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Die Psychologie des Schmerzes - Mario Fox

Date post: 01-Dec-2021
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31
KLINIKUM BAD BRAMSTEDT Zentrum für Gelenke, Wirbelsäule, Muskulatur, Nerven und Gefäße Die Psychologie des Schmerzes Schmerz als psychologisches Phänomen Eine Informationszusammenstellung der Abteilung Psychologie Dr. Mario Fox, Leitung Psychosozialer Dienst www.mariofox.de
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KLINIKUM BAD BRAMSTEDT

Zentrum für Gelenke, Wirbelsäule, Muskulatur,

Nerven und Gefäße

Die Psychologie des Schmerzes

Schmerz als psychologisches Phänomen

Eine Informationszusammenstellung der Abteilung

Psychologie

Dr. Mario Fox, Leitung Psychosozialer Dienst

www.mariofox.de

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 2 KLINIKUM Bad Bramstedt

Chronische Schmerzen aus

psychologischer Sicht

Themenfolge

Was ist Schmerz?

Zahlen zum Thema (unspezifischer) Rückenschmerz

Einflussfaktoren auf die Schmerzchronifizierung

Selbstaktives Schmerzmanagement

Referent: Dr. Mario R. Fox, Psychologe, Leitung psychosozialer Dienst

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 3 KLINIKUM Bad Bramstedt

Das ist der größte Fehler bei der Behandlung von

Krankheiten, dass es Ärzte für den Körper und

Ärzte für die Seele gibt, wo beides doch nicht

getrennt werden kann.

Platon

MEDIZIN erscheint als bekannt, doch was ist

PSYCHOLOGIE?

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 4 KLINIKUM Bad Bramstedt

Was ist Schmerz?

DEFINITION (Internationale Gesellschaft zur Erforschung des Schmerzes)

Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und

Gefühlserlebnis, das einhergeht mit tatsächlicher

oder potenzieller Gewebeschädigung

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 5 KLINIKUM Bad Bramstedt

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 6 KLINIKUM Bad Bramstedt

Was ist Wahrnehmung

Aktiver Prozess der

Informationsverarbeitung

Deutungsprozess, nach Input von

Sinnesdaten erfolgt die

Entwicklung von Hypothesen und

eines internen Modells von der

Welt; Abgleich mit dem weiteren

Input von Sinnesdaten

Das Gehirn erzeugt durch interne

Informationsverarbeitungsprozesse

Prognosen über die Folgen eigenes

Verhalten; es erzeugt keine

„Wahrheiten“

Prinzip der Ähnlichkeit

Gedächtnis, Lernerfahrungen,

Biografie

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 7 KLINIKUM Bad Bramstedt

Was ist Schmerz?

Schmerz ist ein Erleben

Schmerzen sind Sinnesempfindungen wie

Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Berühren

und unterliegen daher auch den Regeln der

üblichen Sinnesempfindungen; sie sind uns so

geläufig wie Hunger, Durst, Kälte, Hitze und

zeigen auch die Grenzen des Selbst auf; sie sind

also auch Grenz- und Selbst-Erfahrungen

Zusammenhang zwischen Schaden und

Schmerzerleben nur sehr schwach

Schmerzen provozieren unangenehme

Emotionen

angenehme und unangenehme Emotionen sind

niemals gleichstark gleichzeitig erlebbar

Alles, was die Stimmung beeinflusst, beeinflusst

auch das Schmerzerleben

Erleben wird stets beeinflusst von Erleben in

anderen Bereichen

Schmerz ist eine Wahrnehmung und

Wahrnehmung ist stets selektiv

Schmerz als Dreieck

Reizung, Sinnesempfindung

Einstellungen, Gedanken

Deutung, Bewertung

Unangenehme

Emotionen, Gefühle

Verhalten, Motorik

Aktivität

Training

Passivität

Rückzug

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 8 KLINIKUM Bad Bramstedt

gemessen auf einer Skala nach

Selbsteinschätzung *

4

Anfangswert Entlassung nach

medizinischer

Behandlung

nach

einer

Woche

nach einem

halben Jahr

6

5

3

2

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Den Schmerz nicht zum Führer des Lebens werden lassen!

