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Date post: 04-Apr-2016
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In der Oktober-Ausgabe von Foyer gibt es wieder jede Menge interessante Hintergrundinformationen zu unseren aktuellen Produktionen.
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Schauspiel DIE RATTEN Ballett DORNRÖSCHEN Musiktheater THE RAKE´S PROGRESS Mainfranken Theater Würzburg | Oktober 2014
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SchauspielDIE RATTEN

BallettDORNRÖSCHEN

MusiktheaterTHE RAKE S PROGRESS

Mainfranken Theater Würzburg | Oktober 2014

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Seite 2 F O Y E R – MAINFRANKEN THEATER WÜRZBURG Oktober 2014

DornröschenEine neue Version des alten Märchens

s Christoph Blitt | V Lioba Schöneck

Die Geschichte von Dornröschen zählt zweifelsohne zu den be-liebtesten Märchen. Und so haben Generationen von Eltern und Großeltern ihren Kindern und Kindeskindern von der schönen Prinzessin erzählt, die aufgrund eines Fluches in tiefen Schlaf fällt, aus dem sie nach einhundert Jahren von einem schönen Prinzen wachgeküsst wird. 1890 wurde in St. Petersburg das Ballett Dornröschen des berühmten Choreografen Marius Pe-tipa uraufgeführt. Seitdem beeindruckt diese Schöpfung Tanz-freunde mit ihrer märchenhaften Opulenz. Hierzu schrieb Peter Tschaikowski eine Musik, die auch Töne des Unterbewussten zum Klingen bringt. Grund genug für Würzburgs Ballettdirektorin Anna Vita, sich in ihrem neu geschaffenen Dornröschen-Ballett von der märchenhaften Oberfläche zu lösen, um eine psycholo-gisch spannende und intensive Geschichte mit den Mitteln des Tanzes zu erzählen. So mutiert hier die böse Fee zum Nachbarn der Titelheldin, der das Mädchen in seine Gewalt bringt. Erst nach Jahren finden die Freunde das unter einer Dornenhecke verborgene Versteck der Entführten.

WA-Premiere: 31. Oktober 2014 | 19.30 Uhr | Großes Haus

Verkrachte Existenzen, Bohemiens, Gauner und Klein-bürger – das ist das Personal, mit dem Gerhart Haupt-mann in seinem Theaterstück Die Ratten aufwartet.

Bei dieser Sammlung von Großstadttypen wird es niemanden wundern, dass der Ort der Handlung Berlin sein muss. Berlin ist zu der Zeit, in der Haupt-mann sein Stück ansiedelt, die aufstrebende Haupt-stadt des neu gegründeten Deutschen Kaiserreiches. Hauptmann wirft also mit seiner 1910 fertiggestell-ten Tragikomödie einen Blick 30 Jahre zurück auf die sogenannte Gründerzeit. In dieser Epoche erlebte die Stadt einen enormen wirtschaftlichen sowie kulturellen Aufschwung und wurde gleichzeitig durch gravieren-de soziale Umbrüche erschüttert. Ein bis dahin nicht gekannter Zuzug von Menschen aus ganz Deutsch-land und Osteuropa ließ die Bevölkerungszahl in so rasendem Tempo steigen, dass selbst der fieberhaf-te Bauboom dieser Jahre dem kaum nachkommen konnte. Hauptmann hat diese ereignisreichen Jahre vor Ort miterlebt. Einen Eindruck von seiner Faszina-tion über die Vitalität dieser Metropole gab er 1930 rückblickend wieder: „Weil sich Berlin wie ein unge-heurer, rätselhafter, düsterer Wirbel vor meine Seele gedrängt hatte, zog es mich unwiderstehlich dorthin. Dort musste man schwimmen, kämpfen, bestehen lernen: oder untergehn.“

Das Bild, das Hauptmann von der Gründerzeit- metropole zeichnet, ist von Lokalkolorit gesättigt und beweist die langjährige Bekanntschaft mit der Hauptstadt. Aber vor allem in der Auswahl und Cha-rakterisierung seiner Figuren wird die Vertrautheit mit den Menschen dieser Stadt deutlich. Neben ei-ner Putzfrau, einer polnischen Arbeitsmigrantin, ei-ner Prostituierten, einem arbeitslosen Theaterdirek-tor und einem Theologen, der Schauspieler werden will, tauchen Funktionsträger auf wie ein Schutzmann und ein Hausmeister, allesamt Berliner Urtypen. Aus diesem Grund hielt es Gerhart Hauptmann auch für unerlässlich, seine Figuren größtenteils Berliner Di-alekt sprechen zu lassen. Ob das dem aus Schlesi-en stammenden Dramatiker gelang, wird von vielen

waschechten Berlinern bezweifelt. Und weil ein The-aterstück einen prägnanten Raum braucht, verlegt Hauptmann seine Geschichte in eine Berliner Miets-kaserne. Dieses Haus bildet einen abgeschlossenen Mikrokosmos, der als Spiegel für die in der Stadt auf-tretenden gesellschaftlichen Probleme dient. Ganz banale alltägliche Streitigkeiten, aber auch Konflikte mit tragischem Ausgang ereignen sich dort: In einer kleinen Wohnung streiten zwei Frauen um ein Kind. Die leibliche Mutter, Pauline Piperkarcka, hat es Hen-riette John überlassen und fordert es nun zurück.

Von Ratten und anderen RinnsteingestaltenEine Berliner Tragikomödie über gegensätzliche Welten in einer Mietskaserne

s Roland Marzinowski | X Uli Spitznagel

Titel Die Ratten | Berliner Tragikomödie | Textdich-ter Gerhart Hauptmann (1862–1946) | Premiere 18. Oktober 2014 | 19.30 Uhr (EF 19.00 Uhr) | Großes Haus | Matinee 12. Oktober 2014 | 11.00 Uhr | Foyer CaféInszenierung Sascha BungeBühne und Kostüme Constanze Fischbeck

info

Dabei hat Frau John Pauline vom Selbstmord abgehal-ten und zur Geburt ermutigt. Ihrem Mann und den Nachbarn gegenüber hat sie es als das eigene Kind ausgegeben. Einige Stockwerke weiter oben befindet sich ein Theaterfundus. Dort erteilt Harro Hassenreu-ter Schauspielunterricht. Allerdings gerät er ständig mit seinem Schüler Spitta aneinander, wenn es um das Theater geht, denn da liegen die Präferenzen der beiden weit auseinander.

Für diesen Schauplatz der kleinen und großen Zer-würfnisse hatte Hauptmann ein ganz reales Vorbild.

