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Forum Nr 82 - Früherziehung · Geschäftsstelle Manuela Fehr Slongo Geschäftsstellenleiterin...

Date post: 17-Sep-2018
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F Forum Nr. 82 • September 2013 Schwerpunkt Frühgeborene Kinder
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FForumNr. 82 • September 2013

Impressum Forum Nr. 82 September 2013

Herausgeber Berufsverband der Früherzieherinnen und Früherzieher der deutschen, rätoromanischen und italienischen Schweiz (BVF)Einsenden an [email protected] Geschäftsstelle und Sandra Bruder Geschäftsstelle Manuela Fehr Slongo Geschäftsstellenleiterin Sagenriet 16 8853 Lachen Tel. 079 176 28 80 www.früherziehung.chKorrektorat Petra KellerDrucksachen bestellen BVF Sekretariat, Judith Duft-Waser E-Mail: [email protected] Tel. 041 240 15 82 / Fax 041 240 07 54Abonnemente Für BVF-Mitglieder im Mitgliederbeitrag inbegriffen Einzelnummer Fr. 12.–Inseratekosten unter www.frueherziehung.chInserate einsenden an [email protected] 70-7318-3Erscheinungsdaten April, September, DezemberRedaktionsschluss 1. Februar, 15. August, 1. NovemberBVF-Website www.frueherziehung.ch Spenden PC 70-7318-3Hinweis Der Inhalt der veröffentlichten Beiträge von AutorIn- nen muss nicht mit der Auffassung des Vorstandes und der Geschäftsstelle übereinstimmen. Das Copyright der im FORUM veröffentlichten Artikel unterliegt der Redaktion.

Schwerpunkt

Frühgeborene Kinder

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

Inhaltsverzeichnis

1

Berufspolitik

Editorial ................................................................................................................2

Aktuelles aus dem BVF - Zweimal hundert Tage im Amt .............................3

Die neuen Printausgaben sind da! ....................................................................6

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung 2013 .............................................8

Impressionen der 30. Mitgliederversammlung 2013 ................................... 16

Gemeinsame Aus– und Weiterbildungstage der Ausbildungsinstitute und des BVF 2013 ............................................................................................ 17

Schwerpunktthema

Herausforderungen Neonatologie (PD Dr. med. Mathias Nelle und Liliane Stoffel) ........................................ 22

Mütter von Frühgeborenen kommen zu Wort (Franziska Hänsenberger—Aebi) ..................................................................... 31

Frühe Intervention — für Kinder mit erhöhtem Entwicklungsrisiko (Margrit Hauser) ............................................................................................... 39

Wichtige IV-Leistungen (Daniel Schilliger) .................................................. 44

Services

Rezensionen ...................................................................................................... 46

Vorankündigung ............................................................................................... 49

Abkürzungsverzeichnis .................................................................................... 50

Stelleninserate ................................................................................................... 51

Weiterbildungskurse ......................................................................................... 53

Vorstand und Geschäftsstelle ..................................................................... 55/56

Impressum ....................................................................... Umschlag Aussenseite

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

2

Editorial

Gabi Kanzler-Jenny

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser „Vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren und mit einem Geburtsge-wicht unter 1500g.“ Was diese knap-pen Daten eines neugeborenen Früh-chens für den Start in sein noch so zerbrechliches Leben bedeuten kön-nen, ist anfangs ganz ungewiss. Si-cher ist nur die grosse Sorge um seine Gesundheit und sein Überle-ben. Die Sorge der Eltern, aber auch die Sorge der Mediziner, der Pfle-genden und Allen, die diese oft schwer belasteten ersten Wochen und Monate der Neugeborenen und ihrer Familien begleiten. Dieses Thema beschäftigte uns auch an den gemeinsamen Ausbildungsta-gen 2013 des BVF und der Ausbil-dungsstätten der HfH Zürich und der FHNW Basel. Einige Beiträge der Referentinnen und Referenten dieser Veranstaltung können Sie in dieser Ausgabe des Forums nachlesen. Wir

danken an dieser Stelle nochmals allen Beteiligten für die gelungene Zusammenarbeit. Und für Alle, die nicht an der Mit-gliederversammlung teilnehmen konnten: Das Protokoll der diesjähri-gen MV ist in dieser Ausgabe des BVF-Forums nachzulesen. Ebenso finden Sie weitere Beiträge und Re-zensionen. Wir vom BVF danken allen Autorin-nen und Autoren und wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und einen guten Start ins neue Ver-bandsjahr. Gabi Kanzler-Jenny Vorstand BVF

3 BVF-Forum Nr. 82 September 2013

Aktuelles aus dem BVF

Manuela Fehr Slongo

Aktuelles aus dem BVF

Zwei Mal 100 Tage im Amt

Das erste halbe Jahr in der Ge-schäftsstellenleitung ist wie im Fluge vergangen. Der ersten Flutwelle der Unüberschaubarkeit und Breite der Themen ist nun der Überblick in die ersten Winkel der Aufgaben der Ge-schäftsstelle gewichen. Während nach und nach die verschiedenen Aufgaben angegangen wurden, stell-te sich immer stärker heraus, welche hervorragende Arbeit bisher geleistet wurde. Der BVF ist in verschiedenen Themenbereichen fachlich gut posi-tioniert und breit vernetzt. Das Einarbeiten in die vielfältigen Aufgaben ist noch lange nicht zu Ende. Ein Wechsel ist immer auch die Chance, neue Schwerpunkte zu set-zen. Dies bietet die Möglichkeit, Ab-läufe zu überdenken, schriftlich fest-zuhalten, Betriebliches zu überprü-fen, Bewährtes zu erhalten und Neu-es auszuprobieren. Für die neuen Vorstandsfrauen bietet das zudem die Gelegenheit ebenfalls „neu“ einzusteigen, so dass Themen zusammen unvoreingenommen erar-beitet werden können. Neue Website

Im ersten Quartal hat die Geschäfts-

stelle die Neugestaltung der Website besonders beschäftigt. Mit einer grossen Portion Tatendrang wurde die neue Struktur und das neue Lay-out angegangen. Es galt, Inhaltliches zu erhalten und eine neue zeitge-mässe Struktur und ein neues Kleid zu finden. Dies alles unter grossem Zeitdruck, da die alte Website drohte abgeschaltet zu werden. Der Vorstand und die Geschäftsstelle hat mit dem neuen CMS (Content-Management-System: Bedienungs-programm der Website) eine gute Wahl getroffen. Es gelingt uns, schnell und selbständig die Homepa-ge aktuell zu halten.

Aus- und Weiterbildungstage

Im März fanden die gemeinsamen Aus- und Weiterbildungstage zu-sammen mit den Ausbildunginstitu-ten FHNW und HfH in Zürich statt. Dazu lesen Sie ausführlich in diesem Heft. Beeindruckt von der Vielseitig-keit der Referenten wirkten die ver-schiedenen Inputs noch lange nach. Ich hoffe, das Forum wirkt ähnlich anregend auf den Leser und die Le-serin.

Forum

Ganz ein besonderer Moment war die Redaktion und das Erscheinen

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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Aktuelles aus dem BVF

des Forums im April. Rechtzeitig zum Redaktionsschluss kamen die verschiedenen Artikel elektronisch an. Wir setzen künftig alles daran, das Niveau halten zu können und auch weitere Erneuerungen herbei zu füh-ren.

Anhörung SAV

Im Juni fand die Anhörung der EDK zum Standardisierten Abklärungs-verfahren (SAV) statt und der BVF verfasste anschliessend eine schriftli-che Stellungnahme dazu. Der BVF hat die Haltung herausge-strichen, dass ein standardisiertes Abklärungsverfahren zwar ein ver-folgenswertes Anliegen darstellt, das bestehende SAV aber nicht in dieser Form im Frühbereich angewendet wird und aus verschiedenen fachli-chen Gründen nicht eingesetzt wer-den könnte. Und daneben das Tagesgeschäft

Es gab Vorstandssitzungen vorzube-reiten, Arbeiten mit dem Sekretariat zu besprechen und zu koordinieren, mit den Vorstandsfrauen Kontakte zu pflegen und den Infofluss am Laufen zu halten, an verschiedenen Vernetzungstreffen teilzunehmen, Protokolle zu schreiben, Anfragen von Mitgliedern zu beantworten, die MV und das Mitgliederbüchlein vor-

zubereiten, in der Programmkom-mission des Kongresses und im Zeitschriftenbeitrat der SZH mitzu-wirken, die MV der ARPSEI zu besu-chen und und und.

Ausblick

Auch dieses Jahr hat sich der Vor-stand zusammen mit den Mitglie-dern neben den regulären Geschäf-ten einiges vorgenommen. Die Ge-schäftsstelle wird den Vorstand da-bei tatkräftig unterstützen. Aus dem Jahresprogramm sind die Anpassung des Bündner Standard für die Früherziehung und die Über-arbeitung des Handbuchs für Vor-stand und Geschäftsstelle die wich-tigsten Themen. Daneben will der Vorstand den Auftritt des Verbandes nach Innen und Aussen überarbei-ten. Das Thema ICF ist in vielen Diensten sehr aktuell. Der Vorstand wird sich auch hier Gedanken machen, in wel-cher Form und Umfang sich der Be-rufsverband an diesen Prozessen beteiligen kann. Auf die kommenden Aufgaben und Themen freue ich mich als Ge-schäftsstellenleiterin sehr. Zwei Sachen sind dabei klar: Es ist und bleibt spannend und dem BVF geht die Arbeit nicht aus! An dieser Stelle einen Dank an alle, die uns Rückmeldungen zur Website

5 BVF-Forum Nr. 82 September 2013

gegeben haben, seien es Anregun-gen, die wir gerne umzusetzen ver-suchen, und natürlich auch denjeni-gen, die Positives zu vermelden hat-ten. Ebenfalls einen herzlichen Dank von meiner Seite an all die treuen und neuen Autorinnen und Autoren im Forum, dank Ihnen gelingt es, in unserem kleinen Berufsverband eine

so grosse Verbandszeitschrift zu publizieren. Manuela Fehr Slongo Geschäftsstellen-leiterin BVF

Aktuelles aus dem BVF

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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Pünktlich zur MV im Mai konnten un-ser neues Berufsbild „Heilpädagogi-sche Früherziehung – ein sonderpäda-gogischer Beruf“ und der Leitfaden „Medien in der Heilpädagogischen Früherziehung“ abgegeben werden. Diese beiden Broschüren liegen der aktuellen Ausgabe des Forums bei.

Endlich ist es da – das neue Berufs-bild! Und gleichzeitig wurde auch der Leitfaden für Umgang und Nut-zung von Digitalen Medien in der Heilpädagogischen Früherziehung fertig gestellt. Die Entstehung der beiden Werke wurde bis zuletzt von unseren beiden Kolleginnen Rosma-rie Schär Häller und Brigitte Eisner-Binkert mit betreut. Nochmals ein ganz herzliches Dankeschön euch beiden, für euer Engagement weit über eure ‚Demissionen‘ hinaus! Wer hat nicht schon seit längerem gedacht, ein ‚neues Berufsbild‘ (bzw. die Auffrischung des alten…) täte Not. Vor bald zwei Jahren nahmen sich Vorstand und Geschäftsstelle dieses Projektes an und verfolgten ab dann kontinuierlich die Ziele: frisch und ansprechend, aber auch differenziert und alle Problemkreise erwähnend, und somit spezifisch für Interessentinnen und Interessenten

für unseren Beruf in der Berufs- und Studienberatung einsetzbar soll es sein! Die Umsetzung war komplex und wollte gut vorbereitet und geplant sein:

• das gemeinsame Erarbeiten der Projektskizze und der Projektziele an einer Retraite des Vorstandes zusammen mit der Geschäftsstel-lenleiterin,

• das Definieren der berufsspezifi-schen Begriffe und die Verifizie-rung der fachlichen Inhalte in den beiden Arbeitsgruppen Terminolo-gie und Inhalt,

• die Suche nach gezielter fachlicher Unterstützung (Journalist, Fotogra-fin) und das Besprechen der Auf-träge derer im persönlichen Ge-spräch,

• das Suchen nach geeigneten Set-tings und das Erstellen der ver-schiedenen Portraits in den Famili-en und mit den einzelnen Perso-nen,

• das exakte Redigieren der Texte mit Überprüfung der fachlichen Inhalte,

• sowie auch die Auswahl der aussa-gekräftigen Fotos durch unsere Vorstandsfrauen und das Layouten des Gesamten mit der Druckerei…

Barbara Jäger

Die neuen Printausgaben sind da!

Die neuen Printausgaben sind da!

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All das wurde geschafft, so dass das Erscheinungsbild neugierig macht auf die Lektüre und unser vielseitiger und -schichtiger Beruf möglichst vollstän-dig porträtiert und präsentiert ist. Selbstredend verknüpfen wir damit die Erwartung, dass Interessierte noch mehr darüber wissen wollen, sich vertiefter mit diesem speziellen sonderpädagogischen Beruf – Heil-

pädagogische Früherziehung — aus-einandersetzen und dann bei ent-sprechender Eignung bzw. Neigung in die Masterausbildung bzw. in die Ausübung unseres Berufs einsteigen. Fast nebenher – auf Grund der Aktu-alität – nahm unsere ehemalige Ge-schäftsstellenleiterin Brigitte Eisner-Binkert letzten Sommer mit einer separaten Arbeitsgruppe das Erarbei-ten und Erstellen des Leitfadens für

den Umgang und Nutzung von Di-

gitalen Medien in der Heilpädago-

gischen Früherziehung in Angriff. Auch hier brauchte es viel Koordina-tion und Kooperation auf verschie-denen Ebenen, um dieses umfangrei-che und sehr differenzierte Handout für Arbeitende in der Heilpädagogi-schen Früherziehung zu erstellen! Vieles wurde auf dem Mail-Weg und in Kleingruppen be- und erarbeitet.

Hierbei wurde der BVF (nebst den bereits Erwähnten) von vielen weite-ren guten Helferinnen und Helfern im Hintergrund unterstützt, denen wir uns sehr verbunden und zu grösstem Dank verpflichtet fühlen! Die Koordination eines Projektes ist nach dem BVF-Konzept an die Ge-schäftsstellenleitung gebunden. Das Realisieren eines solchen ist jeweils sehr aufwändig, und erfordert von der entsprechenden Person einerseits viel fachliches Know-how und ande-rerseits Organisations- sowie Kom-munikationstalent. In beiden nun abgeschlossenen Fäl-len waren wir als Gesamtvorstand wie immer aufgefordert, mitzuden-ken und Entscheidungen zu treffen. Wir meinen, dass wir die Bestmögli-chen getroffen haben und hoffen, ihr als erfahrene Berufsleute seht dies ebenso. Barbara Jäger Präsidentin BVF

Die neuen Printausgaben sind da!

