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Feature / Hörspiel / Hintergrund Kultur · lubi, kogo co boli, kto ma jakie rodzeństwo, jaką...

Date post: 14-Oct-2019
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1 Feature / Hörspiel / Hintergrund Kultur Das Feature Marmor und Kinder Tschetschenische Flüchtlinge am Bahnhof Brest Autorinnen: Agnieszka Czyzewska-Jacquemet und Kasia Michalak Redaktion und Regie: Wolfgang Schiller Produktion: Polnisches Radio Lublin 2016/ Dlf 2017 Erstsendung: Dienstag, 29.8.2017, 19.15 Uhr Sprecherin 1: Rebecca Madita Hundt Sprecherin 2: Zeljka Preksavec Sprecherin 3: Justine Hauer Sprecherin 4: Gosia Konieczna Sprecherin 5: Sigrid Burkholder Sprecher 1: Volker Risch Sprecher 2: Oleg Zhukov Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - unkorrigiertes Exemplar -
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Page 1: Feature / Hörspiel / Hintergrund Kultur · lubi, kogo co boli, kto ma jakie rodzeństwo, jaką mamę. Marmur i dzieci. Sprecherin 3 (OV): Das ist der Kinderbahnhof. Ich nenne ihn

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Feature / Hörspiel / Hintergrund Kultur

Das Feature Marmor und Kinder Tschetschenische Flüchtlinge am Bahnhof Brest Autorinnen: Agnieszka Czyzewska-Jacquemet und Kasia Michalak Redaktion und Regie: Wolfgang Schiller Produktion: Polnisches Radio Lublin 2016/ Dlf 2017 Erstsendung: Dienstag, 29.8.2017, 19.15 Uhr Sprecherin 1: Rebecca Madita Hundt Sprecherin 2: Zeljka Preksavec Sprecherin 3: Justine Hauer Sprecherin 4: Gosia Konieczna Sprecherin 5: Sigrid Burkholder Sprecher 1: Volker Risch Sprecher 2: Oleg Zhukov Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

© - unkorrigiertes Exemplar -

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Atmo Bahnhofshalle, Warnsignal eines Zuges, Kinder

DZIECI: (śpiewają)

Jedzie pociąg z daleka,

Na nikogo nie czeka.

Konduktorze łaskawy

Zawieź nas do Warszawy.

Sprecherin 5:

Aus fernem Lande kommt ein Zug

Er wartet nicht, spring rein ruck-zuck

Herr Schaffner sei uns gut geneigt

Noch heut' woll'n wir in Warschau sein!

Atmo Bahnhofsdurchsage für die Zugstrecke Brest- Terespol

MARINA:

To jest dworzec dzieci, bo czeczeńskie rodziny są wielodzietnymi rodzinami. Najmłodsze ma roczek. Znam imię każdego, kto co lubi, kogo co boli, kto ma jakie rodzeństwo, jaką mamę. Marmur i dzieci.

Sprecherin 3 (OV):

Das ist der Kinderbahnhof. Ich nenne ihn so, weil die tschetschenischen Familien

viele Kinder haben. Das jüngste Kind ist ein Jahr alt. Ich kenne alle hier – wer was

mag, wem was wehtut, ihre Geschwister, ihre Mütter.

Marmor und Kinder.

Sprecherin 1

Der Bahnhof in Brest ähnelt einem weißen Palast.

AGNIESZKA

Sprecherin 2

Kinderstimmen füllen seine Hallen und Korridore. Angeblich schon seit Jahren.

KASIA:

Sprecherin 1

Ja, seit Jahren schon, aber erst neuerdings sind sie in aller Munde.

Atmo Bahnhofsdurchsage, Radionachricht aus dem Bahnhofslautsprecher

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Sprecher 1

Hunderte tschetschenische Bürger kampieren im weißrussischen Brest. Die

Ausländer hoffen auf eine Einreise nach Polen.

Kobieta po rosyjsku, płacząc : Wiem co czują dzieci. To dla nich. Żeby rodzinę miały. Żeby ojca martwego nie zobaczyły. Dla siebie nic nie chcę.

Sprecherin 4:

Ich weiß wie sich die Kinder fühlen. Man tut es für sie. Damit sie eine Familie haben.

Damit sie den Tod ihres Vaters nicht erleben müssen. Für mich selbst will ich gar

nichts.

Mężczyzna po rosyjsku: Jeśli mnie nie dostaną, z moją rodzina będą wojować.

Sprecher 2

Wenn sie mich nicht kriegen, machen sie meine Familie fertig.

Atmo Radioreportage

Jak informuje białoruski portal Tutbaim, Czeczeni przyjechali do Brześcia kilka miesięcy temu, wsiedli do pociągu do Terespola, poprosili tam o status uchodźcy i otrzymali odmowę. Jak twierdzą, wyjechali z Czeczenii, bo w ich ojczyźnie nie da się żyć. Zaprzeczają by wśród nich byli terroryści.

Sprecher 1

Nach Angaben des weißrussischen Informationsportals Tutbaim, kamen die

Tschetschenen vor einigen Monaten nach Brest. Sie stiegen in einen Zug nach

Terespol, baten dort um Asyl, wurden aber abgewiesen. Sie behaupten, sie hätten

Teschetschenien verlassen, weil sie dort nicht mehr leben konnten. Sie bestreiten,

dass Terroristen unter ihnen sind.

Atmo Bahnhof

MARINA:

Cześć, dzieciaki!

Sprecherin 3

Hallo, Kinder!

MARINA DO DZIECI

Ja mam na imię Marina. Jak masz na imię?

Sprecherin 3

Ich heiße Marina. Wie heißt ihr?

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Atmo Kinder antworten, Polnischunterricht

MARINA: (lacht)

Jakie to słodkie, jakie to słodkie, jakie słodkie.

Sprecherin 3

(Oh, wie süß, wie süß, wie süß. ...)

KASIA

Sprecherin 1

Marina Hulia ist Russin. Seit 20 Jahren lebt sie in Polen. Sie kümmert sich um die

Kinder von Flüchtlingen und Häftlingen.

(cdn lekcji polskiego Marina: Jak masz na imię….. haskan (kontynuuje po czeczeńsku)

Atmo Marina: Wie heißt du...Haskan ( spricht weiter auf Tschetschenisch )

AGNIESZKA

Sprecherin 2

Im September 2016 taucht sie hier auf - im Bahnhof in Brest. Sie spricht

Tschetschenisch. Dies ist der Anfang der demokratischen Schule unter dem

goldenen Lüster in der Bahnhofshalle.

MARINA:

Będziemy się modlić…

(Lasst uns beten...)

KASIA

Die Welt erfährt von den Problemen Tschetscheniens aus der Knie-Perspektive. An

die Knie ihrer Mütter klammern sich die Kinder, wenn sie über den Fußboden

schlittern.

(śpiew, modlitwa dzieci Bismillah - W imię Allaha Litościwego Miłosiernego– inwokacja religijna, którą muzułmanin rozpoczyna wszelką pracę, atmosfera poranka na dworca)

Atmo Gesang, das Gebet Bismillahir-rahmanir-rahim, vorgetragen von den Kindern

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MADINE:

Не дают спать нормально...

Sprecherin 4

Sie lassen uns nicht normal schlafen, nur im Sitzen. Von Mitternacht bis 5 Uhr

morgens. Dann wecken sie uns, und vertreiben uns.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Madine, 26 Versuche zum Grenzübertritt. Seit zwei Monaten lebt sie mit ihrer Tochter

und mit ihrem Sohn im Bahnhof.

