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Diabetes 4. - oedg.at · 2015-11-02 · Diabetes verstehen 2014 5 EDItOrIAL Rund 9% der...

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GESUNDHEITSRATGEBER Euro 4,95 Diabetes U N A B H Ä N G I G U N A B H Ä N G I G U N A B H Ä N G I G Experten- geprüft aktualisierte Neuauflage 4. verstehen Zuckerkrank – was bedeutet das? Aktuelle Therapiemöglichkeiten Diabetes im Alter Neue Richtlinien in der Ernährung
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GESUNDHEITSRATGEBER

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• Zuckerkrank – was bedeutet das?• Aktuelle Therapiemöglichkeiten• Diabetes im Alter• Neue Richtlinien in der Ernährung

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2 Diabetes verstehen 2014

Prim. Univ.-Prof. Dr. Monika LechleitnerÄrztliche Direktorin, Landeskrankenhaus Hochzirl

Prim. Univ.-Doz. Dr. Raimund WeitgasserVorstand der Abteilung Innere Medizin, Diakonissen-Krankenhaus Salzburg

Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter FaschingVorstand der 5. Medizinischen Abteilung, Wilhelminenspital Wien

Univ.-Prof. Dr. Bernhard LudvikUniv.-Klinik für Innere Medizin III, Abtei-lung für Endokrinologie und Stoffwechsel, AKH Wien

Univ.-Prof. Dr. Birgit Rami-MerharUniv.-Klinik für Kinder- und Jugendheil-kunde, AKH Wien

WissenschaFtLicheR BeiRat:

WissenschaFtLicheR LeiteR:Univ.-Prof. Dr. thomas c. WascherPräsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft1. Medizinische Abteilung, Fachbereich Diabetes, Hanusch-Krankenhaus der Wiener Gebietskrankenkasse

Wir danken allen Mitwirkenden und dem wissenschaftlichen Beirat für die Unterstützung und den Einsatz.

IMPRESSUM:Herausgeber und Medieninhaber: MedMedia Verlag und Mediaservice GesmbH, 1070 Wien‚ Seidengasse 9 / Top 1.1. Projektleitung: Thomas Schula. Layout und Grafik: creativedirector.cc lachmair gmbh. Lektorat: Mag. Andrea Crevato. Druck: Leykam Druck GmbH & Co KG, 8020 Graz. Coverfoto: londoneye – iStockphoto.com. Fotos: shutterstock.com, fotolia.comDie gesetzliche Offenlegung gemäß § 25 MedienG finden Sie unter www.medmedia.at/home/impressum.

Alle Texte in „Diabetes verstehen“ wurden nach bestem Wissen recherchiert. Irrtümer sind vorbehalten. Trotz sorgfältiger Prüfung übernehmen Verlag und Medieninhaber keine Haftung für drucktechnische und inhaltliche Fehler. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird jeweils nur die männliche Form der Bezeichnung von Personen ( z.B. der Patient ) verwendet, damit ist aber sowohl die weibliche als auch die männliche Form gemeint. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet oder verbreitet werden.

Redaktion: hannelore Mezei

MItWIrKEnDE

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Diabetes verstehen 2014 3

EDIToRIAl 4

WAS BEDEUTET DIABETES? 6

DIAGNoSE: DIABETES AUF DER SPUR 10

DIABETES IST NICHT GlEICH DIABETES 19

RISIKoFAKToREN 27

THERAPIE: lEBENSSTIlmASSNAHmEN 34

mEDIKAmENTÖSE THERAPIE 48

DIABETES BEI KINDERN 74

DIABETES Im AlTER 80

DIABETES KommT SElTEN AllEIN 84

TIPPS FÜR DEN AllTAG 96

SEITE

Diabetes verstehen

oNE ToUCH VERIo 13

GlUCo mEN READY 15

CoNToUR 17

BoSo mEDICUS VITAl 31

TENSoVAl DUo CoNTRol 33

FREESTYlE PRECISIoN NEo 100

Entgeltliche Einschaltungen dieser Ausgabe:

InHALt

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4 Diabetes verstehen 2014

Univ.-Prof. Dr. thomas C. Wascher, Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft1. Medizinische Abteilung, Fachbereich Diabetes, Hanusch-Krankenhaus der Wiener Gebietskrankenkasse

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

Sie halten gerade die neue Auflage des Patientenratgebers „Diabetes mellitus“ in Ihren Hän-den. Nach dem großen Erfolg der vorangegangenen Ausgabe und aufbauend auf dem be-ständigen Fortschritt in der Behandlung des Diabetes mellitus – der Zuckerkrankheit – haben wir beschlossen, eine aktualisierte Version aufzulegen.

Sei es, dass Sie selbst an Diabetes mellitus erkrankt sind oder dass ein Angehöriger daran leidet, oder aber, dass Sie sich einfach aus persönlichem Interesse informieren wollen: Die-ser Ratgeber versorgt Sie mit den aktuellsten Informationen zu diesem Thema.

Namhafte österreichische Expertinnen und Experten haben an der Erstellung mitgewirkt, um Ihnen einen möglichst kompletten Überblick darüber zu geben, was für Sie wirklich re-levant sein könnte.

Beginnend bei der Diagnosestellung über die wichtigen Möglichkeiten, mit Bewegung und Ernährung vorbeugend und behandelnd zu wirken, bis hin zur Blutzucker-Selbstkontrolle und zur Insulintherapie werden alle wesentlichen Themen behandelt.

Wir hoffen, dass dieser Patientenratgeber einen Beitrag zu mehr Gesundheitsinformation leisten kann und dass Sie darin Neues und Relevantes für Sie persönlich finden können.

