+ All Categories
Home > Documents > Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des...

Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des...

Date post: 24-Aug-2020
Category:
Upload: others
View: 3 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
18
VR 78 Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 1 VR 78 Die Aufgabe hat 18 Seiten. Dr. Lagemann und Partner Rechtsanwälte Dr. Lagemann und Partner, Archivstr. 3, 01097 Dresden An das Verwaltungsgericht Dresden Postfach 100853 01078 Dresden EINGANG: 29.05.2020 Eilt!!!! Bitte sofort vorlegen!!!! DR. PETER LAGEMANN HENNING SCHLÜTER ROBERT VOGLER DR. JAKOB KELLER SUSANNE DEBLER HELGA M. SCHÜTZ, LL.M. 01097 Dresden Archivstr. 3 Telefon (0351) 45 46 45 0 Telefax (0351) 45 46 45 20 Unser Zeichen: DE/234/ka Datum: 28.05.2020 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz des Herrn Benjamin Müller, Schäferstraße 5, 01067 Dresden - Antragsteller Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Lagemann und Partner, Archivstr. 3, 01097 Dresden gegen die Landeshauptstadt Dresden, vertreten durch die Oberbürgermeisterin, Dr.-Külz-Ring 19, 01067 Dresden - Antragsgegnerin Namens und kraft anliegender Vollmacht suche ich im Namen des Antragstellers um vorläufigen Rechtsschutz nach und beantrage, im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Antragsgegnerin aus der Allgemeinverfügung vom 02.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2020 eingegangen am 18.05.2020 keine Rechte herleiten kann,
Transcript
Page 1: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 1

VR 78

Die Aufgabe hat 18 Seiten.

Dr. Lagemann und Partner

Rechtsanwälte

Dr. Lagemann und Partner, Archivstr. 3, 01097 Dresden

An das

Verwaltungsgericht Dresden

Postfach 100853

01078 Dresden

EINGANG: 29.05.2020

Eilt!!!! Bitte sofort vorlegen!!!!

DR. PETER LAGEMANN

HENNING SCHLÜTER

ROBERT VOGLER

DR. JAKOB KELLER

SUSANNE DEBLER

HELGA M. SCHÜTZ, LL.M.

01097 Dresden

Archivstr. 3 Telefon (0351) 45 46 45 – 0

Telefax (0351) 45 46 45 – 20

Unser Zeichen: DE/234/ka Datum: 28.05.2020

Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz

des Herrn Benjamin Müller, Schäferstraße 5, 01067 Dresden

- Antragsteller –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Lagemann und Partner, Archivstr. 3, 01097

Dresden

gegen

die Landeshauptstadt Dresden, vertreten durch die Oberbürgermeisterin, Dr.-Külz-Ring 19,

01067 Dresden

- Antragsgegnerin –

Namens und kraft anliegender Vollmacht suche ich im Namen des Antragstellers um

vorläufigen Rechtsschutz nach und beantrage,

im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Antragsgegnerin aus der

Allgemeinverfügung vom 02.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom

15.05.2020 – eingegangen am 18.05.2020 – keine Rechte herleiten kann,

Page 2: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 2

hilfsweise,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom

02.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2020 – eingegangen am

18.05.2020 – herzustellen.

Begründung:

I. Der Antragsteller ist Angehöriger der Wohnwagengruppe „Dresdner“. Dresdner besteht aus

Personen, die in Wohnwagen, Bauwagen oder umgebauten LKWs leben. Seit dem Sommer

2019 suchte die Gruppe einen gemeinsamen Platz in Dresden zur Gründung eines neuen

Wagenplatzes.

Im September 2019 begaben sich der Antragsteller und die anderen Mitglieder der Gruppe auf

das unbebaute Grundstück Mecklenbecker Str. 201, 01077 Dresden, um dort zu wohnen. Dem

Antragsteller gehört ein Wohnwagen des Typs Daimler-Benz mit dem Kennzeichen DD-XX

123. Diesen stellte er dort auf und wohnt seitdem in dem Wagen auf dem Grundstück.

Obwohl die Antragsgegnerin dies hinnahm und somit duldete, erließ sie dennoch am

02.03.2020 eine Verfügung, mit der sie der Wagengruppe das Wohnen auf dem Grundstück

untersagte und die Wagengruppe aufforderte, ihre Wagen von dem Grundstück zu entfernen.

Glaubhaftmachung: Verfügung vom 02.03.2020 – Anlage 1 –

Der Antragsteller hat daraufhin Widerspruch eingelegt.

Glaubhaftmachung: Widerspruch vom 16.03.2020 – Anlage 2 –

Die Antragsgegnerin hat den Widerspruch des Antragstellers mit Widerspruchsbescheid vom

15.5.2020 zurückgewiesen. Dabei hat sie überraschenderweise auch noch sogleich die

sofortige Vollziehung angeordnet.

Glaubhaftmachung: Widerspruchsbescheid vom 15.05.2020 – Anlage 3 –

Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller am heutigen Tage Klage beim

Verwaltungsgericht Dresden eingereicht.

II. Der Antrag ist zulässig und begründet.

Page 3: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 3

1. Der Anordnungsgrund nach § 123 VwGO besteht, weil sich der Antragsteller gegenwärtig

erlaubt und nicht illegal auf dem Grundstück aufhält. Die Antragsgegnerin hat den Zustand

seit September 2019 geduldet.

Für eine etwaige Beendigung der gegenwärtigen Nutzung gibt es keine rechtliche Grundlage.

