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Elektronenspinresonanz an paramagnetischen Molekülen...

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Elektronenspinresonanz an paramagnetischen Molekülen (A8) Christopher Bronner, Frank Essenberger (GA4) Freie Universität Berlin 30. Mai 2007 Versuchsdurchführung am 21. Mai 2007 1 Vorbereitung 1.1 Quantenmechanischer Drehimpuls In der Quantenmechanik wird der Drehimpuls definiert als ein Vektor-Operator J mit der Eigenschaft [J x ,J y ] = i k ijk J k . Man sieht daran schon, dass die Komponenten des Drehimpulses keine kompatiblen Observablen sind, sattdessen findet man mit dem Paar J 2 und J z einen Satz kompatiler Observablen, der den Drehimpuls vollständig charakterisiert. Die Eigenwerte der beiden Operatoren sind 2 j (j + 1) und m j , wobei m j über -j, -(j -1), ..., j -1,j läuft. Die z-Komponente des Drehimpulses kann also für gegebenen Betrag j (j + 1) nur 2j +1 diskrete Werte annehmen; dies bezeichnet man als Richtungsquantisierung des Drehimpulses. 1.2 Freies Elektron im äußeren Magnetfeld Bringt man ein freies Elektron in ein äußeres Magnetfeld B 0 , spaltet seine Energie auf, je nachdem ob sich sein Spin parallel oder antiparallel (m s = ± 1 2 ) zum Magnetfeld ausrichtet (Eine andere Möglichkeit der Ausrichtung ist wegen der Quantennatur des Elektrons nicht möglich). Der Hamilton-Operator wird analog zur Energie eines magnetischen Momentes in einem Magnetfeld ergänzt. H = H 0 + H mag = H 0 - B 0 · μ e Diese Tatsache bezeichnet man als Zeeman-Effekt. Das magnetische Moment (genauer: sein Operator) eines freien Elektrons lautet μ e = -g e μ B s mit dem Landé-Faktor g e =2, 002322 1 des freien Elektrons, dem Bohrschen Magneton μ B = e 2me und dem Spinoperator. Der Spinoperator hat die Eigenwerte m s = ± 1 2 und die Richtung des Magnetfeldes, weshalb das Skalarprodukt in ein normales Produkt übergeht. Die beiden möglichen Aufspaltungen liefern die Energien E = E 0 + g e μ B B 0 m s E = E 0 + g e μ B B 0 1 2 E = E 0 - g e μ B B 0 1 2 . Für die Energiedifferenz erhält man demzufolge ΔE = g e μ B B 0 . Hier liegt die Idee der ESR. Das Elektron kann ein Photon absorbieren und dadurch seine Spi- nausrichtung ändern. Die Energie der eingestrahlten Photonen muss der Energiedifferenz der beiden Zustände entsprechen. ΔE = = g e μ B B 0 (1) 1 aus [1] 1
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Page 1: Elektronenspinresonanz an paramagnetischen Molekülen (A8)users.physik.fu-berlin.de/~essenber/Dateien/VersucheFP/a8-esr.pdf · 1.6 ESR-Spektroskopie Bei der ESR wird eine Probe elektromagnetischer

Elektronenspinresonanz an paramagnetischen Molekülen (A8)

Christopher Bronner, Frank Essenberger (GA4)Freie Universität Berlin

30. Mai 2007Versuchsdurchführung am 21. Mai 2007

1 Vorbereitung

1.1 Quantenmechanischer Drehimpuls

In der Quantenmechanik wird der Drehimpuls definiert als ein Vektor-Operator ~J mit der Eigenschaft

[Jx, Jy] = i~∑

k

εijkJk.

Man sieht daran schon, dass die Komponenten des Drehimpulses keine kompatiblen Observablen sind,sattdessen findet man mit dem Paar J2 und Jz einen Satz kompatiler Observablen, der den Drehimpulsvollständig charakterisiert. Die Eigenwerte der beiden Operatoren sind ~2j(j + 1) und ~mj , wobei mj

über−j, −(j−1), ..., j−1, j läuft. Die z-Komponente des Drehimpulses kann also für gegebenen Betrag~√j(j + 1) nur 2j + 1 diskrete Werte annehmen; dies bezeichnet man als Richtungsquantisierung des

Drehimpulses.

1.2 Freies Elektron im äußeren MagnetfeldBringt man ein freies Elektron in ein äußeres Magnetfeld B0, spaltet seine Energie auf, je nachdem obsich sein Spin parallel oder antiparallel (ms = ± 1

2 ) zum Magnetfeld ausrichtet (Eine andere Möglichkeitder Ausrichtung ist wegen der Quantennatur des Elektrons nicht möglich). Der Hamilton-Operator wirdanalog zur Energie eines magnetischen Momentes in einem Magnetfeld ergänzt.

H = H0 +Hmag

= H0 − ~B0 · ~µe

Diese Tatsache bezeichnet man als Zeeman-Effekt. Das magnetische Moment (genauer: sein Operator)eines freien Elektrons lautet ~µe = −geµB~s mit dem Landé-Faktor ge = 2, 0023221 des freien Elektrons,dem Bohrschen Magneton µB = e~

2meund dem Spinoperator. Der Spinoperator hat die Eigenwerte

ms = ± 12 und die Richtung des Magnetfeldes, weshalb das Skalarprodukt in ein normales Produkt

übergeht. Die beiden möglichen Aufspaltungen liefern die Energien

E = E0 + geµBB0ms

E↑ = E0 + geµBB012

E↓ = E0 − geµBB012.

Für die Energiedifferenz erhält man demzufolge ∆E = geµBB0.Hier liegt die Idee der ESR. Das Elektron kann ein Photon absorbieren und dadurch seine Spi-

nausrichtung ändern. Die Energie der eingestrahlten Photonen muss der Energiedifferenz der beidenZustände entsprechen.