Atmo Madine im Hintergrund auf Russisch, sie weckt ihre Tochter, bringt den Tee

KASIA:

Malika, 14 Jahre alt, sie scheint fast durchsichtig vor Müdigkeit.

Sie will keinen Tee.

Sie hat keine Kraft zum Zähneputzen.

MADINE:

Zęby trzeba umyć. Toaleta kosztuje 35 kopiejek. Myjemy ręce i wychodzimy. To dla nas drogo, u nas w kraju toalety są bezpłatne. Pieniądze się nam skończyły.

EineToilettenbenutzung kostet 35 Kopeken. Für uns ist das sehr teuer, in unserem Land sind Toiletten kostenlos.

AGNIESZKA:

Sie haben kein Geld mehr. Es fehlt sogar fürs Essen.

MADINE:

Sprecherin 4

Für uns gibt es kein Zurück. Wir stecken an diesem Bahnhof fest. Man schreit uns an, jagt uns weg. Man befielt uns zu verschwinden, weil wir die Ordnung stören. Aber wohin sollen wir gehen?

(interwencja służb porządkowych, kobieta pyta po rosyjsku dlaczego filmujemy, odpowiadamy, że tylko zapisujemy dźwięk rozmowa wchodzi w tło)

Atmo Eingreifen der Ordnungsdienste, eine Frau fragt auf Russisch, wieso wir filmen,

wir antworten, dass wir nur den Ton aufnehmen

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AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Uns vertreiben sie auch. Journalisten sind hier nicht gern gesehen. Gehen wir also zu Leila und Khamzat, die mit ihren drei Töchtern in eine Mietwohnung gezogen sind.

Atmo Kinderstimmen, sie spielen mit Bausteinen

KASIA :

Sprecherin 1

Leila und Khamzat. Drei Versuche zum Grenzübertritt.

LEILA :

Sprecherin 4

20 Tage haben wir im Bahnhof gewohnt. Nur die Kinder bekamen etwas zu Essen.

KHAMZAT :

Мне дали 500 долларов чеченцы з заграницы...

Sprecher 2

Ich habe 500 Dollar aus dem Ausland bekommen, von Tschetschenen. Die Verwandten von Zuhause schicken uns auch Geld. Hier braucht man 1.000 Euro, damit eine Familie überlebt. Die Wohnung, Essen… Dazu kommen die Fahrkarten nach Terespol – das macht weitere 200 Euro. Furchtbar viel Geld. Einige haben ihr Haus und ihr Auto verkauft. Für einen einzigen Pass habe ich 800 Dollar bezahlt. Für Geld würden manche Mutter und Vater verkaufen. Die Reise über Moskau hat drei Tage gedauert. Um 5 Uhr morgens sind wir in Brest angekommen, haben Fahrkarten nach Terespol gekauft. Da war ein Massenandrang. Sie haben uns zurück geschickt. Das wars.

LELILA :

Sprecherin 4

Schon vier Monate stecken wir hier fest.

Atmo Durchsage für einen Zug nach Terespol

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Der Zug fährt morgens um 8:28 Uhr ab.

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KASIA:

Sprecherin 1

Morgens?

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Es ist kalt und dunkel. Wir haben Dezember.

AGNIESZKA:

Nie możemy nagrać tego o 15.00, bo tym Czeczeni nie jadą.

Aufnahmen im 15 Uhr Zug bringen nichts. Da fahren keine Tschetschenen.

KASIA :

Sprecherin 1

Die Tschetschenen dürfen nur mit dem Frühzug fahren. Angeblich damit sie die

Arbeit an der Grenze nicht stören.

Atmo Lösen der Fahrkarten hin und zurück, Gespräch mit Kassiererin

Sprecherin 4

Was kostet eine Rückfahrkarte nach Terespol –

Sprecherin 3

16 Rubel pro Person. 8 Euro

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Nach einer einfachen Fahrkarte fragt niemand.

KASIA :

Sprecherin 1

Niemand?

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Weil die hier nicht verkauft wird.

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KASIA:

Sprecherin 1

Eine weitere Regel, die niemand vernünftig erklären kann.

Atmo Weinen eines Kindes, ein Mann sagt auf Russisch, dass er keine Wahl hat - er

muss eine Fahrkarte hin und zurück kaufen

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

8 Euro. Jeden Tag. Pro Kopf. Und tschetschenische Familien sind groß.

KASIA :

Sprecherin 1

Elina, 10 Versuche an der Grenze.

ELINA:

Хочется плакать, шесть месяцев назад я вернулась домой.

Sprecherin 4:

Ich könnte heulen. Vor sechs Monaten bin ich nach Hause gefahren. Meine Mutter war krank, also bin ich zurück nach Tchetschenien. Von Paris. Wo ich mit meiner Tochter lebte. Ich bin geschieden, nach meinem Ex-Mann wird in Tschetschenien gefahndet. Dort wollten sie mir nicht glauben, dass ich geschieden bin. Sie haben mich immer wieder verhört und schickaniert. Wegen all dem ist meine Mutter gestorben. Meine Geschwister geben mir die Schuld. Sie sagen, ich hätte nicht zurückkommen sollen. Jetzt habe ich niemanden mehr. Ich bin selber schuld.

Atmo Einsteigen in einen Zug

AGNIESZKA :

Sprecherin 2

Wir steigen in den Zug nach Terespol. Der Waggon ist in Abteile ohne Türen aufgeteilt. In jedem Abteil sitzt eine Familie. In der Dunkelheit ist es schwierig sie zu zählen. Leere Plätze gibt es allerdings nicht.

Atmo Weinen eines Kindes, Bahnhofsgeräusche, ein Zug bremst, Kinderrufe

KASIA :

Sprecherin 1

Diejenigen, die sich keine Fahrkarte leisten konnten, sind im Bahnhof geblieben, wo das Leben seinem eigenen Rhythmus folgt.

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MARINA:

Dobra! Pociąg. Rozpędzamy się, rozpędzamy się. Ciuch, ciuch… Wy same moje najlepsze…

Sprecherin 3

Alles klar! Der Zug. Wir nehmen Fahrt auf, beschleunigen. Tuut, Tuut....

DZIEWCZYNKA

EIN MÄDCHEN

Po polsku?...

MARINA:

Tak, jedzie pociąg, pamiętamy, trzy cztery:

Sprecherin 3

Ja, aus fernem Land..., wir erinnern uns, drei, vier:

DZIECI śpiewają

Atmo: eine der Mütter lobt Marina, sagt dass sie ein Fünkchen Freude ist, im

Hintergrund Spielgeräusche und Kindergeschrei in der Bahnhofshalle

MARINA:

Wszyscy chcieli mówić, każdy chciał opowiedzieć swoją historię, więc powiedziałam, że ja jestem od dzieci, że ja będę uczyła ich dzieci, że będę umilała czas dzieciom, bo jestem nauczycielką. Że nie mogę pomóc w tym, żeby przekroczyli granicę, ale mogę pomóc w tym, żeby ich dzieci nie płakały, żeby nie nudziły się, nie smuciły na dworcu.

Ale te historie są straszne. To są historie ludzi torturowanych. To są historie facetów, którzy byli rażeni prądem, którzy byli bici butelkami plastikowymi napełnionymi wodą, bo bicie taką butelką nie zostawia obrażeni zewnętrznych. To są historie porwań, przetrzymań, szantażu. Historie straszne. Każda jest inna. To też są historie dzieci, które też są straszne, bo w wielu przypadkach w grę wchodzi przemoc domowa. Gdzie państwo, kraj, dzielnicowy w żaden sposób nie reaguje.