Die Verfügung vom 2.3.2020 hat keinen Bestand mehr. Sie hat sich durch Zeitablauf und

geänderte sachliche Umstände erledigt.

Die Verfügung befristete die Nutzung zunächst bis 31.03.2020. Tatsächlich ist die Nutzung

des fraglichen Grundstücks von der Antragsgegnerin über diesen Zeitpunkt hinaus geduldet

worden. Dieser geduldete Zustand kann nicht durch Rückgriff auf eine Verfügung beendet

werden, deren Gegenstand am 31.03.2020 sein Ende fand.

Aber auch die Umstände haben sich so geändert, dass die Verfügung sich erledigt hat. Es gab

nämlich in der Zwischenzeit – und zwar sowohl vor als auch nach Fristablauf – die

verschiedensten Verhandlungen mit den unterschiedlichsten politischen Gremien der

Antragsgegnerin.

2. Soweit das Gericht der Auffassung sein sollte, dass aus der Allgemeinverfügung noch

Rechte und Pflichten hergeleitet werden können, ist die aufschiebende Wirkung der Klage

vom heutigen Tage wiederherzustellen.

Es fehlt schon an der erforderlichen Anhörung. So ordnete die Antragsgegnerin vollkommen

überraschend die sofortige Vollziehung im Widerspruchsbescheid an.

Die Klage vom heutigen Tage hat eine überwiegende Aussicht auf Erfolg. Zum einen kann für

die Verfügungen nicht § 76 SächsBauO als Ermächtigungsgrundlage herangezogen werden.

Die Antragsgegnerin hätte ihre Allgemeinverfügung vielmehr auf § 3 SOG iVm mit dem

Wohnwagengesetz (WoWagG) stützen müssen, weil es hier um Wohnwagen geht.

Bei dem Wohnwagen handelt es sich auch gar nicht um eine bauliche Anlage, denn der

Wohnwagen ist gerade nicht fest – wie ein Haus – mit dem Erdboden verbunden. Außerdem

ist das WoWagG gemäß § 1 Abs. 2 WoWagG sowieso abschließend hinsichtlich aller

Regelungen, die Wohnwagen betreffen.

Selbst wenn man annähme, dass die SächsBauO Anwendung fände, ist das Vorhaben

zumindest materiell baurechtsgemäß. Die Ausweisung als Industriegebiet ist funktionslos und

der Bebauungsplan entfaltet daher keine Wirkung mehr. Auf der ausgewiesenen Fläche ist

kein Industriegebiet angesiedelt – vielmehr liegt die Fläche brach, sonst könnte der

Antragsteller seinen Wohnwagen dort auch gar nicht aufstellen. Eine brachliegende Fläche ist

eindeutig kein Industriegebiet. Im Übrigen müsste die Antragsgegnerin hier wohl eine

Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplanes zulassen.

Die Nutzungsuntersagung und auch die Beseitigungsverfügung sind aber zumindest

ermessensfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin die sozialen Belange des Antragstellers

Page 4: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 4

missachtet hat. Der Antragsteller würde nämlich obdachlos, wenn er diese Verfügungen

befolgen müsste.

Vor allem aber besteht an einer sofortigen Vollziehung kein öffentliches Interesse. Es reicht

nicht allein, darauf zu verweisen, dass die baurechtlichen Verfahrensvorschriften eingehalten

werden müssen. Auf diese Weise wird die Antragsgegnerin § 4 WoWagG mit seinen

speziellen Anforderungen an die prozesshafte Auflösung – „hinwirken“ – von

Wohnwagenstandplätzen nicht gerecht. Laut dem Willen des Gesetzgebers (Drs. 16/2444) ist

damit „ein schrittweises Vorgehen in einem Überzeugungsprozess, der eng mit § 2 Abs. 2

(Vermittlung in feste Wohnungen) verbunden“ ist, gemeint. Dieser vom Gesetzgeber

vorgeschriebene Überzeugungsprozess verbietet die Anordnung einer sofortigen Vollziehung.

Außerdem finden auf mehreren Ebenen noch Gespräche und Verhandlungen mit

verschiedenen politischen Gremien der Antragsgegnerin statt. Es ist viel sinnvoller, eine

politische Lösung abzuwarten, als den Konflikt so zu eskalieren. Es geht auch keine negative

Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln

gegenüber der Antragsgegnerin stets transparent gemacht. Er hat sich klar und eindeutig

erklärt und stets alle Gesprächsmöglichkeiten genutzt und gesucht. Es geht daher vielmehr

eine positive Vorbildwirkung von der Bauwagengruppe aus, weil sie einen Konflikt öffentlich

gemacht hat und sich gemeinsam mit den Entscheidungsträgern in der Stadt um eine Lösung

bemüht. Es handelt sich hier um eine alternative kollektive Lebensform, deren Überleben

durch den „Law-and-Order-Staat“ vernichtet werden soll.

Es wird das Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der

Kammer erklärt.

Lagemann (Rechtsanwalt)

Hinweis: Vom Abdruck der ordnungsgemäßen Prozessvollmacht wird abgesehen. Es ist

davon auszugehen, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28.5.2020, beim

Verwaltungsgericht Dresden eingegangen am 29.5.2020, eine Anfechtungsklage erhoben

hat.

Page 5: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 5

Anlage 1

Auszug aus dem Amtlichen Anzeiger v. 04.03.2020, Bl. 1396:

„Die Landeshauptstadt Dresden, vertreten durch die Oberbürgermeisterin, ordnet folgendes an:

1. Die ungenehmigte Nutzung der baulichen Anlagen auf dem sich im Eigentum der

Landeshauptstadt Dresden befindlichen Grundstück Mecklenbecker Str. 201, 01077

Dresden, wird untersagt.

