Schülerdossier
Unterrichtsmodule für die Sekundarstufe II
Die Mobilität und unser CO2-BudgetEine Planungshilfe für zukunftsfähiges Reisen in Freizeit und Schule
Die Mobilität und unser CO2-Budget – Eine Planungshilfe für zukunftsfähiges Reisen in Freizeit und Schule© hep verlag ag Bern, 2011 2
Inhalt
Modul 1: Das Klima und der mobile Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 t CO2 pro Kopf ≈ 2 °C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3
Mobilität und CO2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
Fernreisen dominieren die CO2-Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6
Kompensation als Ausweg? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Modul 2: Transportmittel im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Schneller, billiger … klimaverträglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8
Berechnung der persönlichen CO2eq-Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
Klassenreisen fallen ins Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10
Modul 3: Mit Daten, Fakten und Emotionen zur Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Bewusste Verkehrsmittelwahl bei Ferien- und Klassenreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12
Von der Informationsbeschaffung zur Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
Die Reiseplanung im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
Datenbeschaffung und -auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15
Die Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15
Modul 4: Kompensation von CO2-Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Was tun, wenn fliegen unvermeidbar ist? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
Der Ursprung der Kompensationsidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
Teil der Lösung oder Teil des Problems? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17
Genau hinschauen lohnt sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17
Impressum
Victor Bandi, Markus NauserDie Mobilität und unser CO2-BudgetEine Planungshilfe für zukunftsfähiges Reisen in Freizeit und SchuleSchülerdossier
Dieses Werk konnte publiziert werden dank der freundlichen Unterstützung von– Milton Ray Hartmann-Stiftung, 3000 Bern 9– Bundesamt für Umwelt BAFU, 3003 Bern– Hamasil Stiftung, 8005 Zürich
Für Rückmeldungen zum Inhalt sind wir dankbar .info@hep-verlag .chnauser@dialogumwelt .chvictor .bandi@gymhofwil .ch
1 . Auflage 2011Alle Rechte vorbehalten© 2011 hep verlag ag, Bern
hep verlag ag dialog:umwelt gmbhBrunngasse 36 Schermenwaldstrasse 10CH-3011 Bern CH-3063 Bern-Ittigen www .hep-verlag .ch www .dialogumwelt .ch
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Modul 1: Das Klima und der mobile Mensch
In der Werbung und in Filmen sind sie allgegenwärtig, die Bilder von palmengesäumten Südseestränden,
einsamen Inseln mit farbenschillernder Unterwasserwelt, abenteuerlichen Trekkings in entlegene Wüsten-
gebiete oder gar Kreuzfahrten entlang der Eislandschaften des südlichen Polarmeers .
Reisen in ferne Länder scheinen zu einer Selbstverständlichkeit geworden zu sein . Und – zumindest was
Städtereisen in Europa betrifft – sind auch die Kosten kein Hindernis mehr, seit Billiganbieter ihre Flüge zu
Spottpreisen anbieten . Der Flugverkehr hat in den letzten 30 Jahren stark zugenommen und die Progno-
sen der Tourismusbranche gehen weiterhin von einem kräftigen Wachstum aus (UNWTO, 2010; UNWTO/
UNEP, 2008) .
Gleichzeitig trägt die zunehmende Reiselust wesentlich dazu bei, dass weltweit die Belastung der Umwelt
durch Luftschadstoffe und Treibhausgase ansteigt . Dieses Modul zeigt auf, wie Klimaerwärmung, CO2 und
Mobilität zusammenhängen und welche Rolle die Mobilität und das Reiseverhalten für die persönliche
CO2-Bilanz spielen .
1t CO2 pro Kopf ≈ 2 °C
Verschiedene Gase tragen zur Klimaerwärmung bei . CO2 ist das mit Abstand bedeutendste vom Menschen
verursachte Treibhausgas (IPCC, 2007) . Überall dort, wo fossile Energie (Erdöl, Erdgas, Kohle) verbrannt
wird, entstehen grosse Mengen an CO2 .
Abbildung 1 zeigt, wie viel CO2 in verschiedenen Ländern pro Kopf der Bevölkerung verursacht wird . In
den Zahlen enthalten sind auch die sogenannten «grauen» Emissionen . Darunter versteht man die Emis-
sionen, die bei der Herstellung der importierten Güter im Ausland entstehen, abzüglich den Emissionen
durch Güter, die ins Ausland exportiert werden .
Abb. 1: CO2-Emissionen pro Kopf im Ländervergleich (OECD, 2009)
USA23,1 t
Indien0,8 t
Brasilien1,9 t
China2,0 t
Türkei2,6 t
Südafrika5,3 t
Russland6,3 t
Frankreich8,7 t Australien
15,9 t
Japan11,6 t
Italien9,6 t Deutschland
11,9 t
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Aufgabe 1: Ergänzen Sie in der Grafik einen roten Ballon für die Schweiz gemäss folgender Angaben: «In der Schweiz beträgt die CO2-Emission 5,8 Tonnen pro Kopf. Berücksichtigt man auch die sogenannten grauen Emissionen, die durch den Import von Konsumgütern und elektrischem Strom entstehen, so steigen sie auf über 10 Tonnen pro Kopf.» (NZZ online, 16.4.2009).
Aufgabe 2: Wie können die Gesamtemissionen der aufgeführten Länder berechnet werden?
Aufgabe 3: Erläutern Sie die unterschiedlichen Pro-Kopf-CO2-Emissionen von Indien, der Schweiz und den USA.
Aufgabe 4: In den Medien ist immer wieder vom raschen Wachstum der CO2-Emissionen in China die Rede. Pro Kopf sollen die Emissionen heute bereits über 5 Tonnen CO2 betragen. Weshalb weicht dieser Wert so stark von der Angabe in der Grafik ab?
Das Spektrum bei den Pro-Kopf-Emissionen von CO2 ist sehr gross . Die Fragen liegen auf der Hand: «Wer
lebt hinsichtlich CO2 über seinen Verhältnissen? Wie viel CO2 ist zu viel?» Aus der Klimaforschung lässt
sich eine ziemlich klare Antwort ableiten . Soll das Risiko gravierender, dauerhafter Schäden für Mensch
und Natur vermieden werden, dann muss der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 2 °C
gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden . Die Erreichung dieses Ziels bedingt, dass im Jahr
2050 nicht mehr als 1 Tonne CO2 pro Kopf der Weltbevölkerung in die Atmosphäre gelangt (WBGU,
2009a/2009b) . Aus heutiger Sicht ist eine solche Reduktion schwer vorstellbar . Sie erfordert sowohl grund-
legende technische Innovationen als auch eine veränderte Einstellung zum Umgang mit Energie .
Wenn gravierende Auswirkungen der Klimaerwärmung wie z. B. häufigere Extremereignisse vermieden werden sollen, muss die globale Erwärmung auf maximal 2°C gegenüber der vor-industriellen Zeit beschränkt werden. Überschwemmung des Berner Matte-Quartiers, August 2005 © Schweizer Luftwaffe
Als Orientierungsgrösse dient in dieser Unterrichtseinheit ein Zwischenziel von 2,7 Tonnen CO2 pro Kopf
und Jahr . Diese Menge steht theoretisch jedem Menschen als Durchschnittswert für die kommenden Jahr-
zehnte zur Verfügung (total 110 t CO2 im Zeitraum von 2010 bis 2050) . Für die Schweiz bedeutet das: Wenn
wir weitermachen wie bisher, ist diese Menge innerhalb von gut 10 Jahren «verbraucht» . Die Emissionen
müssten anschliessend auf null sinken oder wir müssten sie von Personen bzw . Ländern «einkaufen»,
deren Emissionen noch deutlich unter dem zulässigen Durchschnittswert liegen .
