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Feinstruktur des Protein-Einschlusses in den Siebelementen von Salix sachalinensisFr. Schmidt

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Botanisches Institut der Universitat Kiel, BRD Feinstruktur des Protein-Einschlusses in den Siebelementen von Salix sachalinensis FR. SCHMIDT1) Fine Structure of the Proteinaceous Inclusion Body in the Sieve Elements of Salix sachalinensis FR. SCHMIDT REINHARD NEHLS, GOTTHOLD SCHAFFNER und RAINER KOLLMANN Mit 9 Abbildungen Eingegangen am 27. Oktober 1977 . Angenommen am 19. November 1977 Summary The ultrastructure of the sieve tube inclusion body (formerly «extruded nucleolus») is studied during cell development in the secondary phloem of Salix sachalinensis. The inclusion develops within the cytoplasm at early stages of sieve element ontogeny when the integrity of tonoplast, nucleus, and other organelles is still obvious. It remains intact in the mature sieve element and does not disappear until the breakdown of the cytoplasm at cell senescence. The proteinaceous nature of the inclusion is demonstrated cytochemically. Morphological data on the fine structure of the protein body lead to a model of hexagonally, densely arranged tubules, 18 nm in diameter. Each tubule is made up of a double helix of strands consisting of subunits, having six subunits per turn each. The results obtained preclude that the inclusion body may be released from the nucleus during nuclear degeneration. Relations between paracrystalline body and filamentous form of P-protein are briefly discussed. Key words: proteinaceous inclusion body, sieve elements, Salix. Einleitung In den ausdifferenzierten Siebelementen verschiedener Arten dicotyler Pflanzen kommen neben dem charakteristischen filamentosen und tubularen P-Protein stark lichtbrechende kugelige oder spindelformige Einschliisse vor, die friiher entweder als «Schleimkorper>' «<slime body») (s. ENGARD, 1944; SALMON, 1946) oder als «freie Nucleoli» (<<extruded nucleoli») (s. ESAU, 1947; KOLLMANN, 1960 a, b; ENGLEMAN, 1965 ; EVERT und M URMANIS, 1965) gedeutet wurden. Ein besonderer Typ dieser Siebrohren-Einschliisse, die spindelformigen «Schleimkorper» der Papilionaceen (STRASBURGER, 1891), zeigte cytochemisch Protein- Reaktionen und im Elektro- 1) Hcrrn Prof. Dr. W. HAI.BSGUTH zum 65. Geburtstag gewidmct. Z. PjlanzenphysioI. Ed. 87. S. 1978.
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Botanisches Institut der Universitat Kiel, BRD

Feinstruktur des Protein-Einschlusses in den Siebelementen von Salix sachalinensis FR. SCHMIDT1)

Fine Structure of the Proteinaceous Inclusion Body in the Sieve Elements of Salix sachalinensis FR. SCHMIDT

REINHARD NEHLS, GOTTHOLD SCHAFFNER und RAINER KOLLMANN

Mit 9 Abbildungen

Eingegangen am 27. Oktober 1977 . Angenommen am 19. November 1977

Summary

The ultrastructure of the sieve tube inclusion body (formerly «extruded nucleolus») is studied during cell development in the secondary phloem of Salix sachalinensis.

The inclusion develops within the cytoplasm at early stages of sieve element ontogeny when the integrity of tonoplast, nucleus, and other organelles is still obvious. It remains intact in the mature sieve element and does not disappear until the breakdown of the cytoplasm at cell senescence. The proteinaceous nature of the inclusion is demonstrated cytochemically. Morphological data on the fine structure of the protein body lead to a model of hexagonally, densely arranged tubules, 18 nm in diameter. Each tubule is made up of a double helix of strands consisting of subunits, having six subunits per turn each.

The results obtained preclude that the inclusion body may be released from the nucleus during nuclear degeneration. Relations between paracrystalline body and filamentous form of P-protein are briefly discussed.

Key words: proteinaceous inclusion body, sieve elements, Salix.