2. Den Nutzern der sich auf dem im Eigentum der Landeshauptstadt Dresden befindlichen

Grundstück Mecklenbecker Str. 201, 01077 Dresden, errichteten baulichen Anlagen

„Bauwagen/Wohnwagen/Wohnmobile“ wird aufgegeben, diese bis zum 31.03.2020 zu

beseitigen.

Begründung:

[…] Ermächtigungsgrundlage für die Verfügungen ist § 76 SächsBauO. […] Der Zulassung des

Wagenplatzes steht die Ausweisung der Fläche als Industriegebiet entgegen. […]

Rechtsbehelfsbelehrung:

Hinweise:

Die Verfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 S. 3 VwVfG zwei Wochen nach der Bekanntmachung im

Amtlichen Anzeiger als bekannt gegeben […]

Dresden, den 02.03.2020“

Hinweis: Von einem Abdruck der Begründung im Übrigen wird zu Prüfungszwecken

abgesehen.

Hinweis: Von einem Abdruck der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung wird

abgesehen.

Hinweis: Es ist davon auszugehen, dass die nicht abgedruckten Teile für die Bearbeitung

nicht von Belang sind und dass die Veröffentlichung im Amtlichen Anzeiger den

Gepflogenheiten für eine öffentliche Bekanntmachung entspricht.

Page 6: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 6

Anlage 2 Dr. Lagemann und Partner

Rechtsanwälte

Dr. Lagemann und Partner, Archivstr. 3, 01097 Dresden

An die

Landeshauptstadt Dresden

Bauaufsichtsamt

Rosenstr. 30

01067 Dresden

DR. PETER LAGEMANN

HENNING SCHLÜTER

ROBERT VOGLER

DR. JAKOB KELLER

SUSANNE DEBLER

HELGA M. SCHÜTZ, LL.M.

01097 Dresden

Archivstr. 3

Telefon (0351) 45 46 45 – 0

Telefax (0351) 45 46 45 – 20

Unser Zeichen: DE/234/ka Datum: 16.03.2020

Ablehnung der Zulassung eines Wohnwagenplatzes vom 02.03.2020, Amtl. Anzeiger Bl. 1396;

Herr Benjamin Müller, Schäferstraße 5, 01067 Dresden

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen die vorgenannte Verfügung legen wir Namens und in Vollmacht unseres Mandanten

Widerspruch

ein.

Die Ablehnung ist rechtswidrig und verletzt unseren Mandanten in seinen Rechten.

Es ist schon eine falsche Ermächtigungsgrundlage gewählt worden.

Der Zulassung des Wagenplatzes stehen keine Vorschriften des Baugesetzbuches entgegen. So ist die

Ausweisung des Grundstücks als Industriegebiet funktionslos. Die Fläche lag brach. Sie ist – bevor

sich die Wohnwagengruppe dort angesiedelt hatte – gar nicht genutzt worden.

Im Übrigen ist ja sogar versucht worden, ein angemessenes Nutzungsentgelt für die Fläche zu zahlen.

Lagemann (Rechtsanwalt)

Page 7: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 7

Anlage 3

Landeshauptstadt Dresden

Die Oberbürgermeisterin

Bauaufsichtsamt

Bauaufsichtsamt, Rosenstr. 30, 01067 Dresden Widerspruchsbehörde

An

Rechtsanwälte Dr. Lagemann und Partner

Archivstr. 3

01097 Dresden

Rosenstr. 30

01067 Dresden

Telefon: 0351 – 42828 – 1428

Telefax: 0351 – 42828 – 3483

Ansprechpartner: Herr Kasten

Aktenzeichen: BZA 213/7382

Dresden, den 15.05.2020

Gegen Postzustellungsurkunde!

Widerspruchsbescheid

In der Widerspruchssache Benjamin Müller, Schäferstr. 5, 01067 Dresden, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Lagemann und Partner

- Widersprechender –

beschließt der Widerspruchsausschuss des Bauaufsichtsamts der Landeshauptstadt Dresden durch den Vorsitzenden Kasten

1. Der Widerspruch vom 16.03.2020 gegen die Allgemeinverfügung vom 02.03.2020 – veröffentlicht im Amtlichen Anzeiger am 04.03.2020 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Widersprechende.

3. Die sofortige Vollziehung gegenüber dem Widersprechenden wird angeordnet.

Page 8: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 8

Gründe:

I. Der Widerspruch richtet sich gegen eine Allgemeinverfügung im Zusammenhang mit der

Räumung der nicht als Wohnwagenstandplatz zugelassenen Fläche Mecklenbecker Str. 201,

01077 Dresden.

Die oben bezeichnete Fläche steht im Eigentum der Landeshauptstadt Dresden. Die Fläche

ist nach dem Bebauungsplan Mecklenbeck vom 15.12.1992 als Industriegebiet, offene

Bauweise „GI o“ ausgewiesen.

Seit September 2019 befindet sich auf dem Grundstück eine Anzahl von Wohn- und

Bauwagen und sonstigen Gegenständen.

Mit Schreiben vom 15.01.2020 wurden die Bewohner und Nutzer der Fläche und

Räumlichkeiten darauf hingewiesen, dass ihr Tun eine unzulässige Nutzung der Fläche

darstelle und unter Gelegenheit zur Stellungnahme zum Verlassen der Fläche aufgefordert.

