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Freies Handwerk vor der Wahl - BUH · Urkunde, die freie Geburt bescheinigte. ......

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Parteien: Versprechen und Verbrechen 3 ToDo-Liste: Was der BUH nach der Wahl erwartet 3 BUHRUF: auf Peter Müller 4 Position: Interview Thea Dückert, Grüne 4 * Freibrief: 1. Urkunde über eine erteilte Erlaubnis oder Befreiung von einem Verbot (Privileg), 2. Urkunde über die Entlassung aus der Leibeigenschaft, 3. Urkunde, die freie Geburt bescheinigte. (Meyers Lexikon) Wirtschaftspolitik Handwerk Rubriken Berufsverband Gewerbefreiheit Mitglieder: Frühjahrstreffen auf der Burg 17 Vorschau: Herbst-MV bei Friedrich Naumann 17 Verbandsnews: Meldungen und Termine 18 Editorial 2 Impressum 2 Service 19 Das Letzte 20 Schwerpunkt Reisegewerbe 6 Reisegewerbe: Die zehn wichtigsten Fragen 6 Beratung: BUH bringt neue Betriebe auf den Weg 7 Portrait: Die mobile Schaltzentrale 9 Hab 8: Reisender Zimmerermeister antwortet 10 Satire: Agenda 2010 ohne Schröder 11 Steuersplitter: Praxistipps von Vorsteuer bis Sippenhaft 12 Rechteck: Reisegewerbe, ebay & Co 13 Gewerkreport: Klempnerhandwerk 14 Geschichte: Zunftnomern und Handwerksehre 16 Redensarten: Über den Löffel barbieren 16 Zeitung des BUH e.V. für Existenzgründung, Berufs- und Gewerbefreiheit im Handwerk * 2/2005 Alles über das Reisege- werbe S. 6 BUH berät Existenz- gründer S. 7 Schwerpunkt Reisegewerbe Freies Handwerk vor der Wahl ToDo-Liste für die neue Legislaturperiode S. 3 Bilanz der Handwerkspolitik S. 3 Wie der polnische Klempner Frankreich das Fürchten lehrte und das „Non“ zu EU- Verfassung auslöste S. 15 Über die Wirtschafts- politik der Zukunft und den Sachverstand der CDU Ein Interview mit Thea Dückert, Grüne S. 4 In einer Anzeige der polnischen Tourismusorganisation versichert ein verführerisch aussehender Klempner auf französisch: „Ich bleibe hier. Kommt ihr dafür zahlreich“ S. 20 BUH fordert: Ende für das Schornsteinfeger-Monopol S. 18 Keine Installateursverzeichnisse S. 18 FB6_110914_03.qxd 12.09.2005 15:45 Uhr Seite 1
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Parteien: Versprechen und Verbrechen 3 ToDo-Liste: Was der BUH nach der Wahl erwartet 3BUHRUF: auf Peter Müller 4Position: Interview Thea Dückert, Grüne 4

* Freibrief: 1. Urkunde über eine erteilte Erlaubnis oder Befreiung von einem Verbot (Privileg), 2. Urkunde über die Entlassung aus der Leibeigenschaft, 3. Urkunde, die freie Geburt bescheinigte. (Meyers Lexikon)

Wirtschaftspolitik

Handwerk

Rubriken

Berufsverband

Gewerbefreiheit

Mitglieder: Frühjahrstreffen auf der Burg 17Vorschau: Herbst-MV bei Friedrich Naumann 17Verbandsnews: Meldungen und Termine 18

Editorial 2Impressum 2Service 19Das Letzte 20

Schwerpunkt Reisegewerbe 6Reisegewerbe: Die zehn wichtigsten Fragen 6Beratung: BUH bringt neue Betriebe auf den Weg 7 Portrait: Die mobile Schaltzentrale 9Hab 8: Reisender Zimmerermeister antwortet 10

Satire: Agenda 2010 ohne Schröder 11 Steuersplitter: Praxistipps von Vorsteuer bis Sippenhaft 12Rechteck: Reisegewerbe, ebay & Co 13

Gewerkreport: Klempnerhandwerk 14Geschichte: Zunftnomern und Handwerksehre 16Redensarten: Über den Löffel barbieren 16

Zeitung des BUH e.V. für Existenzgründung, Berufs- und Gewerbefreiheit im Handwerk

*

2/2005

Alles über das Reisege-werbe

S. 6

BUH berät Existenz-gründer S. 7

Schwerpunkt Reisegewerbe

Freies Handwerk vor der Wahl� ToDo-Liste für die neue Legislaturperiode S. 3

� Bilanz der Handwerkspolitik S. 3

Wie der polnischeKlempner Frankreichdas Fürchten lehrteund das „Non“ zu EU-Verfassung auslöste

S. 15

Über die Wirtschafts-politik der Zukunft undden Sachverstand derCDU

Ein Interview mit TheaDückert, Grüne

S. 4

In einer Anzeige der polnischen Tourismusorganisationversichert ein verführerisch aussehender Klempner auffranzösisch: „Ich bleibe hier. Kommt ihr dafür zahlreich“

S. 20

BUH fordert:� Ende für das Schornsteinfeger-Monopol S. 18

� Keine Installateursverzeichnisse S. 18

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nach der Handwerksnovelle von 2004 hat eine wahre Gründungswelle in den jetzt vomMeisterzwang befreiten Handwerken eingesetzt. Gerade wegen dieser Entwicklung wollennun einige Politiker in der CDU/CSU diese Erleichterung bei Existenzgründungen rück-gängig machen. Wo nun Rainer Brüderle im FDP-Kompetenzteam für Wirtschaftspoli-tik zuständig ist, können wir auch von der FDP keine Erleichterung beim Meisterzwangerwarten.

Anstatt die Chancen zu sehen, die eine völlige Aufhebung des Meisterzwangs bringen wür-de, nämlich mehrere Hunderttausend Existenzgründungen mit den Ideen und dem In-novationswillen einer neuen Gründergeneration, wird allein die Gefahr für bestehende Be-triebe wahrgenommen und in deren Interesse anderen die Existenzmöglichkeit genommen.

Wie auch immer die Bundestagswahl ausgeht, auf eine Abschaffung des Meisterzwangsdurch die Politik wollen wir uns nicht verlassen. Deswegen geht es darum, die bestehen-den Möglichkeiten zu verfeinern und neue Möglichkeiten zu erschließen, ohne Meister-brief tätig werden zu können. Zum Beispiel das Reisegewerbe bietet hier einige Optionen,die wir bisher noch nicht alle ausgelotet haben. Der Handwerksrechter Horst Mirbach hathierzu einen Beitrag in diesem Freibrief verfasst, in dem er unter anderem die Frage derWerbung von Reisegewerbetreibenden beleuchtet.

Auch die Möglichkeiten mit Firmen aus anderen europäischen Ländern in Deutschlandzu arbeiten, können weiter ausgebaut werden und scheinen auch steuerrechtliche und ver-sicherungsrechtliche Vorteile zu bieten.

Flankieren müssen wir dies mit der juristischen Arbeit. Die Handwerksverbände versu-chen immer wieder vor Gerichten, alle Möglichkeiten zu unterbinden, ohne Meisterbriefam Wettbewerb teilzunehmen.

Für unsere Argumentation ist es eine spannende Frage, wie wir uns zu der Konkurrenzaus den neuen EU-Mitgliedsstaaten stellen. Akzeptieren und stellen wir uns diesem Wett-bewerb oder fordern auch wir eine Marktabschottung wie das etablierte Handwerk? AufDauer, das ist meine feste Überzeugung, würde eine Marktabschottung keinen Erfolg ha-ben. Zum einen kann man sie nicht durchsetzen, und zum andern verpasst man bei ei-ner Marktabschottung die notwenigen Anpassungen auf dem Markt.

Liebe Grüße

Hans-Georg BeuterVorstandsmitglied

Editorial

www.buhev.de2 FREIBRIEF NR. 2/2005

Liebe Leserinnen und Leser,

Wofür steht der BUH?Ein guter Handwerksbetrieb zeichnet sichdurch Qualität, Zuverlässigkeit und einenfairen Preis aus – und das geht auch ohneMeisterbrief. Deshalb haben wir 1994 denBerufsverband unabhängiger Handwerke-rinnen und Handwerker gegründet.

Ziele des BUH:� Wiedereinführung der Gewerbe-

freiheit im Handwerk� Abschaffung des Meisterzwangs

für Selbständige� Gleichstellung von Mann und Frau

im Handwerk� Rückbesinnung auf altbewährte

Materialien und Handwerkstech-niken

� Ökologisches und verantwortungs-bewusstes Handeln zugunsten unserer Kunden und des Verarbei-tenden

Bundesgeschäftsstelle:BUH e.V.Artilleriestraße 627283 VerdenTel: 04231.956 66 79Fax: 04231.956 66 81www.buhev.de [email protected]

ImpressumFreibrief wird vom Berufsverband unab-hängiger Handwerkerinnen und Handwer-ker e.V. herausgegeben und dient der In-formation seiner Mitglieder sowie derVerbreitung der Verbandsziele in der Öf-fentlichkeit.

Redaktion: Sabine Quenot (verantw.)Wilhelm Mertes (Konzeption)[email protected]

Autoren: Hans-Georg Beuter, Hilke Bött-cher, Malte Heidemann, JonasKuckuck, Manfred Lohse, Horst Mirbach, Mendi Mühlenhaupt, Oliver Steinkamp

ViSdP: Jonas KuckuckDruck: Druckerei Grohmann, BerlinErscheinungsdatum: 15.09.2005Schutzgebühr: 2 EURO

Beiträge von Mitgliedern sind im Freibrieferwünscht. Die Redaktion behält sich vor,Texte nicht zu veröffentlichen, die den Ver-bandszielen des BUH zuwider laufen.

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Klare Aussagen zum Meisterzwangfinden sich in keinem Wahlprogramm.Insofern können wir nur spekulieren,was nach der gewonnenen Wahl in wel-cher Konstellation passieren könnte.Aber dennoch gibt es eini-ge konkrete Anhaltspunk-te, aus denen wir unsereSchlüsse ziehen. Im Laufedes Wahlkampfs hat derWirtschaftsexperte imKompetenzteam derCDU/CSU angekündigt:"Die Novellierung derHandwerksordnung müs-sen wir in allen Punktenüberprüfen. In Branchenwie etwa bei den Fliesenle-gern muss der Meisterbriefwieder her." Der NRW Ar-beitsminister Karl-JosefLaumann (auch CDU) willden Meisterzwang wiedereinführen, um so denWettbewerb durch Unter-nehmen aus anderen EU-Staaten zu begrenzen.

Die von der CDU ange-dachte Wiedereinführungdes Meisterzwangs für ei-nige Handwerke würdezahlreiche Existenzen ge-fährden und das Entstehenneuer Unternehmen ver-hindern. Der Plan sprichtdem sonstigen Bekenntnisder Union zur Freiheit undzur SelbstverantwortungHohn.

Von verschiedenen SPD- und Grünen-Kandidaten gibt es eindeutige Aussagen,dass die Liberalisierung des Handwerks-rechts fortgeführt werden soll (siehe dasInterview mit MdB Thea Dückert, Grü-

ne, auf den folgenden Seiten). Der ar-beitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner,kritisiert das ständestaatliche Denkender Union und die Pläne von Laumann

und Müller (beide CDU)dem Meisterzwang wiedereinführen zu wollen:"Union und FDP wollen zu-rück zum Meisterzwang, zuRegulierung und Marktzu-gangsbeschränkungen, Be-sitzstand wahren stattChancen ermöglichen."Dem können wir uns nuranschließen.

Innerhalb der SPD undbei den Grünen gibt es star-ke Gruppen, die dieZwangsmitgliedschaft beiden Industrie- und Han-delskammern abschaffenwollen.

Von der FDP sind unskeine neueren Pläne zumMeisterzwang bekannt.

Wie die Linkspartei zumMeisterzwang steht, konn-ten wir nicht in Erfahrungbringen. Der frühere PDS-Abgeordnete Uwe Hiksch,der sich während seiner Ab-geordnetenzeit bis 2002 in-tensiv für die Abschaffungdes Meisterzwangs einge-setzt hat, scheint nicht wie-der zum Bundestag zu kan-didieren.

Hans Beuter

www.buhev.de FREIBRIEF NR. 2/2005 3

WirtschaftspolitikPosition

Das freie Handwerk vor der Wahl Welche Veränderungen im Handwerksrecht können wir von den verschiedenen Parteien erwarten?

ToDo-Liste für die kommende Legislaturperiode� Die kommende Bundesregierung muss den Meisterzwang ab-

schaffen, um dadurch Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum zu schaffen!

� Außerdem müssen weitere Behinderungen für Handwerker ohneMeisterbrief beseitigt werden, wie etwa die Regelungen zum Installateurverzeichnis!

� Das Schornsteinfegergesetz muss schon wegen dem laufenden Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland ab-geschafft werden!

� Und nicht zuletzt muss das Problem mit dem Kammerzwang gelöst werden!

