesamte Bereich der Gesundheit sowie die
medizinische Versorgung.
Hier sollten wir wie beim ÖPNV umdenken bzw. neu denken und einen
Prozess „Medizinische Versorgung neu denken“ einleiten. Nicht
raumschaftlich oder nur allein aus dem Blick des Marktes sollte dieser
Prozess gestaltet werden, sondern wir sollten vom Patienten herdenken.
Was erwartet der Patient, was benötigt er für eine gute medizinische
Versorgung? Hierbei geht es nicht nur um die klinische, sondern auch die
ärztliche Versorgung. Wenn wir bei der klinischen Versorgung ansetzen,
gibt es aus Patientensicht zwei wichtige Ansätze:
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(1.) Versorgung im Not- bzw. Akutfall
(2.) Qualitativ hochwertige Versorgung beim planbaren Eingriff
Ziel des Ostalbkreis muss daher sein, die Versorgung im Notfall sowie
den dazugehörigen Disziplinen auch in Zukunft dezentral anbieten zu
können.
Bei allen planbaren Eingriffen suchen die Patienten heute die Klinik aus,
welche durch Qualität, durch Erfahrung und daher letztlich auch durch
Fallzahlen sowie ärztliche Kompetenz, also in Form von Fachabteilungen
diesen Nachweis erbringen kann. Ansonsten geht man gleich in
entsprechende Fach- oder Universitätskliniken.
Zu einer medizinischen Versorgung zählt aber auch eine flächendeckende
ärztliche Versorgung. Hier funktioniert der freie Markt bzw. das System
der niedergelassenen Ärzte alleine nicht mehr.
Insbesondere in den ländlichen Gemeinden aber auch zunehmend in den
Städten fehlen Nachfolger. Der Ostalbkreis ist hier gefordert, muss aber
das Thema mit Augenmaß u. v. mit einer Konzeption angehen, weil es
sonst zufällig wird und auch zu großen Wettbewerbsverzerrungen und zu
einer nicht finanzierbaren Aufkaufproblematik führen kann. Der
Ostalbkreis hat in einem ersten Schritt ein kreisweites MVZ gegründet
und Arztsitze aufgekauft. Die CDU-Fraktion steht zu diesen
Anstrengungen, beantragt aber die zeitnahe Vorlage einer Konzeption,
die aufzeigt wo und warum bzw. aus welchem Ziel der Kreis ärztliche
Strukturen aufbaut bzw. betreibt.
Insgesamt wird das Thema Gesundheit und Gesundheitsförderung in den
nächsten Jahren ebenfalls eine noch wichtigere Rolle spielen.
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Dies beginnt in der Prävention, in den Familien und endet schließlich im
Bereich der Pflege.
7. Damit der ländliche Raum auch in Zukunft seiner Versorgungsaufgabe
und Funktion u. a. im Bereich Handel gerecht werden kann, wird man um
eine Diskussion der zentralen Orte im Regionalverband nicht umhin
kommen.
8. Bürger wollen aber auch gute Rettungs-, Hilfs- und Sicherheitsstrukturen
vor Ort. Die CDU wird daher die bislang lediglich mündlich angekündigte
weitergehende Bezuschussung für überörtlich eingesetzte
Feuerwehreinsatzfahrzeuge, insbesondere Drehleitern unterstützen.
Klima, Nachhaltigkeit, Mobilität
Dass wir im Bereich Klima und Klimaschutz vor großen Herausforderungen
stehen, steht außer Frage. Ich freue mich auch darüber, dass im
Zusammenhang mit den Klimafragen ein großes Interesse und Engagement in
der Bevölkerung, insbesondere auch bei Jugendlichen zu spüren ist. Wir sollten
aber, wie eingangs erläutert, diese Herausforderungen ohne Notstände oder
Pauschalvorbehalte und v. a. mit Zuversicht angehen. Denn wir haben in den
letzten Jahrzehnten Vieles erreicht und daher glaube ich auch, dass wir als
Gemeinschaft auch diese Herausforderung meistern. Natürlich kenne ich die
Zahlen und Berechnungen, aber wissen wir alles, was in den nächsten
Jahrzehnten noch technisch entwickelt werden kann? Jetzt gilt es, die
Herausforderung anzugehen, nicht nur darüber zu diskutieren und zu reden,
sondern daran zu arbeiten. Jeder auf seiner Ebene und in seinem
Zuständigkeitsbereich.