Dieses Schreiben wurde den Betroffenen durch Verteilen und Befestigung des Schreibens

an den jeweiligen Wagentüren bekannt gemacht.

Feststellungen des Verbraucherschutzamtes ergaben, dass auf der genannten Fläche 9

Wohnwagen vorhanden waren, u.a. auch der Wagen des Widersprechenden.

Mit Allgemeinverfügung vom 02.03.2020, die am 04.03.2020 im Amtlichen Anzeiger

veröffentlicht wurde, wurde die Nutzung des Grundstücks zum Wohnen untersagt und die

Wagengruppe aufgefordert, die Wagen vom Grundstück zu entfernen.

Gegen diese Allgemeinverfügung erhob der Widersprechende mit Schreiben vom

16.03.2020 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, es sei eine falsche

Ermächtigungsgrundlage gewählt worden. Im Übrigen sei das Vorhaben materiell

baurechtsgemäß, weil die Ausweisung des Grundstücks als Industriegebiet funktionslos sei.

II.

1. Der Widerspruch hat keinen Erfolg.

Die Ermächtigungsgrundlage stellt § 76 SächsBauO und nicht das SOG dar, denn das

Wohnwagengesetz ist kein besonderes Gefahrenabwehrrecht für Wohnwagen. Daher ist

§ 76 SächsBauO gegenüber dem SOG spezieller.

Auch ist der Bebauungsplan nicht funktionslos. Vielmehr können auf der Fläche – auch wenn

diese momentan brachliegt – noch Bauvorhaben genehmigt werden, die der Nutzungsart

„Industriegebiet“ entsprechen.

Auch unter Berücksichtigung des eingeräumten Ermessens ist eine andere Entscheidung

nicht zu treffen. Insbesondere ist die Untersagung der Nutzung verhältnismäßig, da die

Errichtung der Wohnwagen formell und materiell baurechtswidrig ist und dem

Widersprechenden eine angemessene Frist von über einem Monat zur Einstellung der

Nutzung eingeräumt wurde. Dem Widersprechenden ist spätestens seit Mitte Januar 2020

klar, dass eine Nutzung der Fläche nicht zulässig ist. […]

Page 9: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 9

Die Anordnung der Beseitigung ist auch unter Ermessensgesichtspunkten so zu treffen. Vor

allem ist die Anordnung verhältnismäßig, da auch durch die Erteilung einer Baugenehmigung

keine bauordnungsgemäßen Zustände hergestellt werden können.

2. Die sofortige Vollziehung war hinsichtlich der Nutzungsuntersagung und der Beseitigung

anzuordnen. Ein besonderes Vollzugsinteresse besteht. Bei einem weiteren Verbleiben des

Wohnwagens auf dem Grundstück besteht die Gefahr unhaltbarer hygienischer Zustände, so

z.B. die Gefahr, dass Ratten im Zusammenhang mit einer unkontrollierten Beseitigung von

Essensresten angelockt werden wie auch Gefahren für die Umwelt durch die Verwendung

von nicht zulässigem Brennmaterial und illegaler Abfallentsorgung. Auch könnten

Nachahmer mit weiteren Wohnwagen die betroffene Fläche beziehen.

Rechtsbehelfsbelehrung: Im Auftrag,

Kasten Kasten

Hinweis: Von einem Abdruck der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung wird abgesehen. Von einem Abdruck der übrigen Begründung des Widerspruchsbescheides wird zu Prüfungszwecken abgesehen.

Page 10: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 10

Landeshauptstadt Dresden

Die Oberbürgermeisterin

Die Oberbürgermeisterin, Dr.-Külz-Ring 19, 01067 Dresden

Rechtsamt

An das

Verwaltungsgericht Dresden

Postfach 100853

01078 Dresden

Dr.-Külz-Ring 19

01067 Dresden

Telefon: 0351 – 42828 – 1428

Telefax: 0351 – 42828 – 3483

Ansprechpartner: Herr Roth

Aktenzeichen: BZA 213/7382

Dresden, den 03.06.2020

Eingang: 04.06.2020

2 E 4/20

In der Verwaltungsrechtssache

Benjamin Müller ./. Landeshauptstadt Dresden

wird beantragt,

den Erlass der begehrten Anordnung zu versagen und die hilfsweise begehrte

Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen.

Begründung:

1. Antrag nach § 123 VwGO

Der Antrag ist bereits nicht statthaft. Zwar macht der Antragsteller geltend, dass die im

Amtlichen Anzeiger vom 04.03.2020 veröffentlichte Verfügung keinen Bestand mehr habe,

weil sie sich durch Zeitablauf und geänderte sachliche Umstände erledigt habe. Dies ist

indes nicht der Fall.

Eine Erledigung hinsichtlich der Fristsetzung könnte nur eintreten, wenn man in der

Fristsetzung eine Befristung des in der Allgemeinverfügung ausgesprochenen

Räumungsbegehrens sehen wollte. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen, wenn in einem

Verwaltungsakt eine Aufforderung ausgesprochen wird, einer Verpflichtung innerhalb

bestimmter Fristen nachzukommen.

