+ All Categories
Home > Documents > Die Reise zu sich - Achtsamkeit am Arbeitsplatz · 2016-11-08 · Die Reise zu sich Stress stoppen:...

Die Reise zu sich - Achtsamkeit am Arbeitsplatz · 2016-11-08 · Die Reise zu sich Stress stoppen:...

Date post: 30-Jun-2020
Category:
Upload: others
View: 0 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
1
Gießener Magazin EXPRESS 6 S ei es im Studium oder im Be- ruf: Immer mehr Menschen fühlen sich gestresst, über- fordert von der Arbeitsbelastung und einem immer schneller wer- denden Arbeitstempo. So kommt eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse unter 1000 Studierenden in Nordrhein- Westfalen zu alarmierenden Er- gebnissen: Danach fühlen sich die Hälfte der angehenden Akademi- ker häufig bis ständig gestresst. 23 Prozent erlebten gar „Phasen tiefster Verzweiflung“. Hauptstressauslöser sind laut So- zialwissenschaftler Ulrich Adler mit 64 Prozent Prüfungsstress und mit 55 Prozent Zeitdruck und Hektik. Aber auch finanzielle Sorgen, Zukunftsängste und Überforderung belasteten die Studierenden. In der Arbeitswelt sieht es mit der Stressbelastung nicht besser aus, weiß die Gießener Erziehungswis- senschaftlerin Cornelia Löhmer, die zusammen mit dem Pädago- gen Rüdiger Standhardt Kurse zur Stressbewältigung u.a. in Firmen und Verwaltungen leitet. Ihr Rezept gegen zunehmenden Stress und Überlastung ist die Le- benskunst der Achtsamkeit: „Die Erfahrung ist, dass wenige Minu- ten am Tag ausreichen, um sich zurückzulehnen und achtsam in- nezuhalten. Wenn man das mehr- fach tut, ist das wie eine Tankstel- le, an der man neue Energie be- kommt“, sagt Löhmer. Dabei sei das achtsame Innehal- ten viel mehr als einfache Ent- spannung. Löhmer: „Es geht da- rum, den ,Autopiloten‘ aus- zuschalten, von dem man oft ge- steuert wird, den Moment zu erle- ben, wieder mitzukriegen, was man macht – und wie man es macht.“ Ein großes Defizit sowohl im Stu- dium als auch im Beruf sei, dass sich viele Menschen nicht die Zeit nehmen ihren Alltag zu reflektie- ren, unterstreicht der Gießener Neuropsychologe Ulrich Ott. Die Fragen „Wer bin ich, wie gehe ich mit mir um?“ stelle sich kaum je- mand. Stattdessen blieben viele in ihrem mentalen Hamsterrad ge- fangen, arbeiteten mechanisch ihr Arbeitspensum ab. Freilich: Wer aus dem Hamsterrad raus wolle, dem bereite die kon- krete Umsetzung oft Probleme. Denn sich eine Auszeit zu nehmen bedeute mehr „als eine kurze Un- terbrechung der Arbeit“, erläu- tert Ott. Achtsamkeit bedeute zugleich ein „Loslassen“, eine „aktive Hinwendung an die Ge- genwart“, die getragen sei „von einer Haltung des Wohlwollens sich selbst gegenüber. Aus Otts Sicht ist Achtsamkeit „ein Schlüs- sel zu mehr Selbstbestimmung und einer bewussten Lebensge- staltung“. Vorreiter der Achtsamkeitspraxis in Medizin und Gesellschaft ist der amerikanische Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn, der in den späten 1970er Jahren für Patienten mit chronischen Schmerzen ein Pro- gramm zur Stressbewältigung entwickelte. Um seinen Alttag achtsam zu ge- stalten, braucht es allerdings ne- ben Zeit und Offenheit eine kom- petente Anleitung, sagt Neuro- psychologe Ott. Genau diese wollen die Coaches Cornelia Löh- mer und Rüdiger Standhardt in ih- rem Buch „Timeout statt Burn- out“ geben. Das Buch und die bei- liegende CD sollen Reisebegleiter bei der „spannendsten Reise Ih- res Lebens“, der „Reise zu sich selbst“, sein. So listet der handli- che Band neben einer Fülle von Insiderwissen zahlreiche praxiser- probte Anregungen auf, damit sich die Leser sofort auf den Weg machen können. Schritt für Schritt sollen die Leser lernen, wie man es schafft, mehr Achtsamkeit in sein Leben zu brin- gen und aus der Stress- und Bur- nout-Falle rauszukommen. „Neben der individuellen Acht- samkeitspraxis zu Hause ist unser zentrales Anliegen die Kultivie- rung von Achtsamkeit am Ar- beitsplatz“, ergänzt Cornelia Löh- mer. Aus langjährigen Erfah- rungen mit Mitarbeitern und Füh- rungskräften in den unterschied- lichsten beruflichen Zusammen- hängen hat das Coaching-Paar ein Training zur Achtsamkeit am Ar- beitsplatz entwickelt, das eben- falls im Buch vorgestellt wird. kro Es ist ein Thema, das leider weit- gehend aus den Schlagzeilen ver- schwunden ist: Noch immer sind Millionen von Menschen in Osta- frika unmittelbar von den Folgen einer verheerenden Dürrekata- strophe im vergangenen Jahr be- troffen. Die Marburger Entwick- lungshilfeorganisation Terra Tech hat 2012 deshalb ihr Engagement in Kenia stark ausgeweitet. In en- ger Absprache mit lokalen Part- nern (Nicht-Regierungs-Organi- sationen, Gemeinden, Kranken- häusern etc.) kümmert sich Terra Tech darum, dass besonders Bedürftige mit speziellen Nah- rungsmitteln – einem hochkalori- schen Pulver – versorgt werden, berichtet Terra Tech-Mitarbeiter Frank Beutell. Insgesamt soll so die Ernährungssituation von ca. 14.500 Menschen verbessert werden. Schwerpunkt der Maß- nahmen ist die Provinz Turkana in Nord-Kenia. „Nachdem die Betroffenen regi- striert und gewogen sind, bekom- men untergewichtige Kinder, Schwangere und Stillende eine Monatsration dieser hochkalori- schen Nahrung ausgehändigt“, berichtet Beutell, der Kenia im November besucht hat. Erfah- rungsgemäß überwänden die Be- troffenen innerhalb von drei Mo- naten die kritische Lage und könnten sich danach ohne Zu- satznahrung ernähren. Terra Tech e.V., Spendenkonto: 44440, Sparkasse Marburg-Biedenkopf, BLZ: 53350000 Aus den Schlagzeilen Hilfe für Dürreopfer durch Terra Tech Die Reise zu sich Stress stoppen: Wie man innehält für mehr Lebensqualität Cornelia Löhmer und Rüdiger Stand- hardt: Timeout statt Burnout. Einü- bung in die Lebenskunst der Acht- samkeit, gebunden mit CD, ISBN 978-3-608-94729-8 Ulrich Ott: Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst, ISBN 978-3-426-29100-9 Cornelia Löhmer plädiert für „Timeout statt Burnout“ nicht nur in der stressigen Vorweihnachtszeit. Foto: Kronenberg Besichtigung beim Nahrungsmittel-Produzenten: Die hochka- lorischen Nahrungsmittel werden in Kenia produziert, die Zu- taten stammen zu etwas mehr als 80% aus Kenia. Foto: Beutell GI-TDW 6-7_GI-TDW 6-7.qxd 18.12.12 14:49 Seite 6
Transcript
Page 1: Die Reise zu sich - Achtsamkeit am Arbeitsplatz · 2016-11-08 · Die Reise zu sich Stress stoppen: Wie man innehält für mehr Lebensqualität Cornelia Löhmer und Rüdiger Stand