Das klimaverträgliche CO2-BudgetDie Menge CO2, die weltweit pro Mensch und Jahr im Durchschnitt verursacht werden darf, wenn die Klimaerwärmung 2 °C nicht übersteigen soll, beträgt längerfristig maximal 1 Tonne CO2. Als Durchschnitts-wert für den Zeitraum ab heute bis 2050 steht jedem Menschen pro Jahr ein «Budget» von 2,7 Tonnen CO2 zur Verfügung.
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Aufgabe 5: Ergänzen Sie in Abbildung 1 die erläuterte 1-Tonnen-CO2-Limite sowie das 2,7-Tonnen-Zwischenziel mit einem grünen Ballon.
Vertiefungsaufgabe: Im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2050 dürfen Sie 2,7 t CO2 pro Jahr verursachen. Nehmen wir an, dass Sie am 1.1.2012 beschlossen haben, Ihre Jahresemission von 10,6 t bis Ende 2020 (während 9 Jahren) um ein Drittel auf 7,1 t und anschliessend während 10 Jahren (2021–2030) um ein weiteres Drittel auf 3,5 t zu reduzieren. Wie viel bleibt Ihnen von Ihrem Gesamtbudget von 99,4 t (110 t, abzüglich 10,6 t für das Jahr 2011)? Was sagt das Resultat über den Reduktionspfad aus, den Sie Ihrer Berechnung zugrunde gelegt haben? Welche Möglichkeiten gibt es, um das Budget einzuhalten?
Bei der Erde verhält es sich offenbar ganz ähnlich wie beim Menschen: Steigt die Temperatur um mehr
als 2°C gegenüber dem Normalzustand, wird der Zustand des Patienten kritisch . Ein wesentlicher Unter-
schied zum Menschen ist, dass es für den Planeten Erde keine schnell wirkenden fiebersenkenden Medi-
kamente gibt . Die einzige wirksame Massnahme zur Vermeidung einer gefährlichen Überhitzung unseres
Planeten besteht darin, dass weltweit die durchschnittliche Pro-Kopf-Emissionsmenge an Treibhausgasen
in den kommenden Jahrzehnten massiv reduziert wird . Die wirtschaftlich hoch entwickelten Länder mit
ihren hohen Pro-Kopf-Emissionen stehen hier vor einer besonders grossen Herausforderung .
Mobilität und CO2
Wie wichtig ist die Mobilität, wenn es um die Vermeidung und Verminderung der CO2-Emissionen geht?
Ein Blick in das nationale Inventar der Treibhausgas-Emissionen (BAFU, 2011) zeigt, dass fast 40 % der
in der Schweiz verursachten CO2-Emissionen aus dem Verkehr stammen . 25 % der Gesamtemissionen
entfallen auf die Haushalte (Heizung der Wohngebäude und Warmwasser) . Der Rest verteilt sich zu etwa
gleichen Teilen auf Industrie, Dienstleistungen und verschiedene kleinere CO2-Quellen . Die Mobilität ist
damit für den mit Abstand grössten Teil der CO2-Emissionen der Schweiz verantwortlich .
Abb. 2: Ursachen der CO2-Emissionen in der Schweiz (BAFU, 2011)
Gemäss den Angaben des Bundesamts für Statistik legte eine in der Schweiz wohnhafte Person 2005
durchschnittlich rund 19 000 Kilometer im In- und Ausland zurück – ungefähr eine halbe Erdumrundung .
Dabei ist das dominierende Verkehrsmittel das Auto: Mit ihm werden 56 von 100 zurückgelegten Kilome-
tern gefahren (also rund 10 600 km pro Person und Jahr) . 19 % (3600 km) der Jahresdistanz entfallen auf
den öffentlichen Verkehr (Bahn, Bus, Tram), 4 % (760 km) auf den Langsamverkehr (zu Fuss, Velo) und 18 %
auf das Flugzeug (3400 km) .
Haushalte 25,0 %
Industrie12,6 %
Verkehr 38,4 %
Dienstleistungen 11,4 %
Zementproduktion 3,8 %
Übrige Quellen 3,2 %
Abfallverbrennung 5,5 %
Jahr 2009
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Fernreisen dominieren die CO2-BilanzReisen über grössere Distanzen – allem voran Flugreisen – spielen für die Höhe und Entwicklung der Pro-
Kopf-CO2-Emissionen eine bedeutende Rolle . Die Organisation Schweiz Tourismus hält dazu fest:
Der Tourismus ist nicht nur Betroffener, sondern auch ein wichtiger Mitverursacher der Klimaänderung. Weltweit
trägt der Tourismus rund 5 % zu den CO2-Emissionen bei, wobei der Strassenverkehr (32 %), der Luftverkehr
(40 %) und die Beherbergung (21 %) besonders ins Gewicht fallen. Im Vergleich zum Beitrag des Tourismus am
weltweiten Bruttoinlandprodukt von 3,6 % bedeutet dies einen überproportionalen Anteil.
Schweiz Tourismus, 2008
Abbildung 3 zeigt, welche Mengen an Treibhausgasen pro Person mit verschiedenen Formen der Ferien-
gestaltung verbunden sind .
Abb. 3: Treibhausgas-Emissionen verschiedener Ferienszenarien (ESU-services, 2010)
Aufgabe 6: Welche Faktoren entscheiden darüber, ob die Ferien mehr oder weniger zur Klimaerwärmung beitragen? Ordnen Sie Ihre Vermutungen /Beobachtungen nach der quantitativen Bedeutung.
Aufgabe 7: a) Die Wirkung von Langstreckenflügen auf das Klima entspricht 288 g CO2 pro Passagier und Flugkilometer.
Wie viel CO2 verursacht eine Flugreise von der Schweiz auf die Kanarischen Inseln (Flugdistanz retour: 6000 km) oder nach Florida (15 500 km)?
b) Wie oft können Sie sich eine solche Reise leisten, wenn Sie pro Jahr nicht mehr als 15 % ihres durchschnittlichen Jahresbudgets von 2,7 Tonnen CO2 fürs Fliegen brauchen wollen?
0 1000 2000 3000 4000 5000
Skiferien Davos, 2 Personen, 7 Tage
Skiferien Davos, Familie, 7 Tage
Heliskiing Canada, 2 Personen, 11 Tage
All inclusive Phuket, 2 Personen, 14 Tage
Badeferien Kroatien, Familie, 7 Tage
Badeferien Italien, Familie, 7 Tage
Mittelmeerkreuzfahrt, 2 Personen, 8 Tage
Karibikkreuzfahrt, 2 Personen, 14 Tage
Safari Tanzania, 2 Personen, 13 Tage
Wohnmobil USA, Familie, 14 Tage
Wanderurlaub Schweiz, 2 Personen, 7 Tage
Tauchferien Ägypten, 2 Personen, 7 Tage
Veloferien Frankreich, Familie, 7 Tage
Balkonien Bern, Familie, 7 Tage
Wellness Österreich, 2 Personen, 7 Tage
kg CO2-eq pro Person
ReiseÜbernachtungenVerpflegungAktivitäten
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Gewaltiges Potenzial zur EmissionsvermeidungIn der Mobilität steckt ein gewaltiges Potenzial zur Emissionsvermeidung. Das Mobilitätsverhalten (Wahl des Transportmittels, zurückgelegte Distanzen im Alltag, Häufigkeit von Reisen) wirkt sich besonders stark auf die persönliche CO2-Bilanz und weitere Umweltbelastungen aus.