Sprecherin 3

Alle wollten reden, jeder wollte seine Geschichte erzählen. Also sagte ich, dass ich mich um die Kinder kümmern werde, dass ich eine Lehrerin bin. Dass ich nicht dabei helfen kann, über die Grenze zu kommen, aber dass ich helfen kann, dass ihre Kinder nicht weinen, sich nicht langweilen und sich nicht sorgen in diesem Bahnhof.

Diese Geschichten sind furchtbar. Es sind Geschichten von Menschen, die gefoltert wurden. Geschichten von Männern die mit Elektroschocks gequält wurden, die mit vollen Plastikflaschen geschlagen wurden, weil solche Schläge keine äußeren Verletzungen hinterlassen. Das sind Geschichten über Entführungen, Freiheitsentzug, Erpressung. Schreckliche Geschichten. Und jede ist anders. Auch die Geschichten der Kinder sind schrecklich, in vielen Fällen geht es um häusliche Gewalt. Und Staat, Behörden, Polizei – niemand tut dort etwas dagegen.

Atmo Kindergeschrei in der Bahnhofshalle

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KASIA:

Sprecherin 1

Ende des 20. Jahrhunderts hatte Vladimir Putin seine ganz eigene Idee wie er im Kaukasus für Ordnung sorgen könnte.

AGNIESZKA :

Sprecherin 2

Für Ordnung, oder für Krieg?

KASIA :

Sprecherin 1

Seine Medizin gegen Chaos, Korruption, Clankämpfe und das Gesetz der Scharia

war der zweite tschetschenische Krieg.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Die Russen verkündeten mehrmals das Ende des Krieges, das letzte Mal im Jahr 2009.

KASIA:

Sprecherin 1

Aber in Tschetschenien dauert der Konflikt an.

Atmo in einer Wohnung, Stimmen spielender Kinder

KHAMZAT:

Sprecher 2

2015 kamen sie zu mir, ich sollte ins Donezkbecken, ich sollte kämpfen. Gegen die Ukraine natürlich. Dort sind etwa 1000 Tschetschenen im Einsatz. Ich sollte ihnen beibringen, wie man kämpft. Sie versprachen mir 200 Tausend Rubel monatlich. Ich sagte, ich will nicht, ich habe Familie. Dort kommen Menschen um. Ich versuchte mich rauszureden. Aber sie sagten: du musst fahren, ob du willst oder nicht. Mit einem Sack über dem Kopf sind sie mit mir irgendwohin gefahren. Wohin – weiß ich nicht. Sie haben mich zusammengeschagen. Ein blaues Auge, überall blaue Flecken, eine Kopfverletzung. Der Geheimdienst entführt Menschen so.

LEILA:

Sprecherin 4

Der Geheimdienst nimmt die Menschen einfach mit. Manche kehren gar nicht zurück. Wir haben Geld zusammengekratzt und sein Bruder löste ihn aus.

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KHAMZAT :

Это не то, что я воевать боюсь, я две войны пережил…

Sprecher 2

Es ist nicht so, dass ich Angst habe zu kämpfen, ich habe zwei Kriege erlebt. Aber gegen die Ukraine werde ich nicht kämpfen. Und auch gegen niemanden sonst. Nicht für Putin und nicht für Kadyrov. Sollen sie doch selbst hinfahren. Das ist nicht meine Politik.

LEILA:

И здесь на вокзале в Бресте у нас есть своя Чечня беженцев. Наша отдушина.

Sprecherin 4

Hier im Bahnhof haben wir unser eigenes Tschetschenien der Flüchtlinge.

KHAMZAT :

Mała Czeczenia. Miejsce spotkań - można powiedzieć.

Sprecher 2

Ein Klein-Tschetschenien. Ein Treffpunkt – kann man sagen.

Малая Чечня.

Atmo Bahnhofsgeräusche, Kinderstimmen, Marina korrigiert die Hausaufgaben

AGNIESZKA :

Sprecherin 2

Die Kinder lieben Marina.

Atmo Marina lobt die Kinderzeichnungen, verteilt gute Noten

DZIECI:

My z Mariną śpiewamy, tańczymy, rysujemy, wyklejamy.

Sprecherin 5

Wir singen mit Marina, tanzen, machen Reißbilder.

KASIA:

Sprecherin 1

Imam, Mata und Edik. Geschwister. 19 Versuche an der Grenze.

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MATA:

Lepiej było w szkole, matematyki się uczyć. Byłam prymuską.

Sprecherin 5

In der Schule war es viel besser, ich mochte Mathe. Ich war Klassenbeste.

AGNIESZKA (im Bahnhof):

Piątki same ?

Sprecherin 2

Nur Einsen ?

MATA:

W Czeczenii ?.... Uczyłam się czeczeńskiego, rosyjskiego, angielskiego, niemieckiego. Wszystkiego. Przyjechaliśmy tu w sierpniu. Bez ciepłych ubrań. To wszystko przyniosła nam Marina. Tylko w jednej sukience byłam . Bez kurtki. Myśleliśmy, że od razu wjedziemy do Polski. A jesteśmy tu już czwarty miesiąc. Nie przepuszczają.

Sprecherin 5

In Tschetschenien? ... Ich habe Tschetschenisch, Russisch, Englisch und Deutsch

gelernt. Ich habe alles gelernt. Wir sind hier im August angekommen. Ohne warme

Anziehsachen. Das hat uns alles Marina gebracht. Ich hatte nur das Kleid, das ich

anhatte. Keine Jacke. Wir dachten, wir fahren gleich weiter nach Polen. Aber wir sind

hier schon seit 4 Monaten. Sie lassen uns nich t durch.

IMAN und EDIK:

Mamy nadzieję, że przepuszczą, że będziemy w Polsce. Będzie pięknie. Dużo dzieci. Szkoła.

Sprecherin 5

Wir hoffen, dass sie uns durchlassen, dass wir in Polen leben werden. Alles wird

schön sein. Viele Kinder. Die Schule.

Atmo Bahnhofsansage, Atmo Zugabteil, Flüstern einer älteren Frau

MARIANKA/TŁUMACZKA :

MARIANKA/DOLMETSCHERIN:

Oni modlą się teraz i nie mogą mówić.

Sprecherin 5

Sie beten jetzt und können nicht sprechen.

KASIA:

Sprecherin 1

Die einen beten, die anderen schweigen. Wir sitzen in der Dunkelheit, der Zug bewegt sich immer noch nicht von der Stelle. Er wird nur eine Viertelstunde fahren, aber für die Passagiere dauert die Reise eine ganze Ewigkeit. Wie der Durchgang durch das Rote Meer.

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AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Wir setzen uns zu Elina dazu, die von einer Bekannten begleitet wird.

ELINA :

Мы очень переживаем, думаем, может я сегодня пройду, может кто-то другой пройдёт, может все пройдут….

Bardzo się martwimy, myślimy: może ja przejdę dzisiaj, może ktoś inny przejdzie, może wszyscy przejdą Jak pierwszy raz jechałam, to mnie praktycznie nikt nie słuchał i właśnie jak pytali mnie: „po co pani przyjechała ?” to ja mówił am, że chcę status uchodźcy, że proszę o azyl. A oni mówią: „No tak, tak, już teraz wam damy, wy co, myślicie że my wszystkich przyjmiemy? Że jesteśmy pomocą humanitarną?” A ja po prostu straciłam dar mowy.