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Reduktionsziele im Bereich Industrie und Energie sowie dem Flugverkehr
werden wohl nur EU- und weltweit, Reduzierung bei Verkehr, Gebäude,
Kleinindustrie, Landwirtschaft und Abfall hingegen deutschlandweit
angegangen werden müssen.
Die Bundesregierung hat neben dem Klimaschutzplan 2050 nun als
Zwischenziel im Klimaschutzprogramm 2030 Sektor bezogene und
übergreifende Maßnahmen als Zwischenziele definiert sowie Förder- und
regulatorische Maßnahme beschlossen. Man kann nun darüber streiten, ob
dies ausreichend ist. Es ist aber ein klares Zeichen an die Bürgerinnen und
Bürger und daher sollten wir damit beginnen und nicht wieder alles zerreden.
Auch das Land bzw. die Landesregierung hat im Mai die Eckpunkte für ein
neues Klimaschutzgesetz beschlossen.
Wir im Ostalbkreis wollen unseren Teil dazu beitragen. Wir sollten im Rahmen
unserer Zuständigkeiten den Menschen auf der Ostalb zeigen, dass wir ganz
konkret die Herausforderungen des Klimaschutzes angehen:
In der Landkreisverwaltung selbst gibt es konkrete Möglichkeiten, z. B. im
Bereich der Beschaffungen oder lassen Sie uns den Plastikmüll konkret in den
Blick zu nehmen. Auch im Bereich des Fuhrparks oder im Bereich der Gebäude
bestehen Potentiale.
Hier würden wir ganz konsequent auf die Installierung von PV-Anlagen setzen
und dies auf allen kreiseigenen Gebäuden, insbesondere den Kliniken, wozu wir
ein Konzept beantragen.
Aber auch im Bereich Verkehr können wir handeln.
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Wobei der jetzt eingeschlagene Weg der E-Mobilität, wenn überhaupt (auf die
anderen bzw. weitergehenden Antriebstechniken hatte ich ja schon
hingewiesen) ein Teilaspekt sein kann. Es geht also vielmehr darum, eine
Reduzierung des IV und einen wirklichen Mobilitätswandel hin zu anderen
Verkehrsmitteln, d. h. Schiene und ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr zu
erreichen.
Auch hier gilt „Mobilität neu denken“. Bzgl. des Schienenverkehrs verweise ich
auf die vorherigen Ausführungen. Was nun den ÖPNV betrifft, ist es wirklich
erfreulich, dass nun endlich Bewegung in den ÖPNV kommt. Mit dem
Arbeitstitel „ÖPNV neu denken“ als Teil eines Gesamtkonzeptes „Mobilität neu
denken“ hat der Landrat ein wichtiges Teilziel unter sehr großem eigenen
Engagement erreicht. Wir hatten in den letzten Jahren sehr viel über den ÖPNV
und dessen Kosten diskutiert. Innerhalb des Kreises und insbesondere in den
ländlicheren Bereichen war großer Unmut darüber entstanden, dass die Kosten
des ÖPNV stets steigen, die Angebote sich aber nicht verbessern und vor allem
in den ländlichen Räumen kein ÖPNV stattfindet.
Leider war es uns in den letzten fünf Jahren nicht gelungen, diese Situation mit
unseren lokalen Busunternehmern zu verbessern. Letztlich hat erst die
Entscheidung des Kreistages, eine Linienbündelung und eine darauf basierende
Ausschreibung durchzuführen, Bewegung in die ÖPNV-Szene gebracht.