Mit dem Plan, den Meisterzwang fürIch-AGs im Wesentlichen aufzuheben,konnten sich die RegierungsfraktionenSPD und Grüne direkt nach der Wahl2002 nicht gegen CDU/CSU und FDPdurchsetzen.

Die Handwerksnovelle 2004 wurdeam Ende von allen Parteien beschlossen.Trotzdem kann man eindeutig feststel-len, wer eine Lockerung überhaupt woll-

te und wer den Meisterzwang bewahrenoder sogar ausbauen wollte.

SPD und Grüne hatten sich für eineweiter gehende Reform eingesetzt. DieUnion wollte eine deutlich kleinere Listevon Handwerken vom Meisterzwang freistellen. Die Altgesellenregelung hatte dieUnion vollständig abgelehnt. Auch dieFDP hatte zwar von Liberalisierungen imHandwerksrecht geredet, aber tatsäch-

lich am Meisterzwang festgehalten.Schon seit langem gibt es in der FDPKräfte, die den Meisterzwang entschär-fen wollen. Zuletzt hat die FDP Ham-burg statt des Meisterzwangs eine Lo-ckerung hin zum Gesellenzwanggefordert. Bisher konnte sich dieser Flü-gel in der FDP allerdings nicht durchset-zen. HB

Was seit der letzten Wahl in der Handwerkspolitik passiert ist

Wer auch immer nach dem 18. September 2005 im Bundestag Platz nehmenwird: Für die Volksvertreter sollte es oberstes Ziel sein, die Rechte der Bürger zuschützen - auch das Recht auf freie Berufsausübung. Foto: SQ

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Unternehmergeist

www.buhev.de4 FREIBRIEF NR. 2/2005

PositionWirtschaftspolitik

Freibrief: Die CDU und weite Teile derSPD stehen für eine Wirtschaftspolitik, dieim wesentlichen Jahrzehnte alten Vorstel-lungen von Wachstum und Vollbeschäfti-gung aus der Blütezeit der 'Old Economy'nachhängt. Was ist heute anders und worinunterscheidet sich das Wirtschaftsverständ-nis der Grünen vom dem der Volksparteien?Thea Dückert: Sicher ist eine Überwin-dung der drückenden Erwerbslosigkeit,die finanzielle Sicherung des Sozialstaatsund der Abbau der Staatsschulden ohnewirtschaftliche Dynamik nicht denkbar.Bündnis´90/Die Grünen sind davonüberzeugt, dass uns eine Politik des"Wachstums um jeden Preis", ohneRücksicht auf Mensch und Natur nichtweiterbringt. Wir stehen dafür, dass ins-besondere beschäftigungsintensive Tech-nologie, der Mittelstand und auch derDienstleistungsbereich wachstumsför-dernde Rahmenbedingungen erhalten.Unsere Vorstellung für eine zukunftsfä-hige Ökonomie heißt "ressourcenleich-tes Wirtschaften": die Herstellung vonProdukten und Dienstleistungen bei mi-nimalem Einsatz von Rohstoffen undEnergie. Es geht um eine fortlaufendeSteigerung der Materialeffizienz, um dasmöglichst vollständige Recycling von Ab-fällen und um den Ersatz umweltschäd-licher durch umweltfreundliche Stoffe. Die ökologisch soziale Marktwirtschaftverlangt die Stärkung der Gesellschaft.Es geht um die Förderung der zivilen Ge-sellschaft mit Mitteln des Staates beigleichzeitiger Begrenzung des Staates.Das unterscheidet uns von staatssozialis-tischen, konservativen und marktlibera-len Politikmodellen.Freibrief: Die Rot-Grüne Bundesregierungist mit ihren Reformpolitik diesem Mentali-tätswandel gerecht geworden und stand biszur Krise in der SPD, die sich auch um die-sen Punkt gedreht hat, mehr für Deregulie-rung als die angeblich marktnahe CDU.Warum hat es die Regierungskoalition nichtgeschafft, diesen Paradigmenwechsel ausrei-chend zu erklären, dass Arbeit in Zukunftaus der Mitte der Gesellschaft heraus entste-hen muss und weder globalisierte Industrie-konzerne noch der Staat die fehlenden Jobsschaffen werden?Dückert: Bürokratieabbau, Wettbewerbund Deregulierung endet bei Union und

FDP regelmäßig an den eigenen Klien-telinteressen. Dies konnte man bei derReform des Handwerksrechtes ebensobeobachten, wie bei der Gesundheitsre-form. Bei CDU und FDP ist der Begriffder Deregulierung auf das Schleifen vonArbeitnehmerrechten reduziert. Vor die-sem Hintergrund ist es oft nicht einfach,Zustimmung in der Öffentlichkeit fürDeregulierung und Flexibilisierung zugewinnen, weil man sehr genau denUnterschied zwischen den beiden An-sätzen erklären muss. Ich denke wir ha-ben dennoch in diesen Bereichen eineganze Menge erreichen können. DerBoom bei den Ich-AGs und in den Hand-werksbereichen, in denen der Meister-zwang aufgehoben wurde, belegt dieseindrucksvoll. Freibrief:Die Öffnung des Handwerks aufein in allen Zweigen angestrebtes Wettbe-werbsniveau sollte in einer modernen euro-päischen Volkswirtschaft eine Selbstver-ständlichkeit sein. Dennoch schreibt dieFAZ, viele Handwerker hätten es als Angriffauf ihre Ehre empfunden, den Meisterbriefnicht mehr als alleiniges Zulassungskrite-rium für die Führung eines Handwerksbe-triebs gelten zu lassen: "Wenn CDU undCSU nun das Hohelied auf den Meister sin-gen, ist dies Labsal für verletzte Seelen."Wenn an der wirtschaftlichen Basis der Ge-sellschaft ein Minimalkonsens darüber, dassMarktwirtschaft auch Freiheit des Indivi-duums bedeutet, zu Gunsten eines ideologi-sierten Wirtschaftsverständnisses zerstörtwird, besteht dann nicht die Gefahr, dassunsere Demokratie auf die Dauer Schadennimmt?Dückert: Die Wiedereinführung desMeisterzwanges wäre ein wirtschaftspo-litisch völlig falsches Signal und würdedie eindrucksvolle Arbeitsplatzdynamikin diesem Bereich mit einem Schlag be-enden. Insofern ist das Vorhaben derUnion ideologischer Unsinn und dieWiederbelebung eines überflüssigen Re-liktes aus der Zeit des Ständestaates. Ichwürde jedoch nicht soweit gehen zu sa-gen, dass die Wiedereinführung desMeisterzwanges allein eine Gefahr fürunsere Demokratie darstellt; er wäreallerdings eine Ohrfeige für die Idee dersozialen Marktwirtschaft, der Selbststän-digkeit und Zugangsgerechtigkeit.

Ohrfeige für die soziale MarktwirtschaftInterview

BUHruf... auf Freundchen Müller

Beim BUH tut sich Erstaunliches.Neuerdings laufen Meister zum BUHüber (siehe Fragebogen S. 10). Sie wer-den von der HWK wie Gesellen verfolgt,weil sie sich dazu entschlossen haben,fernab von der Rolle zu firmieren. Dieslässt tief blicken, was der wahre Zweckdes Meisterzwangs ist. ZDH & Co. gehtes mittlerweile nur noch ums finanziel-le Überleben. Merkels Arbeitsministerin spe, Peter Müller, will helfen. Die Ge-winne sollen wieder einzig in die Kam-merbetriebe fließen. Die erneute Ein-führung von Marktschranken wird demWahlvolk so verkauft, als diene die Er-haltung eines hohen Preisniveaus derStärkung der Binnennachfrage. Dochdie Verdrängung der Konkurrenten istgleichbedeutend mit der Bekämpfungvon Kleinbetrieben im Handwerk.

Dabei erleben diese in den Berufen, indenen die Minireform der Gewerbefrei-heit zu ihrem Recht verholfen hat, einenBoom. Von den wohl gehüteten Baube-rufen durften allerdings nur die Fliesen-und Parkettleger endlich ungehindertarbeiten und beweisen, dass die Reformgreift. Nach dem Willen der CDU würdeman diese Unternehmen am liebstenüber Nacht für illegal erklären und dichtmachen. Freie Handwerker sollen wie-der für vogelfrei erklärt und unter staat-licher Aufsicht weiter als Schwarzarbei-ter verunglimpft werden. Der Verzichtauf die Nutzung des ökonomischen Po-tentials gründungsfähiger Nichmeistertragen ja die Sozialkassen. Mit grenzen-losem Verbandsegoismus wird immerwieder versucht, alles so hinzuwursteln,dass es trotz Ratlosigkeit und Pleitenweiter geht. Vor allem handwerklich be-gabten Arbeitslosen wird so jede Chan-ce genommen, auf eigene Füsse zukommen. Dass deren Teilhabe am Wirt-schaftsleben davon abhängt, ob es ei-nem Handwerksverein nicht in denKram passt, ist ein Skandal.

Weil der Kuchen zwischen einer ge-werkschafts- und konzernpolitisch ideo-logisierten Wirtschaft fest aufgeteiltbleiben soll, ist auch ein Teil der Linkenfür den Zwang zum Meisterbrief. In ei-ner großen Koalition würde die ewigewechselseitige Blockadehaltung zu ei-ner Machtbalance des Stillstands füh-ren, unter dem Beifall rechter wie linker

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Position Wirtschaftspolitik

Eine Gefahr für die Demokratie entstün-de meines Erachtens insbesondere dann,wenn es durch eine verfehlte Wirt-schafts- und Sozialpolitik zu einer dau-erhaften Spaltung der Gesellschaftkäme. Eine Spaltung in Insider einer-seits, die sich in einer entsolidarisiertenGesellschaft aufgrund ihres sozialen undökonomischen Kapitals behaupten kön-nen und in die Menschen andererseits,die rausgefallen sind und aufgrund feh-lender Förderung auch keine Chance ha-ben, in den Arbeitsmarkt und die Gesell-schaft zurück zu kommen. Eine derartigeSpaltung ist bei Union und FDP im An-satz angelegt, wie manan den Plänen zur weit-estgehenden Abschaf-fung der aktiven Arbeits-marktpolitik exemplarischsehen kann.Freibrief:Kanzlerkandi-datin Merkel spricht da-von, dass eine neue Grün-derzeit vorstellbar sei. IhreAdjudanten verkündenschon die Stärkung desMeisterbriefzwangs, dasEnde der Ich-AG undRückkehr zur Atomener-gie. Müssen wir am wirt-schaftspolitischen Sachver-stand der CDU zweifeln?Dückert: Ja. Man kannsogar noch mehr Bei-spiele aufzählen: Die angestrebte Erhö-hung der Mehrwertsteuer zum jetzigenkonjunkturellen Zeitpunkt zeugt eben-falls von ökonomischer Inkompetenz.Der Roll-Back der CDU würde Deutsch-land viele, gerade zukunftsgerichtete Ar-beitsplätze kosten. In den erneuerbarenEnergien arbeiten heute 130.000 Men-schen; weit mehr Menschen als in derAtom- und Kohleindustrie. Insgesamt ar-beiten heute ca. 1,5 Millionen Menschenim Umweltschutz. 268.000 Menschenhaben mit der Förderung des Existenz-gründungszuschusses den Sprung ausder Arbeitslosigkeit heraus gewagt. DieZahl der Selbstständigen steigt ebensowie die Zahl der Handwerker – insbe-sondere in den Berufen, in denen derMeisterzwang aufgehoben wurde. Alldiese Erfolge werden durch das rück-wärtsgewandte Programm der Union inFrage gestellt.

Freibrief: Warum ließ sich keine Wende aufdem Arbeitsmarkt mit den rot-grünen Re-formen erreichen?Dückert: Die bisherigen Arbeitsmarktre-formen verbessern die Arbeitsvermitt-lung, die Betreuung und Beratung unddie Förderung der Eingliederung in denArbeitsmarkt. Für die Beendigung desPhänomens der Massenarbeitslosigkeitsind dies notwendige Schritte. Sie rei-chen jedoch nicht aus. Darüber hinausist ein Beschäftigungswachstum not-wendig, das neue Chancen am Arbeits-markt eröffnet und mit unseren Vorstel-lungen einer gerechten und

zukunftsfähigen Gesell-schaft vereinbar ist. Es ist deshalb wichtig,sich zu fragen, wo neueBeschäftigungschancenliegen und wie sie er-schlossen werden kön-nen. Gerade in den in-novativen Beschäftigungs-feldern wie Gesundheit,Bildung, Betreuung,Kommunikation, Um-welt und neue Energienliegen noch viele unge-nutzte Beschäftigungs-chancen. Diese Arbeits-plätze lassen sichbeispielsweise durcheine gezielte Entlastungkleinerer Einkommen

von Lohnnebenkosten, wie wir es vor-schlagen, erschließen. Freibrief: Können sie uns einen Rat geben,wie wir mit so einer rückwärtsgewandtenHandwerkspolitik als Verband freier undökologischer Handwerker umgehen sollen?Dückert:Verschaffen Sie sich Gehör. Zei-gen Sie die Leistungen und Erfolge IhrerMitglieder auf. Bündnis´90/Die Grünenwerden sich für weiteren Bürokratieab-bau gerade auch im Handwerk einset-zen. Der Meisterzwang muss in noch vielmehr Berufen fallen, ebenso wie dieZwangsmitgliedschaft in den Industrie-und Handwerkskammern. Die Förde-rung der Selbstständigkeit gerade aus derArbeitslosigkeit heraus muss weiterge-führt werden. Wenn Sie diese Maßnah-men aus Ihrer Erfahrung heraus unter-stützen, lautet mein Rat: Wählen SieGrün.