Univ.-Prof. Dr. Thomas C. Wascher

EDItOrIAL

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Diabetes verstehen 2014 5

EDItOrIAL

Rund 9% der österreichischen Bevölkerung sind von Diabetes mellitus betroffen. Weite-re 9% leiden unter einer Vorstufe, der so genannten Glukoseintoleranzstörung. Sowohl in der Unterstützung bei der Früherkennung als auch in der weiteren Betreuung der Betrof-fenen leisten Apothekerinnen und Apotheker mit ihrer fachlichen Kompetenz einen wert-vollen Beitrag.Kommt beispielsweise ein Kunde in die Apotheke, weil er ständig müde ist und etwas zur „Aufmunterung“ sucht, so fragen wir zuerst einmal nach, welche Beschwerden sonst noch bestehen. Bei weiteren Symptomen, die auf Diabetes hindeuten könnten – wie beispielsweise vermehrtes Durstgefühl –, läuten bei uns bereits die Alarmglocken und wir bieten eine Blutzuckermessung an. Sollte diese ein weiteres Indiz auf Diabetes lie-fern, raten wir zu einer Untersuchung beim Arzt.Selbstverständlich begleiten wir Diabetespatienten dann während der Behandlung, sind behilflich bei der Handhabung der Blutzuckermessgeräte, Pens und Insulinspritzen, klä-ren ab, welche Medikamente sonst noch eingenommen werden und machen auf eventu-elle Wechselwirkungen aufmerksam. Auch wenn ein Medikament nicht vertragen wird und Nebenwirkungen hervorruft, finden wir gemeinsam mit dem behandelnden Arzt die optimale Lösung. Denn die Betreuung von Menschen mit chronischen Erkrankungen zählt zu unseren wesentlichen Aufgaben.Nicht zuletzt bemühen wir uns, Betroffene und Risikopersonen mit entsprechenden Tipps zu einem gesunden Lebensstil zu motivieren, der eine wichtige Säule in der The-rapie darstellt.Wie bei jeder Erkrankung gilt auch für Diabetes: Je besser informiert Betroffene sind, umso erfolgreicher gestaltet sich die Behandlung. Daher begrüßen wir seriös aufbereite-te, von Experten geprüfte Patienteninformationen, wie sie der vorliegende Ratgeber bie-tet, mit großer Freude und legen unseren Kundinnen und Kunden die nunmehr 4. aktua-lisierte Auflage „Diabetes verstehen“ ans Herz.

Ich wünsche Ihnen eine interessante und hilfreiche Lektüre!

Mag. pharm. Dr. Christian Müller-Uri

Mag. pharm. Dr. Christian Müller-Uri, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer

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Was BEdEUtEt Diabetes?

Die Krankheit wird gerade im Anfangsstadium aus Unkenntnis häufig verharmlost.

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Diabetes verstehen 2014 7

Was bedeutet Diabetes?

• In Österreich leiden schätzungsweise 8–9% der Bevölkerung (zwischen 573.000 und 645.000 Menschen) an Diabetes mellitus. Der Großteil ist von Diabetes Typ 2 betroffen.

• Davon beträgt die Dunkelziffer (nicht diagnostizierte Diabetiker) geschätzte 143.000–215.000.

• Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.

• Eine Rolle spielt bei den Frauen jedoch die Schulbildung: Frauen mit Pflichtschulab-schluss haben ein 2,2-fach erhöhtes Risiko

im Vergleich zu Frauen mit AHS-, BHS- oder Hochschulabschluss.

• Weitere 573.900 Personen (rund 9% der Bevölkerung) sind von einer Glukoseintole-ranzstörung – einer Vorstufe des Diabetes – betroffen.

• Im Jahr 2011 starben in Österreich knapp 3.000 Personen direkt an Diabetes. Drei Viertel der Betroffenen waren über 74 Jahre alt.

• Für erwachsene Patienten stehen derzeit 95 Diabetes-Ambulanzen zur Verfügung, speziell für Kinder und Jugendliche 36.

Fakten, Daten, Zahlen

Wie funktioniert der gesunde Stoffwechsel?Das zugrunde liegende Prinzip des Stoff-wechsels lautet bei jeder aufgenommenen Mahlzeit: „Spalten und Energie bringend verwerten“. Der Stoffwechsel beinhaltet die Gesamtheit der chemischen Um- und Abbauvorgänge im Organismus. Hier greift eine Reihe von Botenstoffen oder Hormonen ein. Im Falle der Verstoff-wechslung von Zucker (eine Form der Kohlenhydrate) ist das wichtigste Hor-mon das Insulin. Traubenzucker oder Glukose ist der Hauptenergielieferant für unsere körperlichen und geistigen Aktivi-täten. Allein das Gehirn benötigt pro Tag rund 140 Gramm Glukose.

Zuckerkrank – wie kommt der Zucker ins Blut?Konkret nimmt das Spalten von Kohlen-hydraten seinen Anfang im enzymhalti-gen Speichel im Mund. Von dort aus wird

an die Bauchspeicheldrüse (mit ihren Be-tazellen) die Botschaft gesendet, dass Kohlenhydrate auf dem Weg in die Ver-dauungsorgane (Magen, Dünn- und Dick-darm) sind. Ergo: Befehl an die Bauch-speicheldrüse, dass Insulin benötigt wird. Die weitere Zerlegung der Kohlenhydrate nimmt im Darm ihren Lauf. Sind die Koh-lenhydrate nun in einfache Zucker, wie z.B. Glukose, zerlegt, können sie über die Darmschleimhaut ins Blut aufgenommen werden. Jetzt steigt der Blutzuckerspiegel bei allen Menschen steil an. Die Körper-zellen können nun mithilfe von Insulin Glukose über das Blut durch ihre Memb-ran in die Zellen – wo es benötigt wird – aufnehmen. Dadurch sinkt der Zuckerge-halt im Blut wieder.

Wofür braucht der Körper Insulin?Die meisten Körperzellen brauchen In-sulin, damit sie Zucker aus dem Blut aufnehmen können, anschließend bauen

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8 Diabetes verstehen 2014

Was bedeutet Diabetes?

sie den Zucker in Energie um. Können die Zellen aufgrund eines Insulinman-gels nicht genug Zucker aufnehmen, steigt die Zuckerkonzentration im Blut an. Die wichtigste Funktion des Insulins ist also die Blutzuckersenkung: Hierbei regt Insulin die Zellen an, Glukose (Zu-cker) aus dem Blut aufzunehmen. Es funktioniert dabei wie ein Schlüssel, der die Zellen für die Einlagerung von Zu-cker quasi aufschließt.

