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Erfolgsfaktor Digitalisierung – Wie digital ist die Schnittstelle zwischen Versicherungsunternehmen und Kunde?
Kundendaten strukturiert erfassen und Dunkelverarbeitung ermöglichen – eine Marktbetrachtung
Sascha Däsler
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Whitepaper | Erfolgsfaktor Digitalisierung
Management Summary
.Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Digitalisierung und Kundenerwartungen
Die Wettbewerbsbedingungen im Versicherungsumfeld haben sich in den letzten Jahren stark verschärft. Zur Positionierung und Alleinstellung sind neue Maßnahmen und Geschäftsmodelle erforderlich. Dem Kunden stehen durch seine technischen Möglichkeiten vielfältige Wege in der Kommunikation mit seinem Versicherungsunternehmen zur Verfügung. Er ist eigenständiger, flexibler und anspruchsvoller geworden. Er kann sich bei Kaufentscheidungen und Serviceanliegen zunehmend unabhängig entscheiden, ob, wann und wie er mit dem Unternehmen in Kontakt treten möchte. 24/7 über alle Kanäle hinweg wird von ihm vorausgesetzt und ist aus anderen Branchen „gelerntes Verhalten“. Ein relevantes strategisches Steuerungsinstrument in der Kundenkommunikation stellt dabei der CustomerSelfService dar. Zum einen wird der Kunde befähigt, seinem Bedürfnis nach Autonomie, Schnelligkeit, Mobilität und Flexibilität nachzukommen, zum anderen wird er aktiv in die Rolle des Leistungserbringenden einbezogen, wodurch die Unternehmen intern erhebliche Ressourcen sparen.
Mit der vorliegenden Untersuchung möchte PPI aufzeigen, wieviel Potenzial in Bezug auf SelfServices bei Versicherungsunternehmen an der Schnittstelle zum Kunden noch vorhanden ist und wie dieses Potenzial erschlossen werden kann. Die im Folgenden dargestellte Bestandsaufnahme zeigt, in welchem Digitalisierungsgrad sich die verschiedenen Versicherungsunternehmen befinden. PPI hat im Rahmen seiner Digitalisierungsinitiative 37 Websites von Versicherungsunternehmen auf ihren Digitalisierungsgrad in Bezug auf Geschäftsvorfälle, die der Kunde mit dem Versicherungsunternehmen abwickeln kann, untersucht. Ein Großteil aller Onlinevorgänge, die ein Kunde bei einer Versicherung ausführen kann, verfügt über einen niedrigen Digitalisierungsgrad. Die Branche selbst schätzt sich in Befragungen hoch digital ein.1 Die hier im Folgenden dargestellte Analyse von 37 großen Versicherungen in Deutschland zeigt, dass einige wenige Versicherungen den anderen weit voraus sind. 40 % der digitalen Geschäftsvorfälle beschränken sich darauf, Informationstexte bereitzustellen, PDFs ausdrucken zu lassen, einen Rückruf zu aktivieren oder einen Experten in der Nähe zu suchen. Einen höheren Digitalisierungsgrad liefern im Regelfall Geschäftsvorfälle wie „Angebote einholen“ oder „Vertragsabschluss“, „Schadenmeldungen“ und „Vertrags service“. Aufgrund dieser Beobachtungen lässt sich darauf schließen, dass ein Großteil der Daten nicht strukturiert erfasst wird. Das erschwert eine Dunkelverarbeitung von Routine fällen und der Kunde kann seinem SelfServiceBedürfnis nicht nachkommen.
1 Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2018, S. 20
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Ausgangssituation
Irrtum in Versicherungsunternehmen
Finanz- und Versicherungsdienstleister sind nach Selbstein-schätzung bei der Digitalisierung ganz vorne mit dabei. Eine direkte Betrachtung der eigentlichen digitalen Schnittstellen zwischen Versicherungsnehmer und -unternehmen zeigt jedoch, dass nur einige wenige Versicherungsunternehmen einen hohen Digitalisierungsgrad aufweisen. Sie sind den anderen weit voraus. Wer sich weiter mit niedrig digitalisierten Vorgängen zufriedengibt, läuft Gefahr, die Digitalisierung zu verschlafen.
