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Haselhuhn und Waldbewirtschaftung - Federal Council · den kurzen Erntezyklus der Hauschicht im...

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Haselhuhn und Waldbewirtschaftung Vollzug Umwelt Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL)
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Haselhuhn undWaldbewirtschaftung

Vollzug Umwelt

Bundesamt für Umwelt, Wald undLandschaft (BUWAL)

17184_Haselhuhn_d 31.10.2001 8:59 Uhr Seite 1 (Cyan/Process Cyan Bogen)17184_Haselhuhn_d 31.10.2001 8:59 Uhr Seite 1 (Magenta/Process Magenta Bogen)17184_Haselhuhn_d 31.10.2001 8:59 Uhr Seite 1 (Gelb/Process Yellow Bogen)17184_Haselhuhn_d 31.10.2001 8:59 Uhr Seite 1 (Schwarz/Process Black Bogen)

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Inhalt

1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 32. Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . 33. Rückgangsursachen . . . . . . . . . 44. Merkmale des Haselhuhns . . . . 75. Ein Jahr im Leben des Hasel-

huhns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86. Speisezettel . . . . . . . . . . . . . . . 77. Die Haselhuhn-Lebensräume . . 108. Nachweismethoden . . . . . . . . . . 139. Forstliche Massnahmen für das

Haselhuhn . . . . . . . . . . . . . . . . 1510. Koordination von Haselhuhn-

und Auerhuhnschutz . . . . . . . . . 1811. Vorgehen bei Planungen . . . . . . 1912. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . 20

Auswahl an Literatur . . . . . . . . . 21Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21Nützliche Adressen . . . . . . . . . . 22

Impressum

Herausgeber: Bundesamt für Umwelt, Wald undLandschaft (BUWAL), Bern

Konzeption und Text: Dr. Martin Blattner, LifeScience AG (Basel), und Alain Perrenoud, Le Foyard (Bienne)

Begleitung BUWAL: Cornelia Gallmann, BereichWildtiere

Lektorat und Gestaltung: Dr. Christian Marti,Schweizerische Vogelwarte Sempach

Fotos: C. Morerod (S. 1, 4, 6), K. Robin (S. 7), N. Zbinden (S. 8, 13, 14, 15, 17 oben, 22), M. Blattner (S. 10, 11, 17 unten, 20, 23), C. Marti (S. 12, 18).

Bezugsquelle: Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Dokumentation, 3003 BernFax + 41 (0)31 324 02 16 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.umwelt-schweiz.ch

Bestellnummer: VU-7022-D

Anmerkung: Diese Publikation ist auch auf fran-zösisch erhältlich (VU-7022-F).

© BUWAL 2001 11.2001 6000 54976/86

Vorwort

Unser Wald ist heute ideologisch zumAllgemeingut geworden. Von allen Seitenwerden an ihn immer mehr Ansprüchegestellt: Jäger, Naturschützer, Pilzliebha-ber, Wanderer, Jogger, Biker, Orientie-rungsläufer, Reiter, Variantenskifahreretc. haben alle ihre eigenen Vorstellun-gen über den «idealen Wald».

Diese unterschiedlichen Ansprüche anden Wald unter einen Hut zu bringen,stellt den Förster manchmal vor fast un-lösbare Aufgaben. Wie muss und darf einWald gestaltet und erschlossen werden,damit beispielsweise eine optimale Holz-ernte möglich ist, anspruchsvolle Tierar-ten wie das Auerhuhn oder Haselhuhnihren Lebensraum nicht verlieren, undzudem auch erholungssuchende Men-schen den Wald nutzen können? ZurLösung dieser Problematik sieht dieWaldgesetzgebung seit 1993 das Instru-ment der Waldentwicklungsplanung vor.Dabei sollen Holznutzung, Artenschutz,Erholung usw. mit- und nebeneinandermöglich sein, indem die örtlich vorherr-schende Waldfunktion priorisiert wird.

Damit diese schwierige Aufgabe sach-gerecht bewältigt werden kann, brauchtes viel Wissen. Das vorliegende Merk-blatt soll helfen, bei waldbaulichen Über-legungen, insbesondere im Rahmen derAusarbeitung von Waldentwicklungsplä-nen, den Schutz des Haselhuhns zu be-rücksichtigen.

Ich bin überzeugt, dass mit dem nö-tigen Wissen auch die Bereitschaftwächst, einen Beitrag zur Erhaltung einergefährdeten hochinteressanten Vogelartzu leisten.

Bundesamt für Umwelt, Waldund Landschaft (BUWAL)Der Eidgenössische Forstdirektor

Werner Schärer

2 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

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Einführung; Verbreitung 3

1. Einführung

Als Waldbewohner hängt das Haselhuhnganz vom Waldbau ab. Es reagiert sen-sibel auf unsere Aktivitäten im Wald, unddie neuesten Informationen über denBestand der Art sind ziemlich beunruhi-gend: Sie hat in zahlreichen Regionenabgenommen, in andern ist sie ver-schwunden. Wegen seiner unauffälligenLebensweise schenkt man der Situationdes Haselhuhns wenig Aufmerksamkeit,und das Tier selbst ist wenig bekannt.

Dieses Merkblatt hat das Ziel, alle Per-sonen, die im Wald zu tun haben, zu sen-sibilisieren und zu informieren, seien dasEigentümer, Förster, Naturfreunde, Bio-logen oder andere. Das Haselhuhn stelltspezielle Ansprüche an seinen Lebens-raum. Forstliche Massnahmen zu seinenGunsten gehen in Richtung vielfältigerund gut strukturierter Wälder, wie sieauch zahlreichen andern Waldbewoh-nern zusagen.

Die «Arbeitsgruppe Auerhuhn», derenTätigkeit von der Schweizerischen Vogel-warte Sempach begleitet wird, hat sichbis jetzt im wesentlichen mit der Auer-huhn-Problematik beschäftigt. In Zukunftwird sie sich auch um das Haselhuhnkümmern. Dadurch wird die Koordinationzwischen denjenigen Personen sicher-gestellt, die sich mit den beiden Artenbeschäftigen.

2. Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet des Haselhuhnsist gegenüber früher stark geschrumpft.Um 1920 waren mit wenigen Ausnah-men die ganzen Alpen besiedelt, ebensonoch der gesamte Ketten- und Tafeljurabis an den Hochrhein und bis zum

schaffhausischen Randen. Im Mittellandbewohnte das Haselhuhn die Höhenzü-ge und einige grosse Waldkomplexe derEbene. Bis 1950 waren die meisten Vor-kommen im Mittelland erloschen; letzteVorkommen überdauerten bis Mitte dersiebziger Jahre. Anschliessend folgteeine Zersplitterung und Reduktion desSiedlungsgebiets im östlichen Jura. In

1996

um 1920

um 1950

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4 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

den Alpen ist das besiedelte Areal bisheute ungefähr gleich geblieben.

3. Rückgangsursachen

Seit 1962 steht das Haselhuhn gesamt-schweizerisch unter Schutz, darf alsonicht mehr bejagt werden. Auf der RotenListe der Schweiz figuriert es in der Kate-gorie «gefährdet». Das sind die Arten,die gebietsweise zurückgehen oder lokalverschwunden sind.

Als Waldbewohner ist das Haselhuhn inerster Linie von der Art der Waldbewirt-schaftung abhängig. Der Rückgang inMittelland und Jura steht im Zusammen-hang mit der vollständigen Umstellungauf Hochwaldbetrieb, die in diesem Jahr-hundert vonstatten ging. Noch zu Beginndes Jahrhunderts hatten Mittelwälderund Niederwälder bedeutende Flächeneingenommen. Die Konsequenzen die-ser Umstellung für das Haselhuhn warenfolgende (Reihenfolge ohne Gewich-tung):

(1) Reduktion des Flächenanteils jungerWaldstadienDer Niederwald und die ihm entspre-chende Hauschicht des Mittelwaldeswurden jeweils nach spätestens 30 Jah-ren abgeerntet. Das bedeutet, dass aufder gesamten Niederwaldfläche und fastauf der ganzen Fläche des Mittelwaldesdie für das Haselhuhn grundsätzlich ge-eigneten Altersstadien von 0–30 Jahrenvorhanden waren. Noch zur Zeit des Er-sten Weltkrieges machten solche Be-stände im Jura und im Mittelland bis über50 % der gesamten Waldfläche aus.Heute dagegen nehmen die entspre-chenden Altersstadien im Jura rund22 %, im Mittelland rund 34 % ein. Dieabsolute Fläche junger Waldstadien (0–30 Jahre) an der gesamten Waldflächewurde also massiv reduziert.

(2) Aktive Reduktion der Nahrungs-pflanzenim Hochwaldbetrieb werden diejenigenStrauch- und Baumarten, die als Konkur-renten der «Zielbaumarten» gelten, an-lässlich der Dickungs- und Jungwald-pflege gezielt eliminiert oder massiv re-duziert. Dadurch werden gerade diejeni-

Haselhahn in denZweigen eines Strau-ches.

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Rückgangsursachen 5

gen Gehölze vermindert, von denen sichdas Haselhuhn ernährt, nämlich:

a) beerentragende Gehölze. Z.B. dieSorbus-Arten Mehlbeere, Elsbeere,Mougeots Mehlbeere und Vogelbeere,aber auch, je nach Höhenlage, Weiss-dorn, wilde Rosen, Himbeeren etc.

b) die eigentlichen Pioniergehölze desWaldes. Flächige Bestände von Zitter-pappeln, Weiden, Birken oder Erlen sindin Mittelland und Jura heute geradezueine Seltenheit. Diese Baumarten stellenmit ihren Kätzchen, Knospen und Trie-ben eine wichtige Winternahrung für dasHaselhuhn dar und erzeugen eine Wald-struktur, die vom Haselhuhn als Auf-zuchtraum genutzt wird.

Zur Reduktion der genannten Gehölzekommt es auch, wenn nach Räumungenoder nach Windwurf die Zielbaumartengepflanzt werden. Dadurch wird das Pio-nierstadium übersprungen.

(3) Beschattung lichtbedürftiger Nah-rungspflanzenAuch ohne aktiven Eingriff werden dieNahrungspflanzen des Haselhuhns imHochwaldbetrieb zurückgedrängt, weilsie alle sehr lichtbedürftig sind. Durchden kurzen Erntezyklus der Hauschichtim Mittelwald und im Niederwald warensie gefördert worden. Im Hochwald da-gegen werden sie durch Baumarten ver-drängt, die stark Schatten werfen.

(4) Zunahme des Holzvorrats, «Verdun-kelung» der WälderMit einer auf Vermehrung des Holzvor-rats ausgerichteten Waldpolitik und mitder in neuerer Zeit geringeren Nachfragenach Holz aus dem heimischen Waldnahm der Holzvorrat enorm zu, auf dasDreifache bis Vierfache des Werts von1900. Die Folgen waren ein engerer Kro-nenschluss und vermehrte Beschattung

des Waldbodens, zusammengefasst un-ter dem Begriff der «Verdunkelung» derWälder. Sie führt zu einer massiven Ver-ringerung der Strauchschicht und derKräuter am Boden. Diese würden aberdem Haselhuhn Sommernahrung bieten;zudem erfüllt nur eine dichte Strauch-schicht das extreme Deckungsbedürfnisdes Haselhuhns.

Neben der Waldbewirtschaftung kön-nen noch weitere Faktoren eine Rollespielen:

(5) Entbuschung der Jura- und Alpwei-den, Wald-Weide-AusscheidungStark verbuschte Weiden, die an Wäldergrenzen, werden vom Haselhuhn gernegenutzt. Im östlichen Jura sind sie imZuge der Subventionierung und Intensi-vierung der Berglandwirtschaft bessermit Strassen erschlossen und in der Fol-ge gründlich entbuscht und gesäubertworden. Die breiten Übergangszonenzwischen Wald und Weide wurden aufschmale Grenzlinien reduziert. Für dasHaselhuhn wie für das Auerhuhn wirktsich eine strikte Wald-Weide-Ausschei-dung im Randbereich des Waldes lang-fristig negativ aus.