Welche Bedeutung hat die Bauchspeicheldrüse?Die Bauchspeicheldrüse oder das Pankre-as ist die wichtigste Verdauungsdrüse. Einerseits hat sie die Funktion, mit Bauchspeichel (1,5 Liter pro Tag) Verdau-ungsenzyme in den Zwölffingerdarm ab-zugeben, welche Fett, Eiweiß und Kohlen-hydrate für den Organismus verwertbar machen. Andererseits befinden sich im Pankreas die Langerhans’schen Inseln mit den Beta- und Alphazellen. Sie produzie-ren Insulin (= blutzuckersenkend) und Glukagon (= blutzuckersteigernd) und ge-ben diese direkt ins Blut ab. Die Wirkung funktioniert nach einem einfachen Rück-koppelungsmechanismus: Die Betazellen registrieren die Höhe des Blutzucker-spiegels und schütten bei Bedarf einer Blutzuckersenkung Insulin aus. Muss der Blutzucker erhöht werden, schütten die Al-phazellen Glukagon aus.Sowohl beim Typ-1-Diabetiker als auch beim Typ-2-Diabetiker besteht das Prob-lem, dass der Zucker nicht ausreichend aus dem Blut in die Zellen transportiert wird und die Zuckerkonzentration im Blut (= Blutzuckerspiegel) dadurch zu hoch bleibt. Allerdings liegen dafür

beim Typ-1-Diabetes andere Ursachen vor als beim Typ-2-Diabetes (siehe Ka-pitel „Diabetes ist nicht gleich Diabe-tes“, ab Seite 19).

Wie bemerke ich, dass ich Diabetes haben könnte?Erhöhter Blutzucker kann zu folgenden Symptomen führen:• häufiges Wasserlassen• starker Durst• Heißhunger und Gewichtsverlust• Abgeschlagenheit, Müdigkeit und

Kraftlosigkeit• Mundtrockenheit und nächtliche Wa-

denkrämpfe• Sehstörungen

Diese Symptome sind sowohl für Typ-1- als auch Typ-2-Diabetes charakteris-tisch. Bei Patienten mit Typ-1-Diabetes entwickeln sich die Symptome aller-dings schneller, und zwar bereits im Laufe einiger Tage bis weniger Wochen, und können rasch ein lebensbedrohen-des Ausmaß annehmen.Die Symptome bei Typ-2-Diabetes ent-stehen im Gegensatz dazu weitaus lang-samer über einen viel längeren Zeitraum (bis zu zehn Jahre). Währenddessen be-merken die Betroffenen gar keine bis wenige Beschwerden.

Was bedeutet Diabetes?starker Durst kann ein anzeichen für Diabetes sein

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Die eigenen Blutzuckerwerte zu kennen ist von größter Bedeutung.

Diagnose: diaBEtEs

aUf dEr spUr

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Diabetes verstehen 2014 11

Diagnose: Diabetes auf der Spur

Wie wird Diabetes diagnostiziert?Die Diagnose von Diabetes erfolgt an-hand einer Messung des Blutzuckerspie-gels (Glukosekonzentration im Blut). Bei Gesunden liegt der durchschnittliche Nüchtern-Blutzuckergehalt zwischen 70 und 100 mg/dl.

Was ist eine nierenschwelle?Bei einem gesunden Menschen kann die Niere fast gänzlich die Glukose resorbie-ren (= wieder aufnehmen), die in den Harn filtriert wird, wodurch sich im Urin kein Zucker nachweisen lässt. Bei Diabe-tikern hingegen kann die Niere, wenn der Blutzucker über ca. 180 mg/dl ansteigt, die Glukose nicht mehr vollständig rück-resorbieren und der Zucker wird mit dem Urin aus dem Körper ausgeschwemmt. Diese Zuckerkonzentration im Blut, bei der die Ausscheidung im Urin beginnt, nennt man Nierenschwelle.

Blutzucker – mehr brauche ich doch nicht zu wissen!Der Blutzuckerwert ist für einen Diabe-tiker ab Diagnosestellung sein ständiger Begleiter. Der Stich in den Finger und das damit verbundene Wissen über die Höhe des Blutzuckers ist deswegen so essenzi-ell, weil sie dem Betroffenen Aufschluss darüber geben, wie die Nahrungsaufnah-me, körperliche Aktivität und die medi-kamentöse Behandlung den Blutzucker beeinflussen. Die Ergebnisse der Selbst-kontrolle helfen dem Patienten, mit der Erkrankung im täglichen Leben umzuge-hen. Sie sind aber nur eine „Momentauf-nahme“.Man unterscheidet zwischen Nüchtern-blutzucker (NBZ) und jenen Blutzucker-

werten, die nach einer Mahlzeit gemessen werden („postprandialer Blutzucker“).

Welche Möglichkeiten der Blutzucker-Selbstmessung gibt es?Die regelmäßige Selbstmessung des Blutzuckers dient der Bestimmung des Glukosegehalts im Blut, sodass in der Folge die Insulingabe entsprechend an-gepasst werden kann. Für diese Verlaufs-kontrolle gibt es transportable Blutzu-ckermessgeräte. Die modernen Geräte zur Selbstmessung sind einfach, rasch und diskret zu bedienen.

Die verschiedenen Messmethoden:• Optische Messung: Ein Blutstropfen

aus der Fingerspitze wird auf einen Teststreifen geleitet. Der im Blut ent-haltene Zucker reagiert mit den chemi-schen Stoffen auf dem Teststreifen. In der Folge wird der Blutzuckerwert auf dem Messgerät angezeigt.

• Amperometrische Messung: Ein Blutstropfen wird auf den Teststreifen aufgebracht, auf dem sich ein Enzym

• Blutzucker nüchtern ≥ 126 mg/dl

oder

• Blutzucker ab 2 Stunden nach dem Essen oder einem Zuckerbelastungstest ≥ 200 mg/dl

• HbA1c ≥ 6,5%

Wichtig ist, dass die Bestimmung in einem standardisierten Labor durch-geführt wird!

Die Diagnose Diabetes wird bei folgenden Werten gestellt:

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12 Diabetes verstehen 2014

Diagnose: Diabetes auf der Spur

befindet, das mit dem Blutzucker re-agiert. Dadurch wird ein Kontakt zwi-schen Elektroden hergestellt und vom Gerät über die Messung des zeitlichen Verlaufs der Stromstärke die Blutzu-ckerkonzentration errechnet.