Weit im Osten der Stadt, in der alten Kavallerie- kaserne am Alexanderplatz, nahm der Dichter um 1885 selbst Schauspielunterricht. Seinem Mentor Alexander Heßler, einem ehemaligen Theaterdirek-tor, der sich als Schauspiellehrer und Maskenverleiher über Wasser halten musste, setzte Hauptmann mit der Bühnenfigur Hassenreuter ein literarisches Denk-mal. Aber nicht nur in der Figur des Theaterdirektors findet sich ein Stück Berliner Zeitgeschichte wieder. Die eigentliche Anregung zu diesem Stück verdankt Hauptmann einem Zeitungsartikel im Berliner Lokal- anzeiger vom 13. Februar 1907 über „zwei Fälle von Kindesunterschiebung“. Während in seinem Drama zum Schluss drei Menschen den Tod finden, ging die historische Vorlage weitaus glimpflicher aus: Die Frau, die ein fremdes Kind als ihr eigenes ausgegeben hatte, wurde mit einer Woche Gefängnis bestraft und durf-te anschließend das Pflegekind behalten.

Als im Mai 1910 Hauptmanns Sohn Erasmus zwei Tage nach seiner Geburt verstarb, übernahm der Dich-ter ganze Passagen seiner Tagebuchaufzeichnungen, in denen er die Klagen seiner Frau über den Verlust des Kindes festhielt, und legte sie zum Teil wörtlich in den Mund seiner Bühnenfigur Frau John.

Fakten und Fiktion: Gerhart Hauptmann verwebt in seiner Großstadtdichtung persönlich Erlebtes mit Gehörtem und Gelesenem. Mit diesen Anreiche-rungen aus dem wirklichen Leben gelingt es ihm, vor dem Hintergrund der Groteske um Lehrer und Schüler, die Tragödie der beiden Mütter umso wahr- haftiger zu erzählen.

Im August 1914 rollen junge deutsche Soldaten in blumengeschmückten Wagen an die Front. Sie ahnen nichts von dem Grauen, das sie dort erwartet. All-jährlich haben sie mit ihren Vätern und Großvätern den „Sedan-Tag“ gefeiert: den militärischen Triumph über die Franzosen im Jahre 1871, der über die Jahr-zehnte hinweg zum Nationalmythos angewachsen ist. Nun werden sie selbst zum Teil der Geschichte.

Die Deutschen glauben an einen Blitzkrieg und die reibungslose Einnahme von Paris. Und tatsäch-lich stehen sie schon im September 1914 kurz vor den Stadtgrenzen, sehen sogar die Türme des heiß ersehnten Zielortes. Doch dann erstarrt die Front genauso plötzlich, wie sie sich zuvor vorwärts be-wegte. Was danach beginnt, ist ein bis dato unbe-kanntes, massenhaftes und grauenvolles Sterben im Niemandsland der Gräben und Stellungen. Der Tod wird zum ständigen Begleiter – auch für Ernst Jünger. Der 19-jährige Leutnant aus Hannover hat sich wie viele seiner Altersgenossen freiwillig zum Kriegsein-satz gemeldet. Für ihn die Erlösung aus einer uner-träglichen Situation. Als verkrachte Internatsexistenz mit miserablen Noten bietet ihm die Rolle als Offizier innerhalb einer siegreichen Armee die Chance, dem gestrengen, aber bewunderten Vater zu imponieren.

Die Erfahrungen, die Jünger an der Front sam-melt, notiert er nüchtern in Tagebüchern, aber auch in Briefen an seine Familie: „Als die ersten Gewehr- und Granatkugeln kamen, haben wir fast alle ge-lacht. Auch das Schreien der Getroffenen, das Blut und das Hirn des Postens konnte ich ruhig und lan-ge ansehn. Ich glaube, in Hannover wäre ich ohn-mächtig geworden, aber ich freue mich, dass meine Nerven so stark sind.“ Über angstdurchzitterte Näch-te und die Sinnlosigkeit des Grabenalltags fällt hier kein Wort. Nicht für Kaiser und Vaterland kämpft der junge Mann, sondern für sich: Selbstvergewis-

serung, Lebensverachtung und die Lust an der Ge-fahr sind seine Motivation. Der Krieg wird ihm auch zum Initiationsmoment seines späteren Schreibens. Seine kriegsbejahenden Arbeiten wie etwa In Stahl-gewittern, aber auch seine weitaus differenziertere Novelle Sturm sind ohne diese Grenzerfahrungen undenkbar. Letztere bildet den ersten rein fiktiona-len Versuch, Krieg sprachlich zu fassen: Ein gewisser Fähnrich Sturm ist als vielleicht letzter Überlebender mit den Widrigkeiten des Schützengrabenalltags kon-frontiert und sucht in der Literatur eine trügerische Geborgenheit. Bei der Uraufführung dieses berüh-renden Psychogramms einer von Angst und Gewalt gezeichneten Generation führt Intendant Hermann Schneider die Regie.

Hundert Jahre Krieg

Im Atrium wird Ernst Jüngers Novelle Sturm uraufgeführt

Sven Mattke als Soldat im Ersten Weltkrieg

Editorial Wir haben die Kunst, damit wir nicht an

der Wahrheit zu Grunde gehen. (Nietzsche)

Liebe Freunde des Mainfranken Theaters, in diesen Tagen vor einhundert Jahren brach der Erste Welt-krieg aus. Ein epochemachendes Ereignis, mit dem der Untergang des alten Europas besiegelt wurde: ge-sellschaftlich, politisch, technisch ein nie dagewesener Umbruch. Heute scheint es unvorstellbar, wie damals viele – vor allem junge – Menschen mit Begeisterung in den Krieg zogen, übrigens auf beiden Seiten. Dieser rauschhafte Taumel in den Untergang, diese aus dem Unterbewussten erzeugte Euphorie, schien sich wie aus dem Nichts zu entladen. Dabei haben Künstler, bilden-de, komponierende und schreibende, in ihren Werken schon lange zuvor seismographisch die Verwerfungen, Brüche und nahenden Beben diagnostiziert.

Nicht zuletzt war es Gerhart Hauptmann, der in seinem Werk die gesellschaftlichen Spannungen und Gewaltpotenziale mehr als realistisch thematisierte und so dem die Epoche bestimmenden Bürgertum vorspiel-te, was dereinst Kaiser Wilhelm II. veranlasste, seine Loge im Schauspielhaus zu kündigen. In dieser durch Hauptmann künstlerisch analysierten sozialen Krise liegt wohl eine der Ursachen für die damalige Kriegsbe-geisterung jenseits von politischen und ökonomischen Interessen und einer nie dagewesenen Massenhysterie. Die Konflikte entluden sich so intensiv, weil man hoffte, hernach eine neue Ordnung, eine neue Welt vorfinden zu können: Krieg als Sozialimperialismus und Revoluti-onspotenzial gleichermaßen.

Und daher eröffnen wir mit Hauptmanns Die Ratten, einer Tragikomödie, die uns Einblick in das Bewusstsein jener Epoche und ihrer Klasse gibt und gleichzeitig nachgerade sarkastisch die Rolle der Kunst in dieser Gesellschaft behauptet.