(6) JagdDie Jagd scheint keinen grossen Einflussauf den Rückgang der Art gehabt zu ha-ben. Die Abschusszahlen waren immerklein, und die Jagd wurde in den meistenKantonen eingestellt, lange bevor derArealverlust einsetzte.

(7) KlimaEs wird vermutet, dass ungünstiges Wet-ter zur Aufzuchtzeit der Jungen in meh-reren aufeinanderfolgenden Jahren diePopulation ungünstig beeinflusst, wie beiandern Raufusshühnern auch.

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(8) StörungenDas Haselhuhn ist weniger störungs-empfindlich als das Auerhuhn. Wo aberin der Umgebung grosser städtischerBallungsgebiete der Wald sehr intensivvon Erholungssuchenden genutzt wird,verschwindet es.

Waldstrassen können einen positivenEinfluss auf das Haselhuhn haben, wennsie mit breiten Buschstreifen versehensind und der Verkehr auf die Waldbewirt-schaftung beschränkt bleibt. An ihrenRändern wachsen Nahrungspflanzen,und das Haselhuhn kann auf ihnenMagensteinchen aufnehmen. Waldstras-sen ermöglichen und erleichtern aberauch das Eindringen von menschlichenFreizeitaktivitäten und Störungen in denWald.

(9) BeutegreiferWegen seiner geringen Grösse kommtdas Haselhuhn auch als erwachsenesTier als Beute für etliche Beutegreifer inFrage, z.B. für Habicht, Sperber oderMarder. Die Gelege sind, wie bei al-len Bodenbrütern, durch Wildschwein,Fuchs und Dachs gefährdet. Die Bestän-

de von Fuchs und Wildschwein habenstark zugenommen und beeinflussenvielleicht die Bestandsentwicklung desHaselhuhns negativ.

(10) Konkurrenz durch PaarhuferHohe Dichten von Reh, Gämse undRothirsch wirken sich negativ aus, wenndiese Tiere z.B. im Jura Heidelbeersträu-cher stark abfressen oder in Nadelwald-gebieten z.B. Vogelbeere und Weidenstark abäsen.

(11) Isolation Die Distanzen zwischen benachbartenHaselhuhnvorkommen sind heute oftsehr gross, weil geeignete Habitate nurin geringer Anzahl vorhanden und weitvoneinander entfernt sind. Junge Hasel-hühner siedeln sich bis zu 1–2 km vonihrem Herkunftsort entfernt an. Wenngeeignete Habitate weiter auseinander-liegen, gelangen vermehrt Vögel in un-geeignete Gebiete und gehen für diePopulation verloren. Allenfalls könntesich die Verminderung des genetischenAustauschs negativ auswirken.

6 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

Haselhahn.

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Merkmale 7

4. Merkmale des Haselhuhns

Das Haselhuhn ist einer der vier Vertre-ter der Raufusshühner in unserem Land.Wie das Auerhuhn, das Birkhuhn unddas Alpenschneehuhn hat das Ha-selhuhn teilweise befiederte Läufe.

Die Grösse des Haselhuhns (etwa wieein Rebhuhn), die Farben seines Gefie-ders, seine Lebensgewohnheiten, seinwendiger Flug und seine Ernährungswei-se machen es zu einem Tier, das perfektan reich strukturierte Wälder mit Kraut-und Strauchschicht angepasst ist. Es

kann in den Sträuchern klettern, umseine Nahrung zu suchen, verbringt abereinen grossen Teil des Tages auf demBoden und baumt nachts auf, um sichvor Beutegreifern in Sicherheit zu brin-gen. Wenn viel Schnee liegt, ernährt essich in Sträuchern und Bäumen undübernachtet in Schneehöhlen.

Die untenstehende Tabelle stellt Männ-chen, Hahn genannt, und Weibchen,Henne genannt, gegenüber.

Das Haselhuhn kann mit dem Auer-huhn und der Waldschnepfe verwechseltwerden.

Hahn Henne

Mittleres Gewicht 450 g 390 gMittlere Grösse 40 cm 40 cmKehle schwarz beigeKörpergefieder braun, rotbraun braun

und weiss geflecktSchwanz mit schwarzer Binde mit schwarzer BindeStimme Gesang aus scharfen «psi» oder «psü», 2–3mal

Pfiffen wiederholt

Sich aufplusterndeHaselhenne.

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Haselhuhn oder Auerhuhn?

Bei guten Beobachtungsbedingungen istes relativ einfach, die beiden Arten aus-einanderzuhalten. Die Grösse, die Fär-bung und manchmal die Verbreitung sindgute Merkmale, um einen abfliegendenVogel zu bestimmen.

Haselhuhn oder Waldschnepfe?

Das Haselhuhn ist ein sehr «heimlicher»Waldbewohner, der sich leicht der Be-obachtung entzieht. Das gleiche gilt fürdie Waldschnepfe, die gerne dieselbenLebensräume bewohnt wie das Hasel-huhn. Scheucht man eine der beidenArten auf, sollte man auf den Schnabelachten. Er ist ein zuverlässiges Merkmal:Die Waldschnepfe hat einen langen,geraden Schnabel, während das Hasel-huhn einen kurzen, kräftigen Schnabelhat.

5. Ein Jahr im Leben des Haselhuhns

5.1. Frühling

Die Balzzeit beginnt Mitte März. Der Ge-sang ist sehr unauffällig und höchstens100 m weit zu hören. Er kann die Anwe-senheit der Art verraten.

Das Balzverhalten ist schwer zu beob-achten und lässt sich so zusammenfas-sen: Der Hahn plustert sein Gefieder auf,singt eine Gesangsstrophe und ziehtdabei die Nickhaut halb über die Augen,öffnet sie aber gleich wieder aufmerk-sam. Während der Balz vollführt derHahn gelegentlich Flattersprünge ausdem Stand oder speziell geräuschvolleFlüge.