Einleitung

In den ausdifferenzierten Siebelementen verschiedener Arten dicotyler Pflanzen kommen neben dem charakteristischen filamentosen und tubularen P-Protein stark lichtbrechende kugelige oder spindelformige Einschliisse vor, die friiher entweder

als «Schleimkorper>' «<slime body») (s. ENGARD, 1944; SALMON, 1946) oder als «freie Nucleoli» (<<extruded nucleoli») (s. ESAU, 1947; KOLLMANN, 1960 a, b; ENGLEMAN,

1965 ; EVERT und M URMANIS, 1965) gedeutet wurden. Ein besonderer Typ dieser

Siebrohren-Einschliisse, die spindelformigen «Schleimkorper» der Papilionaceen

(STRASBURGER, 1891), zeigte cytochemisch Protein-Reaktionen und lid~ im Elektro-

1) Hcrrn Prof. Dr. W. HAI.BSGUTH zum 65. Geburtstag gewidmct.

Z. PjlanzenphysioI. Ed. 87. S. 113~127. 1978.

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nenmikroskop einen parakristallinen Feinbau erkennen (LAFLECHE, 1966). Da6 es sich hierbei um eine besondere Aggregationsform des P-Proteins handelte, erkannten schliemich WERGIN und NEWCOMB (1970) sowie PALEVITZ und NEWCOMB (1971). Da auch die bisher als «freie Nucleoli» bezeichneten Siebrohren-Einschlusse einen ver­gleichbaren parakristallinen Feinbau besitzen (KOLLMANN, 1960 b), lag die Vermu­tung nahe, da6 es sich hierbei nicht um echte, bei der Kerndegeneration frei gewor­dene Kernkorperchen, sondern eben falls um P-Protein-Kristalloide handeln konnte (DESHPANDE und EVERT, 1970). Diese Vorstellung konnte zuletzt durch cytochemi­sche Untersuchungen zumindest fur die Siebelemente von Passiflora bestatigt wer­den (OBERHAUSER und KOLLMANN, 1977).

Ziel der vorliegenden Arbeit war eine weitergehende feinstrukturelle Charakteri­sierung des Siebrohren-Einschlusses auf der Ebene unserer bisherigen Kenntnisse yom Feinbau der fadigen und tubularen P-Protein Strukturen. Ais Untersuchungsobjekt wahlten wir Salix, eine Pflanze, bei der DESHPANDE und EVERT (1970) im Gegensatz zu MISHRA und SPANNER (1970) die Existenz eines «freien Nucleolus» gleichfalls in Frage gestellt hatten.

Material und Methoden

Tangentiale Uingsschnitte durch das sekundare Phloem von Salix sachalinensis FR. SCHMIDT wurden in cacodylat-gepuffertem Fixiergemisch [5 Ofo Glutaraldehyd / 4 Ofo Para­formaldehyd, pH 7,2, nach KARNOVSKY (1965), variiert] 30-60 min bei 0 DC vorfixiert, an­schliegend radial langs geschnitten und fur weitere 1-3 h in frischer Aldehydlosung be­lassen. Die Nachfixierung erfolgte fur 2-10 h in l0f0igem cacodylat-gepuffertem OS04 (eiskalt). Das Gewebe wurde mit Athanol bzw. Aceton entwassert und in Epon-Araldit ein­gebettet. Ultradunnschnitte wurden auf einem Reichert OmU2 Ultramikrotom mit Glas­messern hergestellt und mit Uranylacetat und Bleicitrat (REYNOLDS, 1963) doppelt kontra­stiert.

Der Negativ-Kontrast der Einschlugkorper wurde erreicht durch Fixation des Gewebes in einem eiskalten Gemisch von 4 Ofo Tannin (Merck) / 4 Ofo Glutaraldehyd in 0,07 m Phos­phatpuffer, pH 7,6 (MIZUHIRA und FUTAESAKU, 1971) und durch Schnittkontrastierung mit 20f0igem Eisen(III)-chlorid und 2 Ofo Silbernitrat (NEHLS und SCHAFFNER, 1976) sowie Blei­cit rat nach REYNOLDS (1963).