Und mit Ernst Jüngers Sturm zeigen wir eine Urauf-führung des wohl bedeutendsten Schriftstellers des Ersten Weltkriegs; sein die Epoche auch begrifflich prägendes Werk In Stahlgewittern ist Zeitdokument und

Diagnose, avantgardistische Literatur und konservative Utopie – läßt die Tragödien des Zweiten Weltkriegs als Motive ahnen. Seine Novelle Sturm hingegen beleuchtet, anders als Die Ratten, die Rolle der Kunst in Zeiten des Krieges – melancholisch als Refugium des unter-gehenden Individuums in den industriell entfesselten Materialschlachten der Neuzeit.

Freuen Sie sich auf große Literatur und spannende Theaterabende zur Eröffnung der Schauspielsaison an Ihrem Mainfranken Theater!

Das wünscht Ihnen

Ihr

Hermann Schneider Intendant

s Wiebke Melle | V Stephan van Fleteren

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Seite 4 F O Y E R – MAINFRANKEN THEATER WÜRZBURG Oktober 2014

Lieblingsstücke immer wieder erlebenDie Theatercard bietet eine

günstige Alternative zum Abonnement

s Daniela Bell | X Uli Spitznagel

Nicht selten kommt es vor, dass einen die Magie der Bühne nicht los-lässt und die Begeisterung für eine Schauspiel-, Ballett- oder Musikthea-terproduktion so groß ist, dass man eine Inszenierung gleich mehrmals erleben möchte. Da kann man nur hoffen, dass auch der Geldbeutel in solchen Fällen mitspielt. Wenn Sie diese Situation kennen, dann könnte die Theatercard genau das Richtige für Sie sein, denn sie garantiert „vol-les“ Theater zum halben Preis. Im Vergleich zum Abonnement können Sie sich Ihr Theaterprogramm aus dem Spielplan individuell auswählen, was sicherlich besonders spannend für alle Opernliebhaber, Schauspielan-hänger und Ballettfreunde ist.

Die Theatercard ist bereits für 65 Euro an der Theaterkasse erhältlich und ein Jahr lang gültig. Wer lieber zu zweit ins Theater gehen will, sollte sich für die Theatercard+ zum Preis von 95 Euro entscheiden.

NEU: Zum Ausprobieren wird ab Oktober 2014 die Theatercard Mini für 50 Euro angeboten. Sie ist für Vorstellungen einsetzbar, die ab Januar 2015 auf dem Spielplan stehen und gilt bis zum Saisonende. Informieren Sie sich über unsere Angebote an der Theaterkasse.

Eine unglaubliche ReiseEinstieg in die Welt der Orchestermusik

1. Familienkonzert: 26.10.2014 | 15.00 Uhr | Großes Haus

s Beate Kröhnert | V Thinkstock

Unsere Geschichte nahm ihren Anfang, als Komponist Sebastian Bäch-lein nach seinem sonntäglichen Spaziergang eine Melodie zu Papier brachte. Das Notenblatt ließ der etwas schusselige Herr Bächlein am Fenster liegen, und mit dem nächsten Windstoß sauste das Papier mitsamt der Melodie hinaus in die Welt. Zufall oder nicht: Das Blatt landete in einem Konzertsaal auf dem Notenständer eines Holz- blasinstruments. Sofort entspinnt sich ein Streit zwischen den Instrumenten, und die Melodie wandert heiter durch das ganze Orchester. Schließlich schnappt sich die kleine Geige das Notenblatt und brennt damit einfach durch. In dem Durcheinander des zänki-schen Klangapparates hat niemand gemerkt, dass das Objekt der Be-gierde gar nicht mehr da ist. Sogleich beginnt eine aufregende Suche nach der verlorenen Melodie und der kleinen Geige.

Andreas Tarkmanns Die verlorene Melodie, nach einer Geschichte von Eberhard Streul, ist ein reizender, spannender, klingender Ein-stieg für alle Musikliebhaber ab fünf Jahren in die wunderbare Welt der Orchestermusik.

Imposant. Gut proportioniert. Bestenfalls groß! Wenn man(n) einmal richtig auftrumpfen möchte, dann werden gerne Bilder gezeigt: vom großen Architek-ten-Haus mit Pool und Garten; von der großen Luxus limousine im Hof; von der großen Yacht, die im Hafen von St. Tropez vor Anker liegt. Bis auf die Dame des Herzens in size zero darf alles gerne groß sein. Dieser Wunsch nach Größe scheint sich durch alle Lebens-bereiche zu ziehen und führt selbst in die Gefilde der Kunst, genaugenommen zur Sinfonik. Bei Komponis-ten wie etwa Anton Bruckner, Hector Berlioz, Gustav Mahler oder Richard Strauss ist Größe gewiss das vorherrschende Attribut. Groß in der Wirkung und Orchesterbesetzung; ein entsprechend ausdauernder Zuhörer wird meist ebenso vorausgesetzt. Dabei hat-te es einst so beschaulich begonnen, als man sich dachte, dass die Instrumentalmusik, genannt Sinfo-nia, die die Neapolitanische Oper eröffnete, auch oh-ne die nachfolgende Oper recht launig sein könnte. Und so komponierte man im frühen 18. Jahrhundert Sinfonien, die wie ihre Schwestern von den Brettern, die die Welt bedeuten, dreiteilig mit der Tempo- folge schnell-langsam-schnell daherkamen. Es dauerte nicht lange und schon wurde an der neuen Gattung „herumgedoktert“: Joseph Haydn war darin überaus geschickt und ideenreich. Er legte die Messlatte sehr hoch und hinterließ der Nachwelt über 100 Sinfo-nien. Und obwohl Wolfgang Amadé Mozart ein äu-ßerst fleißiger Komponist war, konnte er dennoch nicht an diese Produktivität im Sinfonie-Sektor he-ranreichen. Dann kam Ludwig van Beethoven und eroberte sich dieses Feld. Der Wahl-Wiener hatte als-dann viel Zeit damit zugebracht, über den Komposi-tionsrand zu kleckern. Das nahm seinen Anfang, als er mitunter die herkömmliche Satzreihenfolge von Scherzo und Menuett in Frage stellte, und mündet bei seiner letzten Sinfonie darin, dass der Ausdruck der Instrumentalmusik einzig durch den Einsatz der menschlichen Stimme überhöht wurde. Und danach? Danach wurde alles anders: Man kleckerte und dok-

schwerer, trauten sich lange Zeit nicht, fühlten sich von dem großen Schatten Beethoven eingeschüch-tert oder geradezu verfolgt. Die Sinfonie war längst aus den Kinderschuhen gewachsen und etablierte sich im 19. und 20. Jahrhundert zunehmend als Kö-nigsdisziplin der Instrumentalmusik. Dabei fällt auf, dass kaum einer der großen Meister die magische Zahl Neun knackte: Schubert, Beethoven, Brahms, Schumann, Mendelssohn, Berlioz, Mahler, Bruckner – alle schafften maximal neun oder blieben darunter. Vielleicht kann man ein Auge zudrücken und Bruck-ner hier rausnehmen, schließlich komponierte er jede Sinfonie mehrfach. Als einer der wenigen hinterließ Dmitri Schostakowitsch 15 Sinfonien, eine individu-eller, persönlicher, leidenschaftlicher, origineller als die nächste. Mit Schostakowitschs Neunte Sinfonie