• Unblutige Messung: Hierfür ist keine Blutentnahme nötig, sondern der Blut-zucker wird mittels Sensor, Lasergerät etc. angezeigt. Diese Messmethoden sind allerdings noch nicht etabliert. Derzeit wird die Markteinführung ei-nes solchen Sensor-Messsystems vor-bereitet. Die Patienten bringen am Oberarm einen Sensor in der Größe eine Zwei-Euro-Münze an, der 24 Stunden lang alle 15 Minuten den ak-tuellen Blutzuckerwert misst.

HbA1c

– das BlutzuckergedächtnisDer HbA

1c-Wert spiegelt die mittlere

Blutzuckereinstellung während der letz-ten sechs bis acht Wochen wider. Er ist sozusagen das „Blutzuckergedächtnis“. Der Wert ist damit unabhängig von mo-mentanen Blutzuckerschwankungen. Er ist ein guter Kontrollwert für Arzt und Betroffenen, ob die Werte über einen längeren Zeitraum im angestrebten Be-reich liegen. Jede auch noch so geringe Senkung des HbA

1c-Spiegels erhöht die

Chancen eines Patienten wesentlich, von Folgeerkrankungen länger verschont zu bleiben.

Blutfette – „generell unnötig“?Fette und Cholesterin sind Bestandteile unserer Nahrung und fungieren als Ener-gielieferanten und -speicher. Sie haben aber auch lebenswichtige Funktionen für den Aufbau unserer Körperzellen und für

unser Immunsystem. Vor allem in Ner-venzellen findet man eine hohe Konzent-ration von Cholesterin, welches auch für die Bildung von Hormonen notwendig ist.Blutfette sind wasserunlösliche, chemi-sche Verbindungen, zu denen sowohl einfache Lipide (z.B. Triglyzeride, Cho-lesterin) als auch komplexe Lipide (z.B. Phospholipide) zählen. Die Fette aus der Nahrung werden nach Spaltungsprozes-sen über den Darm aufgenommen.

Gibt es neutrales Blutfett?Triglyzeride sind natürlich vorkommen-de Fette, so genannte Neutralfette. Durch ihre chemische Struktur gelangen diese Fette rasch in Fettdepots, aus denen sie auch ebenso rasch zur Energiegewin-nung herangezogen werden können. (Beispiel: Bei einem normalgewichtigen Erwachsenen beträgt der Energievorrat im Fett rund 12 kg und würde Energie für 35 Tage liefern.)Der Verzicht auf Zucker und Alkohol senkt hohe Triglyzeridwerte.

Blutfette: Welche sind „gut“ und welche „schlecht“?Der zweite wesentliche Blutfettwert ist der Cholesterinwert. Cholesterin wird

Blutfette lagern sich an Gefäßwänden ab und fördern deren Verengung

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einerseits über die Nahrung aufgenom-men, andererseits in unserem Körper gebildet. Es benötigt einen Transporter, der es im Blutsystem an die Einsatzge-biete im Körper transportiert. Das sind die Lipoproteine.

LDL(Low Density Lipoprotein)-Cholesterin = „schlechtes“ cholesterin. Diese Lipoproteine bringen das cholesterin von der Leber über das Blut zu den Organen. Wenn das LDL-angebot die nachfrage aus dem Gewebe überschreitet (= ho-hes LDL), bleibt das cholesterin an der Gefäßwand liegen k Beginn einer atherosklerose.

HDL(high Density Lipoprotein)-Cholesterin = „gutes“ cholesterin; bringt nicht benötigtes cholesterin aus dem Blut und dem Gewebe in die Leber zurück, wo es in Gallensäure umgewandelt wird und über den Darm wieder ausgeschieden werden kann.

Günstig: Hohes HDL gekoppelt mit niedrigem LDL. Ungünstig: hohes LDL gekoppelt mit niedrigem HDL.

Blutfette aus dem Lot – was nun?Neben der Therapie für eine gute Blut-zucker- und eine adäquate Blutdruckein-stellung ist die Behandlung der Dyslipi-dämie (= Fettstoffwechselstörung) von enormer Wichtigkeit. Das Hauptaugen-merk wird dabei auf das LDL-Choleste-rin gelegt. Als Therapieziel wird ein Wert von < 70 mg/dl angesehen, vor al-lem bei Hochrisikopatienten (= Diabeti-ker, die in der Vergangenheit Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten). Aber auch niedrige HDL-Werte erhöhen das kardiovaskuläre Risiko.

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14 Diabetes verstehen 2014

Diagnose: Diabetes auf der Spur

Folgende Werte sind wichtig, um einen aussagekräftigen Lipidstatus zu erhal-ten, worauf sich eine entsprechende The-rapie mit Statinen oder Fibraten begrün-det: Triglyzeride, HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin.

Ab folgenden Werten sollte laut den Richtlinien der Österreichischen Dia-betes Gesellschaft eine Therapie ein-geleitet werden:

Bei einer ersten Erhebung der Blutfette ist es sinnvoll, ebenfalls den Wert des Li-poproteins als zusätzlichen Risikofaktor zu dokumentieren. Der Effekt der Thera-pie sollte nach drei Monaten kontrolliert und gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie eingeleitet oder eine bestehen-de medikamentöse Therapie angepasst werden (z.B. Kombinationstherapie, hochpotente Statine).

Ketonkörper – kann man sie riechen?Als Ketonkörper bezeichnet man Zwi-schenprodukte, die beim Abbau von Fettsäuren im Körper anfallen. Bei Insu-linmangel steigt beispielsweise der Ace-tongehalt im Blut steil an und kann auch im Harn und in der Atemluft ausgeschie-den werden. Aceton in der Atemluft kann von Personen in der nahen Umge-

bung als „Geruch nach Nagellack“ wahrgenommen werden.

Kreatinin – eine Formel hilft weiter!Dies ist ein Abfallprodukt des Stoff-wechsels, das zu guter Letzt nochmals gefiltert über den Urin ausgeschieden wird. Ist dieses neuerliche Filtern auf-grund eingeschränkter Nierentätigkeit unzureichend, ist das ein deutlicher Indi-kator für Niereninsuffizienz. Je höher

der Kreatininwert, desto schlechter ist die Funktionswei-se der Nieren. Im Alter kann je-doch infolge des Schwindens der Muskelmasse, welche die Quelle für Kreatinin darstellt, ein „normaler“ Wert bereits eine deutliche Einschränkung der Nierenfunktion bedeuten. Daher kann heute aus den La-

borwerten sowie dem Alter und Ge-schlecht des Patienten die Nierenleis-tung („glomeruläre Filtrationsrate“) errechnet werden.