Mit dieser Ausgangsbasis und einem ausdrücklichen Dank an die „Motoren“
und an unseren Sprecher Nikolaus Ebert, haben sich nun der Ostalbkreis und
die Busunternehmer darauf verständigt einen Vollverbund und eine
Nahverkehrsgesellschaft Ostalb unter Beteiligung aller Busunternehmer und v.
a. unter Beteiligung des Ostalbkreises und dies auf Augenhöhe zu gründen. Die
CDU-Fraktion wird diesen Weg mitgehen und erkennt die Chance, die in einem
solchen Vollverbund bzw. in einer solchen gemeinsamen Gesellschaft stecken.
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Wir hoffen aber, dass die Busunternehmer diese Chance auch erkennen und
aktiv angehen und nicht auf Zeit spielen. Wir werden in den ersten Sitzungen
dieser neuen Gesellschaft sehr schnell merken, wohin die Reise geht. Wir
bringen den Busunternehmen des Ostalbkreises dieses Vertrauen als Vorschuss
entgegen. Denn es ist höchste Zeit, dass wir nicht mehr nur über
Linienbündelung und Ausschreibung und Organisationsstrukturen diskutieren,
sondern endlich den ÖPNV inhaltlich voranbringen. Wenn wir wollen, dass die
Menschen umsteigen, dann benötigen wir Taktzeiten sicherlich unterschiedlich
zwischen den Städten, Stadtteilen und den Gemeinden des ländlichen Raums,
aber es müssen Taktzeiten verlässlich angeboten werden. Darüber hinaus
brauchen wir Rahmenbedingungen wie WLAN, Fahrgastanzeige und v. a. auch
attraktive Monats-, Jahrestickets. Zudem begrüßt die CDU-Fraktion das
Einrichten von Schnelllinien. Eine solche könnte neben der Strecke Aalen –
Neresheim auch auf der Strecke entlang der B 298 von Schwäbisch Gmünd bis
Gschwend entstehen.
Auch im Bereich des Radverkehrs müssen wir weiterdenken. Das Rad ist ein
beliebtes Fortbewegungsmittel im Freizeit- und Touristikbereich auf attraktiven
Radwegen. Bei der Mobilitätswende geht es aber um den Alltagsradler, der mit
seinem Rad zur Arbeit oder zur Verrichtung der alltäglichen Dinge unterwegs
ist. Dieser Radler benötigt schnelle und direkte Wege zu den Zielen.
Es können sicherlich nicht überall Fahrradstraßen gebaut werden.
Radschutzstreifen und sonstige direkte Radtrassen wären ein wichtiger erster
Schritt. Diese schnellen und direkten Wege können an der Gemeindegrenze
nicht haltmachen. Von daher benötigen wir eine gemeindeübergreifende bzw.
kreisweite Planung solcher Radwege. Dies bedeutet, dass wir tatsächlich, wenn
man dann auch noch die Fußgänger hinzunimmt, Mobilität insgesamt neu
denken müssen.
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Die CDU-Fraktion hat daher das Pilotmodell Aalen – Heidenheim gerne
unterstützt. Um diese Mobilität neu zu denken, Mobilitäts- und Infrastrukturen
neu aufzubauen und Mobilitätspunkte, an denen man umsteigen kann, an
denen weitere Infrastruktur wie z. B. Car-Sharing-Angebote vorhanden sind, zu
schaffen, benötigen wir ein Gesamtkonzept.
Die CDU-Fraktion stellt hierzu einen Antrag.
