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EINLEITUNG 2
I. EINFÜHRUNG 5
II. UMSETZUNG DER IM VERTRAG VON 1991 FESTGELEGTEN
VERPFLICHTUNGEN UND DER IM 5-JAHRES-BERICHT (1997-2001) BESCHLOSSENEN EMPFEHLUNGEN 5
a. Mitglieder und Tagungen der Kommission .................................................................... 5
1. Tagungen der Gemeinsamen Meissen Kommission .................................................. 6
b. Bedeutende Entwicklungen in beiden Kirchen .............................................................. 9
1. Kirche von England .................................................................................................... 9
2. Evangelische Kirche in Deutschland ........................................................................ 10
c. Beiträge zur deutsch-britischen Versöhnung ................................................................ 11
d. Partnerschaften ............................................................................................................. 14
e. Pfarreraustausch in Lokalen Ökumenischen Partnerschaften (LEP) ............................ 18
f. Theologische Ausbildung und Religionsunterricht ...................................................... 19
g. Bibliotheken ................................................................................................................. 21
h. Theologische Themen und Konferenzen ...................................................................... 23
i. Konsultationen und Delegationsbesuche ...................................................................... 26
j. Synoden ........................................................................................................................ 31
k. Evangelische Synode Deutscher Sprache in Großbritannien ....................................... 31
l. Anglikanische Diözese in Europa/ Arbeitsgemeinschaft anglikanischer Kirchen in
Deutschland .................................................................................................................. 32
m. Andere Aktivitäten ....................................................................................................... 33
n. Kommunitäten .............................................................................................................. 35
III EMPFEHLUNGEN DES 5-JAHRES-BERICHTES 2002-2006 35
IV ANHÄNGE 40
Anhang A - DIE MEISSENER GEMEINSAME FESTSTELLUNG .......................... 40
Anhang B - DIE MEISSENER ERKLÄRUNG ........................................................... 46
Anhang C - AUSFÜHRUNGEN .................................................................................. 48
Anhang D - Beziehung zwischen Landeskirchen und Diözesen .................................. 52
Anhang E - COMMUNIQUE DER FÜNFTEN THEOLOGISCHEN KONFERENZ 53
Anhang F - Bericht von Frau Tonie Smith ................................................................... 60
Anhang G - Veröffentlichungen ................................................................................... 63
Anhang H - Teilnehmende der Delegationsreisen ........................................................ 65
Anhang I - Organisationen und Verbände für Religionsunterricht .............................. 66
2
EINLEITUNG
Die europäische Ökumene setzt sich aus vielen sehr verschiedenen Bausteinen zusammen. Sie
sind oft sehr unterschiedlich bearbeitet und erfüllen ihre jeweiligen statischen und
ästhetischen Funktionen am Bau der Kirche Jesu Christi. Dies ist mir in den wenigen Monaten
meines Dienstes als Bischof für die Ökumene und Auslandsarbeit der Evangelischen Kirche
in Deutschland vielfach anschaulich geworden. Die Bausteine der Meissen Ökumene sind
dabei mehr als nur ein paar Steine unter vielen. Sie ist mit ihren zahlreichen Partnerschaften
ein aus vielen Steinen großer Teil des Gebäudes, der besonders die Zugänge für einen
ökumenischen Austausch ausmacht.
Die Meissen Ökumene ist besonders für Europa ein ökumenischer Prozess, der Zugänge
schafft, Räume eröffnet und Vergewisserung im Glauben bewirkt. Diese Aufgaben teilt sie,
wenn man auf die anderen Elemente im ökumenischen Haus Europa schaut, mit der
Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), der Porvoo Kirchengemeinschaft,
der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und mit den Signatarkirchen der Charta
Oecumenica. Viele im Bericht beschriebene Erfahrungen, Aufgaben und Vereinbarungen
entsprechen dem Geist und den Buchstaben der Charta Oecumenica.
Neben der bilateralen und europäischen Dimension geraten bei den Treffen der Meissen
Ökumene aber zugleich auch weltweite ökumenische Resonanzräume ins Schwingen, wenn
man bedenkt, dass beide Kirchen ihre spezifische Vernetzungen in der Anglikanischen
Gemeinschaft und der englischsprachigen Welt insgesamt oder in der Gemeinschaft der
reformatorisch geprägten Kirchen haben. Auch diese Vernetzung verleiht der Meissen
Ökumene ihren besonderen Wert. Selbst wenn wir die volle sichtbare Einheit unserer Kirchen
noch nicht erreicht haben, weil unsere Auffassungen über die kirchlichen Ämter in einigen
Punkten differieren, so ist das gewachsene Vertrauen ein Schatz, den wir in Gesprächen und
Aktionen, gemeinsamen Gottesdiensten und besonders in eucharistischer Gemeinschaft an
den Altären unsere Kirchen miteinander teilen.
Die vielen Kontakte und Initiativen, die aus der Partnerschaftsarbeit entstanden sind, wollen
gepflegt werden. Landeskirchen und Diözesen, Kirchenkreise und Gemeinden setzten sich
dafür ein. Dabei ist eine in diesem Fünf-Jahres-Bericht geäußerte Sorge der Meissen
Kommission besonders ernst zu nehmen. Demnach hat das Interesse junge Menschen in
Großbritannien an der deutschen Sprache und Kultur deutlich nachgelassen, was sich
erschwerend auf den Jugendaustausch auswirkt. Zwischen England und Deutschland gibt es
leider kein staatlich unterstütztes Jugendwerk wie es von Frankreich oder Polen aus nach
Deutschland besteht. Umso mehr sind hier die Kirchen gefordert, Brückenbauer zu sein, auch
wenn unsere Küsten weit voneinander entfernt liegen. Die geistlichen Kräfte in unseren
Kirchen, insbesondere die Kraft des Gebetes, sind gegenüber solchen Distanzen erhaben und
sorgen für eine Verlässlichkeit (faithfulness), die gerade im Zeitalter der Globalisierung
unverzichtbar ist.
Diese Verlässlichkeit ist unser Kapital, wie Bischof David Walker es auf der 5. Tagung der
10. Synode der EKD in Würzburg 2006 betont hat. Als Kirche Jesu Christi sind wir Anwälte
einer Verlässlichkeit, die sich in der Nähe zu den Menschen in unterschiedlichsten
Lebenswelten entwickelt und bewährt hat. Diese Verlässlichkeit macht uns glaubwürdig,
wenn es darum geht, für Menschenrechte und für eine gerechtere Verteilung der Ressourcen
der Welt, die für uns Gottes Schöpfung ist, einzutreten. Sie stärkt und fördert Schritte der
Versöhnung in Konflikten und Kriegen.
3
Für diese Verlässlichkeit und die bereits erwähnte Zugänglichkeit standen vor und während
des II. Weltkrieges in unseren beiden Kirchen auch die Namen von Dietrich Bonhoeffer und
dem Bischof von Chichester, George Bell. Die Meissen Ökumene profitiert davon bis heute,
wie der Bericht an vielen Stellen zeigt und erkennt in dieser Zugänglichkeit und
Verlässlichkeit Zeichen der bedingungslosen Gnade Gottes in unserer Zeit, die Versöhnung
möglich macht. Beides ist ein Schatz, der missionarisch investiert werden will. Mit ihm sind
wir in Städten und Dörfern, gegenüber Reichen und Armen, Bösen und Guten, gegenüber
Menschen mit und ohne Religion missionarisch glaubwürdiger. Möge dieser Fünf-Jahres-
Bericht der Kirche von England, den Gliedkirchen der EKD und unseren ökumenischen
Partnern in der Welt viele neue Anstöße geben und zur ökumenischen Mitarbeit einladen.
Bischof Martin Schindehütte,
Leiter der Hauptabteilung IV für Ökumene und Auslandsarbeit im Kirchenamt der EKD
VORWORT DER KO-VORSITZENDEN
In den vergangenen fünf Jahren (2002-2007) haben wir in der Meissen Kommission manches
erlebt: verheißungsvolle neue Anfänge, geduldiges Weiterarbeiten am unterschiedlichen
Verständnis des geistlichen Amtes und der Kirche, aber auch die Freude über besondere
Höhepunkte in der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen der Evangelischen Kirche in
Deutschland und der Church of England. In diesem Vorwort möchten wir auf einige
Besonderheiten und Schwerpunkte der vielfältigen Meissen Arbeit aufmerksam machen, die
durch praktisches Umsetzen der ökumenischen Möglichkeiten seit Bestehen der Meissener
Erklärung realisiert werden konnten.
Ein wegweisender Schritt war die Tagung zu Kriegs- und Friedensfragen, mit besonderem
Bezug auf den Krieg im Irak 2003. Experten beider Kirchen diskutierten gemeinsam, wie
unsere beiden Traditionen ethische Fragestellungen angehen und zu beantworten versuchen.
Wir stellten fest, dass unsere jeweiligen Zugänge und die Schlussfolgerungen einander
wesentlich näher sind als die Politik unserer beiden Länder vermuten lässt. Die Meissen
Kommission forderte deshalb zu einer regelmäßigen und intensiven Zusammenarbeit
hinsichtlich sozialer, ethischer und internationaler Herausforderungen auf. Sie tut dies in der
Hoffnung, gemeinsam entwickelte Positionen nach außen hin besser vertreten zu können.
Die fortlaufende Weiterentwicklung der Partnerschaften auf der Ebene von Gemeinden und
Diözesen und Landeskirchen gibt unserer Arbeit weiterhin ein starkes Fundament bestehend
aus Gebet, gegenseitiger Anteilnahme und freundschaftlicher Verbundenheit. Insbesondere
sind wir dankbar für den geleisteten Einsatz, der zum erstmaligen Aufbau dreier
ökumenischer Meissen Partnerschaften auf lokalen Ebenen geführt hat („Local Ecumenical
Partnerships―/LEP). Wir gratulieren allen Beteiligten und freuen uns auf weitere Fortschritte.
Problematisch und zunehmend schwierig ist es, den englischen Theologennachwuchs für
Studienaufenthalte in Deutschland zu gewinnen oder Jugendliche dazu zu bewegen,
Erfahrungen in Deutschland zu sammeln. In unseren Bemühungen, dies zu verändern, sind
wir bei englischen Jugendlichen nicht nur auf fehlende Deutschkenntnisse gestoßen, sondern
auch auf ein stereotypes Deutschlandbild, das in den Lehrplänen für den Geschichtsunterricht
4
an den Schulen und in den Unterhaltungsmedien seine Wurzeln hat. Unsere zahlreichen
lebendigen Partnerschaften leisten einen wichtigen Beitrag dazu, derartige Einstellungen zu
hinterfragen und zu verändern.
Die Debatte über die Zulassung von Frauen im Bischofsamt in der Kirche von England wurde
in Deutschland aufmerksam verfolgt und behandelt. Bei einer Beratung von ökumenischen
Fachleuten zu diesem Thema im Mai 2006 in London war die EKD beteiligt.
Zwei Höhepunkte im Berichtszeitraum ragten weit sowohl in das kirchliche als in das
gesellschaftliche und kulturelle Leben hinein:
1. Die Wiedereinweihung der Dresdener Frauenkirche und die bewegenden und
unvergesslichen Feierlichkeiten vermittelten Aufbruch und Hoffnung, aus dem
verhängnisvollen Desaster des 2. Weltkrieges herauszukommen. Die Sehnsucht der Völker
Europas nach Versöhnung kam in vielen Beiträgen und Gesten zum Ausdruck.
2. Die enge Zusammenarbeit der beiden leitenden Bischöfe unserer Kirchen, dem Erzbischof
von Canterbury Dr. Rowan Williams und dem Ratsvorsitzenden Bischof Dr. Wolfgang
Huber, insbesondere während des Delegationsbesuches in Berlin und bei den Bonhoeffer-
Feierlichkeiten in Breslau Anfang 2006. Das gemeinsame Gedenken an Leben und Tod
Dietrich Bonhoeffers hat die Meissen Kommission bei ihrer Suche nach neuen Wegen, den
gemeinsamen Auftrag als Zeuginnen und Zeugen Jesu Christi in der Gegenwart zu erfüllen,
nachhaltig inspiriert.
Diese neuen Impulse werden unsere Zusammenarbeit in Europa stärken, insbesondere in der
Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), dessen neuer Generalsekretär, Erzdiakon Colin
Williams, ein ehemaliges Mitglied der Meissen Kommission ist. Parallel zu unserer eigenen
Arbeit setzt die Charta Oecumenica einen neuen Rahmen, in dem alle Konfessionen, römisch-
katholisch und orthodox sowohl als auch anglikanisch und protestantisch gemeinsam
missionarisch und in sozialer Verantwortung arbeiten können.
Diese neuen Entwicklungen verbinden unsere Meissen Partnerschaft mit dem weiteren
ökumenischen Kontext hin zur 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung mit den
Stationen in Wittenberg vom 15.-18.02. 2007 und in Sibiu vom 04.-09.09. 2007.
Mit besonderer Dankbarkeit schaut die Meissen Kommission auf das hilfreiche Engagement
von Prof. Dr. Ingolf U. Dalferth als Ko-Vorsitzender der Theologischen Konferenz der
Meissen Kommission. Besonders dann, wenn es um weitere “Schritte auf dem Weg zur vollen
sichtbaren Einheit“ ging, hat er mit dem englischen Ko-Vorsitzenden, Bischof Christopher
Hill, die Differenzen so benannt, dass wir in enger Kirchengemeinschaft unterwegs bleiben
konnten.
Ebenso dankt die Gemeinsame Kommission Oberkirchenrat Paul Oppenheim, dem
Geschäftsführer der Meissen Ausschusses der EKD für seinen langjährigen, unermüdlichen
und verdienstvollen Einsatz.
gez. Michael Bourke
Bischof von Wolverhampton
gez. Jürgen Johannesdotter
Landesbischof von Schaumburg-Lippe
Die Ko-Vorsitzenden der Meissen Kommission
5
I. EINFÜHRUNG
Der Fünf-Jahresbericht von 2002 enthielt zahlreiche Verabredungen, die die Meissen
Kommission weiter bearbeitet und wenn möglich umgesetzt hat.
Dazu traf sich, wie in Abschnitt 17 der Ausführungsvereinbarung vorgesehen, die
Kommission jährlich abwechselnd in England und in Deutschland. Bei den gemeinsamen
Sitzungen wurde die Sprache des Gastlandes als Konferenzsprache benutzt.
Folgende Tagungen der gemeinsamen Kommission fanden statt:
- 12.-16. September 2002, Emden, Johannes a Lasco Bibliothek
- 4.-8. September 2003, Sheffield, Whirlow Grange
- 9.-13. September 2004, Seddiner See/Potsdam, Heimvolkshochschule
- 9.-13. September 2005, Frodsham/Foxhill Conference Centre
- 7.-11. September 2006, Kloster Loccum, Niedersachsen
Der englische und der deutsche Ausschuss haben sich auch zwischen den Tagungen der
Kommission getroffen.
Ein wichtiges Element der Sitzungen sind die Morgen- und Abendandachten sowie die
Abendmahlsfeiern und Gebete nach den Ordnungen und Traditionen der beiden Kirchen.
Das Englische Komitee der Kommission ist ein Ausschuss des Council for Christian Unity,
dem es die Protokolle des Komitees und der Kommission vorlegt. Das Komitee ist dem
Archbishops‘ Council der Church of England gegenüber rechenschaftspflichtig. Das Deutsche
Meissen Komitee (Ausschuss) legt dem Rat der EKD seinen Bericht vor.
II. UMSETZUNG DER IM VERTRAG VON 1991 FESTGELEGTEN
VERPFLICHTUNGEN UND DER IM 5-JAHRES-BERICHT (1997-2001) BESCHLOSSENEN EMPFEHLUNGEN
a. Mitglieder und Tagungen der Kommission
Die Ausführungsvereinbarung von 1991 sieht vor, dass die Kommission "jeweils gegen Ende
eines 5-Jahres-Zeitraumes den Fortschritt, den die beteiligten Kirchen während dieses
Zeitraumes auf dem Weg zu sichtbarer Einheit gemacht haben, und die Einhaltung ihrer
Zusagen [überprüft]" (Abschnitt 19). Die Mitglieder der Kommission sind jeweils für die
Dauer von fünf Jahren berufen worden, von 1991–1996, 1997–2001 und 2002–2006.
Für den Zeitraum von 2002 – 2006 haben die Erzbischöfe von Canterbury und York folgende
Personen in den Englischen Ausschuss der Kommission berufen:
1. Die englischen Mitglieder:
The Rt Revd Michael Bourke, Bischof von Wolverhampton (Ko-Vorsitzender)
The Revd Canon Robert Jones
The Revd Dr. Charlotte Methuen (2005-2006)
The Revd Colin Penfold
6
Dr. Natalie Watson
The Venerable Colin Williams, (bis 2005)
Theologischer Ko-Vorsitzender:
Bischof Christopher Hill
Der Rat der EKD hat folgende Mitglieder der Kommission berufen:
2. Die deutschen Mitglieder
Landesbischof Jürgen Johannesdotter, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche
Schaumburg-Lippe (Ko-Vorsitzender)
StRin i. K. Ursula Köhler (bis 2006)
Theol. Rat Dr. Alfred Rauhaus (bis 2006)
Propst Dr. Matthias Sens
Pfarrer Dr. Christof Theilemann
Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Weinrich (ab 2007)
Rechtsanwältin Margrit Fleckenstein und Mitglied des Rates der EKD (ab 2007)
Theologische Ko-Vorsitzende:
Prof. Dr. Ingolf Dalferth (bis 2004)
Prof. Dr. Christoph Schwöbel (ab 2004)
Die Geschäftsführung der Kommission:
Oberkirchenrat Paul Oppenheim, Kirchenamt der EKD (bis 2004)
Oberkirchenrat Matthias Kaiser, Kirchenamt der EKD (ab 2004)
The Revd Canon Dr. Charles Hill, European Secretary, Council for Christian Unity
Als ständige Beobachter nahmen an den gemeinsamen Tagungen der Kommission teil:
Revd Dr. Charlotte Methuen (bis 2005) und Dr. Rosemary Selle (ab 2006) als ständige
Vertreterinnen des Rates Anglikanischer und Episkopaler Gemeinden in Deutschland
Norma Higgott (SEC) als ständige Vertreterin der keltischen Kirchen (bis 2006)
Pfarrer Dr. Uwe Vetter (bis 2002), Pfarrer Christoph Hellmich (bis 2005) und
Pfarrer Wolfgang Kruse (ab 2006) als ständige Vertreter der Evangelischen Synode Deutscher
Sprache in Großbritannien
1. Tagungen der Gemeinsamen Meissen Kommission
1.1. Emden 2002: Die Reformierte Kirche in Ostfriesland
Die erste Konsultation der Meissen Kommission während dieses 5-Jahres-Zeitraumes fand in
der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden/Ostfriesland statt. Im Blickfeld dieses Besuches
war die Begegnung mit der Reformierten Kirche ebenso wie die Erfahrung kirchlichen
Lebens im ländlichen Raum im Nordwesten Deutschlands. Wir lernten die Geschichte und die
vielfältigen Traditionen dieses besonderen Teils der evangelischen Christenheit in
Deutschland kennen und besuchten einen Gottesdienst in einer kleinen Dorfkirche. Zu den
besonderen Eindrücken gehörte die Besichtung historischer Orgeln der Region, die zum
Weltkulturerbe gehören.
7
Ein wichtiges Anliegen dieser Konsultation bestand darin, den Teilnehmenden Konzeption,
Aufbau, Strukturen und Ziele des deutschen Konfirmandenunterrichts vorzustellen. Dazu
gehörte auch der Besuch einer Konfirmandenstunde am Nachmittag.
Dieses Thema wurde bei der Theologischen Konferenz 2005 in Frodsham, auf der die
Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation eine wichtige Rolle spielte,
aufgenommen und ist ein Bestandteil unserer laufenden Arbeit geblieben.
1.2 Sheffield 2003: Kirche in der sich wandelnden urbanen Gesellschaft
Bei der 2. Tagung der Kommission in Sheffield galten die Besuche in mehreren
Einrichtungen und die Gespräche mit Vertretenden der örtlichen Kirche vor allem der Mission
der Kirche in einer sich wandelnden urbanen Gesellschaft. Die großen Veränderungen in der
industriellen und urbanen Landschaft, die in Sheffield selbst bei einem kurzen Besuch
eindrucksvoll vorgestellt werden konnten, bedeuten eine Herausforderung auch für die
Kirchen. Neben den klassischen Aufgaben der Industrie- und Sozialarbeit (industrial mission)
bemühen sich die Kirchen, auch in den neu gestalteten städtischen Gebieten präsent zu sein
und den Prozess der Regeneration zu begleiten. Vieles davon geschieht ökumenisch.
Zunehmend wichtig wird die Mitarbeit und die Zusammenarbeit der verschiedenen religiösen
Gemeinschaften (Islam, Hindus, Siks) in der urbanen Entwicklung: Glaubensgemeinschaften
können dazu beitragen, Vertrauen zu bilden und Hoffnung zu stärken. Bei einem Besuch im
College der Church Army, einer anglikanischen, evangelikalen Laienorganisation, lernte die
Kommission deren diakonische und missionarische Arbeit kennen.
Wie die Kirche mit ihrem Gottesdienst im Leben der Menschen präsent ist, war bei einem
Familiengottesdienst mit Abendmahl und sich anschließenden Gesprächen in einer
Vorortgemeinde von Sheffield zu erleben.
1.3 Potsdam, Seddiner See 2004: Die Kirche in der Hauptstadt eines veränderten
Deutschlands
Die dritte gemeinsame Konsultation der Kommission fand in der Heimvolkshochschule
Seddiner See in der Nähe von Potsdam statt.
Die Kommission nahm wahr und analysierte das kirchliche Leben in Berlin nach der
deutschen Wiedervereinigung. Propst Dr. Karl-Heinrich Lütcke von der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, der einzigen der deutschen Landeskirchen, in
der 1989 eine ostdeutsche und eine westdeutsche Landeskirche vereint wurde, stellte die
Aufgaben und Herausforderungen für die Kirchen in städtischen Zentren wie Berlin vor. Die
Kirche fühlt sich dazu aufgerufen, einen großen Teil ihres Dienstes auf das Miteinander
verschiedener Gruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen auszurichten. Dies betrifft
Asylsuchende und Obdachlose genauso wie jene, die z.B. mit bi-religiösem Hintergrund
kirchlich heiraten möchten oder als Familie Rat suchen.
Die Kommission besuchte auch das Büro von Prälat Dr. Stephan Reimers, des
Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik
Deutschland und der Europäischen Union. Diese Einrichtung pflegt die Kontakte der
Evangelischen Kirche in Deutschland zur Bundesregierung, zum Parlament und zu den
Parteien, um politische Prozesse wie die Entwicklung der Gesetzgebung aus Sicht der EKD
zu begleiten. Regelmäßig findet in der Vertretung ein Gebetsfrühstück für die Parlamentarier
statt. Ein weiteres Büro der EKD, das auf europäischer Ebene fungiert, existiert in Brüssel.
Am Sonntag nahm die Kommission an einem Gottesdienst in Königs Wusterhausen teil und
hatte Gelegenheit, mit Gemeindemitgliedern und der örtlichen Jugendgruppe
8
zusammenzutreffen, von denen einige am Jugendaustausch mit Großbritannien teilgenommen
hatten.
1.4 Frodsham 2005: Spiritualität in Wales und Besuch eines Lokalen Ökumenischen
Projektes (LEP)
Die Lage des Konferenzortes Frodsham ermöglichte es der Meissen Kommission Llangollen
zu besichtigen und kirchliches Leben in Wales kennen zu lernen. Die Mitglieder beeindruckte
die 60jährige Geschichte des internationalen Musikwettbewerbes in Eisteddfod/Llangollen.
Dort werden besonders durch Chöre aus allen Erdteilen seit 1947 Zeichen der Versöhnung
gesetzt - eine Idee, die sich bis heute bewährt hat und unvermindert aktuell ist.
Ein gemeinsamer Abendmahlsgottesdienst am Erntedanksonntag wurde in einer Gemeinde
gefeiert, die zu einem Local Ecumenical Project gehört, wo Anglikaner, Methodisten und
Reformierte ihre Gottesdienste gemeinsam feiern. Die anglikanische Pfarrerin leitete den
Gottesdienst, in dem sich die Teilnehmenden aus den verschiedenen Kirchen wieder finden
konnten. Nach einigen gemeinsamen Jahren als LEP sind die Gemeinden derartig zusammen
gewachsen, dass ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl entstanden ist. Das Gemeindeleben
wird weitestgehend gemeinsam gestaltet. LEP's sind ein sichtbarer Ausdruck der einen Kirche
Jesu Christi.
1.5 Loccum 2006: Fünf Jahres Bericht
Die 10jährige Tätigkeit von Bischof Michael Bourke als Ko-Vorsitzender wurde mit einem
Festgottesdienst in der Klosterkirche der ehemaligen Zisterzienserabtei im Beisein des Abtes,
Altbischof Dr. h.c. Horst Hirschler und des neuen Bischof für Ökumene und Auslandsarbeit,
Martin Schindehütte gewürdigt. Dieser überreichte ihm den Ehrenteller der EKD als Dank für
sein Wirken. Der Ko-Vorsitzende, Landesbischof Johannesdotter, würdigte Bischof Bourkes
ökumenisch kompetente, geistliche und humorvolle Leitung der Meissen Kommission.
Bischof Bourke ist es zu verdanken, dass er aufgrund seiner Erfahrungen in Wolverhampton
das Engagement der Kirche von England in den Metropolen mit der City-Kirchen Arbeit der
EKD vernetzen konnte. Die Weitergabe des Glaubens mit unkonventionellen Methoden bei
gleichzeitigem Respekt gegenüber den Traditionen vor allem an die jüngere Generation und
sozialdiakonisches Engagement waren seine zentralen Anliegen.
Als regelmäßiger Gast von Kirchentagen hat er viele Impulse mit nach England vermittelt
und wo immer er war, die menschenfreundlichen Seiten der christlichen Botschaft erfahrbar
gemacht.
Bischof Nicholas Baines nahm als Beobachter und zukünftiger Co-Vorsitzender an der
Sitzung teil.
Die Erstellung des 5-Jahres-Berichtes bildete den Schwerpunkt der Tagung.
Außerdem besuchte die Kommission die Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe und die
Stadt Bückeburg, in der sich der zweitälteste evangelisch-lutherische Kirchenbau befindet.
Darüber hinaus erhielt die Kommission viele Informationen über Besonderheiten und
Herausforderungen einer kleinen, traditionsreichen Landeskirche und über die vom
Patronatsrecht geprägten Kirchenstrukturen.
9
b. Bedeutende Entwicklungen in beiden Kirchen
Bedeutende Ereignisse und Entwicklungen im Leben unserer beiden Kirchen begleiten die
Arbeit und spiegeln sich sowohl in den gemeinsamen Sitzungen der Kommission selbst als
auch bei Delegationsbesuchen wider.
1. Kirche von England
- Ernennung von Dr. Rowan Williams als Erzbischof von Canterbury im Jahr 2002
- Ernennung von Dr. John Sentamu zum Erzbischof von York im Jahr 2005
- Neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Mission, einschließlich der Einsetzung der
Commission on Urban Life and Faith (CULF) und der Publikation von Mission-Shaped
Church (Missionarisch gestaltete Kirche) mit Schwerpunkt auf neuen Ausdrucksformen der
Kirche (Fresh Expressions of Church) wurden in Deutschland mit besonderem Interesse
verfolgt, da es auf deutscher Seite vergleichbare Entwicklungen gibt.