Sprecherin 5

Wir sorgen uns sehr, wir denken: vielleicht komme ich heute durch, vielleicht kommt jemand anderes durch, vielleicht alle. Als ich das erste Mal da war, hörte mir praktisch niemand zu, und als sie mich fragten: „wieso kamen Sie denn?” sagte ich, dass ich um Asyl bitte. Und sie sagten. „Ja klar, wir geben euch gleich alles, denkt ihr, dass wir alle aufnehmen? Dass wir eine Hilfsorganisation sind?” Ich war sprachlos.

Und heute will ich es ihnen ein für alle Mal sagen und ich hoffe, dass sie mich anhören, ja?

KASIA (im Zug):

Pociąg ruszył….

Sprecherin 1

Der Zug hat sich in Bewegung gesetzt...

ZNAJOMA ELINY:

Очень надеемся, что нас сегодня впустят…

Mam wielką nadzieję, że dzisiaj nas wpuszczą. A to tak w ogóle to nas w ogóle nie słyszą, nie chcą wysłuchać ,nawet nie patrzą w oczy. Trzeba patrzyć człowiekowi w oczy, żeby wysłuchać jego historię, żeby go zrozumieć.

Sprecherin 5

Ich hoffe sehr, dass sie uns heute reinlassen. Und überhaupt: sie hören uns gar nicht

zu, sie wollen uns nicht hören, sie schauen uns nicht mal in die Augen. Man muss

dem Menschen in die Augen schauen, um seine Geschichte richtig zu hören, um ihn

zu verstehen.

Atmo Bahnhofsatmo, Warnsignal eines Zuges

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Die Schicksale der Menschen liegen auf beiden Seiten der Grenze in den Händen der Beamten.

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MARINA:

Milicjant jak mnie spisywał i mnie zganił, to właśnie zabrał mnie do tego barku, żeby spisać . I wszystkie dzieci poszły i stanęły w drzwiach. Wszystkie dzieci. I on spytał: „A one to kim dla pani są”, a ja powiedziałam: „To są moi obrońcy praw człowieka”. I wtedy on się uśmiechnął i powiedział: „Dobrze, pracuje pani dalej.”

Sprecherin 3

Als der Polizist meine Daten aufnahm und mich verwarnte, führte er mich in diese

Bar. Alle Kinder folgten uns und standen im Türrahmen. Alle Kinder. Und er fragte:

„In welcher Beziehung stehen Sie zu diesen Kindern?” und ich sagte: „Das sind

meine Kämpfer für Menschenrechte”. Daraufhin lächelte er und sagte: „Gut, Sie

dürfen weiter arbeiten”

Atmo im Hintergrund Zugdurchsagen, Diensthabender erscheint, ein Gespräch auf Russisch, Marianka übersetzt unsere Antwort, dass wir nur die Bahnhofsatmo aufnehmen

DYŻURNY:

DER Fahrdienstleiter:

A kto wam dał pozwolenie ?

Sprecher 1

Wer hat euch das erlaubt?

AGNIESZKA (im Bahnhof):

Pokaż nasze wizy prasowe. My prasa. Polskie Radio.

Sprecherin 2

Zeig ihm unser Pressevisum. Polnischer Rundfunk.

DYŻURNY:

DER DIENSTHABENDE:

Dali wam pozwolenie na nagrywanie tutaj ?

Sprecher 1

Hat man Ihnen erlaubt hier aufzunehmen?

MARIANKA/TŁUMACZKA:

MARIANKA/DOLMETSCHERIN:

Konsul w Białej-Podlaskiej wydał nam wizę prasową…

Sprecherin 5

Der Konsul in Biala-Podlaska hat uns das Pressevisum ausgestellt.

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AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Eine Streife taucht auf. Das Visum und die Akkreditierung helfen nichts. Wir müssen zum Vorsteher.

Atmo Büro, Türklopfen, ein Gespräch auf Russisch, die Dolmetscherin erkärt den Zweck der Aufnahmen und des Besuches, Telefone klingeln

KASIA:

Sprecherin 1

Wir fragen, ob der Bahnhofsvorsteher den Tschetschenen helfen kann.

Atmo Vorsteher

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Die Frage scheint gefährlich zu sein. Wir sollen das Aufnahmegerät ausschalten. Über Weißrussland darf man nicht schlecht sprechen.

KASIA:

Sprecherin 1

Aber das ist ein polnisches Problem, kein weißrussisches.

Atmo Beamte wird laut, verärgert lehnt er Hilfe ab

NACZELNIK:

DER VORSTEHER:

У нас нет таких полномочий…

Sprecher 1

Ich habe keine Vollmacht, ein Interview zu geben. Wir haben unsere eigenen

Gesetze. Nur ein Schritt in die falsche Richtung und ich verliere meinen Job. Sergiej

Iwanowicz wird von Iwan Sergiejewicz ersetzt. Und das wars.

И всё…

AGNIESZKA:

Zapowiedzi dworcowych też nie wolno nagrywać.

Sprecherin 2

Die Bahnhofsansagen dürfen wir auch nicht aufnehmen?

NACZELNIK:

Kolejny raz mówię, że nie !

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DER VORSTEHER

Sprecher 1

Ich wiederhole – nein!

MARIANKA/TŁUMACZKA

MARIANKA/DOLMETSCHERIN:

Dziękuję za pomoc.

Sprecherin 5

Danke für Ihre Hilfe.

Atmo: wir kommen aus dem Büro, Marianka erklärt uns leise, dass die Erlaubnis

trotzt allem unterschrieben wurde

KASIA:

Sprecherin 1

In der Hand halte ich die unterschriebene Aufnahmegenehmigung.

Marianka, unsere Dolmetscherin, hat sie während des Streits vom Schreibtisch

genommen.

AGNIESZKA:

Also wir haben den "Wisch”. Wir haben den Beweis, dass wir auch in Weissrussland

Menschen sind. Wir haben auch einen indiskreten Begleiter. Ein Mann will uns bei

den Aufnahmen der Zugdurchsagen helfen.

Atmo im Hintergrund die Stimme eines Mannes, der uns zeigen will, wo sich der Lautsprecher befindet

MARIANKA/TŁUMACZKA:

MARIANKA/DOLMETSCHERIN:

Z bezpieki, z SB. Na pewno. Bo oni nie chodzą w mundurach. Chodzą tak…

Sprecherin 5

Der ist vom Sicherheitsdienst, von der Stasi. Ganz sicher.

KASIA:

Sprecherin 1

Die alten sowjetischen Methoden funktionieren immer noch.

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Atmo Bahnhofsansage, Wohnungsatmo, Spielen mit Bausteinen

KHAMZAT:

Ты не знаешь, кто есть кто…

Sprecher 2:

Du weißt nicht, wer wer ist.

LEILA:

Sprecherin 4

Wir erzählen uns auch nichts, weil Kadyrov behauptet, dass er sogar weiß, wenn wir

atmen. Wir haben kein Vertrauen zueinander.

KHAMZAT:

У него на лбу не написано, что это шпион от Кадырова…

Sprecher 2

Keinem steht auf die Stirn geschrieben, dass er Kadyrovs Spion ist. Die Weißrussen

arbeiten auch mit ihnen zusammen. Brest ist eine kleine Stadt. Alle wissen hier alles.

Wer wo wohnt, wer was macht. Ich gehe zum Wochenmarkt – sie wissen es, ich

gehe zum Bahnhof – sie wissen es auch. Nach Russland zurückzukehren macht

auch keinen Sinn. Kadyrovs Agenten gibt es da von Magadan bis Smolensk.