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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ORT: Hotel Zofingen, Zofingen DATUM: Freitag, 31. Mai 2013 VORMITTAGSPROGRAMM 10.15 Uhr — 12.00 Uhr

Inputreferat von Frau Dr. Marianne Rychner (Bildungssoziologin, Dozen-tin am ISP, Institut Spezielle Päda-gogok und Psychologie in Basel), „Fallverstehen als Teil der Professio-nalisierung“

STATUARISCHER TEIL 13.45 Uhr — 15.15 Uhr Anwesend

Präsidentin 2 Vorstandsmitglieder 1 Geschäftsstellenleiterin 1 Sekretärin 42 Aktivmitglieder 1 Gast

Entschuldigt

Sandra Bruder und Geraldine Loch-matter, Vorstand 27 Mitglieder Verschiedene geladene Gäste 1. Beginn der Mitgliederversammlung: Begrüssung und Mitteilungen

Barbara Jäger, BVF Präsidentin, er-öffnet die GV und begrüsst alle An-wesenden. Im Besonderen begrüsst sie unseren Gast Frau Silvia Schny-der vom SZH in Bern, zuständig für HFE. Ebenfalls heisst sie unsere Mit-glieder Frau Christina Koch, Frau Susanne Kofmel und Herr Mathias Lütolf von der HfH in Zürich und von der Fachhochschule Nordwest-schweiz (FHNW PH ISP), Frau Prof. Dr. Christine Meier-Rey, herzlich willkommen. Im Weiteren begrüsst sie die Präsidentin des VHDS, Frau Ruth Hürlimann. Entschuldigt haben sich Frau Sandra Hutterli (Generalsekretärin der EDK), Herr Urs Strasser (Rektor der inter-kantonalen Hochschule für Heilpä-dagogik HfH, Zürich), Frau Beatrice Kronenberg (Direktorin der SZH), Jan Weisser (Leiter ISP FHNW) sowie die Dozentin Frau Franziska Grob. Auch entschuldigt sind Christoph

Manuela Fehr Slongo, Judith Duft-Waser

Protokoll der 30. ordentlichen

Mitgliederversammlung BVF 2013

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung

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Frei (VAD, Mitglied IG FHS), Frau Luisa Gallay (Präsidentin ARPSEI) und unsere Vorstandsmitglieder Sandra Bruder und Geraldine Loch-matter und zahlreiche weitere Mit-glieder. Die Präsidentin gedenkt dem lang-jährigen BVF Mitglied, Frau Regis Arber, die leider verstorben ist.

2. Wahl der Stimmenzählerinnen und Genehmigung der Traktandenliste

Herr Mathias Lütholf und Frau The-res Bachmann werden einstimmig fürs Auszählen der Stimmen ge-wählt. Die Zahl der aktiven und damit stimmberechtigten Mitglieder beträgt inklusive Vorstand und Geschäfts-stellenleitung 45 Personen. Die Traktandenliste wird einstimmig genehmigt.

3. Genehmigung des Protokolls der 29. MV vom Freitag, 1. Juni 2012

Im Forum Nr. 79/September 2012 wurde das Protokoll der Mitglieder-versammlung vom 1. Juni 2012 im Hotel Zofingen, Zofingen publiziert. Auf die Verlesung wird verzichtet. Es wird von den Mitgliedern einstim-mig genehmigt.

4. Genehmigung des Jahresberichts 2012/13 der Präsidentin

„Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ein Ozean.“

Mit diesem Zitat von Isaac Newton zählte Barbara Jäger einige dieser Tropfen des vergangenen Jahres auf, welche auch im Jahresbericht im Forum Nr. 81 vom April 2013 nach-zulesen sind. All dies geschah unter der massgeb-lichen Mitarbeit von vielen freiwilli-gen Helferinnen und Helfer. Barbara Jäger bedankt sich bei diesen sowie bei den Vorstandsfrauen für die akti-ve Mitarbeit und den frischen Wind. Der Jahresbericht 2012/2013 wird einstimmig genehmigt und dem Vor-stand Entlastung erteilt. Auch die Jahresberichte der IGFF BE und der IGFF ZH werden verdankt.

5. Entgegennahme des Revisionsbe-richts und Genehmigung der Jahres-rechnung 2012

Gabi Kanzler-Jenny erläutert die Jahresrechnung 2012 wie folgt: Der Gewinn ist hauptsächlich durch das Auflösen des Rückstellungskon-tos Berufsbild und einen Mehrerlös bei den Inseraten entstanden. Frau Rita Jüni und Frau Elisabeth

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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Gubler, unsere beiden kompetenten Revisorinnen, haben die Rechnung 2012 geprüft. Frau Elisabeth Gubler liest den Revisionsbericht vor und empfiehlt der MV, die Jahresrech-nung zu genehmigen. Die Jahresrechnung 2012 wird ein-stimmig angenommen und der Kas-sierin, Gabi Kanzler-Jenny, und dem Vorstand Entlastung erteilt.

6. „Bündner Standard“: Vorstellen des Projektes und Einsetzen einer Arbeits-gruppe

In Zusammenhang mit dem Thema Kindeswohlgefährdung und Kindes-schutz sowie grenzverletzendem Verhalten von Erwachsenen gegen-über Kindern und weiteren schutzbe-dürftigen Personen, hat sich der Vorstand des VHDS mit dem Vor-stand des BVF darüber ausgetauscht und abgesprochen, zusammen Richt-linien für die Einschätzung grenz-verletzenden Verhaltens zu erarbei-ten. Diese sollen allen in der HFE Arbeitenden Anhaltspunkte geben, was – in welcher Form – und in wel-chem Zusammenhang als grenzver-letzend oder übergriffig einzustufen ist und wie im gegebenen Fall vor-gegangen werden kann. In der Zwischenzeit kam nun eine Anfrage zur Vernehmlassung von der Stiftung Kinderschutz Schweiz zu einem Leitfaden für Fachperso-

nen, die in sozialen und pädagogi-schen Kontexten im Frühbereich begleitend, beratend und therapeu-tisch tätig sind. Was dies im Speziellen mit einem „Bündner Standard“ zu tun hat, dar-über informiert Angela Hepting, Vorstand VHDS und Leiterin HPD Graubünden, anhand einer anschau-lichen Präsentation. Im Wesentlichen stellt sie das Einstufungsraster mit dem Ampelsystem vor. Fachperso-nen erhalten eine Anleitung welches Verhalten wie eingestuft und was getan werden muss. Die Abstimmung über die Bildung einer Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines Standards für die HFE, wird einstimmig angenommen.

7. Jahresprogramm 2013/2014

Frau Barbara Szabo verweist darauf, dass das Jahresprogramm mit der Einladung für die Mitgliederver-sammlung verschickt wurde. Barbara Szabo erläutert die Schwer-punkte für dieses Verbandsjahr fol-gendermassen:

• Neuauflage der Webseite im April 2013: Der Start hat guten Anklang gefunden, der Vorstand freut sich über den neugestalteten Internet-

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung

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auftritt. Rückmeldungen dazu bitte gerne an die Geschäftsstelle.

• Überarbeitung des Handbuches vom Vorstand und der Geschäfts-stelle: Rosmarie Schär Häller und Barbara Szabo haben schon daran gearbeitet. Diese Arbeit muss aber noch abgeschlossen werden.

• Anpassung des „Bündner Stan-dard“ für die Früherziehung.

• Entwicklung ICF (Hearing SZH) – Was bedeutet das für die Heilpäda-gogische Früherziehung?

Im Forum werden folgende Themen behandelt:

• September 2013: Schwerpunkt Frühgeborene

• Dezember 2013: Schwerpunkt Professionelle Unter-stützung – Intervision, Supervisi-on, Coaching

• April 2014: ICF: Wo steht die Heilpädagogi-sche Früherziehung 2014?

Termine:

• 28. – 30. August 2013: Heilpäda-gogik-Kongress Bern: Was ist ein gutes Leben?

• Oktober 2013 – März 2014: 2. Kurs Sensorische Integration in der HFE

• 2014: Gemeinsame Aus- und Wei-terbildungstage BVF / HfH / FHNW ISP

• 23. Mai 2014: 31. Mitgliederver-sammlung 30 Jahre BVF

Das Jahresprogramm wird einstim-mig genehmigt. Frau Manuela Fehr Slongo, BVF Ge-schäftsstellenleiterin, präsentiert die Neuerungen der Webseite online.

8. Budget 2013

Frau Gabi Kanzler-Jenny stellt das Budget 2013 vor. Die Mitgliederbeiträge werden in etwa der gleichen Höhe budgetiert wie im letzten Jahr. Der Aufwand bleibt ebenfalls im vergleichbaren Rahmen. Der Vorstand hat zusam-men mit der Geschäftsstelle be-schlossen, weniger „Polster“ zu bud-getieren. Das heisst, das Budget möglichst nach den effektiven bere-chenbaren Zahlen zu erstellen. Das Budget wird von den anwesenden Mitgliedern einstimmig genehmigt.

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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9. Mutationen / Wahlen

Leider müssen wir ein Vorstands-mitglied in seiner Abwesenheit verabschieden. Geraldine Lochmatter war seit dem Jahr 2009 im Vorstand. Sie hat neben dem Ressort Kommunikation und Öffentlich-keitsarbeit, das sie sehr kompetent betreute, auch die Leitung der Vorstandsitzungen übernommen. Sie war im Forumsbeirat, betreute die Webseite und half jeweils beim Forum mit. Der Wohnsitzwechsel zurück in die Heimat, ins Wallis, Wechsel des Früherziehungsdienstes und Gründung einer Familie veranlassten sie, schweren Herzens, wie sie sagte, aus dem Vorstand auszutreten. Im Vorfeld fragte die Präsidentin Geraldine Lochmatter, was sie sich wünsche als Abschieds-geschenk, meinte sie in ihrem charmanten Walliserdütsch: „Nichts – nur ein Rosi!“ Wir werden Geraldi-ne Lochmatter in bester Erinnerung behalten. Wir dürfen aber gleich zwei neue Kolleginnen, die sich dem Vorstand zur Verfügung stellen, vorstellen:

Marianne Bossard lernte zuerst Psychomotorik-Therapeutin, arbeitet seit 2011 bei „Das Kind im Zentrum“ in Oensingen. Im Jahr 2012 erlangte sie den Master in HFE am ISP Basel. Marianne hat durch ihre Hobbies Musik und Volleyball bereits Erfahrung in ehrenamtlicher Tätigkeit, was ihr den Einstieg bei uns sicher erleichtert. Nicole Fust, gelernte Kindergärtne-rin, hat sich nach dem Heilpäda-gogik Studium mit dem Master in Schulischer Heilpädagogik in einer Schweizer Schule betätigt. Seit 2011 arbeitet sie als Früherzieherin im Heilpädagogischen Dienst St. Gallen – Glarus. Die beiden Damen beteiligen sich seit Januar schon aktiv an den Geschäften des Vorstandes und sind bereit, in den kommenden Jahren die Geschicke des BVF mitzugestalten und zu verantworten. Die anwesenden Mitglieder wählen Marianne Bossard und Nicole Fust einstimmig und mit grossem Applaus in den Vorstand.

10. Informationen

SZH / EDK: Frau Silvia Schnyder, Mitarbeiterin des SZH, weist noch-mals auf den Heilpädagogikkongress vom 28. – 30. August 2013 in Bern hin. „Was ist ein gutes Leben?“ – wird der Titel sein.

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung

13 BVF-Forum Nr. 82 September 2013

VHDS-Statistik 2012: Ab nächstem Jahr wird es dazu ei-nen angepassten Fragebogen geben. EDK-Zusammenarbeit betreffend dem Standardisierten Abklärungs-verfahren (SAV): Beim 3-Phasen-Fragebogen werden noch Lücken geschlossen. Parallel findet am 18. Juni das Hearing statt. Nachher wird entschieden, welche Erkenntnisse umgesetzt werden. Frau Ruth Hürlimann, Präsidentin VHDS informiert über die Vereinstä-tigkeiten des VHDS: Der VHDS führt pro Jahr zwei Ta-gungen für Stellenleitende durch. Der Vorstand hat sich neu konstitu-iert: Alfonsina Cajochen, Esther Koller Stuber und Kathrin Omlin sind beim VHDS-Vorstand zurückgetreten. Als neue Vorstandsfrauen konnten An-gela Hepting und Jacqueline Fluri gewonnen werden. Ruth Hürlimann übernimmt das Präsidium.

Christine Meier Rey, FHNW PH ISP, Basel, informiert: Für den nächsten Studiengang ha-ben sie 17 Anmeldungen. Im März 2013 fanden die Aus- und Fortbil-dungstage statt, die die Ausbil-dungsinstitute zusammen mit dem BVF anbieten. Frau Christina Koch, Leiterin der Ausbildung Sonderpädagogik mit Vertiefungsrichtung HFE an der HfH Zürich, informiert: Im 6-semestrigen Studium sind im Moment 14 Studentinnen. 2012 ha-ben 22 Studentinnen mit 5 Semes-tern (90 ECTS-Pkt.) gestartet. Im September 2013 werden 23 Studen-tinnen ihr Studium beginnen. Für das Studium muss man nicht Heilpä-dagogin sein. Der Studiengang ist berufsbegleitend und es sind Kinder-gärtnerInnen, PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen und auch andere verwandte Berufe zugelassen. Frau Christina Koch dankt für die gute Zusammenarbeit mit den Stellen für die Berufspraktika.

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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11. Varia

Barbara Jäger verabschiedet Brigitte Eisner-Binkert als Geschäftsstellen-leiterin des BVF: Brigitte Eisner-Binkert hat von Anfang 2007 bis Ende 2012 die Geschicke des BVF geleitet. Ihre lange Verbundenheit mit dem BVF ersieht man aus ver-schiedenen alten Dokumenten. Ihr Name ist laut Präsidentin das erste Mal 1988 aufgetaucht, als sie Stim-menzählerin an der MV war. Von 1993 bis 1999 war sie BVF Präsiden-tin. Via Geheimtipp von verschiede-nen Kolleginnen wurde sie im Som-mer 2006 für das wichtige Amt der Geschäftsstellenleiterin angefragt. Unter der Führung von Brigitte Eis-ner-Binkert ist die Geschäftsstelle von einem Dienstleistungszentrum für die Mitglieder zu einem fachli-chen Profizentrum gewachsen. Ne-ben der Arbeit im stillen Kämmer-lein, Mails kamen zu jeder Tages- oder Nachtzeit, war Brigitte Eisner-Binkert in der Öffentlichkeit das Ge-sicht des BVF und konstant am Brennpunkt früherzieherischer The-men. Sie hatte die Nase immer im Wind und nahm „Trends“ auf. Das umsichtige Wirtschaften mit den Vereinsfinanzen war ihr gegeben, sah doch die Rechnung meistens besser aus als das Budget vorgese-hen hatte. Die Fäden des Verbandes sind bei ihr zusammengelaufen und alle konnten sich auf sie verlassen.