Die Fragen stellte Wilhelm Mertes

Thea Dückert, in Berlin geboren, lebtin Oldenburg und gehört den Grünenseit 1985 an. Sie hat eine Doktorarbeitüber Beschäftigungspolitik geschriebenund ist als stellvertretende Fraktions-vorsitzende ihrer Partei im Bundestagfür Arbeit, Wirtschaft, Soziales und Fi-nanzen zuständig.

Traditionalisten würden Berge versetzt,um alles beim Alten zu belassen. DieDDR ist wegen der Ineffizienz der Plan-wirtschaft untergegangen. Die marktfer-nen Strukturen, für deren Erhalt derZDH kämpft, überleben als solide Wirt-schaftspolitik getarnt. Denn schließlichsichert die Huldigung an überkomme-nes Brauchtum den Konservativen Wäh-lerstimmen. Unabhängig davon, ob derMeisterzwang nach der Wahl verschärftwird oder nicht, die bloße Ankündigunggenügt, um eine Klientel zu befriedigen,die auf Sündenbock-Kampagnen wie dievon Koch gegen Ausländerprivilegienoder die von Stoiber gegen das Wahl-verhalten im Osten ansprechen sollen.

Keiner Regierung wird es gelingen,mit Rezepten von Vorgestern das Ruderherumzureißen, so wie Bestattete ihreneigenen Friedhof nicht verlegen können.An den Bürgern vorbei lassen sich nunmal keine Arbeitsplätze herbeischaffen.Wenn der Erfolg der Reformen eines be-legt, dann, dass die Menschen willensund in der Lage sind, sich selber Arbeit-plätze zu schaffen. Dazu müsste derKonsens darüber aufgegeben werden,dass Kammern und Behörden befugt sind,Marktteilnehmer zu bevormunden.

In diesem Punkt würde sich unter ei-ner CDU-geführten Regierung nichtsändern, im Gegenteil. Die rückwärts ge-wandten Manöver der CDU werden al-les bloß verschlimmbessern. Die Kräfte,die sich wie der BUH den Kammernentgegenstemmen, nehmen zwar zu,sind aber nicht stark genug, um die Rah-menbedingungen für die produktive Ge-neration beizeiten zu verbessern, bevoruns eine umgekehrte Alterspyramide al-len auf den Kopf fällt.

Motivierte Gründer gehören zu denwenigen, die Arbeitsplätze schaffenkönnen. Alteingesessene Firmen partout erhalten zu wollen und gegen Neu-gründungen wie Ich-AGs auszuspielen,wie es der ZDH pausenlos vorführt, istvöllig verfehlt. Von wegen Neuanfang.Der Versuch der Union, im Wahlkampfaus diesem Thema Profit zu ziehen,wird scheitern. Für freie Handwerker giltes mehr denn je, die Gewerbefreiheit alsGarant für eine florierende Wirtschaft zuverteidigen, solange diese im Handwerkdem Erhalt einer Organisation geopfertwird. WM

Fortsetzung BUHruf

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www.buhev.de6 FREIBRIEF NR. 2/2005

Gewerbefreiheit Reisegewerbe

Die vollständige Definition des Reise-gewerbes befindet sich in § 55 Abs. 1GewO:

„Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbs-mäßig ohne vorhergehende Bestellungaußerhalb seiner gewerblichen Niederlas-sung (§ 42 Abs. 2) oder ohne eine solche zuhaben

1. selbständig oder unselbständig in eige-ner Person Waren feilbietet oder Bestellun-gen aufsucht (vertreibt) oder ankauft, Leis-tungen anbietet oder Bestellungen aufLeistungen aufsucht oder

2. selbständig unterhaltende Tätigkeitenals Schausteller oder nach Schaustellerartausübt“.

Eine „gewerbliche Niederlassung“ istin § 42 Abs. 2 GewO so definiert :

„Eine gewerbliche Niederlassung ... ist nurvorhanden, wenn der Gewerbetreibende imGeltungsbereich dieses Gesetzes einen zumdauernden Gebrauch eingerichteten, stän-dig oder in regelmäßiger Wiederkehr vonihm benutzten Raum für den Betrieb seinesGewerbes besitzt“.

Darüber hinaus bedeutet der Begriffder „Niederlassung“, dass an diesem Ortein rechtlicher Sitz des Unternehmensbesteht, der förmlich den zuständigenBehörden mitgeteilt worden ist, z.B. als„Betriebssitz“ im Rahmen der Gewerbe-anmeldung oder als „Firmensitz“ bei ei-ner Anmeldung zum Handelsregister(als „Hauptniederlassung“ oder als„Zweigniederlassung“, vgl. §§ 13 – 13 hHGB).

Demnach macht das „stehende Gewer-be“ in erster Linie aus, dass es von einer„gewerblichen Niederlassung“ aus be-trieben wird. Außerhalb oder ohne ge-werbliche Niederlassung kann nur

- ein „Reisegewerbe“ betrieben wer-den, wenn die übrigen Voraussetzungen

gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 GewO vor-liegen (siehe oben), sonst

- ein „freies Gewerbe eigener Art“,wenn nämlich der Gewerbetreibendezwar „ohne ... Niederlassung“ tätig wird,er aber erst nach vorhergehender Bestel-lung (z.B. über Handy!) tätig wird.

Das Bundesverfassungsgericht hatausdrücklich festgestellt, dass grundsätz-

lich jedes Anlage A – Handwerk in vol-lem Umfang im Reisegewerbe betriebenwerden kann (Ausnahmen: WesentlicheTeile der Tätigkeiten der Augenoptiker,Hörgeräteakustiker und Orthopädietech-niker, vgl. § 56 GewO).

Entsprechendes gilt nach dem Grund-satz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)im „freien Gewerbe eigener Art“ (ohnefeste Betriebsstätte aber auf Bestellungarbeitend), das in gleichem Umfang be-trieben werden kannn

Nur ein „zum dauernden Gebraucheingerichteter“ Betriebsraum, der regel-mäßig benutzt wird, kann eine „Nieder-lassung“ sein, also zwar eine feste Werk-statt, aber nur wenn dort auch derrechtliche Firmensitz ist (vergleiche imübrigen die oben stehende Definition in§ 42 Abs. 2 GewO). Ein Baustellenwagenoder ein Lastwagen, die jeweils als voll-ständige Werkstatt eingerichtet sind undvon Auf-tragsort zu Auftragsort mitge-nommen werden, sind keine Niederlas-sung, weil sie einerseits kein „Raum“ imSinne des § 42 Abs. 2 GewO sind und an-dererseits kein rechtlicher Firmensitzsein können. Beides setzt einen festenOrt voraus, keine mobile Einheit.

Aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 GewOergibt sich, dass ein stehender Gewer-be-betrieb und ein Reisegewerbe nebenein-ander betrieben werden können. Der Ge-setzgeber hat den Wortlaut im Jahre1960 ausdrücklich so geändert, um eine

Ungeahnte Möglichkeiten der meisterfreien Selbständigkeit in fast allen GewerkenHandwerker fallen fast aus allen Wolken, wenn sie hören, welche Freiheiten sie im Reisegewerbe haben!

Der Handwerksrechtexperte Horst Mirbach beantwortet die zehn wichtigsten Fragen zum Reisegewerbe.

Was konkret macht ein stehendes Gewerbeaus, was ein Gewerbe als Reisender?

Was ist eine „Niederlassung“? Ist eineWerkstatt eine „Niederlassung“ ? Ein Werk-stattwagen?

Warum ist es kein Widerspruch, ein stehen-des Gewerbe und ein Reisegewer-be gleich-zeitig zu betreiben? Was bedeutet eineNiederlassung für einen Reisegewerbler?

Wilhelm Busch:Der neidische Handwerksbursch

Die Politik ist sehr belehrend.Der Wohlgeruch ist manchmal störend.

Die Zeitung ist oft int'ressant.Ein Hähnerl nimmt man gern zur Hand.

Das Hähnerl hier ist für den Dicken.Der Handwerksbursch' fühlt Magenzwicken.

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Unternehmergeist

www.buhev.de FREIBRIEF NR. 2/2005 7

Reisegewerbe Gewerbefreiheit

klare Abgrenzung des Beginns von Rei-segewerbe zu haben (und so frühereStreitigkeiten zu beenden). Ein Reisege-werbetreibender kann daher auch eineNiederlassung besitzen, ein „stehenderGewerbebetrieb“ nach § 1 Abs. 2 HwOkann auch ein Reisegewerbe betreiben.Je nach Betriebsart müssen aber die be-treffenden Vorschriften eingehalten wer-den:� Wenn ein Meister, der ein meister-pflichtiges Anlage-A-Handwerk als ste-henden Gewerbebetrieb betreibt, zusätz-lich im Reisegewerbe tätig sein will, sobenötigt er eine Reisegewerbekarte (vgl.§ 55 Abs. 2 u. 2 GewO).

Beispiel: Ein Glasermeister hört in sei-nem Betrieb in Nürnberg regelmäßig dieWettermeldungen über Hagelschläge abund sobald größere Schäden an einemOrt in Süddeutschland gemeldet werden

läd er einen großen LKW voll mit Glas,fährt im Schadensgebiet von Gärtnerei zuGärtnerei und bietet sofortige Reparatu-ren an. Er (oder der von ihm entsandteMitarbeiter) muss eine Reisegewerbekar-te mit sich führen (vgl. § 60 c GewO)

� Ebenso kann ein Reisegewerbetreiben-der eine Niederlassung betreiben:

Wird in der Niederlassung ein meis-terpflichtiges Anlage-A-Handwerk be-trieben, so müssen die betreffenden Vor-schriften der Handwerksordnungbeachtet werden.

Wird in der Niederlassung aber nur einAnlage-B-1- oder -B-2-Gewerbe (Hand-werk ohne Meisterpflicht oder hand-werksähnliches Gewerbe) betrie-ben, sosind dort nur die Voraussetzungen fürdiese Betriebe zu erfüllen, auch wenn imReisegewerbe selbst ein Anlage-A-Hand-werk betrieben wird. Hieraus ergibt sichdie Möglichkeit attraktiver Kombinatio-nen, in denen der stehende Gewerbebe-trieb nach Anlage-B-1 oder -B-2 als „Tür-öffner“ für zusätzliche Angebote imWege des Reisegewerbes dienen kann :

Beispiel 1: Ein Tischlergeselle übt dasmeisterpflichtige Tischler-Handwerk imReisege-werbe aus und betreibt danebenvon einer Niederlassung aus das meister-freie Parkettleger-Handwerk. Geschäfts-kontakte, die über das Parkettleger-Hand-werk angebahnt werden, benutzt er, umvor Ort von sich aus zusätzliche Angebo-te als Schreiner im Reisegewerbe zu ma-chen.

Beispiel 2: Als stehendes Gewerbe wirdein Kosmetik-Studio betrieben, von demaus auch Hausbesuche (z.B. bei älterenoder viel beschäftigten Kunden) verein-bart werden zwecks kosmetischer Be-handlung. Vor Ort werden dann - im Rei-segewerbe - auch weitere oder alternativeAngebote aus dem meisterpflichtigen Fri-seur-Handwerk gemacht.

Beispiel 3: Als stehendes Gewerbe wirdBautentrocknung oder Holz- u. Bauten-schutz betrieben, anlässlich von Objekt-besichtigungen werden - im Reisegewer-be - zusätzliche oder alternative Angebotefür Leistungen der Maurer-, Stuckateur-oder Malerhandwerke angeboten.

Der Dicke schmaust, es perlt der Wein;Der Handwerksbursch' schaut neidisch drein.

Der Handwerksbursche unverwandtVertieft sich in den Gegenstand.

Auch das noch! - Es ist unerträglich! -Er flötet so leger wie möglich.

BUH bringt über 100 Betriebeim Reisegewerbe auf den Weg

Der Bedarf nach gangbaren Wegen indie Selbständigkeit führt immer mehrHandwerker zur Gründung von Betrie-ben im Reisegewerbe. Dass der Bedarfnach Information und Unterstützunggroß ist, bekommt der BUH e.V. deut-

lich zu spüren. In zig Telefonberatun-gen, per Email, in Seminaren undWorkshops klärte der Verband auf undhat sich zur Existenzgründerschmiedeim Reisegewerbe entwickelt. Auch daszweite Seminar in diesem Jahr zumHandwerk im Reisegewerbe war einvoller Erfolg.