Page 11: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 11

Auch ergeben sich keinerlei geänderte sachliche Umstände, die zu einem Wegfall oder einer

Erledigung der Verfügung geführt haben könnten. Eine Duldung liegt nicht vor. Die bloße

Hinnahme eines rechtswidrigen Zustandes stellt keine Regelung und damit keine Duldung im

Rechtssinne dar. Zu einer Vereinbarung einer Duldung ist es nicht gekommen. Insbesondere

hat die Antragsgegnerin in ihrem Anhörungsschreiben vom 15.01.2020 geschrieben, dass

die Nutzung des fraglichen Grundstücks unzulässig ist und nunmehr die nach den

gesetzlichen Vorgaben zu Gebote stehenden Mittel angewendet werden würden. Dass

daneben ab Oktober bis Dezember 2019 und danach immer noch versucht wurde, eine

einvernehmliche Lösung zu finden, kann nicht als Duldung des rechtswidrigen Zustands

ausgelegt werden – zumal eine einvernehmliche Lösung ja auch gerade nicht erzielt wurde.

Dies gilt auch für die politischen Verhandlungen nach diesem Zeitraum bis ins Jahr 2020

hinein, die nicht mit dem Bauaufsichtsamt geführt wurden und zudem ergebnislos geblieben

sind.

2. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

Der Antragsteller musste zum Erlass der sofortigen Vollziehung nicht angehört werden.

Auch unter Berücksichtigung der Argumente des Antragstellers ergeben sich jedoch keine

Gründe für eine abweichende Entscheidung.

Anders als der Antragsteller meint, ist § 76 SächsBauO die zutreffende

Ermächtigungsgrundlage. Denn diese Norm ist die speziellere Norm zu § 3 SOG i. V. m.

dem Wohnwagengesetz. Seit der Novellierung des Wohnwagengesetzes ist dieses nämlich

nicht mehr ein Gesetz zur Gefahrenabwehr.

Die Nutzung ist formell und materiell baurechtswidrig. Das Grundstück steht im Eigentum der

Antragsgegnerin. Es liegt im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplanes

Mecklenbeck vom 15.12.1992 und ist als Industriegebiet ausgewiesen. Ausnahmen sind im

Bebauungsplan nicht vorgesehen. Eine Befreiung von der Festsetzung kommt nicht in

Betracht, weil die Grundzüge der Planung damit berührt werden würden.

Die Antragsgegnerin hat die Bewohner und Nutzer des Grundstücks der Antragsgegnerin

schon während der gescheiterten Gespräche im Jahr 2019 und im Januar 2020 deutlich

darauf hingewiesen, dass die Nutzung der Fläche unzulässig ist, so dass die Frist bis zum

31.03.2020 verhältnismäßig war. Der Antragsteller kann im Übrigen auf einem anderen

Wohnwagenplatz in Dresden wohnen. Es gibt genug zugelassene Plätze.

Selbst wenn das besondere öffentliche Vollzugsinteresse hier nicht allein mit der

notwendigen Einhaltung der baurechtlichen Verfahrensvorschriften begründet können

werden sollte, sind die besonderen verfahrensrechtlichen Vorschriften nach § 4 WoWagG

jedenfalls eingehalten. Das besondere öffentliche Vollzugsinteresse liegt damit in jedem Fall

vor.

Das Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters wird erklärt.

Im Auftrag,

Roth Roth

Page 12: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 12

Aufgabe:

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden ist zu entwerfen. Sie ergeht ohne mündliche Verhandlung am 10. Juni 2020. Der/ Die Name(n) des/der entscheidenden Richter(s) ist/sind zu fingieren. Der Sachverhalt ist darzustellen. Es ist auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen einzugehen. § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO und § 117 Abs. 5 VwGO sind nicht anzuwenden. Eine Rechtsmittelbelehrung ist nicht zu fertigen; es genügt die Bezeichnung des statthaften Rechtsmittels sowie seiner gesetzlichen Grundlage(n). Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich.

Bearbeitervermerk:

1. Es ist davon auszugehen, dass die tatsächlichen Behauptungen der Beteiligten zutreffen, soweit sich nicht aus dem Sachverhalt etwas anderes ergibt.

2. Nicht abgedruckte Schriftstücke haben den angegebenen Inhalt.

3. Es ist davon auszugehen, dass

a) dem Widerspruch eine ordnungsgemäße Vollmacht beigefügt war;

b) sich aus der beigefügten Sachakte keine weiteren Erkenntnisse ergeben;

c) die nicht abgedruckten Vorschriften der SächsBauO, insbesondere die Vorschriften über das verfahrensfreie (§ 60 SächsBauO) und das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren (§ 61 SächsBauO), bei einer gegebenenfalls erforderlichen Prüfung einer Baugenehmigung nicht einschlägig sind, sondern dass es sich um ein Verfahren mit Konzentrationswirkung nach § 62 SächsBauO handelt;

d) der Bebauungsplan Mecklenbeck ein wirksamer qualifizierter Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB ist, keine Ausnahmen enthält und eine Befreiung von den Festsetzungen nicht in Betracht kommt;

e) in Sachsen die öffentliche Bekanntgabe bauaufsichtlicher Allgemeinverfügungen durch Rechtsvorschrift zugelassen ist;

f) die Landeshauptstadt Dresden richtige Antragsgegnerin ist.

4. Behördliche und gerichtliche Zuständigkeiten sind gewahrt. Etwa erforderliche Beteiligungen sind ordnungsgemäß erfolgt.

5. Die Formalien (z.B. Ladungen, Zustellungen, Vollmachten, Unterschriften etc.) sind in Ordnung, soweit sich nicht aus dem Sachverhalt etwas anderes ergibt.