terte, was das Zeug hielt, erweiterte die Anzahl an Sätzen und kombinierte wild mit anderen Gattun-gen. Wichtig war, dass das Werk originell sei, be-deutend, groß und gehaltvoll. Es brauchte den wür-digen Moment, die Entäußerung des Künstlers, viel-leicht konnte es noch den Weg in „ein Geisterreich“ weisen, so wie es E.T.A. Hoffmann bei Beethovens Fünfter Sinfonie erahnt hatte. Diese Ansprüche an Instrumentalmusik mussten erst einmal eingelöst werden. Wer dachte, man nimmt wieder Chor, der war dann aber auch einfach nur ein „Nachmacher“. Hatte man ein so gutes Selbstbewusstsein wie Fe-lix Mendelssohn Bartholdy, dann ging man unbeirrt seinen eigenen Weg. Gut, was sollte auch passie-ren? Schließlich war der als Bankiers-Söhnchen ohne-hin finanziell abgesichert. Andere taten sich da viel

Warum es doch auf die Größe ankommt Eine etwas andere Gattungsrückschau

s Beate Kröhnert | V Thinkstock, Fotolia

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Das Leben schreibt bekanntlich oft die besten Ge-schichten. Das ist heute so, wie schon vor fünf-hundert Jahren. Da treibt in Süddeutschland ein Mann sein Unwesen, der wie kaum ein Zweiter die Gemüter seiner Zeitgenossen erhitzt. Er selbst nennt sich Philosoph, Alchemist und Wunderheiler. Viele Kirchenobere und Gelehrte hingegen halten ihn schlichtweg für einen Hochstapler, seine ver-meintliche Wissenschaft für Scharlatanerie. Sein Name: Johann Georg Faust. Auch in Würzburg hin-terlässt er einen bleibenden Eindruck. Ein Würzbur-ger Abt notiert 1507: „Als ich im vorigen Jahre aus der Mark Brandenburg zurückkehrte, traf ich diesen Menschen in der Nähe der Stadt Gelnhausen an, woselbst man mir viele von ihm mit großer Frech-heit ausgeführte Nichtsnutzigkeiten erzählte. Als ich mich später in Speyer befand, kam er nach Würz-burg und soll sich mit Eitel-keit gerühmt haben, dass die Wunder unseres Erlö-sers Christi nicht anstau-nenswert seien; er könne alles tun, was Christus ge-tan habe, so oft und wann er wolle.“ Anmaßung, unbedingter Erkenntnisdrang und Selbstüberschät-zung – die Beschreibungen dieses Mannes ähneln sich. Fausts Leben endet dramatisch: Seine chemi-schen Experimente gipfeln in einer tödlichen Explo-sion. Dies ist der Ausgangspunkt einer einzigarti-gen Legendenbildung. Schließlich ist der Zustand seines Leichnams derart desaströs, dass bald schon vermutet wurde, der Teufel habe seine Hände im Spiel gehabt. Aus der historischen Person wird die mythische Figur: Der Mann, der nach Höherem strebt und dazu einen Pakt mit dem Teufel eingeht. Immer wieder arbeiten sich Schriftsteller, Künstler und Musiker in den darauffolgenden Jahrhunder-ten an diesem Topos ab. Auch Johann Wolfgang

von Goethe, der den Stoff seit den Puppenspielen seiner Kindheit kennt, findet hier sein Lebensthe-ma: 1772 verfasst er den Ur-Faust, 1808 erscheint Faust – Der Tragödie erster Teil, kurz vor seinem Tod schließlich beendet er den zweiten Teil. Er stellt dem Faust-Stoff allerdings das Schicksal einer wei-teren historischen Person zur Seite, das die Vorla-ge für die Gretchentragödie liefert: Die Frankfur-ter Dienstmagd Susanna Margaretha Brandt wird 1772 als Kindsmörderin hingerichtet, nachdem sie von einem Fremden verführt und im Stich gelas-sen wurde.

Goethe selbst arbeitet zu dieser Zeit als junger Rechtsanwalt in seiner Heimatstadt. Gebannt erlebt er den Prozess aus nächster Nähe mit und beginnt schon kurz nach der Hinrichtung mit der Nieder-

schrift erster Textfassungen, in denen er die Faust-Legen-de mit dem Verhängnis der Kindsmörderin verbindet. Es ist die reale Härte alltäglicher, wenngleich außergewöhnli-cher Schicksale, die Goethe maßgeblich zu seinem großen

Menschheitsdrama inspirierte. Und diese Härte ist es auch, die Faust noch immer zu einem erzählens-werten Stoff macht. Dass dies jenseits von Auer-bachs Keller und Walpurgisnachtstraum in nur 70 Minuten mit einem Schauspieler funktioniert, wird Regisseurin Nele Neitzke, die in der vergangenen Spielzeit bereits mit Nibelungen Short Cuts einen großen Erfolg feierte, in den Kammerspielen erneut unter Beweis stellen.

Premiere 9. Oktober 2014 | 20.00 Uhr | Kam-merspieleVorstellungen im Oktober: 15.10., 22.10., 29.10. jeweils um 20.00 Uhr | 16.10. um 11.00 Uhr

„Ich armer Tor!“In den Kammerspielen feiert der Junge Klassiker –

Faust Short Cuts Premiere s Wiebke Melle | X Uli Spitznagel

The Rake s ProgressVon Rosamunde Pilcher

zu Monty Python

s Christoph Blitt | V Falk von Traubenberg

Eine Oper, die beginnt wie ein Roman von Rosamunde Pilcher: ein ländliches Idyll in England. Ein verliebtes Paar versichert sich in blumigen Worten seiner Liebe. Da verkündet ein geheimnisvoller Fremder, dass der junge Mann ein beträchtliches Vermögen geerbt habe. Von da an läuft die Geschichte zum Vergnügen der Theater-besucher jedoch mehr und mehr aus dem Ruder. Auf einmal wähnt man sich in die skurrile Welt von Monty Python versetzt, wenn der junge Mann im Sündenpfuhl London nicht nur auf die groteske Puff-mutter Mother Goose trifft, sondern auch – lange vor Conchita Wurst – eine Frau mit Bart und erheblichen Starqualitäten heiratet. Ganz zu schweigen davon, dass sich der geheimnisvolle Fremde als Abge-sandter der Hölle entpuppt. Wird es ihm gelingen, sich der Seele des jungen Mannes zu bemächtigen? Eine Antwort auf diese Frage gibt es ab dem 4. Oktober im Mainfranken Theater, wenn Igor Strawins-kys The Rake’s Progress wieder auf dem Spielplan steht.