Die Teilnehmer, die im Verdener Öko-zentrum zusammen kamen, warenauch dieses Mal wieder bunt gemischt.Von Ostfriesland bis Brandenburg, vonFreiburg bis Rendsburg, Friseurinnen,Kfz-Mechaniker, Möbelrestauratoren,Maurer, Maler und Elektrotechniker.Die Referenten gaben einen Überblicküber die Möglichkeiten und Bedingun-gen einer handwerklichen Tätigkeit imReisegewerbe. Das Ziel war klar: JederTeilnehmer sollte im Laufe des Semi-

nars ein auf seine persönliche Situationabgestimmtes Modell finden, sein Ge-werk gesetzeskonform im Reisegewer-be zu betreiben. „Verbraucher könnendem Reisegewerbetreibenden vertrau-en. Der Gesetzgeber bescheinigt mitder Reisegewerbekarte dem Inhaber diepersönliche Zuverlässigkeit und sichertdem Verbraucher ein 14-tägiges Rück-trittsrecht beim Haustürgeschäft zu",sagt Jonas Kuckuk, Vorstandsmitglieddes BUH. BUH

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Gewerbefreiheit Reisegewerbe

In allen vorgenannten Beispielsfällenist das Nebeneinander von nicht-meis-terpflichtiger Niederlassung und Anlage-A-Handwerk im Reisegewerbe zulässig!Es muss aber immer sehr deutlich zwi-schen beiden Betrieben unterschiedenwerden, dem stehenden Gewerbe einer-seits und dem Reisegewerbe anderer-seits. Das bedeutet :

- es muss immer getrennt abgerechnetwerden,

- die Betriebsräume des stehenden Ge-werbebetriebes dürfen nicht für Zweckedes Reisegewerbes benutzt werden und

- Terminvereinbarungen müssen sichimmer eindeutig auf die nicht-meister-pflichtigen Gewerbe beziehen. � Ein „freies Gewerbe eigener Art“ (ohnefeste Betriebsstätte aber auf Bestellungarbeitend, siehe oben zu Frage 1) kannebenfalls - wie im Falle des Reisegewer-bes - mit einer Niederlassung in einemnicht meisterpflichtigen Gewerbe ver-bunden werden.

Auch hier muss immer getrennt abge-rechnet werden und die Betriebsräu-meder nicht meisterpflichtigen Gewerbedürfen nicht zu Zwecken des „freien Ge-werbes eigener Art“ benutzt werden.

Hier dürfen aber Terminvereinbarun-gen auch für das „freie Gewerbe eigenerArt“ getroffen werden.

Ein „Wanderlager“ ist gemäß § 56 aGewO ein länger dauernder Aufenthaltvon Reisegewerbetreibenden zumZweck des Vertreibens von Waren. DerUnterschied des Wortlauts zwischen § 56a Abs. 2 und § 55 Abs. 1 GewO deutet dar-auf hin, dass der Gesetzgeber ein Ange-bot von Dienstleistungen zwar im Rah-men des normalen Reisegewerbes, nichtjedoch im Rahmen eines Wanderlagersvorgesehen hat.

§ 55 Abs. 2 GewO lautet : „Wer ein Rei-segewerbe betreiben will, bedarf der Er-laubnis (Reisegewerbekarte)“. Die Reise-gewerbekarte ist also formalrechtlich derErlaubnisschein zum Betreiben von Rei-

segewerbe und er dient gemäß den Ein-zelregelungen der folgenden Paragra-phen der Gewerbeordnung dem „Schutzder Allgemeinheit oder der Verbraucher“insbesondere für die Fälle, dass „der An-tragsteller die für die beabsichtigte Tätig-keit erforderliche Zuverlässigkeit nichtbesitzt“. Der Umfang der verbotenen Tä-

tigkeiten ist in den letzten Jahrzehntenimmer weiter beschränkt worden, sodass heute die Reisegewerbefreiheit dieRegel ist. Etwas Anderes wäre auch mitder Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1GG nicht vereinbar; Bürgern aus ande-ren EG-Staaten kann ein Reisegewerbe-verbot ohnehin nicht entgegen gehaltenwerden, da es der Dienstleistungsfreiheitgemäß Art. 49 ff EG-Vertrag wider-spricht, so wie sie vom Europäischen Ge-richtshof in ständiger Rechtsprechungausgelegt wird.

Der historische Grund für die im Jah-re 1869 (vor bald 140 Jahren!) eingeführ-te Reisegewerbekarte war, dass es damalskeine Personalausweise gab und Pässenur in seltenen Fällen, jedenfalls nichtfür „fahrendes Volk“. Die Identität eines„reisenden Gewerbetreibenden“ konntedaher nicht sicher festgestellt werden;man wusste bei einem Streit über seineWare oder Dienstleistung nicht sicher,mit wem man es zu tun hatte, wer vor Ge-richt zu ziehen war – bis die Reisegewer-bekarte als „Personalausweis für Reise-gewerbetreibende“ kam. Die Polizeihatte bei der Überprüfung der Anträgeauf Erteilung einer Reisegewerbekartezugleich eine gute Hand-habe, Kriminel-le - z.B. Hehler, die Diebesgut absetzenwollten - aus dem reisenden Volk auszu-sortieren um auch so für einen gewissen„Verbraucherschutz“ zu sorgen.

Das „Reisegewerbe“ ist eine deutscheEinrichtung. Daher gilt die „Erlaubniszum Betreiben von Reisegewerbe“ (§ 55Abs. 2 GewO) durch Erteilung der Reise-gewer-bekarte nur für Deutschland.

Außerhalb Deutschlands kann man imRahmen der Dienstleistungsfreiheit(Art. 49 ff EG-Vertrag) nach der ständi-gen Rechtsprechung des EuropäischenGerichtshofs grundsätzlich ohne natio-nale Einschränkungen tätig werden.Praktisch versuchen aber viele Staatenunterschiedliche formale Regelungenauch gegenüber Bürgern anderer EG-Staaten durchzusetzen. Dies ist einer derGründe für die Vorlage einer „Dienst-leistungsrichtlinie“ durch die EG-Kom-mission.

Drei Taler zahl der gnäd'ge Herr,Da ist der Wirt schon höflicher.

Die Sonne brennt, der Staub der weht;Der Dicke fährt, der Dünne geht.

Er zahl drei Kreuzer sehr verlegen,Stolz nimmt sie der Herr Wirt entgegen.

Der Dicke schlürft mit viel Gefühl; -Dem Handwerksburschen wird es schwül.

Was bedeutet ein „Wanderlager“?Ist die Reisegewerbekarte auch innerhalb derEU gültig?

Was ist der eigentliche Sinn einer Reisege-werbekarte? Warum wurde sie eingeführt?

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Reisegewerbe

Was ist dein Erfolgsgeheimnis?

Tja, mein Erfolgsgeheimnis. Alsoganz sicher ist: „Schrauben machtglücklich!“

Das habe ich schon den Erstsemes-tern in Hildesheim gesagt, um sie fürdie Selbsthilfewerkstatt zu werben. Lei-der haben viele dieses Glück an sichvorbeiziehen lassen.

Dann hat es mir sicher viel Erfolg ge-bracht, da zu sein, wo die kaputten Rä-der sind. Schon viele Leute haben mirgesagt, wenn jemand mit dem Rad zuUni fährt, dann wird das doch wohl hei-le sein. Haha! Womit Studenten versu-chen, den Weg zur Vorlesung zurück-zulegen, das muss man mal gesehenhaben.

Außerdem mache ich etwas Neues,was es in den Städten, in denen ich war,bisher noch nicht gegeben hat. Aller-dings gibt es mobile Reparaturservicein Münster, Berlin, Köln,... ich hab esalso nicht erfunden. Jetzt hänge ichdem ganzen einen Laden an und werdeauch mein Studium nicht verleugnen:Sobald wie möglich gibt es Kultur imFahrradladen in Form von kleinen Le-sungen und Konzerten, je nachdem,was der kleine Laden so hergibt. Ichhabe keine Lust, so was Altbackenesaufzumachen.

Ich hab’ für den Laden gerade einestaatliche Förderung beantragt und diekommen mit dem Konzept auch nichtso richtig klar. (Es wird halt kein Versi-cherungsbüro).

Aber das macht mir nichts. Die Leu-te, denen ich es bis jetzt erzählt habe,

finden es toll, und ichdenke, langweilige Lä-den gibt es genug.

Also ziehe ich meinDing durch, versuchenett zu den Kunden zusein (das schaffen auchnicht alle) und lass’mich mit meiner Idee

nicht unterkriegen (vor allem in dieRichtung hat mir der BUH den letztenTritt gegeben).

Das ist ja mal ganz schön viel gewor-den. Ich glaube, ich kann es nicht kür-zer ausdrücken. Wahrscheinlich ist eseine Lebenseinstellung. Ingo Witte

Gewerbefreiheit

Die mobile Schaltzentrale von IngoWitte ist ein VW Bully. Der mobile Fahr-radreparateur hat darin seine gesamteWerkstatt untergebracht, jedes erdenkli-che Schräubchen, Schläuche in allen Va-rianten, ein paar generalüberholte Fahr-räder zum Verkaufen. Mit seinem Bullyfährt er an drei Tagen in der Woche zuseinen Standorten an den Hochschulen

von Hannover, Hildesheim und Osnab-rück. Die „Schaltzentrale“ hat sich dortinzwischen einen Namen gemacht. „Ichstehe da von 11 bis 16 Uhr, ab 1 Uhr kannich aber oft keine Reparaturaufträgemehr annehmen“, sagt Ingo.

Das Schrauben hat er sich selber bei-gebracht. Als sein erstes Rennrad ausdem Rahmen fiel, hat er einfach einenneuen bestellt und alles andere selberwieder dran montiert. Seitdem lässt ihndas nicht mehr los. Ein Fahrradfreak, derin fünf Tagen nach Paris radelt oder auchmal über die Pyrenäen.

Seit vier Jahren ist er selbständig. Zu-vor hat er in einer Selbsthilfewerkstatt ander Uni mitgemacht. Den letzten Schliffhat es der Autodidakt als Aushilfe in ei-ner Fahrradwerkstatt bekommen. „DieWerkstatt war super gut und der Meisterhat mir viel beigebracht“, erzählt er. Nur

leider konnte er nur auf Abruf arbeiten,und das meistens nur im Sommer. „Mei-ne Mitbewohnerin meinte damals,mach’ dich doch selbständig“. Das hat erdann gemacht, nebenbei zum Studium.Da er nicht einfach eine Werkstatt auf-machen kann, obwohl er längst das Zeugdazu hat, kam er auf den BUH und da-mit auf das Reisegewerbe. In seinem Me-tier liegen die Kunden ja quasi auf derStraße.

Manchmal hilft ihm sein Bully auchbei der Entscheidungsfindung. Auf demRückweg von der Mitgliederversamm-lung im Frühjahr auf der Burg Ludwig-stein ging der Motor kaputt. „Das solltesoviel Kohle kosten, dass ich mich ent-scheiden musste, Studium oder selb-ständig. Ich habe mein Studium ge-schmissen“, verkündet der 30jährigeEx-Student der Kulturwissenschaftenmit Schwerpunkt „ästhetische Praxis“.Da ist ihm die praktische Arbeit an denZweirädern doch näher.

Demnächst eröffnet er in seiner Hei-matstadt Georgsmarienhütte einenFahrradladen. Aber nur nachmittags.Vormittags ist er immer noch die mobi-le „Schaltzentrale“, nachmittags dannHändler. „Am liebsten würde ich jaWerkstatt außen dran schreiben, dennich darf die Fahrräder in einer Werkstattreparieren, auch wenn sie sich im Ladenbefindet.“ Was der Reisegewerbler dage-gen nicht darf, ist fürsich zu werben. Aus-bilden darf er ohneMeisterbrief auchnicht, obwohl ihmdas sein ehemaligerLehrmeister schonangetragen hat. Derunterstützt ihn jetztbei seiner Unternehmung. „Er ist froh,dass ich jetzt nicht mehr nach Hildes-heim kommen werde, eine Konkurrenzweniger für ihn“, sagt Ingo Witte. Abernicht zu früh freuen. Die „Schaltzentra-le“ wird expandieren und Schule ma-chen! Sabine Quenot

Mobile SchaltzentraleSein Reisegewerbe macht Schule: die mobile Fahrradwerkstatt von

Ingo Witte. Die Kunden liegen ja gewissermaßen auf der Straße

Portrait

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Reisegewerbe

Von Seiten der Handwerksorganisatio-nen wird häufig der Eindruck erweckt,werben dürften nur niedergelasseneHandwerksbetriebe. Das ist falsch. Wer-bung ist ein traditionelles Element desReisegewerbes!

Das Bundesverfassungsgericht hat inseiner Entscheidung vom 27.09.2000 -BvR 2176/98 - zum Reisegewerbe fest-gestellt, „dass die Initiative zur Erbrin-gung der Leistung vom Anbieter aus-geht“.

Bei dieser „Initiative“ handelt es sichaber nicht um den formellen Akt des Ver-trags-angebots, das der Vertragspartnerdurch das einfache Wort „Ja“ oder „Ein-verstanden“ annehmen kann, sonderngerade um die Werbung !