Der Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2018 sollte optimistisch stimmen. Die Hälfte der befragten Unternehmen ist mit der Digitali-sierung zufrieden, ein Fünftel sogar sehr. Die große Mehrheit der Finanz- und Versicherungsdienstleister (88 %) schätzt die Digitalisie-rung ihrer internen Vorgänge als hoch oder besser ein. Wie hoch der Digitalisierungsgrad der Online-Geschäftsvorfälle der Versicherungs-branche allerdings wirklich ist, lässt sich nicht zuverlässig über die Selbsteinschätzung der Unternehmen feststellen.
Die Digitalisierung hat den Kunden nicht erreicht. Versicherer schöpfen die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht aus. Das größte Potenzial in der Digitalisierung der Finanz- und Versicherungsbran-che liegt in der verbesserten Kundenkommunikation. Der Kunde ist allerdings gerade an dieser Schnittstelle unzufrieden. Die Art und Dauer der Schadenbearbeitung landete in jedem Jahresbericht der BaFin seit 2012 auf Platz eins der Beschwerdegründe in der Versiche-rungsbranche.2 Das ist weder im Interesse der Versicherungsgesell-schaften, noch im Interesse der Versicherungsnehmer. Vor allem ist es vermeidbar.
Laut Selbsteinschätzung der Finanz- und Versicherungs-dienstleister ist die Branche bei der Digitalisierung ganz vorne mit dabei.
Versicherungen schöpfen das Potenzial der Digitalisierung bei weitem nicht aus.
2 BaFin-Jahresbericht 2012 bis 2017
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Wie steht es also wirklich um den Digitalisierungsgrad der Online-Vorgänge? In der PPI Marktbetrachtung wurden die Stan-dard-Online-Geschäftsvorfälle der großen deutschen Sach- und Lebensversicherungsgesellschaften untersucht.
Analysiert wurden online 604 Geschäftsvorfälle von 37 Versicherungs-gesellschaften. Betrachtet wurden Sach- und Lebensversicherer mit mehr als 200.000 abgeschlossenen Verträgen pro Jahr und mehr als 200.000 versicherten Personen. Jeder Online-Vorgang wurde nach den operationalisierten Kriterien Struktur, Plausibilitätsprüfung, Modulari-tät und Datenübernahme bewertet. Aus diesen Kriterien wurde der Digitalisierungsgrad des Vorgangs abgeleitet. Die operationalisierten Kriterien reflektieren die Parameter Effektivität, Effizienz und Grad der Zufriedenstellung (Benutzerfreundlichkeit) nach ISO 9241. Als Geschäftsvorfälle mit einem geringen Digitalisierungsgrad gelten solche, die mindestens einen der Parameter Effektivität, Effizienz und Grad der Zufriedenstellung nicht ausreichend erfüllen.
Bei der BaFin genannte Beschwerdegründe
Jahr Platz Grund Anzahl
2012 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.155
2012 2 Deckungsfragen 1.136
2013 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.336
2013 2 Höhe der Versicherungsleistung 1.081
2014 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.426
2014 2 Höhe der Versicherungsleistung 1.254
2015 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.364
2015 2 Höhe der Versicherungsleistung 1.014
2016 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.266
2016 2 Deckungsfragen 1.176
2017 1 Art der Schadenbearbeitung/Verzögerungen 1.240
2017 2 Höhe der Versicherungsleistung 918
Platz 1 und 2 für die Jahre 2012 bis 2017
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In der Analyse wurden Sach- und Lebensversicherer aus einer reinen Außenperspektive über ihre Websites untersucht. Der Fokus lag darauf, inwieweit Kunden und Interessenten Standard-Geschäftsvor-fälle online strukturiert erledigen können. Analysiert wurden die dafür auf der Website des Versicherers zur Verfügung gestellten Formulare, um deren Digitalisierungsgrad zu bewerten. Folgende Geschäftsvorfälle wurden untersucht und getestet:
• Angebot anfordern• Antrag stellen• Schaden melden• Vertragsdaten ändern (Adresse, Name und BLZ) und
Informationen anfordern
Analyse
Noch viel Luft nach oben
Zwei Drittel der 604 getesteten Vorgänge weisen einen durch-schnittlichen oder niedrigen Digitalisierungsgrad auf. Etwa 16 Prozent aller Vorgänge haben einen hohen und etwa 8 Prozent einen sehr hohen Digitalisierungsgrad. Diese Zahlen stellen die Selbsteinschätzung der Branche („88 Prozent hohe Digitalisierung oder besser“) infrage.