Nach der Verpaarung wählt die Henneam Fuss eines Stammes oder unterniedrigen Ästen den Nestplatz aus. Die7–11 Eier werden 25 Tage bebrütet.

Im Gegensatz zum Auerhuhn lebenHaselhühner in Einehe.

8 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

Küken des Hasel-huhns.

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Ein Jahr im Leben des Haselhuhns; Speisezettel 9

5.2. Sommer

Die Jungen ernähren sich vor allem vonkleinen Insekten. Sie können schon imAlter von 14 Tagen ein wenig fliegen. DieHenne sucht mit den Jungen stark struk-turierte Gebiete auf, die Deckung undNahrung bieten (Hochstauden, Farne,Heidelbeersträucher, Himbeeren etc.).Gut besonnte Zonen werden besondersgern besucht. Oft stösst der Hahn zurHenne und den Jungen und vervollstän-digt die Familie.

Eine Vollmauser findet zwischen Juliund Oktober statt. Haselhühner nehmengerne Staubbäder; dabei verlieren sie oftMauserfedern.

5.3. Herbst

Die Jungen werden ab Anfang Septem-ber selbständig. Dabei entfernen sie sichmehr oder weniger weit vom Brutgebiet.In dieser Phase sind sie gegenüber Beu-tegreifern besonders verletzlich.

Im Herbst geht auch die Paarbildungvor sich. Der Gesang wird verstärkt abSeptember wieder aufgenommen. Erdient dazu, das Territorium abzugrenzenund die Bindungen zwischen Hahn undHenne zu verstärken.

5.4. Winter

Die Haselhühner beziehen nun ihreÜberwinterungsgebiete in zehn- bisdreissigjährigen Nadelhölzern, die mitLaubhölzern durchsetzt sind oder unmit-telbar an solche grenzen. Dort halten siesich in 2–3 m Höhe im Gezweig auf. DieNahrung wird in erster Linie von Ästenaus in den Sträuchern gesucht.

6. Speisezettel

Das Haselhuhn ernährt sich fast aus-schliesslich vegetarisch, wie das Auer-huhn auch. Praktisch alle Laubholzartenkönnen als Nahrung dienen, besondersaber die Früchte von Sträuchern. Gras-und Seggensamen werden ebenfallsgeschätzt. Auch von diversen Kräutern(Wachtelweizen, Erdbeere, Preiselbeere,Scharbockskraut etc.) werden Teile auf-genommen.

Im Lauf des Jahres ändert sich dieNahrungspalette wie folgt:

Frühling: Blätter von Huflattich, Knos-pen und Triebe von Vogelbeere, Weide,Hasel, Birke, Rotbuche.

Sommer: Die Grundnahrung der Altvö-gel setzt sich aus Früchten aller Artzusammen (Holunder, Brombeere, Him-beere, Heidelbeere, Mehlbeere, Vogel-beere, Bucheckern, Ahornfrüchte) undwird ergänzt durch Kräuter sowie durchdiverse Gliederfüssler.

Herbst: Früchte (siehe oben, dazuWeissdorn, Hagebutten); Samen vonGräsern und Seggen.

Winter: Beeren und Samen von Vogel-und Mehlbeere; Moose, Knospen undZweiglein von Vogel- und Mehlbeere so-wie Kätzchen von Hasel, Birke, Erle, Zit-terpappel usw.

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7. Die Haselhuhn-Lebensräume

Das Haselhuhn bewohnt Hochwälder,stufige Bestände, Mittelwälder, Nieder-wälder und auch stark verbuschte Wei-den. Es ist nicht auf bestimmte Wald-gesellschaften, bestimmte Betriebsfor-men oder bestimmte Höhenstufen be-schränkt.

Entscheidend sind immer die untersten2 m und die anschliessenden ca. 15 müber Boden, denn höher halten sich Ha-selhühner praktisch nie auf. Innerhalbdieser Schicht sind zwei Dinge entschei-dend: Nahrung und Deckung. Beidemüssen räumlich möglichst eng verzahntsein. Deckung muss auch im Winter nachdem Laubfall vorhanden sein. Das Dek-

kungsbedürfnis des Haselhuhns ist ex-trem stark; von ihm bewohnte Beständesind deshalb in der Unterschicht immerrelativ «undurchsichtig». Wenn die Win-ter- und Sommernahrung nicht auf klei-nem Raum nebeneinander vorhandenist, sind die Haselhühner gezwungen,sich zwischen Winter- und Sommerein-ständen zu verschieben. Dadurch setzensie sich vermehrt Beutegreifern aus. DieAufenthaltsorte in den einzelnen Jahres-zeiten können bis zu 1 km voneinanderentfernt sein.

Nicht benutzt werden «durchsichtige»Bestände aller Art wie z.B. einschichtigeBaumhölzer oder Stangenhölzer nachstarken Pflegeeingriffen oder baumbe-standene Weiden ohne Strauchschicht.

In den einzelnen Landesteilen sind dieLebensräume je nach vorherrschendenWaldtypen etwas verschieden.

Laub- und Mischwälder des Juras undder Voralpen

• Haselhühner halten sich bevorzugt inoder am Rand grossflächiger Waldver-jüngungen auf. In Ansamungen undJungwüchsen wird im Sommer am Bo-den nach Kräuternahrung gesucht. Di-ckungen und Stangenhölzer bieten imHerbst und Winter Nahrung und De-ckung, besonders wenn diese aus Na-turverjüngung hervorgegangen sindund diverse Laubholzarten sowie bee-ren- oder kätzchentragende Sträucherenthalten. Für das Haselhuhn ist esvon Vorteil, wenn Laubholzverjün-gungen einzelne oder in Gruppen ste-hende, tiefbeastete Weisstannen oderFichten enthalten, und zwar wegen der Deckung. Nadelholz-Verjüngungenwerden benutzt, wenn neben Nadel-

10 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

Mehlbeerbaum in einem Haselhuhn-Lebensraum im Jura.