Die Aussage von Abbildung 3 ist sehr klar: Reisen in ferne Länder verursachen ein Vielfaches des CO2-
Ausstosses eines Ferienaufenthalts in der Schweiz oder in einem Nachbarland . Eine klimaverträgliche
Emissionsmenge ist mit Fernreisen nicht vereinbar – es sei denn, man geniesst sie als das, was sie vor zwei
bis drei Jahrzehnten noch waren: etwas Besonderes, das man sich nur selten leistet, z . B . für die Hochzeits-
reise, einen runden Geburtstag oder eine Weltreise als einmalige Erfahrung .
Diskussion: Eine schrankenlose Mobilität ist mit den Zielen des Klimaschutzes nicht vereinbar.
– Wer in Ihrer Klasse hat in den letzten zwei Jahren eine Reise nach Amerika, Afrika (südlich der Sahara), Asien oder Ozeanien unternommen?
– Sind Sie bereit, weniger oft oder weniger weit zu reisen, um etwas zum Klimaschutz beizutragen?– Würde weniger geflogen, wenn die Flugpreise höher wären?– Soll der Staat mit Informationskampagnen oder Lenkungsabgaben auf Flugpreisen eingreifen?– Was würde ein Alleingang der Schweiz bewirken?
Kompensation als Ausweg?
Mit Zurückhaltung bei Flugreisen kann die persönliche CO2-Bilanz stark verbessert werden . Bei einigen
Reisezwecken, z . B . bei beruflichen Reisen, Verwandtenbesuchen oder einem Austauschjahr in Übersee
besteht jedoch bezüglich Verkehrsmittel keine Wahlmöglichkeit .
In diesem Fall besteht die Möglichkeit der «CO2-Kompensation» . Dabei nimmt man die hohen Emissionen
in Kauf, zahlt aber einen Beitrag an ein Projekt, mit welchem anderswo CO2-Emissionen reduziert werden .
Was hinter dieser Idee steckt und ob damit etwas gegen die Klimaerwärmung getan werden kann, erfah-
ren Sie in Modul 4 .
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Modul 2: Transportmittel im Vergleich
Schneller, billiger … klimaverträglich?
Florenz, Paris, London – oder lieber etwas Ausgefalleneres wie Lissabon, Palermo oder Helsinki? Ob für
eine Klassenreise oder ein verlängertes Wochenende unter Freunden: Die Auswahl an attraktiven Ange-
boten für Städtereisen nimmt stetig zu und von Plakatwänden und Inseraten wird einem der Flug für ein
Butterbrot versprochen . Warum also nicht rasch zugreifen?
Wir sind es uns gewohnt, bei der Reiseplanung Preise zu vergleichen . Bei genauerer Betrachtung ist der
Vergleich allerdings gerade beim Flugzeug nicht einfach: Gilt der angebotene Preis nur für wenige Plät-
ze zu ungünstigen Abflug- oder Ankunftszeiten? Was ist inbegriffen – werden Zuschläge, Gebühren etc .
fällig? Welche Kosten entstehen für den Weg zum Flughafen und nach der Landung bis zur Unterkunft?
Auch der Vergleich des Zeitbedarfs hat seine Tücken . Hat das Flugzeug wirklich so klare Vorteile gegen-
über Bahn und Strasse? Über grosse Distanzen schon, aber wie steht es im Zeitalter umständlicher Si-
cherheitschecks und moderner Hochgeschwindigkeitszüge um den Vergleich bei Städtereisen in die be-
nachbarten Länder?
Wirklich eindeutig scheint die Sachlage nur in einer Hinsicht zu sein: Reisen mit dem Flugzeug sehen aus
Sicht des Klimaschutzes schlecht aus . Bereits ein Flug von der Schweiz nach Griechenland und zurück
verursacht annähernd eine Tonne CO2eq pro Person . Das entspricht der Gesamtmenge, welche pro Person
und Jahr mit einem stabilen Klima verträglich ist und ist ein Mehrfaches dessen, was bei einer Reise im
Zug oder Reisebus über eine vergleichbare Distanz entsteht (vgl . Modul 1, S . 3) .
Trotzdem gibt es Gründe, auch entferntere Reiseziele ins Auge zu fassen . Die Frage steht dabei im
Raum: Wie bringen wir als verantwortungsbewusste Reisende Geld, Zeit und Umwelt ins Gleich-
gewicht? Gibt es überhaupt brauchbare Alternativen zum Flugzeug, wenn das Reiseziel mehr als 200 oder
300 Kilometer jenseits der Landesgrenze liegt?
Dieses Modul liefert die Grundlagen für den Vergleich verschiedener Transportmittel aus ökologischer
Sicht . Als Kriterium für die Bewertung der Umweltverträglichkeit wird der Beitrag zur Klimaerwärmung,
d . h . die Menge der Treibhausgas-Emissionen (ausgedrückt in Gramm oder Tonnen CO2eq) verwendet .
Die Wirkung auf das Klima steht stellvertretend für verschiedene Umweltbelastungen, die mit dem Ver-
brauch nicht erneuerbarer Energieträger wie Erdöl, Erdgas und Kohle verbunden sind . Dazu zählen neben
der Luftbelastung auch die Sekundärfolgen der Klimaerwärmung, z . B . häufigere Naturkatastrophen, die
Beeinträchtigung natürlicher Ökosysteme oder Wasserknappheit .
Was sind CO2eq?In diesem Modul und in Modul 3 wird anstelle von CO2 in der Regel die Bezeichnung CO2eq verwendet. CO2eq steht für CO2-Äquivalente. Diese Grösse ist wichtig, wenn man die gesamte Erwärmungswirkung einer Aktivität auf die Erdatmosphäre erfassen will. So entstehen z. B. bei der Verbrennung von Treibstof-fen nebst CO2 stets auch kleinere Mengen anderer Treibhausgase, insbesondere Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Bei Mittel- und Langstreckenflügen tragen zudem der Wasserdampf (H2O) und die Stickoxide (NOx) in den Flugzeugabgasen zur Klimaerwärmung bei. Die Wirkung dieser Gase wird in die entsprechende Menge CO2 umgerechnet. Die Summe bezeichnet man als CO2eq.