Wie sieht das Formular aus? Struktur
Digitalisierungsgrad Usability
Wird auf Eingabefehler geprüft? Plausibilität
Werden unnötige Fragen vermieden? Modularität
Werden Eingabe duplikate vermieden? Datenübernahme
Abbildung 1: Kriterien für die Bewertung des Digitalisierungsgrades
Der Digitalisierungsgrad der meisten Onlinevorgänge ist durchschnittlich oder niedriger.
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Der Anteil an hoch digitalisierten Vorgängen unterscheidet sich stark – sowohl zwischen Versicherungsgesellschaften als auch zwischen den Geschäftsvorfällen der Versicherungsgesellschaften. Während einzelne Versicherungsgesellschaften mit einigen Vorgängen über einen sehr hohen Digitalisierungsgrad verfügen, bietet ein Großteil der Versiche-rungen sehr viele digitalisierte Vorgänge mit geringem Digitalisierungs-grad an. Verschiedenen Sparten scheint dabei unterschiedlich viel Aufmerksamkeit geschenkt zu werden. Selbst Versicherungen, die einige hoch digitalisierte Vorgänge besitzen, bieten gleichzeitig Vor-gänge an, die einen niedrigen oder sehr niedrigen Digitalisierungsgrad erreichen (beispielsweise Versicherung 11, 7, 5, 19 und 18 in Abbildung 3). In Abbildung 3 werden die Ergebnisse von Abbildung 2 für jedes kontrollierte Versicherungsunternehmen dargestellt. Jeder Balken repräsentiert eine anonymisierte Versicherung, die X-Achse zeigt die Verteilung von sehr niedrig, niedrig, durchschnittlich, hoch und sehr hoch digitalisierten Online-Vorgängen an.
0
5
10
15
20
25
30
35
Digitalisierungsgrad aller getesteten VorgängeProzentuale Verteilung des Digitalisierungsgrades
16,4
29,6 30,5
15,9
7,6
sehr niedrig niedrig durchschnittlich hoch sehr hoch
Anteil in %
Abbildung 2: Digitalisierungsgrad aller getesteten Vorgänge
Prozentuale Verteilung des Digitalisierungsgrades
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Digitalisierungsgrad verschiedener Versicherungen
25 % 50 % 75 % 100 %
Digitalisierungsgrad sehr hoch hoch durchschnittlich niedrig sehr niedrig
Vers
iche
rung
en (a
nony
mis
iert
)
1711
710
41918261333202716
228352936
132
621311235
537251534
98
2322142430
0 %
Abbildung 3: Digitalisierungsgrad verschiedener Versicherungen
Jede Zahl auf der Y-Achse repräsentiert eine Versicherung. Auf der X-Achse wird die Verteilung des Digitalisierungsgrades für die Versicherung angezeigt.
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Zu den typischsten Vorgangsstrukturen, die einem Kunden angeboten werden, gehören immer noch nicht-digitale Pro-zesse, wie z. B. ein Anruf einer Service-Hotline oder der Besuch eines Experten. Zwar sind typische Vorgänge auf den Webseiten des Versicherers vorhanden, doch verweisen viele davon auf nicht-digitale Vorgänge. Abbildung 4 stellt alle betrachteten Vor-gänge in Abhängigkeit ihres Digitalisierungsgrades und der Formu-larstruktur dar. Jedes Quadrat repräsentiert dabei einen überprüften Geschäftsvorfall einer beliebigen Versicherung. Die Farbe zeigt den Digitalisierungsgrad an.
