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Die Verbesserung der Aufsätze

Date post: 07-Jan-2017
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Die Verbesserung der Aufsätze Source: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 2, No. 2 (Jan., 1901), pp. 74-78 Published by: University of Wisconsin Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/30170438 . Accessed: 13/05/2014 17:09 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.78.108.168 on Tue, 13 May 2014 17:09:44 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Die Verbesserung der Aufsätze

Die Verbesserung der AufsätzeSource: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 2, No. 2 (Jan., 1901), pp. 74-78Published by: University of Wisconsin PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/30170438 .

Accessed: 13/05/2014 17:09

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

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schuldigen geneigt ist?" Wer schon bei solchen laufenden Ungehirigkeiten in der Schulstube seine Selbstbeherrschung verliert, die eigene Wiirde einbiisst, zur Strafe greift, der macht das tVbel arger: Es wird immer toller zur Qual des Lehrers und leider auch oft zum Gaudium der Kinder.

Was erst soll geschehen, was kann erwartet werden, wenn grissere Anfor- derungen an die Selbstbeherrschung des Lehrers sich geltend machen, z. B. Trotz, oftener Ungehorsam, Beleidigung des Lehrers, Verlogenheit, Diebstahl u. s. w.! Werden sich vielleicht dann die Selbstbeherrschung, die richtige Ab- wigung und Beurteilung, die besonnene Strenge leichter einstellen? Gerade in solch schweren Fillen werden Heftigkeit und leidenschaftliches Wesen des Lehrers ungemein schidlich wirken. Auch in diesen schweren Fillen soil der Erzieher mit der Schwiche der Einsicht unserer Kinder, mit ihrem UnvermiS- gen, die ganze Griisse der Schuld sofort zu begreifen, rechnen. Dazu gehbrt kiihle Besonnenheit, eiserne Selbstbeherrschung.

Solche ist freilich leicht zu predigen; in der Wirklichkeit ist die Selbstbe- herrschung nicht bel allen Lehrern gleich schwer zu erringen. Das Tempera- ment das sich iibrigens ziigeln iisst, hat hier auch ein Wirtlein dreinzureden, in noch hiherem Grade die Nervositit, welche leider immer weitere Kreise in der Lehrerschaft zieht. Diese leichte Reizbarkeit des Nervensystems ist ein starker Feind der Selbstbeherrschung in der Schule. Aber man vergesse nie, dass jede Selbstiiberwindung und Selbstbeherrschung die Nervositit mildern. Wir miissen zwar die Nerven haben, aber wir sollen alles aufbieten, um zu ver- hindern, dass sle uns haben.

II. Die Verbesserung der Aufsitze. *

Die Aufsatzkorrekturen gelten allgemein als die unangenehmste Lehrerar- beit und auch als die undankbarste. Und das mit Recht. Bei Durchsicht einer Schiilerarbeit, die doch in der Regel das Ergebnis gewissenhafter Vorbereitung und stundenlangen Fleisses ist, erweist sich die Ansicht des Lehrers fiber Fleiss und Leistung seiner Schler oft als Tauschung, und diese Erkenntnis muss natirlich niederdriickend und entmutigend wirken. Fehler, die zehnmal ver- bessert wurden, kommen aufs neue vor, und Wbirter, die zehnmal richtig ge- schrieben wurden, werden das elfte Mal falsch geschrieben. Aber trotz des anscheinend so geringen Erfolgs der Korrekturarbeit ist diese doch nicht zu umgehen, und es bleibt, um sie ertiglicher zu machen, kein anderes Mittel ibrig, ais so viel wie mbglich Fehler zu verhiten zu suchen, denn das ist nicht bloss fir den Lehrer, sondern auch fiir den Schiler niitzlicher als Fehler ver- bessern.

Wie lassen sich a b er Fehl e r verh itten? DieAntwort ergebt sich, wenn man den Quellen nachspiirt, aus denen sie entspringen. Die wfchtigsten Fehlerquellen scheinen mir in folgendem zu liegen:

1. Es fehlt dem Aufsat z schreiben meistens an einer au s rei ch e n d e n Grundlage in der Ausbildung der m findl ichen Rede, sowie in grammatisch- sti- listischer und orthographischer Hinsicht.

*) Aus Ernst Ltittge. Der stilistische Anschauungsunterricht, II. Tell. Leipzig, E. Wunderlich.