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Berechnung der persönlichen CO2eq-Emissionen
Mithilfe der Emissionswerte verschiedener Verkehrsmittel können die mobilitätsbedingten Treibhausgas-
emissionen einer Person berechnet werden . Ausgangspunkt ist die durchschnittliche Emissionsmenge pro
Kilometer Fahrt mit dem Auto, mit dem öffentlichen Verkehr (öV) und mit dem Flugzeug . Dieser Wert wird
durch die durchschnittliche Anzahl Personen im jeweiligen Transportmittel geteilt . Daraus ergibt sich die
Masseinheit Gramm CO2-Äquivalente pro Personenkilometer (g CO2eq/Pkm) . Die nachfolgende Tabelle
gibt einen Überblick über die 2005 in der Schweiz durchschnittlich pro Person zurückgelegten Kilometer
und die dadurch verursachten Emissionen pro Personenkilometer .
Tabelle 1: Durchschnittliche Treibhausgasemissionen durch die Mobilität der Schweizer Bevölkerung (2005)
1 Daten gemäss BFS (2010)2 Direkte Emissionen = Emissionen aus dem Verbrauch von Energie beim Betrieb eines Fahrzeugs (z.B. bei der Verbrennung
von Treibstoff); indirekte Emissionen = Emissionen bei der Energieherstellung (z.B. bei der Erdölförderung und Raffinerie bzw. bei der Produktion der Elektrizität für den Betrieb der Eisenbahn) sowie beim Transport der Energie an den Ort des Verbrauchs.
3 Der Wert bei den Personenwagen entspricht den Emissionen einer Person bei einer durchschnittlichen Fahrzeugbesetzung von 1,6 Personen. Die Emissionen pro Fahrzeugkilometer bzw. pro mit nur einer Person besetztem Fahrzeug liegen bei rund 221 g CO2/eq (138,0 1,6). Weitere Detailangaben zu den verwendeten Emissionsfaktoren in Spalte 3, finden sich im Begleit-kommentar zu Modul 2 im Lehrerdokument.
Aufgabe 1: Gemäss einer wiederkehrenden Untersuchung des Mobilitätsverhaltens (BFS, 2007) sieht der durchschnittliche Schulweg in der Schweiz wie folgt aus (Distanz hin und zurück): 2 km Velofahrt zum Bahnhof – 10 km mit öffentlichen Verkehrsmitteln – 1 km Fussweg zum Schulhaus. Berechnen Sie den CO2eq-Austoss eines durchschnittlichen Schul-weges.
Aufgabe 2: a) Schätzen oder bestimmen Sie die Länge Ihres Schulwegs und die daraus resultierenden CO2eq-Emissionen pro
Schultag und für ein ganzes Jahr (z. B. 40 Schulwochen à 5 Tage).b) Berechnen Sie die CO2eq-Emissionen, die Sie produzieren, falls Sie regelmässig allein mit einem Auto in die Schule
fahren würden. Wieso müssen Sie dazu den entsprechenden Zahlenwert aus der Tabelle 2 und nicht den Wert der Tabelle 1 einsetzen?
Aufgabe 3: Bewerten Sie die in der Schweiz durchschnittlich pro Person durch die Mobilität entstehenden Emissionen im Hinblick auf die jedem Menschen pro Jahr rein rechnerisch zustehenden CO2eq-Emissionen (Hinweis: Beachten Sie die Angaben im Kasten «Das klimaverträgliche CO2-Budget» in Modul 1, S. 3).
1 2 3 4
durchschnittlich zurück- gelegte Distanz pro Person und Jahr (in km) 1
Emissionsfaktor, direkte und indirekte Emissionen 2 (in g CO2eq /Pkm) 3
Gesamtemissionen pro Kopf, direkte und indirekte Emissionen (in t CO2eq)
Personenwagen 10600 138,0 g 1,46 t
öffentlicher Verkehr 3600 17,2 g 0,06 t
Flugreisen 3400 247,2 g 0,84 t
zu Fuss, mit dem Velo 760 0 g 0 t
Total 2,36 t
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Tabelle 2 zeigt, dass es bei den Emissionen nicht nur zwischen den Verkehrsmitteln sondern auch in-
nerhalb einer Verkehrsmittelart grosse Unterschiede gibt . Durchschnittswerte eignen sich daher nur be-
schränkt als Orientierungs- und Entscheidungshilfen für den Verkehrsmittelvergleich . So sind die CO2eq-
Emissionen der Eisenbahn aufgrund der Art der Stromerzeugung je nach Land sehr verschieden . Auch
die Auslastung (die Passagierzahl geteilt durch die Anzahl der total verfügbaren Plätze) hat einen grossen
Einfluss auf die Emissionen pro Personenkilometer . Bei den Flugreisen spielt zudem die Distanz und die
damit verbundene Flughöhe eine wichtige Rolle .
Tabelle 2: Emissionsfaktoren verschiedener Transportmittel ¹
¹ Weitere Transportmittel und Detailangaben zu den verwendeten Emissionsfaktoren siehe den Begleitkommentar zu diesem Modul im Lehrerdokument.
Aufgabe 4: Rechnen Sie aus den Angaben der Spalten 2 und 3 die fehlenden Werte in Spalte 4 aus: Wie weit kommen Sie, bis Sie eine Tonne CO2eq verursacht haben? Rangieren Sie anschliessend in Spalte 5 die Transportmittel aufgrund der Reich-weite (grösste Reichweite = Rang 1).
Aufgabe 5: Sie sind zu viert, planen eine Ferienreise innerhalb Europas und haben je ein «Budget» von 600 kg CO2eq zur Verfügung. Wie weit kommen Sie mit dem Flugzeug? Schauen Sie auf einer Europakarte nach, welche Ziele z. B. ab Zürich-Kloten erreichbar sind. Berücksichtigen Sie bei Ihrer Berechnung den Hin- und Rückflug.
Aufgabe 6: Wie weit kommen Sie mit Ihren «Budget» von 600 kg CO2eq pro Person, wenn Sie zu viert in einem sparsamen Mittel-klassewagen fahren? Reicht es von Bern bis zum Nordkap (rund 3900 km) und zurück?
Aufgabe 7: Sie machen mit dem Zug (z. B. InterRail) eine Rundreise durch Frankreich und Deutschland. Sie wissen, dass die Zugstrecke Genf – Marseille – Bordeaux – Paris – Köln – Hamburg – Kiel – Berlin und via Basel zurück in die Schweiz 4000 km beträgt. Je 2000 km legen Sie in Frankreich und in Deutschland zurück. Wie oft können Sie diese Reise machen, bis Ihr Budget von 600 kg CO2eq aufgebraucht ist?
Diskussion: Am 19. November 2007 erschien unter dem Titel Wer die Umwelt liebt, der fliegt! ein Interview in der Bildzeitung mit dem damaligen Chef der Lufthansa, Wolfgang Mayrhuber. Was ist davon zu halten? Lesen Sie den Artikel (http://www.bild.de/BTO/news/2007/11/20/mayrhuber-wolfgang/lufthansa-chef-interview.html) sowie die Reaktion von Spiegel
Online (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,518545,00.html). Vergleichen Sie die Aussagen mit den Zahlen in Tabelle 2.