∆E = hν = geµBB0 (1)1aus [1]

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Page 2: Elektronenspinresonanz an paramagnetischen Molekülen (A8)users.physik.fu-berlin.de/~essenber/Dateien/VersucheFP/a8-esr.pdf · 1.6 ESR-Spektroskopie Bei der ESR wird eine Probe elektromagnetischer

1.3 Kern-Zeeman-EffektVöllig analog zum Elektron kann auch der Atomkern zu einer Aufspaltung führen, wenn er nämlicheinen Spin besitzt. Dies drückt sich durch den Hamiltonoperator

H = H0 − ~B0 · ~µe − ~B0 · ~µN

= H0 + geµBB0sz − gNµNB0iz

aus. Darin bezeichnet µN = e~2mp

das Kernmagneton, sz ist der Elektronen-Spinoperator in z-Richtung,iz der Kernspin-Operator. gN ist der Landé-Faktor des Atomkerns. Dies ergibt die Energien

E = E0 + geµBB0ms − gNµNB0mI ,

wobei mI von −I bis I läuft und I (ganz- oder halbzahlig) der Kernspin ist.

1.4 Orbital QuenchingLeider haben wir in der Realität keine isolierten Atome, sondern so wie im Praktikum ganze Mole-küle. Bei Molekülen tritt nun der Effekt des Orbital Quenching auf. Dies meint die Auslöschung desBahndrehimpulses in z-Richtung, ~ml, für die Elektronen im Molekül und damit das Verschwindendes magnetischen Moments

µl = geµBmgesl .

Wir wollen nur kurz andeuten warum sich mgesl in Molekülen aufhebt. Dazu gehen wir davon aus,

dass sich die tatsächliche Wellenfunktion eines Elektrons im Molekül durch Linearkombination derLösungen für das Wasserstoffatom darstellen lässt. Der Einfachheit halber betrachten wir ein Elektronin einem p-Orbital (l = 1).

Dieses Elektron wird den Zustand geringster Energie anstreben. Wann ist dies der Fall? Wir stellenuns wieder klassisch ein Elektron als Teilchen vor, welches umgeben von anderen Punktladungen (Kernpositiv, Elektron negativ) ist. Ein Energieminimum würde nun vorliegen, wenn sich das Elektron inRuhe in der Nähe einer positiven Ladung befände. Eine „Kreisbahn“ an den anderen Ladungen vorbeiwäre also nicht das Energieminimu. Eine Überlagerung von

1√2

(|2, 1,−1〉+ |2, 1,+1〉)

dieser beiden Zustände bringt aber das Minimum. Dies entspricht nämlich einem Elektron welches zugleichen Teilen links und rechts um den Kern kreist also in Ruhe ist. ml ist in diesem Fall, so wieverlangt, gleich Null.

1.5 Gebundene ElektronenFür gewöhnlich sind Elektronen natürlich nicht frei sondern in Atomen, Molekülen oder Energiebänderngebunden. Dadurch entstehen Wechselwirkungen des magnetischen Moments mit der Umgebung, diesich in drei Arten zusammenfassen lassen.

• Spin-Bahn-Kopplung bzw. Feinstruktur

• Hyperfeinwechselwirkung (Wechselwirkung mit den Spinmomenten der Kerne)

• Wechselwirkung mit den Spinmomenten umgebender Elektronen

1.5.1 Spin-Bahn-Kopplung

Wenn ein Elektron einen nicht verschwindenden Bahndrehimpuls in z-Richtung besitzt, erzeugt dieserein magnetisches Moment.

Dieses Moment erzeugt ein magnetisches Feld (Dipolfeld). Dieses Magnetfeld führt so wie in Ab-schnitt (1.2) besprochen zu zwei Einstellmöglichkeiten des Spins und einer Energieaufspaltung je nach

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Stärke des Magnetfeldes, welches wiederrum mit dem Bahndrehimpuls zusammenhängt. Diese zusätz-liche Energieaufspaltung würde dazu führen, dass bei einer ESR auch Energien einer anderer Frequenzabsorbiert werden.

Wir hatten im Abschnitt (1.4) eingesehen, dass die magnetischen Momente in Molekülen verschwin-den, also keine Spin-Bahn-Kopplung stattfindet. Dies ist aber nicht die ganze Wahrheit. Durch dasäußere Magnetfeld ist es nun doch energetisch günstiger, dass sich die Wellenfunktion aus nicht ganzgleich gewichteten Teilen zusammensetzt. Es bleibt also ein effektiver Drehimpuls leff

z übrig. Dieserist in erster Näherung proportional zum äußeren Magnetfeld B0. Der Hamilton-Operator lautet nun

H = H0 + geµBB0sz + const.ζleffz sz︸ ︷︷ ︸

Spin−Bahn−Term

−gNµNB0iz

= H0 + geµBB0sz + const.ζB0sz − gNµNB0iz

= H0 + gµBB0sz − gNµNB0iz.

Wobei es sich bei ζ um die Spin-Bahn-Kopplungs-Konstante handelt, welche mit hoher Potenz vonZ wächst. Der gemessen g-Faktor, weicht also durch die Spin-Bahn-Kopplung von dem des freienElektrons ab. Dies liefert eine Energieaufspaltung

E = E0 + gµBB0ms − gNµNB0mI .

1.5.2 Hyperfeinstruktur

Die Hyperfeinstruktur entsteht durch Wechselwirkung des Elektronenspins mit dem Spinmoment derAtomkerne. Der Hamiltonoperator wird um einen Term

Hhyp = h~s · T ·~i

erweitert mit dem Hyperfeinwechselwirkungstensor T . In isotropen Medien (zum Beispiel Flüssigkeiten)vereinfacht sich der Ausdruck zu

Hhyp = ha~s ·~i.