Am häufigsten kamen Vorgänge vor, die über „digitale Formulare“ und „Aufrufe zum Anruf“ abgewickelt wurden. Ein sog. „digitales Formular“ fragt auf der Webseite die Kundendaten ab und erlaubt keinen Freitext. Ein „Aufruf zum Anruf“ fordert den Kunden entweder dazu auf, einen Experten in der Nähe zu kontaktieren oder sich bei einer Hotline zu melden. Etwa 40 Prozent aller Vorgänge wurden
Digitalisierungsgrad einzelner Geschäftsvorfälle in Abhängigkeit der Struktur
sehr hoch
technischer F
ehler
Informatio
nstext
echtes Form
ular
Aufruf zu
m Anruf
Formular m
it Freite
xt
digitales F
ormular
modulares Form
ular
intelligentes F
ormular
sehr niedrig
Digitalisierungsgrad
Digi
talis
ieru
ngsg
rad
sehr hoch hoch durchschnittlich niedrig sehr niedrig
Abbildung 4: Digitalisierungsgrad einzelner Geschäftsvorfälle in Abhängigkeit der Struktur
Etwa 40 Prozent aller Vorgänge hatten eine Struktur, die eher auf nicht-digitale Vorgänge wie z. B. dem Aufruf zum Anruf oder einem analogen Formular basierten.
Jeder Datenpunkt repräsentiert einen betrachteten Geschäftsvorfall
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über Strukturen mit sehr niedrigem Digitalisierungsgrad geregelt („Informationstext“, „echtes Formular“ oder „Aufruf zum Anruf“).
Zwei Vorgänge (0,3 Prozent) konnten aufgrund technischer Fehler auf den Webseiten nicht abgeschlossen werden. Sechs Vorgänge (1 Prozent) boten lediglich Informationstext über die Produkte an. 26 Vorgänge verlangten vom Nutzer, eine PDF herunterzuladen und auszufüllen (4,4 Prozent). 138 Vorgänge forderten zu einem Anruf oder zu einem direkten Besuch eines Beraters auf (23,1 Prozent). Die etwas breitere Streuung des Digitalisierungsgrades bei der Klasse „Aufruf zum Anruf“ ist abhängig von den dort oft rudimentär imple-mentierten digitalen Vorgängen. Häufig wird der Nutzer über ein kurzes Formular oder Interface aufgefordert, seinen Namen und den Grund für die Beratung anzugeben. Vorgänge mit einem niedrigen Digitalisierungsgrad in diesem Bereich präsentieren im Regelfall eine Tabelle mit diversen Hotlines. Andere fordern den Nutzer zur Ein-gabe einiger weniger Daten wie der Anschrift und dem Anliegen auf. Eine Beratersuche über Postleitzahleingabe stellt hier oft den Vor-gang mit dem höheren Digitalisierungsgrad dar.
Von den digitalisierten Formularen verlangten 80 (13,4 Prozent) die unstrukturierte Eingabe in ein Freitextfeldfeld, das von einem Sach-bearbeiter anschließend interpretiert werden muss. 164 Formulare erfassten die Daten strukturiert (27,5 Prozent), 132 Formulare (22,1 Prozent) reagierten dabei auf vorherige Antworten der Nutzer und blendeten als Reaktion unnötige Fragen aus. 49 Formulare (8,2 Prozent) zeigten „intelligentes“ Verhalten und unterstützten den Kunden aktiv durch Vorschläge.
Der Digitalisierungsgrad der unterschiedlichen digitalen Formular-klassen kann einen höheren Digitalisierungsgrad vorweisen. Eine beträchtliche Anzahl weist jedoch einen niedrigen Digitalisierungs-grad auf. Grund dafür sind große Unterschiede in der Plausibilitäts-prüfung von Nutzereingaben und Datenmanagement. Zwar werden Daten strukturiert erfasst, jedoch oft nicht oder unzureichend auf Fehler oder Plausibilität geprüft.
Die Streuung des Digitalisierungs-grades erhöht sich bei digitalen Formularen, Formularen mit Frei-text und modularen Formularen.
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Versicherungen versäumen dadurch einen der größten Vor-teile in der Digitalisierung. Eine strukturierte Datenerfassung mit umfangreicher Plausibilitätsprüfung der Angaben ermöglicht eine automatisierte Verarbeitung von Schadenmeldungen und Änderun-gen an Bestandsdaten. Die Plausibilitätsprüfung ist vor allem bei Formularen mit Freitext oder digitalen Formularen darauf beschränkt, ob ein Pflichtfeld ausgelassen wurde. Die Fehler- und Plausibilitätsprüfung findet in den meisten Fällen also nur lücken-haft statt. Globale Plausibilitätskontrollen sind oft nur in intelligen-ten Formularen vorhanden. Die vorher benannten Strukturdefizite im Servicebereich bedingen auch, dass die meisten Geschäftsvor-fälle keine globale Plausibilitätsprüfung beinhalten. Lediglich vier von 111 Vorgängen aus dem Servicebereich führten eine globale Plausibilitätsprüfung durch.