Beispiel: Früher liefen die Scheren-schleifer mit ihren kleinen Karren durchdie Straßen, läuteten mit einer Handglo-cke und riefen Werbesprüche. Dann ka-men die Leute aus den Häusern mit Mes-sern und Scheren und sagten: „SchleifenSie die bitte“ (das war ihr Vertragsange-bot) und der Scherenschleifer antwortete„Ja, gleich“ (das war die Annahme desVertagsangebots).

Bei „Kesselsflickern“, Korbflechtern,Altwarenhändlern, Wanderzirkussen,reisenden „Badern“ (Friseuren, die auchZahnbehandlungen u.a. vornahmen)und vielen anderen war der Ablauf ähn-lich: Zuerst eine lautstarke oder sonstsehr auffällige Werbung (Parade, De-monstration einer Zahnbehandlungz.B.) um auf sich aufmerksam zu ma-chen, dann der eigentliche Vertragsab-schluss, eingeleitet vom Kunden!

Werbung ist also gerade ein traditio-nelles Element des Reisegewerbes! DasReisegewerbe ist in der Regel nicht auf ei-nen einzelnen Kunden zugegangen, son-dern zielte mit seiner Werbung auf einegrößere Menschengruppe, hat sein Wa-ren- oder Dienstleistungsspektrum allenvorgestellt. Dann sind die Leute zu denReisegewerbetreibenden gegangen, an

deren kurzfristigen Aufenthaltsort, nichtumgekehrt. Die Menschen gingen aufdie Straße, wo die Scherenschleifer wa-ren, zum Zeltplatz, wo der Zirkus logier-te. Daher gilt auch heute: Für Reisege-werbe darf in vollem Umfang geworbenwerden, auch unter Angabe eines befris-teten Aufenthaltsortes! Es muss nur klarsein, dass Reisegewerbe betrieben wirdund nicht ein stehendes Gewerbe.

Grundsätzlich ist jede Form der Wer-bung zulässig, die dieser Forderung nachKlarheit entspricht. Als moderne Varian-ten der lauten Glocke ist daher z.B. fol-

gende Werbemaßnahme zulässig, alsAnzeige in der Lokalzeitung, als Aus-hang oder in anderer Weise:

Beispiel: „Fritz Holz - Zimmermann imReisegewerbe. Vom 3. bis 15. April bin ichin X-dorf und Umgebung (dortige Adres-se ..., Mobiltelefon-Nr. ...) und werde beikünftigen Bauherren vorsprechen. Ichhabe beste Referenzen. Bitte berücksich-tigen Sie mich bei der Auftragsvergabe“.

Auch die entsprechende Werbeauf-schrift auf dem mobilen Werkstattwagenoder auch auf dem privaten Pkw „FritzHolz - Zimmermann im Reisegewerbe.

Der Handwerksbursche froh und frei,Ruht sanft im duft'gen Wiesenheu.

Der Dicke aber - autsch! mein Bein! -Hat wieder heut' das Zipperlein.

Ist Werbung im Reisegewerbe überhauptmöglich? Wie darf ein Reisegewerbetrei-bender werben? Wie darf ein Reisegewerbe-treibender sein Gewerbe nach außen dar-stellen? Kfz-Beschriftung? Visitenkarten?

SatireAgenda 2010 ohne Schröder

Es wäre doch toll, wenn sich alle Lob-byisten so erfolgreich durchsetzen wür-den wie der ZDH. Gewerbefreiheit wür-de damit gänzlich aus demökonomischen Vokabular gestrichen.Dann gäbe es gar kein freies unterneh-merisches Engagement mehr. KeinNewcomer oder gar Konsument würdeden Großunternehmen ihren Marktmehr madig machen können.

Stellen wir uns doch mal vor, was pas-sieren würde, wenn andere halbwegswichtige Verbände es künftig ebensoschaffen würden, Peterchen Müller vonihren Sonderwünschen zu überzeugen:Hätte beispielsweise der Gaststätten-verband den gleichen Einfluss auf einePartei wie der ZDH, dann könnte diekomplette Systemgastronomie per Par-teibeschluss nach Amiland zurück be-ordert werden. Wie praktisch, adeMcDonalds, Pizza Hut, Starbuck's undCo, stattdessen Schweinshaxe mit Plas-tikbrötchen für Jedermann.

Auch Ikea, nebenbei zum drittgrößtenGastronomiebetrieb der Republik avan-ciert, hätten die Restaurantvertreterdann unter Beifall der Handwerkskam-mern gleich mit erledigt, denen sicherschon immer ein Dorn im Auge ist, dassdie dort gekauften Möbeln garantiertnicht unter Meisteraufsicht zusammengeinbust werden. Die Möbelindustrie-verbände könnten mit Verweis auf denwirtschaftlichen Schaden für die deut-sche Eckbank und Schrankwand Groß-märkte dieser Art dann endgültig ge-setzlich verbieten lassen und bis 1977zurück Schadensersatz pflichtig ma-chen. Welch ein Wohlgefühl.

Wenn Lobbyarbeit einmal so effektivist, kann man sich Wirtschaftspolitikganz sparen. Die Agrarindustrie bringtAldi und Lidl europaweit zu Fall, Bau-konzerne und Baumärkte übernehmendas Bauministerium. Die deutsche Auto-ndustrie wird von ihren chinesischenEignern filetiert. Strom kommt wiederaus Atomkraftwerken, die sich zu Für-stentümern wie Lichtenstein erklären,nachdem sie mit Staatsknete errichtetworden sind. Die Petroindustrie über-nimmt alle Verkehrsminis- terien welt-weit und zusammen mit den Islamistensämtliche arabischen Ölfelder. WM

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Gewerbefreiheit

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Reisegewerbe

Mobiltelefon-Nr. ...“, eventuell ergänztum bestimmte Arbeiten („Dachausbau,Car-Ports etc“) ist zulässig.

Gleiches gilt für Visitenkarten im Klei-nen wie Werbung im Lokal-Radio oder -Fernsehen im Großen. Alle diese For-men sind zulässig, weil Werbung einetraditionelle Form des Reisegewerbes ist,„Initiative“ zu zeigen gegenüber denmöglichen Kunden.

Der Reisegewerbetreibende sollte dasGespräch möglichst schnell abbrechenoder auf ein anderes Thema lenken, sodass es nicht zu einem inhaltlichen Ge-spräch über den Gegenstand des Reise-gewerbes kommt :

- Zum einen könnte der „Neukunde“ein Scheinkunde im Auftrag der Hand-werkskammer, der Innung des Zollsoder der Gewerbebehörden sein, der denReisegewerbetreibenden „aufs Glatteis“locken möchte.

- Zum anderen bedeutet es tatsächlich,dass nicht mehr Reisegewerbe vorliegt,wenn der Kunde die Initiative ergreift.Hier gilt das vom Bundesverfassungsge-richt in einer Entscheidung vom27.09.2000 - 1 BvR 2176/98 zum Reise-gewerbe Ausgeführte.

Es steht dem Reisegewerbetreibendenaber frei, nach Abbruch dieses ersten Ge-sprächsversuchs von sich aus auf denAnrufer zuzugehen und ein korrektesAngebot zu machen, das dann allen Kri-terien des Reisegewerbes entspricht.

Grundsätzlich sollte ein Reisegewerbe-treibender seine telefonischen Kontaktenur über Mobilfunk abwickeln.

Grundsätzlich nein, denn bei der öf-fentlichen Ausschreibung geht die Initi-ative vom Auftraggeber aus, er ist es, derausschreibt. Hier ist wesensgemäß ein„Reisegewerbe“ in der Regel nicht mög-lich.

Der Reisegewerbetreibende kann aller-dings eine öffentliche Ausschreibung

zum Anlass nehmen, von sich aus einAngebot zu machen, das nicht direkt aufdie Ausschreibung antwortet, z.B. einAngebot einer einfacheren und kosten-günstigeren Alternative. Findet der Aus-schreibende dieses Angebot interessant,so kann er die ursprüngliche Ausschrei-bung aufheben. Macht er dann die Alter-native des Reisegewerbetreibenden zumGegenstand einer neuen Ausschreibung,so darf der Reisegewerbetreibende hiermitbieten, denn diese Ausschreibunggeht ja auf seine Initiative zurück !

Eine ganz andere Frage ist, ob ein Rei-segewerbetreibender in der Lage ist, ei-nen großen Auftrag auszuführen (dennnur solche werden in der Regel ausge-schrieben!). Meist dürfte dies nicht vonvornherein der Fall sein; erst durch An-werben von Mitarbeitern und Unterauf-tragnehmern nach Auftragserteilungkönnte eine ausreichende Leistungsfä-higkeit hergestellt werden. Diese Aus-sicht dürfte aber einem skeptisch prü-fenden Ausschreibenden meist nichtausreichen, so dass wegen Zweifeln ander Leistungsfähigkeit des Anbietersdem Reisegewerbetreibenden i.d.R. derAuftrag nicht erteilt werden dürfte.

Nein! Früher durfte das Friseurhand-werk im Reisegewerbe gemäß § 56 Abs.1 Nr. 5 GewO zwar nur von Meistern aus-geübt werden. Diese Vorschrift wurdeaber durch Art. 4 Nr. 1 des Dritten Ge-setzes zur Änderung der Handwerksord-nung mit Wirkung vom 01.01.2004 auf-gehoben. Seither gilt:

Auch das Friseurhandwerk kann imReisegewerbe von jedermann ausgeübtwerden!

Horst Mirbach ist Kommentator der Handwerksordnung.

Gilt für Friseure im Reisegewerbe etwas Be-sonderes?

Was kann ein Reisegewerbetreibender ma-chen, wenn ihn ein Neukunde auf seiner pri-vaten Festnetznummer anruft?

Darf ein Reisegewerbetreibender an öffent-lichen Ausschreibungen teilnehmen?

Hab 8Reisender Meister

Den Freibrief-Fragebogen beanwortetdieses Mal:

Christian Purucker, ZimmerermeisterF.V.D., 25 Jahre alt, seit 2005 im BUH,lebt und arbeitet im Fichtelgebirge undder ganzen Welt.

Warum bist Du im BUH? Ärger mit HWK Oberfranken wegenVerweigerung, mich in die Handwerks-rolle A eintragen zu lassen; möchtedurch den BUH mit Einfluss auf dieGewerbefreiheit nehmen.

Dein Handwerk?Zimmererarbeiten und spezialisiert aufKunsttreppenbau im Reisegewerbe

Wo gelernt?In einer Innungszimmerei im Fichtel-gebirge.

Schönste handwerkliche Tätigkeit?… ist für mich der Treppenbau.

Wo möchtest du arbeiten?Überall da, wo sich gute Arbeit für gu-tes Geld bietet.

Wie möchtest du arbeiten?Mit scharfem Werkzeug.

Dein persönliches „Meisterstück“?Bogentreppe in Bokel bei Neumünster,Schleswig-Holstein

Wo willst du hin?in Ruhe arbeiten können, ohne vonmehr oder weniger sinnlosen Institu-tionen behelligt zu werden.

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Gewerbefreiheit

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Steuersplitter

VorsteuerAm 10.2.05 hat das BFH entschieden,dass die gesamte Vorsteuerbeträge beiBewirtungskosten abgezogen werdendürfen. Also bei allen Bewirtungen kannnun der volle MWSt-Betrag in Abzug ge-bracht werden. Vom Nettobetrag könnendann allerdings nur 70% als Betriebs-ausgaben geltend gemacht werden.

Haushaltsnahe Dienstleistungenkönnen privat steuerlich geltendgemacht werdenHandwerksarbeiten, die nur vom Fach-mann ausgeführt werden dürfen, sindhiervon ausgenommen. Klein- oderSchönheitsreparaturen und Wartungsar-beiten sind absetzbar. Das bedeutet fürMinderhandwerk, das diese Leistungenabsetzbar sind. Reparaturen von Haus-haltsgeräten sind allerdings gänzlichausgeschlossen. Alle Malerarbeiten sindabsetzbar. Lieferung von Warenlieferun-gen sind ebenfalls ausgenommen.

E-Mail-Rechnungen Bei E-Mail Rechnungen können dieUnternehmen keine Vorsteuer ziehen.Die Finanzämter befürchten Umsatz-steuerbetrug. Der Finanzminister stelltklar, dass nur Rechnungen mit einerqualifizierten elektronischen Signaturerlaubt sind. Durch die Signatur soll dieeindeutige Zuordnung zum Absenderermöglicht werden können. Ist dies mög-lich, kann man die Rechnungen nur perMail versenden.

AnsparrücklageFür geplante Investitionen wie Auto oderMaschinen bilden Freiberufler eineRücklage in Höhe von max. 40% der vor-aussichtlichen Kosten, max. 154 000Euro. Die Rücklage spart Steuern ohnedas Geld fließen muss.

Langzeitarbeitslose dürfen künf-tig mehr hinzuverdienenDie neue Regelung soll einen größerenAnreiz für gering bezahlte Jobs schaffen(SPD u. CDU haben sich geeinigt).