Die Konstante a heißt isotrope Hyperfeinwechselwirkungskonstante. Sie ist durch a = ggNµBµN43π |ψ(~rN )|2

gegeben und u.a. abhängig von der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons im Kern. Damit erhältman den Gesamthamiltonoperator

H = H0 + gµBB0sz − gNµNB0iz + ha~s ·~i

und die Energiewerte ergeben sich in erster Nährung mit Störungstheorie (gµBB0 � ah) als

E = E0 + gµBB0ms − gNµNB0mI + hamsmI . (2)

1.6 ESR-SpektroskopieBei der ESR wird eine Probe elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt, woraufhin (bei passenderFrequenz bzw. passendem Magnetfeld) Übergänge zwischen den einzelnen Energieniveaus induziertwerden. Dabei sind allerdings die beiden sog. Auswahlregeln

∆ms = ±1∆mI = 0

zu beachten. Daher können nicht alle beliebigen Differenzen in Gl. (2) als Energien möglicher Absorp-tionslinien angenommen werden, sondern man erhält mit der Photonenenergie hν und der Absorpti-onsbedingung ∆E = hν

hν = gµBB0 + hamI . (3)

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Eine wesentliche Vorraussetzung für die ESR ist das Vorhandensein ungepaarter Elektronen; dieseBedingung ist z.B. in paramagnetischen Materialien erfüllt. Hätte die Probe keine ungepaarten Elek-tronen, wären alle besetzten Orbitale voll und Übergänge nicht mehr möglich.

Das Besetzungsverhältnis der beiden Niveaus (unter Vernachlässigung der hfs) lautet nach Boltz-mann

N1

N2= exp

(−gµBB0

kT

),

was bei Raumtemperatur (300 K) und einem Magnetfeld von etwa 0,3 T der Zahl 0,9986 entspricht,d.h. im Gegensatz zu optischen Experimenten sind die Zustände bei ESR etwa gleich bevölkert. Passiertnun Absorption, muss die ursprüngliche Verteilung durch Relaxationsprozesse möglichst schnell wiedereingenommen werden, da sonst keine weitere Absorption möglich ist. Vor allem zwei Relaxationspro-zesse sind hier zu nennen: die „longitudinale“ Spin-Gitter-Relaxation (Umsatz in thermische Energie)mit einer Halbwertszeit T1 und die „transversale“ Spin-Spin-Relaxation (Ursache der Dephasierung),ausgelöst durch umgebende Moleküle, mit einer Halbwertszeit von T2. Wegen der Halbwertszeiten undder Heisenbergschen Energie-Zeit-Unschärfe führen diese Relaxationen zu einer Linienverbreiterung.

1.7 Experimentelle GrundlagenIm verwendeten Aufbau befindet sich die Probe in einem Hohlraumresonator, in dem sich stehendeelektromagnetische Wellen ausbilden können. Dieser Resonator wird analog einem Schwingkreis durcheine Resonanzfrequenz ν und eine Resonatorgüte Q beschrieben. Die Güte des Resonators lässt sichdurchQ = ν

∆ν (∆ν ist die Halbwertsbreite) angeben. Der Resonantor hat den Zweck, die vergleichsweisegeringe Mikrowellenleistung zu hohen Feldstärken zu verstärken um die recht geringe Absorption beimbetrachteten Effekt messbar zu machen.

Die verwendete Strahlung liegt im Mikrowellenbereich und wird mit Hilfe eines Klystrons (vgl.Abschn. 1.8) erzeugt. Die Frequenz wird zur Kompensation eines thermischen Drifts in der Resonator-frequenz ständig mit einer automatischen Frequenzkontrolle (afc) angepasst. Mikrowellen können nichtdurch normale Kabel geleitet werden, weshalb man zu diesem Zweck auf Hohlraumleiter zurückgreifenmuss. Dafür kann man in diesem Frequenzbereich andere technische Vorteile nutzen.

Ein Zirkulator bietet einen solchen; er ist in der Lage, Mikrowellenstrahlung von einem seinerPorts immer nur zum nächsten weiterzuleiten, nicht z.B. zum übernächsten. Im Experiment verwendenwir einen Zirkulator, um die Leistung vom Klystron zum Resonator und von dort zum Detektorweiterzureichen.

Der Resonator befindet sich in einem starken statischen Magentfeld (i.d.G.v. 3000 G = 0,3 T), demein kleineres Wechselfeld (Frequenz im Bereich von Hz) überlagert wird. Dies realisiert das „Durchfah-ren“ des Magnetfeldes zum finden der ESR-Resonanzbedingung. Die gesamte Magnetfeldstärke wirdmit Hilfe einer NMR2-Sonde gemessen und auf der Abszisse eines Oszilloskops gegen die am Detektorgemessene Spannung aufgetragen.

1.8 KlystronEin Klystron dient zur Verstärkung von Mikrowellen. Es gibt zwei Arten von Klystronen: die Kammer-und Reflexionsklystrone. Bei ersterem wollen wir uns zunächst auf zwei Kammern beschränken. Es wirdzunächst ein Elektronenstrahl erzeugt, und über ein Magnetfeld B0 und eine Anode gebündelt. DieElektronen sichießen dann an der Anode vorbei und kurze Zeit später in die erste Resonanzkammer(Buncher Cavity), wo ein schwaches Mikrowellensignal eingespeist wird. Durch dieses Signal wird dieGeschwindigkeit der Elektronen periodisch moduliert. Nach einer Driftstrecke (im Vakuum) ändertsich die Elektronendichte, da die Elektronengeschwindigkeit ja periodisch war (Bündelung tritt auf).So gebündelt treten sie in eine zweite Resonanzkammer ein (Catcher Cavity) und erzeugen dort stärkerestehende Wellen ihrer Modulation entsprechend, also identisch zum Inputsignal

Häufig werden mehrere Kammern hintereinander oder in einem Ring angeordnet um die Stärke desverstärkten Signals immer weiter zu erhöhen. Der andere Typ ist das Reflexionsklystron. Dabei hat

2nuclear magnetic resonance

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Abbildung 1: Verstärkung mit einem Kammerklystron

man nur eine Kammer. Die Elektronen durchlaufen diese und ihre Geschwindigkeit wird wieder überdas Inputsignal periodisch moduliert. Dann werden sie reflektiert und fliegen in die Kammer zurück.Wichtig ist dabei, dass die Abmessungen so gewählt sind, dass die Elektronendichte vor dem Wieder-eintreten in die Kammer maximal wird. Dann ist nämlich auch die Stärke der erzeugten stehendenWellen am größten.

Wie wird aber das kleine schwache Eingangsignal erzeugt? Dies kann über jeden Effekt entstehen,der ein kontinuierliches Spektrum hat. Durch die Verstärkung nur der einen bestimmten Freuquenzkann diese Quelle sehr schwach sein.