Sie hat dem Vorstand viel Arbeit abgenommen. Sie war in allen Gre-mien der HFE, mit Kontaktpflege über die Landesgrenzen hinaus, an-erkannt. Fachlichkeit war stets ihre oberste Prämisse, dennoch hatte Per-sönliches und Gemütlichkeit auch einen hohen Stellenwert. Die dienst-liche Verabschiedung fand im Win-ter statt. Für den Verband und für uns alle war Brigitte Eisner-Binkert eine Institution und CEO wie es im Buche steht. Nach der langen Aufzählung all ih-rer Verdienste und Umsetzungen diversester Arbeitspapiere, dankt die Präsidentin Brigitte Eisner-Binkert nochmals herzlichst im Namen aller, mit denen sie zusammengearbeitet hat. Sie erhält zum Abschied einen Blumenstrauss. Brigitte Eisner-Binkert erzählt an-schaulich, natürlich mit Rabenau, wie könnte es anders sein, all ihre Taten aus ihrer Sicht und mit einer

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung

15 BVF-Forum Nr. 82 September 2013

Prise Humor gespickt. Sie bedankt sich zum Schluss bei allen, die sie in dieser Zeit begleitet haben. Seit 20 Jahren sind folgende Kolleginnen Mitglied beim BVF: Dr. Andrea Burgener Woeffrey, Susanne Kofmel Ruchat, Eva Merz, Edith Hai-ler und Carmela Marra. Auch die Stiftung St. Josephsheim in Brem-garten ist 20 Jahre Kollektivmitglied beim BVF. Silvia Felber ist sogar schon 25 Jahre Mitglied beim BVF. Alle anwesenden Jubilarinnen erhal-ten von Manuela Fehr Slongo, der neuen Geschäftsstellenleiterin, als Dank für ihre Treue eine Rose über-reicht. Barbara Jäger bedankt sich bei allen längerfristigen freiwilligen HelferIn-nen, die den BVF tatkräftig unter-stützen: Francesca Kühnis-Dietz, Netzwerk Kinderrechte Schweiz, Kat-rin Bader und Sarah Tiras, Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz, den Revi-sorinnen Rita Jüni und Elisabeth Gubler und der Lektorin Annette Frey Keller. Die Anwesenden erhal-ten eine Rose. Die beträchtliche Anzahl freiwilliger Helferinnen und Helfer der abgeschlossenen Arbeitsgruppen erhalten zum Dank für ihr Engagement einen Schaumwein Moscato d’Asti und eine Rose.

Ohne die Unterstützung all dieser engagierten Mitglieder und auch Externen könnte der BVF nicht so viele verschiedene Aufgaben und Arbeiten bewältigen. Herzlichen Dank! Annette Frey Keller hat nach mehre-ren Jahren als Lektorin/Korrektorin diese Arbeit abgegeben und erhält als Dank einen Büchergutschein. Neu übernimmt dieses Amt ab 2013 Petra Keller. Aus dem Forumsbeirat sind Jacqeli-ne Fluri (SO), Nadine Blumer-Plüss (AG) und Geraldine Lochmatter aus-getreten. Barbara Jäger appelliert an die Mit-glieder, sich als freiwillige HelferIn-nen zu melden. Die nächste MV findet am Freitag, 23. Mai 2014 wiederum in Zofingen statt. Barbara Jäger schliesst die Versam-mlung und lädt zum Apéro ein. Ende der Versammlung 15.15 Uhr Für das Protokoll Judith Duft-Waser Sekretärin Manuela Fehr Slongo Geschäftsstellenleiterin

Protokoll der 30. Mitgliederversammlung

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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Impressionen der 30. Mitgliederversammlung

Impressionen der 30. Mitgliederversammlung

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Gemeinsame Aus– und Weiterbildungstage

Die gemeinsamen Ausbildungstage der Ausbildungsinstitute der Heilpä-dagogischen Früherziehung wurden auch dieses Jahr zusammen mit dem Berufsverband BVF durchgeführt. Am 6. und 7. März 2013 trafen sich Studierende der Sonderpädagogik mit Vertiefungsrichtung Heilpädago-gische Früherziehung und Fachper-sonen der Heilpädagogischen Früh-erziehung in Zürich an der Hoch-schule für Heilpädagogik. Die Aus-bildungstage befassten sich mit dem Thema „Frühgeborene Kinder im Kontext von Unterstützungsmass-nahmen“. Herr PD Dr. med. Mathias Nelle, In-selspital Bern, gestaltete das Einfüh-rungsreferat zum Thema „Entwick-lung des Neugeborenen und beson-dere Aspekte der Neonatologie“. Die Schweiz hat mit 10% Frühgebo-renen eine der höchsten bekannten Frühgeborenenraten in Europa. Frühgeburtlichkeit bedeutet, eine Geburt vor der 37. Schwanger-schaftswoche mit einem Geburtsge-wicht unter 2500g. Extrem klein geborene Kinder mit einem Geburts-gewicht unter 1500g machen mehr

als 1% aus. Das Durchschnittsalter der Frauen bei der ersten Geburt beträgt 30 Jahre. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für eine Früh-geburt. Die Kaiserschnittrate in der Schweiz beträgt gegen 30%. Das Risiko für Frühgeburten steigt damit für die nächsten Schwangerschaften. Auch Mehrlingsgeburten mit einem Risiko für Frühgeburten nehmen zu. 50% der frühgeborenen Kinder ha-ben keine Behinderung. Entwicklungsprobleme von ehemals Frühgeborenen zeigen sich in Stö-rungen der Motorik, in kognitiven Störungen, in Verhaltensproblemen, ADHS und in visuellen und auditi-ven Störungen. 50% der frühgeborenen Kinder ha-ben später Lern- und Schulprobleme. Speziell betroffen sind die Mathema-tik, das Lesen und die Rechtschrei-bung. Frau Lilian Stoffel und Frau Kathrin Hirter, Inselspital Bern, stellten das Projekt „COPE – Entwicklungsför-dernde Konzepte für Familien mit einem frühgeborenen Kind“ vor. COPE bedeutet “Creating Opportuni-ties for Parent Empowerment”. Die

Christine Meier Rey

Gemeinsame Aus– und Weiterbildungstage der Ausbildungsinstitute HFE der deutschsprachigen Schweiz und des Berufsverbandes BVF vom 6. und 7. März 2013 in Zürich

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Neonatologie des Inselspitals führte ein Umsetzungsprojekt zusammen mit dem Bereich Pflege durch. Be-reits bestehende Aspekte am Insel-spital waren eine Wahrnehmungs- und entwicklungsfördernde Pflege, das Känguruhen, die Stillförderung und eine familienzentrierte Pflege. Resultate einer Literaturrecherche ergaben, dass eine intensivmedizini-sche Betreuung auf der Neonatologie ein hohes Ausmass an emotionaler und finanzieller Belastung für Eltern und das Gesundheitssystem erzeugt. Angst, Unsicherheit und fehlendes Wissen im Umgang mit Frühgebore-nen beeinflussen die Eltern-Kind-Interaktion. Es besteht ein hohes Informationsbedürfnis der Eltern. Folgende Optimierungen können durch COPE erreicht werden: Verbes-serte elterliche psychische Gesund-heit, verbesserte Eltern-Kind-Interaktionen, Verbesserung der kognitiven Entwicklung der Kinder, verkürzte Hospitalisationsdauer und geringere Kosten. Der Ablauf des COPE-Projekts ges-taltet sich wie folgt: Zwei bis vier Tage nach der Geburt erhalten die Eltern die Edukations-materialien mit Informationen über Sinn und Zweck des Programms. Die Eltern lesen und hören die Informa-tionen, Elternaktivitäten werden ein-geführt und auf die nächste Sequenz wird hingewiesen. Vier bis acht Tage nach der Geburt

wird eine wertschätzende Bespre-chung der festgehaltenen Beobach-tungen geführt. Die Eltern erhalten Informationen bezüglich dem Ver-halten von Frühgeborenen. Die El-tern lesen und hören die Informatio-nen. Es erfolgen Elternaktivitäten mit Beobachtungsaufgaben und In-formationen bzgl. der nächsten Se-quenz. Ein bis sieben Tage vor dem Austritt aus dem Spital wird eine weitere wertschätzende Besprechung der Beobachtungen vorgenommen. Die Eltern erhalten Informationen zur Entwicklung und Förderung, zu sechs Bewusstseinszuständen des Kindes und zum Verhalten von Ge-schwistern. Anschliessend folgen Vorbereitungen auf das Elternsein zuhause. Ein bis zwei Wochen nach dem Aus-tritt wird mit den Eltern telefonisch Kontakt aufgenommen. Sie werden nach dem Befinden der Familie mit ihrem Kind zuhause befragt. Hier endet das COPE-Programm. Aktuell können Eltern vom COPE- Programm profitieren, wenn die Kin-der vor der 34. Schwangerschafts-woche geboren werden oder wenn die Kinder zwischen der 34. und 37. Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1800g geboren werden. Die Eltern sollten deutsch, englisch oder spa-nisch verstehen können.

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Frau Dr. Franziska Hänsenberger-Aebi, Burgdorf, diskutierte mit drei betroffenen Müttern zum Thema „Frühgeborene Kinder – frühgebore-ne Eltern: im Gespräch mit betroffe-nen Müttern“. Die Mütter erzählen von ihren persönlichen Erfahrungen vor und nach der Geburt im Spital. Es spielt eine Rolle, ob die Mutter sich auf eine frühe Geburt vorberei-ten kann oder ob sie notfallmässig gebären muss. Für die Mütter waren die ersten Tage nach der Geburt von Unsicherheit geprägt. Es ging um die Frage, ob das Kind überlebt? Als unterstützend für den Aufbau einer Bindung zum Kind wurde das Kän-guruhen bezeichnet. Auch der frühe Einbezug der Mütter in die Versor-gung und Pflege des Kindes wurde positiv bewertet. Schwierig war es für die Mütter, selber heimkehren zu können und das Kind weiterhin in Spitalpflege zu lassen. Anregungen und Wünsche der Müt-ter betreffen einerseits Ärztinnen, Ärzte und Pflegende und anderer-seits die Heilpädagogische Früherzie-hung oder eine „Drittperson“. Von den Ärztinnen, Ärzten und Pflegen-den wünschen sich die Mütter eine bessere Kommunikation unter den beiden Berufsgruppen, wie auch ge-genüber den Eltern. Häufige Wechsel der Ärztinnen/Ärzte verunmöglich-ten eine kontinuierliche Kommuni-kation. Die Mütter wurden schlecht über Untersuchungen oder Verle-

gungen ihrer Kinder informiert. Die Mütter wünschen sich weiter eine Begleitung durch eine „Drittperson“ während des Spitalaufenthaltes und danach. Dabei soll es um allgemei-nen Austausch gehen, der nicht mit einer Fachperson des Spitals geführt wird. Die Heilpädagogische Früher-zieherin könnt diese Rolle der „Drittperson“ übernehmen und die Familie im Spital und danach beglei-ten. Frau Dr. Franziska Hänsenberger-Aebi, Burgdorf, referierte zum The-ma „Sehr kleine Frühgeborene und ihre Mütter“. Sehr früh geborene Kinder definiert Frau Hänsenberger-Aebi als Kinder, die vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren werden mit einem Geburtsgewicht von max. 1500g. In der Schweiz betrifft dies jährlich 700 - 750 Kin-der. 10% dieser Kinder sterben. Gründe für die geringe Mortalität sind medizinische Fortschritte, Medi-kamente, Medizinaltechnik und Inf-rastruktur, verbesserte Diagnostik und die Möglichkeit der künstlichen Ernährung. Beeinträchtigungen sind in den Be-reichen der Motorik, der Kognition, der Wahrnehmung, der Sprache und der sozio-emotionalen Entwicklung möglich. Bei Müttern frühgeborener Kinder stimmen die Vorstellung über das Kind und die Vorstellung über die

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eigene Rolle als Mutter nicht über-ein. Frühgeborene Kinder sind an-ders. Es erfolgt oft eine frühe Tren-nung zwischen Mutter und Kind, da das Kind im Spital bleiben muss. Im Spital existiert keine Privatsphäre für Mutter und Kind. Mütter erleben emotionale Krisen mit Trauer, Vor-würfen, Schuld oder gar Neid auf reifgeborene Kinder. Sorgen um das Überleben des Kindes können in emotionale Distanziertheit zum Kind münden. Wichtig in dieser ersten Phase ist die soziale Unterstützung für Eltern, um in die Rolle als Mutter oder Vater hineinzuwachsen. Dies kann durch eine fachkundige „Drittperson“ ge-schehen und über die Entlassung aus dem Spital hinaus fortgesetzt wer-den. Die Diskussion in Murmelgruppen zu Anforderungen an Angebote der Heilpädagogischen Früherziehung ergab folgende Ergebnisse:

• Niederschwelliges, individuelles und interdisziplinäres Angebot.

• Begleitung vor und nach der Ent-lassung aus dem Spital.

• Kurzzeitige und längerfristige In-terventionen.

• Angebote auch auf Abruf. • Beitrag zur Früherkennung. Frau Dr. med. Sabine Höck, Mün-chen, stellte das Projekt „Harl.e.kin: Ein Nachsorgeprojekt für frühgebo-rene Kinder und Eltern in Bayern“

vor. Die zu frühe Geburt oder die Erkrankung eines Kindes stellen oft hohe Anforderungen an die Famili-en. Frühgeburtlichkeit stellt ein Risi-ko für die kindliche Entwicklung dar, das umso höher ist, je früher ein Kind geboren wird und je mehr peri-natale Belastungen es erfährt. Frühgeburtlichkeit beinhaltet für die Eltern Verunsicherungen, psychische und soziale Belastungen bis hin zu traumatischen Erfahrungen. Es ent-steht eine kumulative Wirkung von biologischen und psychosozialen Risiken. Diese Risiken wurden im Projekt angegangen. Heute umfasst das Projekt acht Standorte in Bay-ern. Mobile Dienste der Frühförde-rung arbeiten zusammen mit Nach-sorgeschwestern. Das Angebot ent-hält kombinierte Fachkompetenz im Tandem. Der Erstkontakt zu den El-tern wird im Spital angebahnt. Das Projekt zeichnet sich aus durch Nie-derschwelligkeit und sekundäre Prä-vention. Es geht dabei um nachhalti-ge Stärkung der Elternkompetenz, um die Unterstützung des Bindungs- und Beziehungsaufbaus, um die Un-terstützung der Verarbeitung des individuellen Belastungserlebens, um die Verminderung von Entwick-lungsrisiken der Kinder und um frü-he Vernetzung mit weiteren Hilfe-systemen. Die breit abgestützten Informationen der Referierenden ergaben für die

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Studierenden vielfältige Anregun-gen. Die künftigen Heilpädagogi-schen Früherzieherinnen wurden angeregt, die Thematik von Frühge-borenen und deren Familien für die Heilpädagogische Früherziehung als mögliches Tätigkeitsfeld zu erfassen und zu bedenken. Es geht dabei um interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Pädagogik und Medizin.