Mikroalbuminbestimmung – jedes Jahr notwendig?Albumin als körpereigenes Eiweiß hat vor allem eine Transportfunktion und ist normalerweise im Harn nicht nachweis-bar. Das Auftreten einer Mikroalbumi-nurie ist ein Alarmzeichen und bedeutet eine Gefährdung der Nierenfunktion so-wie ein höheres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Das Mikroalbumin oder der Albumin-Kreatinin-Quotient sollte mindestens einmal im Jahr be-stimmt werden. Ist der Wert erhöht, müs-sen Blutzucker und Blutdruck besonders konsequent eingestellt werden.

Risikofaktor Grenzwert Zielwert

LDL-Cholesterin 70 mg/dl < 70 mg/dl

HDL-Cholesterin 60 mg/dl (Mann) > 60 mg/dl

60 mg/dl (Frau) > 60 mg/dl

Triglyzeride 150 mg/dl < 150 mg/dl

So misst man heute.Diabetes-Infoline: (0)1230 85 10 E-Mail: [email protected] www.glucomenready.at

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So misst man heute.Diabetes-Infoline: (0)1230 85 10 E-Mail: [email protected] www.glucomenready.at

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16 Diabetes verstehen 2014

Diagnose: Diabetes auf der Spur

hba1c ist einer der wesentlichen Werte, die regelmäßig überprüft werden müssen

Welche Werte muss ich wann überprüfen lassen?Regelmäßige Kontrollen sind enorm wichtig, um rechtzeitig eine Entgleisung der Werte und damit die Gefahr für Fol-geerkrankungen zu erkennen. Sie – als Manager Ihrer Erkrankung – sollten Ihre Werte kennen, um in Absprache mit Ih-rem Arzt im Bedarfsfall entsprechend reagieren zu können.

Oraler Glukosetoleranztest (OGtt) – wofür?Bei unklarem Befund – Blutzuckermes-sung oder HbA

1c – oder zum Nachweis ei-

ner gestörten Glukosetoleranz zieht man den Glukosetoleranztest heran. Eine gestör-te Glukosetoleranz stellt die Vorstufe von Diabetes dar. Nach zwölfstündigem „Fas-ten“ wird morgens der Nüchternblutzucker bestimmt und anschließend eine Lösung mit 70 Gramm Glukose (Fertigpräparate in der Apotheke erhältlich) getrunken. Nach weiteren zwei Stunden wird erneut die Blut-zuckerkonzentration bestimmt.Wichtig zu beachten: Mindestens drei Tage vor der Untersuchung sollte normale Mischkost konsumiert werden; zwölf Stunden vor dem Test keinen Alkohol, Tee oder Kaffee trinken, nicht rauchen.

Selbstkontrolle – darauf darf ich nicht verzichten!Die richtige Behandlung von Diabetes ist ohne die intensive Mitarbeit des Pati-enten nicht möglich. Durch die Selbst-kontrolle können Sie täglich Ihre Krank-heit positiv beeinflussen:• Kontrolle des Blutzuckerspiegels

(nüchtern und nach dem Essen, in Ab-sprache mit Ihrem Arzt)

• Kontrolle der Füße• Kontrolle des Gewichts• Aufzeichnung von Besonderheiten

(unerklärlich hohe und tiefe Blutzu-ckerwerte, Erkrankung etc.)

Wieso wird Diabetes oft erst bei einem Herzinfarkt diagnostiziert?Die Diagnose Diabetes trifft den Einzel-nen oft wie eine Keule. Faktum ist, dass es sich meist um eine Zufallsdiagnose handelt. Der Grund ist denkbar einfach und mag fast ironisch klingen: Diabetes tut nicht weh. Beobachtungen in der Kli-nik zeigen noch immer, dass ein Drittel der manifesten Diabetiker nichts von ih-rer Erkrankung weiß.Warum geht die Diabetesdiagnose so oft Hand in Hand mit einem Herzinfarkt? Ein Drittel der Herzinfarktpatienten lei-det an Diabetes, ein weiteres Drittel an einer Vorstufe – der gestörten Glukose-toleranz. 75% der Diabetiker erleiden einen Herzinfarkt und/oder einen Schlaganfall. Doch so weit müsste es nicht kommen, wenn der Diabetes er-kannt und gut eingestellt wird!

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18 Diabetes verstehen 2014

Diagnose: Diabetes auf der Spur

Wert Messeinheit Was sagt der Wert aus?

Wie oft? (Normwerte – individuelle Vereinba-rungen sind maßgebend)

Normwert/pathologisch

Zielwert in der Diabetes- therapie

Blutzucker nüchtern

Milligramm pro Deziliter (mg/dl)

Zuckergehalt im Blut

täglich 70–100; gestörte Nüchterngluko-se: bis 125; Diabetes > 125

unter 110

Blutzucker (Glukose) postprandial

mg/dl Zuckergehalt im Blut nach dem Essen

täglich bis mehrmals täglich

bis 130 unter 160

Blutdruck mmHg Druck des Blutes in einem Blut-gefäß

täglich 130/80 130/80;125/75 bei Nieren-erkrankung

Zuckerhämo-globin

1. HbA1c

2. SI-Wert

Prozentwert %

mmol/mol

Prozentsatz des roten Blutfarbstoffes (Hämoglobin), der mit „Zu-cker“ beladen ist „Zuckerge-dächtnis“

alle 3 Monate

6–6,5%

42-48 mmol/mol

individuell ver -einbart, in der Regel unter 7%

unter 53 mmol/mol

Glukose-toleranz

mg/dl liefert Hin-weise auf die Fähigkeit des Körpers, eine definierte Menge an Blutzucker abzubauen

nach 2 Stun-den unter 140; 140–199: gestörte Glukose-toleranz; Diabetes > 200

Triglyzeride mg/dl Neutralfette im Blut

mindestens einmal jährlich

unter 150 unter 200

Cholesterin (LDL)

mg/dl „ungünstiges Cholesterin“

mindestens einmal jährlich

unter 130 unter 70

Cholesterin (HDL)

mg/dl „günstiges Cholesterin“

mindestens einmal jährlich

über 50 über 45

Ketonkörper Warnhinweis für Insulin-mangel

bei Bedarf negativ negativ

MikroalbuminAlbumin-Krea-tinin-Ratio

mg/24 Std.mg/g

Funktions-fähigkeit der Niere

mindestens einmal jährlich

unter 30

Blutwerte, die bei Diabetikern regelmäßig kontrolliert werden sollten:

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Diabetes ist nicht gleich

DiabetesJe nach Ursache unterscheidet man verschiedene

Formen von Zuckerkrankheit.