- Über die profilierte Stellungnahme der Church of England gegen den Krieg im Irak und
gegenüber Reaktionen der Regierung auf den Terrorismus wurde in Deutschland in den
Medien ausgiebig berichtet. Dies trug zu einer fruchtbaren gemeinsamen Konsultation zu
Fragen der Ethik bei, über die an anderer Stelle in diesem Bericht berichtet wird. Ein
vielversprechendes Gebiet der Zusammenarbeit zwischen unseren Kirchen sind unsere
jeweiligen Zugänge zum Dialog zwischen Christen und Muslimen.
- Die Make Poverty History-Bewegung (Armut wird zur Vergangenheit) wurde auf allen
Ebenen in der Church of England stark unterstützt.
- Die im Jahre 2003 unterzeichnete Anglikanisch-Methodistische Übereinkunft(Covenant)
setzt sich für Fortschritte auf dem Wege zu einer schrittweisen Einheit ein und ist wesentlich
von der Meissener Erklärung beeinflusst.
- Der Prozess zur Zulassung von Frauen für das Bischofsamt hat trotz anhaltender
Kontroversen Gestalt angenommen. Die Generalsynode der Kirche von England
verabschiedete eine Resolution, in der die theologischen Grundlage dafür anerkannt wurde
und setzte eine Arbeitsgruppe ein.
- Die anhaltende kontroverse Auseinandersetzung zum Thema Homosexualität in
Zusammenhang mit der Berufung von homosexuellen Geistlichen ins Bischofsamt, sowie die
sich ergebende Gefährdung der Einheit in der Anglikanischen Gemeinschaft als auch die
inhaltlichen Anliegen des Windsor Reportes wurde den deutschen Kolleginnen und Kollegen
mitgeteilt.
- Der Hind-Report hat weitreichende Auswirkungen auf die Ausbildung von Geistlichen und
die Gestaltung der Programme für Regional Training Partnerships, wo auch Laien ausgebildet
werden.
- Eine Reihe von Gedenkfeiern anlässlich des Endes des zweiten Weltkrieges vor 60 Jahren
und des 100. Geburtstags von Dietrich Bonhoeffer fanden 2005 und 2006 statt, an denen
vielfach auch Kommissionsmitglieder teilnahmen.
10
2. Evangelische Kirche in Deutschland
- 2002: Unterzeichung der Verträge mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Finnland
und der Kirche von Schweden mit der EKD in Übereinstimmung mit den ökumenischen
Dokumenten von Meissen und Porvoo. Die Verträge beinhalten die Gemeinsamkeit im
Glauben, die Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und die gegenseitige Anerkennung der
Ordination.
- März 2002: Als Nachfolger des bisherigen Vorsitzenden der deutschen Meissen
Kommission, Bischof Dr. Christian Knuth, wurde Landesbischof Jürgen Johannesdotter
berufen.
- Mai 2003: Neukonstituierung der Synode der EKD
- Mai 2003: Ökumenischer Kirchentag in Berlin mit Unterzeichnung der Charta Oecumenica
2003 durch den damaligen Ratsvorsitzenden der EKD, Präses Manfred Kock und den
anglikanischen Bischof von Gibraltar in Europa, Geoffrey Rowell, vom Vorsitzenden der
Deutschen Bischofskonferenz sowie von orthodoxen und freikirchlichen Mitgliedskirchen der
ACK.
- November 2003: Wahl des neuen Rates der EKD und seines Vorsitzenden Bischof Dr.
Wolfgang Huber durch die Synode und Kirchenkonferenz
- März 2004: Antrittsbesuch des Ratsvorsitzenden und Bischof Dr. Wolfgang Huber beim
Erzbischof von Canterbury, Dr. Rowan Williams, in Lambeth Palace, London
- Oktober 2004: Konsultation zwischen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa
(GEKE/früher Leuenberger Kirchengemeinschaft) und der anglikanischen Kirche in Europa
vom 22. bis 24. Oktober 2004 auf dem Liebfrauenberg bei Straßburg. Fragen zur Lehre der
Kirche standen im Mittelpunkt. Die Überwindung der auch dort festgestellten Differenzen
wird als weitere gemeinsame Aufgabe angesehen.
- 2004: Diskussionspapier der Vereinigten Evangelisch Lutherischen Kirche in Deutschland
(VELKD) zum Verständnis der Ordination
- August 2005: Unterzeichnung eines Vertrages, der eine intensive Zusammenarbeit der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Vereinigten Evangelischen Kirche in
Deutschland (VELKD) und der Union Evangelischer Kirchen (UEK) regelt .
- September 2006: Verabschiedung des Bischofs für Ökumene und Auslandsarbeit Dr. h.c.
Rolf Koppe und Einführung seines Nachfolgers Martin Schindehütte
- November 2006: Auf der 5. Tagung der 10. Synode der EKD in Würzburg, bei der das
Schwerpunktthema: "Arm und Reich - Gerechtigkeit erhöht ein Volk" behandelt wurde, hielt
das Mitglied der Commission Urban Life and Faith (CULF), the Rt. Revd David Walker,
Bischof von Dudley, einen vielbeachteten Vortrag mit dem Thema: "Kapital der
Verlässlichkeit". Die Synode nahm diesen Vortrag mit großem Interesse auf und ging in
weiteren Debatten darauf ein.
11
c. Beiträge zur deutsch-britischen Versöhnung
1. Frauenkirche Dresden
Im Beisein des Herzogs von Kent und von Bundespräsident Horst Köhler sowie vielen
namhaften Vertretenden der Gliedkirchen der EKD und ihrer ökumenischen Partner sowie
zahlreicher weiterer Gäste wurde die Frauenkirche in Dresden am 30. Oktober 2005 von
Landesbischof Jochen Bohl eingeweiht. Aus Sicht der Meissen Kommission hat sich
besonders die Initiative Dresden Trust verdient gemacht, die Spenden in Höhe von €
1.115.000 (GBP 750.000) in Großbritannien für den Wiederaufbau eingeworben hat. Die vom
Dresden Trust gespendete vergoldete Kugel und das Kuppelkreuz auf der Spitze des
Rundbaus bilden den krönenden Abschluss der Frauenkirche.
Besonders Frau Tony Smith ist für ihr Engagement sehr herzlich zu danken. Ihr persönlich
gehaltener Bericht spiegelt eindruckvoll ihre Betroffenheit wider, die viele Beteiligte ähnlich
empfunden haben. Deshalb ist der vollständige Bericht im Anhang wiedergegeben.
Auch die Nagelkreuzbewegung hat - vor allem durch das langjährige Engagement von Canon
Paul Oestreicher - bereits in den Zeiten der ehemaligen DDR viel an deutsch-britischer
Versöhnung bewirkt, die in den Tagen der Einweihung besonders spürbar war. Die Meissen
Kommission dankt ihm für seinen unermüdlichen Einsatz für die Partnerschaft zwischen
Coventry und Dresden.
Die Möglichkeiten einer anglikanischen Pfarrstelle an der Frauenkirche für eine internationale
englischsprachige Gemeinde sind geprüft worden. Verschiedene Vorschläge werden weiter
verfolgt. Zahlenmäßig scheint es genügend englischsprachige Christinnen und Christen im
Großraum Dresden zu geben. Unklar ist jedoch, inwieweit sie sich einer anglikanischen
Gemeinde zuordnen würden. Die Evang.-Luth. Landeskirche Sachsens und deren Pfarramt an
der Frauenkirche wären zur Kooperation bereit. Die Zusage einer Anschubfinanzierung durch
die EKD liegt vor. Es bleibt zu wünschen, dass die CofE ihrerseits einen Vorschlag findet, der
sich realisieren lässt. Die damit mögliche ökumenischen Zusammenarbeit an dieser Kirche
wäre ein deutliches Zeichen auf dem Weg zur sichtbaren Einheit unserer Kirchen.
2. Dietrich-Bonhoeffer-Gedenkfeiern
2.1 Großbritannien
Die Meissen Kommission regte an und beteiligte sich intensiv an den Aktivitäten beider
Kirchen zu den offiziellen Feierlichkeiten zum Bonhoeffer-Gedenken.
Die meisten Gemeinden der Evangelischen Synode Deutscher Sprache in Großbritannien
machten die Beschäftigung mit Bonhoeffer zu ihrem thematischen Schwerpunkt in den Jahren
2005 und 2006. Viele Geistlichen und Gemeindeglieder haben in Vorträgen der britischen
Öffentlichkeit die bedeutende Rolle Bonhoeffers im deutschen Widerstand nahegebracht.
Darüber hinaus gab es ein reichhaltiges Programm an entsprechenden Wanderausstellungen,
ein breites Spektrum bemerkenswerter Veröffentlichungen, die z. T. auch in die Bonhoeffer-
Gesamtausgabe aufgenommen wurden sowie Konzerte und mehrere große Festgottesdienste,
vor allem in London.
Die Londoner Bonhoeffer-Gemeinde veranstaltete im Juni 2005 gemeinsam mit der
Kirchengemeinde in Königs Wusterhausen und einer Delegation der Schwedischen
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Lutherischen Kirche eine von der Meissen Kommission angestoßene internationale
Jugendkonferenz. Die 35 Jugendlichen widmeten sich der Biografie und Theologie Dietrich
Bonhoeffers und deren Bedeutung für die Gegenwart. Leider war die Zahl der englischen
Teilnehmenden sehr gering.
Während seiner Tätigkeit als Auslandspfarrer in London traf sich Dietrich Bonhoeffer vom
27.- 30.11.1933 mit seinen deutschen Amtskollegen zur Pfarrkonferenz in der Deutschen
Gemeinde in Bradford/Yorkshire. Das zentrale Thema bildete die Entwicklung der
evangelischen Kirchen in Deutschland nach der politischen Machtübernahme durch die
Nationalsozialisten und die überwiegend nazikritische Haltung der deutschsprachigen
Kirchengemeinden in England.
Auf diesem historischen Hintergrund organisierte die deutschsprachige Kirchengemeinde
Bradford/Leeds im Bonhoeffer-Gedenkjahr 2005/06 drei Veranstaltungen in der deutschen
Kirche Bradford.
Im November 2005 lud die Gemeinde die ökumenischen Partner der Stadt sowie Vertreter der
jüdischen, muslimischen und Sikh-Gemeinden zur Vorführung der deutschen Verfilmung von
Bonhoeffers letzten Jahren ("Agent of Grace ") und einer anschließenden Diskussion ein.
Die Stadt Bradford ist eine der Städte Nordenglands, die im besonderen durch eine
multinationale Kultur geprägt sind und deshalb vor der Aufgabe stehen, interkulturelle
Spannungen mit Weitblick und Feinfühligkeit zu behandeln. Im Hinblick darauf wurde in
einem Gottesdienst zu Beginn des Jahres 2006 auf Bonhoeffers Bemühungen Bezug
genommen, nach denen kulturelle und religiöse Andersartigkeit nicht nur als Irrglaube
einzustufen sei, der durch Mission abgeschafft werden müsste, sondern als eine Vielfalt
anzuerkennen sei. Dieser Vielfalt ist auch theologischerseits mit Respekt zu begegnen.
Das Bonhoeffer-Gedenkjahr fand Ende März 2006 seinen Abschluss in einem Festakt, bei
dem die Oberbürgermeisterin von Bradford im Beisein von Vertretern des öffentlichen
Lebens eine von der Stadt gestiftete Erinnerungsplakette an der Außenseite der deutschen
Kirche enthüllte. Sie zeigt eine Abbildung Bonhoeffers und darunter der Text : ― Dietrich
Bonhoeffer, German Pastor & Theologian, Born 1906, Architect of the Bradford Declaration
November 1933, Executed 1945, Martyr in the anti-racist cause‖.
Nach einem festlichen Geburtstagsbankett zu Ehren des ―German Pastors‖, wurde an
Bonhoeffer als Musiker und Musikfreund erinnert. Bilder, Gedichte und Erinnerungen
ergänzten diesen heiteren und bewegenden Rückblick auf Dietrich Bonhoeffer.
Auch in Oxford fand vom 4.-6. Januar 2006 in Anwesenheit von Renate Bethge eine
internationale Konferenz zum Thema "Bonhoeffers Theologie im Spiegel seiner Gedichte"
statt.
Den herausragenden Höhepunkt bildete in London der Gedenkgottesdienst am 5. Februar
2006 in der gut gefüllten Westminster Abbey, zu dem Dean and Chapter of Westminster die
deutsche Botschaft und die deutschsprachigen Gemeinden in London eingeladen hatten. Die
Predigt hielt die Landesbischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, Dr.
Margot Käßmann.
2.2 Deutschland/Polen
Im Anschluss an das Delegationstreffen zwischen EKD und Kirche von England in Berlin im
Februar 2006 reisten der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Dr. Wolfgang Huber und der
Erzbischof von Canterbury, Dr. Rowan Williams, in Begleitung von Persönlichkeiten aus
beiden Kirchen zu den Bonhoeffer-Feierlichkeiten und zu Gesprächen mit den polnischen
13
Gastgebern nach Breslau/Wro¢law. In diesem Zusammenhang gab es Besuche bei der
polnischen lutherischen Kirche, der altkatholischen Kirche Polens sowie der römisch-
katholischen Kirche Polens und Begegnungen mit Vertretern des polnischen ökumenischen
Rates sowie eine Kranzniederlegung am Bonhoeffer-Denkmal auf dem Marktplatz in Breslau.
Im Anschluss daran nahmen der Erzbischof von Canterbury und der EKD-Ratsvorsitzende an
den Bonhoeffer-Feierlichkeiten in Berlin teil. Der Senat der Berliner Humboldt-Universität
lud in diesem Zusammenhang zu einem Empfang am Abend des 4. Februar ein.
Im Festgottesdienst am 5. Februar in Bonhoeffers Ordinationskirche, der St. Matthäus-
Kirche zu Berlin gestaltete der Ratsvorsitzende der EKD die Liturgie. Der Erzbischof von
Canterbury hielt die Predigt. Angehörige der Familie Bonhoeffer nahmen an dem
Gottesdienst teil. Weitere anglikanische Geistliche, der Schauspieler Otto Sander sowie
englische und deutsche Jugendlichen waren daran beteiligt. Dieser viel beachtete Gottesdienst
wurde vom ZDF live übertragen.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Person und Vermächtnis Bonhoeffers und seine
Freundschaft mit Bischof George Bell aus Chichester die Beziehungen zwischen der EKD
und der Kirche von England nachhaltig gefördert haben und auch zukünftig inspirieren wird.
3. Einstellungen zu Deutschland und Deutschen in Großbritannien
Am 30. September 2005 veröffentlichte die deutsche Tageszeitung „Die Welt― einen Artikel
über rassistische Vorurteile und Übergriffe auf deutsche Schüler und Schülerinnen an
englischen Schulen.
Die Versöhnung zwischen unseren beiden Ländern und unseren beiden Kirchen ist eines der
Ziele der Meissen Kommission. Daher sah das englische Komitee es als seine Aufgabe an,
sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. In einem Brief an den Präses und die Pastoren
und Pastorinnen der deutschsprachigen Gemeinden in Großbritannien fragten wir nach den
Erfahrungen von Gemeindemitgliedern.
Die Antworten zeigten eine große Bandbreite. Da waren diejenigen, die sich schon immer in
Großbritannien willkommen gefühlt hatten bis zu denjenigen, die in der Tat von
beschämenden Erfahrungen zu berichten wussten. Eine Deutschlehrerin an einer
Gesamtschule war wiederholt mit „Heil Hitler― konfrontiert worden und Schüler hatten
Hakenkreuze auf ihre Schulhefte gemalt. Ein Schulkind war wegen seines Nachnamens, der
einen deutschen Hintergrund vermuten ließ, von einer Schulfahrt nach Frankreich mit Besuch
eines britischen Soldatenfriedhofs mit der Begründung ausgeschlossen worden: "Sie sei doch
ein Nazi“. Dabei war ihr Großvater seinerzeit als jüdischer Flüchtling nach Großbritannien
gekommen.
In den Antworten der deutschen Gemeindeglieder spiegelte sich weiterhin eine allgemeine
Sorge wider, die von der Meissen Kommission geteilt wird. Als Ursache für dieses
„Deutschlandbild― wird die häufige Darstellung des 2. Weltkriegs in den Medien und der
Erziehung angesehen. Dies geschieht vor allem im Fernsehen. Aber auch in überregionalen
und Lokalzeitungen sind immer wieder anti-deutsche Bemerkungen zu finden. Auffällig ist
auch, dass in Schulen bei der Wahl von zeitgeschichtlichen Lehrplanthemen viele Jugendliche
sich für die Nazizeit entscheiden. Die politischen Diskussionen zur Zeit der deutschen
Wiedervereinigung haben auch manche Klischees aus der Kriegzeit wieder aufleben lassen.
Das Unterbinden anti-deutscher Stimmungen ist sowohl eine kirchlich-theologische Aufgabe
wie auch alltägliches Anliegen. Die Rolle Großbritanniens (und der Vereinigten Staaten von
14
Amerika) in der Niederschlagung der Nazityrannei hat ein Gefühl von moralischer
Selbstgerechtigkeit bewirkt. Dies findet seinen Ausdruck auch in der gegenwärtigen
internationalen Politik und der größeren Zurückhaltung innerhalb der angelsächsischen Kultur
nach selbstkritischer Infragestellung und nach Reue, die die Vorraussetzung für einen
Neuanfang darstellen. Im Nachkriegsdeutschland hat sich dieser Prozess auf vielen Ebenen
modellhaft vollzogen. Besonders die Ausrichtung auf das Evangelium von der Rechtfertigung
aus Glauben und nicht aus Werken bietet dafür die Voraussetzung und die Kriterien sowohl
für jeden einzelnen als auch für die Gesellschaft.
Die englischen Mitglieder der Meissen Kommission arbeiten weiter an diesen Fragen, indem
sie zu Diskussionen im Rahmen von Partnerschaften zwischen Diözesen und Landeskirchen
anregen sowie durch Gespräche mit der deutschen Botschaft in London, dem britischen
Erziehungsministerium und Europäischen Lehrerverbänden.
Es ist ermutigend, dass britische Bildungsbehörden das Problem erkannt haben und darauf mit
der Publikation einer neuen Lehrplaneinheit „Von der Trennung zur Einigung: Die
Entwicklung Deutschlands von 1945 bis 2000― für die Sekundarstufe I reagierten. Es ist
jedoch bedauerlich, dass es sich hierbei nur um eine Wahleinheit für das neunte Schuljahr
handelt. Wir sind der Meinung, dass unsere Kirchen- und Schulpartnerschaften sich dieser
Aufgabe stellen sollten. Auch sie können zur gemeinsamen Aufarbeitung der Geschichte
beitragen.
Ferner bleibt zu hoffen, dass die überwiegend positive Darstellung der deutschen
Fussballbegeisterung zur Zeit der WM 2006 in den britischen Medien eine Veränderung des
Deutschlandbildes in Großbritannien bewirkt.
d. Partnerschaften
Die Meissener Erklärung sieht vor, dass eine der Antriebskräfte für die Umsetzung des
Meissen Prozesses die Entwicklung von Partnerschaften zwischen Diözesen der Church of
England und Landeskirchen innerhalb der EKD ist. Daraus sollen sich Kontakte zwischen
Dekanaten, Gemeinden und Kirchenkreisen und zentral gelegenen Kirchen (Kathedralen)
entwickeln. Übergemeindliche kirchliche Werke und Einrichtungen werden ermutigt, „in
Partnerschaften mit entsprechenden Partnern der jeweils anderen Kirche einzutreten―. Die
Ausführungsbestimmungen sehen weiterhin vor, dass „Besuche und Austausch von
Gemeindegliedern und Pfarrern (in Gruppen oder als Einzelpersonen), Austausch von
Informationen, gemeinsamer Gottesdienst, gemeinsames Gebet und gemeinsame geistliche
Besinnung sowie gemeinsame Diskussionen über Fragen allgemeinen Interesses― zu solcher
Partnerschaftsarbeit gehören.
Die Entstehung solcher Beziehungen ist einer der erfreulichen Entwicklungen des Meissen
Prozesses. Mehr als 30 Partnerschaften zwischen Diözesen, Kathedralen und viele weitere
Gemeindeverbindungen sind bekannt.
Um die Partnerschaftsarbeit zu koordinieren, fanden im Juni 2004 und im Juni 2006 Treffen
mit den Partnerschaftsbeteiligten aus den Landeskirchen und einem Vertreter der englischen
Meissen Kommission im Kirchenamt der EKD statt.
15
Einige Beispiele aus den letzten fünf Jahren:
Gemeindepartnerschaften zwischen Gemeinden in Landeskirchen und Diözesen haben sich
oftmals als sehr fruchtbar erwiesen. Die meisten Partnerschaften auf Diözesanebene berichten
von vielfältigen Austauschprogrammen zwischen Gemeinden und Dekanaten als Basis für das
Gelingen von Partnerschaften zwischen Diözesen und Landeskirchen. 2005 wurde die erste
Local Ecumenical Partnership (LEP) zwischen einer Gemeinde der Church of England (Ely
Team Ministry, Diözese Ely) und einer deutschen Partnergemeinde (Kirchenkreis Südtondern
in Nordwest Schleswig in der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche) offiziell in Kraft gesetzt. Ihr
folgte die Partnerschaft zwischen dem Colne and Villages Team Ministry (Diözese
Blackburn) und dem Gesamtpfarrverband Süd-Asse (Evangelisch-Lutherische Landeskirche
in Braunschweig) sowie der St. Chad's Poulton-le Fylde (Diözese Blackburn) und der
Kirchengemeinde Flöthen (Ev.-Luth. Landeskirche in Braunschweig) – s. unten Abschnitt e.
Partnerschaften auf Dekanatsebene bildeten sich zwischen der Diözese Hereford und dem
Kirchenkreis Nürnberg. Die Partner trafen sich in der Regel jährlich. Außerdem fand ein
Austausch von Kirchenchören und ein gemeinsames Jugendcamp statt.
Beziehungen zwischen Kathedralen und City-Kirchen bestehen in einer Reihe von
Diözesen, und weitere Kontakte finden im Rahmen des Netzwerkes Europäischer Kathedralen
statt. Im Rahmen der Partnerschaft zwischen Durham und Nordelbien gab es Gespräche über
City-Kirchen-Seelsorge zwischen Sunderland Minster und der Sankt Nikolai Kirche in Kiel.
Vertreter der Kathedrale von Bristol nahmen mit ihren Partnern von der Marktkirche in
Hannover am gemeinsamen Meissen Gottesdienst auf dem Kirchentag 2005 teil.
Eine wichtige Rolle spielte die Partnerschaft zwischen Coventry und Dresden bei der
Wiedereinweihung der Frauenkirche. Die Beteiligung von Bischof Colin Bennetts aus
Coventry und seine Predigt im ökumenischen Abendgottesdienst waren ein erfreuliches
Zeichen
Eine Reihe von Partnerschaften entstanden im Zusammenhang mit kommunalen
Städtepartnerschaften. (Coventry-Dresden ist das bekannteste Beispiel für eine mehr als
40jährige Partnerschaft aus kirchlicher Sicht). Die Unterstützung von Seiten der politischen
Gemeinden hat sich im Laufe der Zeit verändert. Städtepartnerschaften sind nunmehr im
Verantwortungsbereich von "Local Government Information Bureaus", die finanziell und
wirtschaftlich als kulturell ausgerichtet sind und die mehr Interesse an einem „neuen Europa"
als am "alten" haben.
Es hat sich bewährt, dass Partnerdiözesen und Landeskirchen gegenseitig ihre leitenden
Geistlichen und Laien zu wichtigen Ereignissen wie Bischofseinführungen, Ordinationen,
Pfarrkonventen und Synoden einladen. In der Diözese Bradford konnten nach dem
Einführungsgottesdienst für den neuen Bischof Vertretende des Kirchenkreises Erfurt an
einem Treffen mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Diözesen teilnehmen. Ein Jahr
später kam es zum Gegenbesuch des Bischofs in Erfurt.
Im Rahmen der Partnerschaft zwischen Ely und Nordelbien war es unter anderem, dass die
Referenten der Bischöfe eine Tagung in Deutschland abhalten konnten. Vertreterinnen und
Vertreter aus Magdeburg nahmen an einer Tagung des Bischofsrates in Worcester teil.
Zwischen Blackburn und Braunschweig hat sich eine Kooperation von Mitarbeitenden
kirchlicher Erziehungs- und Bildungseinrichtungen entwickelt. Gemeinsame Seminare mit
Religionslehrerinnen und Religionslehrern und leitenden Erziehenden aus Kindergärten zum
16
Thema "Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation" wurden abgehalten. Die
Beziehungen von kirchlichen und staatlichen Sekundarschulen haben sich kontinuierlich
entwickelt und sind stabil.
Einige Diözesen haben Jugendaustauschprogramme. Im Rahmen der Partnerschaft
zwischen Bradford und Erfurt hat eine Anzahl von Jugendlichen aus Erfurt eine Zeit lang in
Bradford gearbeitet. Außerdem ist ein Austausch von Kirchenchören geplant.
Jugendaustauschprogramme haben wieder begonnen. Gastgeber sind das Dekanat bzw. der
Kirchenkreis. Eine Gruppe von jungen Erwachsenen aus Mecklenburg kam nach Lichfield,
um an der Initiative „Year of Justice and Care― teilzunehmen. Allerdings haben es auch hier
die Schul- und Jugendaustauschprogramme schwer, da Deutsch als Fremdsprache an
englischen Schulen immer weniger unterrichtet wird. Weitere Faktoren sind allgemeine
Probleme mit Klassenfahrten sowie die anhaltenden anti-deutschen Vorurteile und ein
allgemeiner Mangel an Interesse an Deutschland als Reiseland. Daher ist es nicht immer
leicht, allen Anfragen von unseren deutschen Partnern nachzukommen. Dies hat sich zum
Beispiel als Problem in der Partnerschaft zwischen Berlin-Brandenburg-schlesische
Oberlausitz und London erwiesen.
Die Konfirmation und die Weitergabe des Glaubens war einer der zentralen
Themenbereiche, mit denen sich die Meissen Kommission in diesem Fünf-Jahres-Zeitraum
beschäftigt hat. Dies hat sich auch in einigen Partnerschaften widergespiegelt. Im Rahmen der
Beziehung zwischen Lichfield und Mecklenburg fand eine gemeinsame Tagung zum Thema
Konfirmation statt. Dazu gehörte die Begleitung der Vorbereitung der Beiträge der
Konfirmandinnen und Konfirmanden und die Teilnahme am Vorstellungs- und am
Konfirmationsgottesdienst. Wichtig ist auch die kirchliche Arbeit mit Studierenden. So hat
sich eine Partnerschaft zwischen den Universitätsgemeinden von Lancaster (Diözese
Blackburn) und Braunschweig entwickelt. Dazu gehört als dritter Partner eine
Universitätskirche in Finnland.
Pfarrerinnen und Pfarrer der Evang. Lutherischen Landeskirche in Bayern arbeiten seit fast 10
Jahren für Studierende in der Diözese Bristol. Seit drei Jahren werden sie auch im
Gemeindepfarramt eingesetzt. Zeitweise ist es zu einem echten Austausch gekommen, da für
ein Jahr eine Pfarrerin der Diözese Bristol die Studierendenseelsorge in Würzburg
übernommen hatte.