Es handelt sich um eine Hartz IV Ar-beitsmarktreform (Verbesserung der Zu-verdienstgrenzen). Es soll einen grund-sätzlichen Freibetrag von 100 Eurogeben, der mit dem Arbeitslosengeld 2nicht verrechnet wird. Was darüber hin-ausgeht, darf bis 800 Euro Bruttoein-nahmen zu 20% behalten werden undwird nicht angerechnet. Wer mehr als800 Euro verdient, darf nur noch 10% be-halten ohne Anrechnung. Bei der Neu-regelung darf eine Arbeitsloser nun doch

160 Euro behalten, wenn er einen Mini-job von 400 Euro ausübt. Von 1000 Eurobleiben 260 Euro anrechnungsfrei .

Lukratives Sparmodell für das ArbeitszimmerErrichtet ein Unternehmer mit seinemEhepartner ein Wohnhaus, das er teilsprivat, teils beruflich nutzt, kann er beiden Herstellungskosten des Gebäudesdie volle Vorsteuer für das Arbeitszim-

mer geltend machen. Das gilt laut EuGHauch dann, wenn die Rechnungen für dieBauleistungen nicht auf ihn, sondern aufbeide Partner ausgestellt wurden.

Elektronische Belege Kontoauszüge und Steuerbescheinigun-gen, die nur per E-Mail versand und aufdem PC gesammelt werden, haben oftbei Steuererklärungen keine Relevanz,weil die Behörden nur gedruckte Versio-nen der Banken akzeptieren. Papierformist zwingend vorgeschrieben bei Betrie-ben, die zur Buchführung verpflichtetsind. (Bilanz erstellen)

Keine SippenhaftBei unklaren Zuordnungen von z.B.Zinseinnahmen darf das Finanzamtnicht einfach pauschal die Einnahmenauf die Eheleute verteilen. FG Nieder-sachsen hat entscheiden, dass die Behör-de genau ermitteln muss, wer welchenAnteil hat.

Therapie, Schulgeld, DienstkleidungKosten für eine Therapie sind steuerlichabsetzbar, soweit sie die Krankenkassenicht bezahlt hat. Das gleich gilt fürSchulgelder im Ausland, jedoch nur biszu 30%.Die kostenlose Überlassung von Dienst-kleidung an Arbeitnehmer stellt keinesteuerpflichtigen Arbeitslohn dar; auchdann nicht , wenn es keinen Uniform-charakter oder Firmenemblem die Klei-dung prägt.

Zusammengestellt von Manfred Lohse

Neue Steuersätze und Beträge

� Der Steuer für die Einkommensteuerist auf 15% ab 7665 Jahreseinnahmengesenkt worden. Bis 7664 pro Person(Eheleute 14470 ) Gewinn im Jahr mussman keine Einkommensteuer zahlen.

� Der Sparerfreibetrag liegt bei 1370 .Kinder die noch zur Schule gehen, oderin der Ausbildung sind dürfen bis zu7680 dazu verdienen, ohne dass dasKindergeld wegfällt. Dies ist wichtig,wenn man Praktikanten beschäftigt undein kleines Entgelt zahlt.

� Eingangssteuersatz:15%

�Spitzensteuersatz. 42%.

� Umsatzsteuerfreier Verkauf:1. Jahr: 17.500 2. Jahr: 50.000 nach § 19 UStG

� Buchführung für Kleinunternehmer:Umsatz 350.000 oder 30.000 Ge-winn, dann nur Einnahmeüberschuss-rechnung (2005 neues Formular!)

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Gewerbefreiheit

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Rechteck

Kein Risiko bei Ebay & Co

�Verbindlicher VertragAuch bei Internet-Auktionen schließenKäufer und Verkäufer wirksame Verträ-ge ab. Käufer müssen die Ware zumHöchstgebot abnehmen, Verkäufer sindzur Herausgabe des Artikels verpflich-tet, auch wenn das Höchstgebot deutlichhinter ihren Erwartungen zurückbleibt.(BGH AZ VII ZR 13/01)

�WiderrufsrechtErsteigert der Käufer einen fabrikneuenArtikel von einem gewerblichen Händ-ler, kann er die Ware innerhalb von 14Tagen ohne Angabe von Gründen zu-rücksenden. (BGH AZ VIII ZR 375/03Klärt der Verkäufer den Kunden hierü-ber nicht auf, besteht das Widerrufs-recht unbefristet. Hat der Kunde bereitsbezahlt, darf er die Ware bei einem Wertvon über 40 Euro unfrei zurücksenden.

�PowersellerOb ein Verkäufer ein gewerblicherHändler ist, entscheiden Gerichte imEinzelfall nach bestimmten Kriterien,z.B. wer ständig über Intenet-Plattfor-

men Waren verkauft, mehrere Artikelder gleichen Art vorhält und sich selbstals Powerseller bezeichnet.

�Sichere ZahlungVor allem bei größeren Beträgen solltenKunden nur gegen Rechnung nach Er-halt der Ware zahlen. Wer sicher gehenwill, nutzt den Ebay-Treuhandservice.Den Kaufpreis erhält der Verkäufer erstdann vom Treuhänder, wenn der Käufergrünes Licht gibt. Dieser Service kostetdem Käufer bei einem Bestellwert z.B.von 500 Euro aber 5 Euro.

�Spurensuche im InternetDie Versteigerung von Handwerkerauf-trägen im Internet boomt! Dies ruft dieFahnder auf den Plan. Dass Auftragge-ber und Auftragnehmer anonym agie-ren, stellt für sie kein Problem dar, dennbei Verdacht auf Schwarzarbeit kann derechte Namen ermittelt werden. Verstei-gerungen gibt es z.B. bei Jobdoo.de, Un-dertool.de und Letsworkit.de. Die Fahn-der haben auch private Auftraggeber imVisier. Sie müssen Handwerkerrech-nungen zwei Jahre aufbewahren, sonstdroht ein Bußgeld bis zu 500 Euro.

Achtung bei der Erteilung derReisegewerbekarte

Eine Analyse der Reisegewerbekartenbeim Seminar zum Reisegewerbe in Ver-den hat ergeben, dass fast alle Reisege-werbekarten falsch von den Behördenausgefüllt sind.

Eine Reisegewerbekarte muss Folgen-des enthalten:1.) Feilbieten von... Ankauf von...>falls gewünscht2.) Aufsuchen von Bestellungen auf...>Pflichteintrag, damit die Arbeit späterbegonnen werden kann3.) Anbieten von.... Aufsuchen von Be-stellungen auf.... Leistungen

Bitte prüfen Sie Ihre Reisegewerbekar-te. Punkte 2 und 3 sollten unbedingt aus-gefüllt sein. Wenn Sie Probleme bei derÄnderung haben oder Fragen dazu, mel-den Sie sich bitte bei der Rechtsanwalts-hotline des BUH.

Installateurverzeichnisse rechts-widrig

Installateurverzeichnisse für Gas,Wasser und Elektrizität sind verfas-sungswidrig und europarechtswidrig.Wir haben dazu im BUH eine Arbeits-gruppe eingerichtet. Wer auch davonbetroffen ist, kann sich im Büro in Ver-den melden und mitarbeiten.

Meisterzwang verstößt gegenMenschenrechte – Beschwer-den beim Europäischen Ge-richtshof für Menschenrechte inStraßburg

Etwa zehn Beschwerden haben dieAnwälte im BUH, Hilke Böttcher undWalter Ratzke eim EMRK eingereicht.Sie vertreten die Ansicht, dass derMeisterzwang und einzelne eklatanteEinzelheiten wie z.B. Betriebsuntersa-gungen gegen die Menschenrechte ver-stoßen. Über die Verfahren berichtenwir demnächst im RECHTECK.

Texte dieser Seite von: Rechtsanwältin Hilke Böttcher

TabuzonenTabu Nr. 1: Büroräume des Handwerkers

Nach einemUrteil des Oberverwal-tungsgerichtes Rheinland-Pfalz kann dieHandwerkskammer (HWK) von einemHandwerker nicht die Vorlage von Rech-nungen sowie Auskünfte über dessenTätigkeiten verlangen. Dies ist deshalbnicht möglich, weil § 17 HwO (Aus-kunftsrecht der HwK) verlangt, dass derAuskunftspflichtige in die Handwerks-rolle einzutragen ist; er muss eintra-gungsfähig sein. Das bedeutet, derHandwerker muss selbständig sein under muss die persönlichen Voraussetzun-gen erfüllen (Meisterprüfung, Ausnah-

mebewilligung oder Ausübungsberech-tigung). Wenn also ein Handwerker we-der eine Meisterprüfung abgelegt hatnoch über eine Ausnahmebewilligungoder eine Ausübungsberechtigung ver-fügt, darf keine Auskunft verlangt wer-den! Denn mit dieser Auskunft will dieHWK nur erreichen, dass die zuständigeBehörde ein Ordnungswidrigkeiten-Ver-fahren gegen den Handwerker einleitet,und dafür steht das Auskunftsrecht derHWK nicht zur Verfügung (OVG Rhein-land-Pfalz, Urt.v. 16.01.1986 – 12 A115/85).

Steuerfahnder aus Hamburg be-schlagnahmten Akten einer Anwalts-kanzlei und sicherten sämtliche Daten.Jetzt hat das Bundesverfassungsgerichtdiese Aktion als rechtswidrig eingestuft.Begründung: Unbeteiligte Anwalts- undSteuerkollegen sowie unbescholtene

Mandanten würden in die Sache mithineingezogen. Es gelte, das sensibleVerhältnis zwischen Berater und Man-dant zu schützen. Die Verwendung vonBeweisen, die auf diesem Weg ermitteltwurden, ist unter solchen Umständenverboten.

Tabu Nr. 2: Anwaltskanzlei

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Handwerk

www.buhev.de14 FREIBRIEF NR. 2/2005

Gewerkreport

Blechner, Flaschner, Spengler...Soviel Namen wie für das Klempner-

handwerk kennt keine andere Zunft. Esgib Blechner, Flaschner, Spengler. Siesind regional unterschiedlich, leiten sichmeistens aus den Berufsinhalten ab. Fla-schner fertigten Feld- und Pulverflaschen,Flaschen und Gefäße aus Metall, währendBlechner mit Blech arbeiteten. Klempnerund Spengler haben die alten Bezeich-nungen Blechschmied und Spangenma-cher ersetzt. "Ferblantier", "Zingueur""Couvreur" heißt er in Frankreich; "Sheetmetal worker" in England, „Platslager" inSchweden und "Blikkslager" in Nor-wegen. In allen Namen ist immer der Be-zug zum Blech enthalten. 1979 auf demersten deutschen Klempnertag in Hanaugab es den Versuch, eine einheitliche Be-rufsbezeichnung aufzustellen. Vergebens.

Erfindungen

230 v.Chr. Wasserführende Armatur: Me-chaniker in Byzanz erschuf erstmals Häh-ne mit unterschiedlichen Richtungen,Drei-Wege-Hähne 1775 Uhrmacher Cummings patentiertesSchieberklosett mit Spülwasserreservoirund Spülwasserventil 1810 Erfindung verzinktes Eisenblechdurch Königliche Eisengießerei zu Berlin,witterungsbeständiges Material1848 Niederschraub-Ventilhahn, erstmalsstoßfreie Absperrung ohne Rückschlägein der Leitung. Das sog. Spindelventil kam100 Jahre unverändert zur Anwendung. Um 1890: Eureka Misch- und Umstellar-matur, es wurde erstmals auf eine Viel-zahl einzelner Ventile verzichtet. MittelsDrehgriff wurde das vorgemischte Wasserder gewünschten Funktion zugeführt. Esentstanden Wannen mit Duschaufsätzen Ab 18.Jh. Industrielle Blechfertigung nachErfindung des KehrwalzwerkeEnde 19. Jh. aus Amerika: mobiler Rohr-schraubstock zur Bearbeitung von Eisen-rohren direkt auf der Baustelle 1885 Schrägwalzverfahren zur Herstel-lung nahtlos gezogener Eisenrohre

STIFTUNG DEUTSCHES KLEMPNER- UND KUPFERSCHMIEDEMUSEUM e.V.Ringstr. 47d, 97753 Karlstadt/MainTel: 09353/ 9963-30

MM

Die Berufsbezeichnung des Klemp-ners wird häufig mit dem Gas-Wasser-Installateur verwechselt. Und wohl kaumeiner verbindet heute den Beruf desKlempners mitLöffel, Eimer oderLaterne. DesKlempners eigent-liches Tun undKönnen gleicht dem eines Schneiders,der statt Stoffbahnen Blechbänderschneidet, sie biegt, falzt, kantelt, lötet,heftet oder schweißt. Er nimmt Maß vonbestimmten baulichen Gegebenheiten,

macht Entwürfe und schneidet Schablo-nen, um passgenaue Verkleidungen inHandarbeit zu fertigen. Seine Palettereicht von Wetterfahnen, Wasserspeiern,

Gauben, Gesim-sen, Dachrinnen,Fallrohren bis hinzu komplexenTurm- und Kup-

peleindeckungen oder verrückten Fassa-denkleidern. Und wenn es hämmert und„klämpert“, erklärt sich von selbst –soJ.Grimm– wie der Name „Klempner“einst entstand. MM