1.9 Lock-In-MethodeDie Lock-In-Methode kommt dann zum Einsatz, wenn ein schwaches Signal gemessen werden soll, dasdurch „Rauschen“ nicht mehr zu erkennen ist. Nehmen wir an unser zu messendes Signal sei einfachein Sinus mit der Amplitude Eins.

Abbildung 2: Signal ohne Störung

Unsere Störung sei nun viel größer, als das eigentliche Signal.

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Abbildung 3: Signal und Störung links, rechts die Summe der beiden

Nun kommt das Lock-In-Verfahren zum Einsatz. Hierbei wird ein Referenzsignal eingespeist unddas Produkt von Referenzsignal und Signal gebildet. Danach wird noch über einige Perioden gemittelt.

Beim Referenzsignal handelt es sich um eine Rechteckspannung, die sich in Phase mit dem reinenSignal befindet. Beim multiplizieren wird der negative Anteil des Sinus „umgeklappt“ und man erhältim Mittel einen positiven Wert.

Abbildung 4: Reines Signal und Rechteckspannung in Phase

Wenn das Referenzsignal um π verschoben wird, ergibt sich ein negativer Wert. Der Mittelwert desreinen Signals lässt sich leicht überlegen, dieser ist nämlich konstant (Step sei die Rechteckfunktion).

< f(t) >t=< sin(t) · Step(t) >t=< | sin(t)| >t=1π

∫ π

0

|sin(t)| = 2π≈ 0, 63

Diesen Wert finden wir auch mit Mathematica. In Abbildung 5 sind die gefilterten Signale eingezeichnet.Diese rechnet Mathematica leicht über

s(t)Lock−in =14π

∫ t+4π

t

dt′(Rauschen+ sin(t′))Step(t).

aus.

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Abbildung 5: Effekt der Lock-In-Schaltung

Man sieht deutlich, dass der Mittelwert des Rauschens klein ist gegenüber dem des Signals. AlsDifferenz würde man den Mittelwert des ursprünglichen Signals erhalten. Wie wir gesehen haben, wirddurch die Lock-In Schaltung der Signalverlauf verändert. Wir machen uns die Änderung des Signalsschon an einem Fall klar, der unserem Versuch ähnelt.

Dabei wir das Signal (Magnetfeld) mit einer Schwingung moduliert um dann mit dem Lock-In-Verfahren das Rauschen auszufiltern. Dabei sei die Absorption des Signals durch eine Gaußkurvegegeben. In Abbildung 6 ist die Veränderung des Signals dargestellt.

Abbildung 6: Veränderung des Signals

Wie kommt diese nun zu Stande? Entscheidend ist die Größe der Amplitude. Das zeitliche Mittelüber die Amplitude steht dann dazu in direkten Zusammenhang. Zunächst wächst die Amplitude (dasLock-In-transformierte Signal (Abbildung 6) fällt, da Rechteckspannung und Signal gegenphasig sind)bis zum Wendepunkt A. Danach fällt die Amplitude und hat bei Punkt B den Wert Null. Dann istauch das Mittel der Amplitude Null. Nun ist das Signal in Phase mit der Rechteckspannung undwir erhalten positve Werte, die beim zweiten Wendepunkt C wiederum ein Maximum (Maximum derAmplitude) erreichen und dann wieder abnehmen.

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Abbildung 7: Erklärung der Transformation einer Gaußkurve

2 Aufgaben1. Bestimmen der Hohlraumresonatorgüte Q.

2. Messen des g-Faktors von DPPH, Bestimmen der Halbwertsbreite.

3. Messen von g-Faktor, a (hfc-Konstante (in MHz)), I (Kernspin) für Vanadylacetylacetonat unddas Nitroxidradikal. Skizzieren des Termschemas für s = 1

2 und I = 1.

4. Abschätzen der Empfindlichkeit mit der Nitoxid-Probe für a) direkte Detektion und b) Lock-In-Detektion.

5. Messen des g-Faktors des Cu-Einkristalls in Abhängigkeit des Winkels.

3 Messprotokoll

3.1 ResonatorgüteWir haben zunächst das Mikrowellenspektrum am Detektor vermessen. Vorverstärker und automati-sche Frequenzkontrolle waren ausgeschaltet. Zu sehen war eine relativ breite Verteilung des Klystrons,die an einer Stelle einen einbrechenden Peak hatte (Absorptionsfrequenz des Hohlraumresonators). Beiallen Messungen musste versucht werden die Signale von Hin- und Rücklauf in Phase zu bringen. Diesgelang nie perfekt so wie in den prinzipiellen Abbildungen (8) und (10) dargestellt.

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Abbildung 8: Prinzipieller Signalverlauf am Oszilloskop

Dazu eichten wir die Skala des Oszilloskops mit Hilfe eines geeichten Referenzresonators, der eineneigenen Peak im Spektrum erzeugt, den wir durch Verändern der Resonatorabmessungen durch dasSpektrum verschieben konnten. (Änderung der Eigenfrequenz durch Abmessungsänderung).

Skala am Oszilloskop FrequenzsL = (−4, 0± 0, 1) Skt. ν1 = (9, 233± 0, 002) GHzsR = (4, 0± 0, 1) Skt. ν2 = (9, 342± 0, 002) GHz

Tabelle 1: Eichung des Spektrums

Anschließend haben wir den Absorptionspeak des Hohlraumresonators vermessen.

Position auf Oszilloskop / Skt.Mittelpunkt des Peaks sM 0,0±0,1

Halbes Maximum links -0,2±0,1Halbes Maximum rechts 0,2±0,1

Tabelle 2: Vermessung des Absorptionspeaks

3.2 DPPH-ProbeNun haben wir die Intensität der Mikrowellenstrahlung durch einen kleinen Metallstab, der über ei-ne Mikrometerschraube variabel in den Hohlleiter hineinragte („Abschwächer“), verschoben und dieModulation im Klystronnetzteil abgeschaltet. Außerdem haben wir Vorverstärker, afc und das Mag-entfeld samt Modulation in Betrieb genommen und die erste Probe, das Diphenylpicrylhydrazylradikal(DPPH), eingesetzt. Das Oszilloskop zeigte nun die Detektorspannung über dem angelegten (ständigvariierten) Magnetfeld.