Einige Diözesen unterstützen Besuche von Vikarinnen und Vikaren und von Pfarrerinnen
und Pfarrern in den ersten Amtsjahren. Aufgrund unterschiedlicher Schritte in der
Ausbildung ist es jedoch notwendig, die entsprechenden Ausbildungsphasen formal
anzupassen. Dies ist z.B. für das Magisterstudienprogrammes.der Diözese in Blackburn
vorgesehen. Im Rahmen der Partnerschaft zwischen Worcester und Magdeburg wird von allen
Pfarrerinnen und Pfarrern in ihren ersten drei Amtsjahren ein Besuch in Magdeburg sowie ein
Gegenbesuch von Kollegen aus Magdeburg erwartet. Ein ähnlicher Austausch fand zwischen
Lichfield und Mecklenburg statt.
In Ely wurde ein regelmäßiges Auslandsvikariat in einer Gemeinde in Cambridge
eingerichtet. Hilfreich ist, dass im Pfarrhaus der deutschsprachigen Gemeinde eine Wohnung
zur Verfügung steht. Auch an Orten, wo es bisher noch nicht möglich war, ein gegenseitiges
Austauschprogramm durchzuführen, konnten Besuche für Neuordinierte organisiert werden.
So besuchte zum Beispiel eine Gruppe aus Canterbury einen Pfarrkonvent in der
Evangelischen Landeskirche in Baden.
Schwierigkeiten entstehen zuweilen, wenn einer der Partner wie z. B. die Diözese Bradford
bedeutend mehr Gemeinden (100) einbringt als ihr Partner, der Kirchenkreis Erfurt, der aus
17
30 Gemeinden besteht. Eine paritätische Partnerschaftsarbeit ist in diesem Fall schwer
möglich.
Der Vikarsaustausch zwischen den Gliedkirchen der EKD und der Kirche von England
bildet ein wichtiges Standbein für den Austausch von Geistlichen. Beide Kirchen verstehen
den Vikarsaustausch als ökumenisches Lernen, das nach der Rückkehr in die Heimatkirche
auf verschiedensten Ebenen eingebracht werden kann. Angesichts der bereits erwähnten
Schwierigkeiten, den theologischen Nachwuchs in der Kirche von England während des
Studiums für derartige Schritte zu gewinnen, ist festzustellen, dass dies auch negative
Auswirkungen auf den Vikarsaustausch hat. So waren im Zeitraum von 2002 bis 2006 18
Vikare und Vikarinnen aus den Gliedkirchen der EKD in Großbritannien tätig. Davon wurden
sieben über das Auslandsvikariatsprogramm der EKD vermittelt. Elf weitere wurden von den
Landeskirchen direkt vermittelt.
Die Fortbildung von Geistlichen, und in einigen Fällen auch von PrädikantInnen (readers),
fand im Rahmen der Partnerschaft zwischen Bradford und Erfurt statt. In vielen
Partnerschaften haben einzelne Geistliche Deutschland besucht oder einen Teil ihres
Sabbatjahres dort verbracht. So hielten sich Vertreter vom Church Planting Project in
Gemeinden der Evangelischen Landeskirche in Württemberg auf.
In der Beziehung zwischen der Diözese Ely und der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche (NEK)
hat sich die Methode des shadowing and sharing („Über die Schulter schauen und
mitmachen―) entwickelt und bewährt. Dabei erleben englische Pfarrerinnen und Pfarrer ihre
deutschen Kolleginnen und Kollegen für einige Wochen während ihrer Arbeit und umgekehrt.
Dies hat sich auch auf die übergemeindliche Arbeit ausgedehnt, so dass zum Beispiel die
Ökumenebeauftragten von Ely und der NEK sich regelmäßig austauschen. Außerdem haben
sich Kontaktgespräche zwischen der Verwaltungsleitung der Diözese Lichfield und dem
Kirchenamt der Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs ergeben.
Partnerschaften reflektierten gemeinsam über ethische Fragen und Anliegen. Im Rahmen
der Partnerschaft zwischen den Innenstadtgemeinden in Oxford und den Bonner
Kirchengemeinden (im Zusammenhang mit einer Städtepartnerschaft) haben Gespräche über
Fragen der Weltentwicklung des interreligiösen Dialogs und der Beziehung zwischen Staat
und Kirche stattgefunden. Auch das Bonhoeffer-Jubiläum gab Anlass zu gemeinsamem
Nachdenken. Außerdem wurden die Beziehungen der Kirchen zu anderen
Glaubensgemeinschaften(Freikirchen) erörtert wie zum Beispiel zwischen Worcester und
Magdeburg.
Partnerschaften haben sich auch in schwierigen Zeiten bewährt. Dies war von besonderer
Bedeutung für die Partnerschaft zwischen Bradford und Erfurt zur Zeit der gewalttätigen
Ausschreitungen in Manningham im Jahr 2001 und im Zusammenhang mit dem Blutbad am
Gutenberg-Gymnasium im Jahr 2002, wo Trost und Fürbitte die Menschen näher zueinander
gebracht haben.
Während des letzten Fünf-Jahres-Zeitraums haben einige Partnerschaften ihre Verträge
erneuert. Einige haben aufgehört zu existieren und andere haben mit ihrer Arbeit begonnen.
In einigen Fällen kommt es zu gemeinsamen Treffen von Partnerschaftskomitees und
Arbeitsgruppen. Ist dies nicht möglich, so können Sitzungsprotokolle per E-mail
weitergeleitet werden.
18
Im Rahmen einer Partnerschaft kommen weitere ökumenische Beziehungen zum Tragen:
ökumenische Partner in Großbritannien, insbesondere diejenigen, die selbst in
Kirchengemeinschaft mit der EKD stehen wie die Gemeinden der Synode Deutscher Sprache
in Großbritannien, können auf lokaler Ebene einbezogen werden. Einige Partnerschaften
haben auch damit begonnen, örtliche anglikanische Gemeinden der Diözese in Europa mit
einzubeziehen.
Die Partnerschaft zwischen Worcester und Magdeburg organisiert regelmäßig „Drei-
Konfessionen-Konferenzen“, zu der auch die Röm.-katholische Diözese (Bistum)
Magdeburg gehört.
Viele Partnerschaften versuchen zu vermeiden, dass ihre Aktivitäten zum Anliegen einiger
weniger „Enthusiasten― werden. Einige (z. B. Lichfield-Mecklenburg) haben
Informationsmaterial zusammengestellt, um ihre Beziehung einem breiteren Publikum
vorzustellen. Bradford und Erfurt veranstalten alljährliche Partnerschaftsgottesdienste in
verschiedenen Teilen der Diözese bzw. des Kirchenkreises. Dazu werden auch andere, die
Interesse an Deutschland haben, eingeladen. In der Diözese Worcester wird im
Zusammenhang mit anderen Beziehungen zur weltweiten anglikanischen Gemeinschaft
betont, dass Partnerschaften ein integraler Bestandteil aller Aspekte des Lebens in der Diözese
sind.
e. Pfarreraustausch in Lokalen Ökumenischen Partnerschaften (LEP)
Lokale Ökumenische Partnerschaften bilden einen wichtigen Bestandteil des kirchlichen
Lebens in England. Die Church of England erlaubt dabei ein größeres Maß an
Austauschbarkeit von Pfarrerinnen und Pfarrern als dies normalerweise vom anglikanischen
Kirchenrecht gestattet wird (LEPs unterliegen den Bestimmungen von Canon B 44). Im
vorigen Fünf-Jahres-Zeitraum entschied sich die Meissen Kommission, dieses Modell auch
auf passende deutsche und englische Gemeinden anzuwenden. Das House of Bishops
stimmte dem zu. Dies Modell gewährt zwar nicht die volle Austauschbarkeit von Geistlichen,
die unsere beiden Kirchen anstreben. Es ist jedoch ein wesentlicher Schritt in diese Richtung,
der besonders von deutschen Kommissionsmitgliedern begrüßt wurde.
Im Rahmen einer Partnerschaft zwischen einer anglikanischen Diözese und einer
Landeskirche ist es für Partnerschaften zwischen Gemeinden möglich LEPs zu werden (der
Begriff „local― wird hier im weitesten Sinne des Wortes verstanden). Dieses
Partnerschaftsmodell ist für Situationen geeignet, in denen beiderseitig eine weitreichende
Übereinstimmung festgestellt und eine dauerhafte Verpflichtung zur Gemeinsamkeit in
Gottesdienst, Mission und Amt in einer ortsgebundenen Vereinbarung gewollt wird.
Die Meissen Kommission hat die Entwicklung solcher LEPs angeregt und gefördert. In
beiden Ländern gibt einige Gemeinden und Funktionspfarrämter wie zum Beispiel die
Studenten- und Gefängnisseelsorge, in denen eine enge Zusammenarbeit schon besteht. Diese
sind für einen Ämtertausch im Rahmen einer LEP besonders geeignet. Die Meissen
Kommission hat die Erarbeitung einer verbindlichen Absichtserklärung und Satzung und die
Konstituierung eines Partnerschaftsausschusses (sponsering body), in dem die Leitung der
Landeskirche und der Diözese vertreten sind, unterstützt. Sie ist als Meissen
Informationsmaterial erhältlich. Während der Entwicklungsphase wird die Meissen
Kommission die Mitglieder von Partnerschaftsausschüssen beraten und Theologen und
Studierende zur Teilnahme ermutigen, um auf dem Weg zu voller sichtbarer Einheit weitere
Schritte zu machen, was durch Engagement auf dem Gebiet theologischer und kirchlicher
19
Arbeit geschieht. Um dies zu erreichen, werden die deutschen und englischen Geschäftsführer
als LEP-Berater fungieren. Besonders wichtig wird es sein, dass die Meissen-Kommission die
Sieben-Jahresberichte der Unterstützergruppe (Sponsering Body) zur Kenntnis nimmt und
auswertet.
Wie bereits im vorigen Abschnitt erwähnt, wurde die erste LEP als Pilotprojekt zwischen dem
Ely Team Ministry (Diözese Ely) und dem Kirchenkreis Südtondern in Nordwest Schleswig,
Nordelbische Landeskirche 2005 offiziell eingesetzt. Zwei weitere Projekte folgten 2006
durch die Partnerschaft Blackburn-Braunschweig (Colne and Villages Team Ministry/
Gesamtpfarrverband Süd-Asse) und St. Chad's Poulton-le-Fylde/Flöthen.
Die Meissen Kommission dankt den vielen Akteuren in den Diözesen und Landeskirchen
dafür, dass die Anregung zur Gründung Lokaler Ökumenischer Partnerschaften aus dem
letzten Fünf-Jahres-Bericht zu diesen drei Pilotprojekten geführt hat.
f. Theologische Ausbildung und Religionsunterricht
1. Theologische Ausbildung
Trotz einiger erfolgreicher Besuche von angehenden Geistlichen stellt die Meissen
Kommission fest, dass es nach wie vor erhebliche Schwierigkeiten gibt, englische
Kandidatinnen und Kandidaten für das Pfarramt und auch amtierende Geistliche dazu zu
ermutigen, in Deutschland Theologie zu studieren (zum Beispiel als Teil eines Sabbat-
Semesters). Das englische Komitee hat außerdem einen Mangel an Interesse dafür unter den
Ausbildungsverantwortlichen in den Diözesen festgestellt. Dafür gibt es mehrere Gründe:
das hohe Durchschnittsalter der Kandidaten, von denen viele familiär gebunden sind
mangelnde Sprachkenntnisse
der Schwerpunkt in der Church of England liegt nicht mehr so sehr auf theologischen
und apologetischen Glaubensfragen, sondern eher auf praktischen Fragen des
Gemeindewachstums.
Die Meissen Kommission beobachtet diese Entwicklungen mit Sorge. Die Stärke
evangelischer Theologie in Deutschland liegt in der Erkundung der Fundamente des Glaubens
an Gott und der Heilsgewissheit des Menschen, dem Bibelstudium und dem Umgang mit
unterschiedlichen theologischen Wahrheitsansprüchen in der Gegenwart. Diese Schwerpunkte
bilden einen wichtigen Ausgleich für die eher praktisch ausgerichtete angelsächsische
Theologie in Hinsicht auf Liturgie, Ekklesiologie, Evangelisation und Seelsorge.
Diese unterschiedlichen Schwerpunkte theologischer Ausbildung in unseren Kirchen können
sich hervorragend ergänzen und werden als große Bereicherung für das Pfarramt bewertet.
Die Meissen Kommission verweist deshalb besonders auf Angebote von
Sommeruniversitäten, wie es sie z.B. in Würzburg und Berlin gibt.
Die Frage der mangelnden Sprachkenntnisse wird von englischen Kommissionsmitgliedern in
Zusammenarbeit mit Ausbildungsreferenten von Diözesen, in denen besonders viele jüngere
Auszubildende sind, diskutiert. Es hat sich bewährt, junge Leute zu Beginn ihrer Ausbildung
zu ermutigen, an Austauschprogrammen zwischen Diözesen und Landeskirchen
teilzunehmen. Außerdem wollen wir mit neusprachlichen Zweigen an (insbesondere
kirchlichen) Sekundarschulen zusammenarbeiten und sie dazu ermutigen, weiterhin Deutsch
als Fremdsprache anzubieten.
20
Diese Faktoren stellen eine erhebliche Herausforderung für die Partnerschaftsarbeit zwischen
Diözesen und Landeskirchen dar. Wir sehen es als Teil des Auftrags der Meissen
Kommission, diesen Trends, wo immer wir können, zu handeln.
21
2. Religionsunterricht
Im letzten Fünf-Jahres Bericht der Meissen-Kommission wurde die Einrichtung weiterer
Austauschprogramme zwischen Schulen, insbesondere von kirchlichen Schulen und deren
Religionslehrerinnen und Religionslehrern, empfohlen. Dies wurde von einer Reihe von
Partnerschaften zwischen Diözesen und Landeskirchen aufgenommen und geschah z.B. in
London/ Berlin-Brandenburg und Blackburn/ Braunschweig. Das englische Komitee beriet
sich mit der National Society über eine gemeinsame deutsch/englische Tagung von
Religionslehrerinnen und Religionslehrern. Mit Interesse hörten wir von bereits existierenden
Kontakten auf dem Gebiet der religiösen Erziehung, auch auf europäischer Ebene. Seit 1998
besteht die "Co-ordinating Group for Religious Education in Europe (CoGREE)" als
Dachverband für fünf Organisationen:
- das European Forum for Teachers of Religious Education,
- die Inter-European Commission on Church and School,
- die International Association for Christian Education,
- die European Association for World Religions und
- die European Conference on Christian Education
deren Tagungen im Jahr 2002 in Wien und 2005 in Berlin vom britischen Rat für
Religionsunterricht, vom Culham Institute sowie auf deutscher Seite vom Comenius Institut
und der Gemeinschaft Evangelischer Erzieher unterstützt wurden.
Die Meissen Kommission entschied sich, anstelle einer separaten Fachtagung unseren
Diözesen und Landeskirchen zu helfen und sie auf diese bestehenden Ressourcen aufmerksam
zu machen. Kontaktanschriften sind im Anhang H dieses Berichtes zu finden. Auf diese
Möglichkeiten wurden auch die Erziehungsbeauftragten der Diözesen und der Verband
anglikanischer Schuldirektorinnen und Direktoren bei ihren regelmäßigen Tagungen
hingewiesen.
g. Bibliotheken
Zu den Ausführungsbestimmungen der in der Meissener Erklärung festgelegten Schritte
gehörte, dass die Church of England und die EKD einander gegenseitig helfen sollten, eine
Bibliothek für anglikanische Studien in Deutschland und eine Bibliothek deutscher
protestantischer Theologie in England aufzubauen.
In Deutschland sammelt die Universität Tübingen theologische Literatur in deutscher und
englischer Sprache mit dem Schwerpunkt "Anglikanische Kirche". Die Kommission
betrachtet dies als Erfüllung der in der Meissener Erklärung übernommenen Verpflichtung.
Auf englischer Seite wurde die Meissen Bibliothek 1998 im Dekanat der Kathedrale Durham
eröffnet. Dort ist sie Teil der Sammlung der Dean and Chapter Library. Die Bibliothek
umfasst gegenwärtig mehr als 30 000 Bände, von denen der größte Teil aus der Bibliothek des
ehemaligen Predigerseminars in Imbshausen stammt. Weitere Bücher erhielt die Bibliothek
von Unterstützenden der Meissen Ökumene aus Deutschland.
22
Es wurde beschlossen, nur noch eine sehr begrenzte Anzahl von Neuanschaffungen bei
Reihen und Zeitschriften zu gewährleisten. Aus Platzgründen mussten Duplikate und
Triplikate verkauft werden.
Die umfangreichen Arbeiten wie die Einrichtung der Bibliothek und die Katalogisierung
wurden vom Bibliothekar der Kathedrale, Professor David Brown, von Professor Ann Loades
und der ehrenamtlich arbeitenden Bibliothekarin Sylvia Graham sowie weiteren Freiwilligen
ausgeführt.
Unter Vorsitz des Bischofs im Ruhestand von Blackburn, The Rt Revd Alan Chesters, wurde
im Jahre 2004 der Meissen Library Ausschuss gebildet, dessen Aufgabe es ist, die Arbeit der
Bibliothek zu unterstützen und zu organisieren sowie ein Fundraising in Gang zu setzen. Die
Ausschussmitglieder sind:
The Rt Revd Alan Chesters (Vorsitzender)
Professorin Ann Loades (Geschäftsführerin)
Ms Joan Williams
The Revd Peter Townley
The Venerable Colin Williams (bis 2005)
Dr. Natalie K. Watson (ab 2005)
Am 15. Februar 2006 eröffnete der Bischof von Durham, The Rt Revd Prof. Tom Wright,
einen Spendenaufruf. Ziel des Aufrufes ist es, in den nächsten drei Jahren € 120.000 aus
Spenden von wohltätigen Einrichtungen und Einzelspendern zu sammeln. Abgesehen von der
Anschaffung von zusätzlichen Regalen und Verbesserungen im Bereich des Lesesaals soll es
dadurch möglich werden, die Bibliothek regelmäßig für Leser und Leserinnen zu öffnen und
ihren Katalog auf der Webseite der Universitätsbibliothek Durham zugänglich zu machen.
Der Spendenaufruf steht unter der Schirmherrschaft der folgenden Personen:
The Most Revd and Rt Hon. Dr. Rowan Williams, Erzbischof von Canterbury
The Rt Revd Prof. Tom Wright, Bischof von Durham
Sir Paul Nicholson, Lord Lieutenant von Durham
OKR Christian Krause
Prof. Dr. Ingolf Dalferth, Universität Zürich
Prof. Dr. Christoph Schwöbel, Universität Tübingen
Dr. Mary Tanner, ehemalige Geschäftsführerin des Council for Christian Unity
In der Zwischenzeit wird die Bibliothek weiterhin von Studierenden genutzt. Darunter sind
auch viele Studierenden aus Deutschland, die dort Zugang zu Werken haben, die sie in einer
Universitätsbibliothek erwarten dürfen. Zunehmend wird sie auch von Wissenschaftlern zu
Forschungszwecken genutzt. Eine Reihe von mittlerweile publizierten Büchern sind in der
Meissen Bibliothek geschrieben worden.
Zusammen mit dem Bibliotheksausschuss wird die Meissen Kommission daran arbeiten, das
Spendenziel zu erreichen und die Bibliothek besser bekannt zu machen.
Die Meissen Kommission dankt allen, die sich so großzügig für die Einrichtung dieser
Bibliothek und den Spendenaufruf eingesetzt haben.
23
h. Theologische Themen und Konferenzen
1. „Der Beitrag unserer Kirchen zur ethischen Entscheidungsfindung“
Konferenz in der Evangelischen Sozialakademie Schloss Friedewald 2003
Diese Tagung wurde gemeinsam von der EKD, der Kirche von England und der
Evangelischen Sozialakademie Friedewald organisiert. Etwa 30 Teilnehmende aus
Deutschland und England untersuchten den Beitrag der Kirchen zur ethischen
Entscheidungsfindung am Beispiel der Stellungnahmen der EKD und der Kirche von England
zu militärischer Intervention bzw. zur Friedenssicherung. Eine Darstellung der Prinzipien und
Konzepte gegenwärtiger deutscher Außenpolitik bildeten zu Beginn der Tagung den
Bezugsrahmen für die Darstellung der friedensethischen Positionen der Kirchen. Martin
Eberts, Mitglied des Planungsstabes des Auswärtigen Amtes, stellte zivile Krisenprävention,
Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung als Aufgaben deutscher Außenpolitik dar und
beschrieb den supranationalen Handlungsrahmen (EU, NATO, UNO), in dem sich diese
Politik vollzieht. Er beschrieb Friedenspolitik als Querschnittsaufgabe der Außenpolitik,
beschrieb die Menschenrechtspolitik als einen Schwerpunkt der Bemühungen des
Auswärtigen Amtes und wies u. a. auf die Einrichtung eines Arbeitsstabes für den Dialog mit
der islamischen Welt angesichts der Anschläge vom 11. September 2001 hin.
Im Verlauf der Tagung stellte sich in dieser Frage eine auffallend große Übereinstimmung
zwischen der Ausrichtung der deutschen Außenpolitik und den friedensethischen
Zielvorstellungen der EKD heraus. Der friedensethische Beitrag der Kirchen wurde in drei
Schritten betrachtet:
1. Darstellung der theologischen Grundlagen evangelischer bzw. anglikanischer
Friedensethik im jeweiligen nationalen Kontext (Prof. Nigel Biggar, Universität Leeds und
PD Dr. Michael Haspel, Universität Marburg)
2. Vorstellung der Arbeitsweise der EKD bzw. der CofE bei der Erarbeitung friedensethischer
Stellungnahmen (OKR Dr. Eberhard Pausch, Geschäftsführer der Kammer für Öffentliche
Verantwortung und Dr. Charles Reed, Public Affairs Unit der Kirche von England).
3. Beispiele des praktischen Friedensengagements im Raum der Kirchen (Vorträge von
Bischof Colin Bennetts über die Versöhnungsarbeit an der Kathedrale von Coventry und von
Dr. Anthea Bethge über den Ökumenischen Dienst im Konziliaren Prozess (Shalomdiakonat).
Ergebnisse und Zusammenfassung
Die Tagung hat erkennen lassen, dass es in unseren Kirchen nur eine relativ oberflächliche
Kenntnis der friedensethischen Positionen der jeweils anderen Kirche gibt und dass ein
Austausch über die unterschiedlichen theologischen Traditionen, Methoden und
Voraussetzungen auf dem Gebiet der Ethik genauso dringend nötig ist wie etwa im Bereich
der Ekklesiologie.
Es ist deutlich geworden, dass die an den Just War-Kriterien orientierte CofE im Blick auf
konkrete politische Situationen zu ganz ähnlichen Schlüssen kommt wie die an der
Konzeption des gerechten Friedens ausgerichteten Stellungnahmen der EKD.
24
Das ultima ratio-Kriterium, das auch in den friedensethischen Überlegungen der EKD einen
Spielraum für militärische Gewaltanwendung lässt, könnte unter Aufnahme entsprechender
Überlegungen aus dem anglikanischen Raum weiter entwickelt werden.
Eine interessante Beobachtung war, dass in den friedensethischen Überlegungen der CofE der
Souveränität des Nationalstaates eine Bedeutung beigemessen wird, wie sie in keiner
deutschen kirchlichen Denkschrift mehr denkbar wäre. Die friedensethische Bedeutung der
internationalen Beziehungen und der supranationale Handlungsrahmen heutiger Friedens- und
Sicherheitspolitik bedürften demnach einer weiteren gemeinsamen Reflektion.
Die Diskussion über die unterschiedlichen ethischen Denkansätze ließ auch einen Unterschied
im Umgang mit der Schuldfrage erkennen. Während die anglikanisch-angelsächsische
Tradition dazu neigt, die Möglichkeit der Schuldfreiheit bei ethisch verantwortetem Handeln
(z.B. im "gerechten Krieg") einzuräumen, schließt der in Deutschland stark ausgeprägte
lutherische Denkansatz die Möglichkeit der Schuldlosigkeit bzw. das Vollbringen einer
gerechten Tat grundsätzlich aus.
Die Perspektive einer gemeinsam erarbeiteten Studie zur Lehre vom gerechten Frieden unter
Aufnahme neuerer angelsächsischer Arbeiten zu den Just War-Kriterien wurde von den
Teilnehmern der Tagung für sinnvoll gehalten und als möglicher Beitrag zu einer gemeinsam
zu erarbeitenden friedensethischen Position der Kirchen Europas, etwa im Rahmen der
Konferenz Europäischer Kirchen, befürwortet.
2. Die 5. Theologische Konferenz nach der Meissener Erklärung, vom 6.-9. September 2005
in Frodsham, Cheshire
Die Konferenz widmete sich dem Thema: „Christliche Initiation und Mission in einer
postchristlichen Gesellschaft“
Die Thematik wurde in vier Perspektiven bearbeitet:
- soziale und pastorale Kontexte
- Christliche Initiation als ganzheitlicher Prozess von der Taufe zum Abendmahl
- Bedeutung der Konfirmation in kirchlicher Tradition
- Person und Amt des Konfirmierenden
Die Auswertung der Tagungsarbeit erbrachte Übereinstimmung:
- über die bedeutende Rolle der Konfirmation im Prozess christlicher Initiation; daher sollte
eine Sicht der Konfirmation entwickelt werden, die ihre anthropologischen und theologischen
Aspekte integriert;
- hinsichtlich der unlöslichen Verbindung der Konfirmation mit der Taufe und dem
Abendmahl;
- darin, dass - in Modifikation überkommener Definitionen die Konfirmation nicht allein als
„Zulassung zum Abendmahl― definiert werden kann;
- darin, dass eine für die Praxis förderliche Theologie der Konfirmation entwickelt werden
sollte.
25
Die Auswertung der Tagungsarbeit führte darüber hinaus:
- zu einer vertieften Wahrnehmung der unterschiedlichen Schwerpunkte, die in den
Gliedkirchen der EKD bzw. in der Kirche von England gesetzt werden: hier Betonung des
Ritus, dort großes Gewicht auf der katechetischen Vorbereitung;
- hinsichtlich der Person des Konfirmierenden zu einer vermehrten Einsicht in die Stärken
sowohl der presbyterialen wie der episkopalen Tradition; beide Traditionen sollten einander
ergänzen und werden übereinstimmend als „nicht kirchentrennend― eingeschätzt; die
ekklesiologischen Aspekte der Konfirmation sollten noch stärker theologisch bearbeitet
werden;
- zu der Erkenntnis, dass die in der Kirche von England gesammelten Erfahrungen mit
Konfirmationen in einem späteren Lebensabschnitt für die deutschen Kirchen bedeutsam sein
können.
Daraus ergeben sich die Empfehlungen, dass
- die Zusammenarbeit in dem der Konfirmation zuzuordnenden katechetischen und
liturgischen Handlungsfeld und der Austausch von Materialien und Personen verstärkt werden
sollten;
- die kirchenrechtlichen Implikationen einer Anerkennung der Konfirmation zu untersuchen
sind;
- eine Theologie der Konfirmation entwickelt werden sollte,
- der Frage nachzugehen ist, wie Katechese und Konfirmation in unterschiedlichen
Lebensabschnitten angeboten und gestaltet werden können,
- die Meissen Kommission beauftragt werden sollte, dieser Thematik weiter nachzugehen.