6. Werden ein richterlicher Hinweis, eine richterliche Aufklärung oder eine Beweiserhebung für erforderlich gehalten, so ist zu unterstellen, dass diese ordnungsgemäß erfolgt und ohne Ergebnis geblieben sind. Wird die Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt, den die Beteiligten erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten haben, so ist zu unterstellen, dass Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt und davon kein Gebrauch gemacht wurde.

7. Soweit es auf verwaltungsverfahrensrechtliche, verwaltungsvollstreckungsrechtliche oder verwaltungszustellungsrechtliche Vorschriften ankommt, sind das VwVfG, das VwVG bzw. das VwZG des Bundes anzuwenden. Über die im Anhang abgedruckten Gesetze hinaus sind landesrechtliche Regelungen für die Fallbearbeitung ohne Bedeutung. Europarechtliche Vorschriften sind nicht zu prüfen.

8. Soweit im Aufgabentext oder im Anhang Vorschriften genannt werden, die nicht zur Verfügung stehen, kommt es auf sie für die Lösung des Falles nicht an.

9. Der Bearbeitung ist die Rechtslage auf dem Stand der zugelassenen Hilfsmittel zugrunde zu legen.

Page 13: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 13

10. Im Anhang findet sich ein Auszug aus:

dem Sächsischem Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG)

dem Wohnwagengesetz Sachsen (WoWagG)

der Sächsischen Bauordnung (SächsBauO)

Zugelassene Hilfsmittel:

a) Schönfelder, Deutsche Gesetze (Loseblattsammlung)

b) Sartorius, Verfassungs- und Verwaltungsgesetze (Loseblattsammlung)

c) Trojahn, Die Gesetze über die Berliner Verwaltung oder

v. Brünneck / Wolff / Dombert, Landesrecht Brandenburg

d) Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung

e) Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz

Page 14: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 14

Anhang:

Sächsisches Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

(SOG)

§ 3 Aufgaben

(1) Die Verwaltungsbehörden treffen im Rahmen ihres Geschäftsbereichs nach pflichtgemäßem

Ermessen die im Einzelfall zum Schutz der Allgemeinheit oder des Einzelnen erforderlichen

Maßnahmen, um bevorstehende Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren

oder Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen (Maßnahmen zur

Gefahrenabwehr).

(2) Unaufschiebbare Maßnahmen dürfen neben der zuständigen Verwaltungsbehörde treffen:

a) die Vollzugspolizei in allen Fällen der Gefahrenabwehr,

b) die Feuerwehr (Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehren) zur Abwehr von Gefahren für die

öffentliche Sicherheit im Zusammenhang mit den ihr obliegenden Aufgaben.

Sie benachrichtigen unverzüglich die zuständige Verwaltungsbehörde und teilen dieser ihre

Feststellungen und Maßnahmen mit. Die zuständige Verwaltungsbehörde darf die nach Satz 1

getroffenen Maßnahmen aufheben und ändern.

(3) Der Schutz privater Rechte obliegt den Verwaltungsbehörden nach diesem Gesetz nur dann, wenn

gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne verwaltungsbehördliche Hilfe die

Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

§ 8 Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen

(1) Verursacht eine Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder eine Störung

der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, so ist die Maßnahme gegen diese Person zu richten.

(2) Ist die Person noch nicht 14 Jahre alt, so können die Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet

werden, die zur Aufsicht über sie verpflichtet ist. Ist für die Person ein Betreuer bestellt, so können

die Maßnahmen auch gegen den Betreuer gerichtet werden, sofern sein Aufgabenkreis die

Personensorge, die Aufsicht über die Person oder den Bereich, auf den die Maßnahme gerichtet ist,

umfasst.

(3) Hat jemand eine Person zu einer Verrichtung bestellt und wird die öffentliche Sicherheit oder

Ordnung in Ausführung der Verrichtung gefährdet oder gestört, so darf sich die Maßnahme auch

gegen ihn richten.

§ 9 Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen

(1) Wird die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch den Zustand einer Sache gefährdet oder

gestört, so ist die Maßnahme gegen den Eigentümer der Sache zu richten. Ist die Sache herrenlos, darf

die Maßnahme gegen denjenigen gerichtet werden, der das Eigentum an der Sache aufgegeben hat.

Die Maßnahme darf sich auch gegen denjenigen richten, der die tatsächliche Gewalt über die Sache

ausübt oder der sein Eigentum nach den §§ 946 bis 950 BGB verloren hat.

(2) Wer die tatsächliche Gewalt über die Sache gegen den Willen des Eigentümers ausübt, ist allein

verantwortlich.

Page 15: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 15

Sächsisches Wohnwagengesetz (WoWagG)

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Wohnwagen im Sinne dieses Gesetzes sind Fahrzeuge und Teile von Fahrzeugen, die als

Wohnungen oder zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen oder zur Unterbringung

mitgeführter Sachen dienen.

(2) Auf die nach § 2 Absatz 1 zugelassenen Wohnwagenstandplätze sowie die Aufstellung und

Nutzung einzelner Wohnwagen auf solchen Plätzen finden die Bestimmungen der Sächsischen

Bauordnung vom 14. Dezember 2005 (SächsGVBl. S. 525, 563), zuletzt geändert am 27. April 2010

(SächsGVBl. S. 335), in der jeweils geltenden Fassung keine Anwendung.

§ 2 Wohnwagenstandplätze

(1) In den Fällen der Absätze 2 und 3 kann die zuständige Behörde Wohnwagenstandplätze auf Antrag

eines Betreibers befristet zulassen, wenn die Zahl der Wohnwagen sich in angemessenen Grenzen hält,

die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht gefährdet wird, nachbarliche Interessen berücksichtigt

werden, keine Bedenken im Hinblick auf die Hygiene bestehen und die Kosten der Ver- und

Entsorgung von den Nutzern getragen werden.