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20 Diabetes verstehen 2014

Diabetes ist nicht gleich Diabetes

Jeder Diabetes ist durch einen Zucker-überschuss im Blut gekennzeichnet. Die Ursachen dafür können jedoch unter-schiedlich sein. Je nach Ursache unter-scheidet man zwei Hauptformen des Di-abetes (Typ 1 und Typ 2), den meist nur während einer Schwangerschaft beste-henden Gestationsdiabetes sowie einige seltene Formen. Die meisten Patienten sind jedoch von Typ-1- oder Typ-2-Dia-betes betroffen. Liefert die Bauchspeicheldrüse kein In-sulin (absoluter Insulinmangel), handelt es sich um Typ-1-Diabetes. Wenn die Bauchspeicheldrüse hingegen Insulin produziert, dieses aber an den Körper-zellen nicht wirken kann und der Blutzu-cker daher ansteigt, handelt es sich um Typ-2-Diabetes.

Was ist der Unterschied zwischen typ-1- und typ-2-Diabetes? Bei Typ-1-Diabetes (10% der Diabetes-Erkrankten) handelt es sich um eine Au-

toimmunerkrankung, bei der die Insulin produzierenden Zellen in der Bauch-speicheldrüse (Betazellen) zerstört wer-den. Der eigene Körper liefert kein Insu-lin mehr, deswegen muss Insulin zwingend „künstlich“ zugeführt werden.

Bei Typ-2-Diabetes (85–90% der Dia-betes-Erkrankten) finden sich – meist in Zusammenhang mit bauchbetonter Fett-ansammlung, hohem Blutdruck und Fettstoffwechselstörung – eine vermin-derte Wirksamkeit des Insulins im Ge-webe und eine gestörte Ausschüttung (Sekretion) von Insulin. Es entsteht also ein Missverhältnis zwischen Insulinan-gebot und Insulinbedarf.Neben dem Typ-1- und dem Typ-2-Di-abetes gibt es noch weitere Formen von Diabetes, die jedoch sehr selten auftre-ten (z.B. genetische Schädigung der Betazellen oder der Insulinwirkung, Krankheiten der Bauchspeicheldrüse, hormonell bedingte Erkrankungen). Be-

Typ 1 Typ 2Beginn rasant schleichend, oft über Jahre

Gründe absoluter insulinmangel:Zerstörung der insulin produzierenden Zellen

relativer insulinmangel:• nachlassende insulinproduktion• insulinwirkung verringert (z.B. durch

Übergewicht, mangelnde Bewegung)

Alter meist unter 40 Jahren meist über 40 Jahre

Gewicht normal übergewichtig (> 80%)

Therapie insulin • gewichtsabnahme und Bewegung• Ernährung, Medikamente/insulin

Unterschiede zwischen typ-1- und typ-2-Diabetes

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Diabetes ist nicht gleich Diabetes

sonders zu erwähnen ist der Schwanger-schaftsdiabetes.

Schwangerschaftsdiabetes – wen trifft es?Der Schwangerschaftsdiabetes (Gestati-onsdiabetes) entsteht während der Schwangerschaft und verschwindet un-mittelbar nach der Geburt meist wieder. Er zählt insgesamt zu den häufigsten schwangerschaftsbegleitenden Erkran-kungen. Risikofaktoren sind Überge-wicht, ein Alter über 30 Jahren und erb-liche Vorbelastung. Merkbar ist er für

die Betroffene im Regelfall nicht, nach-gewiesen werden kann er durch den ora-len Glukosetoleranztest, den jede Schwangere zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche durchführen lassen sollte.Im Falle eines schlecht behandelten Schwangerschaftsdiabetes wird das Kind zu groß und es kann bei der Geburt zu Komplikationen (Verletzungen) kom-men. Zudem hat das Kind unmittelbar nach der Geburt ein hohes Risiko für Unterzuckerung (Hypoglykämie) und später für die Entwicklung eines Diabe-tes. Obwohl der Diabetes bei der Mutter nach der Geburt zumeist verschwindet, bleibt sie besonders diabetesgefährdet. Daher müssen Frauen nach einem Schwangerschaftsdiabetes engmaschig kontrolliert werden und danach trachten, Übergewicht durch richtige Ernährung und viel Bewegung zu vermeiden.

normalzustand Insulin

Insulin

Insulin

Insulin-rezeptor

Insulin-rezeptor

Insulin-rezeptor

Glukose

Glukose

Glukose

typ-1-Diabetes

typ-2-Diabetes

Bei typ-1-Diabetes liefert die Bauchspeichel-drüse zu wenig oder kein insulin mehr. es muss daher zugeführt werden. Bei typ-2-Diabetes liegt eine verminderte Wirksam-keit bzw. eine gestörte ausschüttung von insulin vor.

in der schwanger-schaft übermäßige Gewichtszunahme vermeiden und auf gesunde ernährung achten!

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22 Diabetes verstehen 2014

Diabetes ist nicht gleich Diabetes

Wie entsteht typ-1-Diabetes? Beim Typ-1-Diabetes vernichtet das kör-pereigene Immunsystem durch eine Fehlsteuerung mithilfe so genannter An-tikörper die Insulin produzierenden Be-tazellen in der Bauchspeicheldrüse. Dies führt zu einem stetig zunehmenden In-sulinmangel, da die Bauchspeicheldrüse immer weniger Insulin produzieren kann. Sind ca. 80–90% der Betazellen zerstört, manifestiert sich ein Diabetes vom Typ 1.