1 2 3 4 5
Transportmittel Auslastung Emissionsfaktor in g CO2eq /Pkm(direkte + indirekte Emissionen)
verursacht 1 t CO2eq nach X km(auf 100 km gerundet)
Rangfolge (aufgrund Spalte 4)
Personenwagen, Mittelklasse, Durchschnitt 1 Pers. 221 g 4500 km
Personenwagen, Mittelklasse, neu + sparsam 1 Pers. 158 g 6300 km
Personenwagen, Mittelklasse, neu + sparsam 4 Pers. 50 g 20000 km
Bahn, Fernverkehr Schweiz 33 % 1 g 2
Bahn, Fernverkehr Frankreich 46 % 8 g 125000 km
Bahn, Fernverkehr Deutschland 46 % 55 g 18200 km
Reisebus (Car) 50 % 38 g 2
Flugzeug, Kurzstrecke (Flugdistanz 700 km) 65 % 167 g 2
Flugzeug, Mittelstrecke ( 700 km = peripheres Europa, RFI = 2)
65 % 311 g 3200 km
Flugzeug, Langstrecke (interkontinentale Flüge 2000 km, RFI = 3)
84 % 288 g 3500 km
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Klassenreisen fallen ins Gewicht
Viele Schülerinnen und Schüler an Mittel- und Berufsschulen haben die Gelegenheit, mindestens einmal
während ihrer Ausbildungszeit an einer grösseren Klassenreise ins Ausland teilzunehmen . Je nachdem,
wohin die Reise geht und mit welchem Verkehrsmittel gereist wird, kann es pro Klasse schnell einmal um
4 bis 8 Tonnen CO2eq mehr oder weniger gehen (vgl . Abbildung 4) . Wenn also die rund 2000 Klassen, die
jährlich eine Klassenreise ins Ausland machen, ihr Wissen über die Ursachen und Folgen der Klimaer-
wärmung anwenden und sich für die klimaschonende Reisevariante entscheiden, können 10 000 Tonnen
CO2eq vermieden werden .
Wollte man diese Menge CO2eq durch ein Projekt zur Erzeugung erneuerbarer Energie kompensieren (zur
Kompensation von CO2-Emissionen, vgl . Modul 4), wäre z . B . eine Fläche von rund 650 000 m2 Solarpanels
erforderlich . Das entspricht 91 Fussballfeldern à 7140 m2 oder 16 Windturbinen vom neusten Typ, der 2010
im Windkraftwerk Mont Crosin installiert wurde (95 m hoch, inkl . Rotorblatt 140 m hoch) .
Abb. 4: Vergleich der CO2eq-Emissionen einer Klassenreise mit 20 Personen ab Bern (Hin- und Rückreise; Datenbeschaffung gemäss Modul 3).
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 kg CO2eq
Budapest
London
Prag
CO2 Flug
CO2 Car
CO2 Zug
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Modul 3: Mit Daten, Fakten und Emotionen zur Entscheidung
Bewusste Verkehrsmittelwahl bei Ferien- und Klassenreisen
Wer eine längere Reise unternimmt, verbringt viel Zeit unterwegs . Das ist nicht immer gleich angenehm .
Vielleicht gehören Sie zu jenen, welche die Bewegungsfreiheit im Zug geniessen . Vielleicht lieben Sie die
Freiheit über den Wolken – oder treibt Ihnen schon der Gedanke ans Fliegen den Angstschweiss auf die
Stirn? Würden Sie für Ihre Klassenreise eher eine Carfahrt bevorzugen, um unterwegs nach eigenen Wün-
schen Zwischenstopps einzulegen oder eine Besichtigung machen zu können?
In Modul 2 haben Sie sich mit dem Vergleich der CO2eq-Emissionen verschiedener Verkehrsmittel vertraut
gemacht . Bei der tatsächlichen Verkehrsmittelwahl spielen jedoch weitere Faktoren wie Kosten, Zeit-
bedarf, aber auch Überlegungen zu Komfort und Flexibilität eine wichtige Rolle .
Dieses Modul unterstützt Sie dabei, sich über Ihre Vorlieben bei der Verkehrsmittelwahl Gedanken zu
machen und die Beschaffung der Daten für den Vergleich verschiedener Verkehrsmittel an einem kon-
kreten Beispiel durchzuspielen . So können Sie eine bewusste Wahl zwischen den vorhandenen Alternati-
ven – z . B . Flug, Bahn-, Auto- oder Carreise – treffen, im Wissen um die Vor- und Nachteile, die mit jedem
Transportmittel verbunden sind .
Ein grundsätzlicher Entscheid ist, wie weit von der Schweiz entfernt Ihr Reiseziel liegt . Reiseziele in mehr
als 800 km Entfernung von der Schweiz können in der Regel nur mit dem Flugzeug am gleichen Tag be-
quem erreicht werden . Für einzelne Destinationen, z . B . Barcelona oder Budapest, bietet sich zudem die
Möglichkeit einer Reise mit dem Nachtzug an .
Aufgabe 1: Welche europäischen Städte liegen innerhalb der 800 km Luftliniendistanz von Ihrem Wohnort? Tragen Sie auf der Karte einen entsprechend grossen Kreis ein.
RUSSLAND
WEISSRUSSLAND
UKRAINE
RUMÄNIEN
TÜRKEI
BULGARIEN
GRIECHENLAND
UNGARNÖSTERREICH
SERBIENKROATIEN
DÄNEMARK
NORWEGEN
MOLDAWIEN
ESTLAND
BOSNIEN HERZEGOWINA
SLOWENIEN
SofiaPorto
Sardinien
Dublin
Aberdeen
Glasgow
Edinburgh
Manchester
NordseeNordatlantik
Biskaya
Mittelmeer
Tyrrenisches Meer
Baltisches Meer
Adriatisches Meer
Ionisches Meer
SchwarzesMeer
ÄgaischesMeer
Ligurisches Meer
Ärmelkanal
Korsika
Färöer
Birmingham
Balearen
Sarajevo
Podgorica
Belgrad
Thessaloniki
ZagrebLjubljana
Wien Odessa
Minsk
Riga
Vilnius
Warschau
Krakau
Berlin
Kopenhagen
Göteborg
Stockholm
Oslo
St. Petersburg
Tallinn
Helsinki
Frankfurt
Leipzig
Stuttgart
Prag
Hamburg
Köln
München
Bern
Kaliningrad
Varna
Kiev
ChisinauBratislava
Moskau
Tirana
Bukarest
Budapest
Athen
Kreta
IstanbulSkopje
Sizilien
Venedig
Rom
FlorenzGenuaTurin
Mailand
London
Lissabon
MadridSaragossa
Sevilla
Valencia
Marseille
Paris
Nantes
Bordeaux
Toulouse
Strassburg
Amsterdam
BrüsselBELGIEN
NIEDERLANDE
Lyon
Malaga
Barcelona
MALTA
MONTENEGRO
ALBANIEN
MAZEDONIEN
TSCHECHIENSLOWAKEI
LITAUEN
LETTLAND
GROSSBRITANNIEN
POLEN
FRANKREICH
DEUTSCHLAND
SCHWEIZ
ITALIEN
SPANIEN
PORTUGAL
SCHWEDEN
FINNLAND
IRLAND
0 200 400 600 800 km
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Von der Informationsbeschaffung zur Entscheidungsfindung
Steht die Destination Ihrer Reise schon fest? Oder stehen sowohl Ziel wie Verkehrsmittel zur Diskussion?