(2) Wohnwagenstandplätze können als Übergangsplätze eingerichtet werden, um Personen, die in

Sachsen in Wohnwagen wohnen, bis zu ihrer Vermittlung in feste Wohnungen eine zeitweilige

Unterbringung zu ermöglichen. Substandardwohnen auf Dauer darf nicht gefördert werden.

(3) Wohnwagenstandplätze können als Schaustellerplätze eingerichtet werden, soweit dies erforderlich

ist, um für Schausteller eine zumutbare Unterkunft außerhalb der Reisezeiten bereitzustellen.

(4) Wohnwagen, die auf zugelassenen Wohnwagenstandplätzen abgestellt werden, sind Wohnungen

im Sinne des Sächsischen Meldegesetzes in der Fassung vom 3. September 1996 (SächsGVBl.

S. 231), zuletzt geändert am 17. Februar 2009 (SächsGVBl. S. 29, 33), in der jeweils geltenden

Fassung.

(5) Die Bediensteten der zuständigen Behörde haben zur Erfüllung ihrer Aufgaben jederzeit Zutritt zu

den für die Aufstellung von Wohnwagen genutzten Flächen.

(6) Die zuständige Behörde ist berechtigt, die Zulassung nach Absatz 1 nachträglich zu widerrufen, zu

ändern oder mit Nebenbestimmungen zu versehen, soweit dies zur Aufrechterhaltung der öffentlichen

Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist, insbesondere, wenn ihren Bediensteten entgegen der

Regelung in Absatz 5 der Zutritt zu den Standplätzen verwehrt wird.

(7) Die Nutzung eines Wohnwagens ist im Einzelfall zu untersagen, wenn Leib oder Leben gefährdet

oder nachbarliche Belange unzumutbar beeinträchtigt werden. Anordnungen nach Satz 1 sind im Falle

der Gefährdung von Leib oder Leben sofort vollziehbar.

(8) Bei wesentlichen Verstößen gegen dieses Gesetz oder gegen Verpflichtungen, die sich aus der

Zulassung ergeben, ist die sofortige Verwaltungsvollstreckung zulässig.

§ 3 Verbote

Außerhalb der nach § 2 zugelassenen Standplätze sind das Beziehen von Wohnwagen als Wohnung

oder zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt sowie das Aufstellen oder Überlassen von

Wohnwagen zu diesen Zwecken nicht zulässig; als Aufstellen gilt auch jeder Wechsel des

Standplatzes. Unzulässig ist ferner, außerhalb der nach § 2 zugelassenen Standplätze ein Grundstück

zum Aufstellen eines Wohnwagens einem anderen zu überlassen.

Page 16: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 16

§ 4 Auflösung

Auf die Auflösung bestehender, nicht nach § 2 zugelassener Wohnwagenstandplätze ist hinzuwirken.

Solche Plätze müssen unverzüglich aufgelöst werden, wenn sie eine beabsichtigte Wohnbebauung

oder eine andere für die Interessen des Freistaats Sachsen bedeutsame Bebauung oder Nutzung

verhindern.

§ 6 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig unter Verstoß gegen § 3 Wohnwagen als

Wohnung oder zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt bezieht, Wohnwagen zu diesem Zweck

aufstellt oder anderen überlässt oder Grundstücke einem anderen zum Aufstellen von Wohnwagen

überlässt, ohne hierzu nach § 2 berechtigt zu sein.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 500 Euro geahndet werden. Soweit die

Ordnungswidrigkeit dadurch begangen wird, dass ein Grundstück einem anderen für die Aufstellung

von Wohnwagen überlassen wurde, kann ein Bußgeld bis zur Höhe von 5000 Euro festgesetzt werden.

(3) Wohnwagen, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht oder die zu ihrer Begehung gebraucht

worden sind, können eingezogen werden.

§ 7 Einschränkung von Grundrechten

Durch die Bestimmungen des § 2 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13

des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Sächsische Bauordnung (SächsBauO) § 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für bauliche Anlagen und Bauprodukte. Es gilt auch für Grundstücke sowie für

andere Anlagen und Einrichtungen, an die in diesem Gesetz oder in Vorschriften, die auf Grund dieses

Gesetzes erlassen wurden, Anforderungen gestellt werden. […]

§ 2 Begriffe

(1) Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen;

eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage

1. durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder

2. auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder

3. nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.

Bauliche Anlagen sind auch

1. Aufschüttungen und Abgrabungen,

2. Lagerplätze, Abstellplätze und Ausstellungsplätze,

3. Sport-, Spiel- und Freizeitflächen,

4. Campingplätze, Wochenendplätze und Zeltplätze,

5. Freizeit- und Vergnügungsparks,

6. Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie für Camping-, Verkaufs- und Wohnwagen,

7. Standplätze für Abfallbehälter,

8. Gerüste,

9. Hilfseinrichtungen zur statischen Sicherung von Bauzuständen.

Page 17: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 17

Anlagen sind bauliche Anlagen und sonstige Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Absatz 1

Satz 2. […]

§ 54 Bauherrin oder Bauherr

(1) Bauherrin oder Bauherr ist, wer auf eigene Verantwortung eine Anlage vorbereitet oder ausführt

oder vorbereiten oder ausführen lässt.