Prof. Dr. Christine Meier Rey Pädagogische Hoch- schule FHNW ISP Dozentin Professur IDH Elisabethenstr. 53 4002 Basel christine.meierrey@ fhnw.ch

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� Herausforderung Neonatologie

Immer mehr Kinder kommen zu früh auf die Welt. Mit Fortschritten in der Medizin und Pflege und der Einrich-tung von spezialisierten Zentren (sog. Perinatalzentren) erhöhten sich in den letzten Jahren die Chancen sehr kleiner Frühgeborener, gesund zu überleben und heranzuwachsen - dennoch sind zu früh geborene Ba-bys nach wie vor Hoch-/Risikopatienten und bedürfen einer spezialisierten Behandlung. Bis heute ist die Frühgeburt Haupt-ursache der Sterblichkeit Neugebore-ner. Knapp 8000, also etwa 10% aller Neugeborenen, kommen in der Schweiz zu früh auf die Welt - Ten-denz weiter deutlich steigend! Leben und Überleben bekommt im Angesicht der heutigen medizini-schen Möglichkeiten eine ganz an-dere Bedeutung. Während vor nicht allzu langer Zeit – etwa 10 Jahren – die so genannte „magische Grenze“ des Überlebens dieser Frühgeborenen bei 1000 g Geburtsgewicht lag, sinkt diese Grenze stetig und wir haben es heute in der Neonatologie mit früh-geborenen Kindern zu tun, die ein Gewicht bis unter 500 g haben. Heu-te haben Kinder mit einem Geburts-gewicht unter 750 g eine Überle-

bensrate von über 70 — 80%. Auf die 40 Wochen dauernde Schwan-gerschaft eines gesunden Neugebo-renen bezogen heisst das, dass man-che Frühgeborene nach der Hälfte dieser Entwicklungszeit auf die Welt kommen und mit dem viel zu frühen extrauterinen Leben zurecht kom-men müssen. Ohne die hochspeziali-sierte Intensivmedizin der Neonato-logie würden es die meisten dieser kleinen Kinder nicht schaffen zu überleben. Aber was bedeutet in diesem Zusam-menhang eigentlich Überleben? Leben sie gut und können sie eine normale Kindheit erwarten? Oder müssen einige von ihnen mit Behinderungen oder gar mit dem Tod rechnen? Es ist daher gerechtfertigt, einmal Bilanz zu ziehen und sich die Frage zu stellen, wo stehen wir, welche Prognose haben die Kinder, wohin gehen wir mit unseren Bemühungen und unserer Behandlung? Wie kön-nen wir und die Eltern damit umge-hen? Zwei Schwerpunkte erscheinen der-zeit von so grossem Interesse, dass sie die zukünftige Entwicklung der Neonatologie beeinflussen werden:

PD Dr. med. Mathias Nelle und Liliane Stoffel

Herausforderungen Neonatologie

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• Die Einrichtung von spezialisierten Perinatalzentren verbessert das Outcome von früh- und reifgebo-renen Kindern nach kritischer neo-nataler Erkrankung

• Weiterentwicklung des Manage-ments und Behandlung von Neu-geborenen durch gemeinsame Richtlinien und Netzwerkbildung

Die Erreichung dieser Ziele, welches derzeit das zentrale Anliegen der Neonatologie darstellt, erfordert eine Reihe von medizinischen Entwick-lungen. Nicht nur medizinische Probleme sind zu lösen, sondern auch ethische und psychologische Fragen sind zu beantworten. Konsequente Zentralisierung der Risi-koschwangerschaften und Versorgung der Frühgeborenen unter optimalsten Bedingungen

Die grösste Herausforderung für die Neonatologie sind die frühen Früh-geborenen, d.h. Kinder, die vor 32 vollendeten Schwangerschaftswo-chen geboren werden. Diese Patien-ten machen etwa 1% aller Neugebo-renen in der Schweiz aus, belegen rund 60% aller neonatalen Intensiv-betten und tragen mit 40% zu den neonatalen Todesfällen bei. In den 80er Jahren starb noch jedes dritte Kind, das bei der Geburt unter 1500 Gramm wog. Ein wesentlicher Faktor

in der Verbesserung der Betreuung dieser Patienten ist die Zentralisie-rung vor der Geburt. Das Modell eines Perinatalzentrums, in dem Ge-burtshilfe und Neonatologie unter einem Dach vereint sind, wurde in Bern schon in den neunziger Jahren angestrebt und mit dem Bezug in der neuen Frauenklinik 2002, direkt ne-ben der Kinderklinik (mit chirurgi-schem und kardiologischem Schwer-punkt), konsequent weiterverfolgt. Das Resultat, dass heute im Kanton Bern mehr als 90% aller frühen Frühgeborenen in utero ins Zentrum verlegt und dort unter optimalen Bedingungen entbunden und weiter-versorgt werden und damit deutlich bessere Lebenschancen haben, spricht für sich.

Für die steigende Anzahl frühgeborener Kinder gibt es verschiedene Gründe:

• Häufung der Mehrlingsschwanger-schaften durch den vermehrten Einsatz reproduktionsmedizini-scher Verfahren (generell erhöhtes Risiko der Frühgeburtlichkeit bei Zwillingen und Mehrlingen),

• Fortschritte in der Forschung und neonatologischen Intensivmedizin,

• die Möglichkeiten des frühen und geplanten (oder des notfallmässi-gen) Kaiserschnitts unter Hinzuzie-hung von Neonatologen zur opti-malen medizinischen Versorgung des Frühgeborenen,

Herausforderung Neonatologie �

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• bessere Vorsorge in der Schwan-gerschaft (und damit die verbesser-te Chance auf ein Austragen des Kindes bis zu einem Zeitpunkt, zu dem die Wahrscheinlichkeit des Überlebens gross genug ist),

• Regelwidrigkeiten im Schwanger-schaftsverlauf oder Erkrankungen der Mutter sowie des Ungeborenen, die eine vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft zur Folge haben.

Zusammenarbeit verstärken durch Netzwerke

Zu den fünf universitären Perinatal-zentren kommen noch St. Gallen, Chur, Luzern, Aarau und das Univer-sitäts-Kinderspital Zürich, die alle in einem Verbund zusammengeschlos-sen sind. Dieser Verbund unterhält über das Internet ein Nachweissys-tem über freie neonatale Intensiv-plätze. Damit ist es möglich, bei Vollbelegung der eigenen Intensiv-station, eine Mutter mit drohender Frühgeburt (z.B. bei Drillingen) in ein Zentrum zu verlegen, in dem Mutter und Kind zusammen betreut werden können. So kann eine risiko-reiche postnatale Verlegung von Neugeborenen, die eine Intensivbe-handlung benötigen, vermieden wer-den. Damit eine Zentralisierung von Schwangeren mit drohender Frühge-burt und anderen hohen Risiken für Mutter und Kind funktioniert, braucht es nicht nur die baulichen

und organisatorischen Vorausset-zungen in den Zentren, sondern auch die Bereitschaft der Geburtskli-niken, solche Hochrisiko-Patientin-nen zu verlegen. Diese Einsicht hat sich in den letzten Jahren bei der überwiegenden Mehrheit der Ge-burtshelfer durchgesetzt.

Die Prophylaxe

Die Vermeidung des kritischen Zu-standes von Neugeborenen erscheint zweifellos als die potenteste Mass-nahme zur Erreichung des Zieles. Bisher hat sich die Neonatologie in vielen Fällen auf die Rolle der Be-handlung des eingetretenen Prob-lems – sei es Asphyxie oder Frühge-burtlichkeit, Sepsis, Fehlbildung etc. beschränkt. Diese Funktion alleine wird in Zukunft immer weniger zu halten sein. Hand in Hand mit der zunehmend effektiveren pränatalen Diagnostik steigt auch die Notwen-digkeit der immer stärkeren Einbin-dung des Neonatologen in die Fetal-medizin. Mitarbeit im Bereich der pränatalen Diagnostik, wie z. B. Be-urteilung der Prognose von erkenn-baren Fehlbildungen, Zusammenar-beit bei der Erstellung effektiver pe-ripartaler Managementstrategien, Beratung der Eltern, (Mit-) Organisa-tion des postpartalen Behandlungs-planes über die Zeitgrenze des Neu-geborenenalters zusammen mit an-deren Spezialisten hinaus etc., sind

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solche Aufgaben, welche der Neona-tologe in Zukunft mehr wahrnehmen wird. „Late Preterms“ von SSW 34 0⁄ 7 bis 36 6⁄ 7: grösster Anteil der Frühgebore-nen

Die Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie hat Empfehlungen für die Betreuung dieser „knapp zu früh“ geborenen Kinder erarbeitet. Darin werden minimale Standards festgelegt und die personellen und apparativen Voraussetzungen defi-niert. Daraus werden Kriterien abge-leitet für die Verlegung einer Schwangeren mit Risiko von einer peripheren Geburtsabteilung in ein Perinatalzentrum mit integrierter Neonatologie und für die Verlegung eines Kindes nach der Geburt in eine neonatologische Abteilung. Es wer-den die Voraussetzungen definiert, die zwingend gegeben sein müssen, damit ein knapp zu früh geborenes Kind bei seiner Mutter auf einer Wo-chenbettstation betreut werden kann, und welche Kriterien für die Entlassung nach Hause erfüllt sein müssen. Es ist zu hoffen, dass mit der Umsetzung dieser Standards we-niger „Late Preterms“ unter Atem-not, Unterkühlung, Unterzuckerung, Gelbsucht usw. unnötig leiden müs-sen und damit einem niedrigeren Risiko für Schädigungen ausgesetzt werden.

Es besteht hier klar ein Potential zur Verbesserung. Zudem zeigt sich in Studien, dass diese bisher vernach-lässigte Gruppe von Frühgeborenen nicht unerhebliche Handicaps im weiteren Leben davontragen. Gerade hier wäre ein frühzeitiger und ge-zielter Ansatz zur frühen Prävention angezeigt. Prävention der chronischen Lungener-krankung

Einmal auf der Welt, bleibt keine andere Wahl – egal zu welchem Zeitpunkt – als Sauerstoff einzuat-men, um den Körper mit diesem es-senziellen „Naturstoff“ zu versorgen. Und natürlich wird die unvorbereite-te noch unreife Lunge, z.B. eines Frühgeborenen von 25 Wochen, he-rangezogen, um diese Gasaufnahme zu gewährleisten. Aber kann sie das, und was passiert, wenn sie es nicht kann? Die künstliche Beatmung eines zu früh geborenen Kindes hat bei 10% der Kinder die typische Lungen-krankheit der unreifen Lunge, der bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) zur Folge. Die BPD führt nicht nur zu einer lebenslangen Beeinträchti-gung der Lungenfunktion, sondern stellt auch den wesentlichen Risiko-faktor für eine gestörte psychomoto-rische Entwicklung dieser Kinder dar. Ziel muss daher sein, die BPD zu verhindern. Strategien zur Prä-

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vention sind daher eine frühzeitige Verlegung ins Zentrum und Beginn einer Lungenreifungsinduktion und, wenn erforderlich, schonende Beat-mung oder auch deren Vermeidung. Neue Techniken mittels nicht-invasiver Beatmung sind weniger aggressiv und schädigen die Lungen in geringerem Ausmass. Weniger Schädigung der Lungen bedeutet aber auch kürzerer Aufenthalt in der Klinik und besseres Outcome und Entwicklung, sowohl somatisch als auch psychisch. Verbesserung des Monitorings verbes-sert Outcome

Monitoring und therapeutische Techniken (z. B. Neuromonitoring, vaskuläre Zugänge, Beatmungsgerä-te, Infusionseinrichtungen) sind be-sonders an sehr kleine Frühgeborene anzupassen. Mangelhaftes Monito-ring (z. B. Sauerstoffsättigung, Er-kennung zerebraler Anfälle) sowie therapeutische Prozeduren erschei-nen für das neurologische Outcome zunehmend von Bedeutung, ebenso wie Hautpflege und eine adaequate enterale Ernährung.

Follow-up nach neonatologischer In-tensivbehandlung wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen

Das funktionelle Outcome von Kin-dern nach eingetretener zerebraler Schädigung hängt erwiesenermassen

von rehabilitativen und psychosozial begleitenden Massnahmen ab. Die lückenlose Betreuung dieser Kinder bis ins Berufsleben ist als integraler Bestandteil der eingeleiteten neona-tologisch-pädiatrischen Behandlung zu sehen. Allerdings sind dafür er-hebliche sozio-ökonomische An-strengungen notwendig, wodurch deutlich wird, dass medizinische Entwicklung auch einen bedeuten-den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Hintergrund aufweist. Das sich im Wandel befindliche Pati-entenbild der Pädiatrie wird dies in Zukunft mehr als bisher zu berück-sichtigen wissen. Gerade der Aspekt der frühen Erfas-sung von Abweichungen und damit die Prophylaxe und frühzeitige Be-handlung ist ein zentrales Anliegen.

Hinterfragen, ob das, was man tut wirklich richtig ist

Die Neonatologie stellt eine ver-gleichsweise junge Wissenschaft mit noch vielen offenen Fragen dar. Im Zeitalter der „evidence-based medi-cine” und dem Ruf nach Leitlinien werden die klinische (zumeist multi-zentrische) Forschung und resultie-rende Entwicklung valider, neuer, diagnostischer und therapeutischer Verfahren sowie qualitätssichernde Massnahmen entscheidend in den Vordergrund rücken.

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Neonatale Intensivmedizin - Alles Technik?

Neben den technischen Errungen-schaften und besseren Beatmungs-techniken, dem künstlichen Ersatz des fehlenden Surfactants, braucht es ein vieles Mehr, um den Belangen der frühgeborenen Kinder gerecht zu werden. Das Zusammenspiel ver-schiedener Berufsgruppen, den Pfle-genden und ärztlichen Mitarbeitern, trägt in hohem Mass zu einem ge-sunden Überleben bei. Studien aus Schweden konnten zeigen, dass Frühgeborene, die nach speziellen Pflegealgorhythmen, wie auch hier in Bern, behandelt werden (sogenannte NIDCAP-Behandlung – „Neonatal Individual Development Care“), sich deutlich besser neurolo-gisch entwickeln, als die Vergleichs-weise nach Standard „normal“ ge-pflegten Kinder. Neu hinzu gekom-men ist seit 2012 mit COPE (Creating Opportunities for Parent Empower-ment) ein Elterenedukationspro-gramm.

Entwicklungsfördernde Pflege- und präventive Behandlungsstrategien

Bis zu den 90er Jahren war die Be-handlung geprägt von den Bedürf-nissen und Wünschen des Personals und gestaltete sich somit „funktional“. In den Jahren danach propagierten Heidelinde Als aus Bos-ton und die Wiener Neonatologin

Marina Marcovich erstmals die sanf-te, individuelle und entwicklungsför-dernde Pflege, welche einerseits die Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt und anderer-seits die Einbindung der Familie in die Behandlung fördert. Die Bedeu-tung der psychosozialen Betreuung von Kind und Familie ist damit inte-graler Bestandteil der medizinischen Behandlung. Die Ansichten von Als und Marcovich und ihr Umgang mit den Frühgeborenen waren zu jener Zeit sehr provokativ. Erst die sehr kontrovers geführten Diskussionen haben zu wesentlichen neuen inno-vativen Denkanstössen in der Be-handlung von Frühgeborenen ge-führt. Einige ihrer damals propagier-ten Konzepte sind heute im klini-schen Alltag selbstverständlich ge-worden. Mit der Behandlung soll an die intrauterinen Bedingungen des Kindes angeknüpft werden. Intraute-rin erlebt das Kind eine Umwelt mit einem Tag-Nacht-Rhythmus, hat Schlaf-Wachphasen und ist wenig Licht und nur einem minimalen Ge-räuschpegel ausgesetzt. Es schluckt Fruchtwasser, erfährt angenehme Berührungsreize sowie passive Be-wegungen und wird in den aktiven Bewegungen durch die Gebärmutter eingegrenzt. Es ist in ständiger Inter-aktion mit seiner Mutter. Durch die meist abrupte Geburt wird das Kind viel zu früh in eine Umwelt hinein-

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geboren, welche darauf bedacht ist, ihm mit „hochtechnisierter Medizin“ zum Überleben zu verhelfen. Dabei werden die unreifen Funktionen un-terstützt (Kreislauf, orale Nahrung, Wärmezufuhr) oder ersetzt (Beat-mung, parenterale Ernährung). Nebst den allgemein gültigen intensivme-dizinischen Massnahmen bieten wir dem Kind eine individuelle Betreu-ung an und sind bemüht, den Start ins Leben so „sanft“ wie möglich zu gestalten. Studien dazu zeigen, dass so behandelte Kinder weniger Behin-derungen haben und die Qualität des Überlebens deutlich besser ist. Gemeinsame Forschung von Pflege und Medizin ist eng mit der Praxis ver-knüpft

Seit zehn Jahren existiert eine inten-sive Zusammenarbeit und seit eini-gen Jahren gibt es einen Kooperati-onsvertrag zwischen dem Inselspital und dem Institut für Pflegewissen-schaft der Universität Basel. Wir unterstützten diese Kooperation aus Überzeugung. Forschung, Lehre und die klinische Praxis profitieren da-von, die Pflege wird besser, effizien-ter und kostengünstiger. Zu Kosten-einsparungen führten beispielsweise die Erkenntnisse der Schmerzfor-schung. Als Folge werden heute in erster Linie nicht-medikamentöse Mittel angewendet. Dazu zählt das

Einwickeln der Kinder, bestimmte Haltetechniken, damit sich die Früh-geborenen besser spüren, oder dass Eltern die Kinder auf den Körper nehmen. Eines der effizientesten und günstigsten Schmerzmittel ist eine zuckerhaltige Lösung, Saccharose genannt. Alle diese Behandlungen sind wirksam und lösen keine Ne-benwirkungen aus. Folgedessen müssen keine Schäden behandelt werden, der Patient bleibt insgesamt gesünder.