Wer sein Wissen über Klimawandel und Umweltschutz ernst nimmt, wird bei der Auswahl und Entschei-
dung neben den Kosten und dem Zeitbedarf auch die Umweltaspekte berücksichtigen . Mobilitätsent-
scheide im Privaten wie auch in der Schule haben einen massiven Einfluss auf die persönliche CO2-Bilanz
(siehe Modul 1, Abbildung 3, sowie Modul 2, Abbildung 4) .
Dieses Unterrichtsmodul stellt die Verkehrsmittelwahl bei einer Reise im Klassenverband ins Zentrum .
Darum werden Zug, Car und Flugzeug einander gegenübergestellt . Dieses Modul will Ihnen nicht die Wahl
abnehmen, sondern helfen, die Argumente zu sammeln . Wie bei jeder Entscheidung gewichten verschie-
dene Personen unterschiedliche Argumente anders . Deshalb sollte diese Gewichtung zumindest trans-
parent und somit nachvollziehbar gemacht werden . Schliesslich erfolgt die Entscheidung – falls an Ihrer
Schule üblich – in einem demokratischen Prozess .
Aufgabe 2: Ziele innerhalb eines Radius von 800 Kilometern können in der Regel am selben Tag per Zug, Reisebus oder Flugzeug erreicht werden. Zwar weist das Flugzeug auch auf kürzeren Distanzen – zumindest auf den ersten Blick – grosse Vorteile auf: Es ist schnell und für viele Reiseziele gibt es günstige Angebote. Trotzdem sind der Zug, das Auto und der Reisebus immer noch beliebte Transportmittel. Diskutieren Sie, welches die Vorzüge und Nachteile der verschiedenen Transportmittel im Rahmen von Klassenreisen sind. Fassen Sie diese in einem Argumentarium tabellarisch zusammen.
Vergleichskriterien Car Bahn Flugzeug
Reisekosten
Dauer der Reise
CO2-Bilanz
Komfort
Weitere Argumente
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Die Reiseplanung im Überblick
Die nachfolgende Darstellung gibt Ihnen einen Überblick über den gesamten Prozess von der Informations-
beschaffung bis zur Entscheidungsfindung . Ist die Reisedestination schon festgelegt, kann direkt zur
Daten beschaffung für die Wahl des Verkehrsmittels (grau markiert) übergegangen werden .
Aufgabe 3: Klären Sie, in welcher Phase der Reiseplanung Sie im Moment stehen. Sind alle aufgeführten Punkte für Ihre Planung relevant? Fehlen Aspekte? Stehen mehrere oder nur noch eine Destination zur Auswahl?
Kommentar
Rahmenbedingungen der Reise abklärenErwartungen an die Reise, z. B.:– Erlebnis am Zielort im Vordergrund oder Hin- und Rückreise als wichtige Aspekte?– Gemeinsames Gruppenerlebnis oder individualistische Grundhaltung?– Dauer der Reise– Ansprüche an die Unterkunft– Kostengrenzen– Schulinterne Regeln– Sonstiges
Kommunikation des Prozesses– Besprechung von Ziel und Vorgehen des Auswahlverfahrens– Klare Trennung zwischen Informationsbeschaffung, Meinungsbildungsprozess und der
eigentlichen Entscheidung (Abstimmung)
Mögliche Reisedestinationen auswählen– Basisanforderungen (must have)– Zusatzwünsche (nice to have)– Ausschliessendes: z. B. da waren Viele schon, Visabestimmungen etc. – Bekannte Destinationen: …– Mögliche neue Destinationen: …
Vorauswahl treffen (2–3 Destinationen)
Destination 1: – Detailabklärungen zu Reiseprogramm
und Unterkunft
Destination 1: – Detailabklärungen zu Reiseprogramm
und Unterkunft
Gegenüberstellung der Transportmittel Hilfsmittel: – Online-Tools mit Anleitung– Formular und Excel-Tabelle zum
Zusammentragen der Resultate
Gegenüberstellung der Transportmittel Hilfsmittel: – Online-Tools mit Anleitung– Formular und Excel-Tabelle zum
Zusammentragen der Resultate
Präsentation und Gegenüberstellung der Ergebnisse, DiskussionHilfsmittel:– Tabelle Vor- und Nachteile verschiedener Transportmittel (siehe Aufgabe 2)– Resultate (Grafiken) der Gegenüberstellung der Transportmittel– Formular Nutzwertanalyse
Wahl der Destination und des Transportmittels
Destination 1:
– Detailabklärungen zu Reiseprogramm und Unterkunft
Gegenüberstellung der Transportmittel Hilfsmittel: – Online-Tools mit Anleitung– Formular und Excel-Tabelle zum
Zusammentragen der Resultate
Gegenüberstellung der Transportmittel Hilfsmittel: – Online-Tools mit Anleitung– Formular und Excel-Tabelle zum
Zusammentragen der Resultate
Destination 2:
– Detailabklärungen zu Reiseprogramm und Unterkunft
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Datenbeschaffung und -auswertung
In Internet existieren seit einiger Zeit Hilfsmittel, die den Vergleich von Verkehrsmitteln erleichtern . Mit-
hilfe der nachstehend aufgeführten Tools können Sie die benötigten Daten zur Bewertung verschiedener
Reisevarianten zusammentragen . Zur Auswahl stehen:
– routeRANK (www .routerank .com)
– UmweltMobilCheck (www .reiseauskunft .bahn .de)
– EcoPassenger (www .ecopassenger .org)
Auf diese Tools zugeschnittene Sammelblätter helfen Ihnen, die Daten zum Zeitbedarf, zu den CO2eq-
Emissionen sowie – zum Teil – zu den Kosten für Ihre Reise zusammenzutragen . Da mit den Tools nicht
alle für einen Verkehrsmittelvergleich benötigten Daten beschafft werden können, wird vereinzelt auf
weitere Quellen im Internet hingewiesen (z . B . um gewisse Daten aus diesen Tools zu überprüfen und
einen aussagekräftigen Vergleich zu ermöglichen) . Bitte beachten Sie während der Bearbeitung die ent-
sprechenden Hinweise auf dem Sammelblatt .
Aufgabe 4: a.) Verschaffen Sie sich einen Überblick über eines der genannten Online-Tools. Lesen Sie das dazugehörige Daten-
sammelblatt. Beachten Sie, dass zu jedem Tool (routeRANK, EcoPassenger, UmweltMobilCheck) das entsprechende Sammelblatt gehört.
Gehen Sie anschliessend auf den vorgegebenen Link und beschaffen Sie sich die gesuchten Daten (nur Hinreise). Übertragen Sie diese Informationen auf das Datensammelblatt.
b.) Übertragen Sie die Ergebnisse aus Ihrem Datensammelblatt in die zugehörige Excel-Datei. Achten Sie darauf, dass Sie das richtige Tabellenblatt öffnen (z. B. «routeRank_Dateneingabe»). Im unmittelbar
folgenden Tabellenblatt (z. B. «routeRank_Ergebnisse») werden die Ergebnisse automatisch zusammengefasst und dargestellt. Drucken Sie dieses Blatt allenfalls aus.
Die Entscheidung
Liegen die Daten für den Vergleich der verschiedenen Destinationen oder Reisemöglichkeiten einmal vor,
beginnt der eigentliche Entscheidungsprozess: Die Vorzüge und Nachteile der vorhandenen Optionen
können den Ergebnissen Ihrer Internetrecherche zu Zeitaufwand, CO2-Emissionen und (soweit verfügbar)
Kosten gegenübergestellt werden .