Abbildung 9: Strukturformel von DPPH

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Abbildung 10: Absorption der DPPH Probe

Nach einigem Herumspielen am e-h-tuner („Gleitschraubentransformator“) und mit der Modulati-onsstärke des Magnetfeldes bekam man am Oszilloskop einen deutlichen Peak zu sehen. Jetzt setztenwir die Lock-In-Schaltung ein (Die Feldmodulation musste dazu immer auf 10 G heruntergesetzt wer-den und ein Start- und Endwert (Sweep) für den Durchlauf des Magnetfelds angegeben werden) undließen das so veränderte Signal auf einem x-y-Schreiber aufzeichnen (vgl. Abb. 11).

Abbildung 11: Lock-In-Signal für DPPH

Zu diesem Chart haben wir uns Start- und Endwert des Magnetfelddurchgangs notiert. Der Graph,den die Lock-In-Schaltung ausgibt, ist nicht der gleiche, den man am Oszilloskop beobachten kann,aber wie in Abschn. 1.9 gesehen, ist der Nulldurchgang des Lock-In-Signals gerade das Maximum des

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ursprünglichen Signals. Wir können nun also den Nulldurchgang als Längenwert vom Papier abmessenund über die Eichung (Gesamtlänge des Strichs wird mit der Magnetfelddifferenz identifiziert) in eineFeldstärke umrechnen. Damit lässt sich dann nach Gl. (3) der Landé-Faktor bestimmen. Dabei istmI =0, da keine Hyperfeinstruktur vorliegt. Außerdem haben wir die Frequenz des Hohlraumresonatorsnochmal bestimmt, da diese sich durch das Einsetzen der Probe verändert haben könnte.

Parameter WertStartwert B0 (3313±3) GEndwert B0 (3330±3) GFrequenz (9,317±0,001) GHz

Tabelle 3: Parameter für die Messung von DPPH

Die Breite des ESR-Signals können wir später in der Auswertung anhand des Abstandes zwischeneinem Maximum und seinem dazugehörigen Minimum im Lock-In-Signal errechnen.

3.3 HyperfeinstrukturNun haben wir die beiden Proben Vanadylacetylacetonat und das Nitroxidradikal (vgl. Abbn. 12,13)

Abbildung 12: Strukturformel von Vanadylacetylacetonat

Abbildung 13: Strukturformel des Nitroxidradikals

vermessen. Dabei sind wir genauso vorgegangen wie in Abschn. 3.2. Zum Wechseln der Probe habenwir jedoch den Abschwächer weiter hineingedreht, um zu verhindern, dass eine zu starke Mikrowellen-leistung den Detektor beschädigen könnte, wenn keine absorbierende Probe vorhanden ist. In Abbn.14ist das prinzipielle Signal am Oszilloskop dargestellt für das Nitroxidradikal, in den Abbildungen 16und 15 die Plots des Lock-In-Signals.

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Abbildung 14: Prinzipieller Verlauf für das Nitroxidradikal

Abbildung 15: Lock-In-Signal für das Nitroxidradikal

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Abbildung 16: Lock-In-Signal für Vanadylacetylacetonat

Auch hier haben wir wieder jeweils das Start- und Endsignal bei der Lock-In-Detektion aufgenom-men, ebenso die Frequenz.

Probe Parameter WertVanadylacetylacetonat Startwert B0 (2828±4) GVanadylacetylacetonat Endwert B0 (4373±4) GVanadylacetylacetonat Frequenz (9,308±0,003) GHz

Nitroxidradikal Startwert B0 (3260±4) GNitroxidradikal Endwert B0 (3378±4) GNitroxidradikal Frequenz (9,316±0,002) GHz

Tabelle 4: Parameter für die Messungen zur Hyperfeinstruktur

Aus diesem Graphen können wir nun später wieder die Nulldurchgänge ablesen und in Feldstärkenumrechnen, um damit nach Gl. (3) Landé-Faktoren und hfs-Konstanten zu bestimmen. Der Kernspinergibt sich dann aus der Anzahl der Peaks.

3.4 EmpfindlichkeitUm die Empfindlichkeit von direkter Messung per Oszilloskop und Lock-In-Detektion mit x-y-Schreiberzu vergleichen, haben wir nochmal die Nitroxidprobe eingesetzt und unter gleichen Bedingungen (glei-che Intensität und gleiche Stellung des e-h-tuners) das Spektrum am Oszilloskop und auf dem Papier(Lock-In, Abb. 17) verglichen.

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Parameter WertSignalamplitude (2,2±0,4) Skt.Rauschamplitude (0,5±0,3) Skt.Halbwertsbreite (0,8±0,2) Skt.

Tabelle 5: Vermessung des Signals am Oszilloskop

Abbildung 17: Lock-In-Signal für das Nitroxidradikal zur Empfindlichkeitsmessung

Wir haben gleich das Signal am Oszilloskop vermessen, das Gedruckte wird in der Auswertunganalysiert.3

Für das Signal/Rausch-Verhältnis genügt die Angabe in Skalenteilen, für die Halbwertsbreite habenwir noch eine Eichung aufgenommen: (8,0±0,2) Skt. = (3343−3262) G.

3.5 Anisotrope ProbeAls letztes haben wir eine Kupfer-Einkristall-Probe in einem drehbaren Probenhalter mit Winkelskalain den Resonator eingeführt. Wir haben für zehn Winkelstellungen eine Lock-In-Messung durchgeführtund in ein gemeinsames Diagramm plotten lassen (vgl. Abb. 18), wobei zu beachten ist, dass wir für jedeMessung andere Start- und Endwerte für den Magnetfeld-Durchgang notiert haben, da wir jedesmaletwas nachjustieren mussten (e-h-tuner), um die Signalqualität aufrecht zu erhalten. Dazu haben wirdas Signal immer wieder in die Mitte des Oszilloskops fahren müssen, indem wir den Startwert desMagnetfelddurchgangs verändert haben.

