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Die Geschichte der Ferndorfer Mühle · 2017. 11. 27. · Wh.V. Wilhelm V. P.v.O. Prinz von Oranien...

Date post: 18-Jul-2021
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Geschichte der Ferndorfer Mühle - Seite 1 Die Geschichte der Ferndorfer Mühle Die Geschichte der Ferndorfer Mühle geht bis ins 16. Jahrhundert zurück, jedoch steht sie erst seit 1721 an ihrem heute bekannten Standort [BÖTTGER]. „Ploennies-Karte" von 1727 (P: Pastorat Ferndorf, PS: Pastorat Siegen, T: Trolshagen) „Aher Mühle“ und frühere „Ferndorfer Mühle“ sogar noch älter 1468 ist die älteste Erwähnung einer Mahlmühle auf dem Gebiet des heutigen Ortes Ferndorf. Sie lag bei den „Aher Höfen“, die damals allerdings noch nicht zu Ferndorf gehörten. In einer Belehnungsurkunde wird das gräfliche Pachtgut des „Henne von der Ahe“ aufgeführt, darunter eine Blashütte, Schmiede, Sägemühle, Wohnhaus, landwirtschaftliche Gebäude, viele Ländereien und eine Mühle. Die erste Erwähnung einer gräflichen Mahlmühle in Ferndorf ist im Jahr 1570, dokumentiert in einem Gesuch des Amtmanns Heinrich von Holdinghausen wonach der Landesherr seinem Vater des Antragstellers die Mühle zu Ferndorf verpfändet hatte [BÖTTGER-1]. In einem Verzeichnis von 1569 wurde bereits angegeben, dass der Müller zu Ferndorf 6 Malter Korn und Mühlenpacht an den Grafen zu zahlen hatte, während der Eichener und der Krombacher Müller 3 bzw. 4 Malter abgeben mussten. In weiteren Unterlagen aus dieser Zeit werden neben anderen Pächtern der Müller Hans Buchell „Bochel Müller“ und der Müllerknecht Hermann Müller genannt [IRLE]. Die Berufsbezeichnung war also bereits zum Haus- bzw. Nachnamen geworden. Genaue Hinweise gibt das Lagerbuch von 1643. Dort werden Friedrich Irle, Hofmann auf dem Irlenhof, und Hans Henrich Antoni als Pächter der gräflichen Mühle in Ferndorf verzeichnet. Sie soll mitten im Tal gestanden haben, östlich des jetzigen Mühlenweges [BÖTTGER-1]. Die beiden Müller mussten neben Abgaben an den Grafen auch einen jährlichen Bodenzins an das Nonnenkloster Drolshagen entrichten, was demnach Eigentümer von Grund und Boden war - eine Merkwürdigkeit für eine landesherrliche Mühle. 1684 wurde die „Mahlmühle obig Ferndorf in Zweyen galauffen bestehendt“ samt Zubehör an den Landesherrn, Fürst Wilhelm Moritz zu Nassau-Siegen, verkauft [IRLE]. Eine mögliche Vorgängerin der Mühle im Ferndorftal (das Tal war ehemals versumpft und unwegsam) könnte am Irlenhof gestanden haben. Dort wurden bei Bauarbeiten rd. 25 Meter südlich des Wohnhauses und etwa einen Meter unter der Erdoberfläche drei große Bruchsteine (ca. 100/100/80 cm) gefunden, aber im Boden belassen (mündl. Angaben von Peter Stücher im Dezember 2005). Lag hier einmal, „auf Drolshagener Grund und Boden“ eine vom Irlenseifen getriebene ältere Mühle? Auch andere, kleinere Bruchsteine gelangen bei Gartenarbeiten gelegentlich ans Tageslicht [Krämer].
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Page 1: Die Geschichte der Ferndorfer Mühle · 2017. 11. 27. · Wh.V. Wilhelm V. P.v.O. Prinz von Oranien F.z.N. Fürst zu Nassau 1774 1796 wurde die Mühle wohl an Johann Jost Jung, der

Geschichte der Ferndorfer Mühle - Seite 1

Die Geschichte der Ferndorfer Mühle Die Geschichte der Ferndorfer Mühle geht bis ins 16. Jahrhundert zurück, jedoch steht sie erst seit 1721 an ihrem heute bekannten Standort [BÖTTGER].