3. Die Meissen Kommission der CofE und der EKD beschäftigten sich in gemeinsamen
Sitzungen eingehend mit folgenden Themen:
Die Stellungnahme der CofE zum Papier, „Die Kirche Jesu Christi“ der Gemeinschaft
Evangelischer Kirchen in Europa (Leuenberg), wurde dargestellt. Die Antwort von Dr. Marti
Davie vom Council of Christian Unity hat die Gründe, die aus Sicht der Kirche von England
gegenwärtig einen Beitritt zur GEKE verhindern, eingehend erläutert. Ein wesentlicher Punkt
ist nach wie vor das historische Episkopat mit seinen Auswirkungen für das Amts- und
Kirchenverständnis. Dies wurde auch auf der 5. Theologischen Konferenz (2005) in
Frodsham deutlich.
Das Diskussionspapier der VELKD zu „Amt, Beauftragung und Ordination“ von 2005 hat für viel Aufmerksamkeit gesorgt und wurde ausführlich diskutiert und der Arbeitsgruppe
für Glaube und Kirchenverfassung des Rates für die Einheit der Christen der Kirche von
England vorgelegt. Der erste Entwurf wurde als Begründung für ein Ordinationsverständnis
verstanden, das nach anglikanischer Tradition mit dem Laienvorsitz beim Abendmahl
vergleichbar ist, nicht aber mit einer Ordination. Dieser Entwurf widersprach der Meissen
Erklärung.
Nach einem breit angelegten ökumenischen Austausch wurde der zweite Entwurf der
VELKD unterscheidet zwischen Ordination und Beauftragung.
In ihren Diskussionen stellte die Kommission fest:
1. Das Papier ist Teil eines Versuches, auf die sinkende Kirchenmitgliedschaft und die
entsprechenden finanziellen Sparmaßnahmen strukturell zu reagieren. In der Kirche von
England hat man dies durch die Einsetzung von Ehrenamtlichen zum pastoralen Dienst
26
getan. In einigen Diözesen wurden gelegentlich auch Geistliche eingeführt, deren
Ordination an den Ort gebunden ist.
2. Der VELKD-Entwurf zeigt eine Veränderung der Begriffe: Er betont, dass die
„Ordination― nur erlangt werden kann, wenn ihr ein volles akademische Studium und
Ausbildung vorausgegangen ist. Andere Geistliche, die sich davon unterscheiden, werden
„beauftragt―.
3. Geschieht eine solche Beauftragung mit Gebet und öffentlicher Handauflegung zu einem
geistlichen Amt, das zur Wortverkündigung und Abendmahlsausteilung berechtigt, so ist
dies eine Form, die die Kirche von England als Ordination anerkennt, auch wenn diese
nicht so genannt wird.
4. In einigen Gliedkirchen der EKD werden solche Beaufragungen zeitlich befristet und
ortsgebunden vollzogen; die Ordination von ordinierten geistlichen Laien (OLM -
ordained lay ministry) wird in der Kirche von England ortsgebunden angewandt (pro
loco) und entspricht somit in gewisser Hinsicht der Praxis dieser Gliedkirchen der EKD.
5. Die theologische und praktische Ausbildung für die Geistlichen in den Landeskirchen, die
beauftragt werden sollen, entspricht weitgehend der Ausbildung von Predikanten (Lay
Readers) und erst recht der OLMs der Kirche von England.
Die Kommission betont, dass diese Entwicklungen von großer Bedeutung für unsere
Beziehungen seien. Sie wird sie weiterhin sehr aufmerksam verfolgen und entsprechende
schriftliche Veröffentlichungen den Kirchen zur Bewertung vorlegen.
Gemeinsame Feststellung über Maria, Gnade und Hoffnung in Christus (Mary, Grace
and Hope in Christ 2004) vom internationalen Rat der Anglikanisch-Römisch-Katholischen
Beziehungen (ARCIC): Dieses Dokument stellt einen Überblick der Traditionen und
Interpretationen zu Maria dar und wurde in der Kommission diskutiert. Die Gemeinsame
Feststellung ist nun Gegenstand weiterer Überlegungen in der Anglikanischen Gemeinschaft.
Die Marialogie und die entsprechenden Lehrmeinungen über sie in der Kirche von England
und der Evangelischen Kirche in Deutschland Kirchen gehören zu den sensible Themen
gegenüber der Römisch-Katholischen Kirche.
Im Klärungsprozess der CofE, ob Frauen zum Bischofsamt zugelassen werden können.
nahm OLKR‘in Dr. Kerstin Gäfgen-Track im Mai 2006 an den Beratungen des Council of
Christian Unity in London teil und brachte die Argumente, die aus der Sicht der EKD die
Zulassung von Frauen zum Bischofsamt begründen, ein.
i. Konsultationen und Delegationsbesuche
1. Glauben und das Leben in der Stadt
Zum 20. Jubiläum des „Faith in the City― Berichts setzten die Erzbischöfe von Canterbury
und York eine neue Kommission zu Fragen des Lebens und Glaubens in der Stadt
(Commission on Urban Life and Faith, CULF) ein. Diese sollte die gegenwärtige Lage
untersuchen und 2006 Bericht erstatten. Für die Meissen Kommission war dies eine
Gelegenheit, zur Zusammenarbeit unserer beiden Kirchen zum Thema der Mission in der
Stadt zu ermutigen. Dies geschah im Rahmen einer Tagung in Berlin vom 8.-10. Mai 2005,
27
zeitgleich mit den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Endes des zweiten Weltkrieges. Die
Tagung wurde von der EKD und der Church of England gemeinsam finanziert. Teilnehmende
kamen aus dem Baltikum, Kaliningrad, Stockholm und Kopenhagen sowie aus England und
Deutschland.
Unsere beiden Kirchen haben sich der Herausforderung der religiösen Vielfalt in unseren
Städten zu stellen. In Deutschland kommt dazu, dass aufgrund von Migration und der daraus
entstehenden kulturellern Vielfalt sowie des deutlichen Rückgangs der Geburtenrate
Veränderungen unumgänglich sind. Diese Situation hat zu einer Konkurrenz der Städte um
Menschen und Kapitalinvestitionen geführt und eine Umstrukturierung und Aufwertung von
Innenstadtbezirken bewirkt. Gleichzeitig kommt es zum beschleunigten Abbau von
gewachsenen Wohn- und Gewerbeflächen in Städten im Norden und Osten des Landes,
verglichen mit dem stabileren und z. T. zunehmenden Wohlstand Süddeutschlands.
Während wir lernen mit ethnischer und religiöser Vielfalt zu leben, arbeiten unsere beiden
Kirchen weiter in ihrem Dienst als etablierte Staats- bzw. Volkskirchen.
Große Kathedralen und Stadtkirchen sind Orte des gemeinsamen Erinnerns und Symbole
unserer gesellschaftlichen und spirituellen Identität. Die Gliedkirchen der EKD arbeiten
daran, neue Formen kirchlichen Lebens zu entwickeln. Diese entstehen im Zusammenhang
mit großen Innenstadtkirchen, die jeden Tag geöffnet sind und Angebote für Touristen und
Obdachlose gleichermaßen bereitstellen sowie innovative Angebote für die Suche nach
Spiritualität. Die wiedereröffnete Frauenkirche in Dresden bietet als besonderer
Identifikationspunkt ein vielfältiges Angebot an, das kirchliches Profil in kultureller Vielfalt
erkennen lässt. Diese Entwicklungen basieren auch auf der Kreativität des Kirchentages auf.
Unkonventionelle Formen dieser Art wurden auch bei der „Langen Nacht der Kirchen― in
Hannover angewandt, in der alle Innenstadtkirchen bis Mitternacht geöffnet blieben. Das
liturgische, spirituelle und kulturelle Anbot ähnelte dem der Kirchentage. Dazu gehörten auch
Diskussionen, Konzerte, Jugendgottesdienste, Filme und Ausstellungen, die Tausende von
Leuten anzogen.
Der englische Beitrag fand Eingang in den 2006 veröffentlichten Bericht Faithful Cities.
Darin wird der besondere Beitrag, den christliche Kirchen und andere
Glaubensgemeinschaften zum Zusammenhalt der Gesellschaft durch „Glaubenskapital“
leisten, hervorgehoben. Dies sind gemeinsame Glaubensinhalte, Werte und Tugenden, die
Glaubensgemeinschaften nicht nur lehren, sondern auch im täglichen Leben „darstellen―.
Glaubensgemeinschaften sind an spezifischen Orten verwurzelt und bilden Netzwerke der
Gastfreiheit und Freundschaft. Indem sie auf andere zugehen, werden sie zu Brückenbauern
und ersetzen Verdacht mit Vertrauen. Sie nähren die Vision einer „guten Stadt― durch die
Verbreitung von Lebensfreude, die mehr ist als Geld oder eine auf individuellen Erfolg
ausgerichtete Weltanschauung.
Zeitgleich mit dieser Konferenz veröffentlichte die EKD 2006 einen eigenen Bericht über
Armut in Deutschland unter dem Titel "Gerechte Teilhabe - Befähigung zu
Eigenverantwortung und Solidarität. Eine englische Übersetzung liegt vor.
Am Ende der Berliner Tagung im Mai 2005 wurde vorgeschlagen, eine zweite Konsultation
dieser Art abzuhalten, wenn diese beiden Berichte vorliegen. Auf dem Themenfeld, Kirche
und Mission in der Stadt können beide Kirchen viel voneinander lernen und profitieren.
28
2. Wydale 2005
Delegationsbesuch der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Kirche von
England vom 10. - 14. März 2005 in Wydale, Yorkshire
Die Kirche von England hat für fünf Tage eine Delegation der Evangelischen Kirche in
Deutschland eingeladen. In dieser Zeit fanden Diskussionen, Gottesdienste und intensive
Konsultationen über die Situation unserer Kirchen und Ausblicke in die Zukunft statt, unter
besonderer Berücksichtigung der Themen Mission in der Stadt und gegenwärtige
Spiritualität.
Die Konsultation fand im Fortbildungszentrum der Diözese York in Wydale Hall statt. Die
EKD-Delegation wurde von dem Co-Vorsitzenden der Meissen Kommission, Landesbischof
Jürgen Johannesdotter, geleitet, der während des Abendmahlsgottesdienstes am
Passionssonntag in der Kommunität The Holy Paraclete (Der heilige Tröster) in Whitby
predigte. Der Bischof von Ripon und Leeds, John Packer, leitete die englische Delegation.
Die Delegationen, zu denen leitende Geistliche, Synoden- und Ratsmitglieder,
Akademikerinnen und Akademiker sowie Experten gehörten, beschäftigten sich mit Themen
der Mission in städtischen und ländlichen Gemeindepfarrämtern, der Kirchenentwicklung,
Liturgie sowie interreligiösen Angelegenheiten und ethnischen Minderheiten. Sie besichtigten
verschiedene Orte wie Middlesbrough, wo sich die Kirche in industriellen und sozialen
Belangen engagiert und Gemeinden, die mit der reichen spirituellen Geschichte des Nordens
in Verbindung stehen, insbesondere Durham, Rievaulx, Lastingham und Whitby. Die
Teilnehmenden der Delegationen tauschten persönliche Erfahrungen und Analysen über
aktuelle Untersuchungen der gegenwärtigen geistigen und spirituellen Atmosphäre beider
Länder aus. Ebenso wurden die Entwicklung neuer Ausdrucksformen von Kirche und Liturgie
in einer multikulturellen und multiethnischen Gesellschaft und die Herausforderungen der
Großstadt und der Kirchen in Ostdeutschland dargestellt. Diese Themen förderten eine Reihe
von Schlüsselfragen zu Tage, die in Zukunft von unseren beiden Kirchen weiter behandelt
werden sollten.
Beide Kirchen sahen es als notwendiges zentrales Anliegen an, sich missionarischen
Herausforderungen zu stellen, wenn es um die Gewinnung neuer Mitglieder und die
Erkundung neuer Initiativen geht. In diesem Zusammenhang wurden die Ausschüsse der
Meissen Kommission unserer Kirchen ermutigt, folgenden Themen durch weitere
Zusammenarbeit von Experten und durch die zahlreichen existierenden Partnerschaften
zwischen Diözesen der Kirche von England und den Regionalkirchen der EKD nachzugehen:
- Klärung des Verständnisses von Mission und neue Initiativen als christlicher Auftrag beider
Länder
- Wie kann die Kirche sich auf die verschiedenen Kulturen der modernen Gesellschaft, z. B.
die Jugendkultur und die ethnische Vielfalt einlassen und ihnen entsprechen, aber gleichzeitig
ein kritisches Gegenüber bilden ?
- Wie wird Kirchenmitgliedschaft in unseren beiden Kirchen verstanden und registriert?
- Es gilt Wege zu finden, um statistische Informationen, besonders über Mitgliedschaft,
Wachstum und kirchliches Leben in Großstädten in beiden Kirchen einander mitzuteilen
29
- Wie kann theologische Ausbildung und geistliche Ausprägung von Pastoren/Pastorinnen auf
hohem Niveau so kombiniert werden, dass sie der Verpflichtung der Pastorinnen/Pastoren
gegenüber dem Evangelium entsprechen? Aktuelle Veränderungen in den Vorstellungen vom
geistlichen Amt, die Erwartungen an Seelsorgerinnen und Seelsorger und die Folgen für die
Ausbildung.
- Der multireligiöse Zusammenhang, insbesondere der christlich-muslimische Dialog
- Sozialpolitische Debatten in Deutschland verglichen mit britischen Nachbarschafts-
Erneuerungs-Programmen
- Staatskirchenrechtliche Rahmenbedingungen und Gemeindeformen in den beiden Kirchen -
traditionelle Modelle und neue Formen des Gemeindelebens
3. Berlin 2006
Delegationsbesuch der Kirche von England in Berlin-Schwanenwerder vom 31.01.-
5.02.06
In zeitlicher Nähe zum 100. Geburtstag Dietrich Bonhoeffers fand der Delegationsbesuch der
CofE bei der EKD zum Thema: „Theologie als Lebensweisheit“ statt. Die Delegation der
Church of England wurde vom Erzbischof von Canterbury, Dr. Rowan Williams, geleitet.
Gastgeber war der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Dr. Wolfgang Huber.
Ziel war es, gemeinsam über die derzeitige Beziehung zwischen unseren jeweiligen
theologischen Traditionen und der Pfarrerausbildung, dem Theologiestudium und dem
Auftrag der Kirchen nachzudenken und dabei Wege zu finden, wie unsere beiden Kirchen in
größerem Maße auf diesen Gebieten zusammenarbeiten können.
Es wurden unter anderem Vorträge zu folgenden Themen gehalten:
Welche theologischen Themen sind für uns als ökumenische Partner von Bedeutung?
Historischer Vergleich unserer theologischen Traditionen und Ausbildungswege von
Geistlichen
Weisheit als Grundlage für Theologie und Praxis und für die Entwicklung kirchlicher
Bekenntnisse und kirchenrechtlicher Grundlagen
Politische Auswirkungen von Theologie und Fragen der Gerechtigkeit und
partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Kirche und Staat
Die Beziehung zwischen Theologie als Wissenschaft und der praktischen Arbeit der
Kirchen.
Der Besuch fand im Evangelischen Tagungszentrum in Schwanenwerder bei Berlin statt. Die
Delegierten besuchten außerdem die Lutherstadt Wittenberg, besichtigten die Wirkungsstätten
der Reformatoren, und waren Gäste der Evang. Landeskirche der Kirchenprovinz Sachsens
und der Landesregierung von Sachsen-Anhalt.
30
Angesichts der vorangegangenen Gespräche empfahl die Konferenz:
- die Konzeption und Durchführung regelmäßiger Konsultationen auf nationaler Ebene zu den
sozialen und ethischen Herausforderungen unserer Gesellschaft, z.B. Fragen der
demographischen Entwicklung und der Bioethik. Dies würde beinhalten, sich gegenseitig zu
Treffen der kirchenleitenden Organe einzuladen und Informationen über die Besuche der
Leitenden Geistlichen zur Verfügung zu stellen. Der Austausch von Experten bei spezifischen
Fragen, z.B. in den Bereichen Ethik und gesellschaftlicher Anliegen soll gefördert werden.
Damit sollen Strukturen für effektive gemeinsame Stellungnahmen zu internationalen Fragen
geschaffen werden.
Ausgehend vom erreichten gegenseitigen Verständnis für die noch nicht gelösten
ekklesiologischen Fragen halten wir als prioritäre Aufgaben für die theologischen Gespräche
unserer beiden Kirchen fest:
- die Präsenz des Christentums in Europa, die Sprache des religiösen Diskurses und des
Auftretens in der heutigen multireligiösen Gesellschaft,
- das Verhältnis von Theologie und Spiritualität und Reflexionen über biblische Hermeneutik.
- Die Kommission soll auf nationaler Ebene Austauschprogramme für Theologiestudierende,
angehende Pastorinnen und Pastoren sowie Geistliche in den ersten Amtsjahren entwickeln,
welche theologische Summer Schools sowie berufsbegleitende Ausbildungsprogramme
einschließen sollten.
- Beide Kirchen sollen weiterhin ihren Einsatz innerhalb der europäischen ökumenischen
Bewegung aufeinander abstimmen und vertiefen, insbesondere in Bezug auf unsere
Beteiligung in der KEK, an der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung 2007, am
Dialog mit der GEKE sowie dem Dialog mit der Römisch-Katholischen Kirche und den
Orthodoxen Kirchen, unter stärkerer Bezugnahme auf die Charta Oecumenica als Rahmen für
diese Arbeit. Dabei werden wir die kreativen Anregungen dieses Dialogs besonders
unterstützen.
- Die Meissen Kommission soll einen Überblick über die unterschiedlichen ökumenischen
Dialoge, an denen wir jeweils beteiligt sind, behalten.
- Wir befürworten einen direkteren Kommunikationsaustausch in der Meissen Ökumene
zwischen unseren beiden Kirchen unter besonderer Berücksichtung der jeweiligen
Identitätsentwicklung in der Wahrnehmung des ökumenischen Partners. Dies betrifft auch den
Beitrag der Meissen Ökumene für die Vision der Christen in Europa und ihr Beitrag zur
pluralistischen politischen Zukunft des Kontinents.
- Wir bejahen und bekräftigen, dass die Meissen Partnerschaften das Gemeindeleben vor
Ort bereichern.
- Wir sollten die bereits existierende Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden der
Evangelischen Synode deutscher Sprache in Großbritannien sowie den Anglikanischen
Gemeinden in Deutschland mit den Diözesen und Landeskirchen ausbauen, z.B. im Bereich
der Fortbildung nach der Ordination.
31
- Wir sollten Möglichkeiten eröffnen, andere zur Anglikanischen Gemeinschaft zugehörige
Gemeinden in Deutschland in den Meissen Prozess einzubeziehen.
- Wir sollten nach Möglichkeiten suchen, unser gemeinsames spirituelles Leben zu vertiefen,
indem wir die Form der Meissen Gebetsbriefe überarbeiten, liturgische Entwicklungen und
Erkenntnisse miteinander teilen und die Übersetzung offizieller liturgischer Texte
unterstützen.
- Wir sollten regelmäßigen Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden des
Church Houses und des Kirchenamtes der EKD herstellen.
Die Konferenz rief die Kirche von England auf, Schritte zur Anerkennung der Konfirmation
in der EKD einzuleiten. Die Konferenz erkannte, dass die Arbeit der Meissen Kommission in
den nächsten fünf Jahren herausstellen muss, wie viele dieser Initiativen und Vorschläge in
Anbetracht der Ressourcen und Missionsprioritäten unserer Kirchen realisierbar sind und auf
welche davon sie sich konzentrieren sollte.
j. Synoden
Die 4. Tagung der 10. Synode (2005) der EKD war so konzipiert, dass aus den zahlreichen
Partnerkirchen der EKD im Rahmen einer Vorkonferenz ein reger Austausch mit den
ökumenischen Partnern möglich war. Für Vertreter aus der Kirche von England war es
interessant, dass bei den Synoden der EKD Vertreter aus dem politischen Leben, wie der
ehemalige Bundespräsident Johannes Rau und sein Nachfolger Horst Köhler als Gäste
teilnehmen und gehört werden. Ebenso beeindruckte das Verfahren der Neuwahl des Rates
der EKD und seines Vorsitzenden, Bischof Dr. Wolfgang Huber.
Mitglieder des englischen Komitees haben regelmäßig an Synoden der EKD teilgenommen.
Für die Beobachter war dies ein interessanter Einblick in die Arbeitsweise ihrer Partner und in
das Zusammenwirken der Gliedkirchen der EKD auf allen Ebenen. Grußworte und Beiträge,
wie auf der 5. Tagung der 10. Synode in Würzburg 2006 durch den Rt Revd Bishop David
Walker aus Dudley mit seinem Beitrag "Verlässlichkeit als Kapital kirchlichen Arbeitens"
bieten eine sehr gute Möglichkeit, eigene Anliegen und Perspektiven einzubringen.
Rückmeldungen und Berichte der Beobachter werden vom englischen Meissen Komitee
aufgenommen und bearbeitet.
Die Vertreter der EKD bei der Synode in York haben ähnliche Erfahrungen und Einblicke
gewinnen können, so zuletzt im Juni 2006 die heftige Debatte und die Abstimmung der
Synode im Blick auf das Bischofsamt von Frauen in der Kirche von England.
k. Evangelische Synode Deutscher Sprache in Großbritannien
Der Stand der Ökumene in der Evangelischen Synode Deutscher Sprache in Großbritannien
Nach einer Zeit der Umstrukturierung und Zusammenlegung von Pfarramtsbereichen und von
Gemeinden sowie nach schwierigen finanziellen Entscheidungen schätzen wir die nun
gefundene Struktur der deutschsprachigen Synode mit sieben Pfarramtsbereichen als im
Wesentlichen mittel- bis langfristig stabil ein.
32
In der Ökumene spielt die Synode eine bescheidene, aber nicht unwichtige Rolle. Dennoch
sind unsere Gemeinden über die Synode Mitglieder in zwei ökumenischen Gremien: So ist die
Synode mit der EKD Mitglied in der Gemeinschaft Evangelischer Kirche in Europa (GEKE)
und selber Mitglied in Churches Together in Britain and Irland (CTBI).
Sie sind ferner mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in ökumenischer
Partnerschaft verbunden und daher auch im Appendix der Meissener Erklärung zwischen der
EKD und Church of England erwähnt. Ihr Senior nimmt als Gast an der jährlichen
gemeinsamen Konsultation der Meissen Kommission teil.
Die Meissener Erklärung bietet der Synode, ihren Gemeinden und bi-konfessionell
(anglikanisch/evangelisch) verheirateten Gemeindegliedern einen Rahmen, in dem Taufe,
Konfirmation und die Abendmahlspraxis keine Hindernisse kirchlicher Gemeinschaft sind.
Für die Durchführung ökumenischer Gottesdienste stellt die Arbeit der Meissen Kommission
eine große Erleichterung dar. Insgesamt hat die Meissener Erklärung eine gute,
partnerschaftliche Atmosphäre erzeugt, die dankbar aufgenommen und ausgebaut wird.
Da die Synode Mitglied der Gemeinschaft Evangelischer Kirche in Europa ist, zu der weitere
protestantische Kirchen wie die United Reformed Church, die Methodistische Kirche und die
Church of Scotland gehören, steht sie mit diesen Kirchen vor der Aufgabe, vor Ort
Brückenbauerin zwischen den Kirchen der GEKE und der Kirche von England zu sein.
Diese Synode ist ein Beispiel für die innerprotestantische Ökumene. Es gibt in ihr, manchmal
innerhalb eines Pfarramtsbereichs, lutherisch, uniert und reformiert geprägte Gemeinden und
das Bild wird noch vielfältiger, wenn man sich einzelne Gemeinden anschaut. Die Menschen,
die zu ihnen gehören, kommen aus verschiedenen deutschen Landeskirchen und Freikirchen.
Zu vielen Gemeinden halten sich auch Briten. Etliche Mitglieder gehören gleichzeitig der
Kirche von England, der Kirche von Schottland oder der Kirche von Wales an. So sind
Gemeinden, die sich formell „lutherisch― oder „Presbyterian― nennen, in sich Gemeinschaften
der evangelischen Ökumene. Es gehört zur Realität, dass Mitglieder in Gemeinden der
Evangelischen Synode Deutscher Sprache in Großbritannien auch in einer englischsprachigen
Gemeinde Mitglied sind, weil ihre Sympathien und Identifikation für beide in gleicher Weise
vorhanden sind.
l. Anglikanische Diözese in Europa/
Arbeitsgemeinschaft anglikanischer Kirchen in Deutschland
Vor fünf Jahren berichtete die Meissen Kommission über die Gründung der
Arbeitsgemeinschaft anglikanischer Kirchen in Deutschland (Council of Anglican Episcopal
Churches in Germany: CAECG), die sowohl die Gemeinden der Kirche von England in
Deutschland als auch die Gemeinden der Versammlung der Amerikanischen Episkopalkirche
einschließt. Dieser Verein bildet die rechtliche Grundlage für die Zusammenarbeit aller
Anglikaner und Anglikanerinnen in Deutschland sowie deren ökumenische Vertretung auf
nationaler Ebene. So ist die CAECG Mitglied der bundesweiten ACK (Arbeitsgemeinschaft
Christlicher Kirchen). Während der letzten drei Jahre hat die CAECG auch die Spannungen
innerhalb der anglikanischen Kirchengemeinschaft widergespiegelt. Diese
inneranglikanischen Spannungen haben Kräfte beansprucht, die eigentlich für andere
kirchliche Aufgaben nötig wären.
Ökumenische Beziehungen auf Gemeindeebene sind weiterhin gut. Anglikanische Geistliche
stehen meist in freundschaftlichen Beziehungen zu den Geistlichen anderer Kirchen.
33
Besonders enge ökumenische Beziehungen bestehen zwischen der Alt-Katholischen Kirche
und der Anglikanischen Kirchengemeinschaft. Seit 1931 existiert zwischen beiden die volle
Kirchengemeinschaft, die im "Bonner Abkommen" vertraglich festgelegt wurde. Das 75-
jährige Bestehen dieses Abkommens wurde 2006 in Freiburg unter Beteiligung des Alt-
Katholischen Erzbischofs von Utrecht sowie des Erzbischofs von Canterbury und des
Ratsvorsitzenden Bischof Huber gefeiert.
Vielerorts werden regelmäßig - wenn auch in größeren Abständen - gemeinsame
Gottesdienste zwischen Gemeinden der Kirche von England und der EKD gefeiert. Der
anglikanische Priester in Leipzig ist vom evangelisch-lutherischen Bischof in Sachsen dazu
ermächtigt, Gottesdienste in der Landeskirche abzuhalten. Auf der Basis der Meissener
Erklärung wurde in Wiesbaden ein Priester der Kirche of England als Religionslehrer
anerkannt. Solche Beauftragungen sind oft von der örtlichen Situation und vor allem von den
Interessen der Geistlichen an der Meissen Ökumene wie auch von deren Sprachkompetenz
abhängig. Derartige Beziehungen und Erfahrungen fördern die Meissen Ökumene nachhaltig.