(2) Die Bauherrin oder der Bauherr hat zur Vorbereitung, Überwachung und Ausführung eines nicht

verfahrensfreien Vorhabens geeignete Beteiligte nach Maßgabe der §§ 55 bis 57 zu bestellen, soweit

sie oder er nicht selbst zur Erfüllung der Verpflichtungen nach diesen Vorschriften geeignet ist. Der

Bauherrin oder dem Bauherrn obliegen außerdem die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften

erforderlichen Anträge, Anzeigen und Nachweise. Sie oder er hat vor Baubeginn den Namen der

Bauleiterin oder des Bauleiters und während der Bauausführung den Wechsel dieser Person

unverzüglich der Bauaufsichtsbehörde mitzuteilen. Wechselt die Bauherrin oder der Bauherr, hat die

neue Bauherrin oder der neue Bauherr dies der Bauaufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen.

(3) Treten bei einem Bauvorhaben mehrere Personen als Bauherrin oder als Bauherr auf, so kann die

Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass eine Vertreterin oder ein Vertreter bestellt wird, die oder der ihr

gegenüber die Verpflichtungen der Bauherrin oder des Bauherrn zu erfüllen hat

§ 59 Verfahrensgrundsätze

(1) Die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und die Beseitigung von Anlagen bedürfen der

Baugenehmigung, sofern in den §§ 60, 64 und 66 nichts anderes bestimmt ist. Eine Baugenehmigung

entfällt, sofern Entscheidungen in sonstigen Verfahren mit Konzentrationswirkung getroffen werden.

(2) Die Genehmigungsfreiheit nach den §§ 60, 64 und 66 sowie die Beschränkung der

bauaufsichtlichen Prüfung nach den § 61, § 62 und § 68 Absatz 2 entbinden nicht von der

Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an

Anlagen gestellt werden, und lassen die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt.

(3) Auf Verlangen der Bauherrin oder des Bauherrn wird für genehmigungsfreie Vorhaben nach § 60

oder § 64 ein Genehmigungsverfahren nach § 61 oder § 62 und für Vorhaben nach § 61 ein

Baugenehmigungsverfahren nach § 62 durchgeführt.

§ 62 Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung

(1) Im Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung prüft die Bauaufsichtsbehörde die

Zulässigkeit nach

1. den Vorschriften des Baugesetzbuchs und den auf Grund des Baugesetzbuchs erlassenen

Vorschriften,

2. den Vorschriften dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften,

3. anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, soweit diese für das Vorhaben beachtlich sind;

ausgenommen sind die Vorschriften zur Genehmigung nach den §§ 6 und 7 des Atomgesetzes in

der jeweils geltenden Fassung sowie Vorschriften, die eine Prüfung im förmlichen Verfahren

vorsehen.

Die Bauaufsichtsbehörde hat über den Antrag innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang

der vollständigen Unterlagen zu entscheiden; im Fall des § 70 Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz ist das

Vorliegen der vervollständigten Unterlagen maßgebend für den Fristbeginn. Die Frist kann im

Einvernehmen mit der Bauherrin oder dem Bauherrn verlängert werden. […]

Page 18: Dr. Lagemann und Partner€¦ · Es geht auch keine negative Vorbildwirkung vom Verhalten des Antragstellers aus. Der Antragsteller hat sein Handeln gegenüber der Antragsgegnerin

VR 78 – Aufgabe, überarbeitet von SR Pöhler Seite 18

§ 76 Herstellung ordnungsgemäßer Zustände

(1) Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, so

kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlage anordnen, wenn

nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Werden Anlagen im

Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, so kann diese Nutzung untersagt werden.

(2) Die Bauaufsichtsbehörde kann anordnen, dass

1. verwahrloste oder durch Beschriftung und Bemalung verunstaltete Bau- und Werbeanlagen oder

Teile von ihnen ganz oder teilweise in Stand gesetzt werden, dass ihr Anstrich erneuert oder dass

die Fassade gereinigt wird; ist eine Instandsetzung nicht möglich, so kann die

Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung der Anlage verlangen,

2. Grundstücke aufgeräumt oder ordnungsgemäß hergerichtet werden oder dass endgültig nicht mehr

genutzte Anlagen beseitigt oder dauerhaft gesichert werden,

3. Sachen, insbesondere Fahrzeuge, Schutt und Gerümpel, auf unbebauten Grundstücken und

Grundstücksteilen nicht oder nur unter bestimmten Vorkehrungen aufgestellt oder gelagert

werden.

(3) Die Bauaufsichtsbehörde kann verlangen, dass bestehende bauliche Anlagen den Anforderungen

dieses Gesetzes oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften angepasst werden, soweit

dies wegen einer Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit notwendig ist. Dies gilt auch für die

Herstellung von Folgeeinrichtungen auf den Grundstücken, wie Kinderspielplätze, Standplätze für

Abfall- und Wertstoffbehälter sowie Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrradplätze, wenn geeignete

Flächen verfügbar sind. Bei wesentlicher Änderung baulicher Anlagen kann gefordert werden, dass

auch die von der Änderung nicht berührten Teile der baulichen Anlage an die Anforderungen dieses

Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften angepasst werden, wenn dies

keine unzumutbaren Mehrkosten verursacht.

(4) Werden durch Veränderung der Grenzen bebauter Grundstücke Verhältnisse geschaffen, die

öffentlich-rechtlichen Vorschriften zuwiderlaufen, so kann die Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass

ein rechtmäßiger Zustand hergestellt wird.


Recommended