„Wenn es hämmert und klämpert“

Branchenreport

Klempnerhandwerk

Der Klempnerberuf hat sich auf eigen-tümliche Weise modernisiert. ImSprachgebrauch hat sich „Klempner“ alsServicetechniker für die Wartung diver-ser Hausanschlussrohre durchgesetzt.Doch das traditionelle Berufsfeld hat mitKleinigkeiten wie tropfenden Waschbe-cken nichts am Hut. Die Fachbetriebehaben sich auf die Herstellung von Bau-blechen spezialisiert. Somit hat sich der

Beruf in einen ursprünglichen und in ei-nen alltagspraktischen Teil ausdifferen-ziert. Für allgemeine Klempnerarbeitenwar bis vor kurzem der eigene Haus-meister zuständig. Inzwischen kannman Plastikabwasserrohre aber wie Legozusammenstecken. Einen Notfallklemp-ner brauchen nur noch Kunden, deneneine Wasserarmatur noch Respekt ein-flößt. Weil ihnen aber dämmert, dass siedafür keinen Klempnermeister zu rufenbrauchen, bemühen sie stattdessen z. B.einen Hausmeisterservice. (EigenerBranchenreport wird sicher mal folgen.)Keineswegs darf sich dieser aber Klemp-ner nennen, weil der Beruf unter Meis-tervorbehalt steht, obwohl Klempner-

meister nach eigener Definition aus-schließlich für Spenglerarbeiten zustän-dig sind. Warum, fragt man sich, öffnendie Ständeorganisationen den BegriffKlempner nicht besser für alle? Niemandsonst soll Geld daran verdienen. KeinBlech: kein anderes Gewerk gibt sicheine so schlecht nachvollziehbare Be-rufsbezeichnung und ist in der öffent-lichen Wahrnehmung deswegen soschwach verankert. Laut ZDH gibt esnoch rund 5600 Betriebe. Damit befin-den sich die Spengler im Mittelfeld undsorgen sich um ihre www.klempnerzu-kunft.de. Während sich also unsere Ur-Klempner gar nicht damit aufhalten, wo-mit Neu-Klempner bei uns ihr Geld zuverdienen versuchen, tauchen Allroun-der aus ganz Europa auf oder ab, egal wosie gebraucht werden. Das Nachsehenhaben deutsche Gesellen, die sich aufdiesem lukrativen Markt nicht eindeutigals Haushaltsklempner positionierendürfen. Besonders in Frankreich undEngland werden polnische Klempner fürihr Geschick und ihre Höflichkeit ge-schätzt. Vor dem Referendum der EU-Verfassung haben Europagegner inFrankreich diese explizit zum Buhmannerklärt, die einheimische Arbeitsplätzegefährden. Auf diese Kampagne, die letz-lich erheblichen Einfluss auf das franzö-sische Nein zur EU-Verfassung hatte, ha-ben die Polen humorvoll gekontert (sieheS. 20). WM

Einen Anker baut man nicht aus Blech

Der Mann ausBlechHistorische Darstellung desFerblantier, Frank-reich 17. Jh.

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Das Klempnerhandwerk lässt sich bisins späte 14.Jh. datieren und ist eng mitverzinntem Eisenblech, sog. Weißblechverbunden. Neben ihm verwendete derKlempner Schwarzblech und Blei. Mes-sing und Kupfer aber waren ihm nur zumVerzieren und als Beiwerk erlaubt.Wegen des unedlen Ausgangsmaterialsund seiner Waren, die er häufig als Wan-dergewerbetreibender erwarb, galt derKlempner Jahrhunderte als der ärmsteund unehrenhafteste Beruf unter denBlechhandwerkern. Im 17.Jh. mit dereinsetzenden Weißblechproduktion ver-besserte sich sein Ansehen. Fortan standihm auch Messingblech zur Verfügung.1810, durch die Erfindung des witte-rungsfesten, verzinkten Eisenblechs ent-standen für ihn neue Erwerbsquellenz.B. durch Regenrinnen, Ablaufrohre,Erker, Gauben, Gesimse o.a. Neues Hy-gienebewusstsein und das Aufkommender Gas- und Wasserversorgung im19.Jh. erforderte eine Trennung desBlechnerhandwerks in Klempner undsog. „Gesundheitstechniker". In den80er Jahren wurde für ihn das deutscheKunstwort "Installateur" geschaffen. ObLaterne, Kupferkessel, Zinkwanne: DieIndustrialisierung verdrängte die tradi-tionellen Metalle und Gebrauchsobjekte.Zum großen Bedauern für die Denkmal-

pflege gibt es nur noch ungenügende Er-fahrungen in der Blechkonservierungund Blechrestaurierung und kann demAnspruch „Erhalten geht vor Ersetzen“häufig nur ungenügend entsprochenwerden, weil zu wenige Fachleute für diejeweilige Bauwerkskategorie und Bauzeitdie charakteristischen Materialqualitä-ten, Erzeugnisformen und Herstellungs-techniken kennen. Folglich werden in-dustrielle Typenelemente verwendet.

Mendi Mühlenhaupt

Unternehmergeist

www.buhev.de FREIBRIEF NR. 2/2005 15

Gewerkreport Handwerk

Klempner-Poesie

Ein dreifach Hoch dem, der dies' gold'neHandwerk schuf. Selbst in schweren Wirtschaftskrisen find' ichRohre hinter Fliesen, ist ein Abfluss abzu-dichten, und ein Unglück anzurichten: Ich bin Klempner von Beruf. Gestern mittag hat ein Kunde angeklopft, beiihm sei wohl ein Abwasserrohr verstopft. Icherneu're rasch die Dichtung, und dannstimmt auch schon die Richtung, wenn maneinen Stopfen in die Röhre pfropft, kann essein, dass der Rücklaufkrümmer tropft. Dochwahrscheinlich hat ein Doppelflansch ge-klemmt, darum hab' ich gleich die Maueraufgestemmt und das Halbrundstück durch-stochen und die Wohnungswand durchbro-chen und die Nachbarwohnung auch nochüberschwemmt. Es gibt nichts, was einenKlempner hemmt.

Buntes Blech

Kupfer gehört zu den ältesten und edel-sten Bauwerkstoffen. Aluminium ist diepreiswerteste Metalldeckung und hat vie-le Oberflächen wie blank, glatt, farbbe-schichtet, zinkbeschichtet. Blei ist einesder ältesten für Metalldächer und Bau-werksabdeckung verwendeten Materia-lien. Blei wird wegen seiner guten Form-barkeit gern im Denkmalschutz beioftmals komplizierten Bauwerksformeneingesetzt. Titanzink ist das am meisteneingesetzte Material in der Klempner-technik und wirkt sehr natürlich. Zink istdie umweltfreundliche Alternative imFlachdachbereich ohne Bitumauswa-schung

Metalldächer

Ganz anders verlief die Entwicklung aufdem Dach. Kupfer, titanlegiertes Zink undBlei konnten ihre Position behaupten.Und auch Metalldächer aus Aluminium,verzinktem Stahl und Edelstahl sindmächtig in Mode gekommen. Einerseitsgibt es einen großen Bedarf bei der In-standsetzung historischer Baudenkmä-ler, andererseits fordert die moderne Ar-chitektur vielfältige Formen von flexiblenMetallen und bringt einen fast vergesse-nen Werkstoff am Dach zu neuem Glanze.

Heiligs Blechle Bautechnik

Band- oder Leistentechnik:Das Material kommt als flach gewalztesBlechband in Rollenform (Coil) auf dieBaustelle und wird dort auf die passendeLänge zugeschnitten. Die entstehendenSchare befestigt der Handwerker auf demDach mit Haften und verbindet sie mitspeziellen Verfalzungen untereinander.Es ergeben sich dezente Dach-Verlegebil-der, die von den klaren Linienführungender Falze strukturiert werden.

Scharendeckung aus Metallbändern (50 -100cm breit):Die einzelnen Scharen werden an denLängsseiten aufgekantet und mit Stehfäl-zen oder Leistensystemen untereinanderverbunden. Die Befestigung der Scharenauf ihrer Deckunterlage erfolgt durch auf-genageltes oder aufgeklammertes Haft-blech.

Regenabfluss aus dem Klempner-Lehrbuch

Materialreport

Blech brisant

Heftige Diskussionen begleiteten inden letzten Monaten die Nachrichtvon schädlichen Emissionen vonMetalldächern. Um so mehr lässt dieStudie des Umweltbundesamtes vonAugust 2005 über Umweltverträg-lichkeit von Metalldächern aufatmen:„Die Verwendung von Buntmetallenfür Dach und Fassade ist ökologisch.Nur etwa ein bis zwei Prozent der jähr-lichen Einträge von Kupfer und Zinkin die Umwelt gehen auf den Einsatzdieser Metalle als Bedachungsmateri-alien zurück.“ Folglich werden Forde-rungen laut, dass Dachflächen ausKupfer und Zink generell wie nicht-metallische oder beschichtete Dachflä-chen eingestuft werden sollen MM

von Reinhard Mey

Einst unehrenhaft, jetzt hochspezialisiertes Handwerk

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„Es müssen die Handwerke so reyneseyn, als wenn sie eine Taube gelesenhätte“ – dieses sprichwörtliche Gebot ei-nes makellosen Handwerks verlangte au-ßer einem vertrauenswürdigen Produktinsbesondere die Ehrbarkeit derjenigen,die es herstellten. In erster Linie drei Kri-terien hatte zu erfüllen, wer sich um denEintritt in eine Zunft bemühte: eine ehe-liche Geburt, eine ehrliche Her-kunft und ein unbeschol-tener Ruf. Außerdemwurde in manchenGegenden dieF o r d e r u n gnach freierund deut-scher Ab-stammungaufgestellt.„Frei, echtund recht“lautet eineFormel ausnorddeutschenGeburtsbriefen,mit denen Hand-werker ihre Achtbar-keit nachwiesen.

Regional undzeitlich lassen sichdabei allerdingsganz erheblicheUnterschiede aus-machen. So war das gesamte Rheinlandvom Bodensee bis zum Niederrhein ver-gleichsweise liberal geprägt. Dort setztendie Zünfte erst sehr spät, im 16. und 17.Jahrhundert, strengere Forderungennach ehelicher Geburt der Handwerkerdurch. Wenn der Baseler Stadtrat im Jah-re 1506 beklagte, dass „viel leuthen in derstatt unehelich beyeinander sitzen, waswider Gott unnd ehelich wesens ist“, sozeigt dies gleichermaßen die gesell-schaftliche Realität wie den bis dahin un-erfüllten Wunsch danach, sie zu ändern.Anders sah es dagegen in Norddeutsch-land aus. Hansestädte wie Braun-schweig, Hildesheim und Lüneburgkannten schon seit dem 14. Jahrhundertharte Ehrbestimmungen. So sperrten die

Braunschweiger Lakenmacher bereits1323 unehelich Geborene ebenso aus ih-rem Gewerbe aus wie Lotterbuben, Bett-ler und Bader. Ein Meister, der einen sol-chen Lehrling einstellte, musste dort fürein halbes Jahr sein Handwerk niederle-gen.

Mit dieser starken Betonung der Ehrehat sich im Laufe der Zeit ein geburts-

ständisches Prinzip im Hand-werk durchgesetzt: Die

Zünfte versuchtenauf diese Weise,

ihr durchausv e r b e s s e -

rungswürdi-ges Ansehenzu steigern.Das Vorbilddes Adelsund desstädtischen

P a t r i z i a t ssind unüber-

sehbar – unddas Begehren

nach stärkerer ge-sellschaftlicher Aner-

kennung.Dies hat jedoch

mit den berüch-tigten Abschot-tungstendenzendes Handwerks

nach außen wenig zu tun. Meisterstück,Vermögensnachweise, Ehebeschrän-kungen, ja Schließung der Zünfte warenSchikanen, mit denen die Zünfte auf ei-nen Wandel der wirtschaftlichen Bedin-gungen reagierten. Weil die Absatz-märkte schwanden, igelte sich dasHandwerk ein, um zu retten, was nochzu retten war. Dies ist jedoch eine Ten-denz, die erst in der Neuzeit, ab dem 16.Jahrhundert, verstärkt um sich griff.Noch im 15. Jahrhundert, dem letzten desMittelalters, waren oft 80 Prozent derneuen Zunftmitglieder Fremde – eindeutliches Anzeichen für ein aufge-schlossenes Handwerk!

Malte HeidemannIm nächsten Heft: Gesellige Gesellen

Unternehmergeist

www.buhev.de16 FREIBRIEF NR. 2/2005

GeschichteHandwerk

RedensartenWas heißt eigentlich...

„jemanden über den Löffel bar-bieren“?

Was es wirklich bedeutet, jemandenüber den Löffel zu barbieren, lässt sichheute mit letzter Sicherheit nicht mehrausmachen. Oder sagen wir es genau-er: Welche der durchweg plausiblen Les-arten dieser Redewendung die ur-sprüngliche ist, das wird wohl imDunkel der Geschichte bleiben. Klar istnur ihr moderner Sinn: Hier wird einZeitgenosse, um es wieder mit einer Re-densart zu sagen, übers Ohr gehauenoder mindestens rücksichtslos behan-delt.