3Dieser Wert für die Signalamplitude ergibt sich schon aus einer Mittelung der zwei mal drei Peaks.

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Abbildung 18: Lock-In-Signal für den Kupfer-Einkristall in zehn verschiedenen Orientierungen

Messung Nr. Winkel / ◦ Startwert B0 Endwert B0

1 140 2747 31662 160 2793 31803 180 2863 32384 200 2913 33085 220 2935 33456 240 2943 33067 260 2901 32888 280 2830 32429 300 2782 317710 320 2732 3184

Tabelle 6: Messparameter für die winkelabhängige Messung (Für die Winkel gilt jedesmal ein Messfehlervon ±1◦, für die Messungen der Magnetfeldstärke ±4 G).

4 Auswertung

Für alle Formeln benutzten wir die Gaußsche Fehlerfortpflanzung ∆f(x1, ..., xn) =

√∑ni=1

(∂f∂xi

∆xi

)2

bzw. die daraus abgeleiteten bekannten Regeln.

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4.1 ResonatorgüteAus der Eichung (vgl. Tab. 1) der Oszilloskopskala erhalten wir zunächst einen Umrechnungsfaktorvon Skalenteilen in GHz.

α = (0, 0136± 0, 0004) GHz

Wir wollen nun die Frequenz des Peaks ν bestimmen. Dazu verwenden wir die Formel ν = ν1 + (sM −sL)α4, das ergibt

ν = (9, 286± 0, 003) GHz.

Die Halbwertsbreite haben wir direkt in Skalenteilen vermessen und können sie mit ∆ν = (s1 − s2)αberechnen.

∆ν = (0, 005± 0, 002) GHz

Die Resonatorgüte ist durch Q = ν∆ν definiert. Mit den eben berechneten Werten erhält man

Q = 1700± 700.

4.2 DPPH-ProbeAus dem Lock-In-Chart (Abb. 11) können wir mit Hilfe der notierten Start- und Endwerte des Sweepsden Nulldurchgang von der Längenskala in eine Feldstärke umrechnen. Wir erhalten

B0 = (3321± 5) G.

Mit Hilfe von Gl. (3) und der ebenfalls nochmals vermessenen Frequenz ν = (9, 317±0, 001) GHz erhältman nun den g-Faktor aus

g =hν

µBB0

zu

g = 2, 004± 0, 003.

Die Halbwertsbreite konnten wir ebenso aus dem Chart ablesen, indem wir die Eigenschaft der Lock-In-Methode ausnutzten. Dabei ist zwischen den Halbwertsbreite ∆BH und der Breite zwischen denbeiden Wendepunkten ∆BW zu unterscheiden. Für eine Gaußkurve erhält man für die Halbwertsbreite∆BH = 2

√ln 2 und für den Abstand der Wendepunkte ∆BW = 2√

2. Für das Verhältnis ergibt sich

also:∆BH

∆BW=√

2 ln 2 ≈ 1, 177.

Der Abstand von Maximum und Minimum in dem Chart entspricht gerade den Wendepunkten derGauß-Kurve, da das Verfahren im Wesentlichen „die Ableitung bildet“. Aus der Grafik lesen wir einenWert von ∆BW = (2, 3± 0, 2) G ab, also

∆BH =√

2 ln 2∆BW = (2, 7± 0, 2) G.4Wie uns jetzt auffällt, wäre es wohl unkomplizierter gewesen, einfach direkt mit dem Peak des verstellbaren Hohl-

raums ν und ∆ν zu berechnen. Die Genauigkeit der Gütebestimmung ist sowieso wesentlich durch den großen Messfehlerbei der Halbwertsbreite bestimmt.

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4.3 HyperfeinstrukturDer Landé-Faktor wird aus der Position des zentralen Peaks berechnet. Für diesen wir in Gl. (3) derHyperfeinwechselwirkungsterm Null und g bestimmt sich wieder als

g =hν

µBB0. (4)

Die Hyperfeinwechselwirkungskonstante, hfc, muss anhand der Energiedifferenz zweier Peaks bestimmtwerden. Dabei ist die Energie des i-ten Peaks gerade gµBBi, sodass gilt

gµBBi = gµBB0 + ahmI(i)

a =gµB

hmI(i)(Bi −B0). (5)

4.3.1 Vanadylacetylacetonat

Bei dieser Probe liegt kein Zentralpeak vor (gerade Anzahl Ausschläge), deshalb verwenden wir schlichtfür B0 das arithmetische Mittel zwischen den beiden mittleren Peaks, da für diese mI = ± 1

2 ist und reinmathematisch Gl. (4) gilt, wenn mI = 0, was wegen der Linearität in der magnetischen Quantenzahlgerade zwischen diesen beiden Werten geschieht. Für diese ist B4 = (3293± 6) G und B5 = (3400± 6)G. Daraus folgt B0 = (3346± 8) G und mit ν = (9, 308± 0, 003) GHz

g = 1, 987± 0, 002.

Peak Nr. i mI Bi / G hfc a/MHz1 − 7

2 3002±6 273±82 − 5

2 3099±6 275±123 − 3

2 3192±6 286±194 − 1

2 3293±6 295±535 1

2 3400±6 300±536 3

2 3505±6 295±197 5

2 3615±6 299±128 7

2 3734±7 308±9

Tabelle 7: Bestimmung der Hyperfeinstrukturkonstante von Vanadylacetylacetonat

Aus den einzelnen für jeden Peak bestimmten Werten für a lässt sich durch Mittelung der Wert

a = (291± 11) MHz

herauskondensieren. Dabei werden die Abstände zwischen den Peaks immmer größer was auf Effekterhöherer Ordnung in B zurückzuführen ist.

4.3.2 Nitroxidradikal

Hier existiert nun ein zentraler Ausschlag und wir können daher direkt B0 aus Gl. (3) mit mI = 0 vondiesem Peak bestimmen. Die Frequenz war diesmal ν = (9, 316± 0, 002) GHz und das Magnetfeld (aufder Grafik mit B2 bezeichnet) beträgt B2 = (3321± 4) G.

g =hν

µBB2

= 2, 009± 0, 003

Die Hyperfeinstrukturkonstante a ergibt sich wieder gemäß Gl. (5). Natürlich kann der mittlere Peaknicht zum Bestimmung der hfs-Konstante benutzt werden, da er wegen mI = 0 ja garkeiner Hyper-feinwechselwirkung unterliegt.