Atmo Kinderlachen, Spiel mit Bausteinen, Bahnhofsatmo

KASIA:

Sprecherin 1

Khamzat wollte zuerst in Moskau neu anfangen. Wo man jemanden am ehesten

vermutet, sucht man zuletzt, aber sie haben ihn gefunden.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Vom Vater auf den Sohn, vom Sohn auf den Enkelsohn. In der Familie wie in der

Politik - Rache kennt keine Gnade.

KASIA:

Sprecherin 1

Der Mann muss die Ehre verteidigen, die Frau auf ihn hören und schweigen.

MARINA:

Pośpiewamy sobie, będzie weselej. Trzy cztery…„Bardzo kocham swoją mamę” Ok ?

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Sprecherin 3

Lasst uns singen, damit es fröhlicher wird. Drei, vier ... „ Ich liebe meine Mama sehr”

OK?

Atmo singen

Bardzo kocham moją mamę.

W moim sercu zawsze jest. Tra, ta, ta…

Ich liebe meine Mama sehr,

sie ist immer in meinem Herzen. Tra, ta, ta...

(śpiew odchodzi w tło, pojawia się głos kobiety)

Atmo Frauenstimme

KASIA:

Sprecherin 1

Hava, 8 Versuche an der Grenze.

HAVA:

Когда мне было 15 лет, меня украли, и так моя жизнь была разрушена…

Sprecherin 4

Als ich 15 Jahre alt war, wurde ich entführt und mein Albtraum begann. Nach dieser

einen Nacht außer Haus durfte ich nicht mehr zurück. Ich wurde zum Besitz meines

Mannes. Er war drogenabhängig, misshandelte mich, vergewaltigte mich täglich.

Er verkaufte alles nach und nach, auch meine Aussteuer. Ich reichte Beschwerden

bei der Polizei ein, aber die wurden nicht ernst genommen. Als mein Mann endlich

hinter Gitter kam, quälten mich die, bei denen er verschuldet war. Meine

Schwiegermutter jagte mich aus dem Haus. Mein Mann ließ mir ausrichten, dass er

mich und die Kinder umbringen wird, wenn er aus dem Gefängnis entlassen wird.

HAVA:

Ко мне доходят угрозы мужа, что когда он выйдет из термы, убьёт меня и детей. (płacząc )

Sprecherin 4

Ich hatte keine Kindheit, sollen meine Kinder auch keine haben? Sie sind erst 5 und

6 Jahre alt. Ich bin wegen meiner Kinder fort.

An der Grenze glaubt mir das niemand. Ich weiß, dass jeder seine eigene

Geschichte hat, aber die Psychologen sollten unterscheiden können, wer zuerst Hilfe

braucht. Für uns gibt es kein Zurück.

Для нас нет дороги назад…

Atmo Zugrattern, Kinder weinen

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KASIA:

Sprecherin 1

Die meisten Zugpassagiere sind einsame Frauen mit Kindern. Oder kinderreiche

Famillien. Im Zug sind auch einige junge Männer, die behaupten, sie seien vor der

Einberufung für den Krieg in Syrien weggelaufen.

Atmo: leise Männerstimme, der Mann erzählt von sich selbst, Morgengebet Al-Fadschr – abgespielt vom Handy

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Wir fragen nicht für welche Seite.

KASIA:

Sprecherin 1

Gleich geht die Sonne auf. Jemand hört vom Handy das Morgengebet.

LEILA:

Для тех, кто сюда приехал, нет дороги назад...

Sprecherin 4

Für die, die hierher gekommen sind, gibt es kein Zurück. Dort in Teschetschenien

hält man uns für Verräter. Wenn wir zurückgehen, verschwinden wir dort spurlos.

KHAMZAT:

Каждый день люди массово исчезают…

Sprecher 2

Menschen verschwinden dort massenweise. Ohne Grund. Es reicht, dass jemand

einen schiefen Schnurrbart hat. Sie entführen, fordern Lösegeld. Mit Gewalt in den

Kofferraum, schuldig oder nicht. Zuerst kriegt man Schläge, erst dann kommen die

Fragen.

Um Allahs willen, mir ging´s besser im Krieg. Ich hatte eine Waffe, konnte etwas tun.

Jetzt kann ich gar nichts tun. Es ist schlimmer als der Krieg, Hundert Millionen mal

schlimmer. Es reicht ein schiefer Blick auf Kadyrovs Porträt. Schon bist du ein Feind,

du und deine Familie. Auch die nächsten Generationen.

В горы, в лес можно убежать, есть куда… Тебя не достанут, но семью уничтожат…

Sprecher 2

Du fliehst in die Berge, in den Wald.... Wenn sie dich nicht kriegen, machen sie deine

Familie kalt. So läuft das. Deswegen fliehen die Menschen. Sie sagen, dass wir

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Wirtschaftsflüchtlinge sind. Vielleicht gibt es die auch, aber ich kenne keine. Das ist

nicht unsere Mentalität. Ein Tschetschene wird mit bloßen Händen pflügen, er wird

Trockenbrot essen, aber die Berge verlässt er nicht. Er braucht nur Ruhe. Aber die

gibt es nicht.

Ich wäre gerne zu Hause geblieben. Aber sie lassen mich nicht in Ruhe. Angst um

die Zukunft, Angst um die Familie – die Angst vertreibt die meisten aus dem Land.

Ich spreche nicht nur von mir selbst, so geht es fast allen.

Я не только о себе говорю, я говорю о большинстве...

Atmo Bahnhof, Kinderrufe

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Terror und Angst. So sieht der Frieden in Tschetschenien aus, eingeführt von

Ramzan Kadyrov. Der Republikchef baute Grozny wieder auf, Springbrunnen

schießen in der Stadt empor.

KASIA:

Sprecherin 1

Fontänen aus den Tränen der Menschen, die ihren halben Lohn in die Stiftung von

ihm und seiner Mutter einzahlen.

MARINA zu den Kindern:

Uwaga, uwaga. Czeczeńskie dzieci. Najpiękniejsze gwiazdy. Pokażcie się gwiazdy.

Śpiewają musical.

Sprecherin 3

Achtung, Achtung, bitte. Die Tschetschenischen Kinder. Die besten Stars. Zeigt

euch! Die Stars singen jetzt ein Musical.

Atmo Marina singt

Tej nocy anioł przyszedł do Józefa,

Obudź dzieciątko, co tak mocno śpi.

Judea dziś to niebezpieczna strefa,

I policzone małych chłopców dni.

Ein Engel kam zu Josef in der Nacht:

Wecke den Knaben aus seinem Schlaf

Judea ist heute ein gefährlicher Ort

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Schaffe den Buben von hier fort!

Atmo Marina und Kinder singen

Uciekali, uciekali, uciekali,

Na osiołku przez pustyni żar.

Jak najdalej, jak najdalej, jak najdalej,

Ukryć dziecię, bezcenny ich skarb.

Sie flüchteten, sie flüchteten, sie flüchteten,

Auf einem Esel durch die Glut der Wüste

Immer fort, immer fort , immer fort

Mit dem teuren Knaben an einen sicheren Ort.

EIN MÄDCHEN:

My też uciekamy w nieznane. Milczy tata, płacze mama, tak już jest z dziećmi na dworcu w Brześciu.

Sprecherin 5

Auch wir flüchten ins Ungewisse. Der Papa schweigt, die Mama weint, so ist es eben

unter den Kindern im Bahnhof Brest.

MARINA:

Uhm...