Zum Nachweis der Proteinnatur der Einschlugkorper wurden diese aus Ultradunnschnit­ten enzymatisch extrahiert. Das aldehyd- und osmiumfixierte Gewebe wurde auf Edelstahl­tragernetzen 10-20 min 10 % igem H 20 2 ausgesetzt und anschliegend mit einem Tropfen phosphatgepufferter O,l0f0iger Pronase-E-Losung (Merck Art. 7433, 70000 PUK) inkubiert (3 h, 40 DC, pH 7,0). Die Nachkontrastierung erfolgte mit Uranylacetat und Bleicitrat. Kon­trollpraparate erfuhren die gleiche H 20 2-Behandlung und wurden dann mit der rein en PufferIosung inkubiert.

Die Untersuchung erfolgte in einem Siemens Elmiskop 101 bei 80 kV, z. T. mit Objekt­raumkuhlung.

Ergebnisse

Das erste Auftreten des Einschlu6korpers in einem sich differenzierenden Siebele­ment erfolgt in einem fruhen Entwicklungsstadium, bei dem die feinstrukturelle Or-

Z. P/lanzenphysiol. Bd. 87. S. 113-127. 1978.

Protein-EinschluB in den Siebelementen von Salix 115

ganisation des Cytoplasmas noch weitgehend dem iiblichen Schema einer jungen Pflanzenzelle entspricht. Lediglich die in zwischen mehr oder weniger zahlreich aus­gebildeten P-Protein-Tubuli (Durchmesser: 17-18 nm) deuten auf eine gewisse Son­derstellung hin (Abb. 1).

In Abb. 2 ist ein offensichtlich im Aufbau begriffener Einschlugkarper in unmit­telbarer Nahe eines Komplexes von tubularem P-Protein zu sehen. Auffallend ist hier die gelegentliche Verdichtung und Parallellagerung der P-Protein-Tubuli iiber kurze Strecken; Unterschiede in der Anordnung dieser Strukturen gegeniiber dem sehr viel diehter gepaekten Einsehlugkarper selbst sind jedoeh deutlieh erkennbar.

Mit fortsehreitender Differenzierung des Siebelementes erreicht der Einsehlugkor­per noeh vor der Auflasung des Tonoplasten und vor der Degeneration des Zellker­nes seine endgiiltige Form und Grage von. 6-7 ,urn im Durchmesser. Der kompakte, stark liehtbrechende und elektroncndiehte Karper kommt in jedem Siebrahrenglied in der Regel in Einzahl vor. Abb. 3 zeigt einen derartigen Einschlug neben einem Zellkern mit Nucleolus. Der Beginn der Kerndegeneration ist gekennzeiehnet durch starke Einfaltungen der Kernhiille.

Naeh dem Zusammenbruch des Tonoplasten bietet sich auch bei Salix das von an­deren Angiospermen bekannte charakteristische Bild «reifef» Siebelemente: sie ent­halten neben dem Einsehlugkarper P-Protein-Filamente und wenige, strukturell mehr oder weniger stark veranderte Organellen (vgl. MrSHRA und SPANNER, 1970; DESHPANDE und EVERT, 1970).

Fig. 1: Part of a young sieve element. Arrows pointing to P-protein tubules. t = tono­plast; w = cell wall. X 57,000.

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Protcin-Einschlull in den Siebelementen von Salix 117

Eine massive Ablagerung von Kallose auf den Siebplatten kiindigt das Ende der Zellentwicklung an und leitet die nachfolgenden Degenerationsstadien ein. Die bis­her verbliebenen Organellen gehen zugrunde; zuruck bleiben bis zuletzt lediglich P-Protein-Filamente und EinschluGkorper. Auch sie zeigen jedoch erhebliche struk­turelle Veranderungen: der EinschluGkorper verliert seinen hochgeordneten Feinbau und zerfallt schlieGlich in einzelne kleinere Bruchstiicke, gleichzeitig desintegrieren auch die Protein-Filamente (Abb. 4). Nach der restlosen Auflosung auch dieser letz­

ten Strukturen werden die Kallosepolster der Siebplatten ebenfalls abgebaut und die Wande des Siebelements kollabieren unter dem Druck des umgebenden, weiterhin intakten Gewebes.

In Obereinstimmung mit den Befunden von OBERHAUSER und KOLLMANN (1977) bei Passiflora erwies sich Protein als Hauptbestandteil des Siebrohren-EinschlusseJ.