Es ist wichtig, dass sie von der Meissen Kommission wahrgenommen und nach Möglichkeit
formell anerkannt werden.
Wie oben angemerkt, ist die CAECG Mitglied der bundesweiten ACK. Trotzdem ist es aus
zwei Gründen oft nicht möglich, eine gemeinsame ökumenische Strategie zu entwickeln. Dies
liegt zum einen an den spezifischen ökumenischen Schwerpunkten der jeweiligen
Landeskirche. Des Weiteren - und in dieser Hinsicht wichtiger - gehören die Gemeinden der
CAECG zwei unterschiedlichen anglikanischen Kirchen an, die eigene ökumenische Kontexte
und Profile haben. Beziehungen zwischen der EKD und der Kirche von England werden
durch die Meissener Erklärung geregelt. Die Gemeinden der Amerikanischen Episkopalkirche
stehen allerdings außerhalb dieses Abkommens; sie haben wiederum ein geregeltes Verhältnis
zur Evangelical Lutheran Church of America, mit der die Kirche von England kein
Abkommen hat. Die Frage der Vernetzung solcher ökumenischen Beziehungen ist deshalb
nicht unwichtig und wird in den nächsten Jahren von der Anglican Lutheran International
Commission behandelt werden.
m. Andere Aktivitäten
1. Deutscher Evangelischer Kirchentag
In den letzten fünf Jahren fanden zwei Kirchentage mit weit über 120.000 Besuchern und
internationalen Gästen statt. Ein besonderes Ereignis im Jahr 2003 war der ökumenische
Kirchentag in Berlin, der gemeinsam mit der römisch-katholischen Kirche in Deutschland
organisiert wurde. 2005 fand der Evangelische Kirchentag wieder in der Tradition früherer
Kirchentage in Hannover statt.
Der ökumenische Kirchentag 2003 unter dem Thema „Ihr sollt ein Segen sein“ (Genesis
12,2) zog mehr englische Besucher als je zuvor an. Die Kommission erhielt positive
Rückmeldungen über das Ereignis. Der Bischof von Wolverhampton nahm als offizieller
Vertreter des Erzbischofs von Canterbury teil. Erzdiakon Colin Williams und Tonie Smith
vertraten die Meissen-Kommission. Der Meissen Gottesdienst fand in der Saint George‘s
Kirche in Berlin statt. Die Stände der Meissen Partnerschaften in der Agora und die
Ausstellung über die Anglikanische Kirche aus der Kathedrale in Norwich, die gemeinsam
mit der Britischen Botschaft organisiert worden war, wurden sehr gut aufgenommen. Auch
der Stand der Diözese in Europa und der Episkopalen Kirchen zog viele Besucher an.
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Während des Kirchentages fand auch die Unterzeichnung der Charta Oecumenica der KEK/
CCEE durch die deutschen Kirchen statt. Der Bischof von Gibraltar in Europa, the Rt Revd
Dr. Geoffrey Rowell, unterzeichnete diese für die Gemeinden der Diözese in Europa in
Deutschland. Ein anglikanisch-altkatholischer Abendmahlsgottesdienst im neueröffneten
Altkatholischen Kirchenzentrum war gut besucht.
Der Kirchentag in Hannover 2005 unter dem Thema „Wenn dein Kind dich morgen fragt ...“
(5. Mose 6, 20–25) spiegelte eines der wesentlichen Themen der Meissenarbeit wider: die
Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation. Ein Meissen Gottesdienst fand in der
Marktkirche zum Thema Versöhnung statt. Die Predigten hielten der Bischof von Bristol, The
Rt Revd Michael Hill und Oberlandeskirchenrat Peter Kollmar, Braunschweig. Für die
Liturgie waren der deutsche Ko-Vorsitzende, Landesbischof Jürgen Johannesdotter und
Stadtsuperintendent Wolfgang Puschmann aus Hannover verantwortlich. Bischof Michael
Bourke, Erzdiakon Colin Williams und Canon Robert Jones nahmen als Vertreter der
englischen Meissen Kommission teil.
Eine Reihe von Meissen Partnerschaften waren auf dem Markt der Möglichkeiten in den
Messehallen vertreten.
Das einzigartige und vielfältige Kirchentagsprogramm ist weiterhin ein Publikumsmagnet,
insbesondere für junge Leute und gleichzeitig ein Schaukasten für die örtlichen Kirchen und
Gemeinden. Es bietet gute Möglichkeiten, die Partnerschaftsarbeit zwischen der Church of
England und der EKD durch Ausstellungen und unzählige persönliche Kontakte aus nächster
Nähe zu erleben.
Die Meissen Kommission würdigt die Arbeit des Britischen Komitees des Deutschen
Evangelischen Kirchentages und insbesondere des Organisators und Vorsitzenden, the Revd
Robin Blount (Church of England, Folkestone), der Hauptkontaktperson und Vertreterin des
Internationalen Kirchentagskomitees, Frau Sheila Brain (United Reformed Church,
Manchester) und des Geschäftsführers des Britischen Komitees, the Revd Canon Tony
Dickinson (Church of England, Amersham).
2. Gebetsbriefe und Informationsaustausch
Zu Beginn des Berichtszeitraums überdachte die Kommission den Gebetsbrief. Es wurde
beschlossen, dass dieser zu einem Mitteilungsblatt und Gebetsbrief entwickelt werden solle
und zweimal jährlich an Partnerschaften und Kommunitäten verteilt werden soll. Es war nicht
immer leicht, aktuelle Informationen aus Partnerschaften zu sammeln, so dass auf der letzten
Tagung im Berichtszeitraum eine erneute Diskussion zu diesem Thema stattfand.
Überlegt wurde auch, ob es einen Meissen Gebetszyklus, vergleichbar mit dem Porvoo
Cycle of Prayer, geben soll. Es zeichnete sich aber auch ab, dass viele Gemeinden bei der
Erstellung und Durchführung von Gebetszyklen überlastet seien.
Um einen zügigen Austausch zu gewährleisten, sollen künftig über das Internet - ähnlich wie
im European Bulletin des Rates für die Einheit der Christen der Kirchen von England(CCU) -
aktuelle Nachrichten und gemeinsame Gebetsanliegen aus den Partnerschaften verbreitet
werden. Verschiedene Möglichkeiten werden ausprobiert und ausgewertet.
35
3. Christlich-Muslimischer Dialog
An zwei Beispielen soll veranschaulicht werden, auf welch unterschiedlichen Ebenen die
Partnerschaft zwischen unseren beiden Kirchen wächst.
Das erste ist eine Reihe von internationalen Konferenzen in London, Teheran und Berlin, bei
denen Vertretende der EKD, der Church of England und des Instituts für Interreligiösen
Dialog, Teheran/Iran unter der Überschrift „Gemeinschaftsbildung durch Dialog―
zusammenkamen. Jeder der Delegationen gehörten jeweils fünf Mitglieder der religiösen
Mehrheit im jeweiligen Land und zwei Mitglieder von religiösen Minderheiten an. Dabei
wurden unterschiedliche Modelle interreligiösen Dialogs in den drei Ländern einander
gegenübergestellt und miteinander verglichen. Dabei haben sich eine Reihe von gemeinsamen
Anliegen herausgestellt, die die Grundlage für zukünftige Treffen und Expertentagungen
bilden – die Sicherheit von Menschen und Umwelt, die Erosion von Staatsgrenzen durch
Handel, Migration und Massenkommunikation und Religion als Ursache von Spaltungen
zwischen Menschen. Als Schwerpunkte einer zukünftigen Zusammenarbeit wurden
Jugendaustauschprogramme, Multi-Media Projekte, Religionsfreiheit und Bildung benannt.
Personen, die diese Vorhaben betreiben sollen, wurden aus der EKD, der Church of England
und dem IID bestimmt.
Auch im Rahmen der "Drei-Konfessionen Konferenz―, die von der Worcester/Magdeburg
Partnerschaft organisiert wurde, kam es zu einem christlich-muslimischen Austausch auf
lokaler Ebene. Ausgehend vom United College of the Ascension, Selly Oak, beinhaltete das
Wochenendprogramm Besuche in Moscheen in Birmingham and Gespräche mit Personen, die
an Dialogen beteiligt sind. Der Schatten des Irak-Krieges prägte viele Gespräche. Die
Antworten zum Thema: "Wer ist mein muslimischer Nachbar?" fielen von deutschen und
englischen Delegierten je nach ihrem Umfeld zum Teil sehr ähnlich aber auch sehr
unterschiedlich aus.
n. Kommunitäten
Canon Robert Jones nahm an einer Sitzung des „Advisory Council on Religious
Communities― der Church of England teil. Zweck dieses Treffens war, auf die Vielfalt der
Kommunitäten in den Gliedkirchen der EKD aufmerksam zu machen und zur
Zusammenarbeit der Kommunitäten aufzurufen. Etliche englische Kommunitäten haben
bereits derartige Beziehungen. Der Advisory Council beschloss, diesen Fragen in zukünftigen
Tagungen weiter nachzugehen.
III EMPFEHLUNGEN DES 5-JAHRES-BERICHTES 2002-2006
Die Meissen Kommission macht unseren Kirchen folgende Empfehlungen.
Präambel: Die Meissen Kommission
Eine neue Meissen Kommission soll eingesetzt werden, deren Amtsperiode am 31. Dezember
2011 endet. Sie soll beiderseits je fünf Mitglieder haben, darunter einen Bischof (oder
gleichrangigen Geistlichen) als Vorsitzenden und mindestens einen Geistlichen und einen
Laien. Zwei der deutschen Mitglieder sollen aus den neuen Bundesländern kommen.
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Unsere Kirchen sollen ihre Schwesterkirchen bitten, Beobachter wie folgt zu berufen:
a) Die Kirche in Wales, die Schottische Episkopale Kirche und die Kirche von Irland
berufen einen gemeinsamen Beobachter/Beobachterin;
b) Die Arbeitsgemeinschaft Anglikanischer Kirchen in Deutschland nominiert einen
Beobachter/Beobachterin, der durch den Bischof von Gibraltar in Europa berufen
wird;
c) Die Evangelische Synode deutscher Sprache in Großbritannien entsendet einen
Beobachter/Beobachterin.
Die Meissen Kommission wird dem Council for Christian Unity der Kirche von England und
dem Rat der EKD eine Reihe von geringfügigen Änderungen zu den
Ausführungsbestimmungen der in der Meissener Erklärung vereinbarten Schritte vorlegen, so
wie im untenstehenden Anhang erläutert.
Die Empfehlungen der Meissen Kommission nehmen Bezug auf die Charta Oecumenica.
Die CEC/CCEE Charta Oecumenica wurde auf dem Ökumenischen Kirchentag 2003 in
Berlin unterzeichnet und ist das Instrument, das die Arbeit aller Kirchen in Europa, der
katholischen, orthodoxen, evangelischen und anglikanischen, inspiriert und koordiniert.
Angesichts von vielerlei Übereinstimmungen zwischen der Meissener Erklärung und den
Richtlinien der Charta Oecumenica halten wir es für sinnvoll, unsere Empfehlungen im
Rahmen der drei jeweils zitierten Vorsätze aus der Charta Oecumenica zu präsentieren. Sie
behandeln Fragen des Glaubens, der praktischen Ökumene und der sozialen Verantwortung.
Die prioritären Aufgaben aus Sicht der Meissen Kommission sind fettgedruckt,
während die als nachrangig eingeschätzten Aufgaben normal gedruckt erscheinen.
1. "Wir glauben an die eine, heilige katholische und apostolische Kirche"
1. Im Rahmen des theologischen Dialogs zwischen unseren Kirchen soll die Meissen
Kommission in den nächsten fünf Jahren eine erste theologische Konferenz zur Sprache
religiöser Diskurse und biblischer Hermeutik abhalten und eine zweite Konferenz zur
erneuten Untersuchung der praktischen Zusammenarbeit unserer Kirchen im Lichte
der weiter geführten Arbeit zur Ekklesiologie.
(Weitere mögliche Themen für Konsultationen könnten umfassen: die christliche Präsenz in
Europa, die multi-religiöse Gesellschaft und die Beziehung zwischen Theologie und Gebet)
2. Die Kirche von England soll die Konfirmation in der EKD formal anerkennen.
3. Die Meissen Kommission soll Gemeindepartnerschaften dazu ermutigen, die
Vorschläge der Frodsham Konferenz zum Thema Initiation (2005) zu diskutieren und
bekannt zu machen und soll Mittel dazu bereitstellen, diese Aktion im weiteren Kontext
der Evangelisation zu unterstützen.
37
4. Die Meissen Kommission soll unsere Kirchen ermutigen, weitere theologische Arbeit über
die Rolle der Konfirmation bei der Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation zu
leisten.
5. Die Meissen Kommission soll Informationen über die gegenwärtige Diskussion über
Ordination und Amtseinsetzung in der VELKD und der Anglican/Methodist Joint
Implementation Commission (Gemeinsame Anglikanisch-Methodistische Kommission zur
Umsetzung) weiter vermitteln, soll Fragen der Terminologie und des Sprachgebrauchs klären
und sich um Stellungnahmen von den zuständigen Stellen der jeweils anderen Kirche
bemühen.
2. "Auf dem Weg zur sichtbaren Gemeinschaft der Kirchen in Europa"
6. Diözesen und Landeskirchen sollen die Meissen Partnerschaften fördern und sie als
Bereicherung für das Gemeindeleben vor Ort nutzen.
7. Die Meissen Kommission soll den Informationsaustausch über und Kontakt mit neuen
Initiativen in den folgenden Bereichen fördern, mit besonderer Berücksichtigung ihrer
Rolle in der heutigen Mission der Kirche:
• neue Formen von Kirche in verschiedenen Kulturen
• die Rolle und Wirkung der Medien auf die Kirche
• Austausch von Statistiken über Kirchenmitgliedschaft
• Pilgerfahrten und religiöse Gemeinschaften
8. Die Meissen Kommission soll mehr Lokale Ökumenische Partnerschaften fördern
und die bestehenden Pilotprojekte bewerten, mit besonderer Bezugnahme auf den
Austausch von Geistlichen.
9. Die zuständigen Stellen beider Kirchen sollen den Austausch zwischen
Theologiestudierenden, Pfarramtskandidaten und Geistlichen in den ersten Amtsjahren
fördern und ihnen die Teilnahme an theologischen Sommerkursen und
berufsbegleitenden Fortbildungsprogrammen ermöglichen, die besonders auf
gemeinsame Problemfelder unserer Kirchen eingehen.
10. Die Meissen Kommission soll sich einen genaueren Überblick darüber verschaffen,
was in den einzelnen Partnerschaften geschieht.
11. Zur Förderung weiteren Austauschs zwischen jungen Leuten sollen die englischen und
deutschen Komitees Informationsblätter für Kirchengemeinden im jeweils anderen Land zu
Fragen des Schutzes von Kindern herausbringen, die in das Meissen Informationsmaterial
(Meissen Informationpack) aufgenommen werden sollen.
12. Diözesen und Landeskirchen sollen zu mehr Besuchen von Geistlichen und
wechselseitigem Austausch im Rahmen der Meissen Ökumene ermutigen und das EKD-
Auslandsvikariat unterstützen. Die Erwartungen hinsichtlich der sprachlichen Kompetenz
müssen womöglich revidiert und Austauschprogramme auf zweisprachiger Basis organisiert
werden.
38
13. Die Meissen Kommission soll Initiativen zur Kontaktaufnahme und zum
Materialaustausch zwischen Religionslehrern besonders im Zusammenhang mit weiteren
Meissen Partnerschaften fördern.
14. Die Meissen Kommission soll die Weiterentwicklung der Meissen Bibliothek in
Durham beobachten und fördern, während die Spendenaktion und die weitere
Einrichtung der Bibliothek weiterlaufen.
15. Die Meissen Kommission soll das Engagement unserer Kirchen in der Europäischen
Ökumenischen Bewegung zu vertiefen suchen, insbesondere in Bezug auf die Beteiligung an
der KEK, der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung 2007, den Dialog mit der
GEKE und den Dialog mit der Römisch-Katholischen Kirche und den Orthodoxen Kirchen.
Sie soll die Charta Oecumenica als Rahmenwerk für diese Arbeit bestätigen und kreative
Initiativen im ökumenischen Dialog unterstützen.
16. Die Meissen Kommission soll den Überblick über die verschiedenen ökumenischen
Dialoge suchen, in die unsere Kirchen involviert sind.
17. Diözesen und Landeskirchen sollen bestehende Bereiche der Zusammenarbeit zwischen
deutschen Gemeinden in England und anglikanischen Gemeinden in Deutschland weiter
ausbauen, zum Beispiel im Bereich der Fortbildung nach der Ordination.
18. Die Diözese von Gibraltar in Europa und die Kirchenversammlung der Episkopalen
Gemeinden in Europa (Convocation of ECUSA parishes in Europe) sollen Möglichkeiten
bedenken, auf welchem Wege sie andere der Anglikanischen Gemeinschaft zugehörige
Gemeinden in Deutschland in den Meissen Prozess miteinbeziehen können.
19. Die Meissen Kommission soll das Format und den Zweck der Meissen Gebetsbriefe
überprüfen, liturgische Entwicklungen und Einsichten weiter kommunizieren und die
Übersetzung offizieller liturgischer Texte unterstützen, um unser gemeinsames geistliches
Lebens zu vertiefen.
3. "Unsere gemeinsame Verantwortung in Europa"
20. Unsere Kirchen sollen ihre Zusammenarbeit zu Fragen der Sozialpolitik und Ethik
durch regelmäßige Konsultationen auf nationaler kirchlicher Ebene über öffentliche
Angelegenheiten intensivieren, zum Beispiel: Mission in der Stadt und soziales
Engagement, die Rolle der Medien in unserer Kultur, interreligiöser Dialog, die alternde
Gesellschaft und Bioethik.
21. Regelmäßiger Kontakt und Zusammenarbeit zwischen den nationalen Sekretariaten
unserer Kirchen sollen eingerichtet werden, mit der Absicht, eine Struktur für effektive
gemeinsame Stellungnahmen zu internationalen Fragen zu schaffen.
22. Die Meissen Kommission soll zwei Delegationsbesuche zu diesen Fragen in der
kommenden Fünfjahresperiode ansetzen.
23. Die Meissen Kommission soll effektivere Kommunikationsmittel über die Meissen
Partnerschaft in unseren beiden Kirchen entwickeln, unter besonderer Bezugnahme auf
die Identität oder Wahrnehmung unserer Länder und ihrer Geschichte in den Augen
39
des jeweils anderen, die Bedeutung der Meissen Ökumene für eine christliche Vision
Europas und ihren Beitrag zur neuen politischen Zukunft des Kontinents.
24. Die Meissen Kommission soll mit Bildungs- und Kulturträgern zum Thema des
Geschichtsunterrichts über das 20. Jahrhundert in den Schulen unserer beiden Länder
zusammen arbeiten und soll die Herausgabe angemessener Materialien fördern.
25. Die Diözese von Gibraltar in Europa und die EKD sollen den Vorschlag einer ständigen
anglikanischen Pfarrstelle in Dresden als einen Beitrag zur internationalen Versöhnung weiter
bedenken, auf der Grundlage der Diskussionen, die bei der Wiedereinweihung der
Frauenkirche 2005 stattfanden.
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IV ANHÄNGE
Anhang A - DIE MEISSENER GEMEINSAME FESTSTELLUNG
I. Die Kirche als Zeichen, Werkzeug und Vorgeschmack des Reiches Gottes
1. Gottes Plan ist gemäß der heiligen Schrift, alle Dinge in Christus zu versöhnen, in dem,
durch den und zu dem hin sie geschaffen sind.
2. Zu diesem Zwecke erwählte Gott Israel, sandte er Jesus Christus und beauftragte er die
Kirche. Abrahams Berufung geschah zum Segen für alle Völker (Gen. 12,1-3). Der Knecht
Gottes wird nicht nur die Zerstreuten Israels wiederbringen; er ist gemacht "zum Licht der
Heiden", um das Heil "bis an die Enden der Erde" zu bringen (Jes. 49, 6). In Christus
versöhnte Gott die Welt mit sich selber (2. Kor. 5, 19; Koll 1, 15-20). Der Brief an die
Epheser lasst die Bedeutung des Werkes Christi für das Mysterium, die Berufung und die
Sendung der Kirche erkennen, wenn er sagt: "Gott hat uns gesegnet mit allem geistlichen
Segen durch Christus... Er hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem
Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, um ihn auszuführen, wenn die Zeit erfüllt
wäre, dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist" (Eph.
1, 3.9.10). "Einem jedem aber von uns ist die Gnade gegeben nach dem Maß der Gabe
Christi... Und er hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als
Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer, damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk
des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, bis wir alle hingelangen zur
Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum
vollen Maß der Fülle Christi" (Eph. 4, 7.11.13).
3. Die Kirche, der Leib Christi, muss stets in dieser Perspektive als Werkzeug zur Erfüllung
des Heilsplanes Gottes gesehen werden. Die Kirche ist zur Ehre Gottes da und um im
Gehorsam gegenüber der Sendung Christi der Versöhnung der Menschheit und der ganzen
Schöpfung zu dienen. Darum ist die Kirche in die Welt als ein Zeichen, Werkzeug und
Vorgeschmack einer Wirklichkeit gesandt, die von außerhalb der Geschichte hereinbricht -
das Reich oder die Herrschaft Gottes. Sie ist bereits eine vorläufige Verkörperung von Gottes
Willen, der auf das Kommen des Gottesreiches gerichtet ist(2) . Die Kirche ist von göttlicher
Wirklichkeit, sie ist heilig, und sie reicht über die gegenwärtige endliche Wirklichkeit hinaus.
Gleichzeitig hat sie als eine menschliche Institution Anteil an der ganzen Zweideutigkeit und
Schwachheit menschlichen Wesens und bedarf stets der Buße, der Reform und der
Erneuerung(3) .
II. Die Kirche als koinonia
4. Heute entdecken wir gemeinsam mit anderen Christen wieder den Gemeinschaftscharakter
der Kirche. In einer tieferen Schicht vieler neutestamentlicher Beschreibungen der Kirche,
wie z. B. "das Volk Gottes", "der Leib Christi", "die Braut", "der Tempel des Geistes", gibt es
die Wirklichkeit einer koinonia - einer Gemeinschaft -, die darin besteht, dass wir gemeinsam
mit den anderen Gliedern der Kirche am Leben der Heiligen Trinität teilhaben. Diese
Gemeinschaft - koinonia - wird gemäß der Schrift durch die vom Glauben und der Bekehrung
untrennbare Taufe gestiftet. Alle Getauften sind berufen, in einer Gemeinschaft des
41
Priestertums zu leben und Gott Lobopfer darzubringen, die gute Nachricht miteinander zu
teilen und sich an der Sendung und dem Dienst für die Menschheit zu beteiligen. Dieses
gemeinsame Leben wird aus Gottes Gnade durch Wort und Sakrament erhalten und gepflegt.
Ihm dient das ordinierte Amt, und es wird ferner durch andere Bande der Gemeinschaft
zusammengehalten (vgl. Nr. 8).
5. Die Kirche ist die Gemeinschaft (koinonia) derer, die mit Gott und miteinander versöhnt
sind. Sie ist die Gemeinschaft derer, die in der Kraft des Heiligen Geistes an Jesus Christus
glauben und durch Gottes Gnade gerechtfertigt sind. Sie ist auch die versöhnende
Gemeinschaft, weil sie dazu berufen ist, der ganzen Menschheit Gottes gnädiges Angebot der
Erlösung und Erneuerung zu bringen(4) . Weil die koinonia auch Teilhabe an dem
gekreuzigten Christus ist, gehört es zum Wesen und zur Sendung der Kirche, an den Leiden
und Kämpfen der Menschheit in einer Welt teilzuhaben, die von Gott entfremdet und in sich
durch unseren Ungehorsam gegenüber seinem Willen gespalten ist.
III. Wachsen auf die volle, sichtbare Einheit hin
6. Um ihre Sendung zu erfüllen, muss die Kirche selbst geeint sein. Es ist die missionarische
Perspektive, in der wir beginnen können, die Teilungen zu überwinden, welche uns getrennt
gehalten haben. So wie unsere Kirchen im Glauben in die Fülle Christi hineinwachsen, so
werden sie selber in der Einheit zusammenwachsen. Diese Einheit wird die verschiedenen
Gaben widerspiegeln, die Gott seiner Kirche in vielen Völkern, Sprachen, Kulturen und
Traditionen gegeben hat. Die Einheit, die wir suchen, muss gleichzeitig diese verschiedenen
Gaben berücksichtigen und die Sichtbarkeit der einen Kirche Jesu Christi immer umfassender
offenbar werden lassen.
7. Die vollkommene Einheit muss auf das endgültige Kommen des Gottesreiches warten,
wenn alle Gott völlig gehorsam und deshalb in Gott vollständig miteinander versöhnt sein
werden. Aber in einer gefallenen Welt sind wir verpflichtet, nach der "vollen, sichtbaren
Einheit" des Leibes Christi auf Erden zu streben. Wir müssen für die Darstellung der Einheit
auf allen Ebenen arbeiten, für eine Einheit, die im Leben der Heiligen Trinität gründet und
Gottes Plan mit der ganzen Schöpfung darstellt. Alle unsere Versuche, diese Vision zu
beschreiben, können nur vorläufigen Charakter haben. Ständig werden wir zu neuen
Einsichten in die Tiefen und den Reichtum dieser Einheit geführt und ergreifen neue
Möglichkeiten, mit denen sie in Worten und im Leben bekundet werden kann. Jede Erfahrung
von Einheit ist eine Gabe Gottes und ein Vorgeschmack und Zeichen des Gottesreiches.
8. Indem die Kirchen zusammenwachsen, wächst auch das Verständnis für die besonderen
Merkmale voller, sichtbarer Einheit. Wir können bereits gemeinsam geltend machen, dass
volle, sichtbare Einheit einschließen muss:
Ein gemeinsames Bekenntnis des apostolischen Glaubens in Wort und Leben. Dieser
eine Glaube muss örtlich und weltweit gemeinsam bekannt werden, so dass Gottes
Versöhnungswille überall kundgetan wird. Indem die Kirche diesen apostolischen
Glauben gemeinsam lebt, hilft sie der Welt, ihre eigentliche Bestimmung zu finden.
Die Teilhabe an einer Taufe, an der Feier eines Herrenmahles und an dem Dienst eines
versöhnten, gemeinsamen Amtes. Diese gemeinsame Teilhabe an einer Taufe, einem
Herrenmahl und einem Amt vereinigt "alle an jedem Ort" mit "allen an allen Orten"
innerhalb der ganzen Gemeinschaft der Heiligen. Die ganze Kirche ist in jeder Feier
des Herrenmahles gegenwärtig, und auf diese Weise werden die Örtliche und die
42
universale Kirche vereint. Durch die sichtbare Gemeinschaft wird die heilende und
einigende Kraft des Dreieinigen Gottes inmitten der Trennungen der Menschheit
offenbar.
Bande der Gemeinschaft, welche es der Kirche auf allen Ebenen ermöglichen, den
apostolischen Glauben zu bewahren und auszulegen * , Entscheidungen zu treffen,
mit Vollmacht zu lehren, Güter zu teilen und in der Welt ein wirksames Zeugnis zu
geben. Die Bande der Gemeinschaft werden personale und kollegiale Aspekte wie
Aspekte der Gemeinde besitzen. Auf allen Ebenen sind sie äußere und sichtbare
Zeichen der Gemeinschaft zwischen Personen, die durch ihre Taufe und eucharistische
Gemeinschaft in die Gemeinschaft des Dreieinigen Gottes einbezogen sind.