(tłumaczy po rosyjsku dzieciom że śpiewały dla uchodźców, że Polacy nie są muzułmanami ale ich Prorok też był uchodźcą. Tak jak one uciekają i on uciekał przed oprawcami na osiołku do Egiptu. Przytula i pociesza po czeczeńsku jedno z dzieci)

Sprecherin 1

Sie erklärt den Kindern auf Russisch, dass sie für die Flüchtlinge sangen, dass die

Polen keine Muslime sind, aber ihr Prophet war auch ein Flüchtling. So wie sie

flüchten, flüchtete auch er auf einem Esel vor seinen Schindern nach Ägypten. Sie

drückt ein tschetschenisches Kind an sich und tröstet es.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Ein Weihnachtslied für die Flüchtlinge. Die heilige Familie flüchtete vor Herodes nach

Ägypten.

KASIA:

Sprecherin 1

Mohammed flüchtete aus Mekka nach Medina und so rettete er sein Leben.

Atmo Bahnhofsansage

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AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Wiera, lebt in Brest.

WIERA:

Душа болит, когда я вижу, как они мучаются….

Sprecherin 4

Das tut mir in der Seele weh, wie sie leiden. Drei Monate ohne Geld. Wir geben

ihnen Essen, Kleidung.

Es gab auch schon Zeiten, in denen die Polen sie gar nicht reinließen. Höchstens

eine oder zwei Familien, oder auch gar keine die ganze Woche. Sie sollen entweder

alle reinlassen, oder die Grenze ganz dicht machen, damit die Menschen nicht

hierher kommen, damit sie nicht leiden in diesen Bahnhöfen. Sonst haben sie immer

noch Hoffnung.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Atmo Zug bremst

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Nachdem der Zug zum Stillstand kommt, warten wir noch eine Stunde in

verschlossenen Waggons, damit die polnischen Grenzbeamten die „normalen”

Passagiere abfertigen können.

MARIANKA/DOLMETSCHERIN:

Sprecherin 5

Anscheinend steigen wir hier aus.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Zwei Beamte erscheinen schließlich und öffnen die Tür.

Sprecherin 5

Ich halte unsere Pässe bereit....

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AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Machen wir unauffälig ein paar Aufnahmen.

KASIA (an der Grenze):

Dlaczego te maski mają państwo ?

Sprecherin 1

Wieso tragen sie diese Masken?

KASIA:

Sprecherin 1

Die Grenzbeamten sehen mit dem Mundschutz aus wie die Wächter von

Pestkranken.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Das ist der Schutz vor Infektionskrankheiten, die Flüchtlinge angeblich verbreiten.

MARIANKA/DOLMETSCHERIN:

Niech pani to schowa, będziemy szły po tej stronie bardziej…

Sprecherin 5

Verstecken Sie es, wir gehen hier auf diese Seite...

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Manche legen den Tunnel zur Grenzkontrolle schon zum 40. Mal zurück. Sie glauben

immer noch, dass am Ende dieses Tunnels ein Licht aufscheint.

Atmo im Hintergrund rufen eine Mutter und ein Kind auf Russisch: Bitte führt uns nach Polen

KASIA:

Sprecherin 1

Die Grenzbeamten trennen Familien von Alleinreisenden. Schauen ihnen nicht in die

Augen. Hören nicht hin.

Atmo Kind weint, Sicherheitskontrolle an der Grenze

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MARINA:

W naszym kraju zmienił się rząd, to się wydarzyło naprawdę . I jeszcze wydarzyło się Państwo Islamskie po drodze, ten strach przed terroryzmem, przed ładunkami. Świat się zmienił po tym, jak zaczęła się Syria, jak zaczęły się właśnie te zamachy i wtedy w takim uproszczeniu, w takim traktowaniu muzułmanów jako terrorystów i ludzi bardzo kulturowo obcych, którzy tylko myślą o tym jak tą Europę nafaszerować ładunkami, to to się zmieniło. Natomiast prawo się nie zmieniło i tym ludziom przysługuje prawo wjazdu na teren Polski i do ubiegania się o status uchodźcy. Ale zmieniła się władza, która nie tylko w tym przypadku nie przestrzega prawa. I nie jest to moja opinia, bo ja jestem nauczycielką, ale jest to też opinia przedstawicieli Fundacji Helsińskiej, którzy przyjeżdżali tam do Brześcia i byli półtora dnia. Była delegacja z Genewy. Prawo jest takie, że mają wjechać i dopiero Urząd do Spraw Cudzoziemców weryfikuje takie rodziny, czy rzeczywiście podpadają pod Konwencję Genewską, czy przysługuje im prawo objęcia jakąkolwiek formą ochrony międzynarodowej. Nie pogranicznik decyduje na przejściu w Terespolu: wpuścić, czy nie.

Dlaczego tak jest, że Mahomet który ze swoją żoną podjął 41 prób i za 42 razem wpuścili go jednak do Polski, co się zmieniło? Mahomet się zmienił? Prawo się zmieniło? Nie, po prostu to jest kompletne bezprawie to co się dzieje na przejściu granicznym Brześć-Terespol.

Sprecherin 3

In unserem Land gab es einen Regierungswechsel. Dazu kam noch der Islamische

Staat, die Angst vor Terrorismus, vor den Bomben. Die Welt hat sich verändert mit

dem Krieg in Syrien, nach diesen Attentaten. Muslime wurden nur noch als

Terroristen und kulturell Fremde gesehen, die nur daran denken, wie man dieses

Europa mit Sprengsätzen spicken kann. Alles hat sich verändert. Aber nicht die

Gesetze. Die Menschen haben das Recht nach Polen einzureisen und Asyl zu

beantragen. Aber es gibt jetzt eine neue Regierung, die die Gesetze nicht achtet und

zwar nicht nur in diesem Fall. Es ist nicht nur meine Meinung, ich bin ja nur eine

Lehrerin, sondern auch die Meinung der Vertreter der Helsinki-Stiftung, die nach

Brest gekommen sind und anderthalb Tage dort waren. Eine Delegation aus Genf

war auch da. Die Gesetze besagen, dass die Flüchtlingsfamilien das Recht haben

die Grenze zu passieren, und erst danach überprüft die Ausländerbehörde, ob die

Familien tatsächlich unter die Genfer Konvention fallen, ob sie internationalen Schutz

genießen. Der Grenzbeamte kann nicht einfach entscheiden, wer über die Grenze

kann und wer nicht.

Wieso hat man den Mohammed, der es mit seiner Frau 41 mal versucht hat, beim

42. Mal reingelassen? Was hat sich geändert? Mohammed hat sich geändert? Die

Gesetze haben sich geändert? - Nein, alles, was am Grenzübergang Brest-Terespol

passiert, ist einfach völlig gesetzlos.

Atmo Kind weint, Grenzübergang

AGNIESZKA:

Sprecherin 2:

Statistisch steigt die Zahl der Menschen rapide, die versuchen über den

Grenzübergang Terespol nach Polen einzureisen. Aber wie soll man diesen Anstieg

interpretieren, wenn jede Ablehnung gezählt wird, nicht die Menschen? Die

Verzweifelten, die 40 oder sogar 70 mal versuchen in Terespol über die Grenze zu

kommen, lassen die Statistik steigen.

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Atmo Zugansage

INNENMINISTER MARIUSZ BŁASZCZAK (im Interview für TVP /Erstes Polnisches Fernsehen/ von 31. August 2016):

Mamy tu do czynienia z próbą stworzenia nowego szlaku do Europy emigrantów muzułmańskich. Polska stoi na takim stanowisku , że w Czeczenii nie ma wojny, wojna jest dziś na Ukrainie. A póki rządzi Prawo i Sprawiedliwość , póki ja jestem ministrem spraw wewnętrznych i administracji nie dopuszczę do tego, żeby Polska była zagrożona terrorystycznie.