Die beigefügte Nutzwertanalyse (Excel-Datei) hilft Ihnen, eine strukturierte Gewichtung der Argumen-
te vorzunehmen . Die subjektiven Einschätzungen und die Bewertung der Vergleichskriterien werden so
transparent gemacht .
Damit können Sie einen fundierten Entscheid über die Destination und das Verkehrsmittel Ihrer Reise
treffen . Falls Sie sich für einen Flug entscheiden, bietet Modul 4 zusätzliche Entscheidungshilfen zur Fra-
ge, ob und wie die CO2-Emissionen kompensiert werden sollen .
Aufgabe 5: a.) Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Methode der Nutzwertanalyse mithilfe der Beilage (Excel-File).b.) Stellen Sie (alleine oder in Gruppen) die möglichen Verkehrsmittel Ihrer (Studien-)Reise in einer Nutzwertanalyse
einander gegenüber. – Einigen Sie sich innerhalb der Klasse auf die Vergleichskriterien. – Gewichten Sie die Vergleichskriterien. – Bewerten Sie die verschiedenen Verkehrsmittel bezüglich der einzelnen Kriterien. – Bestimmen Sie das Ergebnis Ihrer Nutzwertanalyse.
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Modul 4: Kompensation von CO2-Emissionen
Was tun, wenn fliegen unvermeidbar ist?
Immer mehr Reisebüros und Fluglinien bieten bei der Buchung einer Flugreise die CO2-Kompensation als
zusätzliche Option an . So steht etwa auf der Webseite der Fluggesellschaft Swiss:
«SWISS ermöglicht es ihren Passagieren, die CO2-Emissionen ihres Fluges freiwillig zu kompensieren. SWISS
und Lufthansa sind dazu eine Partnerschaft mit der gemeinnützigen Schweizer Stiftung myclimate eingegan-
gen. (...) Die Stiftung stellt sicher, dass mit der Umsetzung der Projekte die gleiche Menge CO2 eingespart wird,
die beim Fliegen ausgestossen wurde.» (SWISS, 2011)
Kann man also getrost ins Flugzeug steigen, solange man diese freiwillige Zahlung geleistet hat? Es lohnt
sich, dieser Frage etwas nachzugehen, ist doch im Zusammenhang mit der CO2-Kompensation immer
wieder von einem billigen Ablasshandel die Rede . 2007 wurde «Klimakompensation» gar zum Schweizer
Unwort des Jahres gewählt (Quelle: http://www .chwort .ch/Downloads/WdJ_CH_2007 .pdf, Abfrage vom
3 . 4 . 2011) . Die Begründung der Jury fasst die Kritik wie folgt zusammen .
«Zur vermeintlichen Begrenzung klimaschädigenden Verhaltens wurde die «Klimakompensation» erfunden.
Wer beispielsweise eine Flugreise bucht, kann mit dem Entrichten eines zusätzlichen Geldbetrages ein um-
weltfreundliches Projekt unterstützen. Die ‹Klimakompensation› präsentiert sich als Winwinwin-Situation und
suggeriert einen Lösungsansatz, der in Wahrheit eine Mogelpackung ist. Der Konsument muss sein Verhalten
nicht ändern und hat sein Gewissen erleichtert, die Wirtschaft erfährt keine Einbussen und die Politik erweckt
nicht den Eindruck der Untätigkeit.»
Was gilt nun: Praktische Lösung für umweltbewusste Konsumentinnen und Konsumenten oder Mogelpa-
ckung zur Rechtfertigung des Status quo? Zur Beantwortung dieser Frage hilft ein kurzer Blick zurück zur
Entstehung des Kompensationsgedankens .
Der Ursprung der Kompensationsidee
1997 wurde bei der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls in Japan vereinbart, dass die Industrieländer
einen Teil der Emissionsreduktion, zu welcher sie sich verpflichtet hatten, durch Investitionen in Projekte
in Entwicklungs- und Schwellenländern erfüllen können . Der Grundgedanke war einfach: Wenn die CO2-
Emissionen weltweit reduziert werden müssen, soll das dort geschehen, wo mit dem eingesetzten Geld die
grösste Wirkung erzielt werden kann .
Von dieser Möglichkeit profitieren alle Länder: Die Entwicklungs- und Schwellenländer gewinnen dank
zusätzlicher Investitionen, z . B . in die Nutzung erneuerbarer Energiequellen oder in die Modernisierung
veralteter und darum ineffizienter Kraftwerke . In den Industrieländern ist der Druck weniger gross, po-
litisch unpopuläre und zum Teil kostspielige Massnahmen (z . B . zum sparsameren Umgang mit Energie
oder zur Förderung erneuerbarer Energien) umzusetzen .
Die Idee, dass Emissionen an einem Ort durch Massnahmen an einem anderen Ort vermindert werden
können, wurde bald auch von privater Seite aufgegriffen . Der Grund: Das Kyoto-Protokoll klammerte den
internationalen Flugverkehr von den Vorgaben zu Reduktion der Länderemissionen aus, weil nicht klar
war, welches Land die Verantwortung für diese Emissionen übernehmen sollte . Engagierte Klimaschüt-
zerinnen und -schützer unterstützten diese Idee . Wenn von politischer Seite die Emissionen des stark
wachsenden Flugverkehrs nicht eingeschränkt werden konnten, sollten zumindest jene, die aufs Fliegen
angewiesen waren, Verantwortung übernehmen . Ein zentraler Gedanke war, dass die Kompensation als
Möglichkeit gesehen wurde für Situationen, bei welchen keine andere Möglichkeit bestand, die Emissio-
nen zu vermindern oder zu vermeiden . Gerade bei interkontinentalen Reisen war klar, dass keine Alter-
native zum Flugzeug existiert .
Die Mobilität und unser CO2-Budget – Eine Planungshilfe für zukunftsfähiges Reisen in Freizeit und Schule© hep verlag ag Bern, 2011 17
In der Zwischenzeit hat sich das Verständnis von Kompensation ziemlich weit von der ursprünglichen
Bedeutung entfernt . So ist es bei verschiedenen Anbietern möglich, nebst Flügen und Auto-Kilometern
seinen Nahrungsmittelkonsum oder gleich die gesamten Emissionen des Alltags zu kompensieren .
Teil der Lösung oder Teil des Problems?
Hier setzt auch ein erster Kritikpunkt an: Wenn sich unser Beitrag zum Klimaschutz auf freiwillige Spen-
den an Projekte in Entwicklungsländern beschränkt und sonst alles beim alten bleibt, kommen wir der
klimaverträglichen Pro-Kopf-Emissionsmenge von längerfristig nicht mehr als 1 Tonne CO2eq nicht näher .
Ausgereifte Lösungen stehen jedoch längst bereit, um die Emissionen um 30 Prozent oder mehr zu redu-
zieren – und das ohne Komfortverlust (vgl. BAFU, 2008) . Stichworte sind das Passiv-Haus, das 3-Liter-Auto,
hocheffiziente Haushaltgeräte, aber auch veränderte Mobilitäts- und Ernährungsgewohnheiten (reduzier-
ter Fleischkonsum) .