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Haselhuhn-Lebensräume

Ausgedehnte Wald­randgebüsche sind beliebte Aufenthaltsor­te von Haselhühnern.

holz mindestens 10-15% nahrung­bietende Laubhölzer beigemischt sind. Wenn der Waldrand tief und struktur­reich ausgebildet ist, wird er von Ha­selhühnern ebenfalls gern aufgesucht.

• Im Jura wird das Haselhuhn oft in der Nähe von Felsgraten angetroffen, wahrscheinlich weil es hier beerentra­gende Sträucher und offene ·Stellen mit Kräutern gibt.

Verbuschte Weide.

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• Stark verbuschte Weiden oder flächige Bestände von Pioniergehölzen wie Zit­terpappeln, Weiden , Birken oder Erlen werden gerne bewohnt, ebenso Nie­derwälder und Mittelwälder sowie sehr alte Waldbestände in der Zerfallsphase.

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Nadelwälder der Alpen

In den von Nadelholz beherrschten hö-heren Lagen bewohnt das Haselhuhnverschiedene Altersstadien des Waldes.• Baumhölzer, auch sehr alte Bestände,

werden besiedelt, wenn sie in grossenLücken Verjüngung enthalten oderwenn sie stufig aufgebaut sind, seidies durch Rotten- oder plenterähnli-che Struktur. Solche Bestände bietenin den untersten 2 m über Boden ge-nügend Sichtschutz. Entscheidend istdie Beimischung von nahrungbieten-den Laubhölzern wie Vogelbeere, Bir-ke, Schwarzerle oder Weide. Der Kro-nenschluss ist in den bewohnten Be-ständen nicht gedrängt oder normal,sondern mindestens licht oder locker.Heidelbeersträucher am Boden undHimbeeren auf Lichtungen sind beson-ders beliebte Nahrungspflanzen. Posi-tiv wirken sich am Boden liegendesTotholz und Äste aus, weil sie dem Ha-selhuhn Deckung bieten.

• Weiter werden Bestände mit Pionier-charakter bewohnt, wie sie sich am

Rand von Lawinenzügen, am Randvon Geröllhalden, im Uferbereich vonBächen, an aufgelösten Waldrändern,auf Windwurfflächen und Verjüngungs-flächen sowie im Bereich von Moorenim Wald finden. Solche Bestände ent-halten als Nahrungspflanzen Birken,Haseln, Weiden, Erlen oder Zitterpap-peln.

• Reine Grünerlenbestände werdennicht besiedelt.

Laubwald der Alpensüdseite.

• Buschwälder, die nur aus Laubholz,z.B. Rotbuche und Edelkastanie, be-stehen, sind nicht bewohnt. Buschwaldwird nur besiedelt, wenn er Nadelbäu-me und Weichholzarten enthält.

Weiden

• Vergandende Flächen mit dichtemLaubholzbestand aus Mehlbeeren, Vo-gelbeeren, Birken und Haseln sowie

12 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

Fruchtender Vogel-beerbaum vor denBerner Alpen.

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Lebensräume; Nachweismethoden 13

Besenginster (Alpensüdseite) werdengerne besiedelt. Solche Flächen exi-stieren zur Zeit vor allem in tieferenLagen auf der Alpensüdseite. Sie sindaber überall für das Haselhuhn undandere Wildarten als positiv zu bewer-ten.

8. Nachweismethoden

Haselhühner bleiben wegen ihres extremausgeprägten Deckungsbedürfnissesmeist unsichtbar. Förster, Jäger undWildhüter haben bei ihrer Tätigkeit imWald am ehesten Gelegenheit, zufälligein Haselhuhn aufzuscheuchen. Anson-sten bleiben folgende Methoden:

(1) UmfrageDie ergiebigste Methode ist die Umfragebei Förstern, Wildhütern, Jagdaufsehernund Jägern. Das Problem dabei ist, dassHaselhuhn und Waldschnepfe ungefährgleich gross wirken und bei nicht optima-ler Sicht verwechselt werden können.

(2) Federn und LosungAn Sandbadeplätzen, z.B. an Wegbö-schungen, können aufmerksame Beob-achter Federn finden. Kotwürstchen ha-ben im Winter eine charakteristischezylindrische Form; sie sind etwa 2–2,5cm lang, 0,4 –0,6 cm dick und leichtgekrümmt. Bei der üblichen Übernach-tung in Nadelbäumen bleibt der Kot derNacht jedoch oft oben auf den Ästenhängen.

(3) Fussspuren im SchneeDie Länge des Fussabdrucks im Schneebeträgt rund 6 cm. Da sich Haselhühnerim Winter viel im Geäst aufhalten, sindFussspuren allerdings nicht oft zu finden.

(4) Anlocken mit LockpfeifeHaselhähne sind vor allem im Herbstund im Frühjahr geneigt, auf die Nachah-mung ihres Gesanges mit einer speziel-len Lockpfeife zu reagieren, sei es durcheigenen Gesang, durch Annäherung zuFuss oder durch Herbeifliegen. Die Stan-dardmethode besteht darin, sich imGelände auf parallelen Linien von ca.

Haselhuhnspur imSchnee; Laufrichtungvon links nach rechts.Der Massstab misst15 cm.

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100 m Abstand zu bewegen, dabei etwaalle 100 m stehenzubleiben und 5–6malmit einem Abstand von 25–30 sec denGesang auf der Lockpfeife nachzuah-men. Meist werden metallene Lockpfei-fen skandinavischer Fabrikation einge-setzt. Bei geringer Haselhuhndichtescheint die Reaktionsbereitschaft derHähne jedoch geringer zu sein als inGebieten mit hoher Haselhuhndichte.

(5) DurchkämmenKetten von 3–20 Personen gehen im Ab-stand von 25 m auf einer geraden Linieaufgereiht ohne Lärm durchs Gelände,scheuchen dabei die Haselhühner aufund notieren sie. Diese Methode wirdverwendet, um Gesperre (Henne mitJungen) aufzufinden. Sie darf nur imSommer angewendet werden, wenn diejungen Haselhühner schon flugfähig, die

14 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

Haselhuhnkot.