Mensch im Zentrum

Die Würde des Menschen ist in der Abteilung der Neonatologie des In-selspitals Bern ein zentrales Thema. Die kleinsten Patienten werden als vollwertige Menschen wahrgenom-men. Sie stehen im Zentrum der ge-meinsamen Behandlung. Ihre Fähig-keiten und ihr Lebensrhythmus sind massgebend für Medizin und Pflege. Dass auch die Eltern einbezogen und betreut werden müssen, ist heute ebenfalls selbstverständlich. Die Pflegeforschung hat sich in den letz-ten zehn Jahren vermehrt um die Belange der Neonatologie geküm-mert. Dass kürzlich publizierte Stu-dien aus den USA einen direkten Zusammenhang zwischen medizini-schen Eingriffen und kognitiven Störungen belegen konnten, zeigt ebenfalls, dass der in Bern gefahrene

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Kurs der «sanften» Behandlung er-folgsversprechend ist.

Ethische und psychologische Aspekte

Natürlich muss in diesem Zusam-menhang die Frage nach der Ethik gestellt werden. Es stellt sich hierbei nicht die Frage, ob extrem unreife Frühgeborene grundsätzlich behan-delt werden sollen, sondern wie sie mit verbesserten Langzeitergebnissen behandelt werden können. Hier setzt ein derzeit intensiv ge-führter Dialog ein über die Frage nach Grenzen des Einsatzes von In-tensivmedizin. Dabei geht es nicht nur ums Überleben an sich, sondern vor allem auch um die Überlebens-qualität und den Preis, den ein Kind und seine Familie dafür bezahlen. Eine Arbeitsgruppe hat aktuell 2011 die Schweizer Empfehlungen für die Betreuung von extrem frühgebore-nen Kindern überarbeitet (siehe auch www.neonet.ch).

Ethik und Palliativmedizin als Konzept verankert

Wenn im Verlauf der Betreuung sol-cher Kinder abzusehen ist, dass die Prognose schlecht ist, dann stellt sich die Frage, wie Ärzte und Eltern damit umgehen, wenn der Tod des Kindes zu erwarten ist. Das Betreu-ungskonzept in Bern zeigt, dass die Einbeziehung der Familie in den Prozess der Entscheidungsfindung

zur Umorientierung des Therapieziels von Heilung auf Palliation eine günstige Auswirkung auf den Trau-erverlauf, auf Schweregrad und Dau-er der elterlichen Schuldgefühle im Zusammenhang mit dem Verlust des Kindes oder auf die Häufigkeit pa-thologischer Trauerreaktionen hat. Der Umgang mit Eltern derartig be-troffener Kinder erfordert professio-nelle Hilfe, auch über den Tod des Kindes hinaus. Das ist nur interpro-fessionel zu leisten.

Fazit

Obwohl frühgeborene und risikoneu-geborene Kinder eine höhere Präva-lenz von entwicklungsneurologi-schen Beeinträchtigungen aufweisen, zeigen neuere Berichte, dass es zu einer Kompensation von „zerebralen Defekten“ im Laufe der weiteren Entwicklung in den ersten Lebens-jahren kommen kann. Die Verbesse-rung der Mortalität und Morbidität ist – neben standardisierten Thera-pierichtlinien - auch einem qualita-tiv besseren und besser vernetzten Qualitätsmanagement und Prozessen in der medizinischen Behandlung und Pflege zu verdanken. Mit der kontinuierlichen Verbesserung auf diesem Gebiet, in den Bereichen ex-perimenteller und klinischer For-schung, lassen sich für die nächsten Jahre sehr vielversprechende Per-spektiven erwarten.

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Wünsche für die Zukunft

Schaffung von ausreichenden Plät-zen für die Behandlung von kranken Neugeborenen. So können mehr Ri-siko-Schwangere unter optimalsten Bedingungen im Perinatalzentrum entbinden. Das Konzept der umfas-senden Betreuung der Familie, der Mutter und des Neugeborenen an einem Zentrum mit allen vorhande-nen Spezialisten und Spezialitäten, wie sie nur ein Universitätsspital in dieser hohen Qualität gewährleisten kann, wird in Zukunft richtungswei-send sein. Dass Gesellschaft und Entschei-dungsträger die Bedeutung des Peri-natalzentrums erkennen und die dafür notwendigen Mittel zur Verfü-gung stellen. Nur so kann die Auf-gabe einer hochspezialisierten Medi-zin für Mutter und Kind erfüllt wer-den. Einsparungen im Gesundheitswesen wirken sich nachhaltig in die Zu-kunft bei unseren kleinsten Patien-ten aus. Weil diese noch ihr ganzes Leben vor sich haben lohnt es hier zu investieren, das bedeutet auch Lebensqualität zu sichern und damit langfristig Kosten zu sparen!

Trotz knapper Ressourcen ist es er-forderlich, die Qualität der medizini-schen Behandlung, Pflege und Nach-betreuung unserer kleinen Patienten hochzuhalten. Das heisst auch, Pro-zesse neu zu formulieren und inte-grativer über die Fachbereiche und Berufsgruppen hinaus zusammen zu arbeiten. Nationale und internatio-nale Vernetzung und Kooperation sind in Zukunft unabdingbar. PD Dr. med. Mathias Nelle Abteilungsleiter Neonatologie Uni-versitätsklinik für Kinderheilkunde Inselspital Bern mathias.nelle @insel.ch Liliane Stoffel Pflegeexpertin Neo FK, Abteilung Neo-natologie Universi-tätsklinik für Kin-derheilkunde Insel-spital Bern liliane.stoffel @insel.ch

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Unter den von der Heilpädagogi-schen Früherziehung (HFE) betreuten Kindern finden sich immer öfter auch ehemals Frühgeborene. Für die HFE ist aber nicht nur das Kind von Interesse, sondern auch das Erleben seiner Eltern. Vier Mütter aus der Dissertationsun-tersuchungsgruppe der Autorin (Hänsenberger-Aebi 2011) berichten deshalb im Folgenden von ihren Erfahrungen als „frühgeborene Mut-ter“: Schwangerschaften können wäh-rend Monaten völlig unauffällig ver-laufen und dann plötzlich eine dra-matische Wende nehmen. Den Eltern bleibt kaum Zeit, sich auf das oft traumatisierende Geschehen einzu-stellen. Meine Schwangerschaft verlief bis zur 28. Schwangerschaftswoche (SSW) absolut ohne Probleme. An-fang 29. SSW hatte ich dann am Abend eine Blutung und fuhr wegen dieser ins Spital. Dort wurde mir mitgeteilt, dass ich höchstwahr-scheinlich eine Schwangerschaftsver-giftung hätte und umgehend ins Frauenspital nach Bern verlegt wer-den müsse, da es eine Frühgeburt geben könnte. Wir fuhren dann di-

rekt ins Frauenspital. (Mutter von Sanna, Geburtsgewicht (GG) 1170g; Geburtstermin (GT) 28;6 SSW) Die zu frühe Geburt kann sich aber auch bereits während der Schwan-gerschaft abzeichnen und die Eltern dadurch weniger überraschen: Aller-dings prägen dann meist grosse Un-sicherheiten im Wechsel mit Hoffen auf einen positiven Ausgang der Schwangerschaft die Wartezeit bis zur Geburt. Schon nach der 20. SSW war bei mir eine Placentainsuffizienz be-kannt und es war absehbar, dass es zu einer extremen Frühgeburt kom-men wird. Ich wurde darauf vorbe-reitet, dass das Kind eventuell schon vorher im Bauch sterben könne, weil die Versorgung der Placenta nicht ausreiche. (Mutter von Luca, GG 490g; GT 27;3 SSW). Die eigentliche Geburt – oft erfolgt sie mit Kaiserschnitt – wird unter-schiedlich bedrohlich erlebt. Das gegenseitige Kennenlernen von El-tern und Kind erfolgt jedoch fast immer unter sehr erschwerten Bedin-gungen. Nicht selten sehen die Müt-ter ihr Kind erstmals auf einer Pho-tographie.

Franziska Hänsenberger-Aebi

Mütter von Frühgeborenen kommen zu Wort

Mütter von Frühgeborenen kommen zu Wort �

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� Mütter von Frühgeborenen kommen zu Wort

Nach der Geburt lag ich einige Tage auf der Intensivstation und konnte Luca deshalb nicht auf der Neonato-logie besuchen. Er konnte auch nicht zu mir gebracht werden. Sein Pfleger hängte mir, als ich noch bewusstlos war, ein Foto über das Bett. Als ich aufwachte, sah ich mein Kind so das erste Mal auf dem Foto. (Mutter von Luca) Obschon von Seiten der Medizin und der Pflege alles versucht wird, um Mutter und Kind so rasch als mög-lich einen Kontakt zu ermöglichen, kann es bis zur Erstbegegnung Stunden oder gar Tage dauern. Unser Kind wurde vom OP sofort in einen anderen Raum gebracht. Ich habe es nicht sehen können. Ich wusste nicht, wie es ihm geht. Erst als ich wieder in meinem Zimmer war, bekam ich die Info, dass es selbständig atmet und stabil ist. (Mutter von Eric, GG 730g; GT 29;5 SSW) Viele Mütter erschrecken beim An-blick ihres Kindes, welches so gar nicht ihrer Vorstellung eines gesun-den, rosigen Neugeborenen ent-spricht. Sie zweifeln, ob so ein fragi-les Kind überhaupt überleben kann. Manchmal versuchen sie gar, sich emotional noch nicht zu stark auf dieses Wesen einzulassen.

Die Gefühle waren sehr gemischt. Glücksgefühle, Trauer, Angst und eine grosse Erleichterung, dass San-na überhaupt lebt. Obwohl Sanna wie eine kleine nackte Fledermaus aussah, gehörte sie einfach zu uns und in unser Herz. (Mutter von San-na) Ich durfte kurz meine Hand in die Isolette halten und Eric berühren. Ich hatte Angst, dass ich ihn verletze, weil er noch so klein und so fein-gliedrig war. Von nun an hatte ich permanente Angst, dass unser Kind nicht über-lebt! (Mutter von Eric) Wenige Tage nach der Geburt wer-den die meisten Mütter dann nach Hause entlassen, ihr Kind jedoch bleibt in der Klinik zurück. Rational für die Mütter zwar nachvollziehbar, wird das Zurücklassen des eigenen Kindes von ihnen emotional den-noch oft als Scheitern, Versagen, ja gar als Verrat am eigenen Kind emp-funden. Ich musste 7 Tage nach der Geburt ohne Kind nach Hause. Es war einer der für mich emotional schlimmsten Momente. (Mutter von Eric) Bzgl. meines Entlassungstages hatte ich gemischte Gefühle. Für mich selbst war ich einfach froh, das Spi-tal endlich verlassen zu können, auf

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der anderen Seite hatte ich ein ex-trem schlechtes Gewissen, Sanna so alleine im Spital zurückzulassen. Auch war Angst dabei, dass ich nicht schnell genug wieder im Spital wäre, falls es Sanna schlecht gehen würde oder bei ihr ein Notfall wäre. (Mutter von Sanna) Der Entlassungstag war für mich sehr schlimm. Ich konnte mich fast nicht von Emely lösen, wusste aber, dass ich nun ohne sie nach Hause gehen werde. Mir war natürlich be-wusst, dass sie noch einige Wochen im Krankenhaus bleiben wird und daher war es für mich fast ein biss-chen wie ein Versagen von mir. Man stellt es sich doch so schön vor, dass man als Familie etwa eine Woche nach der Geburt des Kindes glücklich und zufrieden aus dem Spital aus-tritt und ich musste diesen Weg ohne Kind gehen. (Mutter von Emely, GG 770g; GT 28;1 SSW) Sobald es Gesundheit von Mutter und Kind erlauben, werden die El-tern in die Betreuung und Pflege

der Kinder einbezogen. Pflegende und Ärzte unterstützen Eltern beim Beziehungsaufbau mit ihrem Kind. Meist finden Kontakte zu Beginn beim Känguruhen statt; bald schon kommen Handlungen wie füttern, baden, wickeln, massieren u.a. dazu. Mit wenigen Ausnahmen konnten

mein Mann oder ich täglich mit un-serem Kind känguruhen. Dies war für elf Wochen jeweils das Highlight des Tages. Die Pflegenden bezogen uns soweit es ging auch in die Pflege unseres Kindes (Windeln wechseln, baden, eincremen) mit ein. Sobald unser Kind kräftig genug war, durfte ich es auch so gut es ging stillen. (Mutter von Eric) Angehörige, Freunde und Bekannte reagieren völlig unterschiedlich auf das Elternpaar, welches ohne Kind nach Hause kommt. Einige bieten unkompliziert Hilfe und Unterstützung an. Die Reaktionen aus unserem Umfeld waren sehr positiv. Natürlich mach-ten sich alle Sorgen um Sanna und ihre Gesundheit, aber wir hatten durch unsere Familien eine sehr grosse Unterstützung. Unser Freun-deskreis hat den Kontakt zu uns ge-sucht und zuerst vorsichtig gefragt, ob wir Telefonanrufe oder Besuche möchten. (Mutter von Sanna) Andere vermeiden das Ansprechen des Ereignisses. Nebst vielem Positivem erlebte ich auch anderes: Meine Schwiegereltern z.B. besuchten mich erst nach einem Monat. Sie konnten mit dieser Situa-tion überhaupt nicht umgehen. Der Bekannte, welcher Götti von Luca

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werden sollte, meldete sich gar nie. Nur gerade seine Frau liess mir über unsere Nachbarn einen Gruss aus-richten. Wir haben seither keinen Kontakt mehr. Es gab Leute im Dorf, welche mir dann, als ich wieder zu Hause war, aber eben ohne Kind, aus dem Weg gegangen sind, um nicht mit mir ins Gespräch zu kommen. (Mutter von Luca) Die Organisation des häuslichen