Darüber hinaus dürfen wir an dieser Stelle, wenn es uns um Nachhaltigkeit
geht, nicht vergessen, dass Klimaschutz nur ein Ziel im Sinne der Nachhaltigkeit
darstellt. Nachhaltig für uns heißt aber auch, dass der Klimaschutz und die
weitergehenden Ziele wie etwa Armut, Ernährung, Bildung, Frieden und
Rechtstaatlichkeit sich nicht nur auf Deutschland beziehen und es uns nicht
egal ist, wie es ansonsten auf der Welt aussieht. Eine nachhaltige bessere
Zukunft für uns kann nicht nur in Deutschland stattfinden. Dies funktioniert
nur, wenn alle Menschen in ihrer Heimat, in ihren Ländern eine ähnliche
Perspektive und Ziele haben. Wir unterstützen daher den Ansatz, Projekt und
Partnerschaften mit afrikanischen Ländern umzusetzen.
Heimat, Identität, Bürgerschaftliches Engagement, Nachbarschaft und Soziales
Die Gesellschaft bzw. die gesellschaftliche Zusammensetzung im Ostalbkreis, in
unseren Städten und Gemeinden hat sich verändert. Wir müssen daher allen
neu Heimat geben und Identität schaffen, sowie die Gemeinsamkeiten
definieren. Diese gemeinsame Basis benötigen wir, um die großen
Herausforderungen wie Integration, Inklusion und die eingeleiteten
Sozialplanungen umsetzen zu können.
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Familie, Nachbarschaft und bürgerschaftliches Engagement sind hierbei
wichtige Einheiten bzw. gesellschaftliche „Keimzellen“, die wir zwingend
benötigen und die wir deshalb stärken und unterstützen müssen. Wenn diese
„Keimzellen“ oder Eckpfeiler der Gemeinschaft nicht mehr funktionieren, muss
der Staat bzw. die Allgemeinheit noch mehr übernehmen. Dies können wir
nicht leisten, weder personell noch finanziell. Diese Keimzellen oder Eckpfeiler
funktionieren in kleinräumigen Einheiten, d. h. in kleineren Kommunen und
Stadtquartieren am besten.
Aus dieser Sichtweise heraus müssen wir denken und unsere Sozialpolitik neu
ansetzen, nämlich örtlich bzw. quartiersbezogen. Dort, in der örtlichen
Gemeinschaft bzw. im Quartier wird im Übrigen auch die größte Chance sein,
bürgerschaftliches Engagement und Vereinsarbeit zu generieren.
Der beste Plan nützt nichts, wenn er nicht gelebt, wenn er nicht bei denen
ankommt, für welche die Planung auch konkret geschaffen wurde. Dies gilt
insbesondere auch für den Bereich der Pflege.
Die Menschen im Alter wollen länger zu Hause wohnen und benötigen dazu die
entsprechenden ambulanten Strukturen sowie Unterstützungssysteme. Diese
Unterstützungssysteme betreffen nicht nur die zu Pflegenden selbst, sondern
auch die Angehörigen und Bekannten, die die pflegerischen Leistungen
übernehmen. Hier ist Unterstützung in Form der Entlastung durch Tagespflege
aber auch durch Beratungsleistungen wie z. B. durch die Pflegestützpunkte
notwendig. Zudem werden wir auch in Zukunft gerade bei den Hochbetagten
stationäre Einrichtungen benötigen. Pflege muss zu einem Thema in der
kommunalen Gesellschaft werden und daher sind dezentrale
Pflegekonferenzen unerlässlich. Der Ostalbkreis kann hier mit den vier
Raumschaften und den drei Mittelzentren Einiges bewirken.
Wir stellen hierzu einen Antrag.
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Ähnliche Ansätze sieht die CDU-Fraktion für die Bereiche Inklusion und
Integration. Auch dort hat sich gezeigt, dass nicht nur Wohnen und Arbeit,
sondern v. a. Teilhabe am örtlichen gesellschaftlichen Leben grundsätzliche
Voraussetzung für ein Miteinander und Ankommen vor Ort notwendig sind.
Dort wird Heimat wirklich erlebt.