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2. Die Schiller sind nicht im stande, ihre eigene Arbeit mit krl- tischem Blick zu prifen, weil es ihnen tells an einem Massstab zur Beurteilung, tells auch an der erforderlichen Gewbhnung fehlt. Diesem Mangel kann nur eine planmissige Anleitung iim Sinne des stilistisehen Anschauungs- unterrichts abhelfen, wodurch dem Schiiler iberall die Griinde seines Verfah- rens zum Bewusstsein gebracht werden. Daneben ist unausgesetzt darauf zu halten, dass er langsam und besonnen arbeitet und auft E i n z e 1 nes und Kleinigkeiten a c h t e n lernt, um Fehler zu vermeiden oder Fehlerhaftes selbst zu finden.

3. Endlich liegt eine Hauptfehlerquelle in dem Umstande, da ss man den Sch il lera zu umfangreiche Arbeiten zumutet, die ein sorgfiltiges Prifen und Wahlen und eine gewissenhafte Selbstkritik und Selbstkorrektur unm6glich machen. Je kiirzer die Arbeit ist, desto mehr Zeit und Kraft bleibt ihm fir die korrekte Ausfihrung im einzelnen und kleinsten.

Aber selbst wenn alles gethan wird, was zur Verhitung von Fehlern ge- than werden kann, wird fir die Korrektur der Schiileraufsitze durch den Leh- rer immer noch genug Arbeit ibrig bleiben.

W a s soil verbessert werden? Im allgemeinen lsst sich diese Frage dahin beantworten, dass alle Verst6sse gegen die schriftlichen Regeln, also die sti- listischen, grammatischen, orthographischen und Interpunktionsfehler zu ver- bessern seien. Indes bedarf dieser Satz im Hinblick darauf, dass wir es mit Kindern zu thun haben, doch noch einer Einschrinkung. Die Entscheidung dariber, was sprachlich richtig oder falsch ist, steht ja den Splachgesetzen zu, aber es giebt doch so nanche Fille, wo die Grenze zwischen dem Richtigen und Falschen nicht so genau durch Gesetz und Brauch vorgezeichnet ist, wo also dem persdnlichen Belieben oder Geschmack eine gewisse Freiheit gelassen wird. Und in all solchen Fallen sollte der Lehrer bei der Korrektur die grisste Milde und Weitherzigkeit walten lassen. Das absolut Unrichtige ist selbstver- stindlich nirgend zu dulden, aber das Zul~ i s asige sollte ii berall un- b e a nsta n d et b l e i b e n. Dies gilt in erster Linie in bezug auf den Sti 1 der Kinder. In den Schileraufsitzen tritt uns so manches entgegen, was zwar unter dem Gesichtspunkte der strengen Stilregeln zu tadeln ist, aber als Eigentiimlichkeit der kindlichen Ausdrucksweise seine Berechtigung hat. Es ist vergebliche Miihe, mit Kindern von stilistischen Feinheiten zu reden, fiir wlelche ihr Sprachgefihl nicht ausreicht, geschweige denn ihr Sprachverstind- nis. Das kI6nnte hichstens dahin fiihren, dass ihrem Stil die kindliche Nattir- lichkeit und Frische verloren geht.

Auch bei Beurteilung grammatischer und orthographischer Verst6sse ist dem Lehrer Milde zu empfehlen. Wie viel Zeit und Miihe wird oft aufgewen- det, um unreifen Schiilern feine grammatische Unterschiede oder schwierige Interpunktionsregeln zum Verstandnis zu bringen, ohne dass damit etwas Ande- res erreicht wird, als dass die Schiller unsicher gemacht und fiur die nachsten Aufsatze neue Fehlerquellen geschaffen werden. Wenn der Schiiler schreibt:

Die Kinder, als sie die Eltern kommen hbrten, jubelten laut (statt: Als die Kinder die Eltern kommen hbrten, jubelten sie laut).

Wenn der Friihling wiederkehrt und erfreut uns durch Blumen und Lieder (statt: und uns durch Blumen und Lieder erfreut).

Ich wagte es und ging hinein (statt: hineinzugehen) - so ist eine

derartige Verknipfung der Sitze vom sprachgesetzlichen Standpunkte nicht ein- wandfrei, aber ich wiirde unbedenklich dariiber hinwegsehen, so lange es noch so viel Einfacheres und Notwendigeres zu verbessern giebt. In der Grammatik- oder Lesestunde kann man solche Fille erortern, um das Sprachgefiihl zu er-

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kliren und den Blick fiir grammatische Verhiltnisse zu schirfen, aber bel der Massenkorrektur der Aufsiitze hat man fir den einzelnen Fehler zu wenig Zeit zur Verfiigung, um solche schwierige Dinge mit bleibendem Nutzen zu behan- deln.