Gießener Magazin EXPRESS6

Sei es im Studium oder im Be-ruf: Immer mehr Menschenfühlen sich gestresst, über-

fordert von der Arbeitsbelastungund einem immer schneller wer-denden Arbeitstempo. So kommteine aktuelle Umfrage im Auftragder Techniker Krankenkasse unter1000 Studierenden in Nordrhein-Westfalen zu alarmierenden Er-gebnissen: Danach fühlen sich dieHälfte der angehenden Akademi-ker häufig bis ständig gestresst.23 Prozent erlebten gar „Phasentiefster Verzweiflung“. Hauptstressauslöser sind laut So-zialwissenschaftler Ulrich Adlermit 64 Prozent Prüfungsstressund mit 55 Prozent Zeitdruck und Hektik. Aber auch finanzielle Sorgen, Zukunftsängste undÜberforderung belasteten die Studierenden.In der Arbeitswelt sieht es mit derStressbelastung nicht besser aus,weiß die Gießener Erziehungswis-senschaftlerin Cornelia Löhmer,die zusammen mit dem Pädago-gen Rüdiger Standhardt Kurse zurStressbewältigung u.a. in Firmenund Verwaltungen leitet.Ihr Rezept gegen zunehmendenStress und Überlastung ist die Le-benskunst der Achtsamkeit: „DieErfahrung ist, dass wenige Minu-ten am Tag ausreichen, um sichzurückzulehnen und achtsam in-nezuhalten. Wenn man das mehr-fach tut, ist das wie eine Tankstel-le, an der man neue Energie be-kommt“, sagt Löhmer. Dabei sei das achtsame Innehal-ten viel mehr als einfache Ent-spannung. Löhmer: „Es geht da-rum, den ,Autopiloten‘ aus-zuschalten, von dem man oft ge-steuert wird, den Moment zu erle-

ben, wieder mitzukriegen, wasman macht – und wie man esmacht.“Ein großes Defizit sowohl im Stu-dium als auch im Beruf sei, dasssich viele Menschen nicht die Zeitnehmen ihren Alltag zu reflektie-ren, unterstreicht der GießenerNeuropsychologe Ulrich Ott. DieFragen „Wer bin ich, wie gehe ichmit mir um?“ stelle sich kaum je-mand. Stattdessen blieben viele inihrem mentalen Hamsterrad ge-fangen, arbeiteten mechanisch ihrArbeitspensum ab.Freilich: Wer aus dem Hamsterradraus wolle, dem bereite die kon-krete Umsetzung oft Probleme.