Schneehöhle desHaselhuhns, linksunten der Eingang,rechts oben die Aus-stiegsöffnung. DerMassstab misst 50 cm.

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Familien aber noch beisammen sind.Weil das Durchkämmen auch andereTiere stark stört, verbietet es sich zurBalz- und Brutzeit. Es erfordert zudemeinen hohen organisatorischen Aufwand.

(6) Suche nach SchneehöhlenBei hohem Schnee übernachten Hasel-hühner, wie andere Raufusshühnerauch, in Schneehöhlen. Diese werdenallerdings nur selten gefunden. Auffälligsind dagegen im Frühling die ausgeaper-ten Kotansammlungen aus Schneehöh-len.

9. Forstliche Massnahmen fürdas Haselhuhn

9.1. Flächengrösse

Ein Haselhuhn-Paar durchstreift im Jahrzwischen 30 und 80 ha. Forstliche Op-timierungsmassnahmen sollten deshalbauf mehreren Quadratkilometern Walddurchgeführt werden, damit der Lebens-

raum für mehrere Paare verbessert wird.Auf dieser Fläche müssen geeigneteWaldstrukturen von 30 ha Grösse zwarnicht flächendeckend, aber in höchstens2 km Abstand geschaffen werden.

9.2. Waldreservate

Die Errichtung von Totalreservaten, indenen die Waldbewirtschaftung ganzaufgegeben wird, ist eine Massnahme,die für das Haselhuhn erst langfristigwirksam wird. Es wird solche Reservatevoraussichtlich erst in der Zerfallsphasebesiedeln, wenn sich Verjüngung ein-stellt, oder nach Katastrophen, die gros-se Lücken geschaffen haben.

Teil- oder Sonderwaldreservate mitspeziell auf das Haselhuhn abgestimm-ten Schutzzielen können kurz- oder mit-telfristig wirksam werden. Ihre Schaffungsollte ins Auge gefasst werden, wennsich die in Kap. 9.3 und 9.4 vorgeschla-genen Massnahmen nicht anderweitigrealisieren lassen.

Haselhuhnkot auseiner Schneehöhle imFrühling während derSchneeschmelze.

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9.3. Laub- und Mischwaldgebiete des Juras und der Voralpen

In diesen Gebieten ist die Verbreitungdes Haselhuhns in den vergangenenJahrzehnten am stärksten geschrumpft.Das Schwergewicht der Massnahmenliegt hier auf den jungen Waldstadien.• Verjüngungen möglichst gross (1 ha)

anlegen, evtl. in Etappen. Dabei mög-lichst schnell auf grosser Fläche ver-jüngen, damit sich Pioniergehölze undNahrungspflanzen des Haselhuhnseinstellen. In Weisstannen-Buchenwäldern istNaturverjüngung unter Schirm für dasHaselhuhn nicht zu empfehlen, weil siebei geringem Lichtgenuss am Bodendie Weisstanne fördert. (Dies kann fürdas Auerhuhn erwünscht sein, vgl.Kap. 10). Bei mehr Licht am Boden

wird die Rotbuche gefördert. Bürsten-dicker, reiner Buchenjungwuchs istweder für das Auerhuhn noch für dasHaselhuhn geeignet. Pioniergehölzeund Sträucher, die für das Haselhuhnwichtig sind, können bei Verjüngungunter Schirm nicht oder nicht in genü-gender Anzahl Fuss fassen. Bei gleich-zeitigem Vorkommen von Auerhuhnund Haselhuhn siehe Kap. 10.

• Möglichst Naturverjüngung abwarten,da diese unter den oben genanntenVoraussetzungen die Nahrungspflan-zen des Haselhuhns von selbst lie-fert.

• Stufigkeit bereits in Verjüngungen för-dern.

• Bei Nadelholz-Pflanzung mindestens10–15 % Laubholz beimischen oderaufkommen lassen.

• Dickungs- und Jungwaldpflege: Kätz-

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Wichtige Elemente im Lebensraum des Haselhuhns (nach W. Scherzinger aus Berg-mann et al. 1996). Links ist die Vielfalt der Strukturen im naturnahen Wald, rechts sinddie Sekundärstrukturen im bewirtschafteten Wald dargestellt: 1 Birken am Moorrandals Nahrungsbasis im Winter; 2 Lichtung mit Weiden und Vogelbeeren zur Kükenauf-zucht; 3 Singwarte; 4 Windwurffläche mit Vogelbeere bietet Beeren- und Knospen-nahrung im Herbst und Winter; 5 Brutplatz; 6 Buchenstangenholz als Winterschlaf-platz; 7 Beerensträucher an der Strassenböschung; 8 Sandbadestelle («Huderpfan-ne»); 9 Schlafplatz und Versteck im Fichtenstangenholz.

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chen- und beerentragende Laubholz-arten müssen in mindestens 10–15 %der Stammzahlen stehengelassenwerden.

• Windwurfflächen nicht bepflanzen,sondern der natürlichen Waldsukzes-sion überlassen.

• Unterstützend sollte auch Platz ge-schaffen werden für eine verbesserteStruktur und Tiefe der Waldränder.

• Keine Bewirtschaftung und Pflegewährend der Brutperiode, d.h. von Ap-ril bis Mitte Juli.

9.4. Nadelholzgebiete der höherenLagen

In den Nadelwaldgebieten der höherenLagen sind grossflächige Verjüngungs-

Haselhuhn-Lebens-raum.

Einschichtiger unddurchsichtiger Wald,für das Haselhuhnungeeignet.

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eingriffe meist unzweckmässig. Das ge-nerelle Ziel besteht hier in der aktivenFörderung und Erhaltung der Nahrungs-pflanzen des Haselhuhns, z.B. Heidel-beeren, Erdbeeren, Vogelbeeren, Mehl-beeren, Weiden, Zitterpappeln, Birkenund Grauerlen. Dies ist auch mit klein-flächigen Eingriffen möglich.