Dasselbe gilt von manchen Interpunktionsfehlern. Da miiht sich der Lehrer jahrelang ab, den Schilern klar zu machen, wann vor u n d ein Komma zu setzen ist und wann nicht, und der Erfolg? Einige Schiiler begreifen die Sache allmihlich und suchen sich darnach zu richten, die meisten aber denken beim Schreiben nicht an diesen Unterschied, und wenn sie sich wirklich einmal darauf besinnen, dann treffen sie in der Regel das Verkehrte. Und ist es denn wirk- lich so schlimm, wenn das Kind der Volksschule oder spiter der einfache Mann aus dem Volke einmal ein Komma zu wenig setzt oder das Semikolon mit dem Punkt vertauscht? Die meisten Schriftsteller verfahren bei der Zeichensetzung mit grsserer Freiheit, als es dem Volksschiiler gestattet wird. Man sollte doch den Scharfsinn des Schiilers auf wichtigere Dinge verwenden als auf solche Nebensachen.

Mit desto grasserer Strenge miissen dagegen die Fliichtigkeits- und Orl- nungsfehler behandelt werden, denn hier gilt es, ein Grundiibel zu bekimpfen, an dem so viele Schierarbeiten kranken. Dass jede Zeile richtig vollgeschrie- ben, die Randlinie aber niemals iiberschritten wird, dass die Grundbuchstaben auf der Linie stehen und nicht bald in der Luft schweben, bard in die Tiefe sinken, dass u-Bogen und i-Punkt an ihrem Platze stehen: solche und hnliche Kleinigkeiten diirfen nicht unbeachtet bleiben, denn wie sie den Aufsitzen Iusserlich das charakteristische Gepriige geben, so offenbaren sie zugleich auch den Grad von Ordnungssinn und Geisteszucht, mit dem der Scliiiler seine Arbeit angefertigt hat. Und gerade diese Tugenden sind, wie fir die sittliche und geistige Bildung, so insbesondere auch fiir das Gelingen der AufsRtze von grund- legender Bedeutung. Wird der Schiiler gewhnt, sein Aufsatzheft als einen Spiegel anzusehen, der ihm selbst und anderen seine ganze innere Verfassung offenbart, dann wird er es von Flecken und Fehlern, die es verunzieren und den Geschmack beleidigen, frei zu halten suchen, und dieses gewissenhafte Bemiihen wird den Aufstzen auch in stilistischer Hinsicht zu gute kommen.

Wa n n soil die Fehlerverbesserung vorgenommen werden? Wenn der Rein- schrift des Aufsatzes eine Ausarbeitung im Konzept voraufgeht, wie es ja in den meisten Fillen geschehen wird, dann macht sich auch eine sweimalige Korrektur nbtig. Die erste, also die im Konzepte, ist die wichtigere, denn sie soll verhindern, dass Fehlerhaftes noch einmal geschrieben wird und sich da- durch dauernd im Schiiler festsetzt. Die sorgfiltige Abschrift des Konzepts giebt dem Schiiler Anlass und Gelegenheit, jeden Satz und jedfes Wort noch einmal zu priifen, so dass die Reinschrift eine relativ vollendete, m6glichst feh- lerfreie Arbelt ergiebt. Did Verbesserung der Reinschrift ist dann eine Art Nachlese, wobei die iibersehenen Fehler ans Licht gezogen, besonders aber die aus fliichtiger, gedankenloser Abschrift hrvorgegangenen schar! gemustert wer- den. Ein nRheres Eingehen aut die praktische Gestaltung dieser zweimaligen Fehlerverbesserung fihrt zur Erbrterung der Frage:

W ie soil die Fehlerverbesserung vorgenommen werden? Die ganze zeit- raubende und miihevolle Verbesserungsarbeit dart sich nicht aut das Ziel be- schrtnken, mbglichst fehlerfree AufsRtze zu erhalten; ihre wichtigste Aufgabe ist formaler Art und besteht darin, den Blick des Schiilers ftir das Ri chtige und Falsche zu sch&rfen und seine alge- meine s prachlich e, insbesondere stilistise he Bi 1- dung zu erh i hen. Aus diesem Grunde muss, was besonders die grammatisch-stilistische Seite der Aufsttze betrifft, vor allem d a s G