Gruselfeeling bei „Freitag Nacht“

Mainfranken Theater öffnet seine Türen für Hexen, Geister, Skelette, Zombies und Vampire

s Annika Ahting | V Nico Manger

Die Nacht vor Allerheiligen wurde in Irland All Hallows Eve genannt – die Amerikaner machten daraus Halloween. Auch das Mainfranken Theater möchte sich in der Nacht, wenn überall mysteriöse Kürbisfrat-zen aufleuchten und merkwürdig geisterhaft verschleierte Gestalten über die Straßen huschen, ordentlich gruseln. Und so meldet sich die beliebte Veranstaltungsreihe „Freitag Nacht“ in der neuen Spielzeit unter dem Motto Geister, Spuk und Schabernack zurück. Oder the-matisch angepasst und doch genauso verständlich ausgedrückt: Die Spielwiese für Trash, Satire und vieles mehr erwacht am 31. Okto-ber um 22.00 Uhr erneut zum Leben und wird jene Gestalten, die in der Halloween-Nacht so gerne ihr Unwesen treiben, einmal genauer unter die theatrale Lupe nehmen. Wo genau diese Schreckgestalten dann auftreten werden, wird wie immer im Vorfeld nicht verraten. Nur soviel sei gesagt: Ein bislang unbekannter Ort im Theater wird als Spielstätte dienen und so dem Publikum wieder einmal einen Blick hinter die Kulissen gewähren. Der Treffpunkt ist um 22.00 Uhr am Bühneneingang in der Ludwigstraße.

Groß, größer, am größten: Opulenz als Zeichen, dass man es sich materiell leisten kann, Opulenz aber auch im Sinne des Komponierens umfangreicher Werke.

Oper am Klavier IGiacomo Puccini: Le Villi (Die Willis)

23.10. und 15.11.2014 | 20.00 Uhr | Kammerspiele

s Christoph Blitt

Theaterbesucher, die sich gerne einmal auf Erkundungstour abseits der Hauptstraßen des Musiktheaterrepertoires begeben, sind bei der Reihe Oper am Klavier bestens aufgehoben. Hier gibt es im Lau-fe einer Spielzeit in den Kammerspielen des Mainfranken Theaters auszugsweise und zu Klavierbegleitung vier unbekannte Werke der Opern- und Operettenliteratur zu entdecken. Den Auftakt macht in der laufenden Saison mit Le Villi (Die Willis) jenes Opus, mit dem 1884 der junge Giacomo Puccini das erste Mal als Musikdramatiker auf sich aufmerksam machte. Hierbei handelt es sich um eine abso-lute Rarität, denn italienische Opern, die in den Tiefen des Schwarz-waldes spielen, gibt es nun wahrlich nicht viele. Zudem sind bei die-sem Werk wohliger Grusel und kalte Schauer des Schreckens garan-tiert, wenn ein untreuer Liebhaber von den „Villi“ genannten, män-nermordenden Geistern gezwungen wird, so lange zu tanzen, bis er schließlich tot zusammenbricht.

Eröffnung der Kammerkonzertsaison

Der Jubilar Richard Strauss trifft auf Edward Elgar

s Beate Kröhnert | V Falk von Traubenberg

Es ist eine seltene Gelegenheit, den Generalmusikdirektor am Flügel zu er-leben. Am 12. Oktober eröffnet Enrico Calesso an der Seite der ausdrucks-starken Violinistin Sonja Lampert die Kammerkonzertsaison des Philharmo-nischen Orchesters im Toscanasaal der Residenz. Im Gepäck haben die zwei Musiker Sonaten sowie virtuose Charakterstücke von Jubilar Richard Strauss und von Edward Elgar.

1918 komponierte Elgar, der selbst ein versierter Geiger und Pianist war, die Sonate für Violine und Klavier op. 82. Hierin schuf er eine Musik, die das Naturell seiner beiden klingenden Protagonisten auf das Herrlichste her-vorhebt. Die Geige lotet die Facetten ihrer sonoren Kraft in der tiefen Lage ebenso aus, wie sie sich zu rasanten Jubeltönen in die Höhe emporschwingt. Dies bettet Elgar auf einen Klavierpart, der mit virtuos perlenden Tonkaska-den und vollgriffigen Akkordketten gespickt ist.

Mit seiner einzigen Violinsonate gelang dem 23-jährigen Richard Strauss einmal mehr ein Geniestreich. Es war das Gesellenstück eines jungen, viel-versprechenden Komponisten, der sich 1887 von München aus anschickte, einer der innovativsten Tonschöpfer seiner Generation zu werden.

info

Titel 1. Sinfoniekonzert | Krieg & Frieden | 16. und 17. Oktober 2014 | 20.00 Uhr (EF 19.30 Uhr) | Konzertsaal der Hochschule für Musik Würzburg | Sergei Prokofjew Ouvertüre zu Krieg und Frieden Peter Tschaikowski Konzert für Violine und Orches-ter in D-Dur op. 35 Dmitri Schostakowitsch Sin-fonie Nr. 9 in Es-Dur op. 70 | Violine Denis Gold-feld | Dirigent Enrico Calesso | Philharmonisches Orchester Würzburg

eröffnet das Philharmonische Orchester Würzburg seine Konzertsaison am 16. und 17. Oktober 2014 in der Hochschule für Musik.

„Der WORTE sind genug gewechselt, lasst mich auch

endlich TATEN sehn.“Johann Wolfgang von Goethe

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Seite 6 F O Y E R – MAINFRANKEN THEATER WÜRZBURG Oktober 2014

Aus Anlass der Uraufführung von Gerhard Stäblers Oper The Colour am 24. April 2015 am Mainfranken Theater Würzburg erscheint in F O Y E R mit H. P. Lovecrafts (1890–1937) Die Farbe aus dem All jene Novelle in Fortset-zung, die Hermann Schneiders Libretto zu der neuen Oper zu Grunde liegt. Bisher war von einer unheimlichen Landschaft die Rede, die aus geheimnisvollen Gründen seit einiger Zeit von den Menschen gemieden wird.

KARTEN / INFORMATIONEN: Mainfranken Theater Würzburg, Theaterstr. 21, 97070 Würzburg Tel.: 0931/3908-124 | Fax: 0931/3908-100 [email protected] | www.theaterwuerzburg.de Vorverkauf auch im Falkenhaus, Oberer Markt, 97070 Würzburg Tel.: 0931/372398

Oktobertermine01 MI 19.30 – 21.15 (EF 19.00) | Großes Haus | E K.O. NACH ZWÖLF RUNDEN von Lothar Trolle

03 FR 19.30 | Großes Haus | FV GASTSPIEL BOCKSHORN: VIVA VOCE

04 SA 19.30 – 22.00 (EF 19.00) | Großes Haus | R WA–Premiere: THE RAKE’S PROGRESS Oper von Strawinsky 20.00 – 21.15 | Kammerspiele | FV TSCHICK von Wolfgang Herrndorf 15.00 | Foyer-Café JUGENDCLUB Auftakttreffen