Nach dreistiindiger Inkubation mit Pronase E ist der Korper weitgehend aus den Ultradiinnschnitten abgebaut (Abb. 6 a). Auf den zur Kontrolle lediglich mit Puf­ferlosung inkubierten Schnitten sind keine Veranderungen an den parakristallinen Strukturen erkennbar (Abb. 6 b).

Der Siebrohren-EinschluG besitzt auch bei Salix sachalinensis den bekannten para­kristallinen Feinbau (Abb. 7; 8 a-d; vgI. KOLLMANN, 1960 b; DESHPANDE und EVERT,

1970; MrsHRA und SPANNER, 1970; OBERHAUSER und KOLLMANN, 1977): Tubulare Strukturen mit einem Durchmesser von 17-18 nm sind in unterschiedlich dicken

und bis zu 2,5 flm langen Biindeln hexagonal dicht gepackt. Letztere sind im Ein­schluGkorper radiar strahlenformig orientiert, ragen aus ihm unterschiedlich weit hervor und verleihen ihm dadurch ein morgenstern-formiges Aussehen. Je nach Schnittrichtung zeigen die kristallinen Bereiche entweder ein hexagon ales Waben­muster (Abb. 8 a: Tubuli im Querschnitt mit elektronendichter Wand und elektro­nenlichtem Lumen; Periode der Strukturen auf zwei, unter einem Winkel von 30° zueinander stehenden Achsen 17 nm oder 31 nm), oder es ist eine regeimaGige Langs­streifung zu erkennen (Abb. 8 b: Tubuli im Langsschnitt; Periode der Streifung 17 nm oder 8,5 nm, entsprechende Dicke der elektronendichten Streifen 11 nm oder 2-3 nm).

Mit Hilfe des Negativ-Kontrast-Verfahrens bei Anwendung der Tannin-Fixierung

und nachfolgender Eisen-/Silber-Kontrastierung konnten weitere Details im Feinbau des parakristallinen EinschluBkorpers erkannt werden. Die - im Gegensatz zum Positiv-Kontrast - nunmehr elektronendichten Tubulus-Lumina erscheinen im Quer­schnitt in Form sechsstrahliger Sternfiguren (Abb. 8 c). Die dadurch im Negativ­Kontrast deutlich hervortretenden 6 «Untereinheiten» der Tubuluswand liegen je­weils an den Seiten der regelmaGigen Sechsecke des Wabenmusters (5. auch Schema­

zcichnung Abb. 9). Auf Langsschnitten (Abb. 8 d) erkennt man eine regelmaBige

Fig. 2: Developing protein body (pb) with irregular shape in a young sieve element. P­protein tubules (p) partly in dense alignment. Scale bar = l.um. X 18,000. Inset: P-protein tubules. Scale bar = 0.1 ,urn. X 80,000.

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Fig. 3: Protein body (pb) in final size in a developing sieve element at the beginning of nuclear degeneration. In the lobed nucleus (nc) the nucleolus (ne!) is still present. The cytoplasm shows masses of P-protein tubules (p). Scale bar = 1 fim. X 13,500.

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4

5

O,5pm

Protein-EinschluB In den Siebelementen von Salix 119

. •

Fig. 4: Disintegrating protein body (pb) in a senescent sieve element. Arrows pointing to fragments of the body. The paracrystalline substructu~e is lost; no further cytoplasmic structures are left in the sieve element. pc = parenchyma cell. Scale bar = 1 ,urn. X 11,000.

Fig. 5: Cross sectioned sieve plate of a mature sieve element. Paracrystalline aggregations (arrows) similar to the fine structure of a protein body are seen among filamentous fJ­protein wi thin the sieve pores. X 63 ,000.

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6b

Fig. 6: a) Digestion of a protein body in a young sieve element after treatment with 0,1 0/ 0

Pronase E in ultrathin section; most of the electron opaque material is extracted. w = cell wall. Scale bar = 1 pm. X 22,500. - b) Control section pretreated as in fig. 6 a but without Pronase, showing no alteration of the structure of the body. w = cell wall. Scale bar = 1 (Am.

X23,000.