Sprecher 1

Wir haben es hier mit dem Versuch zu tun, eine neue islamische Flüchtlingsroute

nach Europa zu etablieren. Die polnischen Behörden gehen davon aus, dass es in

Tschetschenien keinen Krieg gibt, einen Krieg gibt es in der Ukraine. Und solange

die Partei Recht und Gerechtigkeit regiert, solange ich der Innenminister bin, werde

ich es nicht zulassen, dass Polen von Terrorismus bedroht wird.

Atmo Zugansage

KHAMZAT:

Министр говорит, что нелегальный поток мусульман едет в Европу….

Spercher 2

Der Minister sagt: ein illegaler Strom von Muslimen überflute Europa. Ja, ich bin

Muslim und sie ist Muslimin, na und?

LEILA:

Sprecherin 4

Das ist sehr traurig. Was bin ich für eine Islamistin? Ich kann niemandem etwas zu

leide tun, nicht einmal einem Hund oder einer Katze.

KHAMZAT:

Sprecher 2

Für mich ist das Diskriminierung, Verleumdung. Woher weiß er, dass ich ein Islamist,

ein Terrorist bin. Man kann ihn dafür verklagen, für die Verletzung meiner Ehre.

Atmo Tochter spricht auf Russisch über Träume, ihr Zuhause, über das Lernen

LEILA:

Я знаю, что дети переживают…

Sprecherin 4

Ich weiß, wie die Kinder sich fühlen.

Sie wollen beide Eltern haben, und keinen toten Vater.

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Ich wünsche allen nur Gutes, Frieden und Gesundheit.

Ich wünsche ihnen, dass sie Freude haben und zur Schule gehen können.

Und das Böse soll verschwinden.

Das alles ist für sie. Für mich selbst will ich gar nichts.

Я для них всё хочу, не для себя…

Atmo Grenzbeamte, Sicherheitskontrolle

MARIANKA/DOLMETSCHERIN:

Ale my chcemy z nimi, my chcemy z nimi wejść.

Sprecherin 5

Aber wir wollen mit, wir wollen mit ihnen rein.

STRAŻNICZKA GRANICZNA:

Ale Pani nie może.

Sprecherin 3

Aber Sie dürfen nicht.

MARIANKA/DOLMETSCHERIN:

Ale dlaczego? My chcemy im pomóc tłumaczyć, bo oni nie wszystko rozumieją w tych dokumentach.

Sprecherin 5

Und wieso nicht? Wir wollen ihnen bei der Übersetzung der Dokumente helfen, weil

sie nicht alles verstehen.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Die Ausweiskontrolle fängt an. Bestimmt finden sie uns gleich und trennen uns

voneinander.

DIE GRENZBEAMTIN:

Nie możecie towarzyszyć…

Sprecherin 3

Sie dürfen sie nicht begleiten...

KASIA und MARIANKA/ DOLMETSCHERIN (an der Grenze):

Ale oni nie rozumieją. Żeby im chociaż przetłumaczyć pytania, dokumenty, które im dajecie do podpisania.

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Sprecherin 5

Aber sie verstehen die Sprache nicht. Lassen Sie uns wenigstens die Fragen

übersetzen, die Unterlagen die sie unterschreiben sollen.

DER GRENZBEAMTE:

Nie ma takiej opcji. Pani wyjdzie.

Sprecher 1

Das geht nicht. Gehen Sie raus.

Atmo Türknarren, Tür wird zugeschlagen

MARIANKA/ DOLMETSCHERIN:

Ja pierniczę.

Sprecherin 5

Verdammt!

KASIA:

Sprecherin 1

Wir befinden uns hinter einer Glaswand. Unten gehen die Menschen durch die Sicherheitskontrolle, still wie Lämmer, und verschwinden aus unseren Augen.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Keiner soll erfahren, wie es weiter geht.

KASIA:

Sprecherin 1

Aber die Wände haben Ohren.

Atmo Gespräch zwischen Grenzbeamten und Mann, auf Russisch, teilweise auf Polnisch

DER GRENZBEAMTE:

Specher 1

Sie müssen nach Hause, einen neuen Pass beantragen.

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Sprecher 2

Aber Herr – hier ist Platz. Noch zwei leere Seiten.

DER GRENZBEAMTE:

Gdzie? Dwa trzy dni jeszcze pojeździsz pan, a potem trzeba jechać z powrotem i zrobić nowy paszport.

Sprecher 1

Wo denn? Zwei Tage fahren Sie noch hin und her, und dann müssen Sie zurück,

einen neuen Pass beantragen.

Atmo Gitter

AGNIESZKA:

Spercherin 2

Asłan,45 Versuche zum Grenzübertritt.

Sprecher 2

Aber was ist der Grund? Wieso kann ich nicht durch?

DER GRENZBEAMTE:

Pojedź do Niemiec. Nie do Polski.

Sprecher 1

Gehen Sie nach Deutschland. Nicht nach Polen.

Sprecher 2

Ich will nicht nach Deutschland. Bitte... Herr. Ich habe noch 10 weißrussische Rubel.

KASIA:

Sprecherin 1

Die Prozedur, nach der die persönliche Situation in Tschetschenien geprüft wird,

beschränkt sich auf eine Frage nach der Anschrift und auf eine Andeutung, dass das

tatsächliche Reiseziel von Aslan und der Mehrheit der Tschetschenen doch

Deutschland sein könnte.

Atmo Alan fleht um Hilfe, um Mitleid, bekräftigt, dass er nirgendwo anders hin kann, der Grenzbeamte befehlt ihm zu gehen

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KASIA:

Sprecherin 1

Und der Flüchtling hört „prachaditie” – gehen Sie durch - (Aslan seufzt) und landet im

Warteraum.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Danach muss er stundenlang auf die Rückfahrt warten.

Atmo Warteraum

KHAMZAT:

Заходим в зал, а там – три стола и три человека…

Sprecher 2

Wir sind rein. – drei Tische und drei Personen. Vor ihnen eine Schlange von

Menschen. Sie überprüfen die Pässe und gleichzeitig unterhalten sie sich.

LEILA:

Sprecherin 4

2, 3 Minuten, die einen rein, die anderen raus. Sie interessieren sich nicht für uns.

Sie reichen uns nur ein Dokument, das besagt, dass wir freiwillig auf die Einreise

verzichten, weil wir kein Visum haben.

KHAMZAT:

Mamy jeszcze ten papier.

Sprecher 2

Den Zettel haben wir noch.

LEILA:

Sprecherin 4

Und alles ist auf Polnisch, wir können es nicht lesen.

KASIA (in der Wohnung von Leila und Khamzat zitiert einen Abschnitt aus einer Einreiseabsage)

…który zostaje niniejszym poinformowany, że odmawia się mu wjazdu na terytorium Rzeczypospolitej Polskiej, z następujących powodów. Powód „C”: nie posiada ważnej wizy lub dokumentu pobytowego.

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Sprecherin 1

... dem hiermit mitgeteilt wird, dass ihm die Einreiseerlaubnis in das Staatsgebiet der

Republik Polen verweigert wird, aus folgenden Gründen... „C” – er besitzt kein

gültiges Visum oder eine gültige Aufenthaltserlaubnis.