05 S0 19.30 – 21.15 (EF 19.00) | Großes Haus | L K.O. NACH ZWÖLF RUNDEN von Lothar Trolle 15.00 – 16.10 | Kammerspiele | FV PARA DOX, DER ZAHLENZÜCKER von Paula Fünfeck, ab 7 Jahren

08 MI Lehrervorschau zu: FAUST SHORT CUTS von Johann Wolfgang von Goethe

09 DO 20.00 – 21.10 | Kammerspiele | PK Premiere: JUNGER KLASSIKER – FAUST SHORT CUTS von Johann Wolfgang von Goethe

10 FR 19.30 – 22.30 (EF 19.00) | Großes Haus | F + VB MADAMA BUTTERFLY Oper von Giacomo Puccini

11 SA 11.00 – 12.10 | Kammerspiele | PK PARA DOX, DER ZAHLENZÜCKER von Paula Fünfeck, ab 7 Jahren 19.30 – 21.15 (EF 19.00) | Großes Haus | O K.O. NACH ZWÖLF RUNDEN von Lothar Trolle

12 S0 11.00 | Toscanasaal der Residenz | FV 1. KAMMERKONZERT 11.00 | Foyer-Café Matinee zu „DIE RATTEN“ von Gerhart Hauptmann 15.00 – 17.30 (EF 14.30) | Großes Haus | S THE RAKE’S PROGRESS Oper von Igor Strawinsky 20.00 – 21.15 | Kammerspiele | FV TSCHICK von Wolfgang Herrndorf

14 DI 19.30 – 21.15 (EF 19.00) | Großes Haus | A + JU 2 K.O. NACH ZWÖLF RUNDEN von Lothar Trolle (anschl. Publikumsgespräch)

15 MI 20.00 – 21.10 | Kammerspiele | Ya JUNGER KLASSIKER – FAUST SHORT CUTS von Johann Wolfgang von Goethe

16 DO 11.00 – 12.10 | Kammerspiele | Ya JUNGER KLASSIKER – FAUST SHORT CUTS von Johann Wolfgang von Goethe 20.00 (EF 19.30) | Hochschule für Musik | K/D 1. Sinfoniekonzert KRIEG & FRIEDEN

17 FR 17.00|Spielzeiteinführung für Lehrerinnen und Lehrer DIE RATTEN von Gerhart Hauptmann 20.00 (EF 19.30) | Hochschule für Musik | K/F 1. Sinfoniekonzert KRIEG & FRIEDEN

18 SA 19.30 – 22.30 (EF 19.00) | Großes Haus | P2 Premiere: DIE RATTEN von Gerhart Hauptmann

19 S0 15.00 – 18.00 (EF 14.30) | Großes Haus | SB MADAMA BUTTERFLY Oper von Giacomo Puccini 21.00 – 22.00 | Atrium | FV Uraufführung: STURM von Ernst Jünger

22 MI 19.30 – 22.00 (EF 19.00) | Großes Haus | C THE RAKE’S PROGRESS Oper von Igor Strawinsky 20.00 – 21.10 | Kammerspiele | Yb JUNGER KLASSIKER – FAUST SHORT CUTS von Johann Wolfgang von Goethe

23 DO 19.30 – 22.30 (EF 19.00) | Großes Haus | B + VB DIE RATTEN von Gerhart Hauptmann 20.00 | Kammerspiele | FV OPER AM KLAVIER I LE VILLI (Die Willis) von Giacomo Puccini

24 FR 19.30 – 21.15 (EF 19.00) | Großes Haus | H K.O. NACH ZWÖLF RUNDEN von Lothar Trolle 20.30 | Kammerspiele | GS Gastspiel im Rahmen des Würzburger IMPROTHEATERFESTIVALS 22.00 | Bar (UF) | FV TONSPUR MEINES LEBENS mit S. Evers und J. Whitener

25 SA 15.00 | Bühneneingang | FV SPAZIERGANG HINTER DEN KULISSEN 19.30 – 22.30 (EF 19.00) | Großes Haus | V MADAMA BUTTERFLY Oper von Giacomo Puccini 20.30 | Kammerspiele | GS Gastspiel im Rahmen des Würzburger IMPROTHEATERFESTIVALS

26 SO 15.00 | Großes Haus | Fabo 1. FAMILIENKONZERT 21.00 – 22.00 | Atrium | FV STURM von Ernst Jünger

27 MO 20.00 | Großes Haus | FV Gastspiel Argo: ULRICH TUKUR

29 MI 20.00 – 21.10 | Kammerspiele | YC JUNGER KLASSIKER – FAUST SHORT CUTS von Johann Wolfgang von Goethe

30 DO 19.30 – 22.30 (EF 19.00) | Großes Haus | FV DIE RATTEN von Gerhart Hauptmann (anschließend Publikumsgespräch)

31 FR 19.30 – 22.00 (EF 19.00) | Großes Haus | FV WA-Premiere: DORNRÖSCHEN Ballett von Anna Vita mit Musik von Peter Tschaikowski 22.00 | Bühneneingang | FV FREITAG NACHT

Als ich in diese Berge und Täler kam, um das Gelände für den neuen Stausee zu vermessen, sagte man mir, dass der Ort verwunschen sei. Man sagte es mir in Arkham, und weil dies eine sehr alte Stadt voller Hexenglauben ist, dachte ich, der böse Zauber müsse etwas sein, was seit Jahrhunderten die Großmütter ihren Enkeln mit flüstern-der Stimme erzählt hatten. Die Bezeichnung »verfluchte Heide« schien mir sehr sonderbar und theatralisch, und ich fragte mich, wie sie in das Volksgut eines puritanischen Volkes gekommen war. Dann sah ich selbst dieses Gewirr von Schluchten und Abhängen im Westen der Stadt und wunderte mich nicht mehr über die alten Geheimnisse, die es umgaben. Es war Vormittag, als ich es sah, aber dort lauern ständig dunkle Schatten. Die Bäume standen zu dicht und ihre Stämme waren zu dick für einen gesun-den Wald in Neu-England. Es war zu still in den düsteren Gassen zwischen ihnen, und der Boden war zu weich von feuchtem Moos und faulenden Resten aus ungezählten Jahren des Verfalls.

Auf den Lichtungen, meist entlang der ehemaligen Stra-ße, waren kleine Bergbauernhöfe; von manchen standen noch alle Gebäude, von anderen nur ein oder zwei, und manchmal war nur ein einsamer Kamin oder ein fast zu-gewachsener Keller übriggeblieben. Unkraut und Dor-

nengestrüpp hatten die Herrschaft übernommen, und im Unterholz raschelte es geheimnisvoll von wilden Tieren. Über allem lag ein Schleier von Unrast und Bedrückung; ein Hauch des Unwirklichen und Grotesken, so als sei ein wesentliches Element der Perspektive oder des Wechsels von Licht und Schatten zerstört.