Psychologen unterteilten Rückenschmerzpatienten nach deren Umgang mit dem Leiden

in vier Typen und verfolgten die Entwicklung ihrer Beschwerden / Schmerzen ein halbes Jahr lang.

Nach Professor Hasenbring

Schmerzen: Die Einstellung spielt eine große Rolle

der ausgeglichene Typ

der „Durchhalter“

der verängstigte

Typ

der Ignorant

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 9 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzbewertungen auf VAS

•Bei einer VAS von 0 bis 10 gilt eine angegebene

Schmerzstärke ab 4 als behandlungsbedürftig.

•Eine Schmerzreduktion um 3 Stufen wird als

Erfolg bei der Schmerzreduktion bewertet,

entspricht einem Schmerzrückgang um etwa 37%

•Schmerz wird bereits dann als stärker bewertet,

wenn der Skalenwert sich um nur eine Stufe nach

oben verschlechtert, also eine Verstärkung um

etwa 10% wird bereits als schmerzverstärkend

erlebt

•Das bedeutet, dass eine Schmerzverstärkung

deutlich eher registriert wird als eine

Schmerzreduktion!

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 10 KLINIKUM Bad Bramstedt

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Schmerzstärke in Abhängigkeit der Erwartung Nocebo-Effekt

VAS

Ulrike Bingel, Hamburg, 2012

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 11 KLINIKUM Bad Bramstedt

Umgang mit Schmerzen

Was ist besser?

Bei Schmerzen sollte man sich schonen und

Aktivitäten vermeiden

Um Schmerzen sollte man sich möglichst

wenig kümmern und versuchen, so normal

wie möglich weiterzumachen

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 12 KLINIKUM Bad Bramstedt

Akute und chronische Schmerzen werden

unterschiedlich empfunden

Akut

hell, stechend, brennend

gut lokalisierbar

stärker

kürzere Dauer

Ursache meist bekannt

eher erfolgreiche (medikamentöse,

manuelle Therapie) Behandlung

Warnfunktion

Chronisch

dumpf, ziehend, drückend

schlecht lokalisierbar

nicht so stark

lang andauernd, rezidivierend

Ursache meist unbekannt und

vielschichtig oder bekannt, aber nicht

heilbar

vielerlei eher erfolglose

Behandlungsversuche,

Behandlungsziele: Schmerzlinderung

und Erhalt von Lebensqualität, auch:

Absetzen von Medikamenten Akzeptanz

der Restbeschwerden

Daueralarm

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 13 KLINIKUM Bad Bramstedt

Unterschiedliche Einflussfaktoren

auf akute und chronische Schmerzen

Akut

Schädigung von Körpergewebe

körperliche Arbeitsüberlastungen, Fehlbelastungen

Chronisch

physiologische und strukturelle Veränderungen im Nervensystem

Radikulopathien

Entzündungsvorgänge

psychosoziale Kontextfaktoren, wie z. B. psychische Traumatisierungen, Stress- und Schmerzvulnerabilität; Kontrollverlust, Auswegs-/ Hilflosigkeit; Einsamkeit, Ausgrenzungserfahrungen

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 14 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerztypen

Nozizeptiver, protektiver

Schmerz

Entzündungsschmerz

Neuropathischer Schmerz

Dysfunktionaler Schmerz

Nichtspezifischer, nichtradikulärer

RS:

akut: nozizeptiv, protektiv

chronisch: neuropathisch

oft Besserung durch Bewegung

oft Diskrepanz zwischen Befund und

Befindlichkeit

Führt zu muskulären Veränderungen,

muskulären Dysbalancen und myofaszialen

Funktionsstörungen

Spezifischer, neuropathischer RS

Nervenläsion, Radikulopathien, Schmerzen

im Ausbreitungsgebiet der Nerven und

projizieren auf spezifische Dermatome

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 15 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzmanagement

Selbstaktive Maßnahmen Chronische Schmerzen

Aktivitäten, Bewegen,

Bewegungstraining, Sport, vor

allem: Aerobic-Programme

und Krafttraining

Ausdauertraining,

Fitnesstraining

Koordinationstraining,

sensomotorisches Training

Sport und Spiel,

Bewegungsfreude

wechselnde Haltungen,

dynamisches Sitzen

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 16 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzumgang: Maßnahmen

Akute Schmerzen Bettruhe möglichst vermeiden, möglichst nicht länger als drei Tage,

„richtige“ Lagerung, punktelastische Matratze

Ablenkungen, wenn möglich und keine Notfallsituation vorliegt

passive Anwendungen, Kälte oder Wärme, Wohlfühl- Bäder, sanfte

Massagen;

wenn nötig, Nicht-Opioide oder nichtsteroidale Analgetika wie ASS

Sanfte Bewegungsformen wie Yoga, QiGong, Feldenkrais

Ablenken und keine Dramatisierungen, „wait and see“

Motto

möglichst nichts tun, jedenfalls keine Panikaktivitäten; abwarten und

vorübergehen lassen, mit möglichst angenehmen Dingen beschäftigen,

Ablenkungen forcieren, negative Emotionen kontrollieren

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 17 KLINIKUM Bad Bramstedt

Anhaltende Schmerzen

Wenn die akuten Schmerzen trotz konservativer Behandlung

durch Hausärzte oder Orthopäden länger als drei Monate

anhalten, sollte man einen Schmerzmediziner aufsuchen,

also einen Allgemeinmediziner oder Internisten oder

Neurologen oder Anästhesisten mit der Zusatzqualifikation

„Spezielle Schmerztherapie“.

Suchpfade für wohnortnahe Adressen:

dgss.org (Tel: 030/39409689-0)

schmerzliga.de/service.html (Tel: 06171/ 2860-53)

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 18 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzmanagement

Selbstaktive Maßnahmen Bewertung von Schmerzen bei Bewegungen und

Haltungen

Kriterium: Schmerzausrichtung

NEGATIV von zentral nach außen

wenn Schmerzen in Folge von Aktivitäten vom Kreuz aus in

Gesäß oder Bein (unterhalb des Knies) ausstrahlend sich

verstärken oder in vorgebeugter Haltung stärker werden

POSITIV von außen zurück nach zentral

wenn Schmerzen sich zentralisieren, sich also auf einen

umgrenzten Bereich zurückziehen (und sich dabei auch

verstärken können)

NEGATIV, wenn Schmerzen trotz monatelanger

konservativer Behandlung bestehen bleiben,

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 19 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzstatistik RS bedingen 18% aller EU- und BU-Fälle und verursachen 22 Milliarden Euro volkswirtschaftliche Kosten

Zirka 80% der Deutschen erleben RS-Episoden, 16% haben permanent chronische Rückenschmerzen, 40% rezidivierende

RS; Lebenszeitprävalenz : 90%

80% aller Rückenschmerzen sind unspezifisch, also ohne Befund bzw. medizinische Erklärung; hier sind möglichst

frühzeitige Aktivierungsmaßnahmen erfolgsversprechend

Zirka 75% nach 1 Monat wieder arbeitsfähig; komplette Erholung nach 1 Jahr bei 40%, aber zirka zwei Drittel sind nach 1

Jahr nicht komplett schmerzfrei

Spontanremissionen bei 50% nach 1 Woche, 90% nach 1 Monat, 99% nach einem Jahr; aber Rückfallquote bei 50 - 70%;

Effektstärke bei natürlichem Verlauf (ohne Intervention): .6 „wait and see“ wäre ein sinnvolles Vorgehen bei mind. 70%