Alltags fordert neben den nach Möglichkeit täglichen Besuchen in der Klinik alle Eltern: Möglicherwei-se gibt es Geschwisterkinder, welche Aufmerksamkeit verlangen, die Hausarbeit bleibt liegen, die Gesprä-che mit dem Partner drehen sich oft um das frühgeborene Kind, Sozial-kontakte werden auf ein Minimum reduziert, die oft sehr langen An-fahrtswege in die Klinik fordern Zeit und Kraft. Viele Mütter haben das Gefühl, ihren eigenen Ansprüchen weder zu Hause noch in der Klinik zu genügen. Nach meiner Entlassung bestand mein Alltag darin aufzustehen, kurz zu duschen, das Nötigste im Haus-halt zu erledigen, ins Spital zu fah-ren, die Zeit bei Sanna so gut es ging zu geniessen, nach Hause zu fahren, etwas zu essen, zu schlafen. Irgendwie habe ich einfach funktio-niert, aber vieles ist so nebenbei vor-beigegangen. Ausser zwischendurch

mit unseren Eltern und Geschwistern hatte ich zur „Aussenwelt“ in dieser Zeit keinen Kontakt. (Mutter von Sanna) Am schlimmsten war das Hin- und Her-Gerissen-Sein zwischen meinen beiden Kindern und das damit ver-bundene schlechte Gewissen. (Mutter von Luca) Bevor das Kind nach Hause entlas-sen wird, sind für viele Familien spitalinterne oder gar spitalübergrei-fende Verlegungen des Kindes – sie müssen oft aus Kapazitätsgründen der Abteilungen erfolgen – zusätz-lich belastend. Obschon eine Verlegung unseres Kin-des bedeutete, dass es ihm gut ging, waren die Verlegungen emotional schwierig: Sobald man sich auf einer Abteilung 'eingelebt' hatte, wurde unser Kind ohne grosse Vorankündi-gung verlegt. Obschon unsere Verle-gungen immer innerhalb des Frauen-spitals und der Kinderklinik in Bern stattfanden, waren es schwierige Momente. (Mutter von Eric) Sanna wurde fünf Mal verlegt. Dies hatte immer wieder neue Abteilungs-Abläufe, neue Pflegende, neue Ärzte und zwei neue Spitäler zur Folge. Ausser beim Spitalwechsel (das zweite Spital war näher bei unserem Wohnort) wurden uns die häufigen

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Wechsel immer damit begründet, dass es Sanna gut gehe und der Platz wieder gebraucht würde. Am Anfang ist dies natürlich eine gewisse Er-leichterung und ich sagte mir, dies sei ja auch ein Fortschritt, aber mit der Zeit wurden diese Wechsel sehr belastend. Wir mussten uns jedes Mal wieder neu angewöhnen, da die Wechsel meist sehr kurzfristig oder abteilungsintern sogar ohne Voran-kündigung vorgenommen wurden. (Mutter von Sanna) Emely wurde vom B2 von Bern nach Luzern verlegt und dann wieder nach Bern zurück aufs B3. Die Verlegung von Bern nach Luzern war sehr kurzfristig. Am Vorabend wurden wir vom Arzt informiert, dass es vielleicht möglich wäre, dass Emely in ein anderes Spital verlegt würde. Wir könnten noch sagen ob wir lie-ber Aarau, Basel oder Luzern hätten. Am nächsten Tag, als wir uns bereit machten um Emely in Bern zu besu-chen, erhielten wir einen Anruf, dass sie schon fast in der Luft sei auf dem Weg nach Luzern. Ich war geschockt. Wir machten uns dann auf den Weg nach Luzern. Die Neo dort war viel kleiner und ich fühlte mich dort gar nicht wohl. Nach drei Wochen wurde Emely zum Glück wieder zurück nach Bern verlegt. (Mutter von Emely) Erlaubt es die Gesundheit des Kindes und fühlen sich die Eltern für die

weitere Betreuung bereit, wird das Frühgeborene nach Hause entlas-

sen. Für die Eltern bedeutet dies aller Vorfreude zum Trotz den Wechsel von einer sehr intensiv betreuten Klinikzeit in die Alleinverantwor-tung. Obschon ich mich wahnsinnig dar-über gefreut habe, dass unser Kind endlich nach Hause kam, hatte ich riesige Angst, dass etwas passieren könnte und ich es nicht rechtzeitig merken würde. Der Wechsel von der 'totalen Überwachung' in der Klinik in die alleinige Verantwortung zu Hause hat mich überfordert. Auf-grund dessen fiel ich in eine späte postnatale Depression, welche ich mir lange nicht eingestanden habe. (Mutter von Eric) Nicht nur die elterliche Alleinverant-wortung für ihr Kind kann Eltern belasten; oft sind es auch das Wahr-nehmen und Koordinieren zahlrei-cher Therapietermine. Nach der Entlassung ging ich mit Eric zwei Jahre lang in die Physio-therapie. Anfangs fand sie zwei-, später einmal pro Woche und gegen Ende alle 14 Tage statt. Ein paar Osteopathie-Behandlungen hatte Eric ebenfalls. (Mutter von Eric) Kurz nach der Entlassung waren es mehrheitlich Arzttermine, um alle

Mütter von Frühgeborenen kommen zu Wort �

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Organe, welche so unreif waren bei der Geburt nachzukontrollieren. Es gab mit dem Herz und mit den Nie-ren Probleme. Wir waren auch auf der Magen-Darm-Abteilung und bei den Gehörspezialisten, welche dann später die Hörschädigung von Luca feststellten. Später kamen dann The-rapien dazu: Physiotherapie infolge zerebraler Bewegungsstörungen, Cra-niosacraltherapie und Chiropraktik infolge Schiefhals, Esstherapie infol-ge Dysphagie und Hypersensibilität und Milcheiweiss-Allergie, später kamen noch Logopädie, Audiologie-Therapie, Akustikertermine und Heilpädagogische Früherziehung dazu. (Mutter von Luca) Mittels Heilpädagogischer Früher-

ziehung werden behinderte, ent-wicklungsauffällige und auch ent-wicklungsgefährdete Kinder und deren Familien ab Geburt bis zum Kindergarten-Eintritt des Kindes begleitet. Frühgeborene Kinder bil-den die grösste Gruppe der entwick-lungsgefährdeten Kinder. Die HFE arbeitet familienorientiert. Schweize-rischen Familien mit frühgeborenen Kindern wird allerdings noch keine ab Geburt ausgerichtete heilpädago-gische Unterstützung flächende-ckend angeboten – erste Projekte sind jedoch in Planung (Nelle; Hän-senberger-Aebi 2012).

Warum ist eine Begleitung durch die HFE für zukünftige „Frühgeborenen“-Familien wichtig?

Weil ich der Meinung bin, dass es keine andere Profession gibt, welche eine so breite Unterstützung für Kind und Familie bieten könnte, insbeson-dere auch die emotionalen Aspekte der Belastung des eventuell vorhan-denen Traumas mittragen kann. (Mutter von Luca) Die HFE finde ich wichtig, weil sie über längere Zeit und flexibel eine Beraterin und Unterstützerin für die Familie bleibt. Sie kennt die „Ge-schichte“ der Mutter und des Kindes ab Geburt, kennt das Spital, das zu Hause, den Ehemann, auch eventuel-le Geschwisterkinder. Sie hat sozu-sagen die ganze Situation im Blick. Sie ist aber nicht Arzt oder Thera-peut, der eine bestimmte Diagnose behandeln muss, sondern kann bei Fragen oder Problemen helfen, die gerade vorliegen. Trotzdem hat sie ein Fachwissen, welches ihr erlaubt, bei auftretenden Problemen im Familienleben oder bei der Entwicklung des Kindes, die El-tern darauf hinzuweisen, und die Betroffenen an die richtigen Stellen weiterzuleiten oder sogar zu beglei-ten. Auch kennt sie viele Fachstellen, mit welchen sie bei Bedarf Kontakt aufnehmen kann. (Mutter von San-na)

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„Gespräche mit einer fachlichen, nicht medizinischen, aber auch nicht privaten Bezugsperson, welche Er-fahrung mit Frühgeborenen hat, sind enorm wichtig und hilfreich. Es ist schwierig mit Personen zu sprechen, welche nicht selbst in einer solchen Situation waren/sind oder welche keine Erfahrung damit haben. Auch die besten Freunde verstehen die Ängste nicht oder zumindest zu wenig.“ (Mutter von Eric) „Wenn man ein Kind geboren hat, welches als extrem Frühgeborenes gilt, ist das eine vollkommen neue Situation. Man hat so etwas meis-tens noch nie erlebt und es ist nicht selten der Fall, dass man damit auch etwas überfordert ist. Es tut daher gut, wenn man mit einer Person re-den kann, welche die Geschichte des Kindes kennt (man muss nicht im-mer wieder von vorne alles erzählen), die aber nicht aus dem medizini-schen Bereich kommt und daher auch eine andere Sichtweise hat.“ (Mutter von Emely) Eure inhaltlichen resp. methodischen Wünsche und Tipps für eine HFE-Begleitung von zukünftigen „frühgeborenen Familien“?

• Begleitung von Klinikeintritt bis mindestens zum 2. Geburtstag des Kindes

• Eine, max. zwei gleichbleibende

Ansprechpersonen, welche das Kind dann auch kennen und wis-sen, welche Situationen für die Eltern schwierig sind

• 'Dolmetscher' sein zwischen Ärzten und Eltern

• Gespräche mit den Eltern führen als Vorbereitung auf schwierige Situationen wie Verlegung, allfälli-ge Operationen, Wechsel resp. Übergang von der Klinik nach Hause

• Begleitung und Unterstützung während der ersten Wochen zu Hause

• Unterstützung bei oder gar Abnah-me von administrativen Angele-genheiten wie IV-Anmeldung und dergleichen

• Ganz wichtig: Die Betreuung/Begleitung endet nicht mit der Ent-lassung!

(Mutter von Eric)

• Der Kontakt muss bereits während der Hospitalisation geknüpft wer-den.

• Die HFE soll insbesondere den Übergang begleiten und danach wenn die Familien wieder zu Hau-se sind und die 24-h-Betreung vom Spital nicht mehr besteht da und flexibel sein, auch telefonisch sehr oft und unkompliziert erreichbar.

• Wichtig ist insbesondere auch, dass die HFE wie der Kinderarzt zum Beispiel auch Berichte erhält und auch beim Austrittsgespräch

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dabei sein könnte, wenn die Eltern es wünschen. Dies wäre sicher ein grosser Vorteil.

(Mutter von Luca)

• „Es wäre sicher wichtig, dass es wenn möglich immer die gleiche HFE ist, welche mit dem Kind und auch der Mutter/Familie vertraut ist und diese kennt.“

(Mutter von Emely)

• Eine Begleitung über mehrere Jah-re wäre super!

• Die HFE sollte flexibel sein, nicht wieder fixe Termine vorgeben.

• Schön wäre, die HFE könnte wie Franziska Hänsenberger nachreisen (z. Bsp. in verschiedene Spitäler) oder Besuche machen (zu Hause). So müssen die Mütter/Familien nicht wieder wie bei den Arzt- oder Spitalterminen irgendwohin fahren oder zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Tag irgendwo eintreffen.

• Super ist auch, wenn man die HFE per Mail erreichen kann. Mir hat es oft geholfen, wenn ich ins Grü-beln kam, wenn ich meine Gedan-ken in einem Mail aufschreiben und an Franziska Hänsenberger weiterleiten konnte. Es ist enorm beruhigend wenn man weiss, da ist jemand, der die eigenen Gedanken liest und in den nächsten 24 Stun-den ein - manchmal auch nur ganz kurzes - Feedback gibt.

• Wichtig und sehr entlastend ist

auch nur zu wissen: Da ist eine HFE, die man jederzeit kontaktie-ren kann und die ohne viele Worte weiss, wer man ist und wie es der Familie geht.

(Mutter von Sanna)

Literatur

• Hänsenberger-Aebi, Franziska; H., Monika (2007): Kennen- und Verste-henlernen unter erschwerten Bedin-gungen. In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbarge-biete (VHN) 76 (2), 159-163.

• Hänsenberger-Aebi, Franziska (2011): Sehr kleine Frühgeborene und ihre Mütter. Mutter-Kind-Interaktionen der ersten Lebensmo-nate bei einer Zielgruppe der Heilpä-dagogischen Früherziehung. Disser-tation der Universität Fribourg/CH (elektronische Veröffentlichung)

• Nelle, Mathias; Hänsenberger-Aebi, Franziska (2012): Gemeinsam für das Fehlende. Zusammenarbeit von Me-dizin und Heilpädagogik an einer Schnittstelle. In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbar-gebiete (VHN) 81 (3), 251-256.

Franziska Hänsenberger-Aebi Dr. phil.; dipl. Logo- pädin; dipl. HFE Fachabteilungslei-tung Heilpädagogi-scher Dienst Stiftung Arkadis 4600 Olten

� Mütter von Frühgeborenen kommen zu Wort

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Wie es zum Projekt kam

In den letzten Jahren ist die frühe Interaktion zwischen Eltern und ih-ren Kindern stärker in den Fokus der Heilpädagogischen Früherziehung gerückt. Um unsere Kompetenzen in diesem Thema zu vertiefen, machten wir zu dritt die Weiterbildung in Integrativer Eltern-Säuglings-/Kleinkindberatung (Mechthild Pa-pousek, am Kinderzentrum Mün-chen). Mit der intensiven Beschäfti-gung, wie Babys mit Hilfe ihrer Be-zugspersonen lernen, sich zu regu-lieren und wie grundlegend dies für ihr weiteres Lernen ist, wurde uns immer mehr bewusst, dass Entwick-lung gemeinsam geschieht. Uns wur-de klar, dass wir einen Weg finden möchten, mit Eltern von Kindern, deren Entwicklung mit Risikofakto-ren belastet ist, früher in Kontakt zu kommen. So würde es möglich sein, die Entwicklung des Kindes früher positiv zu beeinflussen, bevor sich ungünstige Interaktionsmuster zwi-schen Eltern und Kind verfestigt und verselbständigt haben.

„Frühe Intervention“ ist fokussiert auf entwicklungsorientierte Elternberatung

Mit dem Hintergrundwissen aus der

Weiterbildung und in Absprache mit unserer Geschäftsleitung erarbeiteten wir ein Konzept, dessen Zielsetzung eine Intervention vorsieht, bevor die Entwicklung eines Kindes beein-trächtigt ist. Im Konzept beschrieben wir die Auf-gaben und die Arbeitsweise des Prinzips „Frühe Intervention“. Diese unterscheiden sich nicht grundsätz-lich von denen der "normalen" HFE, fokussieren jedoch ganz die Bera-tung und Begleitung der Eltern und nicht die direkte Unterstützung/Förderung des Kindes. Dabei geht es uns darum,

• die Kommunikation mit dem Kind zu unterstützen, indem hinderliche Interaktionsmuster erkannt und förderliche unterstützt werden.

• die Eltern im Hinblick auf Ent-wicklung des Kindes auf der Basis von fortlaufenden Beobachtungen (statt einer Eingangsabklärung) zu beraten, Gefährdungen rechtzeitig zu erkennen und diesen zu begeg-nen.

• Raum zu schaffen für positive Be-ziehungserlebnisse mit dem Kind; es soll ein konstruktiver Umgang mit schwierigem kindlichem Ver-

Margrit Hauser

„Frühe Intervention“ – für Kinder mit erhöhtem Entwicklungsrisiko Pilotprojekt des Heilpädagogischen Früherziehungsdienstes Luzern

Frühe Intervention — für Kinder mit erhöhtem Entwicklungsrisiko �

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halten gefunden werden. • die Eltern mit Gesprächen von

innerem Druck zu entlasten und Resonanz für alles zu bieten, was sie im Zusammenhang mit dem Kind und dem Elternsein beschäf-tigt.

• die Entwicklungsbedingungen auf-merksam zu beobachten und wo nötig mit den Eltern nach besseren Lösungen zu suchen oder weitere Massnahmen vorzuschlagen.