IV. Die bereits erreichte Gemeinschaft
9. Indem Gott diese Einheit sichtbarer macht, erkennen wir, dass wir bereits an einer
wirklichen Gemeinschaft teilhaben. Diese schließt ein die gemeinsame Gabe der Heiligen
Schrift als den authentischen Bericht von der Offenbarung Gottes in Jesus Christus und als die
Norm christlichen Glaubens und Lebens, die Entscheidungen der frühen ökumenischen
Konzile; das Apostolische und das Nicäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis als
maßgebliche kirchliche Auslegung des apostolischen Glaubens; eine gemeinsame
vorreformatorische westliche Tradition des Gottesdienstes, der Spiritualität und der
Theologie; ein reformatorisches Erbe, das in den 39 Religionsartikeln, dem Book of Common
Prayer und dem Ordinal sowie im Augsburgischen Bekenntnis und im Heidelberger
Katechismus zum Ausdruck kommt, eine ähnliche historische Überlieferung des
Gottesdienstes mit dem Mittelpunkt der Verkündigung und Feier des lebendigen Christus in
Wort und Sakrament, die jetzt mit anderen christlichen Traditionen innerhalb der liturgischen
Erneuerung zusammenläuft.
10. Obwohl wir uns voneinander entfremdeten und in Trennung lebten, haben wir niemals als
Kirchen gegeneinander ein Verdammungsurteil ausgesprochen. Im 19. Jahrhundert beteiligten
sich unsere Kirchen an einer Reihe gemeinsamer missionarischer Bemühungen. In den
dunklen Jahren zwischen 1933 und 1945 kamen einige Mitglieder unserer Kirchen in einer
wahren Gemeinschaft des Zeugnisses zusammen. Diese Beziehung entwickelte sich nach dem
2. Weltkrieg und hat fortdauernd in der weiteren ökumenischen Bewegung Frucht getragen.
11. Jetzt freuen wir uns über unser Zusammenwachsen. Es besteht Zusammenarbeit auf vielen
Gebieten sozialer und pastoraler Anliegen, wir haben gemeinsame theologische Dialoge
geführt, unsere Gemeinschaft hat durch Austausch, durch Partnerschaften örtlicher
Gemeinden und durch Besuche auf allen Ebenen Förderung erfahren. Wir sind bereits in der
Lage, einander zum Empfang des Heiligen Abendmahls in unseren Kirchen einzuladen.
12. Wir erkennen an, dass es in unseren getrennten Kirchen die Treue gibt zum apostolischen
Glauben und zur apostolischen Sendung, zur Feier von Taufe und Herrenmahl und zu der
Ausübung der ordinierten Ämter als von Gott gegeben und als Werkzeugen seiner Gnade.
13. Unser Zusammenwachsen ist Teil einer weiteren Bewegung innerhalb der einen
ökumenischen Bewegung auf die Einheit hin. Für diese unsere Übereinkunft sind die
folgenden Vereinbarungen und engeren Beziehungen von besonderer Bedeutung:
(1) In den 20er und 30er Jahren dieses Jahrhunderts stellte die Kirche von England mit den
lutherischen Kirchen von Schweden und Finnland, Lettland und Estland Interkommunion her.
43
Dies umschloss gegenseitige eucharistische Gastfreundschaft und die Erlaubnis zu predigen
und bei der Eucharistie zu assistieren. Bischöfe der Kirche von England und der Kirchen von
Schweden und Finnland haben von Zeit zu Zeit an Ordinationen von Bischöfen gegenseitig
teilgenommen. Ferner gibt es seit den 50er Jahren offizielle gegenseitige eucharistische
Gastfreundschaft zwischen der Kirche von England und den Kirchen von Norwegen,
Dänemark und Island. In den Vereinigten Staaten von Amerika vollzogen lutherische und
bischöfliche Kirchen (Protestantische Episkopalkirche der Vereinigten Staaten von Amerika)
im Jahre 1986 den Schritt zur "eucharistischen Gemeinschaft ad interim".
(2) In ähnlicher Weise sind Anglikaner und Reformierte an einer Reihe nationaler
Einigungsverhandlungen in verschiedenen Teilen der Welt beteiligt. Diese hatten bereits
unterschiedliche Grade eucharistischer Gemeinschaft in den USA und in Wales zur Folge. In
den Vereinigten Kirchen auf dem indischen Subkontinent sind beide Konfessionen
zusammengetroffen. In England leben Anglikaner und Reformierte und in einem Fall auch
Lutheraner gemeinsam in örtlichen ökumenischen Projekten, in denen sie gemeinsam leben,
Gottesdienst halten und an einem Amt teilhaben. An einigen Orten schließt dies die
gemeinsame geistliche Leitung "oberhalb" der örtlichen Ebene ein.
(3) Die Kirche von England, die Evangelische Kirche in Deutschland und der Bund der
Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik haben enge Beziehungen
zu den Altkatholiken. Die Kirche von England stellte mit den Kirchen der Utrechter Union
durch die Bonner Vereinbarung von 1931 Interkommunion her. Die Gliedkirchen der
Evangelischen Kirche in Deutschland und des Bundes der Evangelischen Kirchen in der
Deutschen Demokratischen Republik und die Altkatholische Kirche in der Bundesrepublik
Deutschland und in der Deutschen Demokratischen Republik gewähren sich gegenseitig
eucharistische Gastfreundschaft.
(4) Lutherische, reformierte und unierte Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland, in der
Deutschen Demokratischen Republik und im Vereinigten Königreich gehören zur
Leuenberger Konkordie Reformatorischer Kirchen in Europa, die "Kanzel- und
Abendmahlsgemeinschaft" erklärt. Im Jahre 1987 nahmen auch die Evangelisch-
Methodistische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland und die Gliedkirchen der
Evangelischen Kirche in Deutschland "Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft" auf.
Entsprechende Vorschläge liegen gegenwärtig den Kirchen in der Deutschen Demokratischen
Republik vor.
V. Einigkeit im Glauben
14. Unsere Empfehlungen unter Nr. 17 gründen sich auf die vereinbarten Erklärungen
zwischen Vertretern der Kirchen der Anglikanischen Gemeinschaft und des Lutherischen
Weltbundes und der Kirchen der Anglikanischen Gemeinschaft und des Reformierten
Weltbundes; und - auf der europäischen Ebene - zwischen Vertretern anglikanischer und
lutherischer Kirchen in Europa(5) . Neben diese vereinbarten Erklärungen gehören der
Bericht der Kommission des Ökumenischen Rates der Kirchen für Glauben und
Kirchenverfassung über Taufe, Eucharistie und Amt(6) und die Berichte anglikanischer,
lutherischer und reformierter Dialoge mit der Römisch-Katholischen Kirche. Alle diese
vereinbarten Texte befinden sich noch im Zustimmungs- und Rezeptionsprozess unserer
Kirchen. Sie alle zeigen eine bemerkenswerte innere Übereinstimmung, die darauf hindeutet,
dass sich die Kirchen aufeinander zu bewegen.
44
15. Als ein Ergebnis dieser Dialoge sind die Kirche von England, der Bund der Evangelischen
Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik mit seinen Gliedkirchen und die
Evangelische Kirche in Deutschland in der Bundesrepublik Deutschland mit ihren
Gliedkirchen jetzt in der Lage, in folgenden Punkten Übereinstimmung festzustellen:
(1) Wir erkennen die Autorität der kanonischen Schriften des Alten und Neuen Testamentes
an. Unsere gottesdienstlichen Schriftlesungen richten sich nach der Ordnung des
Kirchenjahres(7) .
(2) Wir erkennen das Nicäno-Konstantinopolitanische und das Apostolische
Glaubensbekenntnis an und bekennen die grundlegenden trinitarischen und christologischen
Dogmen, welche diese Glaubensbekenntnisse bezeugen. Das heißt: Wir glauben, dass Jesus
von Nazareth wahrer Gott und wahrer Mensch ist und dass Gott ein Gott in drei Personen,
Vater, Sohn und Heiliger Geist, ist(8) .
(3) Wir feiern den apostolischen Glauben in der gottesdienstlichen Liturgie. Liturgie ist für
uns die Feier des Heils durch Christus und ein bedeutsamer Faktor beim Zustandekommen
des consensus fidelium. Wir freuen uns über das Ausmaß "der Gemeinsamkeit unserer
Tradition in der Spiritualität, Liturgie und im sakramentalen Leben", die uns ähnliche Formen
des Gottesdienstes, gemeinsame Texte, Lieder, biblische Lobgesänge und Gebete gebracht
hat. Wir sind durch eine gemeinsame liturgische Erneuerung beeinflusst. Aber wir freuen uns
auch über die Vielfalt der Ausdrucksformen, die sich bei unterschiedlichen kulturellen
Bedingungen zeigen(9) .
(4) Wir glauben, dass die Taufe mit Wasser im Namen des Dreieinigen Gottes den Getauften
mit dem Tod und der Auferstehung Jesu Christi vereint, die Aufnahme in die Eine, Heilige,
Katholische und Apostolische Kirche vermittelt und die Gnadengabe neuen Lebens im Geist
vermittelt(10) .
(5) Wir glauben, dass die Feier des Herrenmahles das von Jesus Christus eingesetzte Fest des
Neuen Bundes ist, bei welchem das Wort Gottes verkündigt wird und in welchem der
auferstandene Christus seinen Leib und sein Blut unter den sichtbaren Zeichen von Brot und
Wein der Gemeinde gibt. "Im Geschehen des Herrenmahles ist Christus wahrhaft
gegenwärtig, um sein Leben in der Auferstehung mit uns zu teilen und uns mit ihm in seiner
Selbsthingabe an den Vater zu vereinen, jenem einen vollständigen, vollkommenen und
genügenden Opfer, das er allein bringen kann und ein für allemal gebracht hat"(11) . In dieser
Feier erfahren wir die Liebe Gottes und die Vergebung der Sünden In Jesus Christus und
verkündigen seinen Tod und seine Auferstehung, bis er wiederkommt und sein Reich zur
Vollendung bringt(12) .
(6) Wir glauben und verkündigen das Evangelium, dass in Jesus Christus Gott die Welt liebt
und erlöst. Wir "besitzen ein gemeinsames Verständnis von Gottes rechtfertigender Gnade, d.
h. dass wir für gerecht gehalten und gerechtfertigt vor Gott allein aus Gnade durch Glauben
aufgrund des Verdienstes unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus sind und nicht in
Ansehung unserer Werke oder Verdienste... Unsere beiden Konfessionen bestätigen, dass die
Rechtfertigung zu ‘guten Werken‘ führt und führen muss; echter Glaube bringt Liebe
hervor"(13)
(7) Wir glauben, dass die Kirche von dem Dreieinigen Gott durch Gottes Heilshandeln in
Wort und Sakramenten gegründet ist und erhalten wird und nicht das Werk der einzelnen
Gläubigen ist. Wir glauben, dass die Kirche in die Welt als Zeichen, Werkzeug und
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Vorgeschmack des Reiches Gottes gesandt ist. Aber wir erkennen ebenso an, dass die Kirche
ständig der Reform und Erneuerung bedarf(14) .
(8) Wir glauben, dass alle Glieder der Kirche zur Teilnahme an ihrer apostolischen Sendung
berufen sind. Ihnen sind daher vom Heiligen Geist vielfältige Ämter gegeben. Innerhalb der
Gemeinschaft der Kirche besteht das ordinierte Amt, um dem Amt des ganzen Volkes Gottes
zu dienen. Wir meinen, dass das ordinierte Amt des Wortes und Sakramentes eine Gabe
Gottes an seine Kirche und daher ein Amt göttlicher Einsetzung ist(15) .
(9) Wir glauben, dass ein in personaler, kollegialer und gemeinschaftlicher Weise ausgeübtes
Amt pastoraler Aufsicht (Episkope) nötig ist, um die Einheit und Apostolizität der Kirche zu
bezeugen und zu schützen(16) .
(10) Wir haben eine gemeinsame Hoffnung auf die endgültige Vollendung des Gottesreiches
und glauben, dass wir in dieser eschatologischen Sicht berufen sind, jetzt für die Förderung
von Gerechtigkeit und Frieden zu arbeiten. Das Gottesreich muss verbindlich werden und
unser Leben in der Kirche und unsere Sorge für die Welt regieren. "Es ist christlicher Glaube,
dass Gott in Jesus ‘durch sein Blut am Kreuz‘ (Kol. 1, 20) Frieden gemacht und damit die
eine verbindliche Mitte für die Einheit der ganzen menschlichen Familie gesetzt hat"(17) .
16. 0bwohl lutherische, reformierte und unierte Kirchen in zunehmendem Maße bereit sind,
die bischöfliche Sukzession "als ein Zeichen der Apostolizität des Lebens der ganzen Kirche"
zu würdigen, meinen sie, dass diese besondere Form der Episkope nicht eine notwendige
Bedingung für "volle, sichtbare Einheit" werden sollte. Das anglikanische Verständnis voller,
sichtbarer Einheit schließt den historischen Episkopat und volle Austauschbarkeit der Pfarrer
ein. Wegen dieses bleibenden Unterschiedes führt unsere gegenseitige Anerkennung der
beiderseitigen Ämter noch nicht zur vollen Austauschbarkeit der Pfarrer. "Aber auch dieser
bleibende Unterschied kann im Lichte unserer Übereinstimmungen und Annäherungen nicht
als ein Hindernis für engere Gemeinschaft zwischen unseren Kirchen angesehen werden"(18)
.
VI. Gegenseitige Anerkennung und nächste Schritte
17. Wir empfehlen, dass unsere Kirchen gemeinsam die folgende Erklärung abgeben:
18. Die vorstehende Erklärung tritt in Kraft, wenn sie von der Kirche von England, dem Bund
der Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik und der
Evangelischen Kirche in Deutschland gemäß deren intern geltenden Vorschriften und
Verfahrensweisen angenommen ist. Wir empfehlen unseren Kirchen, dieser Verpflichtung, an
gemeinsamem Leben und gemeinsamer Sendung teilzunehmen und nach voller, sichtbarer
Einheit zu streben, gottesdienstlich Ausdruck zu verleihen.
19. Die Ausführung der Vorschläge in dieser Erklärung wird einen wichtigen Abschnitt in
dem Wachstum auf volle, sichtbare Einheit der Kirche hin bedeuten. Wir wissen, dass über
dieses Engagement hinaus ein Schritt folgt, die Kirchen und Ämter nicht nur anzuerkennen,
sondern innerhalb der weiteren Gemeinschaft der universalen Kirche zum vollen Einklang zu
bringen.
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Anhang B - DIE MEISSENER ERKLÄRUNG
"Wir, die Kirche von England, der Bund der Evangelischen Kirchen in der Deutschen
Demokratischen Republik mit seinen Gliedkirchen und die Evangelische Kirche in
Deutschland mit ihren Gliedkirchen verpflichten uns auf der Grundlage unserer Teilhabe an
dem gemeinsamen apostolischen Glauben und im Lichte dessen, was wir von unserer
gemeinsamen Geschichte und unserem gemeinsamen Erbe wiederentdeckt haben, wie dies in
den Kapiteln I bis V zum Ausdruck gekommen ist, gemeinsam nach der vollen, sichtbaren
Einheit zu streben.
A 1) Wir erkennen unsere Kirchen gegenseitig als Kirchen an, die zu der Einen, Heiligen,
Katholischen und Apostolischen Kirche Jesu Christi gehören und an der apostolischen
Sendung des ganzen Volkes Gottes wahrhaft teilhaben;
(2) wir erkennen an, dass in unseren Kirchen das Wort Gottes authentisch gepredigt wird und
die Sakramente der Taufe und des Herrenmahls recht verwaltet werden;
(3) wir erkennen unsere ordinierten Ämter gegenseitig als von Gott gegeben und als
Werkzeuge seiner Gnade an und freuen uns auf die Zeit, wenn sich unsere Kirchen in vollem
Einklang befinden werden und damit die volle Austauschbarkeit der Geistlichen möglich sein
wird;
(4) wir erkennen an, dass personale und kollegiale geistliche Aufsicht (Episkope) in unseren
Kirchen in einer Vielfalt von bischöflichen und nichtbischöflichen Formen als ein sichtbares
Zeichen der Einheit der Kirche und der Kontinuität des apostolischen Lebens, der
apostolischen Sendung und de apostolischen Amtes verkörpert und ausgeübt wird.
B Wir verpflichten uns zur Teilnahme an gemeinsamem Leben und gemeinsamer Sendung.
Wir werden alle möglichen Schritte zu engerer Gemeinschaft auf so vielen Gebieten
christlichen Lebens und Zeugnisses wie möglich unternehmen, so dass alle unsere Mitglieder
gemeinsam auf dem Weg zu voller, sichtbarer Einheit voranschreiten mögen.
Als nächste Schritte vereinbaren wir:
(1) offizielle theologische Gespräche zwischen unseren Kirchen fortzusetzen, zur Rezeption
der bereits erreichten theologischen Übereinstimmung und zur Annäherung zu ermutigen und
an der Überwindung der zwischen uns noch bestehenden Unterschiede zu
arbeiten; (Diese Schritte bedürfen getrennter Vereinbarungen zwischen der Kirche von
England und dem Bund der Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen
Republik und zwischen der Kirche von Englang und der Evangelischen Kirche in
Deutschland).
(2) Formen gemeinsamer geistlicher Aufsicht zu schaffen, so daß unsere Kirchen regelmäßig
miteinander wichtige Angelegenheiten von Glauben und Kirchenverfassung sowie des
praktischen Christentums beraten können (Diese Schritte bedürfen getrennter Vereinbarungen
zwischen der Kirche von England und dem Bund der Evangelischen Kirchen in der Deutschen
Demokratischen Republik und zwischen der Kirche von England und der Evangelischen
Kirche in Deutschland).
(3) gegenseitig an unseren Gottesdiensten, einschließlich Taufe, Herrenmahl und
Ordinationen, teilzunehmen;
47
(4) dass ordnungsgemäß berufene Geistliche unserer Kirchen gemäß den kirchlichen
Regelungen und im Rahmen ihrer Befugnisse in Gemeinden der anderen Kirchen, wenn dies
erbeten wird, die Aufgaben ihres eigenen Amtes wahrnehmen dürfen;
wenn diese Aufgaben nicht nur bei einer einzelnen Gelegenheit, sondern für längere Zeit
ausgeübt werden sollen, so ist eine Einladung der zuständigen Kirchenbehörde für die
Ausübung dieser Aufgaben erforderlich.
(5) dass die Kirche von England die Mitglieder der Gliedkirchen des Bundes der
Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik und der Gliedkirchen der
Evangelischen Kirche in Deutschland einlädt, das Heilige Abendmahl nach der Ordnung der
Kirche von England zu empfangen; die Gliedkirchen des Bundes der Evangelischen Kirchen
in der Deutschen Demokratischen Republik und die Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in
Deutschland laden die Mitglieder der Kirche von England ein, das Heilige Abendmahl nach
ihren geltenden Ordnungen zu empfangen. Wir ermutigen die Mitglieder unserer Kirchen, die
ihnen angebotene eucharistische Gastfreundschaft anzunehmen und dadurch ihre miteinander
bestehende Einheit in dem einen Leib Christi zum Ausdruck zu bringen;
(6) dass, wann immer sich das Volk Gottes in unseren Kirchen zum Abendmahlsgottesdienst
versammelt, die ordinierten Geistlichen unserer Kirchen - gemäß deren Bestimmungen - das
Herrenmahl in einer Weise gemeinsam feiern, die über gegenseitige eucharistische Gast-
freundschaft hinausgeht, aber noch nicht die volle Austauschbarkeit der Geistlichen
erreicht.** (Konzelebration im Sinne von gemeinsamer Konsekration wird weder durch Worte
noch durch Gesten in Betracht gezogen). Solche eucharistische Gemeinschaft lässt die
Gegenwart zweier oder mehrerer Kirchen erkennen, die ihre Einheit im Glauben und in der
Taufe zum Ausdruck bringen und glaubhaft machen, dass wir auch weiterhin darum bemüht
sind, die Einheit der Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche sichtbar zu
machen und dass wir in solcher eucharistischer Gemeinschaft mit dem Einen Herrn Jesus
Christus einander auf dem Wege zu diesem Ziel stärken und ermutigen;
Der Abendmahlsgottesdienst wird von einem ordinierten Geistlichen geleitet. Nur diese
Person darf das eucharistische Gebet sprechen.
In dem eucharistischen Gebet sind die Einsegnungsworte verbunden mit der
Danksagung an den Vater, der Erinnerung an das Heilswerk Christi (Anamnese) und der
Anrufung des Heiligen Geistes (Epiklese).
In solchen Gottesdiensten sollte die Ordnung gelten, die von der Kirche des leitenden
Geistlichen autorisiert ist.
Die Verabredungen für die Liturgie einschließlich der Zuteilung der verschiedenen Teile
des Gottesdienstes sollten sich nach den örtlichen Umständen und Traditionen richten.
Ein angemessener Umgang mit den nach der Feier übrig bleibenden Gaben ist geboten.
"Jede Kirche (sollte) die Praxis und Frömmigkeit der anderen respektieren...Die
Achtung für die in der Eucharistie verwandten Elemente (bringt man) am besten
dadurch zum Ausdruck, dass man sie verzehrt, ohne dabei ihren Gebrauch für das
Krankenabendmahl auszuschließen."
Geistliche sollten die ihrer Tradition angemessene Amtstracht tragen.
(7) dass es ein Ausdruck der Verpflichtung unserer Kirchen zur Einheit und Apostolizität der
Kirche ist, wenn ein Bischof oder Pfarrer eine Einladung zur Teilnahme an einer Ordination
in einer anderen Kirche annimmt.
48
Bis wir ein gemeinsames, in vollem Einklang befindliches Amt haben, kann eine solche
Teilnahme an einer Ordination keine Handlungen einschließen, welche durch Worte oder
Gesten darauf schließen lassen könnten. dass solches bereits erreicht sei.
Für die Kirche von England bedeutet dies, dass ein beteiligter Bischof oder Priester nicht
durch Handauflegung oder auf andere Weise eine Handlung vornehmen darf, welche als
Zeichen der Übertragung des anglikanischen Priesteramtes (Holy Orders) gilt. Er darf an einer
davon getrennten Handauflegung als Segenshandlung teilnehmen.
Anhang C - AUSFÜHRUNGEN
der in der Meissener Erklärung vereinbarten Schritte durch die Church of England und
die Evangelische Kirche in Deutschland - 2. Februar 1991
In der in der Meissener Gemeinsamen Feststellung empfohlenen gemeinsamen Erklärung (die
"Meissener Erklärung") haben die Church of England und die Evangelische Kirche in
Deutschland mit ihren Gliedkirchen (im folgenden "die beteiligten Kirchen" genannt) sich
"zur Teilnahme an gemeinsamem Leben und gemeinsamer Sendung" sowie dazu verpflichtet,
"alle möglichen Schritte zu engerer Gemeinschaft auf so vielen Gebieten christlichen Lebens
und Zeugnisses wie möglich zu unternehmen, so dass alle unsere Mitglieder gemeinsam auf
dem Weg zu voller, sichtbarer Einheit voranschreiten mögen" (Meissener Erklärung B). Zu
diesem Zwecke vereinbaren die beteiligten Kirchen jetzt weitere praktische Schritte.
PARTNERSCHAFTEN
1. Die beteiligten Kirchen werden Gemeinden, Gruppen von Gemeinden, Kirchenkreise,
Landeskirchen (Diözesen), Kathedralen und übergemeindliche kirchliche Werke und
Einrichtungen ermutigen, in Partnerschaften mit entsprechenden Partnern der jeweils anderen
Kirche einzutreten. Zu solchen Partnerschaften gehören Besuche und Austausch von
Gemeindegliedern und Pfarrern (in Gruppen oder als Einzelpersonen), Austausch von
Informationen, gemeinsamer Gottesdienst, gemeinsames Gebet und gemeinsame geistliche
Besinnung sowie gemeinsame Diskussionen über Fragen allgemeinen Interesses. Die Church
of England und die Evangelische Kirche in Deutschland werden ihre Diözesen und
Gliedkirchen ermutigen, bei der Finanzierung und anderweitigen Ausstattung solcher
Partnerschaften behilflich zu sein.
2. Wo zwischen einer der beteiligten Kirchen und einer anderen Kirche in Deutschland oder
England örtliche Partnerschaften bestehen, wird zu einer Erweiterung solcher Partnerschaften
unter Einbeziehung jeweils der Church of England oder der Evangelischen Kirche in
Deutschland ermutigt. Entsprechend werden auch andere Kirchen und Christen ermutigt, sich
an Partnerschaften im Rahmen dieser Vereinbarung zu beteiligen.
AUSTAUSCH VON PFARRERN UND KIRCHLICHEN MITARBEITERN
3. Die beteiligten Kirchen werden den Austausch von Pfarrern und anderen kirchlichen
Mitarbeitern ermöglichen und dazu ermutigen und angemessene Bedingungen für Teilnehmer
an der Pfarrerfortbildung oder beruflichen Fortbildung schaffen.
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4. Für den Austausch und die Einweisung muß in jedem Falle die Genehmigung der
zuständigen Kirchenbehörde eingeholt werden. Im Falle der Evangelischen Kirche in
Deutschland ist dies die Leitung der betreffenden Gliedkirche; die Aufgaben im öffentlichen
Gottesdienst werden in Übereinstimmung mit den liturgischen Vorschriften dieser Kirche
wahrgenommen. Im Falle der Church of England ist die Genehmigung des Bischofs der
Diözese erforderlich, und die Aufgaben im öffentlichen Gottesdienst werden in
Übereinstimmung mit dem kanonischen Recht der Church of England wahrgenommen.
THEOLOGISCHE AUSBILDUNGSSTÄTTEN UND STUDENTEN
5. Es wird zur Einrichtung von Partnerschaften zwischen einzelnen Colleges und Kursen der
Church of England und einzelnen protestantischen theologischen Ausbildungsinstituten und
Kollegs in Deutschland ermutigt. Zu solchen Partnerschaften können Gruppenbesuche,
Einzelbesuche und Gastfreiheit, Austausch von Studenten und Dozenten sowie gemeinsame
Konferenzen und Konsultationen über die Arbeit und über Ausbildungsmethoden gehören.
Die beteiligten Kirchen werden sich darum bemühen, ihren Ausbildungseinrichtungen und
Kollegs bei der Aufbringung der Mittel für solche Partnerschaften behilflich zu sein.
6. Zur Einrichtung von Stipendien und Programmen für einen regelmäßigen Austausch von
Theologiestudenten soll ebenfalls ermutigt werden; diese sollen auch für Studenten an
Universitäten, an Kirchlichen Hochschulen und an Kursen, die nicht an einer speziellen
Partnerschaft beteiligt sind, offen sein.
BIBLIOTHEKEN
7. Die Church of England und die Evangelische Kirche in Deutschland werden sich
gegenseitig bei der Einrichtung einer Bibliothek für anglikanische Studien in Deutschland und
einer Bibliothek für deutsche protestantische Studien in England unterstützen. Die
Bibliotheken werden in einer besonderen Ausbildungsstätte oder Einrichtung untergebracht,
sollen aber der ganzen Kirche dienen.