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Peak Nr. i mI Bi / G a / MHz1 -1 3305±4 45±163 1 3337±4 45±16

Tabelle 8: Bestimmung der Hyperfeinstrukturkonstante des Nitroxidradikals

Damit ergibt sich insgesamt

a = 45± 12 MHz.

4.3.3 Kernspin

Der Kernspin kann aus der Anzahl der Peaks abgelesen werden. Dabei betrachten wir im Lock-In-Signaleinen „Peak“ als ein Maximum mit einem Minimum zusammen. Ein solcher Ausschlag gibt gerade einenÜbergang. Die Anzahl der Energieniveaus ist also um Eins größer. Diese Anzahl ist wiederrum gleich2I + 1 mit I dem Kernspin, der damit sofort klar ist.

Probe Anzahl der Peaks Kernspin IVanadylacetylacetonat 8 7

2

Nitroxidradikal 3 1

Tabelle 9: Kernspins der beiden Proben

Das Energieniveaudiagramm für I = 1 und s = 12 ist in Abb. 19 dargestellt. Dabei berücksichtigt

man Gl. (2) mit ms = ± 12 und mI ∈ {−1, 0, 1}. Die erlaubten Übergänge sind nur die drei für

gleiche Spinmagnetquantenzahl mI , in der Grafik mit hν angedeutet. Wie in Gl. (2) ersichtlich, liefertein höheres mI eine geringere Energie. Wegen dem letzten Term in dieser Gleichung erhält man fürdie drei groben Niveaus unterschiedliche Energieaufspaltungen, die jedoch klein sind. Die unterstenbeiden Niveaus liegen weiter auseinander als die obersten beiden. Die beiden mittleren sind davonunbeeinflusst.

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Abbildung 19: Energieniveaus für I = 1 und s = 12

4.4 EmpfindlichkeitDie Empfindlichkeit eines Messverfahrens kann über die Signalbreite und das Signal/Rausch-Verhältnisberechnet werden.

E =N

n∆B · S/R.

N ist die Anzahl ungepaarter Elektronenspins in der Probe (bzw. dem Anteil im Resonator). Dieseberechnen wir aus dem Radius des Probenröhrchens r = 1, 5 mm und der Höhe des Resonators h = 23mm5 sowie der Konzentration der Nitroxidradikalprobe c = (1, 0± 0, 2) · 10−3 mol

l = (6± 2) · 1023 m−3.

N = cπr2h

= (10± 2) · 1016

Für n soll die Anzahl der Peaks eingesetzt werden, für die genannte Probe also 3.

4.4.1 Oszilloskop

Die gemessenen Werte liegen in Tabelle 5 vor, damit erhält man SR = 4±3 und mit der Halbwertsbreite

(über die im Messprotokoll angegebene Eichung umgerechnet) ∆B = (8 ± 2) · 10−4 T eine Empfind-lichkeit von

E = (9± 4) · 1018 T−1.

5Für die beiden geometrischen Angaben wurden keine Fehler angegeben, was wegen des hohen Fehlers bei der Kon-zentration der Nitroxidprobe auch völlig unwesentlich ist.

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4.4.2 Lock-In-Verfahren

Hier ergeben sich folgende Werte aus dem geplotteten Graphen (Abb. 17):

Parameter WertSignalamplitude (10,3±0,1) cmRauschamplitude (0,2±0,1) cmHalbwertsbreite (1,0±0,1) cm

Tabelle 10: Messwerte von Abb. 17

Dabei haben wir die volle Signalhöhe und dementsprechend auch die volle Höhe des Rauschensgemessen. Umgerechnet ergibt sich für die Halbwertsbreite

∆BH = (3, 3± 0, 4) G.

So ergibt sich eine Empfindlichkeit des Lock-In-Verfahrens

E = (2± 1) · 1018 T−1.

4.5 Anisotrope ProbeAus dem geplotteten Diagramm konnten wir wie in den vorhergehenden Aufgaben den Landé-Faktorbestimmen. Dazu musste für jede einzelne Kurve der individuelle Start- und Endwert des Magnetfeld-durchgangs berücksichtigt werden. Das Ergebnis ist in Tabelle 11 zusammengefasst.

Messung Nr. Winkel / ◦ B0/ G g

1 140 3048±5 2,182±0,0042 160 3042±5 2,187±0,0043 180 3057±5 2,176±0,0044 200 3116±5 2,135±0,0045 220 3152±5 2,111±0,0046 240 3147±5 2,114±0,0047 260 3105±5 2,142±0,0048 280 3043±5 2,186±0,0049 300 2997±5 2,220±0,00410 320 2990±5 2,225±0,004

Tabelle 11: Auswertung der zehn Charts

Die Winkelskala war jedoch willkürlich und es bleibt noch der feste Verschiebungswinkel zwischender Vorzugsrichtung des Kristalls und der Skala zu bestimmen. Zu diesem Zweck fitteten wir eineFunktion der Form 6

g(δ) = g‖ + (g⊥ − g‖) sin2(δ + δ0) (6)

durch unsere Messwerte (vgl. Abb. 20) und erhielten so einen Wert für den unbekannten Verschiebe-winkel δ0 = 46, 54◦. Leider wurde zu diesem Fit kein Fehler von Mathematica angegeben, weshalb wiranhand der Grafik einen Fehler von 15◦ für das Fitting ansetzen, da die Messwerte doch nicht allzuviele sind und auch nicht besonders gut in der Kurve liegen. Die Amplitude der gefitteten Kurve istfür die Winkelbestimmung natürlich unwesentlich.

6Mit den im Skript vorgegebenen Literaturwerten für die Landé-Faktoren.