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fir die Bildung des Urtells in Anspruch genommen werden. Man wird daher in der Unterrichtsstunde, die fir die Verbesserung des Konzepts ausgesetzt ist, die Arbeiten einzelner Schiiler I a u t und 1 langsamv or l e s e n lassen, wbh- rend die ibrigen zum aufmerksamen Zuhiren verpflichtet sind und nach jedem Satze durch eine kurze Pause Gelegenheit zur Abgabe ihres Urtells und zur B e g r ii ndung desselben erhalten. Mit allgemeinen Redensarten, wie: Das passt nicht! oder: Der Satz klingt schlecht! darf man sich dabeli nicht begnii- gen, sondern muss immer auch eine Angabe 'des Grundes verlangen. So bietet sich hier vielfach Gelegenheit zur Erirterung und Einprgung von Stil r e- g e 1 n, die das Urteil des Schiilers stiitzen und ihm bei sphteren Arbeiten als Wegweiser dienen konnen.

Das laute und langsame Vorlesen ist auch der sicherste Weg zur richtigen Beurteilung der Z eichens e t z un g. Es empflehlt sich, einzelne Arbeiten, besonders schwicherer Schiler, so vorlesen zu lassen, dass jedes Zeichen mit genannt oder wenigstens durch auffillige Pausierung deutlich markiert wird, so dass die ibrigen Schiiler jeden Interpunktionsfehler sofort heraushbren. Das ausdrucksvolle laute Lesen mit besonnener Beachtung der Pausen ist fir die Begriindung einer richtigen Zeichensetzung welt wertvoller als grammati- sche Regeln. Die Schiler sind immer wieder zu erinnern, das Verfahren, das in der Schule geiibt wird, auch bei lihren Ausarbeitungen zu Hause selbstndig anzuwenden.

Fiir die Kontrolle der Rechtschreibung, wobel das prifende Au ge die Hauptrolle spielen muss, empfehlen sich folgende Massnahmen:

1. Die Schiller miissen sich bei der Ausarbeitung thres Aufsatzes diejeni- gen Wbrter merken, fiber deren Schreibung sie im Zwelfel sin, und wenden sich nun in der Unterrichtsstunde f r a g e nd an den Lehrer. Das ist ein vor- zigliches Mittel, sie an besonnenes Arbeiten und scharfes Aufmerken auf ortho- graphische Einzelheiten zu gewohnen.

2. Es werden solche Wbrter mit schwieriger Schreibung, von denen nach Massgabe des bearbeiteten Stoffes anzunehmen ist, dass sie in allen oder doch in den melsten Arbeiten vorkommen, kurz behandelt (durch Anschreiben, Buch- stableren, oder auch durch Nennung des charakterlstischen Buchstabens).

3. Der Lehrer nimmt elne oder mehrere Arbeiten, etwa von den schw~ch- sten Schilern, besonders vor und 1isst die darin vorkommenden Fehler unter Beteiligung der ganzen Klasse verbessern, wobei jeder Schiiler Gelegenheit fin- det, einzelne der besprochenen Flle in seiner eigenen Arbeit aufzusuchen und zu kontrollieren.

4. Die Schiler miissen ihre Aufsitze wechselseitig durchsehen una einan- der auf die gefundenen Fehler aufmerksam machen. Dieses Verfahren erfor- dert viel disziplinarisches Geschick des Leirers, da den Schilern gestattet wer- den muss, ihre Ansichten gegenseitig auszutauschen, ohne dass dadurch die Klassenordnung gestort wird. Es empflehlt sich, die Paare, die ihre Biicher zu vertauschen haben, so zu bestlmmen, dass immer ein schwicherer SchiiIer mit einem begabteren zusammenkommt. Bei Meinungsverschiedenheiten ist die Entscheidung des Lehrers zu erbitten.