Verteilung der Plausibilitätsprüfung
Manuell erstellt!
keine Fehlerkontrolle
lückenhafte lokale Fehlerkontrolle
globale Plausibilitätskontrolle
nicht nötiglokale Fehlerkontrolle
unbekannt Prüfung, ob ein Pflichtfeld ausgelassen wurde
lokale Fehlerkontrolle und Plausibilitätskontrolle
globale Plausibilitätskontrolle zeitgleich mit Eingabe
0
25
50
75
100
Formular mit Freitext digitales Formular modulares Formular intelligentes Formular
Anteil in %
Abbildung 5: Verteilung der Plausibilitätsprüfung
Betrachtung der digitalisierten Vorgänge in Prozent
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Die Versicherungsbranche vernachlässigt erheblich die Digitalisierung von Vertragsservices und Schadenmeldungen zugunsten der Vertragsabschlüsse. Von den 49 „intelligenten“ Formularen bildeten 48 Formulare solche ab, in denen ein Interes-sent einen Vertrag abschließen oder ein Angebot einholen kann (siehe Abbildung 6). Ein einziger Geschäftsvorfall mit intelligentem Formular war zur Abbildung einer Schadenmeldung gedacht.
Die Digitalisierung von Vorgängen findet primär bei Vertragsab-schlüssen oder -angeboten statt. Vertragsservices und Schadenmel-dungen werden in der Regel nicht durch „intelligente“ Formulare abgebildet. Es besteht ein Servicedefizit. Vertragsservices wie die Vertragsdatenänderung werden bereits strukturiert über digitale Formulare (63 Prozent) abgewickelt. Schadenmeldungen werden in den meisten Fällen über ein Formular mit Freitext erfasst (30 Pro-zent) und setzen voraus, dass der Versicherungsnehmer in der Lage ist, den Schaden vollumfänglich beschreiben zu können und zu wollen. Darüber hinaus müssen diese von Sachbearbeitern gelesen und interpretiert werden. Namensänderungen, Änderungen der Konto- oder Adressdaten werden sehr selten auf Fehler überprüft. Hauptsächlich erfolgen Änderungsvorgänge über sehr niedrig digitalisierte Formulare. Daten müssen mehrfach eingegeben werden, obwohl diese dem System nach Login bekannt sein dürften.
Es bestehen große Digitalisierungsdefizite bei Schadenmeldungsvorgängen und Vertragsservices
Abbildung 6: Anzahl der Geschäftsvorfälle für jede Struktur
0
50
100
150
200
Anzahl der Geschäftsvorfälle für jede Struktur
Struktur
Anzahl
technischer F
ehler
Informatio
nstext
echtes Form
ular
Aufruf zu
m Anruf
Formular m
it Freite
xt
digitales F
ormular
modulares Form
ular
intelligentes F
ormular
Vertragsdaten anfragen/abschließen Vertragsservices und Schadenmeldung
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Die Mehrheit der Onlinevorgänge erfasst die vom Kunden eingegebenen Daten nicht strukturiert, sondern per Telefon, auf Papier oder in Freitextfeldern. Es findet keine ausgereifte Prüfung der Eingabefehler oder Plausibilitäten statt. Damit verpassen Versiche-rungsunternehmen die Chance, den Kunden selbstverantwortlich handeln zu lassen und den Sachbearbeiter zu entlasten, um dadurch Bearbeitungszeiten, Rückrufe und den damit verbundenen Personal- und Zeitaufwand beträchtlich zu reduzieren. Der Kunde würde von der strukturierten Datenerfassung profitieren, indem sich die Bearbeitungsdauer verkürzen würde und der Vorgang für ihn transparenter gestaltet werden könnte.
Die Probleme beim Digitalisierungsgrad sind zwischen Versi-cherungen unterschiedlich stark ausgeprägt. Während einige Versicherungsgesellschaften über eine Vielzahl an Prozessen mit hohem Digitalisierungsgrad verfügen, weist ein Großteil noch relativ niedrige Digitalisierungsgradquoten auf. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sollten diese zu den anderen aufschließen.