• die Vernetzung der Familie zu stärken und zu erweitern.

• auf eine gute und koordinierte interdisziplinäre Vernetzung zu achten, denn sie ist wesentlich, damit die Eltern sich durch das Helfernetz getragen fühlen kön-nen.

Das Angebot sollte niederschwellig und die Kontaktaufnahme für die Eltern möglichst unkompliziert sein. Im Pilotprojekt „Frühe Intervention“ wurde der zeitliche Aufwand der Heilpädagogischen Früherzieherin mit 20 — 30 Stunden Aufwand pro Kind bewusst begrenzt. Danach soll es nach einer Standortbestimmung möglich sein, nochmals eine Phase „Frühe Intervention“ oder aber regu-läre HFE zu beantragen. Finanziert wird das Pilotprojekt „Frühe Inter-vention“ durch einen HFD-internen Fonds, welcher für Präventionspro-jekte bereitgestellt worden war. Für

das Pilotprojekt steht uns ausserhalb unseres regulären HFE-Pensums ins-gesamt ein 15-%-Pensum zur Verfü-gung.

Zielgruppe: Kinder aus der Neonatolo-gie des Kinderspitals

Wir beschlossen, unsere erste Ziel-gruppe sollten diejenigen Kinder mit ihren Eltern sein, welche eine länge-re Zeit auf der Neonatologie im Kin-derspital verbringen müssen. Wir stellten eine Liste möglicher Anmel-degründe zusammen: kindliche Risi-kofaktoren wie Frühgeburtlichkeit, Mehrlingsschwangerschaften, Trink-problemen, Sondierung, Herzkrank-heiten usw., kumuliert mit elterli-chen Belastungen wie Suchterkran-kung, physische oder psychische Erkrankung der Eltern, Migrations-hintergrund usw., welche möglicher-weise bereits im Spital als Auffällig-keiten in der Interaktion zwischen Eltern und Baby beobachtbar waren. Zum Konkretisieren unserer bisheri-gen Überlegungen führten wir Ge-spräche mit möglichen Anbietern von bestehenden Angeboten (Babysprechstunde des KJPD, Müt-terberatung) und mit Fachpersonen, welche mit den Abläufen im Kinder-spital vertraut sind. Ihre Rückmel-dungen nahmen wir auf und das fertige Konzept für das Pilotprojekt "frühe Intervention" übergaben wir dem leitenden Arzt der Neonatologie des Kinderspitals.

� Frühe Intervention — für Kinder mit erhöhtem Entwicklungsrisiko

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Ein erstes Gespräch mit dem Neona-tologen, dem leitenden Arzt der Ent-wicklungsneurologie, der Entwick-lungspsychologin und mit der zu-ständigen Sozialarbeiterin ergab, dass die Fachpersonen des Kinder-spitals eine etwas andere Sicht auf die Situation solcher Kinder und ihrer Eltern hatten:

• Kinder mit speziellen medizini-schen Risikofaktoren würden mit regelmässigen Nachuntersuchun-gen viel besser erfasst als andere Gruppen (wie z. B. Kinder mit psy-chosozialen Risikofaktoren, die aus verschiedenen Gründen als Babys hospitalisiert sind).

• Es wäre sinnvoller, wenn die HFE ihr Angebot stärker auf diese Gruppen ausrichten würde.

• Eltern von Kindern mit intensiv-medizinischer Betreuung hätten bereits mit vielen Fachpersonen zu tun, es sei problematisch, zu die-sem frühen Zeitpunkt noch ein weiteres Angebot hinzuzufügen.

• Als irritierend wurde empfunden, dass wir seit Jahren immer wieder eine Warteliste für angemeldete Kinder mit erwiesenem Entwick-lungsrückstand ausweisen und nun mit diesem Projekt weitere Eltern und Kinder ansprechen wollten.

• Es wurde aber zu Kenntnis genom-men, dass wir uns wünschen, dass Kinder, die HFE benötigen, früher bei uns angemeldet würden.

• Die Sozialarbeiterin äusserte, sie könne sich vorstellen, uns be-stimmte Kinder mit psychosozialen Belastungsfaktoren zuzuweisen.

Zuerst waren wir vom Ergebnis des Gesprächs enttäuscht und hatten den Eindruck, dass unser Angebot und unsere Zielsetzungen nicht wirklich verstanden wurden. Wohl verstan-den wir die Einwände. Zum einen gehen wir aber davon aus, dass zu-mindest ein Teil dieser Zielgruppe später sowieso in die HFE überwie-sen wird. Ausserdem waren und sind wir überzeugt, dass gerade auch bei Kindern mit Risikofaktoren aus me-dizinischen Gründen dem Bezie-hungsaspekt grössere Aufmerksam-keit geschenkt werden muss. Gerade die Eltern dieser Kinder sind oft be-lastet durch grosse Sorgen um das Überleben und Gedeihen ihres Kin-des, fühlen sich dabei ohnmächtig und müssen oft von bisherigen Wunschvorstellungen schmerzlich Abschied nehmen. Damit stehen sie nicht selten sehr alleine da.

„Nebenprodukt“ Vernetzungsprojekt

Wir suchten deshalb weitere Wege, mit dem Kinderspital im Gespräch zu bleiben und unser Pilotprojekt wei-terzuführen. Zusammen mit der Lei-terin der Babysprechstunde des KJPD Luzern (welche wir durch eine Inter-

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visionsgruppe gut kennen), der oben erwähnten Sozialarbeiterin des Kin-derspitals, unserer Geschäftsleiterin und einer Heilpädagogischen Früher-zieherin besteht seit letztem Herbst eine Projektgruppe, die den Fokus hat, Interaktion von kleinen Kindern mit ihren Eltern bestmöglichst zu unterstützen. Dies bedeutet, der In-teraktion zwischen den involvierten Fachpersonen und der beteiligten Institutionen ebenfalls grosse Auf-merksamkeit zu schenken. Der Leiter und Chefarzt der Pädiatrie des Kin-derspitals unterstützt das Anliegen der Arbeitsgruppe wohlwollend, was uns hoffen lässt, dass das Verständ-nis zum Thema Interaktion und die Kooperation unter den drei Instituti-onen und ihren Disziplinen weiter wachsen wird. Seit dem ersten Gespräch mit dem Kinderspital stellen wir fest, dass uns von der Entwicklungsneurologie Kinder mit manifestem Entwick-lungsrückstand deutlich früher ange-meldet werden.

Pilotphase „Frühe Intervention“

Die Sozialarbeiterin des Kinderspitals meldete uns in den ersten 9 Monaten seit Projektbeginn Kinder bei Spital-austritt an, wenn dies im spitalinter-nen interdisziplinären Gremium als sinnvoll erachtet wurde. Seit Beginn der Pilotphase „Frühe Intervention“ im September 2012 bis Juni 2013

waren dies sechs Kinder. Zusätzlich wurde je ein Kind durch eine Müt-terberaterin, eine freipraktizierende Kinderärztin und eines durch die Mutter selbst angemeldet und ins Projekt aufgenommen. Insgesamt wurden also im Rahmen der "Frühen Intervention" neun Kin-der angemeldet. Fünf Kinder waren mit kindlichen Risikofaktoren belastet:

• zwei Kinder mit Behinderungen, welche eine Entwicklungsverzöge-rung vermuten lassen (Spina bifi-da, schwerbehindertes Kind),

• zwei Kinder mit Syndromen, bei welchen der Verlauf der Entwick-lung offen ist (Fragiles X und ein anderes seltenes Syndrom),

• ein Kind mit medizinischen Kom-plikationen (frühgeborener Dril-ling, Herzoperation, mit Sonde) und zusätzlichen psychosozialen Belastungen.

Diese Indikationen entsprechen den Kriterien der HFE. Neu ist, dass sie bereits ab Spital betreut wurden mit einem Konzept, das bei der Unter-stützung der Eltern ansetzt und auf das Thema der Entwicklung der Kin-der abzielt und nicht erst ein Ent-wicklungsrückstand abgewartet wer-den musste. Bei vier Kindern war der alleinige Grund für die Anmeldung elterliche

� Frühe Intervention — für Kinder mit erhöhtem Entwicklungsrisiko

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Risikofaktoren oder ein Problem der Interaktion:

• ein Kind mit einer Fütterstörung ohne kindliche Risikofaktoren,

• drei Kinder mit Risikofaktoren bei der Mutter (eine Mutter mit Turner Syndrom, zwei drogenabhängige Mütter, eine davon mit einem frühgeborenen Kind ohne Kompli-kationen).

Diese vier Kinder hätten unter Um-ständen kein Anrecht auf herkömm-liche HFE gehabt, bevor sie nicht weiter in ihrer Entwicklung aufgefal-len wären.

Zwischenbilanz

Es ist noch zu früh, um unser Projekt wirklich auszuwerten. Wir sind je-doch überzeugt, dass die Interventio-nen bei den Eltern der Entwicklung der Kinder zugutekommen. Die ver-schiedenen Rückmeldungen der El-

tern sind durchwegs positiv. Über das konkrete Projekt hinaus haben wir viel gelernt, vor allem über interdisziplinäre Vernetzung. Uns wurde klar, dass alle Partner eines Projekts (in diesem Falle alle Ebenen des Kinderspitals von der Leitung bis zu den einzelnen Abtei-lungen) sehr früh einbezogen werden müssen. Geholfen haben uns auf der andern Seite bereits gut funktionierende interdisziplinäre Kontakte. Wir ha-ben vor, diese weiter zu vertiefen! Margrit Hauser Heilpädagogischer Früherziehungs- dienst Luzern margrit.hauser @edulu.ch

Frühe Intervention — für Kinder mit erhöhtem Entwicklungsrisiko �

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Eltern gelangen oft sehr spät an Bera-tungsstellen mit der Frage nach Hilflo-senentschädigung. Die Heilpädagogi-schen Früherzieherinnen, als oft erste Ansprechpersonen der Familien, kön-nen die Eltern da unterstützen.

Wenn jemand in alltäglichen Le-bensverrichtungen dauernd auf die Hilfe anderer Personen angewiesen ist, kann er oder sie eine Hilflosen-

entschädigung der IV beantragen. Bei Kindern wird geprüft, ob sie mehr Hilfe brauchen als ein gleich-altriges Kind ohne Behinderung. Geprüft wird der Hilfsbedarf in den Bereichen: Aufstehen, Absitzen, Ab-

liegen; Ankleiden, Auskleiden; Es-sen; Körperpflege; Verrichten der Notdurft; Fortbewegung und Pflege gesellschaftlicher Kontakte. Ange-rechnet wird zudem eine dauernde Pflege oder persönliche Überwa-chung. Die Höhe der Hilflosenentschädigung ist abhängig vom Grad der Hilflosig-keit (leicht, mittel, schwer). Bei Kin-dern müssen die Eltern die Entschä-digung alle drei Monate mit einem Formular abrechnen. Für Kinder, die aufwändige Betreu-ung benötigen, kann zusätzlich zu

Daniel Schilliger

Wichtige IV-Leistungen

� Wichtige IV-Leistungen

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der Hilflosenentschädigung ein In-

tensivpflegezuschlag ausgerichtet werden. Seit 1.1.2012 können Minderjährige unter gewissen Umständen auch einen Assistenzbeitrag beanspru-chen. Dazu gehören schwer pflege-bedürftige Kinder und Jugendliche, die zu Hause gepflegt werden, sowie vorwiegend körperbehinderte Kinder und Jugendliche, die eine reguläre Ausbildung absolvieren oder er-werbstätig sind. Die IV bezahlt nur Leistungen, die von natürlichen Per-sonen im Rahmen eines Arbeitsver-trages erbracht werden. Organisatio-nen (Spitex etc.) und Familienange-

hörige können über den Assistenz-beitrag nicht entschädigt werden. Wenn Sie als Früherzieherin das Gefühl haben, dass eine Hilflosen-entschädigung oder andere Leistun-gen beansprucht werden könnten, empfehlen Sie bitte den Eltern, sich darüber zu informieren. Wenn ein Antrag verspätet eintrifft, werden Leistungen oft nicht rückwirkend ausgerichtet. Die Eltern können sich direkt bei der kantonalen IV-Stelle oder einer Beratungsstelle wie Pro-cap oder Pro Infirmis informieren. Daniel Schilliger, Procap

Wichtige IV-Leistungen �

Links zu Ratgebern und Merkblättern

www.ahv-iv.info

www.procap.ch/Kinder-mit-

Behinderung.178.0.html

www.procap.ch/Ratgeber.179.0.html

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Das frühgeborene Kind in seiner Ent-wicklung

5. aktualisierte Auflage Müller-Rick-mann, Edith. München: Ernst Rein-hardt Verlag. 2013. 162 Seiten. CHF 36.90. ISBN: 978-3-497-02412-4 Die fünfte aktualisierte Auflage des Buches von Frau Dr. Müller-Rickmann zur Entwicklung frühge-borener Kinder greift das Thema der Entwicklung, Begleitung und Ent-wicklungsförderung dieser Kinder auf. Frau Dr. Müller-Rickmann, Rehabili-tationspädagogin, Entwicklungspsy-chologin und selbst Mutter von zwei frühgeborenen Kindern, betont in ihrem Buch, dass frühgeborene Kin-der von ihrer Geburt an von einer an

ihre speziellen Bedürfnisse angepass-ten Entwicklungsförderung profitie-ren. Nach einem kurzen Blick auf intra-uterine Prozesse und die Definition der Frühgeburtlichkeit geht die Au-torin auf klinische und entwick-lungsbiologisch-psychologische Probleme von zu früh geborenen Kindern ein. Übersichtlich gestaltete tabellarische Ansichten und eine klare Wortwahl stellen diese komple-xen Sachverhalte sehr gut dar. Bezogen auf die individuelle Ent-wicklung frühgeborener Kinder und die Begleitung der Eltern werden viele praktische und handlungsbezo-gene Hinweise und Erklärungen zu verschiedenen Themen aufgegriffen. Darunter fallen unter anderem Kapi-tel zur Känguruhmethode, zum Er-lernen des Trinkens und später des Essens, zum Schlafen, zum Spiel, zum Handling, zur Motorik und zur Sprachentwicklung. Diese Abschnitte enthalten nützliche praktische Anre-gungen und Förderideen sowohl für den Alltag als auch für die Entwick-lungsförderung der Kinder. Anschliessend stellt die Autorin Ent-wicklungsübersichten bis zum sechs-ten Lebenshalbjahr und einen Beo-bachtungsbogen für frühgeborene