Endlich sind die Aufsitze der Schiller auf Ordnung und S a u b e r k e I it zu kontrollieren. Es ist auf keinen Fall zu dulden, dass das Konzeptheft als ein Schmierbuch behandelt wird, in dem sich die schrfitlichen Arbeiten als etn Sammelsurium missglickter und durchstrichener Wrter und SRtze aarsteIlen. Bei der ersten Ausarbeitung eines Aufsatzes sind ja Korrekturen nicht zu ver- meiden, aber sie miissen immer so vorslchtig ausgeffihrt werden, dass sle das gute Aussehen des Ganzen nicht wesentlich beeintr&chtlgen. UIm die Schiler daran z gewohnen, darft der Lehrer nicht versaumen, jede enzelne Arbeit aut

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ihre iiussere Ausfihrung hin anzusehen; es geniigt dazu ein einziger priifender Blick auf die Seiten des Heftes und hier und da ein kurzes, bald tadelndes, bald anerkennendes Urteil iiber den Eindruck der Arbeit.

Nun haben die Schiiler die Reinschrift des Aufsatzes zu lietern. Vorher wird man vielleicht noch einige gute Arbeiten im Zusammenhang vorlesen las- sen, besonders um der schwicheren Schiler willen, um diesen zur Anschauung zu bringen, wie die Darstellung ungefiihr klingen muss. Macht der Lehrer die Wahrnehmung, dass der Aufsatz auch den besseren Schilern nicht recht gelun- gen ist, dann kann vielleicht aer Vortrag eines Stilmusters, wie er solche in seinem Vorbereitungshefte oder in einer guten Aufsatzsammlung zur Ver'fiigung hat, recht wirksame Dienste leisten. Nach einem kurzen Hinweis auf die Punkte, worauf es bei der Stilisierung in dem betreffenden Falle ankommt, ist dann den Schiilern zu gestatten, an ihrem Aufsatze nach Massgabe des Stil- musters iXnderungen vorzunehmen.

III. Nachsitzen.

Von A. GiZd, Rektor in Kassel.

(Aus ,,Aus der Schule, fiir die Schule.")

Es dauern noch heute im Schulleben Einrlchtungen fort, die man lingst b~itte abschaffen sollen, dazu gehirt das Nachsitzen. Man hat diese Schul- strafe der Karzerstrafe des Pennals nachgeahmt, ohne sich dariiber klar zu werden, dass in einer Madchen- oder Knabenvolksschule die Verhiltnisse doch wesentlich anders sind als dort. Das Nachsitzen hat nur dann eine Berechti- gung, wenn es bezweekt, dass ein Schiiler, der eine aufgegebene Arbeit zu Hause nicht angefertigt hat, dieselbe in der Schule macht. (Ob die Schule be- rechtigt ist, hiusliche Aulfgaben zu geben, oder ob dieselben iberhaupt Zweck und Nutzen haben, soll hler nicht erirtert werden, indessen ist es zu bestrel- ten.) Verwerflich wird die Nachsitzstrafe aber, wenn sie den Zweck der Frei- heitsberaubung hat. Auf dem Gebiete der Rechtspflege geht man mit der Ab- sicht um, die Freiheitsstrafen mehr und mehr einzuschrinken und dieselben nur bei unverbesserlichen und fir die Menschheit getfhrIichen Verbrechern anzuwenden, und die Schule verhlngt Gefingnisstrafen iiber Kinder, die ein- mal gelacht, geplaudert haben, unaufmerksam oder unfleissig gewesen sind.

Ich kenne eine Schule, bel der die Strafe des Nachsitzens sehr hiiufig ver- hingt wurde; jede Klasse hatte ein Buch zum Eintrag der Bestraften, nach jeder letzten Stunde des 'rages war eine Nachsitzstunde fir die Schuiler aller Klassen gemeinsam angesetzt, ein Lehrer, gewohnlich einer der jiingsten, hatte die Aufsicht, aber keinerlei Verpflichtung, die aufgegebenen Arbeiten nachzu- sehen, was iibrigens au'h unmbglich gewesen ware. Er war einzig und allein Gefingniswrter. Kinder, die sum erstenmale mit der Strafe des Nachsitzens belegt wurden, mussten ins Arrestlokal geschleift werden, hier wurden sie Zeugen der Ungezogenhelten der ilteren Schiler und kamen zum sweitenmale schon ganz dreist. l1tere Schiilerinnen legten es geradezu darauf an, Nach- sitzen zu erhalten, sie fertigten in den Arrestatunden ihre Schulaufgaben, zur Weihnachtszeit Handarbelten fir die lieben Eltern an, trafen verabredeter- massen mit andern zusammen, um Unsinn zu treiben. Der aufsichtfiihrende Lehrer, der kein anderes Mittel hatte, als wieder Nachsltzstrafen zu geben, hatte eine hellose Aufgabe und schnitt sich ins egene Fleisch. Soviel auch

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