Erkrankungsgipfel liegt zwischen 50 und 60 Jahren, etwas mehr Frauen als Männer, abhängig auch vom Bildungsniveau

Bei jedem dritten älteren Menschen finden sich Bandscheibenvorfälle ohne Beschwerden

10% der Rückenschmerzen sind schwerwiegend und zeigen so genannte „red flags“ bei folgenden Anzeichen und zeigen

eine OP-Indikation an; also nur bei Risikopatienten sind aufwändige und invasive Behandlungen angezeigt:

– Vorerkrankungen, Trauma, frühere Episoden

– Paresen, Lähmungen in Beinen, Füßen, Schließmuskel, Blase, Taubheitsempfindungen

– Sequester-Massenvorfall

– ausstrahlende Beinschmerzen

– starker nächtlicher Ruheschmerz

– Schmerzverstärkung in vorgebeugter Haltung

– Schmerzkonstanz unabhängig von Lage- und Haltungswechsel

– Allgemeinsymptome (Unwohlsein, Übelkeit, Krankheitsgefühl), kurz nach Reisen, Zeckenbisse

– Fehlender konservativer Therapieerfolg bei starken, zirka 3Monate anhaltenden Schmerzen

– Schmerzkonstanz nach zirka 3 Monaten erfolgloser konservativer Behandlung bei diagnostiziertem Prolaps / Sequester

Erfolgsquote nach BS-OP bei 40% - 80%, völlig erfolglos bei zirka 15%, Kritiker (Marianowicz, 2012) berichten: zirka 40% der

BS-Operierten werden nach 1Jahr rückfällig; etwa 80% aller BS-OP sinnlos („failed back surgery syndrome“)

AU länger als 3 Monate gefährdet Wiedereingliederung, krankheitsbedingter Vorruhestand nur bei rund 4%

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 20 KLINIKUM Bad Bramstedt

Risikofaktoren Biologische Höheres Alter

Degenerative Vorgänge

Faszien (Bindegewebe) können verfilzen und das umhüllte Gewebe steif und schmerzhaft werden lassen

Stresshormone bewirken bei den Faszien Anspannung, Verhärtung und dadurch Unflexibilität

Gestörte Muskelansteuerung: verkümmerte Muskeln reagieren nicht schnell genug auf motorische Impulse

Zu viel Fetteinlagerung in der Muskulatur

Unfälle, Verletzungen

Psychische Minimalgebrauch der Bewegungssysteme, zu wenig Bewegung (heute nur noch ein paar Hundert Meter statt wie Jäger und

Sammler täglich mindestens 30 km)

Psychische Komorbidität (Angst, Depression, Sucht, etc.); Prävalenz liegt bei etwa 25% - 75%; depressive

Patienten zeigen doppelt so häufig Rückenschmerzen wie nichtdepressive

Passive Grundeinstellung, externale Kontrollüberzeugungen, übermäßiges Schonen und Vermeiden; Hilf- und

Hoffnungslosigkeit, Ausweglosigkeit

Psychische Traumatisierungen

Krankheitsgewinne

Defizite in Selbstsicherheit, Durchsetzungsfähigkeit

Defizite in der Stressbewältigung

Unzufriedenheit am Arbeitsplatz

Unangemessene Vorstellungen über Ursachen und Hilfen bei Rückenschmerzen

Überaktivitäten in der Schmerzsorge, übermäßiges Aufsuchen medizinischer Hilfen

Couch-Potato-Verhalten, Rauchen

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 21 KLINIKUM Bad Bramstedt

Risikofaktoren Berufliche

Schwerarbeit (Tragen und Heben schwerer Lasten)

Monotone und gegen Entspannungsphasen durchzuhaltende Körperhaltung

Vibrationsexposition

Geringe berufliche Qualifikation, Unzufriedenheit

Lebensstil

Rauchen

Deutliches Übergewicht (Bauchumfang über 80cm bei Frauen, über 95cm bei Männern)