Wann besteht Verdacht? Das Entstehen der Autoimmunerkran-kung Typ-1-Diabetes wird durch be-stimmte Erbfaktoren, Umwelteinflüsse und durchgemachte Virusinfektionen begünstigt. Es ist eine schwache familiä-re Häufung (im Vergleich zu Typ 2) zu beobachten: Ist ein Elternteil betroffen, liegt das Risiko des Kindes, ebenfalls an Typ-1-Diabetes zu erkranken, bei rund 3–5%. Sind beide Eltern Typ-1-Diabeti-ker, weist das Kind ein Risiko von ca. 20% auf.Die genauen Ursachen für die Fehlsteue-rung der körpereigenen Abwehr bei Dia-betes Typ 1 sind heute noch weitgehend unbekannt. Vermutet wird, dass manche Bakterien oder Viren den Zellen der Bauchspeicheldrüse so ähnlich sind, dass der Körper nicht nur diese einge-drungenen Bakterien oder Viren an-greift, um sie unschädlich zu machen, sondern sich auch gegen die körpereige-nen Inselzellen der Bauchspeicheldrüse richtet.

Dass Viren indirekt einen Diabetes mel-litus auslösen können, wurde auch in Tierversuchen nachgewiesen.

Wer ist von typ-1-Diabetes betroffen?Diabetes mellitus Typ 1 macht sich zu-meist bereits im Jugendalter bemerkbar, daher wurde diese Form früher auch als juveniler (= jugendlicher) Diabetes be-zeichnet. Grundsätzlich kann Typ-1-Di-abetes jedoch in jedem Alter auftreten.

Gibt es bei typ-1-Diabetes ge-schlechtsspezifische Unterschiede?Ja. Bei Frauen im gebärfähigen Alter schwanken die Blutzuckerwerte häufiger und stärker als beim Mann, da der Mens-truationszyklus und Hormonumstellun-gen Einfluss auf die Blutzuckerwerte haben.

Typ-1-Diabetes

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Diabetes verstehen 2014 23

Diabetes ist nicht gleich Diabetes

Typ-2-DiabetesWie entsteht typ-2-Diabetes?Beim Typ-2-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse zwar zunächst eher viel Insulin, jedoch ist die Wirkung des Insulins an den Körperzellen zu gering – man spricht dann von Insulinresistenz. Als Folge davon wird nicht genügend Zucker in die Zellen transportiert und der Zuckerspiegel im Blut steigt an, ob-wohl der Insulinspiegel hoch ist.Durch einen ständig erhöhten Blutzu-ckerspiegel werden die Betazellen der Langerhans’schen Inseln in der Bauch-speicheldrüse zu einer erhöhten Insulin-produktion angeregt, um diesen zu sen-ken. Diese jahrelange „Überproduktion“ – die bis zum Zehnfachen des Normalen betragen kann – führt im Laufe der Zeit zur Erschöpfung und damit zum Versa-gen der Bauchspeicheldrüse.

Was sind die Ursachen von typ-2-Diabetes?Überschüssiges Fett, das sich zwischen den Darmschlingen ansammelt („Bauch-fett“), schüttet Stoffe aus, die den Zu-cker- und Fetthaushalt negativ beeinflus-sen. Letztendlich führt das Bauchfett zur Insulinresistenz, aus der sich in der Fol-ge innerhalb mehrerer Jahre ein Typ-2-Diabetes entwickelt. Diesem liegt als Ursache ein Zusammenspiel aus Verer-bung und einem ungünstigen Lebensstil mit zu energiereicher Ernährung und zu wenig sportlicher Betätigung zugrunde.

Was verbirgt sich hinter der „Insulinresistenz“?Mit zunehmendem Übergewicht verliert das Insulin immer mehr an Wirkung, die Aufnahme von Zucker in die Zellen ist nicht mehr gewährleistet. Von Insulinre-sistenz spricht man, wenn die Zellen auf das vorhandene Insulin nicht mehr re-agieren. Die Bauchspeicheldrüse nimmt die fehlende Zuckeraufnahme in die Zel-len zum Anlass, mehr Insulin ins Blut abzugeben, um dem entgegenzuwirken. Daher findet man beim Typ-2-Diabetes in der Anfangsphase sogar erhöhte Insu-linspiegel, bevor sich die Bauchspei-cheldrüse „erschöpft“ und die Insulin-produktion letztendlich nachlässt.Wie bereits erwähnt, wird die Insulinre-sistenz durch Faktoren wie erbliche Ver-anlagung und Übergewicht aufgrund von Fehlernährung und mangelnder Be-wegung begünstigt.Meist Hand in Hand mit Insulinresistenz gehen Bluthochdruck und Veränderungen im Fettstoffwechsel (hohe Triglyzerid-

Bauchfett ist ein Risikofaktor für typ-2- Diabetes

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24 Diabetes verstehen 2014

Diabetes ist nicht gleich Diabetes

und LDL-Cholesterinwerte, niedriger HDL-Cholesterinspiegel im Blut). Auf längere Sicht wirkt diese Kaskade gefäß-schädigend und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfall.

Ich bin doch noch viel zu jung für „Altersdiabetes“?Die Statistik zeigt, dass mit zunehmen-dem Alter die Wahrscheinlichkeit, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, steigt. Auch ist die Erkrankung stark erblich bedingt. Ist ein Elternteil Diabetiker, liegt die Wahr-scheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken, bei 40%, sind beide Elternteile betroffen, bei 80%. Als ganz wesentliche Risikofak-toren gelten Übergewicht (siehe Seite 23) und Bewegungsmangel. Auch sehr niedri-

ges (unter 2,5 kg) oder eher hohes (über 4,0 kg) Geburtsgewicht steigert die späte-re Diabetesneigung.