Die Empfehlungen gelten für Nadelwäl-der beidseits der Alpen.• Bei Durchforstungen Holzvorrat mög-

lichst stark verringern, damit Licht aufden Waldboden kommt.

• Lücken schaffen für Verjüngung undfür Bodennahrung wie Heidelbeere,Erdbeere und weitere Kräuter.

• Pionierstadien des Waldes auf Wind-wurf-, Schneebruch- und Schlagflä-chen der natürlichen Waldsukzessionüberlassen, nicht bepflanzen.

• Keine Bewirtschaftung und Pflegewährend der Brutperiode, d.h. von Ap-ril bis Mitte Juli.

Auch stufige Bestände können zu dunkelund zu nahrungsarm für das Haselhuhnsein; dann gelten dieselben Massnah-men wie für die übrigen Bestände.

9.5. Überall

Haselhühner benützen gern die natürli-che Vegetation entlang von Bachläufenund feuchten Rinnen, wenn sie sich voneinem Waldbestand zum andern bewe-gen.• Links und rechts von Bachläufen 10–

20 m für die natürliche Vegetation frei-lassen und nicht bepflanzen.

10. Koordination von Haselhuhn- und Auerhuhnschutz

Relativ oft kommen Hasel- und Auer-huhn nahe beieinander vor. ForstlicheSchutzmassnahmen für das Auerhuhnsind im «Merkblatt Auerhuhn und Wald-bewirtschaftung» beschrieben.

In Nadelwaldgebieten gilt: Massnah-men, die dem Auerhuhn nützen, kom-men auch dem Haselhuhn zugute, undumgekehrt. Der einzige theoretischeZielkonflikt ergibt sich auf Auerhuhn-Balzplätzen. Dort stehen die Bäume

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Auerhahn.

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Koordination; Vorgehen bei Planungen 19

meist lückig bis räumig und bieten demHaselhuhn zu wenig Deckung. Ange-sichts des kleinen Anteils solcher Flä-chen am gesamten Auerhuhn- und Ha-selhuhnbiotop stehen sie dem Hasel-huhnschutz jedoch nicht entgegen.

In Laubwaldgebieten ergeben sich kei-ne Zielkonflikte mit dem Auerhuhn-schutz, weil das Auerhuhn in diesen Ge-bieten nicht vorkommt.

In Weisstannen-Buchen-Mischwäldernkann sich bei der Verjüngung in speziel-len Fällen ein Zielkonflikt ergeben, fallsAuerhuhn und Haselhuhn gemeinsamvorkommen. Wenn das Ziel darin be-steht, für das Auerhuhn besonders dieVerjüngung der Weisstanne zu fördern,soll man unter Schirm und nicht gross-flächig verjüngen. Dann haben allerdingsdie Nahrungspflanzen des Haselhuhns,die alle sehr lichtbedürftig sind, in derVerjüngung weniger Chancen. Da dasAuerhuhn die gefährdetere Art ist, wirdman jedoch den Massnahmen für dasAuerhuhn den Vorzug geben.

11. Vorgehen bei Planungen

Die forstliche Planung muss den Schutzdes Haselhuhns berücksichtigen kön-nen. Angesichts des grossen Raumbe-darfs der Art ist ein Schutz nur grossräu-mig möglich. Schutzkonzepte müssendeshalb, wo sie notwendig erscheinen,auf regionaler oder überregionaler Ebe-ne angelegt werden. Sie sind Aufgabeder Kantone.

Bundesgesetz über den Wald vom 4. Oktober1991Art. 20 Bewirtschaftungsgrundsätze2 Die Kantone erlassen Planungs- und Bewirt-

schaftungsvorschriften; sie tragen dabei denErfordernissen der Holzversorgung, des natur-

nahen Waldbaus und des Natur- und Heimat-schutzes Rechnung.

Je früher man das Haselhuhn (und dasAuerhuhn) in den Planungsprozess ein-bezieht, desto leichter wird man dieMassnahmen für diese Arten integrierenkönnen und auch finanzielle Beiträge füreine Basisuntersuchung erhalten. Ent-schädigungen können so schon frühzei-tig diskutiert werden.

Die Berücksichtigung des Haselhuhnssoll schon auf Stufe Waldentwicklungs-plan (WEP) erfolgen. Das empfohleneVorgehen bei der Planung ist in der Pra-xishilfe «Auerhuhn und Haselhuhn: ihrSchutz in der regionalen Waldplanung»beschrieben. Die verschiedenen zuergreifenden Massnahmen können imRahmen der üblichen forstlichen Arbei-ten oder zusätzlich zu diesen an dieHand genommen werden. Es geht da-rum, dem Haselhuhn auf Dauer ein Netzgeeigneter Lebensräume zur Verfügungzu stellen. Sie lassen sich im Zuge derBewirtschaftung verbessern, oder güns-tige Lebensräume können neu geschaf-fen werden. Eine Rotation der günstigenFlächen ist unerlässlich, da sich diese imLauf der natürlichen Entwicklung zumgeschlossenen Hochwald in für das Ha-selhuhn ungünstige Bestände umwan-deln.

Empfohlenes Vorgehen:• Zusammenstellung der Angaben über

das Haselhuhn von lokalen Vogelken-nern und der Datenbank der Schwei-zerischen Vogelwarte Sempach. Fallsnötig, können zusätzliche Erhebungendurchgeführt werden.

• Kartierung geeigneter Haselhuhn-Le-bensräume (auf der Basis der Biotop-ansprüche der Art).

• Karte der Waldbenutzung (Spazier-

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gänger, Mountain-Biker, Langläuferetc.) erstellen.

• Bestandeskarte des Waldes konsultie-ren.

• Andere Planungsdokumente beibrin-gen.

• Übereinanderlegen der diversen Kar-ten, um die Konfliktquellen kennenzu-lernen und den einzelnen WaldzonenFunktionen zuzuweisen.

• Ausarbeitung verschiedener forstlicherMassnahmen.

• Evaluation der Mehrkosten bzw. derMindererträge bei der Nutzung.

• Information während des ganzen forst-lichen Planungsprozesses.