Die Herausforderung besteht nicht darin, einen möglichst grossen Teil der eigenen Emissionen zu kom-
pensieren, sondern die vorhandenen, klimaverträglichen Lösungen umzusetzen . Alle können hier Verant-
wortung übernehmen – als Konsumentinnen und Konsumenten, Stimmbürgerinnen und -bürger oder im
beruflichen Alltag . Ohne diesen Tatbeweis wird es nicht möglich sein, die Menschen in den Entwicklungs-
ländern davon zu überzeugen, dass auch sie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten sollten .
Kompensieren – auf die Einstellung kommt es an!Kompensation macht dann Sinn, wenn sie nicht dazu verleitet, ein (zu) hohes Emissionsniveau beizubehal-ten oder sogar noch zu erhöhen. Wer seine Flugemissionen kompensiert und sich gleichzeitig darauf be-schränkt, selten zu fliegen, leistet einen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz. Wer kompensiert und meint, deswegen umso häufiger fliegen zu können, erreicht das Gegenteil!
Genau hinschauen lohnt sich
Ein zweiter Kritikpunkt betrifft die Frage, ob mit dem gespendeten Geld tatsächlich die erwartete Kompen-
sationsleistung erbracht wird . Selbst bei den Projekten, die im Rahmen des Kyoto-Protokolls umgesetzt
und in aufwendigen Verfahren überprüft werden, lassen sich erfahrungsgemäss ca . 20 % der erwarteten
Reduktion nicht erreichen . Noch schwieriger ist der Erfolg von Projekten einzuschätzen, die von privaten
Firmen angeboten und ohne unabhängige Kontrollen realisiert werden .
Besonders skeptisch stimmt, dass sich die Mengen der berechneten Treibhausgasemissionen und die Kos-
ten für die Kompensation je nach Anbieter massiv unterscheiden . So zeigt eine Studie im Auftrag des
deutschen Umweltbundesamtes (UBA, 2010), dass sich die Emissionsmengen für einen Flug von Berlin
nach Mailand je nach Anbieter um den Faktor 4, die zu bezahlenden Preise für die Kompensation dieser
Emissionen gar um den Faktor 6,5 oder mehr unterscheiden!
Zwei Gründe können solche grosse Unterschiede erklären: Erstens wird unter den «verursachten Emissi-
onen» nicht überall dasselbe verstanden . Während gewisse Anbieter nur die direkt mit dem Treibstoffver-
brauch verbundenen CO2-Emissionen berücksichtigen, beziehen andere auch die Wirkung weiterer Abgase
auf das Klima mit ein . Wer sicher sein möchte, dass mit der Kompensation tatsächlich der gesamte Effekt
auf das Klima ausgeglichen wird, wird folglich einem höheren Emissionswert mehr Vertrauen schenken .
Zweitens wird das gespendete Geld in Projekte unterschiedlicher Qualität investiert, was natürlich einen
Einfluss auf die Kosten hat . So ist die Kompensation mit Projekten zur Aufforstung von Wäldern in Ent-
wicklungsländern oft sehr billig . Dafür besteht hier ein grosses Risiko, dass die erwartete Kompensa-
tionsleistung nicht erbracht wird, z . B . wegen mangelnder Pflege der Jungwälder oder illegaler Abholzung .
Aber auch bei den teureren Projekten im Energiesektor (z . B . Förderung von Solarenergie oder Biogas) gibt
es Preisunterschiede, die für Laien kaum nachvollziehbar sind . Hier hilft der Gold Standard, ein vom WWF
vinitiiertes Label, weiter . Der Preis pro kompensierte Tonne CO2 liegt hier zwar höher, dafür haben die
Kundin und der Kunde die Gewähr, dass die Gelder in seriös überwachte Projekte investiert werden, die
einen hohen Nutzen für Mensch und Umwelt bieten .
Die Mobilität und unser CO2-Budget – Eine Planungshilfe für zukunftsfähiges Reisen in Freizeit und Schule© hep verlag ag Bern, 2011 18
Aufgabe 1: Bestimmen Sie auf der Webseite http://swiss.myclimate.org/calculate_flight (CO2-Rechner der Airline SWISS) die Emissionen sowie die Kompensationskosten eines Flugs von Zürich nach Lissabon und zurück. Machen Sie anschlie-ssend dieselbe Abfrage unter http://www.myclimate.org/de/kompensation/kompensieren-sie/kompensation-flug.html (CO2-Rechner der Firma Myclimate) sowie unter http://www.atmosfair.de/emissionsrechner/rechner/ (CO2-Rechner der Firma Atmosfair). Tragen Sie die Resultate Ihrer Abfragen in der Tabelle unten ein. Sie können diesen Auftrag aufteilen und die Ergebnisse austauschen. Was sind mögliche Gründe für die unterschiedlichen Zahlen, die Sie erhalten?
Aufgabe 2: Wie ist die Aussage auf der Webseite der Fluggesellschaft SWISS einzuschätzen, dass «mit der Umsetzung der Projekte die gleiche Menge CO2 eingespart wird, wie beim Fliegen ausgestossen wurde»?
Aufgabe 3: Die Firma greenOrange bietet unter der Adresse http://co2rechner.net/Klimaschutzshop/m96l1id179/Klimaneutral-leben.html das Produkt «Klimaneutral leben» an (Mai 2011). Diskutieren Sie mit Ihren Mitschülerinnen und -schüler dieses Angebot.
Aufgabe 4: Wie beurteilen Sie den Anbieter greenOrange aufgrund der Angaben zur Verwendung der Gelder, die Sie für die Kom-pensation bezahlen (siehe http://co2rechner.net/index.php?m=100&id=190&I=1)?
Grundsätze zur Kompensation von Flugreisen1. Kompensationszahlungen ersetzen verantwortungsbewusstes Handeln nicht. Ist die zu kompensierende
Flugreise damit vereinbar, dass unsere Pro-Kopf-Emissionen vermindert werden müssen? Gibt es keine klimaschonendere Alternative?
2. Bei der Kompensation von Flügen muss die gesamte Wirkung des Luftverkehrs auf das Klima (nicht nur der Treibstoffverbrauch) berücksichtigt werden. Billigangebote sind nicht glaubwürdig!
3. Firmen wählen, welche die Emissionen möglichst genau berechnen und Kompensationszahlungen aus-schliesslich für Projekte mit Gold-Standard-Label verwenden. Empfehlenswerte Anbieter sind – Atmosfair (www.atmosfair.de): Regelmässiger Testsieger, sehr informative Webseite, gut dokumen-
tierter Emissionsrechner. Bezahlung online mit Kreditkarte.– Myclimate (www.myclimate.org): Guter Anbieter in der Schweiz, gehört auch international zu den
besten. Bezahlung online mit Kreditkarte oder per Einzahlung auf ein Postcheck-Konto.
Flug Zürich – Lissabon retour Emissionsmenge Kompensationskosten
CO2-Rechner SWISShttp://swiss.myclimate.org/calculate_flight t CO2 CHF
CO2-Rechner Myclimatehttp://www.myclimate.org/de/kompensation/ kompensieren-sie/kompensation-flug.html
t CO2 CHF
CO2-Rechner Atmosfairhttp://www.atmosfair.de/emissionsrechner/rechner/ t CO2
EUR umgerechnet in CHF
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