Protein-Einschlufl In den Siebelementen von Salix 121

7

Q,5)Jrn

Fig. 7: Protein body of a mature sieve element. The paracrystalline substructure is obvious. Cross-sectioned tubular structures in the centre of the body show hexagonal arrangement; radial alignment of the tubules is seen at the periphery. X 38,000.

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I

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Protein-Einschlull in den Siebelementen von Salix 123

Folge von 3-4 nm dicken elektronenlichten Streifen (W') und 14-15 nm breiten elektronendichtere Streifen (L'). Die Periode der Streifung liegt mit 18 nm 5-6 %

tiber den Wert en der Posit iv-Kontrastierung (Entsprechendes gilt fur die Querschnitts­bilder). Die breiteren - 14-15 nm messenden - Streifen (L') zeigen in sich noch einmal eine unter einem Winkel von 21-23° zum Tubulusdurchmesser verlaufende Schragstreifung mit einer Periode von 7,5 nm. Die Vermutung liegt nahe, dag es sich hierbei um die Darstellung eines schraubigen Aufbaues der Tubuluswand handelt (s. S. 126 und vgl. Abb. 9; dortselbst schematische Darstellung aller vorgenannten Strukturen mit Megdaten).

Diskussion

Es konnte gezeigt werden, dag der Siebrahren-Einschlugkarper bei Salix in einem sehr fruhen Stadium der Zellentwicklung, noch vor der Ruckbildung des Tonoplasten und des Zellkernes entsteht. Er unterliegt im Verlaufe der Siebelement-Differenzie­rung einem Formwechsel, der sich im fruhen Stadium der Zellentwicklung in einer zunehmenden Verdichtung der parakristallinen Komplexe und einer Auflockerung wahrend der allgemeinen Zel1degeneration zu erkennen gibt (vgl. die Abbildungen 2,3 und 4).

Dag es sich hierbei, wie inzwischen bei anderen Pflanzen gezeigt, nicht um einen bei der Kerndegeneration freigewordenen Nucleolus handelt «<persistent nucleolus» vgl. MISHRA und SPANNER, 1970), geht aus dem gleichzeitigen Auftreten von Ein­schlugkarper und intaktem Kern mit Nucleolus in ein- und derselben Zelle hervor (s. Abb. 3).

Vielmehr konnte in Obereinstimmung mit den Angaben von DESHPANDE und EVERT (1970), ILKER und CURRIER (1975) sowie OBERHAUSER und KOLLMANN (1977) gezeigt werden, dag dieser Karper im wesentlichen aus Protein besteht.

Die Vermutung liegt nahe, dag es sich auch bei dem Siebrahren-Einschlug von Salix, den Befunden bei Passiflora (OBERHAUSER und KOLLMANN, 1977) entspre­chend, um eine besondere, parakristalline Aggregationsform des P-Proteins handelt. Direkte strukturelle Beziehungen zwischen dispergiertem P-Protein und Proteinkar­per, wie sie von STEER und NEWCOMB (1969) bei Coleus-Siebrahren erwahnt wurden, sowie von WERGIN und NEWCOMB (1970) und PALEVITZ und NEWCOMB (1971) fur

Fig. 8: a) Hexagonally arranged tubules in cross-section positively stained. X 140,000. -b) Positively stained tubules in longitudinal view; parallely arranged structures of different periodicity (G, F in fig. 9) are discerned. L = lumen of the tubule, 6 nm; W = walls of adjacent tubules, 11 nm. X 140,000. - c) Part of a protein body negatively stained (glutaral­dehyde/tannin-fix.). The honeycomb structure is made of hexagonally arranged cross­sectioned tubules. X 140,000. Inset: At higher magnification tubules have star-like appearance with 6 subunits per turn each. X 240,000. - d) Longitudinal view of negatively stained tubules. L' = "lumen» of the tubule, 14 nm; W' = «walls» of adjacent tubules, 4 nm. X 140,000. Inset: Oblique striations of the tubular wall indicate helical arrangement of the substructures./ 240,000. Scale bars figs.: 8 a-d = 0.1 ."m.