LEILA: А муж говорил, что мы – беженцы, что ми просим право на убежище….

Sprecherin 4

Mein Mann sagte, dass wir Flüchtlinge sind, dass wir um Asyl bitten. Sie haben uns

angeschrien: unteschreibt! Als wir nicht unterschrieben haben, haben Sie uns

rausgeschmissen. Ich habe gar nichts unterschrieben, weil ich freiwillig nicht

zurückgehe. Sie wollen mich verjagen.

Они меня выгоняют.

Atmo Grenzterminal – ein verstecktes Mikro

DIE GRENZBEAMTIN:

Chciały panie rozmawiać z komendantem, być może przyjedzie. Poczekamy chwilę, tak ?

Sprecherin 3

Sie wollten den Kommandanten sprechen, vielleicht kommt er. Warten Sie kurz, ja?

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Wir haben die Gelegenheit über die Unterlagen an der Grenze in Terespol zu

sprechen.

DIE GRENZBEAMTIN:

Przykro mi bardzo. Komendant nie przyjedzie, bo w tej chwili jest zajęty.

Sprecherin 3

Es tut mir sehr leid. Der Kommandant kommt nicht, weil er momentan beschäftigt ist.

KASIA:

Pozostaje nam telefoniczny kontakt z rzecznikiem straży granicznej .

Sprecherin 1

Es bleibt uns nur ein Telefonat mit dem Grenzschutzsprecher.

KASIA (ein Telefongespräch):

Czy ja dodzwoniłam się do pana rzecznika straży granicznej Dariusza Siennickiego ?

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Sprecherin 1

Spreche ich mit dem Sprecher des Grenzschutzes?

DER SPRECHER:

Tak.

Sprecher 1

Ja.

KASIA (ein Telefongespräch):

My jesteśmy tutaj z koleżankami na świeżo po przekroczeniu przejścia Brześć-Terespol i nasunęło się nam kilka takich pytań.

Sprecherin 1

Wir waren gerade erst an der Grenze Brest-Terespol und hätten einige Fragen.

AGNIESZKA (ein Telefongespräch):

Na jakiej podstawie prawnej funkcjonariusze Straży Granicznej w Terespolu traktują ludzi deklarujących się jako uchodźcy, jak osoby które chcą wjechać do Polski bez wizy i odsyłają je z powrotem ?

Sprecherin 2

Auf welcher Rechtsgrundlage werden die Menschen, die sich als Flüchtlinge

bezeichnen, von den Beamten des Grenzschutzes wie Personen behandelt, die ohne

Visum nach Polen einreisen wollen? Wieso werden sie zurückgeschickt?

DER SPRECHER:

No to proszę mi przesłać pani redaktor to na maila, ja chętnie pani odpowiem.

Sprecher 1

Also, Frau Redakteurin, bitte schicken Sie mir ihre Fragen per E-Mail.

KASIA (ein Telefongespräch):

Nie możemy na bieżąco porozmawiać?

Sprecherin1

Können wir uns nicht jetzt unterhalten?

DER SPRECHER:

Nie możemy pani redaktor, ja nic na to nie poradzę , mam takie prawo.

Sprecher 1

Nein, Frau Redakteurin, das können wir nicht, ich kann nichts dafür, und ich habe

das Recht dazu.

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AGNIESZKA (ein Telefongespräch):

Do tej pory pan nie odmawiał nagrań w tej sprawie kolegom z aktualności. Czy coś się zmieniło?

Sprecherin 2

Bis jetzt haben Sie die Anfragen der Kollegen von der Sendung „Aktualnosci” nicht abgelehnt.

DER SPRECHER:

Mówię wyraźnie: proszę przesłać mi pytania na piśmie, na mojego maila. Dziękuję, to wszystko co ja mam do powiedzenia w tej sprawie.

Sprecher 1

Ich sage es nochmal deutlich: Schicken sie mir bitte die Fragen schriftlich per E-Mail.

Danke. Das ist alles, was ich in dieser Sache zu sagen habe.

Atmo Hörer wird aufgelegt, Bahnhofsatmo, Kinderstimmen

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Der Sprecher der Grenzschutzeinheit Region Osten berief sich in der E-Mail-Antwort

allgemein auf die Sicherheitsangelegenheiten des Staates und nannte keine

rechtliche Grundlage, die das Vorgehen der Grenzbeamten begründen würde.

KASIA

Sprecherin 1

Nichtregierungsorganisationen und der Ombudsmann sagen deutlich, dass nicht nur

die Genfer Konvention, sondern auch das polnische Gesetz systematisch verletzt

werden.

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Wir sind im Besitz einiger Dokumente, die bestätigen, dass Menschen, die sich als

Flüchtlinge bezeichnen, die Einreise nach Polen verweigert wird, weil sie kein Visum

besitzen.

Atmo Ansage der Ankuft des Zuges der StreckeTerespol-Brest

AGNIESZKA:

Sprecherin 2

Der Zug aus Terespol kommt um 13:30 Uhr an.

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KASIA:

Sprecherin 1

Und im Zug, eingesperrt in separaten Waggons, 150 Pechvögel, die es wieder

einmal nicht geschafft haben.

Sprecher 2

Sie haben etwa 7, 8 Personen mit Kindern durch gelassen, mehr als 10, 12 – das

kommt selten vor.

Heute gab es 150 Personen im Zug. Manchmal gibt es 200-250. Im Sommer gab es

800.

LEILA

Nawet 1000 było…

Sprecherin 4

Sogar mal 1000.

Sprecher 2

Zwei Nächte habe ich nicht geschlafen. Ich habe ein schwaches Herz. Ich habe gebetet, fürs Überleben, fürs Durchkommen. Danke dafür, dass ihr uns anhört. Auf Wiedersehen...

LEILA auf Russisch:

Мужчины у нас редко плачут, а у него уже были слёзы в глазах…

Sprecherin 4

Männer weinen bei uns selten. Er hatte Tränen in den Augen.

Er hat die ganze Hoffnung verloren.

Du fährst hin und das Herz schlägt dir bis zum Halse. Du fährst zurück und willst

schreien, willst heulen. So laut, dass alle dich hören.

Diese Demütigung, diese Ratlosigkeit, diese gemeine Behandlung.

Und von nirgendwo Hilfe, außer Gott selbst hat Mitleid.

Может только Аллах смилосердится над нами.

EIN MÄDCHEN

Namalowałam bukiet.

Na żywe kwiaty pieniędzy nie ma.

Kochana mamusiu, nie płacz. Jesteśmy razem.

Będziemy w Europie.

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Jak Bóg da.

Sprecherin 5

Ich malte einen Blumenstrauß

Für richtige Blumen gibt es kein Geld

Liebe Mama, weine nicht. Wir sind zusammen.

Wir gehen nach Europa.

So Gott es will.

Atmo Kinderstimme (aus einem Lautsprecher – ohne Übersetzung):

Inch'Allah

Sprecherin 3

Marmor und Kinder

Feature von Agnieszka Czyzewska-Jacquemet und Kasia Michalak

Aus dem Polnischen von Renata Nasseri.

Es sprachen: Rebecca Madita Hundt, Zeljka Preksavec, Justine Hauer, Gosia

Konieczna, Sigrid Burkholder, Volker Risch und Oleg Zhukov

Ton und Technik: Piotr Krol, Eva Pöpplein und Thomas Widdig

Regie und Redaktion: Wolfgang Schiller

Sie hörten die deutsche Fassung einer Sendung des Polnischen Radios Lublin 2016.

Produktion: Deutschlandfunk 2017


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