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Die Lösung
Customer Self Service Performance
Niedrig digitalisierte Vorgänge erfassen die Kundendaten zu unstruktu-riert. Selbst digitalere Vorgänge prüfen nur sehr rudimentär, ob ein Eingabefehler gemacht wurde. Das erschwert unnötigerweise eine automatisierte Verarbeitung der Kundendaten. Der Kundenservice wird durch den unstrukturierten Eingang von Serviceanfragen belastet.
An dieser Stelle setzt das von PPI entwickelte Framework CSSP (Customer Self Service Performance – „Kundenselbstbedie-nung“) an. CSSP ermöglicht die Digitalisierung von versicherungs-typischen Geschäftsvorfällen, insbesondere im Bereich Vertrags-service, wie Vertragsdatenänderung und Schadenmeldung. Die Vorgänge und Workflows sind im Backend anpassbar. Der Content im Frontend lässt sich vollständig konfigurieren und an die individuellen Bedürfnisse anpassen. Darüber hinaus ist eine beliebig umfangreiche Plausibilisierung am Point of Sale möglich.
Abbildung 7: Der CSSP Workflow
KopfarbeitHandarbeit
CSSPStrukturierte
Daten
RPARobotic Process
Automation
WFMWorkflow
Management
BRMBusiness Rule Management
AIArtificial
Intelligence
Eingebettete kognitive Intelligenz
Versicherungsunternehmen
Vers
iche
rung
sneh
mer
Symbole von oben nach unten: Brief, Fax, Telefon, 24h-Hotline, persönlich, E-Mail, Chat, Portal, Website, App
24
unstrukturierte Daten
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CSSP benötigt nicht zwingend eine Authentifizierung des Kunden, ist auf Schnittstellen vorbereitet, erfasst Kundendaten vollständig und strukturiert, lässt sich intuitiv bedienen und ermöglicht dem Kun-den, alle gewünschten Geschäftsvorfälle über einen Touchpoint selbstständig, flexibel und in Echtzeit 24/7 abzuwickeln.
Eine direkte Schnittstelle ist nicht nötig. CSSP kann sowohl als evolutionärer Zwischenschritt zur Dunkelverarbeitung über einen Roboter mit vorhandenen Interface-Schnittstellen interagieren, als auch direkt Daten ins Bestandsführungssystem zur weiteren Dunkel-verarbeitung abgeben. Durch CSSP erfasste Daten können grund-sätzlich in die vorhandenen Bestandssysteme übertragen werden.
Fazit
Potenziale ausschöpfen
Der Digitalisierungsgrad am Frontend zum Kunden im Versi-cherungsbereich hat noch viel Potenzial. Die Herausforderung besteht darin, die am Frontend relevanten Geschäftsprozesse vollständig zu digitalisieren und dem Kunden den Self-Service anzubieten, den er aus anderen Dienstleistungsbereichen schon seit Jahrzehnten kennt. Schnelligkeit, Erreichbarkeit und hervorragende Lösungskompetenz werden das Kundenerlebnis in Zukunft maßgeb-lich beeinflussen.
Weiterführende Informationen erhalten Sie über die PPI Website unter www.ppi.de/versicherungen/digitalisierung/ customerselfserviceperformance/ oder sprechen Sie uns gerne direkt an.
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Die PPI AG
Die PPI AG ist seit über 30 Jahren als Beratungs- und Softwarehaus erfolgreich für Banken, Versiche-rungen und Finanzdienstleister tätig. Als stabil wachsende Aktiengesellschaft in Familienbesitz verknüpfen wir Fach- und Technologie-Know-how, um Projekte kompetent und unkompliziert umzusetzen. Mehr als 600 Mitarbeiter konzentrieren sich dabei ganz auf den Erfolg unserer Kunden. Versicherungsunternehmen bietet PPI fachlich wie methodisch exzellente Lösungen für alle Kernprozesse des Assekuranzgeschäfts. Das Spektrum reicht dabei von Management-, Strategie-, Organisations-, Prozess- bis hin zu IT-Beratung.
Ansprechpartner
Sascha Däsler Partner T +49 40 227433-1584 [email protected]
PPI AGMoorfuhrtweg 1322301 Hamburgwww.ppi.de