Ich wunderte mich nicht, dass die Ausländer nicht blei-ben wollten, denn dies war keine Gegend, in der man ruhig schlafen konnte. Sie ähnelte zu sehr einer Landschaft von Salvator Rosa, zu sehr einem unheimlichen Holzschnitt aus einer Geistergeschichte. Aber all dies war nicht so schlimm wie die verfluchte Heide. Ich spürte es im selben Augen-blick, als ich im Grund eines weiten Tales auf sie stieß; denn keine andere Erscheinung hätte zu einem solchen Namen gepasst, und kein anderer Name hätte zu einer solchen Erscheinung gepasst. Es war, als hätte ein Dichter diese Wendung geprägt, nachdem er dieses Stück Land gesehen hatte. Es musste, so überlegte ich, von einem Brand verwüstet worden sein; aber warum war danach nichts mehr auf diesem fünf Morgen großen, grauen Öd-land gewachsen, das sich offen dem Himmel darbot wie ein großer, von einer Säure kahlgefressener Fleck inmitten der Wälder und Äcker?

Die Farbe aus dem All

Folge 2s H. P. Lovecraft

Zehn Fragen – zehn Antworten

V Karl-Bernd Karwasz

Seite 7 F O Y E R – MAINFRANKEN THEATER WÜRZBURG Oktober 2014

Sebastian Beckedorf hat seit September 2014 die Position des Ersten Kapellmeisters und des stellvertreten-den Generalmusikdirektors am Mainfranken Theater inne. Um ihn näher kennenzulernen, haben wir ihm zehn Fragen gestellt.

Fortsetzung folgt

1. Wie sind Sie zur Musik gekommen?

Obwohl ich nicht aus einer Musikerfamilie komme, habe ich von frühester Kindheit an immer viel Musik gehört und so ein Interesse dafür entwickeln können. Mit fünf Jahren war ich ganz begeistert von Karajan. Ich hatte eine Schallplatte, die ich immer wieder und wieder gehört habe. In dieser Zeit beschloss ich, Diri-gent zu werden.

2. Wie sind Sie dann zum Dirigieren gekommen?

Nachdem ich viele Jahre lang intensiv Klavier gespielt hatte, wollte ich einen Beruf ergreifen, in dem ich künst-lerisch tätig sein kann. Als Solorepetitor arbeitet man auf hohem musikalischem Niveau und hat gleichzeitig viel Kontakt zu anderen Menschen. Ein Dirigierstudium mit Hauptfach Klavier lag dann natürlich nahe.

3. Haben Sie für Ihre Arbeit Vorbilder?

Ja, die Dirigenten Carlos Kleiber, Claudio Abbado und Herbert von Karajan.

4. Auf welche Stationen können Sie zurückblicken?

Ich habe als Solorepetitor am Theater in Hildesheim begonnen und bin dann in der gleichen Position nach Braunschweig gegangen. Als es nach zwei Jahren einen GMD-Wechsel gab, haben sich für mich neue Chancen ergeben. Nach langer Vakanz sollte die Stelle des Ersten Kapellmeisters neu besetzt werden. Ich bewarb ich da-rauf und gewann das Auswahlverfahren. Bis Ende der Spielzeit 2013/2014 war ich in dieser Position tätig.

5. Was hat Sie in Ihrer bisherigen Laufbahn am stärks-ten herausgefordert?

Als Student hatte ich einen Monat Zeit, um eine Brahms-Sinfonie zu lernen. Das erschien mir damals irrsinnig kurz. Im späteren Berufsleben sah das noch einmal ganz anders aus: In Braunschweig stand bei-spielsweise Lady Macbeth von Mzensk auf dem Spiel-

plan. Ich sollte das Stück irgendwann nachdirigieren, konnte aber aufgrund anderer Produktionen bei den Proben nicht anwesend sein. Als dann der GMD Al-exander Joel kurzfristig erkrankt ist, musste ich inner-halb von 24 Stunden ohne Probe einspringen. Das war eine große Herausforderung, hat aber funktioniert. Am Theater muss man also schnell lernen können, wendig sein und darf nie die Nerven verlieren.

6. Was wünschen Sie sich für Ihre Zeit am Mainfran-ken Theater? Worauf freuen Sie sich am meisten?

Ich komme aus Hamburg, meine ersten beiden festen Stellen waren in Niedersachsen. Deswegen freue ich mich nach langer Zeit im Norden auf meine Zeit in Süddeutschland. Und vom Theater wünsche ich mir neue Impulse, viele spannende Begegnungen und He-rausforderungen.

7. Häufige Ortswechsel gehören zum Leben eines Dirigenten dazu. Was brauchen Sie, um in einer neuen Stadt anzukommen?

Eine Wohnung, ein paar gute Restaurants, viel mehr brauche ich nicht. Alles andere ergibt sich.

8. Welches Werk wollen Sie unbedingt mal dirigieren? Wer ist Ihr Lieblingskomponist?

Das Requiem von Mozart. Er ist für mich einer der größten Komponisten überhaupt. Sein Requiem habe ich seit meiner Kindheit viele tausend Male gehört, nur dirigiert habe ich es bislang nicht.

9. Haben Sie Lampenfieber, wenn ja, was hilft dagegen?

Wenn das Konzert beginnt, ist alles Lampenfieber wie weggeblasen! Darauf kann ich mich meistens verlassen.

10. Zu guter Letzt: Bier oder Wein?

Zu meiner Schande muss ich gestehen: Cola.

ÖFFNUNGSZEITEN DER THEATERKASSE: Di. – Fr.: 10.00 – 19.00 Uhr Sa.: 10.00 – 14.00 Uhr und 17.00 – 19.00 Uhr Sonn- und Feiertage: eine Stunde vor jeder Vorstellung.

IMPRESSUM: Herausgeber: Mainfranken Theater Würzburg, Theaterstraße 21, 97070 WürzburgIntendant: Hermann Schneider Kaufmännischer Geschäftsführer: Dirk Terwey Registergericht: AG WürzburgRedaktion und Redaktionsleitung: Daniela BellGestalterische Konzeption: Uli Spitznagel Fotos: Mainfranken Theater, Falk von Traubenberg, bzw. Einzelnachweise

Verlag und Druck: Main-Post GmbH & Co. KG, Berner Str. 2, 97084 Würzburg, Telefon: 09 31/6001-452 Persönlich haftende Gesellschafterin: Main-Post Verwaltungs GmbHRegistergericht: AG Würzburg HRB 109977Geschäftsführer: David BrandstätterProduktmanagement: Stefan Dietzer, Rainer GreubelGestaltung: Julia Haser, Stefanie KlanteAnzeigenberatung: Bianca Roth, [email protected] s = Autor, V = Fotograf, X = GrafikTitelbild: The Rake‘s Progress | V Falk von Traubenberg

Völlig aus den Fugen geraten scheint die unauf-dringliche Harmonie des Atriums, an der die Besucher des Mainfranken Theaters zwangsläufig vorbeilaufen, wenn sie den Musentempel durch den Haupteingang betreten. Von der Entenmama, die den ganzen Som-mer über hier wohnte, ist weit und breit keine Spur. Sie ist samt Nachwuchs verschwunden. Ebenso die bronzene Vogelverwandtschaft, die normalerweise den angewiesenen Platz zwischen Büschen, Farn und feinen Gräsern nie verlässt. Die vertrauten Skulpturen stehen nicht mehr, sondern sie liegen starr in einer Schubkarre. Stattdessen finden sich Stapel von Sand-säcken und allerlei Werkzeug. In einer Ecke stechen zwei Männer Schaufeln in die blanke, von Kieselstei-nen und Grünzeug bloßgelegte Erde. Sie heben einen Graben aus, einen Schützengraben, ein Erdloch – wie unsere Väter und Großväter seinerzeit im bestialischen Ersten Weltkrieg.