Denn sich eine Auszeit zu nehmenbedeute mehr „als eine kurze Un-terbrechung der Arbeit“, erläu-tert Ott. Achtsamkeit bedeute zugleich ein „Loslassen“, eine„aktive Hinwendung an die Ge-genwart“, die getragen sei „voneiner Haltung des Wohlwollenssich selbst gegenüber. Aus OttsSicht ist Achtsamkeit „ein Schlüs-sel zu mehr Selbstbestimmungund einer bewussten Lebensge-staltung“. Vorreiter der Achtsamkeitspraxisin Medizin und Gesellschaft ist deramerikanische MolekularbiologeJon Kabat-Zinn, der in den späten1970er Jahren für Patienten mitchronischen Schmerzen ein Pro-gramm zur Stressbewältigungentwickelte.Um seinen Alttag achtsam zu ge-stalten, braucht es allerdings ne-ben Zeit und Offenheit eine kom-petente Anleitung, sagt Neuro-psychologe Ott. Genau diesewollen die Coaches Cornelia Löh-mer und Rüdiger Standhardt in ih-rem Buch „Timeout statt Burn-out“ geben. Das Buch und die bei-liegende CD sollen Reisebegleiterbei der „spannendsten Reise Ih-res Lebens“, der „Reise zu sichselbst“, sein. So listet der handli-

che Band neben einer Fülle vonInsiderwissen zahlreiche praxiser-probte Anregungen auf, damitsich die Leser sofort auf den Wegmachen können. Schritt für Schritt sollen die Leserlernen, wie man es schafft, mehrAchtsamkeit in sein Leben zu brin-gen und aus der Stress- und Bur-nout-Falle rauszukommen.„Neben der individuellen Acht-samkeitspraxis zu Hause ist unserzentrales Anliegen die Kultivie-rung von Achtsamkeit am Ar-beitsplatz“, ergänzt Cornelia Löh-mer. Aus langjährigen Erfah-rungen mit Mitarbeitern und Füh-rungskräften in den unterschied-lichsten beruflichen Zusammen-hängen hat das Coaching-Paar einTraining zur Achtsamkeit am Ar-beitsplatz entwickelt, das eben-falls im Buch vorgestellt wird. kro

Es ist ein Thema, das leider weit-gehend aus den Schlagzeilen ver-schwunden ist: Noch immer sindMillionen von Menschen in Osta-frika unmittelbar von den Folgeneiner verheerenden Dürrekata-strophe im vergangenen Jahr be-troffen. Die Marburger Entwick-lungshilfeorganisation Terra Techhat 2012 deshalb ihr Engagementin Kenia stark ausgeweitet. In en-ger Absprache mit lokalen Part-nern (Nicht-Regierungs-Organi-sationen, Gemeinden, Kranken-häusern etc.) kümmert sich TerraTech darum, dass besonders Bedürftige mit speziellen Nah-rungsmitteln – einem hochkalori-schen Pulver – versorgt werden,berichtet Terra Tech-MitarbeiterFrank Beutell. Insgesamt soll sodie Ernährungssituation von ca.14.500 Menschen verbessertwerden. Schwerpunkt der Maß-nahmen ist die Provinz Turkana inNord-Kenia.

„Nachdem die Betroffenen regi-striert und gewogen sind, bekom-men untergewichtige Kinder,Schwangere und Stillende eineMonatsration dieser hochkalori-schen Nahrung ausgehändigt“,berichtet Beutell, der Kenia imNovember besucht hat. Erfah-

rungsgemäß überwänden die Be-troffenen innerhalb von drei Mo-naten die kritische Lage undkönnten sich danach ohne Zu-satznahrung ernähren.

Terra Tech e.V., Spendenkonto: 44440, Sparkasse Marburg-Biedenkopf, BLZ: 53350000

Aus den SchlagzeilenHilfe für Dürreopfer durch Terra Tech

Die Reise zu sichStress stoppen: Wie man innehält

für mehr Lebensqualität

Cornelia Löhmer und Rüdiger Stand-hardt: Timeout statt Burnout. Einü-bung in die Lebenskunst der Acht-samkeit, gebunden mit CD, ISBN 978-3-608-94729-8

Ulrich Ott: Meditation für Skeptiker:Ein Neurowissenschaftler erklärtden Weg zum Selbst, ISBN 978-3-426-29100-9

Cornelia Löhmer plädiert für „Timeout statt Burnout“nicht nur in der stressigen Vorweihnachtszeit.

Foto: Kronenberg

Besichtigung beim Nahrungsmittel-Produzenten: Die hochka-lorischen Nahrungsmittel werden in Kenia produziert, die Zu-taten stammen zu etwas mehr als 80% aus Kenia. Foto: Beutell

GI-TDW 6-7_GI-TDW 6-7.qxd 18.12.12 14:49 Seite 6

Recommended