KONFERENZEN
8. Die Church of England, die Evangelische Kirche in Deutschland und der Bund der
Evangelischen Kirchen werden eine fortlaufende Reihe offizieller Konferenzen von
Theologen und Fachleuten über verschiedene Aspekte des Glaubens und der
Kirchenverfassung, des Lebens und der Arbeit der Kirche durchführen. Diese Konferenzen
sollen zur Rezeption des bereits erreichten theologischen Konsenses und der erreichten
Konvergenz ermutigen und an der Überwindung der zwischen den beteiligten Kirchen noch
bestehenden Unterschiede arbeiten. (Meissener Erklärung B (1)
SCHRITTE ZU GEMEINSAMER GEISTLICHER AUFSICHT
9. Einmal während der Amtszeit jedes Rates wird die Evangelische Kirche in Deutschland die
Generalsynode der Church of England einladen, eine Delegation zum Besuch der
Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Gliedkirchen zu entsenden. Der Delegation
soll mindestens je ein Mitglied der Häuser der Bischöfe, der Kleriker und der Laien in der
Generalsynode angehören; ferner ein Mitglied des Standing Committee und nach Möglichkeit
einer der Präsidenten der Generalsynode. Einmal während der Amtszeit jeder Generalsynode
50
wird die Church of England die Evangelische Kirche in Deutschland einladen, eine
Delegation zum Besuch der Church of England zu entsenden. Der Delegation sollen
Mitglieder des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, nach Möglichkeit sein
Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender und mindestens je ein Bischof, ein
Geistlicher und ein Laie als Mitglieder der Synode oder Kirchenkonferenz der Evangelischen
Kirche in Deutschland angehören.
10. Das Haus der Bischöfe der Church of England wird mindestens einmal innerhalb von fünf
Jahren den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland einladen, eine Person mit
bischöflichen Aufgaben in einer der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland
zur Teilnahme mit Rederecht, aber ohne Stimmrecht, an einem "residential meeting" des
Hauses der Bischöfe der Generalsynode zu benennen. Die Evangelische Kirche in
Deutschland wird mindestens einmal während der Amtszeit ihres Rates einen Bischof der
Church of England zur Teilnahme mit Rederecht, aber ohne Stimmrecht, an einer Sitzung der
Kirchenkonferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland einladen. (Meissener Erklärung
B(2)).
EVANGELISCHE SYNODE DEUTSCHER SPRACHE IN GROSSBRITANNIEN;
DIOCESE IN EUROPE
11. Es wird zur Zusammenarbeit zwischen der Church of England und der Evangelischen
Synode Deutscher Sprache in Großbritannien und ebenso zwischen der Evangelischen Kirche
in Deutschland und der Diocese in Europe ermutigt.
INSTRUMENTE GEMEINSAMEN HANDELNS
12. Für die Zusammenarbeit in Erfüllung ihres gemeinsamen Auftrages können die Church of
England und die Evangelische Kirche in Deutschland gemeinsam und auch zusammen mit
anderen Kirchen Agenturen oder Büros einrichten, Kommissionen, Ausschüsse oder
Sonderpfarrämter organisieren oder ähnliche andere Vorhaben durchführen. Falls nichts
anderes vereinbart, werden solche gemeinsamen Aktivitäten in der Zuständigkeit des
Gemeinsamen Ausschusses stattfinden.
13. Die Bedingungen im einzelnen sollen in jedem Falle besonders vereinbart werden. Falls
nicht anders vereinbart, werden die Kosten solcher gemeinsamen Aktivitäten zu gleichen
Teilen getragen.
DER GEMEINSAME AUSSCHUSS
14. Mit Wirkung vom 1.3.1991 werden die Church of England und die Evangelische Kirche
in Deutschland einen Gemeinsamen Ausschuss bilden. Seine Aufgabe ist es, die
Durchführung der Meissener Erklärung und der vorgenannten Schritte zu beobachten und die
beteiligten Kirchen zu ermutigen, alle möglichen Schritte zu engerer Gemeinschaft auf dem
Wege zu voller, sichtbarer Einheit zu unternehmen.
51
15. Der Ausschuss besteht aus den folgenden Mitgliedern:
ein Bischof der Church of England als Ko-Vorsitzender,
ein Geistlicher der Church of England,
ein Laienmitglied der Church of England
(alle für einen Zeitraum von fünf Jahren von den Erzbischöfen von Canterbury und York auf
Empfehlung des Council for Christian Unity der Generalsynode berufen);
ein Bischof oder gleichrangiger Geistlicher der Evangelischen Kirche in Deutschland als Ko-
Vorsitzender,
ein Geistlicher der Evangelischen Kirche in Deutschland,
ein Laienmitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland
(alle vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland für einen Zeitraum von fünf Jahren
berufen).
16. Ein/e Mitarbeiter/in des Council for Christian Unity der Generalsynode und ein/e
Mitarbeiter/in der Europa-Abteilung des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in
Deutschland sind gemeinsam als Sekretäre des Gemeinsamen Ausschusses tätig.
17. Der Gemeinsame Ausschuss soll mindestens einmal jährlich, abwechselnd auf Einladung
der Church of England und der Evangelischen Kirche in Deutschland, zusammenkommen. In
der Regel wird jede Kirche die Reisekosten ihrer eigenen Vertreter bezahlen, während alle
anderen Kosten von der gastgebenden Kirche getragen werden.
18. Zu den Aufgaben des Gemeinsamen Ausschusses gehört es,
a) Leitlinien und Empfehlungen zur Durchführung der unter B(1) - (7) der Meissener
Erklärung vereinbarten Schritte zu geben und die Praxis der Diözesen der Church of England
und der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland zu koordinieren;
b) nach Bedarf Fragen von Glauben und Kirchenverfassung sowie des praktischen
Christentums gemeinsam zu beraten und auszutauschen;
c) die beteiligten Kirchen an ihre ökumenische Verantwortung zu erinnern, wenn sie im
Begriff sind, Schritte zu unternehmen, welche ihre Partnerkirche berühren könnten;
d) einen ausführlichen und regelmäßigen Austausch von Informationen zwischen den
beteiligten Kirchen sicherzustellen;
e) Themen und Fragen für die beteiligten Kirchen zur gemeinsamen Überlegung in
Konsultationen und Konferenzen im Rahmen dieser Vereinbarung zu formulieren.
19. Jeweils gegen Ende eines 5-Jahres-Zeitraumes wird der Gemeinsame Ausschuss den
Fortschritt, den die beteiligten Kirchen während dieses Zeitraumes auf dem Weg zu sichtbarer
Einheit gemacht haben, und die Einhaltung ihrer Zusagen überprüfen. Gleichzeitig wird der
Ausschuss dieses Papier überprüfen und wünschenswerte Änderungen oder Ergänzungen
vorschlagen.
52
20. Der englische und der deutsche Wortlaut dieser Erklärung sind in gleicher Weise
maßgebend.
Berlin, am 2. Februar 1991
Für die Evangelische Kirche in Deutschland:
Der Präsident des Kirchenamtes
gez. Otto Frhr. v. Campenhausen
For the Church of England:
The Secretary-General of the General Synod
gez. Philip Mawer
Anhang D - Beziehung zwischen Landeskirchen und Diözesen
Aktuelle Liste der Partnerschaften
1. KATHEDRALEN / ZENTRALE KIRCHEN
Coventry Dresden Frauenkirche*
Durham Lübeck
Ely Hamburg
Ely Schleswig
Worchester Magdeburg
Bristol Hannover *
2. DIÖZESEN, LANDESKIRCHEN UND KIRCHENKREISE
Birmingham Frankfurt, Hessen & Nassau
Blackburn Braunschweig
Bradford Erfurt, Kirchenprovinz Sachsen
Bristol Nürnberg, Bayern
Canterbury Lörrach und Tegernau, Kirchenkreis
Chelmsford Hildesheim, Hannover
Chichester Bayreuth, Bayern und Ried, Hessen-Nassau
Coventry Dresden, Sachsen
Derby Osnabrück, Hannover
Durham Nordelbien und Moers, Rheinland
Ely Nordelbien
Gloucester Hannover
Greater Manchester Dortmund, Rheinland
Guildford Freiburg, Baden
Hereford Nürnberg, Bayern
Lichfield Mecklenburg
Lincoln Klöden, Sachsen
Liverpool Köln, Rheinland und Überlingen-Stockach, Bayern
London Berlin-Brandenburg
London Willesden Chemnitz I/II, Sachsen
London (Pinner) Bielefeld, Westfalen
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Manchester Chemnitz I, Sachsen
Manchester/Salford Lünen, Westfalen
Manchester/Stretford Leipzig, Sachsen
Milton Keynes (Oxford) Leipzig, Sachsen
Norwich Koblenz, Rheinland und Haltern, Westfalen
Oxford Bonn, Rheinland
Oxford (Reading) Düsseldorf, Rheinland
Peterborough Prenzlau, Berlin-Brandenburg
Sheffield Hattingen-Witten, Westfalen
Sodor and Man Niederlauken, Hessen-Nassau
Worcester (Dudley) Hannover, Bremen und Leipzig, Sachsen
* Die Partnerschaften Coventry/Dresden und Bristol/Hannover gab es bereits vor
Unterzeichnung der Meissen Erklärung.
3. LOKALE ÖKUMENISCHE PARTNERSCHAFTEEN (LEPs)
- Diözese Ely und Kirchenkreis Südtondern, Nordelbische Evang. Luth. Kirche, besonders mit
den Gemeinden Braderup und Klixbüll, seit Oktober 2005
- Colne and Villages Team Ministry Parish (Diözese Blackburn) und Gesamtpfarrverband
Süd-Asse (Ev. Luth. Landeskirche Braunschweig), seit September 2006
- Gemeinde St. Chads‘s Poulton-le-Fylde (Diözese Blackburn) und Kirchengemeinde Flöthe
(Ev. Luth. Landeskirche Braunschweig)
Außerdem gibt es weitere partnerschaftliche Verbindungen zwischen Gemeinden,
Institutionen und Gemeinden der Synode Deutscher Sprache in Großbritannien und der
Kirche von England
Beratung für den Aufbau und die Gestaltung von Partnerschaftsbeziehungen ist möglich beim
Kirchenamt der EKD
Referat West- und Nordeuropa
Herrenhäuser Str. 12
D-30419 Hannover
Tel. 0049-(0)511-2796-127
E-mail: [email protected]
Anhang E - COMMUNIQUE DER FÜNFTEN THEOLOGISCHEN KONFERENZ
NACH DER MEISSENER ERKLÄRUNG, FOXHILL KONFERENZ-ZENTRUM IN
FRODSHAM, CHESHIRE, 6.-9. SEPTEMBER 2005
'CHRSTLICHE INITIATION UND MISSION IN EINER POSTCHRISTLICHEN
GESELLSCHAFT'
54
A. Einführung
1. Auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung der EKD und der Kirche von England
als "der Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche Jesu Christi" zugehörig und
wahrhaft an der apostolischen Sendung des gesamten Volkes Gottes teilhabend (Meissener
Erklärung 1991, Sektion A (1)), haben unsere Kirchen sich in der Meissener Erklärung zur
Teilnahme an gemeinsamem Leben und gemeinsamer Sendung verpflichtet. Vor diesem
Hintergrund wurden die Gespräche über "Christliche Initiation und Mission in einer
postchristlichen Gesellschaft" geführt. Das Thema der Konferenz bot einen Anstoß, die
gemeinsame Sendung und das gemeinsame Leben unserer Kirchen im Hinblick auf die
praktischen Herausforderungen zu bedenken, die ihnen in ihrem Alltag begegnen und den
Möglichkeiten für eine ökumenische Zusammenarbeit im Rahmen einer praktisch-
ökumenischen Theologie nachzugehen.
2. Die Konferenz war eine Gelegenheit für einen fruchtbaren und konstruktiven Austausch
über die folgenden Themen
- die religiöse Situation unserer Gesellschaft
- den Ort der Kirche in dieser Gesellschaft
- die Weise, wie die Konfirmationspraxis sich zur religiösen Situation im allgemeinen
verhält und wie sie insbesondere den Ort der Kirche bestimmt.
3. Besondere Bedeutung wurde dem Verhältnis zwischen der katechetischen Vorbereitung auf
die Konfirmation als der religiösen Erziehung und dem Konfirmationsritus als Teil dem
liturgischen Leben der Kirche zugehörig zugemessen. Beide Aspekte wurden in engem
Zusammenhang mit den dogmatischen Anliegen gesehen, die das Verständnis und die Praxis
der Konfirmation in unseren Kirchen geprägt haben.
B. Die Themen der Referate
Das übergeordnete Thema wurde von vier Perspektiven aus angegangen.
1. Die soziale und pastorale Perspektive
Die Referate von Carsten Haeske über Konfirmation in Ostdeutschland und Martyn Percy
über Die Taufe als kulturelles Gespräch: Wege einer impliziten Theologie bezogen sich auf
die Frage, wie die Konfirmation sowohl als Vorbereitungsprozess als auch im
Konfirmationsritus selbst in Beziehung zur allgemeinen Situation der christlichen Kirchen
steht. Die Gestaltung des Unterrichts und der Vollzug der Konfirmation spiegeln die religiöse
Situation der Gesellschaft wider.
Carsten Haeske hat den sozialen Kontext der Kirchen in Ostdeutschland nach der
Wiedervereinigung in den Blick genommen. Er stellte fest, dass die Konfirmation in einer
Zeit des Umbruchs durch politische und kulturelle Veränderungen in Konkurrenz zur
Jugendweihe steht (eine Zeremonie, die in der DDR als Ersatz für die Konfirmation
eingeführt wurde). Die Jugendweihe hat den Niedergang des sozialistischen Systems überlebt,
da sie eine Reihe der sozialen Bedürfnisse der Jugendlichen und ihrer Familien erfolgreich
aufnimmt. Da den Jugendlichen eine immer größere Vielfalt an Riten angeboten wird, müssen
die Kirchen die sozialen Bedürfnisse aller Beteiligten mit bedenken und attraktive Formen der
Begleitung von Jugendlichen auf ihrem Lebensweg entwickeln, damit jene Gott als
'"zuverlässige Wirklichkeit" entdecken können.
Martyn Percy stellte Bezug her zwischen Initiation und den verschiedenen Formen impliziter
Religion und impliziter Theologie, wie sie von Religionssoziologen mit Blick auf die
55
englische Situation erkannt wird. Seiner Meinung nach sollte die Initiationspraxis mit den
verschiedenen Ausdrucksformen impliziter Religion und mit den Formen impliziter Theologie
verbunden werden, die außerhalb und – zu einem gewissen Grad – auch innerhalb der Kirche
entstanden sind, zusätzlich zu den formalen kirchlichen Handlungen. Er schlug vor, die
Konfirmation als eine Art kulturellen Dialog zu sehen, bei dem die Präsentation der Inhalte
des christlichen Glaubens in Wechselwirkung mit den Tendenzen impliziter Religion steht.
2. Christliche Initiation als ganzheitlicher Prozess.
Paul Avis behandelte die Frage nach dem Ort der Konfirmation im gesamten Prozess der
christlichen Initiation. In diesem Zusammenhang stellten er (und einige andere
Konferenzteilnehmende) die verbreitete Ansicht von der "Taufe als einer in sich vollständigen
sakramentalen Initiation" in Frage, die entweder eine besondere theologische Rechtfertigung
für die Konfirmation nötig macht oder die Konfirmation vom Initiationsprozess abkoppelt. Er
entwickelte ein Verständnis der christlichen Initiation als eines umfassenden, strukturierten
Prozesses, in dem die Wechselbeziehung zwischen Taufe, Katechese, Konfirmation und
Erstkommunion die Stadien der Aneignung des ganzen Gnadengeschenks Gottes
widerspiegelt.
Friedrich Schweitzers Referat versuchte, den Ort der Konfirmation in der christlichen
Erziehung zu bestimmen, indem er die religiöse Erziehung im Kontext der Konfirmation mit
Formen religiöser Erziehung in anderen Kontexten (Familie, Kindergarten, Schule etc.)
verglich und sie außerdem auf das sich ständig verändernde Verständnis des menschlichen
Lebenszyklus bezog. Wenngleich Konfirmation als Übergansritus in das Erwachsenenalter
verstanden wurde, hat sie diesen Ort aufgrund der sich verändernden Struktur des
Lebenszyklus verloren. Diese Einsicht verlangt nach einem Wechsel von
"Konfirmandenunterricht" (wöchentliche Unterrichtsstunden katechetischer Unterweisung) zu
"Konfirmandenarbeit" (Begleitung Jugendlicher auf ihrem Glaubensweg mit einer Vielfalt
neuer Methoden kind-zentrierten Lernens). Dieser Wechsel entspricht den Forderungen einer
"Kinder-Theologie" und ihrer verschiedenen Aspekte (Theologie der Kindheit, Theologie von
Kindern etc.).
3. Die dritte Perspektive konzentrierte sich auf die Bedeutungen von Konfirmation.
Volker Elsenbast bestimmte Konfirmation als einen Raum, in dem eine Reihe verschiedener
Bedeutungen kommuniziert werden können. Darunter fielen das Verhältnis von Konfirmation
und Taufe, die Zulassung zum Abendmahl, das Glaubensbekenntnis und die Bedeutung der
Segnung der Konfirmanden (einschließlich des Verständnisses der letzteren als eines Segens
fürs Erwachsenenleben).
Thomas Seville stellte die Entwicklung verschiedener Bedeutungen von Konfirmation in der
Kirche von England dar, von der Reformation zu den neuen Common Worship Initiations-
Gottesdiensten. Seville nannte eine Reihe verschiedener Interpretationen von Konfirmation in
der Kirche von England:
Ratifizierung des Glaubens
Gabe des Geistes
Ordination von Laien
Bezeugung einer Bekehrung und die Gabe des Geistes
Bestätigung des Glaubens
Zulassung zur Kommunion.
Er wies auf vier Themenbereiche hin, die der weiteren Erörterung bedürfen: Konfirmation im
Verhältnis zu Taufe und Katechese; Stärkung für die Reise der Jüngerschaft; die Eucharistie;
und das Verhältnis von Konfirmation und Sakramentalität. Die Geschichte der theologischen
56
Interpretation des anglikanischen Ritus belegt verschiedene theologische Schwerpunkte, da
die Konfirmation entweder eng mit der Katechese oder mit der Gabe des Geistes verknüpft
wird. Dies weist auf die theologische Aufgabe hin, den Bezug zwischen dem Heiligen Geist
bei der Konfirmation als der sich selbst gebenden Gegenwart des dreieinigen Gottes und dem
Wachstum im Glaubensleben herzustellen, da es durch das Werk des Heiligen Geistes
unterstützt und gefördert wird.
4. Die vierte und letzte Perspektive thematisierte den Konfirmator oder die Konfirmatorin.
Gottfried Adam analysierte die Rolle des Pastors oder der Pastorin und die Erwartungen, die
von Eltern, Paten oder Patinnen, Konfirmationskandidaten oder Kandidatinnen und anderen
Gemeindegliedern an diese Rolle herangetragen werden. Im Mittelpunkt steht hier die
Glaubwürdigkeit des Pastors oder der Pastorin als Zeuge/in für den christlichen Glauben und
als jemand, der Begleitung auf dem ganzen Weg anbietet, dessen Höhepunkt die
Konfirmation selbst ist. Während der Inhalt von Luthers Katechismus immer noch den
allgemeinen Rahmen für den Lehrplan der Vorkonfirmationskatechese bietet, haben sich die
Lernmethoden von Unterricht und Auswendiglernen hin zu Lernen durch Erfahrung und zur
Entwicklung von Sprachfähigkeit über den eigenen Glauben bei den Konfirmandinnen und
Konfirmanden bewegt. Die Beziehung zum Pastor oder der Pastorin und zu anderen
Gemeindegliedern, die sich an der Begleitung der Kandidaten auf dem Weg zur Konfirmation
beteiligen, bietet für die Jugendlichen die persönliche Erfahrung mündigen christlichen
Glaubens in seinen verschiedenen persönlichen Ausdrucksformen. Sie können über ihre
Fragen, Antworten und Zweifel mit Christen sprechen, die den christlichen Glauben als
Quelle für ihr persönliches geistliches Wachstum und als Orientierungshilfe in ihrem Leben
erfahren haben. Die Beziehung zur Kirche, die sich in Verbindung mit der Konfirmation
entwickelt, bietet oft einen möglichen Anknüpfungspunkt im späteren Leben. Hier ist der
Pastor oder die Pastorin nicht nur eine Wissensquelle oder ein perfekter Christ, dessen
Vorbild nachzuahmen ist, sondern auch ein Mensch, der zusammen mit anderen
Gemeindegliedern Jugendliche begleitet, indem er oder sie mit ihnen redet und sie dazu
befähigt, ihren Glauben als Ausdruck des Priestertums aller Gläubigen mit ihren eigenen
Worten zu bekennen.
Christopher Hill trat für eine enge Verbindung zwischen Taufe und Konfirmation ein und
sprach sich dafür aus, dass der Bischof als Konfirmator und Täufer die Verbindung zwischen
der Ortsgemeinde, der Diözese und der Universalkirche repräsentiert. Während die Kirche
von England weiterhin die episkopale Konfirmation praktiziert, hat sie die Integrität der
presbyterialen Konfirmation in einigen anderen Kirchen anerkannt. Eine geschichtliche
Untersuchung zeigte, wie der Dienst von Bischof und Presbytern sich im späten Mittelalter
infolge der Aufspaltung des früheren, integrierten christlichen Initiationsprozesses
verschieden entwickelt hat.
Zusammengefasst wurde deutlich, dass der Schwerpunkt von Taufe und Konfirmation in der
anglikanischen Tradition als Eingliederung des Kandidaten oder der Kandidatin in die
apostolische Gemeinde verstanden wurde, während der komplementäre Schwerpunkt in den
Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland die Eingliederung in das königliche
Priestertum aller Gläubigen betonte.
5. Ein Vergleich wurde angestellt zwischen der Agende (Konfirmationsliturgie) der EKD und
der Konfirmationsriten im Common Worship. Dies hat einen willkommenen Grad von
Übereinstimmung über die Bedeutung der Konfirmation sichtbar werden lassen, der sich in
den vorhergehenden Referaten nicht vollständig gezeigt hat. Beide Seiten fanden Vieles, was
sie in den Riten der jeweils anderen Kirche begrüßen mussten. Die Anglikaner würdigten die
Betonung der pädagogischen und geistlichen Verantwortung von Gemeinde und Pfarramt für
57
die Konfirmation und fanden die Verbindung zwischen der Anrufung des Heiligen Geistes
und die individuelle Segnung durch Handauflegung als hilfreich.
C. Auswertung
1. Beide Delegationen stimmen darin überein, dass die Konfirmation einen bedeutsamen Ort
im Leben unserer Kirche hat. Die Konfirmation spielt eine wichtige Rolle im Prozess
christlicher Initiation und ist für die Entwicklung einer kirchlichen Gemeinschaft
entscheidend. Diese Einschätzung hilft, die Bedeutung und Struktur christlicher Initiation zu
verstehen. Weiterhin verbindet die Konfirmation zentrale Aspekte des Glaubenslebens, das
durch Gottes Gnade angefangen, gestaltet, bewahrt und vollendet wird, mit signifikanten
Stadien menschlicher Entwicklung und Veränderung. Daher scheint es unbedingt erforderlich,
eine integrative Sicht der anthropologischen und theologischen Aspekte der Konfirmation zu
entwickeln.
2. Im Leben unserer Kirchen ist die Konfirmation unauflöslich mit der Taufe und dem
Heiligen Abendmahl verbunden. Sie kann ihre volle Bedeutung nur im Zusammenhang der
Sakramente der Kirche erhalten. Während die Taufe als Initiation in die Gemeinschaft des
Glaubens durch die Beziehung zwischen dem dreieinigen Gott und dem Täufling verstanden
werden muss, die durch die Verheißung von Gottes sich hingebender Gnade in der
sakramentalen Handlung begründet wird, kann die Konfirmation sowohl im Sinne von Gottes
Gabe des Heiligen Geistes verstanden werden als auch als Gottes bleibende Verheißung,
weiterhin mit dem Konfirmanden zu sein. Die Handlung ist ein wesentlicher Schritt in der
persönlichen Aneignung dieser Gabe Gottes im Kontext der Sakramente des Evangeliums, der
eine verantwortungsvolle Selbstverpflichtung zu gelebtem Christsein, das in katechetischer
Unterweisung begründet ist, mit sich bringt. Daher gibt es im Konfirmationsritus Hinweise
auf die in der Taufe begründeten bleibenden Beziehung mit dem dreieinigen Gott und seiner
Kirche. Es ist diese Wirklichkeit, die im Heiligen Abendmahl gefeiert und erneuert wird.
Insofern stehen Taufe, Konfirmation und Abendmahl in inhärenten Wechselbeziehungen und
stellen die Konfirmationspraxis damit in den Zusammenhang der sakramentalen Handlungen
der Kirche. Bei der Kindertaufe geschieht das Bekenntnis des Glaubens durch die weitere
Gemeinschaft der Kirche. Ein wesentlicher Moment in der Aneignung der Gabe der Gnade
Gottes, die in der Taufe verheißen wird, ist das persönliche Bekenntnis des Glaubens bei der
Konfirmation.
3. In unseren beiden Kirchen wurde die Konfirmation als Ritus der Zulassung zum
Abendmahl verstanden und praktiziert. Während das Verhältnis von Konfirmation und
Abendmahl als wesentlich für das Verständnis und die Praxis der Kommunion gesehen wird,
wird es heute nicht mehr auf die Frage der Zulassung beschränkt, obwohl unsere beiden
Kirchen in der Frage der Zulassung von Kindern zum Abendmahl an verschiedenen Punkten
stehen. Vielmehr wird das Verhältnis von Konfirmation und Abendmahl im Rahmen des
gesamten Glaubenslebens in der Kirche gesehen, das in der Taufe beginnt und durch die Kraft
des Heiligen Geistes im weitergehenden Leben des Glaubenden in der Kirche als dem Leib
Christi wächst und an Reife zunimmt.
4. Die Vielfalt theologischen Nachdenkens über die Konfirmation in Vergangenheit und
Gegenwart, zwischen und innerhalb der Kirchen, wie sie sich in unseren Gesprächen gezeigt
hat, weist auf die bleibende Aufgabe hin, eine Theologie der Konfirmation für die Gegenwart
zu entwickeln, die ihre Praxis unterstützen und weiterbringen kann. Die Interpretation und
Erläuterung der theologischen Signifikanz der Elemente der Konfirmationspraxis im Prozess
58
der christlichen Initiation scheint die angemessenste Art zu sein, sich einer Theologie der
Konfirmation anzunähern. Dies ist der Rahmen, in dem Fragen wie die nach dem Verständnis
des Heiligen Geistes in der Konfirmation geklärt werden müssen. Während wir uns darin
einig sind, dass der Geist in der Taufe gegeben wird, finden wir es bedeutsam, dass der
Konfirmationsritus in unseren beiden Kirchen die Anrufung des Heiligen Geistes zu einem
zentralen Teil der Liturgie macht und die persönliche Gegenwart des Geistes im Leben der
Konfirmierten als erleuchtende, Wegweisung gebende, bewahrende und stärkende Macht in
ihrem Leben als Christen beschreibt.