„Ploennies-Karte" von 1727 (P: Pastorat Ferndorf, PS: Pastorat Siegen, T: Trolshagen) „Aher Mühle“ und frühere „Ferndorfer Mühle“ sogar noch älter 1468 ist die älteste Erwähnung einer Mahlmühle auf dem Gebiet des heutigen Ortes Ferndorf. Sie lag bei den „Aher Höfen“, die damals allerdings noch nicht zu Ferndorf gehörten. In einer Belehnungsurkunde wird das gräfliche Pachtgut des „Henne von der Ahe“ aufgeführt, darunter eine Blashütte, Schmiede, Sägemühle, Wohnhaus, landwirtschaftliche Gebäude, viele Ländereien und eine Mühle. Die erste Erwähnung einer gräflichen Mahlmühle in Ferndorf ist im Jahr 1570, dokumentiert in einem Gesuch des Amtmanns Heinrich von Holdinghausen wonach der Landesherr seinem Vater des Antragstellers die Mühle zu Ferndorf verpfändet hatte [BÖTTGER-1]. In einem Verzeichnis von 1569 wurde bereits angegeben, dass der Müller zu Ferndorf 6 Malter Korn und Mühlenpacht an den Grafen zu zahlen hatte, während der Eichener und der Krombacher Müller 3 bzw. 4 Malter abgeben mussten. In weiteren Unterlagen aus dieser Zeit werden neben anderen Pächtern der Müller Hans Buchell „Bochel Müller“ und der Müllerknecht Hermann Müller genannt [IRLE]. Die Berufsbezeichnung war also bereits zum Haus- bzw. Nachnamen geworden. Genaue Hinweise gibt das Lagerbuch von 1643. Dort werden Friedrich Irle, Hofmann auf dem Irlenhof, und Hans Henrich Antoni als Pächter der gräflichen Mühle in Ferndorf verzeichnet. Sie soll mitten im Tal gestanden haben, östlich des jetzigen Mühlenweges [BÖTTGER-1]. Die beiden Müller mussten neben Abgaben an den Grafen auch einen jährlichen Bodenzins an das Nonnenkloster Drolshagen entrichten, was demnach Eigentümer von Grund und Boden war - eine Merkwürdigkeit für eine landesherrliche Mühle. 1684 wurde die „Mahlmühle obig Ferndorf in Zweyen galauffen bestehendt“ samt Zubehör an den Landesherrn, Fürst Wilhelm Moritz zu Nassau-Siegen, verkauft [IRLE]. Eine mögliche Vorgängerin der Mühle im Ferndorftal (das Tal war ehemals versumpft und unwegsam) könnte am Irlenhof gestanden haben. Dort wurden bei Bauarbeiten rd. 25 Meter südlich des Wohnhauses und etwa einen Meter unter der Erdoberfläche drei große Bruchsteine (ca. 100/100/80 cm) gefunden, aber im Boden belassen (mündl. Angaben von Peter Stücher im Dezember 2005). Lag hier einmal, „auf Drolshagener Grund und Boden“ eine vom Irlenseifen getriebene ältere Mühle? Auch andere, kleinere Bruchsteine gelangen bei Gartenarbeiten gelegentlich ans Tageslicht [Krämer].

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Geschichte der Ferndorfer Mühle - Seite 2

Seit 1721 ist die Ferndorfer Mühle am heutigen Standort Laut einer Urkunde im Stadtarchiv Siegen wurde die Ferndorfer Mühle 1721 an ihre jetzige Stelle verlegt [BÖTTGER]. Aus dem Jahr 1750 ist überliefert, dass Johann Henrich Beltz damals der herrschaftliche Mühlenmeister war. Sein Nachfolger wurde 1755 Johann Henrich Jung († 1792). 1774 ließ der Landesherr den 530 Meter langen Obergraben und das damalige Hauptgebäude erneuern. Auf der Steinplatte über der original erhaltenen eichenen Haustüre steht:

Ferndorfer Mühle um 1900 1820 gehörte die Ferndorfer Mühle immer noch dem Fiskus. Ihr Wert wurde mit rund 464 Talern angegeben - fast so viel wie die Mühlen von Krombach und Eichen zusammen. In diesem Jahr wurde die Mühle dann jedoch zum Verkauf angeboten. Ob Johann Henrich Jung (*1761 †1832), der Sohn von Johann Jost, sie erworben hat ist unbekannt. Jung starb 1832 in Bottenbach wo vermerkt wurde „früher Müller zu Ferndorf“. Eigentümer der Mühle wurde wohl Jakob Denker, der 1840 im Ferndorfer Totenbuch als Müller angegeben ist. Seine Erben konnten nämlich 1845 einen Notar zur Einziehung von ausstehenden Forderungen ermächtigen. Es folgten Ludwig Münker aus Burgholdinghausen, später sein Sohn Friedrich Münker und 1888 der Enkelsohn Friedrich Eduard Münker. Nach Aufzeichnungen der Ferndorfer Gemeinde von 1882 wurden pro Jahr durchschnittlich 2000 Zentner Frucht durch die Bahn bezogen [IRLE], denn den Bannkreis gab es seit dem Übergang in Privatbesitz ja nicht mehr. 1907 übernahm schließlich der aus dem Münsterland gebürtige Müller Hermann Verspohl die Mühle. Seine Tochter Elisabeth (eines von 13 Kindern) notierte später [URKATASTER]: „Im Oktober 1907 wurde die „Ferndorfer Mühle“ von Hermann und Theresia Verspohl übernommen. An ihrem Hochzeitstag kamen meine Eltern in Ferndorf an und brachten die Großmutter, einen Knecht und eine Magd mit. ... Auch zwei Kühe, Schweine und Hühner wurden am Bahnhof ausgeladen.“ Seit 1774 war die Mühle immer mit der gleichen Technik betrieben worden, 1933 jedoch ersetzte Hermann Verspohl die beiden oberschlächtigen Wasserräder durch eine Francis-Schachtturbine, die beide Mahlgänge direkt antrieb. Erst seit 1985, als die Wasserkraftanlage instandgesetzt wurde, wird Strom erzeugt, der in das öffentliche Netz eingespeist wird [DÖRING]. Beim Luftangriff auf Ferndorf am 18. März 1945 wurde auch die Mühle schwer beschädigt. Das Nebenhaus, unten Stallungen und oben fünf Wohnräume, waren Totalschaden. Im Oktober 1945 konnte jedoch schon wieder gemahlen werden, und das Nebenhaus wurde 1947 wiederaufgebaut. 1953 starb Hermann Verspohl. Der Mühlenbetrieb, den seine Tochter Maria nach einem Unfall ihres Mannes Martin Kaiser zuletzt samt Landwirtschaft alleine betreiben musste, endete am 30. November 1970. Acht Jahre später verkaufte der Sohn Hermann Kaiser die Mühle an Familie Gardlo aus Kreuztal, die dort einen Reitverein aufbaute, der in diesem Jahr 20 Jahre alt wird.

Katrin Stein, Ferndorf im April 2009

Wh.V. Wilhelm V. P.v.O. Prinz von Oranien F.z.N. Fürst zu Nassau 1774 1796 wurde die Mühle wohl an Johann Jost Jung, der Sohn des Vorgenannten, neu verpachtet. In der Ausschreibung hieß es: „Daß Niemand bei dem bieten zugelassen wird, der nicht Sicherheit stellen, auch wegen seiner Ehrlichkeit bekannt und mit den Zeugnissen deßhalb versehen ist.“ Bei den Ferndorfer Mühlen handelte es sich übrigens um Bannmühlen, d.h. in ihrem Bannkreis war jeder Bewohner verpflichtet, sein Korn bei der entsprech-enden Mühle mahlen zu lassen. Dies sicherte den Müllern ihre Existenz und der Obrigkeit die Pachteinkünfte.

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Geschichte der Ferndorfer Mühle - Seite 3

Blick von den Klippen auf Ferndorf und Ernsdorf in den 1930er Jahren

Mühle in den 1960er Jahren Quellen • BÖTTGER Hermann: Alte Höfe in Ferndorf und Ahe, aus: Siegerland Bd. 18, S. 127 ff, Siegen 1936 • KRÄMER Erhard: Das Erzstift Köln, das Zisterzienserinnenkloster Drolshagen und der Irlenhof bei Ferndorf, aus

Ferndorfer Dorf Chronik Bd. 3, S. 30, Hrsg.: Verein zur Pflege der Dorfgemeinschaft Ferndorf, Kreuztal-Ferndorf 2007 • BÖTTGER-1 Hermann: Beiträge zur älteren Geschichte Ferndorfs, aus: Heimatland Nr. 7, S. 131, Siegen 1937 • IRLE Lothar: Ferndorf, ein Siegerländer Dorfbuch, S. 326ff. Herausgeber: Gemeinde Ferndorf 1963 • DÖRING Mathias: Ferndorf und sein Wasser, aus: Ferndorfer Dorf Chronik Bd. 1, S. 214, 2002, Hrsg.: s.o. • URKATASTER von 1835; aus: Ferndorfer Dorf Chronik Bd. 1, S. 150 (2. Auflage 2007), Hrsg.: s.o.

Die Fotos sind aus dem Archiv des Dorfgemeinschaftsvereins


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