• Ausbildung des Forstpersonals.

12. Rechtliche Grundlagen

Die Bewirtschafter des Waldes müssensich beim Schutz von bedrohten und sel-tenen Arten auf rechtliche Grundlagenabstützen können.• Eines der Ziele der forstlichen Mass-

nahmen ist die Erhaltung des Hasel-huhns durch die Schaffung optimalerHabitate auf genügend grossen Flä-chen.

Bundesgesetz über den Natur- und Heimat-schutz vom 1. Juli 1966Art. 181 Dem Aussterben einheimischer Tier- und

Pflanzenarten ist durch die Erhaltung genü-gend grosser Lebensräume (Biotope) undandere geeignete Massnahmen entgegenzu-wirken. Bei diesen Massnahmen ist schutz-würdigen land- und forstwirtschaftlichen Inter-essen Rechnung zu tragen.

• Schalenwild kann in gewissen Fällenzum Nahrungskonkurrenten des Ha-selhuhns werden, namentlich bei Pio-niergehölzen und Knospen von Sträu-chern.

Bundesgesetz über den Wald vom 4. Oktober1991Art. 27 Massnahmen der Kantone2 Sie regeln den Wildbestand so, dass die Erhal-

tung des Waldes, insbesondere seine natürli-che Verjüngung mit standortgerechten Baum-arten, ohne Schutzmassnahmen gesichert ist.Wo dies nicht möglich ist, treffen sie Massnah-men zur Verhütung von Wildschäden.

20 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

Günstiger Haselhuhn-Lebensraum. Zuseiner Schaffung und Erhaltung gibt eszahlreiche gesetzliche Grundlagen; die-se regeln auch finanziellen Abgeltungen.

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• Der Waldbesitzer muss in gewissenFällen mit höheren Aufwendungenrechnen. Diese können in der Regeldurch Entschädigung ausgeglichenwerden.

Bundesgesetz über den Wald vom 4. Oktober1991Art. 38 Bewirtschaftung des Waldes2 Er (der Bund) leistet Finanzhilfen bis zu 50 %

der Kosten von Massnahmen wie:b. befristete waldbauliche Massnahmen wie Pfle-

ge, Holznutzung und -bringung, wenn die Ge-samtkosten nicht gedeckt oder diese Mass-nahmen aus Gründen des Naturschutzesbesonders aufwendig sind.

3 Er (der Bund) leistet Finanzhilfen bis zu 50 %der Kosten von Schutz- und Unterhaltsmass-nahmen für Waldreservate.

• Allgemeine Auskünfte können von derSchweizerischen Vogelwarte Sem-pach gratis angefordert werden. Dage-gen werden Expertisen oder detaillier-te Erhebungen in Rechnung gestellt.Der Waldbesitzer kann finanzielleUnterstützung erhalten, wenn er Ent-scheidungsgrundlagen von Spezialis-ten erarbeiten lassen muss.

Bundesgesetz über den Wald vom 4. Oktober1991Art. 38 Bewirtschaftung des Waldes2 Er (der Bund) leistet Finanzhilfen bis zu 50 %

der Kosten von Massnahmen wie:a. die Erarbeitung forstlicher Planungsgrundlagen.

Auswahl an Literatur

ASCH, T. & G. MÜLLER (1989): Haselwild inBaden-Württemberg. Schutzgemein-schaft Deutscher Wald, Stuttgart.

BERGMANN, H.-H., S. KLAUS, F. MÜLLER,W. SCHERZINGER, J. E. SWENSON & J.WIESNER (1996): Die Haselhühner.Neue Brehm-Bücherei Bd. 77. Mag-deburg.

KÄMPFER-LAUENSTEIN, A. (1995): MehrWildnis für das Haselhuhn! National-park Nr. 86 (1/95): 6–9.

LIESER, M., G. MÜLLER, R. SUCHANT & H.VINNAI (1993): Dem Haselhuhn helfen.Merkblatt Wildforschung Nr. 1. Wild-forschungsstelle Bad.-Württ., Aulen-dorf, 28 S.

MARTI, C. & P. MOLLET (2001): MerkblattAuerhuhn und Waldbewirtschaftung.Herausgeber: BUWAL, Bern.

PERRENOUD, A., O. SCHNEIDER & A. BER-NASCONI (2000): Auerhuhn und Hasel-huhn: ihr Schutz in der regionalenWaldplanung. Herausgeber: BUWAL,Bern.

Dank

Der Herausgeber und die Autoren dan-ken allen, die in irgendeiner Weise zumProjekt beigetragen haben. Ueli Bühler,Christian Marti, Franz Rudmann, OlivierSchneider, Reinhard Schnidrig undNiklaus Zbinden steuerten kritische Hin-weise zum Manuskript bei. Mit FranzRudmann diskutierten wir anhand kon-kreter Beispiele koordinierte Massnah-men für Auerhuhn und Haselhuhn. Wolf-gang Scherzinger erteilte uns verdan-kenswerterweise das Abdruckrecht fürseine Abbildung.

Rechtliche Grundlagen; Literatur 21

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Nützliche Adressen

Wenn Sie generelle Auskünfte über dasHaselhuhn brauchen oder wenn Sie dasHaselhuhn in Ihre forstliche Planung ein-beziehen möchten, können Sie sich andie folgenden beiden Stellen wenden.Sie vermitteln Kontakte zu lokalen Ken-nern oder Gutachtern.

Schweizerische Vogelwarte6204 SempachTel. 041 462 97 00Fax 041 462 97 10E-Mail [email protected]

BUWALEidg. ForstdirektionBereich Wildtiere3003 BernTel. 031 323 03 07Fax 031 324 78 66E-Mail [email protected]

Zur Berücksichtigung des Auerhuhns vgl.das analoge Merkblatt «Auerhuhn undWaldbewirtschaftung» (BestellnummerVU-7021-D)

22 Haselhuhn und Waldbewirtschaftung

Haselhahn beim Sonnenbad.

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Adressen 23

Typischer, stark struk-turierter Haselhuhn-Lebensraum.

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