An diese Stelle unterstreichen wir ausdrücklich nochmals die Bedeutung der
Vereine und der bürgerschaftlichen Gruppierungen. Die Vereine und
ehrenamtliche Gruppierungen gilt es auch in Zukunft zu unterstützen. Sie sind
der gesellschaftliche Kit und sollten weder durch Bund, Land oder uns mit
weiteren Formalien seitens WKD, Datenschutzgrundverordnung, etc.
„eingeengt“ werden.
Wenn wir über Heimat und Kultur sowie Tradition sprechen sind uns zwei
Punkte wichtig: Unsere Kultur basiert auf Kulturgeschichte.
Wir begrüßen daher, dass neben der römischen Geschichte nun auch die
jüdische Geschichte sowie die Bedeutung der Kelten im Bereich Bopfingen
weiter herausgearbeitet wird. Zu unserer Kultur gehören aber auch örtliche
Metzger, Bäcker und landwirtschaftlich/ländliche Produzenten sowie die
Landwirtschaft insgesamt.
Mit dem Haushalt 2020 bringt der Ostalbkreis einen umfangreichen Haushalt
sowohl inhaltlich als auch betragsmäßig ein. Dies ist sicherlich auf Grund der
guten Rahmenbedingungen und insbesondere der hohen Steuerkraftsummen
sowie der hohen Zuweisungen möglich. Trotz dieser sehr positiven
Ausgangslage müssen wir im Rahmen einer soliden Finanzpolitik wachsam sein.
Zwei Punkte machen uns Sorge:
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Erstens müssen wir darauf aufpassen, dass wir uns nicht zu viel leisten bzw. den
Haushalt so sehr ausweiten, dass es uns in schwierigeren Zeiten schwerfallen
wird, den Haushalt wieder auf ein geringeres Maß zu reduzieren. Es sicherlich
wichtig inhaltliche und strukturelle Anreize zu setzen. Sofern es sich dabei um
investive Zuschüsse handelt, ist dies auch im Haushalt verschmerzbar bzw. mit
dem jeweiligen Haushaltjahr auch erledigt. Wenn wir aber verstärkt in
konsumtive Zuschüsse einsteigen, wird dies schon schwieriger werden, diese
jemals wieder zurückzuführen.
Was uns zum Zweiten Sorge macht, ist der Umstand, dass das Land Baden-
Württemberg derzeit nicht bereit ist, wichtige offene Punkte mit den
Kommunen und Landkreisen zu regeln bzw. zu vereinbaren. Dies betrifft v. a.
die Kosten der Anschlussunterbringung der Flüchtlinge und die durch das BTHG
bedingte Kosten. Es ist für uns nicht hinnehmbar, dass die Finanzministerin
einfach eine Vereinbarung ablehnt und uns in diesen beiden Bereichen ein
Risiko von Einnahmeausfällen von rund 1,5 Mio. Euro aufbürdet.
Am Schluss meiner Haushaltsrede möchte ich für die CDU-Kreistagsfraktion
Dank sagen. Unser größter Dank gilt Ihnen, sehr geehrter Herr Landrat Pavel.
Sie haben mit Ihrer Haushaltsrede 2020 viele wichtigen Themen und Projekte
aufgezeigt bzw. auf den Weg gebracht. Ferner danken wir Ihnen und dies soll
nicht als Abschiedsdank oder Abschiedsrede verstanden werden, dafür, dass
Sie bis zuletzt für Ihren Ostalbkreis und dessen gute Zukunft kämpfen werden.
Dies sehen wir gerade im Bereich des ÖPNV. Dort ist einer, der alles geben
wird, bis zum letzten Arbeitstag.
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Ein weiterer Dank gilt Ihnen, Herr Kreiskämmerer Kurz und Ihrem gesamten
Team. Sie haben wie immer die Haushaltsdaten verlässlich und belastbar
erstellt und uns mit Ihrer Haushaltsrede in die wichtigen finanzpolitischen
Aspekte des Kreishauhalts wie immer hervorragend eingeführt.
Ihnen liebe Kolleginnen und Kollegen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.