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Kinder zur Verfügung, bevor sie sich im nachfolgenden Kapitel mit der Entwicklungshabilitaton von frühge-borenen Kindern mit Entwicklungs-beeinträchtigungen wie z.B. Ze-rebralparesen oder Störungen durch Lungenunreife widmet. Der letzte Teil des Buches gibt an-hand ausgewählter Beispiele einen sehr gut strukturierten und differen-zierten Einblick in verschiedene Übungen und Fördermöglichkeiten für frühgeborene Kinder in unter-schiedlichen Entwicklungsbereichen. Diese Anregungen beziehen die El-tern stark mit ein und sind teilweise auch explizit an Eltern gerichtet. Am Ende des Buches werden weiter-führende Fachbücher genannt sowie gängige Fremdworte und Abkürzun-gen aus dem Themenbereich der Frühgeburtlichkeit erklärt. Das sehr flüssig zu lesende Buch von Frau Müller-Rickmann gibt einen guten Überblick über das Thema der frühgeborenen Kinder und deren Entwicklung. Eingeflochtene Fallbei-spiele schaffen immer wieder einen guten Einblick in die individuellen Bedingungen, Bedürfnisse und Ent-wicklungsverläufe frühgeborener Kinder. Das Buch richtet sich sowohl an betroffene Eltern als auch an in-teressierte und involvierte Fachper-sonen aus den Bereichen der Päda-

gogik und der Medizin. Sandra Bruder Leo - früh geboren

Greiner, Daniela & Nelle, Mathias. Bern: Verlag Hans Huber.2008. 46 Seiten. CHF 28.90. ISBN: 978-3-456-84501-2. Dieses reich illustrierte Bilderbuch der beiden Autoren über die ersten Wochen im Leben des zu früh gebo-renen Leo, dessen Schwester Luisa und ihren Eltern und Grosseltern, richtet sich vor allem an die Ge-schwisterkinder frühgeborener Kin-der. Anschaulich können Eltern oder Grosseltern anhand dieses Buches erklären, wieso ein zu früh gebore-nes Baby noch im Spital bleiben

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muss, wie es auf einer neonatologi-schen Station aussieht und was dort geschieht, wieso Eltern in dieser Zeit auch traurig sind und weshalb die Geschwisterkinder in dieser Zeit manchmal auch bei Oma und Opa sein müssen. Die Kontakt- und Beziehungsauf-nahme zwischen dem Geschwister-kind Luisa und dem frühgeborenen Leo wird im Buch immer wieder sehr gefühlvoll und ideenreich themati-siert. Hier lassen sich für Eltern und Grosseltern Anregungen finden, um Geschwisterkinder auch in den ers-ten Lebenswochen des frühgebore-nen Kindes einzubeziehen und erste positive Kontakte zu ermöglichen. Im Anhang des Buches finden sich zwei Seiten, auf denen Geschwister-kinder Tagebuch über diese besonde-re Zeit schreiben können. Ausserdem sind hier noch wichtige Adressen und Hinweise auf Selbsthilfegruppen aufgeführt. Sandra Bruder Wirkung frühkindlicher Betreuung auf den Schulerfolg

Follow-up der Studie „Schulerfolg von Migrationskindern“ Lanfranchi, Andrea & Sempert, Waltraud. Bern Edition SZH/CSPS 2012. 193 Seiten. CHF 42.50.

ISBN: 978-3-905890-09-9 Im Rahmen des nationalen For-schungsprogramms zum «Schuler-folg von Migrationskindern» konnte bereits früher aufgezeigt werden, dass familienergänzend betreute Kinder mit Migrationshintergrund von Lehrpersonen des Kindergartens und der ersten Klasse in sprachli-chen, kognitiven und sozialen Fä-higkeiten signifikant besser beurteilt werden als Kinder, die ausschliess-lich im Kreise der eigenen Familie aufgewachsen sind. Die Follow-up-Studie hat nun die nachhaltigen Ef-fekte hinsichtlich des Erfolgs der untersuchten Kinder im weiteren Schulverlauf erforscht. Die Autoren dieses Buches zeigen auf, dass Kin-der mit Migrationshintergrund in der Schule erfolgreicher wären, wenn sie in Kindertagestätten betreut würden. Voraussetzung ist allerdings, dass die familienergänzende Betreuung im Vorschulalter qualitativ hochste-hend ist und die Institutionen über qualifiziertes Personal verfügen. Ge-fragt sind somit nicht mehr die Kin-derkrippen mit dem ausschliessli-chen Fokus auf Betreuung, sondern Einrichtungen, die zusätzlich Stan-dards im Sinne von frühkindlicher Integration, Bildung, Betreuung und Erziehung (FIBBE) erfüllen. Sie ma-chen Bildungsangebote, vor allem in den Bereichen Sprachförderung, kognitive Anreicherung und soziale

49 BVF-Forum Nr. 82 September 2013

Infos und Anmeldung unter:

http://www.fruehfoerderung-bayern.de/muenchner-symposion-

fruehfoerderung-2014/

Vorankündigung

Erziehung. Obwohl das Buch sehr wissenschaft-lich daher kommt, ist es in einer (auch für weniger forschungsinteres-sierte Personen) gut verständlichen Sprache geschrieben. Durch Zitate der an der Untersuchung beteiligten Familien aus den qualitativen Fall-studien wird der ansonsten vielleicht etwas schwerfällige Forschungsteil, bis ins Detail ausformuliert, zusätz-lich aufgelockert. Auch die Visuali-sierungen der Interviewstrukturen anhand von Textporträts unterstüt-zen dieses Ziel. Durch diese Text-porträts können die Lesenden nach-vollziehen, wie die einzelnen Ge-spräche verlaufen sind, d.h. wer bspw. den Lead in einem Gespräch

inne hatte. Insgesamt kann dieses Buch also neben der forschungsinte-ressierten Person auch der Fachper-son aus der Praxis empfohlen wer-den, da es gelungen ist, einen Über-blick zu aktuellen Fragen der Bil-dungsungleichheit und der Bedeu-tung frühkindlicher Kinderbetreuung bei ungleich verteilten Bildungs-chancen herzustellen. Ausserdem geben die Autoren Fachleuten aus Praxis, Forschung und Bildungspoli-tik sowie Studierenden der Fächer Pädagogik, Psychologie und Heilpä-dagogik, speziell Frühkindliche Bil-dung und Heilpädagogische Früher-ziehung, Impulse für die Optimie-rung der Angebote. Silvia Schnyder, SZH

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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Abkürzungsverzeichnis

ARPSEI Association Romande des Praticiens en Service Educatif Itiné-rant

DLV Deutschschweizer Logopädinnen- und Logopädenverband

EDK Erziehungsdirektorenkonferenz

FHNW PH ISP Fachhochschule Nordwestschweiz Pädagogische Hochschule Institut Spezielle Pädagogik und Psychologie

HFE Heilpädagogische Früherziehung

HfH Hochschule für Heilpädagogik Zürich

HPD Heilpädagogischer Dienst (weitere Abkürzungen HFD, HPF, FED…)

ICT Information and Communication Technology

IG FF Interessengruppe der freiberuflich tätigen FrüherzieherInnen

IG FHS Interessengemeinschaft Föderation der Heilpädagoginnen und Heilpädagogen Schweiz

NFA Neugestaltung des Finanzausgleiches und der Aufgabentei-lung zwischen Bund und Kantonen

SAV Standardisiertes Abklärungsverfahren

SZH Schweizer Zentrum für Heil– und Sonderpädagogik

VHDS Verband Heilpädagogischer Dienste Schweiz

ICF International Classification of Functioning, Disability and Health

Abkürzungsverzeichnis

51 BVF-Forum Nr. 82 September 2013

Stelleninserate

Die Frühberatungs- und Therapiestelle für Kinder

(FTS) in Brunnen sucht per sofort oder nach Vereinbarung

Früherzieherin / Früherzieher (40 – 50%)

Wir bieten ◦ Einführung und Fachberatung

◦ interessantes, selbständiges Arbeiten

◦ interdisziplinäre Zusammenarbeit im Team

◦ zeitgemässe Anstellungsbedingungen

Wir erwarten ◦ Ausbildung in Heilpädagogischer Früherziehung oder Heilpädagogische Ausbildung mit der Ab-

sicht, die Ausbildung als FrüherzieherIn abzu-schliessen

◦ Berufserfahrung erwünscht

◦ Freude an der Arbeit mit Kindern und Familien

◦ Selbständigkeit und Teamfähigkeit

◦ Führerschein (und evtl. eigenes Auto)

Auskunft erteilt gerne Brigitta Eichhorn, Früherzieherin ([email protected] / 041 820 47 88) Weitere Informationen: www.fts-brunnen.ch

Bewerbung ist zu richten an: Frühberatungs- und Therapiestelle für Kinder (FTS) Stellenleitung, Frau Andrea Candrian Bahnhofstrasse 53, 6440 Brunnen

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

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Stelleninserate

HP F He i l p ädagog i s c he

F r ü hbe r a t u n g

W i n t e r t h u r , An de l f i n gen

u nd I l l n a u - E f f r e t i k o n

Wir suchen für unsere Frühberatungsstelle in Winterthur

ab 1. November 2013

Heilpädagogische Früherzieherin

Heilpädagogischer Früherzieher

Pensum 60% - 80%

Ihre Aufgaben

◦ Abklärung und Förderung von Kindern mit Entwicklungsverzögerungen

ab Geburt bis zum siebten Lebensjahr

◦ Beratung der Eltern und des familiären Umfeldes

◦ Zusammenarbeit mit Fachstellen und Behörden

◦ Mitarbeit im Team

Ihr Profil

◦ Heilpädagogische Ausbildung mit Schwerpunkt Früherziehung

◦ Berufserfahrung von Vorteil

◦ Belastbare, flexible Persönlichkeit

◦ Fahrausweis und eigenes Auto

Unser Angebot

◦ Vielfältige, anspruchsvolle Tätigkeit mit Eigenverantwortung

◦ Kooperatives, aufgeschlossenes und engagiertes Team

◦ Fortbildung, Fachberatung, Supervision

◦ Zeitgemässe Anstellungsbedingungen

Interessiert? Dann freuen wir uns auf Ihre schriftliche Bewerbung mit den

üblichen Unterlagen an folgende Adresse:

Heilpädagogische Frühberatung, Technikumstrasse 90, 8400 Winterthur

Weitere Auskünfte

erteilt Ihnen gerne Frau Elisabeth Handschin (Stellenleitung),

[email protected] oder Tel. 052 213 13 63

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Weiterbildungskurse

__________________________________________________________

Elterncoaching im interkulturellen Kontext Transkulturelle Gemeinsamkeiten hinter den offensichtlichen Unter-schieden herausfinden. Leitung: Rosa Font Daten: 11. – 12. November 2013

Systemisches Elterncoaching Praxisbezogene Weiterbildung für die Elternberatung nach bewährten Konzepten. Mit Heiner Krabbe, Peter Jakob u.a. Leitung: Anna Flury Sorgo Daten: 4. Dezember 2013 – 26. Mai 2014, Dauer: 9 Tage

Marte Meo Einführungstage Marte Meo ist ein innovatives, videounterstütztes Interventionsmodell für alle psychosozialen Felder, in denen es um die Unterstützung und Begleitung von Entwicklungs- und Lernprozessen geht. Leitung: Christine Kellermüller Daten: 13. – 14. Januar 2014

Gewaltloser Widerstand und Neue Autorität In der Familie, Schule und Gemeinde. Leitung: Peter Jakob Daten: 9. April – 11. November 2014, Dauer 10 Tage

_________________________________________________________

Informationen und Anmeldungen: IEF Institut für systemische Entwicklung und Fortbildung Voltastrasse 27, 8044 Zürich Tel. 044/362 84 84, [email protected], www.ief-zh.ch

www.ief-zh.ch

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Weiterbildungskurse

Weiterbildungskurse 2013 / 2014 Für Fachpersonen mit heilpädagogischen, sozialpädagogischen und pädagogisch-

therapeutischen Anliegen

► Marte Meo im Frühbereich Freitag, 25. Oktober 2013 in Zürich mit Luciana Marantelli

► Aus der Vielfalt von Beobachtungen Förderziele festlegen Freitag, 1. November 2013 in Brugg mit Regina Jenni

► Zusammenarbeit im Klassenzimmer Samstag, 9. und 30. November 2013 in Zug mit Christine Schmid-Maibach

► Mehr Leichtigkeit - Älter werden im Beruf Freitag, 29. Nov. bis Sonntag, 1. Dez. 2013 auf dem Herzberg mit Regina Jenni Weitere Kursangebote, die wir auf Anfrage anbieten (Abrufkurse) sowie die detaillierten

Kursausschreibungen finden Sie auf unserer Webseite::

www.netzwerkweb.ch — [email protected]

Wir freuen uns über jeden Kontakt!

55 BVF-Forum Nr. 82 September 2013

Vorstand

Vorstand

Barbara Jäger

Heilpädagogischer Dienst St. Gallen-Glarus, Flurhofstr. 56, 9000 St. Gallen Tel. G. 071 242 30 60 / Tel. P. 081 710 57 13 [email protected]

Präsidentin Ressort: Personal und Vernetzung

Barbara Szabo

Stiftung Arkadis Aarauerstr. 10, 4600 Olten Tel. 062 287 00 00 [email protected]

Vizepräsidentin Ressort: Beruf und Praxis

Gabi Kanzler-Jenny

Frühberatungs– und Therapiestelle für Kinder der RGZ-Stiftung Buchgrindelstrasse 9, 8620 Wetzikon Tel. 044 930 15 55 [email protected]

Kassierin Ressort: Finanzen

Marianne Bossard

Das Kind im Zentrum, Solothurnstrasse 42 4702 Oensingen, Tel. 062 396 30 04 [email protected]

Beisitzerin

Sandra Bruder

HPF Winterthur, Andelfingen u. Illnau-Effretikon Technikumstrasse 90, 8400 Winterthur Tel 052 213 13 63 (Mo, Di, Do, Fr) [email protected]

Ressort: Medien und Publikationen

Nicole Fust

Heilpädagogischer Dienst St. Gallen-Glarus, Flurhofstr. 56, 9000 St. Gallen Tel. G. 071 242 30 60 [email protected]

Beisitzerin

BVF-Forum Nr. 82 September 2013

56

Geschäftsstelle

Manuela Fehr Slongo

Sagenriet 16 8853 Lachen Tel 079 176 28 80 [email protected]

Geschäftsstellenleiterin

Judith Duft-Waser Habsburgerstrasse 20 6003 Luzern Tel. 041 240 15 82 [email protected]

Sekretärin

Diese und andere aktuelle Nummern des Forums können Sie mit dem folgen-den Passwort über die Webseite www.frueherziehung.ch unter Zeitschrift/Neueste Ausgaben auf dem Web anschauen.

Passwort: Xc7h2G

Geschäftsstelle / Hinweis Passwort für die aktuellen Nummern des Forums

FForumNr. 82 • September 2013

Impressum Forum Nr. 82 September 2013

Herausgeber Berufsverband der Früherzieherinnen und Früherzieher der deutschen, rätoromanischen und italienischen Schweiz (BVF)Einsenden an [email protected] Geschäftsstelle und Sandra Bruder Geschäftsstelle Manuela Fehr Slongo Geschäftsstellenleiterin Sagenriet 16 8853 Lachen Tel. 079 176 28 80 www.früherziehung.chKorrektorat Petra KellerDrucksachen bestellen BVF Sekretariat, Judith Duft-Waser E-Mail: [email protected] Tel. 041 240 15 82 / Fax 041 240 07 54Abonnemente Für BVF-Mitglieder im Mitgliederbeitrag inbegriffen Einzelnummer Fr. 12.–Inseratekosten unter www.frueherziehung.chInserate einsenden an [email protected] 70-7318-3Erscheinungsdaten April, September, DezemberRedaktionsschluss 1. Februar, 15. August, 1. NovemberBVF-Website www.frueherziehung.ch Spenden PC 70-7318-3Hinweis Der Inhalt der veröffentlichten Beiträge von AutorIn- nen muss nicht mit der Auffassung des Vorstandes und der Geschäftsstelle übereinstimmen. Das Copyright der im FORUM veröffentlichten Artikel unterliegt der Redaktion.

Schwerpunkt

Frühgeborene Kinder


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