Der Löffel im Friseurhandwerk ver-weist zunächst auf das praktische Pro-blem eines Barbiers: „Wie entferne icheinem älteren zahnlosen Herrn seinsperriges Barthaar?“ Da die Technik desZahnersatzes lange in den Kinderschu-hen steckte, war in solchen Fällen meisteine eingefallene Wange mit dem Ra-siermesser zu behandeln – was sich zueinem misslichen Unterfangen aus-wachsen konnte. Ein Ungeübter griff dagerne zu einem probaten Hilfsmittel: Erschob dem Gebisslosen einen Löffel inden Mund, drehte die gewölbte Seitenach außen und stieß nun auf denWiderstand, der ihm das bestmöglicheResultat seiner Arbeit ermöglichte. Weilein versierter Barbier dies jedoch nichtnötig hatte, gerieten derlei Kniffe in Ver-ruf und fielen auf den zurück, der sie ansich duldete.

Oder vielleicht stammt das Wort ausdem Adelsmilieu zur Zeit des Sonnen-königs! Es ist bezeugt, dass sich feineHerren damals genau dieser Rasur-methode bedienten, um adrette Damenbeim Tête-à-tête nicht mit einer kratzi-gen Wange zu verschrecken. Der sprich-wörtliche Löffel könnte aber auch einenLaffen, einen Narren, meinen, der sichmehr einseifen als barbieren ließ. Mög-licherweise treffen sogar alle drei Ver-sionen zu – so dass die Frauenjägereinst eine gute Idee hatten, die schlech-te Barbiere bald für sich ausschlachte-ten, ehe der Volksmund sie auf einfälti-ge Menschen münzte... Ob dieWirklichkeit auch mal so glatt rasiertsein darf? Warum nicht! MH

Serie

Zunftnormen und HandwerksehreVon der Einung zur Innung - eine kleine Geschichte des Zunftwesens

Lasterhaftes Leben ließ sich nicht einfach so mit demBade ausschütten. Die Zünfte wollten sich ein gutesImage verschaffen und erlaubten keinem unehe-lichen Kind, Lotterbuben oder Bettler das Handwerk.

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Friedrich Naumann, 1860 als ältestesvon acht Geschwistern nahe Leipzig ge-boren, studiert Theologie, obwohl ihmdie Mathematik zunächst mehrinteressiert. 1883 beginnt er alsOberhelfer, damals so etwas wieein Sozialarbeiter, in einemHeim für verwaiste und ver-wahrloste Kinder. Dann wird erPfarrer in einem Arbeiterdorf.1895 begründet er seine eigeneWochenzeitschrift "Die Hilfe",Sprachrohr des Nationalsozia-len Vereins, der u.a. für die Stärkung derRechte der Frauen eintrat. In seinemBuch "Demokratie und Kaisertum"kommt er zu dem Schluss, dass die alteElite ihren Anspruch auf die politischeFührung verwirkt habe, aber eine regie-rungsfähige neue Elite noch nicht bereitstehe. Er hofft daher, dass Kaiser Wil-

helm II. sich künftig auf die Mehrheit desVolkes stützen und sich an die Spitze des"Ringens um Fortschritt und Moderni-

sierung" stellen wird. Er schei-det schließlich aus dem Pfarr-amt aus und zieht nach Berlin.Naumann wird Abgeordneterder "Fortschrittlichen Volks-partei" im Reichstag. Bemer-kenswert ist sein "Versuchvolksverständlicher Grund-rechte". Er wollte, dass dieGrundrechte in Inhalt und Stil

bürgernah sind. So formulierte er zumBeispiel traditionelle Formeln wie "alleDeutschen sind vor dem Gesetz gleich",aber auch "Lohnfragen sind Daseinsfra-gen" und "Wer nicht arbeiten will, dersoll auch nicht essen". Sein Gedanke: jehöher das Recht des einzelnen Staats-bürgers, desto höher auch seine Pflichten

gegenüber dem Staat und der Gemein-schaft. Naumann hatte auch entschei-denden Anteil daran, das Verhältnis vonStaat und Kirche zu definieren. Die Kir-chen wurden zu Körperschaften des öf-

fentlichen Rechts. So ist es bis heute.Naumann gründete außerdem eine sogenannte Staatbürgerschule. SQ

Unternehmergeist

www.buhev.de FREIBRIEF NR. 2/2005 17

Mitgliedertreffen Berufsverband

Das Gespenst auf der Burg

BUH bei Friedrich Naumann

Die nächste Mitgliederversammlungfindet vom 22. bis zum 23.Oktober 2005in der Theodor-Heuss-Akademie inGummersbach statt. Die Akademie ge-hört zur Friedrich-Naumann-Stiftung,der FDP nahen Stiftung für politischeErwachsenenbildung und Begabtenför-derung. Seit 1958 ist die Stiftung be-strebt, im Sinne Friedrich Naumannsmöglichst vielen Menschen liberaleVorstellungen näher zu bringen.

Ausblick

Rückblick

Friedrich Naumann1860-1919

Im April trafen sich Mitglieder des BUH auf der Burg Ludwigstein in Hessen. Zunächst wurdedie Position des BUH zur Zusammenlegung von IHK und HWK diskutiert. Am Nachmittag hieltDr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Bürgerrechtler, einen aufschlussreichen Vortrag, welche „Da-tenspuren“ wir täglich hinterlassen und mit welcher Technik sie von Staats wegen überwacht wer-den können. Am Abend arbeiteten Gruppen über die Themen Marketing, Reisegewerbe und Vi-sionen für den BUH. Die Ergebnisse wurden Sonntag präsentiert. Alles in allem: eine interessanteMitgliederversammlung in schöner Umgebung.

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Unternehmergeist

www.buhev.de18 FREIBRIEF NR. 2/2005

Verbandsnews

Gegen Zwangsmitgliedschaft und Installateursverzeichnisse

Berufsverband

Die nächste Mitgliederversammlungfindet in Gummersbach vom 22. bis23.10.2005 statt. Oberthema der MVwird die Anleitung zur meisterfreienSelbständigkeit im Handwerk sein. Dazuwerden Seminare und Vorträge zu den

Themen Reisegewerbe,Unerheblichkeit,Kunst, Limited sowie Guerillamarketingund Buchhaltungsauswertung angebo-ten. Den praktischen Teil rundet eine po-litische Podiumsdiskussion zur Situa-tion nach der Wahl ab. OS

Die Handwerkskammern sowie die In-dustrie- und Handelskammern sind Kör-perschaften des öffentlichen Rechts mitZwangsmitgliedschaft fast aller Gewer-betreibenden. Die Zwangsmitglied-schaft in diesen Organisationen wird da-mit begründet, dass nur durch dieZwangsmitgliedschaft sichergestellt sei,dass die Kammern das „Gesamtinteresseder Wirtschaft“ vertreten. Außerdemwerden die Kammern immer wieder mitder beruflichen Bildung in Zusammen-

hang gebracht. Der BUH lehnt solcheZwangsmitgliedschaft ab. Anstatt Selbst-ständigkeit zu fördern, erschweren dieHWK ExistenzgründerInnen systema-tisch die Möglichkeiten, ohne Meister-brief zu arbeiten. So verfolgen die HWKim Gewand einer Körperschaft öffent-lichen Rechts Einzelinteressen gegen dasInteresse der Gemeinschaft nach wirt-schaftlicher Entwicklung, Arbeitsplätzenund marktgerechten Preisen für die Kon-sumentInnen. HB

Herbst-MV: Anleitung zur meisterfreien Selbständigkeit

MeldungenUmweltfirmen wollen IHK-Bei-träge verweigern

Der Bundesverband ErneuerbareEnergien (BEE) forderte seine 5000Unternehmen dazu auf, den Zwangs-mitgliedsbeitrag bei den Industrie- undHandwerkskammern nicht mehr zuzahlen. „Wir können keinen Verband fi-nanzieren, der unsere Existenzgrundla-ge in Frage stellt und die Branche vordie Wand fährt“, so der Vorstand desBEE. Der Deutsche Industrie- und Han-deslkammertag hatte gefodert, die Um-weltpolitik zugunsten anderer privat-wirtschaftlicher Interessen runter zuschrauben. SQ

Konkurrenz für das Schornstein-feger-Handwerk

Das Bundesministeriums für Wirt-schaft und Arbeit (BMWA) will das Ge-bietsmonopol für das Schornsteinfegenaufheben. In Zukunft sollen Bürgerwählen können, wer bei ihnen kehrt. DieGesetzesänderung ist notwendig, weildie Europäische Kommission ein Ver-tragsverletzungsverfahren gegenDeutschland wegen der Wettbewerbs-beschränkungen für Unternehmen ausanderen EU-Ländern eingeleitet hat.

Das BMWA hat zum 18.Juli 05 eineStellungnahme vom BUH und anderenVerbänden zu einem entsprechendenEntwurf zur Änderung des Schornstein-fegergesetzes erbeten.

Der BUH begrüßt, dass der Marktzu-gang für Kehrarbeiten durch diesen Ge-setzentwurf deutlich erleichtert wird.Allerdings werden mit dem Gesetzent-wurf die Verstöße gegen europäischesRecht nicht beseitigt - erhebliche ver-fassungsrechtliche Bedenken bleibenbestehen, kritisiert der BUH. Konse-quent wäre eine vollständige Freigabeder Kehrarbeiten. HB

Kochen mit der Sonne

Jeden Monat bietet die EG Solar inAltötting Selbstbaukurse von Solarko-chern an. Der nächste Kurs findet am26. bis 30.9.2005 statt. Infos: www.eg-solar.de, Tel. 08671.969937

Nach unserer Einschätzung verstößtdas Führen eines Installateursverzeich-nisses, mit der Maßgabe, dass nur ein-getragene Unternehmen bestimmte Ar-beiten ausführen dürfen, gegen dieDienst- und Niederlassungsfreiheit undgegen deutsches Verfassungs- undWettbewerbsrecht. Ich bitte Sie, auf dieBundesregierung und die Netzbetreibereinzuwirken, dass diese ihre Behinde-rungen von Handwerksbetrieben ohneMeisterbrief aus anderen EU-Staaten-beenden. Ich bitte Sie hier, im Zweifel

auch die notwendigen rechtlichenSchritte (Vertragsverletzungsverfahrengegen Deutschland oder ein Kartellver-fahren gegen die den Bundesinstalla-teurausschuss tragenden Mitglieder)einzuleiten. Wir haben den Eindruck,dass in Deutschland der Meisterzwangund entsprechende Beschränkungendes Wettbewerbs genutzt werden, Be-werber aus anderen EU-Staaten vomMarkt fern zu halten.

Aus dem Schreiben des BUH an die EU-Kommission, 3.8.2005

Termine

Stammtische/BUH-Infoabende:18.11.05 in Verden9.12.05 in HildesheimInteressenten bitte in der Geschäftsstellemelden

MV Frühjahr 2006 29. - 30.4.2006 in Hannover

Seminar

Buchhaltung für Handwerker/-innenleichtgemachtTermin: Mo 17.10. + Di 18.10.05 Ort: BUH, Artilleriestr. 6, 27283 VerdenInhalt: Aufbau und Funktion der Buch-führung, Gesetzliche Grundlagen, Um-gang mit dem Finanzamt, Einnahme-Überschuss-Rechnung etc.

BUH fordert: Zwangsmitgliedschaft abschaffen – Kammern in privat-

rechtliche Vereine überführen

BUH fordert: EU-Kommission soll gegen Installateursverzeichnisund Meisterzwnag rechtlich vorgehen

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Service

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www.buhev.de20 FREIBRIEF NR. 2/2005

Polnische Klempner sind in diesem Jahr zur „Geheimwaffe“ der polnischen Tourismuswerbung geworden.Die Anzeigenkampagne in Frankreich war zunächst als Scherz gedacht - ein humorvolles Augenzwinkernauf die Franzosen, die angeblich wegen der Klempner aus Polen „Non“ zur Europäischen Verfassung ge-sagt haben. Das Augenzwinkern hat nun ungeahnte Folgen. Nicht nur, dass das Image des Klempners auf-poliert ist. Viele Französinnen wollen ihm nun gerne ihre Abflussrohre anvertrauen und hätten ihn zumin-dest gerne auf T-Shirts. Der blonde Tourismus-Student Piotr Adamski, der mit Klempnerzange undKinngrübchen vor dem Hintergrund polnischer Touristenattraktionen posiert, macht nicht nur in FrankreichFurore. Was für eine Wendung: In Polen stand der Klempner vor einigen Jahren noch für Stümperei und Un-zuverlässigkeit. Das Symbol kommunistischer Hoffnungslosigkeit verwandelte sich plötzlich zu einem Sym-bol für die freie Marktwirtschaft. Einst als Pfuscher verrufen, zieht er jetzt in den Westen, gründet Ein-mannbetriebe, lernt Sprachen und schlägt seine westlichen Fachkollegen durch die Qualität seiner Arbeitund die Konkurrenz der Preise. SQ

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