Schlechte Ernährung

Mangelnde körperliche Kondition, mangelnde sportliche Bewegung

Iatrogene

Nichtbeachtung der multikausalen Genese

Keine Vereinbarung und Kontrolle der Therapieziele

Fortsetzung auch nicht erfolgreicher Therapien

Verordnung massiver Bettruhe, keine angemessene Schmerzmedikation

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 22 KLINIKUM Bad Bramstedt

Physische Einflussfaktoren

auf chronische Schmerzen

Physiologische und strukturelle

Veränderungen im Nervensystem

Hyperreagibilität

Nervensystem reagiert immer empfindlicher

Neuroplastizität

Veränderungen der Repräsentationen im

somatosensorischen Kortex

Schmerzgedächtnis, Sensitivierung des

Schmerzverarbeitungssystems

Absinken der Schmerzschwellen

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 23 KLINIKUM Bad Bramstedt

SCHMERZ Chronische Schmerzen zeigen sich in ähnlichen

neuronalen Netzwerken und ähnlichen Hirnarealen, die

auch bei Stressreaktionen aktiviert werden

Schmerz ist für den Organismus auch ein

biopsychologischer Stressor

Diese neuropsychologischen Zusammenhänge erklären

auch, warum psychosoziale Einflussfaktoren das

Schmerzerleben beeinflussen

Psychische Beeinträchtigungen können daher wie

Schmerzen erlebt werden, insbesondere Identitätskrisen

wie Einsamkeit, Ausgegrenztsein und Verlust geliebter

Menschen

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 24 KLINIKUM Bad Bramstedt

Psychosoziale Einflussfaktoren auf

chronische Schmerzen Stressbelastung: Frühkindliche psych. traumatisierende Erfahrungen erhöhen durch

„neurobiologische Narben“ u.U. die Stress- und Schmerzvulnerabilität

im Erwachsenenalter

Dauerstress fördert Entzündungs- , Schmerz- und Krankheitsaktivitäten

sowie neuronale und fasziale Strukturveränderungen, „Stress tut weh“

dagegen: sichere familiäre sowie freundschaftliche Bindungen und eine

liebevolle Partnerschaft sind enorme Schutzfaktoren

Arbeitsplatz: Unzufriedenheit, Ängste, destruktives Betriebsklima

eigene Erwerbsfähigkeitsprognose

Risikoverhalten: Rauchen

ungesunde Ernährung, Übergewicht, zu wenig trinken

Couch-Potato-Verhalten

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 25 KLINIKUM Bad Bramstedt

Psychosoziale Einflussfaktoren auf

chronische Schmerzen

Katastrophendenken: Ängstlichkeit, Hilflosigkeit, Resignation, Depressivität;

emotionale Labilität führt zu erniedrigter Wahrnehmungsschwelle für

das Erleben von Schmerzen, katasthrophisierende Gedanken,

Konzentration auf Schmerzen

Präoperative negative Schmerzerwartung verstärkt postoperative

Schmerzen

Bewegungsmangel: Angst vor so genannten „falschen Bewegungen“ führt zu:

Vermeidungsverhalten, Passivität, Inaktivität Abbau von Kraft und

Ausdauer, Unsicherheit in der Koordination und damit auch im

Körper- und Selbstbild

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 26 KLINIKUM Bad Bramstedt

Psychosoziale Einflussfaktoren auf

chronische Schmerzen Positive Folgen, operantes Lernen:

Umgehen unangenehmer Aufgaben

verstärkte Zuwendung

Sozialpsychologische Einflüsse, Beobachtungs- / Modell-Lernen :

Umgang des Sozialpartners mit Schmerzäußerungen

Empathiefähigkeit im sozialen Nahfeld (bei Frauen stärker als bei Männern)