Die beiden sind Bühnentechniker des Mainfranken Theaters, die abseits der stationären Bühnen im Haus am Kardinal-Faulhaber-Platz eine Kulisse schaffen, durch die das Atrium als Zentrum des Theaters eine neue Dimension bekommt. Wie schon einmal in der ver-gangenen Spielzeit, als hier die neue Spielfläche ge-schaffen und mit Robert Woelfls Dreipersonenstück Wir verkaufen immer sozusagen eingeweiht wurde. Seinerzeit assoziierten die hohen Glaswände so et-was wie ein Labor, in dem sich Finanzberater, thea-tralisch verfremdet, bewegten und ihre stereotypen Ansichten kundtaten.

Diesmal entwickelt sich eine in Teilen der Welt ge-genwärtig reale Situation: Ein Mann im Krieg, im Kampf mit Feindseligkeit und seinem Inneren. Grundlage dafür ist die Novelle Sturm, in der Ernst Jünger Empfindun-gen und Augenblicke seiner Zeit als Soldat im Ersten Weltkrieg fiktional verarbeitete. Bereits 1913 hatte er sich freiwillig in Verdun zur Fremdenlegion gemeldet und zog auch im August 1914 voller Enthusiasmus an die Front, wollte er doch wie viele Künstler seiner Ge-neration die Konfrontation mit Tod und Leid unmit-telbar erleben. Diesen Stoff hat Intendant Hermann Schneider nun als Einpersonenstück in Szene gesetzt:

ein ungewöhnlicher Arbeitsplatz, körperlich fordernd und extrem arbeitsintensiv. Weit mehr als eine Woche sind die beiden mit Grabarbeiten beschäftigt. Davor haben sie Steine und Kies abgetragen, Pflanzen aus-gehoben, die Brunnen stillgelegt.

„Die ganze Landschaft wird angeraut sein“, so Mel-le. „Aber es wird keine klassischen Kriegsgeräusche geben, statt dessen eine Geräuschfläche anderer Art – mit sinnlichen und körperlichen Erfahrungen für das Publikum, das mit dem Rücken zur Bar in eine Art Guckkasten sehen wird“, deutet sie an. Dazu gehö-ren Toneinspie-lungen von Musikstücken von Anton Webern aus den Jahren 1913/1914 und Requisiten

Kriegsschauplatz im Atrium

Statt der bekannten schwarzweißen Fernsehbilder, die es dem Betrachter erlauben, das Kriegsgeschehen auf Distanz zu halten, wird die Laborsituation des Atriums erneut ein Einzelschicksal wie unter einem Vergrößerungsglas ins Bewusstsein des Würzburger Publikums rücken. Anders als in der Novelle ist der ti-telgebende Fähnrich Sturm deswegen auch aller Mit-streiter beraubt. Diese Zuspitzung erlaubt eine neue, andere Perspektive auf die geschilderte Epoche und kann den Bogen in die Jetztzeit schlagen. Auch wenn seit dem Ersten Weltkrieg 100 Jahre vergangen sind, hinterlässt ein Krieg, damals wie heute, bekannterma-ßen dramatische Spuren. Jünger, der in jungen Jahren den Krieg glorifiziert hat, sieht ihn in Sturm erstmals kritisch gebrochen, beleuchtet seine Vereinzelung aus-lösende Wirkung.

So passt Sturm zum diesjährigen Spielzeitmotto Krieg und Frieden, wird gleichzeitig durch die wirbelnden Weltereignisse hochaktuell. In der Bühnenfassung von Schneider denkt, vegetiert, überlebt, bewegt sich der Soldat Sturm, der im zivilen Leben Schriftsteller ist, in einer verwüsteten Landschaft. „Er krallt sich an der Sprache fest, denn nur über die Sprache kann er sich seiner selbst versichern“, unterstreicht Schauspieldrama-turgin Wiebke Melle Schneiders Entscheidung, entge-gen dem Original ein Einpersonenstück zu konzipieren.

Der Soldat ist sämtlichen Witterungsbedingungen ausgesetzt, wie in dieser Produktion des Mainfranken Theaters der Schauspieler Sven Mattke, denn das At-rium ist nur zur Hälfte überdacht. „Wenn es regnet oder gar schneit, entsteht ein ästhetischer Reiz. Es ist eingeplant, dass das Areal verschlammt – wie das im Krieg ja auch passiert“, erläutert Wiebke Melle.

Mit Sven Mattke hat Schneider einen Darsteller aus dem Würzburger Ensemble ausgewählt, der sich be-reits in den vergangenen beiden Jahren intensiv mit dem Ersten Weltkrieg auseinandergesetzt hat. Wäh-rend der Fernseh-Dreharbeiten zur belgischen Famili-ensaga „In Vlaamse Velden“ spielte er einen deutschen Feldwebel. Für die Bühnentechniker Markus Glöckner und Dieter Zippel ist das Atrium, der gläserne Kasten zwischen Eingangstüren, Kassen und Bewirtungstheke,

aus der Zeit des Ersten Weltkriegs: Zelte, Tornister, Waffen, Uniformen. „Natürlich sind die Kriege heute anders“, so Wiebke Melle. „Sie werden im Fernsehen gezeigt, doch wir im westlichen Alltag drücken die Szenen gern weg.“

Wer neugierig auf die entstehende Kriegslandschaft ist, kann bereits vor der Urauf führung am 19. Oktober vom Foyer aus einen Blick ins Atrium werfen. Ab nächs-tem Jahr wird die Spielstätte dann allmählich wieder der Natur überlassen. So dürfte die seit zehn Jahren treue Entenmama im kommenden Frühjahr wieder ein Plätzchen für sich und ihre Küken finden – auch wenn das Atrium in Zu kunft regelmäßig bespielt werden soll.

Ein ungewöhnliches Stück auf einer ungewöhnlichen Bühnes Ursula Düring | V Nico Manger, Thomas Obermeier

Die Bühnentechniker Markus Glöckner und Dieter Zippel gestalten das Atrium im Eingangsbereich des Mainfranken Theaters um. Wo im Sommer eine Entendame brütete, entsteht ein Kriegsszenario mit Schützengraben.

Schon einmal diente das Atrium als alternative Bühne, als das Stück Wir verkaufen immer im Glaskasten unter freiem Himmel aufgeführt, während das Publikum rund ums Atrium im Trockenen stand.

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