5. Es wurde festgestellt, dass in den Gliedkirchen der EKD der katechetischen Vorbereitung
der Konfirmation großes Gewicht beigemessen wurde und beträchtliche kirchliche Mittel zu
diesem Zweck bereitgestellt wurden, während die anglikanischen Kirchen die Bedeutung des
Konfirmationsritus betont haben. Beide Kirchen erkennen an, dass unsere verschiedenen
Schwerpunkte uns wechselseitig herausfordern und ergänzen. Die Praxis der Unterweisung
vor der Konfirmation in ihren vielseitigen Formen betont die Bedeutung der Entwicklung
eines mündigen Glaubens bei den Glaubenden durch Erfahrung, Erforschung und Begleitung.
Dies bietet eine Gelegenheit zur Entwicklung eines persönlichen Glaubens an Jesus Christus,
der auch das Glaubensleben in der Kirchengemeinde stärkt. Die Erneuerung der
Konfirmationsriten und die Wiederentdeckung ihres Zusammenhangs mit der Taufe und dem
Abendmahl in unseren beiden Kirchen hat die Bedeutung der Konfirmation im korporativen
Leben unserer Kirchen unterstrichen. Dies könnte durch die Herstellung noch engerer
Verknüpfungen zwischen der katechetischen Vorbereitung und der Feier des Geistes im
Konfirmationsgottesdienst verstärkt werden. Die wachsende Anzahl von Konfirmationen im
Erwachsenenalter in der Kirche von England lässt eine Herausforderung erkennen, vor der
beide Kirchen stehen. In einer gesellschaftlichen Situation, die von religiösem Pluralismus
geprägt ist, müssen unsere Kirchen Menschen aller Altersgruppen Möglichkeiten bieten, die
Bedeutung des christlichen Glaubens im Rahmen ihrer eigenen persönlichen Erfahrung zu
erforschen und ihren Glauben durch Eintritt in und Teilhabe am Leben der Kirche zum
Ausdruck zu bringen. Sowohl die Aufgabe der katechetischen Unterweisung als auch der
Konfirmationsritus gewinnen in diesem Zusammenhang eine neue Signifikanz.
6. In unseren Diskussionen über den Konfirmator und die Konfirmatorin haben wir die
Stärken beider, der presbyterialen und der episkopalen Tradition, erkannt. Bei der
presbyterialen Konfirmation unterstreicht der Ritus über die Betonung der Zugehörigkeit zur
weiteren Kirche hinaus auch die Beziehung zwischen der Katechese und dem Konfirmator
oder der Konfirmatorin. Bei der episkopalen Konfirmation bringt die Anwesenheit und
Handlung des Bischofs die Tatsache zum Ausdruck, dass die Initiation in das Leben der
Universalkirche einführt. Wir erkennen an, dass beide Aspekte wichtige Elemente der
Konfirmationspraxis darstellen, die einander ergänzen sollten. In jedem Fall stimmen wir
darin überein, dass die Unterschiede in der Konfirmationspraxis nicht kirchentrennend sind.
Dennoch muss zu den ekklesiologischen Aspekten der Konfirmation noch mehr theologisch
gearbeitet werden.
7. Wir erkennen, dass, obwohl das Konfirmationsalter in unseren beiden Kirchen diskutiert
wird, in den deutschen Kirchen die Konfirmation im Alter von vierzehn Jahren noch immer
die Norm ist. In der Kirche von England gilt für jüngere Menschen normalerweise ein
Konfirmationsalter ab elf Jahre, es gibt jedoch eine wachsende Anzahl, vielleicht sogar eine
Mehrheit von Kandidaten und Kandidatinnen in einem späteren Lebensabschnitt, die Spanne
geht von älteren Jugendlichen bis zu Achtzigjährigen. Bei erwachsenen Kandidaten haben
sich verschiedene Formen der Prozess-Evangelisierung als hoch effektiv erwiesen, und die
Erfahrung in diesem Bereich wächst. Des weiteren legt dies den Schwerpunkt bei der
59
Konfirmationsvorbereitung ebenso stark auf die Glaubensgeschichte des Kandidaten und die
Erfahrungen, die ihn oder sie zu diesem Schritt gebracht haben, wie auf den Inhalt der
Konfirmationsunterweisung. Da die deutschen Kirchen ebenfalls anerkennen, dass die
Konfirmation nicht notwendig mit einem bestimmten Punkt im Lebenszyklus verknüpft ist,
sondern zu jeder Zeit erfolgen kann, können sich die englischen Erfahrungen für die
deutschen Kirchen als relevant erweisen.
D. Empfehlungen
Auf der Grundlage unserer Diskussionen empfehlen wir unseren Kirchen, dass sie
- einen regelmäßigen Informationsaustausch über katechetisches Material stattfinden lassen;
- einen ständigen Austausch von liturgischen Ressourcen einrichten;
- die Zusammenarbeit zwischen katechetischen Mitarbeitern auf nationaler, regionaler und
Diözesanebene fördern (z.B. Religionspädagogische Institute, Arbeitsgemeinschaft
Evangelischer Jugend, Referenten für Jugend- und Kinderarbeit in den Diözesen der Kirche
von England), womit wir bereits vorgebrachte Anfragen der Meissen Kommission von
neuem bestärken;
- die kirchenrechtlichen Implikationen einer Anerkennung der Konfirmation in den EKD
Kirchen durch die Kirche von England untersuchen;
- Initiativen zur Weiterentwicklung einer Theologie der Konfirmation in unseren beiden
Kirchen unterstützen und die Ergebnisse für alle verfügbar machen;
- mehr Arbeit in die Ekklesiologie der Konfirmation investieren;
- Wege bedenken, wie die katechetische Unterweisung und die Initiation in die
Verantwortlichkeiten kirchlichen Lebens, die historisch mit der Konfirmation verbunden
sind, Menschen in verschiedenen Lebensabschnitten angeboten werden können und neue
Formen untersuchen, wie sich Katechese und Konfirmation an verschiedenen
biographischen Punkten darstellen können;
- durch die Meissen Kommission über effektive Wege nachdenken, wie diese Arbeit
fortgesetzt werden kann.
Bischof Christopher Hill
Prof. Dr. Christoph Schwöbel
Ko-Vorsitzende
Frodsham, Cheshire 9. September 2005
Konferenzteilnehmende:
Von der Kirche von England berufene Teilnehmende
The Rt Revd Christopher Hill, Bischof von Guildford (Ko-Vorsitzender)
The Revd Prebendary Dr. Paul Avis
Dr. Martin Davie
The Rt Revd John Inge
The Revd Canon Prof. Dr. Martyn Percy
The Revd Canon Prof. Dr. Nicholas Sagovsky
Father Thomas Seville CR
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Von der Evangelische Kirche in Deutschland berufene Teilnehmende
Prof. Dr. Christoph Schwöbel (Ko-Vorsitzender)
Prof. Dr. Dr. h.c. Gottfried Adam
Direktor Volker Elsenbast, Comenius Institut
Dozent Pfr. Carsten Haeske
Dozentin Pfrin. Ute Beyer-Henneberger
Oberlandeskirchenrat Peter Kollmar
Prof. Dr. Friedrich Schweitzer
Oberkirchenrat Matthias Otte, EKD
Ko-Vorsitzende der Meissen Kommission:
Bishof Michael Bourke, Wolverhampton
Landesbischof Jürgen Johannesdotter, Schaumburg-Lippe
Beobachtende:
Pfrin. Dr. Päivi Jussila, Evangelisch Lutherische Kirche Finnlands
Andrew Barr, Schottisch Episkopale Kirche
Anhang F - Bericht von Frau Tonie Smith
Mitglied des Dresden Trustes und der Meissen Kommission 1991-2001
Wenn 200 000 Leute kommen, um eine Kirche zu sehen, dann ist das aufregend. Steht diese
Kirche in einer Stadt, in der schätzungsweise 80 % der Bevölkerung keinem christlichen
Bekenntnis folgen, dann ist das außergewöhnlich. Es handelt sich bei dieser Kirche um den
Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden und das ist in der Tat ein Grund zum Feiern.
Der ursprüngliche, unverkennbare Bau, in den vierziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts
vom Architekten Georg Bähr als protestantischer Dom geplant, fiel dem Feuersturm auf
Dresden am Ende des zweiten Weltkrieges zum Opfer. Während der kommunistischen Ära
stand sie als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung. Mit der deutschen Wiedervereinigung
kam die Initiative einiger Bürger Dresdens zum Wiederaufbau dieser Kirche, dem Symbol
ihrer Stadt, dem ‗Elbflorenz‘. Viele waren dagegen. „Es gibt wichtiger Dinge, für die wir
Geld brauchen ... Wir haben schon genug Kirchen... Es ist ein angemessenes Denkmal für von
Menschen herbeigebrachte Zerstörung.‖ Einige jedoch waren davon überzeugt, dass es
möglich sei. 1990 wurde in Dresden, aber auch landesweit und weltweit zu Spenden, Hilfe
und Teilnahme aufgerufen. Dem Aufruf wurde Folge geleistet, und das Ziel von 115
Millionen Euro ist nunmehr fast erreicht. Ein Jahr früher als ursprünglich vorgesehen wurde
die neue Kirche im Glanz des ursprünglichen Barockbaus am 30. Oktober 2005 neu geweiht.
Ich hatte die Ehre, als eine der Vertreterinnen des Erzbischofs von Canterbury und der
Meissen Kommission dabei zu sein. Für viele Jahre war ich als Mitglied des Britischen
Dresden Trusts beteiligt gewesen. Es war kaum zu glauben, dass die Steinhaufen und
Mauerreste, die ich 1996 zum ersten Mal gesehen hatte, nun im Laufe von nur elf Jahren Teil
dieses atemberaubenden Baus geworden waren (die ursprüngliche Frauenkirche hatte eine
Bauzeit von 17 Jahren). Nun strahlt die Innenausstattung und zieht das Besucherauge höher
und höher nach oben. Die Zeit war gekommen für den festlichen
Wiedereinweihungsgottesdienst.
Im Kirchenbau selbst finden 1800 Besucher Platz. Man sagt, dass siebenmal so viele
versuchten, Eintrittskarten zu bekommen. Für Tausende von Besuchern auf dem Vorplatz
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wurde der Gottesdienst mit Hilfe von Lautsprechern und auf Großleinwänden übertragen. Der
gesamte Gottesdienst wurde bundesweit im Fernsehen ausgestrahlt. Er begann mit dem
Einzug einer Prozession, begleitet vom Klang der neugegossenen Glocken. Eindrucksvoll von
Beginn an, setzte die Prozession den Akzent des Gottesdienstes, da junge Leute, ältere
Überlebende der Kriegsjahre, Vertreter der Menschen, die am Wiederaufbau mitgearbeitet
hatten, geistliche Würdenträger und Vertreterinnen und Vertreter anderer christlicher Kirchen
teilnahmen. Die jungen Leute trugen einiges ‗Kirchenmobiliar‘ hinein: die Bibel, die
Taufschale, Kerzenleuchter und das Nagelkreuz, ein Zeichen der Verbundenheit mit
Coventry. Danach ging der Gottesdienst weiter, mit viel Musik, während alle Teile der Kirche
geweiht wurden: zuerst die Kanzel, dann der Taufstein gefolgt vom Altar und zuletzt die
Orgel. Der Gottesdienst war sorgfältig ins Englische übersetzt worden. Zur Weihe der Orgel
heißt es:
„Möge diese Orgel geweiht sein zum Dienste Gottes. Sie soll klingen zu seiner Ehre, zur
Freude und zum Trost der Gemeinde.‖
Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl weihte die Kirche und hielt die Predigt. Als
Predigttext hatte er Markus 4, 30-32 gewählt:
„Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es
abbilden? Es ist wie ein Senfkorn: wenn das gesät wird aufs Land, so ist’s das kleinste unter
allen Samenkörnern auf Erden; und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle
Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten
wohnen können.“
Bischof Bohl verglich das Senfkorn mit dem Wiederaufbau der Frauenkirche. Auch sie hatte
auf kleine, unauffällige Weise begonnen, und war ein großes Werk im Geiste der Versöhnung
geworden. Dies hatte bereits 1982 begonnen zum Jahrestag der Zerstörung Dresdens, als
junge Leute sich in den Ruinen trafen und mit Kerzen ihrer Sehnsucht nach Frieden Ausdruck
verliehen.
„Damit gaben sie ein Zeichen der Hoffnung, dass Wunden geheilt, Unrecht und Gewalt
überwunden werden können und Gegner zu lernen vermögen, einander mit neuen Augen
anzusehen. Die Ruine wurde zur Botschaft.―
Bischof Bohl sagte des weiteren, dass eine versöhnte Gemeinschaft aus Feindschaft wachsen
kann, die Frieden möglich macht. An diesem Tag der Weihe ruft die Frauenkirche zum
Frieden auf. Er sagte, dass alle, die das große Kuppelkreuz, ein Geschenk aus Großbritannien,
anschauen, ein großes Werk der Versöhnung sehen. In der heutigen Welt der Unsicherheiten
bedürfen Menschen einer geistlichen Dimension in ihrem Leben. Der Wiederaufbau der
Frauenkirche, der anfangs unrealistisch zu sein schien, steht nun als leuchtendes Zeichen des
Lebens im Geiste der Versöhnung. Überall in der Welt erkennen Menschen, dass sie selbst in
der Lage sind, Brücken zu bauen und Versöhnung zu verwirklichen.
Während des Wiederaufbaus waren die Worte „Brücken bauen. Versöhnung leben.― in großen
Buchstaben auf dem Baugerüst zu lesen. Das neue Motto ist „Brücken bauen - Versöhnung
leben - Den Glauben stärken“. Tagsüber hatten alle Besucher eine Anstecknadel bekommen,
auf der zu lesen war: „Wiedereinweihungsfest - Friede sei mit dir.―
Fürbitten wurden verlesen von leitenden Geistlichen, bürgerlichen Würdenträgern und von
Leuten, die ihr Leben lang mit der Frauenkirche verbunden waren. Es folgte ein Festakt. Nach
einer weiteren musikalischen Einlage, hielt Bundespräsident Köhler eine aufrichtige und
warmherzige Ansprache. Landesbischof Bohl dankte den Tausenden, die durch ihre
Großzügigkeit, ihren guten Willen und künstlerische und technische Fähigkeiten und
Unterstützung von Künstlern und Baumeistern zum Gelingen des Wiederaufbauprogramms
beigetragen hatten. Es gab spontanen stehenden Beifall für den Baudirektor Eberhard Burger
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und für den Musiker und Initiator des Gedankens Ludwig Güttler. Übersehen, wenngleich
später korrigiert, wurde, dass die großzügigen Spenden aus den USA unerwähnt blieben. Dies
war bedauerlich, aber im Geist der Freude, Dankbarkeit, Bewunderung und Feier war es
möglich, einen solchen menschlichen Fehler angesichts der Bedeutsamkeit des Anlasses zu
tolerieren.
Anschließend fand ein Empfang für geladene Gäste statt. Dies bot Gelegenheit zur
Begegnung mit Besuchern von nah und fern. Viele waren aufgrund ihres Interesses an Fragen
der Ökumene eingeladen worden. Der Herzog von Kent überbrachte eine Botschaft der
englischen Königin. Nach dem Gottesdienst standen Tausende Schlange, um eine
Viertelstunde in der Kirche selbst zu verbringen. Dies setzte sich während der ganzen Nacht
und den folgenden zwei Tagen fort, wenn gerade kein Gottesdienst oder Konzert stattfand.
(Für den Gottesdienst am darauffolgenden Tag, dem Reformationsfest, wurden auch
Eintrittskarten benötigt, was für viele eine Enttäuschung war.)
Am Abend nahm ich an einem inspirierenden ökumenischen Gottesdienst teil. Wieder war es
nur möglich, mit Eintrittskarte hineinzukommen. Dies war wiederum ein erhebendes Ereignis.
Auf der in deutscher und englischer Sprache abgefassten Gottesdienstordnung war das Kreuz
mit der Erdkugel abgebildet. Wie schon am Morgen gab es sehr viel Choral- und Orgelmusik
und eine Vielzahl von Beiträgen, die die sorgfältige Planung dieses wichtigen Gottesdienstes
zeigten. Der sächsische Landesrabbiner Salomon Almakias-Siegl aus Leipzig intonierte Psalm
118. Dies war ein sehr bewegender Einstieg, der mit tiefer Zustimmung aufgenommen wurde.
Andere Teilnehmende waren aus Taiwan, aus Tschechien, aus den USA und aus Polen
angereist. Canon Paul Oestreicher leitete die Litanei der Versöhnung. Die Predigt wurde von
Bischof Colin Bennetts aus Coventry in deutscher Sprache gehalten. Sein Thema war
„Christus ist unser Friede―. Auch er sprach von Versöhnung und von der Ökumene, mit vielen
Beispielen aus der Geschichte und aus der jüngsten Vergangenheit. Er sprach von der Stadt
Liverpool mit ihren zwei Kathedralen, die einst Zeichen der Trennung und Uneinigkeit waren.
Die beiden Bischöfe änderten dies und trennende Barrieren brachen zusammen. „Gottes Liebe
in Christus ist letzten Endes stärker als unsere unterschiedlichen theologischen Traditionen
dies oft erlauben wollen.―, sagte er. „Aber Ökumene in ihrer besten Form erkennt, dass es
mehr gibt, was uns verbindet, als das, was uns trennt.― In bleibender Erinnerung ist mir die
darauffolgende spontane Umarmung des lutherischen Landesbischofs Bohl und des römisch-
katholischen Bischofs Reinelt geblieben.
Während des Gottesdienstes sang der Chor der Frauenkirche die deutsche Version eines vom
Dresden Trust verfassten geistlichen Liedes: „An Deinem Ort, Herr―. Mitglieder des Trusts
überreichten dem Bischof einen silbernen Abendmahlskelch und eine Patene, in die in
Freundschaft verbundene Hände eingraviert worden sind. Diese waren von den Schöpfern des
Kreuzes und der Erdkugel hergestellt worden. Ich hatte die Ehre, selbst an der Überreichung
beteiligt zu sein und zitierte aus dem ersten Korintherbrief des Apostels Paulus: „Der
gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot,
das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn "ein" Brot ist's: So
sind wir viele "ein" Leib, weil wir alle an "einem" Brot teilhaben.―
Der Gottesdienst endete mit dem Choral „Dein Tag, mein Gott, ist nun vergangen―. Es war in
der Tat ein großartiger Festtag gewesen.
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Anhang G - Veröffentlichungen
Kirche von England
The Meissen Information Pack , New Edition 2005 ****
Colin Podmore, The German Evangelical Churches. An Introduction following the Meissen
Agreement (CCU Occasional Paper No. 1, £2.95 + 35 p & p.).
The Meissen Agreement: Texts (CCU Occasional Paper No. 2, £1.75 + 35 p. & p.).
Making Unity More Visible: The Report of the Meissen Commission, 1997 – 2001 (GS Misc
654, £7.95 + 35 p. & p.)
Visible Unity and the Ministry of Oversight: The Second Theological Conference held under
the Meissen Agreement between the Church of England and the Evangelical Church in
Germany (Church House Publishing, 1997), £9.95 + £1.25 p. & p.).
Witnessing to Unity – Ten years after the Meissen Declaration: Contributions to the
Theological Conferences at Springe and Cheltenham between the Church of England and the
Evangelical Church in Germany (2003, Verlag Otto Lembeck, Frankfurt am Main, ISBN 3-
87476-405-2)
English-German Church dictionary - compiled by Mary Newman and Fritz Neubauer –
published in 2003 by the Council for Christian Unity on behalf of the English Committee of
the Meissen Commission, £6.50 or 15 €.
Die oben genannten Publikationen sind erhältlich von Francis Bassett, Assistant Secretary
beim Council for Christian Unity im Church House Westminster.
Council for Christian Unity
Church House
Great Smith Street
LONDON SW1P 3NZ
Tel: +44(0)20 7898 1481 www.cofe.anglican.org/info/ccu
The Ecumenical Relations Code of Practice 1989 (General Synod, £2.00 — £2.50 by post):
erhältlich vom Church House Bookshop, 31 Great Smith Street, London SW1P 3BU
Richtlinien für eine Lokale Ökumenische Partnerschaft (LEP) im Rahmen der Meissener
Vereinbarung kostenlos erhältlich (in Englisch und Deutsch) durch E-Mail Bestellung vom
Europäischen Sekretär beim CCU
Faithful Cities (2005)
A call for celebration, vision and justice
The Report from the Commission on Urban Life and Faith
64
Evangelische Kirche in Deutschland
Bericht der Meissen Kommission 1997-2001, epd-Dokumentation 2/2002
"Gerechter Krieg" - ja oder nein?
Referate einer Tagung von EKD und Kirche von
England zu christlicher Friedensethik vom 28. bis zum 31. August 2003 in der Evangelischen
Sozialakademie Friedewald
Freedom of Religion under Threat
Experiences of Christians in Different Countries
EKD Texte 78, € 2,-
Einheit bezeugen - Zehn Jahre nach der Meissener Erklärung
Beiträge zu den theologischen Konferenzen von Springe und Cheltenham zwischen der
Evangelischen Kirche in Deutschland und der Kirche von England
Hg Ingolf Dalferth/Paul Oppenheim, Frankfurt, 2003
- Grundsätze des Rates zu Fragen der Integration und des Zusammenlebens mit Menschen
anderer Herkunft, 2002
- Denkschrift: Maße des Menschlichen - Evangelische Perspektiven zur Bildung in der
Wissens- und Lerngesellschaft, 2003
- Denkschrift: Gerechte Teilhabe - Befähigung zur Eigenverantwortung und Solidarität, 2006.
Englische Übersetzung ab 2007 erhältlich
- Impulspapier des Rates: Kirche der Freiheit -
Perspektiven der Evangelischen Kirche in Deutschland für das 21. Jahrhundert 2006
- EKD Texte 83 - Dietrich Bonhoeffer: Vorbild im Glauben - Texte und Predigten anlässlich
des 100. Geburtstages von Dietrich Bonhoeffer
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Anhang H - Teilnehmende der Delegationsreisen
Wydale 2005
Delegationsbesuch der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Kirche von
England (Northern Province), 10.-14. März 2005
CHURCH OF ENGLAND
The Rt Revd John Packer, Bishop of Ripon and Leeds, Leiter der englischen Delegation
The Rt Revd Michael Bourke, Bishop of Wolverhampton, englischer Ko-Vorsitzender der
Meissen Kommission
Mr Martin Dales, General Synod and Council for Christian Unity
The Rt Revd David Gillett, Bishop of Bolton
The Revd Rose Hudson-Wilkin, General Synod and Chair of the Committee for Minority
Ethnic Anglican Concerns
The Revd George Lings, Director of the Church Army Centre for Church Planting and
Evangelism
EVANGELISCHE KIRCHE IN DEUTSCHLAND
Landesbischof Jürgen Johannesdotter, Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-
Lippe, Deutscher Ko-Vorsitzender der Meissen Kommission, Leiter der deutschen Delegation
Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit, Pommersche Evangelische Kirche, Greifswald
Direktorin Marlehn Thieme, Ratsmitglied der EKD, Bad Soden
Professor Dr. Wolfgang Grünberg, Professor für Praktische Theologie, Universität Hamburg
Professor Dr. Isolde Karle, Professor für Praktische Theologie, Universität Bochum
Dr. Irene Mildenberger, Liturgiewissenschaftliches Institut, Leipzig
Pfarrer Dr. Uwe Vetter, Düsseldorf
Berlin 2006
Delegationsbesuch der Kirche von England in Berlin-Schwanenwerder vom 31.01. bis
5.02.06
EVANGELISCHE KIRCHE IN DEUTSCHLAND
Bischof Dr. Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rates der EKD, Bischof der Evangelischen
Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz
Justizrätin Margit Fleckenstein, Mannheim (Mitglied des Rates der EKD)
Landesbischof Jochen Bohl, Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens
Landesbischof Jürgen Johannesdotter, Bückeburg Evang- luth. Landeskirche Schaumburg-
Lippe (Ko-Vorsitzender der Meissen Kommission)
Professorin Dr. Christine Axt-Piscalar, Göttingen, Professorin für Systematische Theologie
und Leiterin des Institutum Lutheranum, Theologische Fakultät der Universität Göttingen
Oberlandeskirchenrätin Dr. Kerstin Gäfgen-Track, Hannover, Evangelisch-Lutherische
Landeskirche Hannovers (Mitglied der Synode)
Professor Dr. Peter Dabrock, Marburg, Juniorprofessor Sozial- und Bioethik, Fachbereich für
Evangelische Theologie, Philipps-Universität Marburg
Professor Dr. h.c. Dietrich Ritschl, Reigoldswil/Schweiz, PhD, DD, emeritierter Professor für
Systematische Theologie und Ökumene, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Professor Dr. Christoph Schwöbel, Tübingen, Professor für Systematische Theologie,
Eberhard-Karls -Universität Tübingen (Ko-Vorsitzender der Theologischen Konferenz der
Meissen Kommission)
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KIRCHE VON ENGLAND
The Most Revd und Rt Hon Dr Rowan Williams, Erzbischof von Canterbury
Mitarbeitende vom Lambeth Palace
The Rt Revd Nicholas Baines, Bischof von Croydon
The Revd Dr Christopher Burdon, Manchester (Principal, Northern Ordnination Course)
The Revd Canon Dr Judith Maltby, Oxford (Ministry Division)
The Revd. Dr Charlotte Methuen, Oxford
The Venerable Dr Joy Tetley, Erzdiakon von Worcester (Regional Training Partnership)
Anhang I - Organisationen und Verbände für Religionsunterricht
European Forum for Teachers of Religious Education - Diese Organisation versteht sich als europäischer Dachverband. Die Mitgliedsorganisationen
vertreten Lehrerinnen und Lehrer in Schulen, Colleges und Universitäten und arbeiten
zusammen, um ein Forum für den Austausch von Ideen und Arbeitsmethoden zur Verfügung
zu stellen
http://www.eftre.net/
Inter-European Commission on Church and School
- eine Arbeitsgruppe, gegründet 1958 als Ergebnis einer Initiative von Einzelvertreterinnen
und -vertretern von verschiedenen europäischen Schulen. Das Ziel ist es, einen
institutionalisierten Rahmen für die Zusammenarbeit, Aufsicht und Entwicklung des
Religionsunterrichtes an den Europäischen Schulen zu schaffen. Sie hat Beobachterstatus
beim Europarat und nimmt an der Erziehungsgruppe der Liaison Committees des Europarates
teil.
http://www.iccsweb.org/
International Association for Christian Education
- eine Organisation von Vereinigungen verschiedener Länder Europas mit dem Ziel,
christliche Erziehung sowohl in Privat- als auch in öffentlichen Schulen zu unterstützen und
die menschlichen Werte der christlichen Erziehung zu retten.
http://www.int-v.com/home/index.php
- European Association for World Religions
- beschafft Mittel und Informationen über Weltreligionen
http://www.eawre.org/start_german.htm
European Conference on Christian Education
- eine Organisation, die Menschen zusammenbringt, die mit christlicher Erziehung von
Kindern befasst sind. Die Konferenz findet alle drei Jahre in verschiedenen Teilen Europas
statt und bietet Gelegenheit, Kollegen und Kolleginnen aus der Kindergottesdienstarbeit aus
ganz Europa zu treffen.
http://kindergottesdienst-ekd.de/ecce%202007.htm