Z. P/lanzenphysiol. Bd. 87. S. 113-727. 1978.

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E

17 nm:

, ' : I I : :

~ 18nm ---.;.... , : : r. : .J 4 nm . . ,

! I "-14nm

..: 6nm ;"'llnm .....: : : : ' . ,

F

c

D

Fig. 9: Schematic presentation of the fine structural data of the protein body (cf. Fig. 8). A. Morphological aspect of cross-sectioned tubules positively stained. - B. Model consisting of densely aggregated tubules with six subunits per turn each. - C. Honeycomb-like aspect of cross-sectioned tubules negatively stained. - D. Model of a single tubule at longitudinal view, reconstructed from negatively stained material. - E. Morphological aspect of parallely aligned structures, negatively stained. - F., G. Morphological aspects of parallely aligned structures of different periodicities, positively stained.

Protein-EinschluG in den Siebelementen von Salix 125

die charakteristischen Siebrohren-Einschliisse der Papilionaceen beschrieben wurden, konnten bei Salix bisher nicht beobachtet werden; auffallend ist hier vielmehr die besondere Stabilitat der EinschluiSkorper bis zur Degeneration der Zelle. Das heiiSt aber, daiS die P-Proteinfilamente ausdifferenzierter Siebelemente bei Salix offenbar direkt aus den in jungen Zellen vorkommenden tubularen Strukturen entstehen, ohne daiS die charakteristischen parakristallinen Protein-Einschllisse in derartige Struk­turmodifikationen einbezogen werden. Welche Rolle die gelegentlich in den Sieb­poren ausdifferenzierter Siebelemente auftretenden kristallinen Aggregate (Abb. 5) bei der Beziehung Proteinfilamente/EinschluiSkorper spielen, ist zunachst unbekannt.

Wesentlich flir die Interpretation ontogenetischer Beziehungen der verschiedenen Proteinstrukturen in den Siebelementen zueinander ist deren genaue feinstrukturelle Analyse; flir die Filamente und tubularen Strukturen des P-Proteins ist diese mehr­fach erfolgt (u. a. PARTHASARATHY und MUHLETHALER, 1969; KOLLMANN et al., 1970; CRONSHAW et al., 1973; LAWTON und JOHNSON, 1976); flir die Bauelemente des Proteinkristalles selbst gab es seit den Beobachtungen von KOLLMANN (1960 b) keine genaueren Angaben.

In Abb. 9 sind aile im Protein-EinschluiS bisher bekannten Strukturen und MeiS­ergebnisse zusammengefaiSt. Trotz der geringfligig hoheren MeiSwerte bei den nega­tiv kontrastierten Strukturen - sie mogen auf Veranderungen in der Konformation der Proteine bei deren Reaktion mit dem Tannin zurlickzuflihren sein - besteht an deren Identirat mit den Strukturen im Positiv-Kontrast kein Zweifel.

Der Vergleich positiv und negativ kontrastierter Strukturen beweist einmal mehr, daiS die Bauelemente des Protein-Einschlusses Tubuli sind (0 17-18 nm) mit - im Positiv-Kontrast - elektronenstreuenden Wanden (5-6 nm) und hellen Lumina.

1m Gegensatz zu den konventionellen positiven Kontrastierungen, die aufgrund unzureichender Detailauflosung nur indirekt Deutungen des Feinbaus der einzelnen Tubuli zulassen, ergibt die spezifische Anlagerung von Tannin durch Negativ-Kon­trast eine Auflosungssteigerung, die unmittelbar zusatzliche Strukturdetails offen­bart.

Die Befunde aus Abb. 8 c (schematisch Abb. 9 C) belegen, daiS die moglichen Un­tereinheiten der Tubuli an den Seiten der Sechsecke lokalisiert sind. Dies bedeutet, daiS einzelne Untereinheiten benachbarter Tubuli nicht wechselseitig miteinander ver­zahnen, sondern einander gegenliberstehen. Eine Modellvorstellung, die daraus ab­zuleiten ist, ist in Abb. 9 B dargestellt.