Modelle für Schmerzumgang

Umstände der Kultur und Zivilisation

Schmerzausdrucksverhalten:

automatisierte und übermäßige sprachliche sowie körpersprachliche

Ausdrucksweisen

Folgende „Action-Units“ (prototypische mimische Ausdruckmuster für Affekte) zeigen

sich vermehrt beim Schmerzausdruck: Augenbrauen zusammenziehen, Augen

verengen sich, Naserümpfen, Mundwinkel einziehen, angespannte Zunge, Mundöffnung,

Vokalisationen (allerdings: 30% zeigen keine Mimik)

Überidentifikation mit den Beschwerden, Lebensinhalt

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 27 KLINIKUM Bad Bramstedt

Psychosoziale Einflussfaktoren auf

chronische Schmerzen

Geschlecht: Unterschiede der Schmerzverarbeitung

Geschlechtsspezifische Risikoabschätzung

Geschlechtsspezifische neuronale Ansprechbarkeiten

Geschlechtshormone, Stoffwechsel

Psychische Stabilität: Ausmaß der Emotionskontrolle, Erregbarkeit, Irritierbarkeit,

Impulshemmung

Belastbarkeit, Robustheit

Entspannungsfähigkeit

Lebensausrichtung, Identität, Lebensphilosophie

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 28 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzmanagement

Persönlichkeit und eigenes Verhalten Bindungsfähigkeit, befriedigende Partnerschaft, Freundschaften

bewegungsorientierter Lebensstil, Sport und zusätzlich: sanftes Bewegen

Vitalität und körperliches Wohlergehen fördern

Belastbarkeit fördern, Hardinesstraining = Herausforderungen suchen

Selbstdisziplin, Selbstverantwortung fördern

Stressbewältigungskompetenzen

Kohärenzsinn = Selbstwirksamkeit stärken

psychische Stabilität, Gelassenheit, Emotionskontrolle, innere Ruhe,

Ausgeglichenheit

Selbstvertrauen, Selbstsicherheit trainieren

Ablenkungstechniken

Passionen, Hobbys, geistige Interessen éntwickeln

Entspannungstraining

Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit

Lebensphilosophie

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 29 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzmanagement

Persönlichkeit und eigenes Verhalten

Genusstraining: Förderung von Kreativität, Kontemplation, Sinnlichkeit,

Sinnerleben, Lebensfreude

Entspannungs- und Erholungsfähigkeit

Ablenkungen suchen, geistige Beschäftigungen suchen

Kommunikative und soziale Kompetenzen: Freundschaften und Partnerschaft pflegen, Bindungsfähigkeit

erfüllte Sexualität, Erotik, Zärtlichkeit, Liebesfähigkeit

Interesse an Kunst, Kultur und Wissenschaft

Kooperationsfähigkeit, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 30 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzmanagement

Persönlichkeit und eigenes Verhalten

Teilhabe an beruflichen

Lebensbereichen:

Verbesserung der

Arbeitsmotivation und

Arbeitsplatzzufriedenheit

Einschätzung der eigenen

Neigungen und Fähigkeiten

Prognose der eigenen

Erwerbsfähigkeit und

Rehabilitationsfähigkeit

Frage: Was würde mir

fehlen ohne meinen

Beruf?

Hinsichtlich:

Identitätserleben

Kompetenzerleben

Struktur

Bestätigung

Kommunikation

wirtschaftliche Sicherheit

Dr. Fox, 16.08.2015 Seite 31 KLINIKUM Bad Bramstedt

Schmerzmanagement

Selbstaktive Maßnahmen

Grundsätzliche Zielsetzung: Teilhabe sichern an gesellschaftlichen, beruflichen und

privaten Lebensbereichen

Die dafür notwendigen Aktivitäten fördern

Die funktionale Gesundheit fördern

Restbeschwerden akzeptieren lernen

Merke: „Was tut mir gut?“ ist die bessere Frage als „Wie

vermeide ich Schmerzen?“

Also: Erhalt von Lebensqualität-

oft auch trotz Schmerzen

Was brauchen Sie für Ihre Lebensqualität?

Siehe oben...


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