20

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Abbildung 20: Fit durch die Messwerte

Mit diesem Winkel konnten wir nun die gemessenen Landé-Faktoren über sin2(δ + δ0) auftragenund eine lineare Regression durchführen, wie in Abb. 21 dargestellt. Die Winkelfehler haben wir dazuauf die g-Achse linear umgerechnet, da unser Programm nur mit Fehlern auf einer Achse umzugehenweiß.

Abbildung 21: Lineare Regression

Mathematica gab dabei folgende Daten an (die Benennung stützt sich bereits auf die theoretischeFormel Gl. (6)):

21

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Parameter Wert LiteraturwertAchsenabschnitt g‖ 2,21±0,01 2,27(1)Steigung g⊥ − g‖ -0,10±0,02g⊥(rechnerisch) 2,11±0,03 2,08(1)

Tabelle 12: Gemessene Werte und Vergleich mit den Angaben in Skript

5 DiskussionAllgemein ist als große Fehlerquelle die Messung des Magnetfeldes anzusehen, da die NMR-Sonde janicht im Resonator platziert war und das Feld sicher eine gewisse Inhomogenität aufwies, weshalbdie Feldstärke dort nicht der an der Probe entsprach. Der Fehler des Telsameters ist dabei praktischvernachlässigbar, er betrug ja auch immer nur wenige Promille.

Außerdem war es immer schwierig, die beiden Graphenteile (hin- und rücklaufender Teil) ganz inPhase zu bringen, da sie sich in der Amplitude unterschieden und auch verzerrt waren. Außerdem hatsich das Bild am Oszilloskop bei den flüssigen Proben (weniger beim Kristall) zeitlich hinsichtlich Rau-schintensität und Dephasierung verändert, weshalb wir oft nachregeln mussten. Auch beim Verschiebendes Start- oder Sweep-Wertes („Schieben“ des Bildes auf dem Oszilloskop) trat eine Dephasierung auf,die offenbar mit wachsendem Abstand vom Bildmittelpunkt zunahm.

Das Ablesen der Frequenz am verstellbaren Hohlraum war sehr genau, allerdings ist fraglich, obdiese Eichung tatsächlich so genau ist, oder ob evtl. thermische Effekte zu einer Verstimmung führen.

5.1 ResonatorgüteMangels Referenzwert können wir unser Ergebnis Q = 1700± 700 nicht einschätzen, jedoch den hohenFehler kommentieren: dieser resultiert praktisch ausschließlich aus dem hohen Ablesefehler der Halb-wertsbreite. Es war daher relativ sinnlos, die Oszillatorskala zu eichen um dann direkt über die Skaladie Werte des Peaks aufzunehmen. Die so gewonnene Genauigkeit wird von eben genanntem Fehlervöllig wettgemacht. Daher wäre die viel unkompliziertere direkte Messung mit Hilfe des verstellbarenHohlraums vorzuziehen gewesen.

5.2 DPPH-ProbeDer experimentell ermittelte g-Wert von DPPH,

g = 2, 004± 0, 003,

stimmt sehr gut mit dem Literaturwert (aus dem Skript) von g = 2, 0036(2) überein. Sowohl Frequenz-messung als auch die Messung des Magnetfeldes waren sehr genau, wie z.B. aus der Halbwertsbreitedes Signals (2,7 G) hervorgeht. Dies rechtfertigt den recht kleinen Fehler von 0,15%.

5.3 Hyperfeinstruktur

a / MHz g Literaturwert gVanadylacetylacetonat 291±11 1,987±0,002 1,970(1)

Nitroxidradikal 45±12 2,009±0,003 2,006(1)

Tabelle 13: Gemessene Daten

Die gemessenen Landé-Faktoren korrespondieren mit den Literaturweren, einmal sogar uneingeschränkt.Die Hyperfeinstrukturkonstanten können wir mangels Referenz nicht kommentieren, können aberden hohen Fehler bei der Nitroxid-Messung dadurch erklären, dass das gesamte Hyperfeinstruktur-Spektrum in einem Bereich von nur etwa 32 G lag, wohingegen es sich beim Vanadylacetylacetonat

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über etwa 1500 G erstreckte. Außerdem lagen beim Nitroxidradikal ja auch weniger Peaks und daherweniger Messpunkte vor.

Wir stellten fest, dass Vanadylacetylacetonat einen Kernspin von 72 besitzt, das Nitroxidradikal

einen von 1. Diese Angaben sind ohne Fehler anzusehen, da sie sich nur aus der Anzahl der beobach-teten Peaks ergeben und diese sehr deutlich erkennbar waren. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dastatsächlich der Kernspin von Vanadium bzw. Stickstoff war, oder ob die umgebenden Kerne ebenfallsEinfluss auf das ungepaarte Elektron hatten.

5.4 EmpfindlichkeitDer große Fehler rührt zum einen vom großen Fehler beim Ablesen des Rauschens her (50%), zumanderen von der großen Schwankung bei der Konzentration von 20%. Dieser würde sich durch gewis-senhaftes Abwiegen der Stoffe auf 1% senken lassen.

5.5 Anisotrope ProbeDer gemessenen Wert für g‖ ist nicht mehr mit dem Literaturwert verträglich, allerdings auch nichtvöllig abwegig, der g⊥-Wert stimmt dagegen uneingeschränkt mit dem Literaturwert überein. Dieskönnte darauf zurückzuführen sein, dass wir während der ersten zwei bis drei Messungen noch gele-gentlich ruckartig an der Winkelskala drehten, um das so oszillierende Bild am Oszilloskop erkennenzu können. Dass dies dazu führen konnte, dass die Probe im Glas evtl. ihre Orientierung veränderthat, ist uns leider erst später eingefallen.

Literatur[1] A. Carrington, A. D. McLachlan: Introduction to magnetic resonance. Harper & Row, New York

1967.

[2] F. Schneider, M. Plato: Elektronenspin-Resonanz. Experimentelle Technik. Verlag Karl Thiemig,München 1971.

[3] G. Klages: Einführung in die Mikrowellenphysik.

[4] K. D. Kramer: Elektronik-Praktikum. Bertelsmann, Düsseldorf 1973.

[5] C. P. Poole: Electron Spin Resonance. Wiley & Sons, New York 1983.

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