Inwieweit die Form der Untereinheiten im Modell den wirklichen Verhaltnissen entspricht, kann zur Zeit noch nicht entschieden werden. Die Anlagerung des Tan­nins an die Proteinstruktur erfolgt zweifellos nicht in der Art einer symmetrischen Umhlillung; sie ist vielmehr abhangig von der Verteilung der reaktiven Gruppen an der Molekliloberflache (vgl. Lit. bei NEHLS und SCHAFFNER, 1976), so daiS auch mit einem Eindringen des Tannins in die Untereinheiten der Tubuli zu rechnen ist. In­folgedessen mlissen Aussagen liber die Form und GroiSe solchermaiSen aufgeloster Strukturen mit groiSer Vorsicht gemacht werden. Fur die im Modell vorgeschlagene

z. Pfl,mzenphysiol. Bd. 87. S. 113-127. 1978.

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Form (Abb. 9 B) spricht aber dennoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, da bei der Verwirklichung anderer Konzepte (z. B. globoidale Untereinheiten) insbesondere im Positiv-Kontrast mit dem Auftreten gro~erer Nebenlumina in den Winkeln der Sechsecke zu rechnen ware.

Hier sind auch Vorstellungen von LAWTON und JOHNSON (1976) zu beriicksichti­gen, wonach es sich bei den von uns als «Untereinheiten» angesprochenen Struk­turen urn Abschnitte einer «Superhelix» der die Tubulus-Wand aufbauenden Pro­teinfilamente handelt.

Die nachgewiesene Schragstreifung auf der Oberflache langsgetroffener Tubuli (Abb. 8 d, schematisch Abb. 9 E) deutet auf eine helikale Anordnung ihrer Unter­einheiten. Aus den vorhandenen Daten (s. S. 123 und Abb. 9) - Tubulusdurchmesser D = 18 nm, Periode der Schragstreifung P = 7>5 nm, Steigungswinkel a = 21-23° -la~t sich unter der Voraussetzung einer Dichtestpackung der Tubulusuntereinheiten die Anzahl (n) der am Aufbau beteiligten Helices errechnen.

Es gilt die Beziehung:

Ganghohe (G) P . n tan a = 2 Tubulusdurchmesser (6) - """"2D

daraus folgt: 75 . n

tan 22 ° = -' --36

n = 1,93

Beriicksichtigen wir, da~ der Steigungswinkel in unseren Aufnahmen mit 21-23° nur annahernd genau ermittelt werden konnte, so stimmen aIle Daten am ehesten mit den Anforderungen fiir die Verwirklichung einer Doppelhelix iiberein. (Der theo­retische Wert betragt fur eine Doppelhelix 22,5°> fur eine Einfachhelix jedoch 12° und fiir eine Dreifachhelix 32°.) Ein nach diesen Ergebnissen entwickeltes Modell ist in Abb. 9 D dargestellt.

Damit entspricht aber unser Modell zur Feinstruktur der Tubuli im parakristalli­nen Siebrohren-Einschlu~ bei Salix weitgehend dem Modellvorschlag von PARTHASA­RATHY und MiiHLETHALER (1969) sowie CRONSHAW et al. (1973) fiir P-Protein-Tubuli bei Nicotiana. Auch Varianten dieses Modells, etwa im Sinne der Vorstellungen von LAWTON und JOHNSON (1976), stehen nicht im Widerspruch zu unseren Beobachtun­gen. Diese Obereinstimmung berechtigt letztlich zu der Annahme, da~ der parakri­stalline Protein komplex in den Salix-Siebrohren ebenfalls P-Protein darstellt, und zwar eine extrem verdichtete und iiber die gesamte Vegetationsperiode persistierende Form dieses charakteristischen Strukturproteins.

FUr interessierte Mitarbeit danken wir Frau Dr. r. DORR und Frau CH. GLOCKMANN.

Literatur

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Protein-EinschluE in den Siebelementen von Salix 127

DESHPANDE, B. P. and R. F. EVERT: A reevaluation of extruded nucleoli in sieve elements. J. Ultrastr. Res. 33, 483-494 (1970).

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Dipl.-Biol. REINHARD NEHLS, Dr. GOTTHOLD SCHAFFNER und Prof. Dr. RAINER KOLLMANN, Botanisches Institut der Universitat Kiel, Lehrstuhl II, Diisternbrooker Weg 17, D-2300 Kiel.

Z. Pflanzenphysiol. Bd. 87. S. 113-127. 1978.


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