Wann besteht Verdacht?Es gibt gewisse Voraussetzungen, die den Verdacht, an Diabetes zu erkranken oder bereits erkrankt zu sein, erhärten. Dies sind:• hoher Bauchumfang (Männer > 102

cm; Frauen > 88 cm)• Hypertonie (Bluthochdruck)• Fettstoffwechselstörung • Bewegungsmangel• Alter• genetische Belastung• Rauchen• unter Umständen: Heißhungerattacken,

Schwitzen, Kopfschmerzen

Angeborenes Risiko Riskanter Lebensstil Vorstadium Diabetes Typ-2-Diabetes

• erbliche Belastung in der Verwand-schaft

• programmierung des kindlichen stoffwechsels im Mutterleib (Ernäh-rung der Mutter)

• Übergewicht• Bewegungsmangel• stress• schlafmangel

Körperzellen werden unempfindlich gegenüber insulin, insulinproduktion steigt an; 5–8 Jahre

Betazellen erschöp-fen sich, Blutzucker ständig zu hoch, folgeerkrankungen stellen sich ein, oft 5 Jahre vor diagnose

nicht beeinflussbar beeinflussbar beeinflussbar beeinflussbar

Alarmierend: Auch Kinder und Jugendliche erkranken an „Altersdiabetes“! in den Usa hat sich die anzahl der Kinder mit typ-2-diabetes in den letzten zehn Jahren verzehn-facht! auch in den EU-Ländern steigt der prozentsatz deutlich an. in Österreich ist die Zahl stabil geblieben. die hauptrisikofaktoren für diabetes typ 2 bei Kindern sind Übergewicht, Bewegungsmangel, starker Konsum von süßigkeiten und gesüßten Limonaden sowie fami-liäre Veranlagung. Viele Medikamente zur Behandlung des typ-2-diabetes sind jedoch für diese altersgruppe gar nicht zugelassen. Umso wichtiger ist daher schon vorbeugend die Umstellung der Lebensgewohnheiten unserer Kids.

So entsteht Diabetes im Zeitverlauf:

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Diabetes verstehen 2014 25

Diabetes ist nicht gleich Diabetes

Was sollte nach der Diagnose eines typ-2-Diabetes passieren?Nach der gesicherten Diagnose eines Typ-2-Diabetes sollte der Arzt (meist praktischer Arzt oder Internist) ein Bera-tungsgespräch durchführen. Hier wer-den zumeist Zielwerte (für Blutdruck, Blutzucker und HbA

1c sowie Blutfett-

werte) bis zum nächsten Kontrolltermin in drei Monaten gemeinsam vereinbart.Die Erreichung dieser Zielwerte erfolgt mittels nachhaltiger Lebensstilmodifika-tion. In der Diabetes-Schulung werden Sie über das Wesen der Erkrankung, die Möglichkeiten der Behandlung, die rich-tige Ernährung und Lebensstiländerung, die Vermeidung von Folgeerkrankungen und die Blutzucker-Selbstkontrolle in-formiert. Vielleicht bietet Ihr Hausarzt

auch das Betreuungsmodell „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“ an. Das Pro-gramm offeriert österreichweit eine kompetente Diabetes-Betreuung unter der Schirmherrschaft des Hauptver-bands der Sozialversicherungen und der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (www.therapie-aktiv.at). Nach drei Mo-naten erfolgt eine Kontrolle der Zielpa-rameter. Sind diese erreicht, trägt die Lebensstilmodifikation bereits Früchte. Sind sie nicht erreicht, muss eine erneu-te Beratung ins Auge gefasst werden bzw. werden zusätzlich Medikamente verordnet.Wichtig ist die Umsetzung – der beste Plan ist zwecklos, wenn er nicht umge-setzt wird. Setzen Sie sich daher realisti-sche Ziele.

im Beratungsgespräch mit dem arzt werden zunächst Zielwerte für drei Monate vereinbart

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Diabetes ist nicht gleich Diabetes

DiAgNosE

LEbENsstiLANAMNEsE:VErEiNbAruNgEN

ZiELWErtE

bErAtuNgEN:ErNähruNg,

rAuchEN,bEWEguNg

NEuErLichEbErAtuNg,MEDiKAtioN

KoNtroLLtErMiNZiELWErt

thErApiE-äNDEruNg

ErrEicht

Nicht ErrEicht

KoNtroLLtErMiNZiELWErt

LEb

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ss

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Mo

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hEutE

3 MoNAtE

6 MoNAtE

––––––––––––

––––––––––––

Maßnahmen den Lebensstil betreffend (= Lebensstilmodifikationen) bilden die Basis der Diabetesthera-pie. Dazu muss in einem ersten Schritt die Anamnese (= Krankengeschichte) erhoben werden und mit dem Arzt müssen individuelle Zielwerte, die es zu erreichen gilt, vereinbart werden. Dazu ist eine Bera-tung durch einen speziell ausgebildeten Arzt sinnvoll, damit Veränderungen nachhaltig stattfinden kön-nen. Bei einem Kontrolltermin nach 3 Monaten wird überprüft, ob die vereinbarten Zielwerte erreicht wurden. Diese betreffen meist die Bereiche Ernährung, Bewegung, Gewichtsmanagement sowie gege-benenfalls Raucherentwöhnung. Wenn die Zielwerte nicht erreicht wurden, wird eine Adaptierung der Therapie vorgenommen und nach weiteren 3 Monaten werden die Zielwerte neuerlich überprüft.

Maßnahmen nach gesicherter Diagnose von typ-2-Diabetes

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Übergewicht, Bluthochdruck und erhöhte Blutfettwerte können leicht vermieden werden.

RisiKoFaKtoRen

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28 Diabetes verstehen 2014

Risikofaktoren

Ab wann ist dick zu dick?Jahrelang wurde ausschließlich der BMI (Body-Mass-Index) herangezogen, um „Übergewicht“ zu definieren. Er wird nach folgender Formel berechnet: BMI = Gewicht/Größe2. In den letzten Jahren ist man jedoch zu der Erkenntnis gekom-men, dass vor allem das Bauchfett (also Fett, das sich im Bauchraum ansammelt) eine höhere Aussagekraft hat, um auf das Diabetesrisiko zu schließen. Denn übermäßiges Fett zwischen den Darm-schlingen schüttet Stoffe aus, die den Zucker- und Fetthaushalt negativ beein-flussen. Der verlässlichste klinische Ri-sikomarker für Übergewicht ist also der Bauchumfang.Die richtige Messung des Bauchum-fangs ist dabei sehr wichtig. Nehmen Sie ein Maßband und messen Sie den Umfang über dem Nabel. Wichtig: Nicht den Bauch anspannen und dabei ausatmen! Wenn der Bauchumfang bei einem Mann über 102 cm (ideal unter 94 cm) und bei einer Frau über 88 cm (ideal unter 80 cm) liegt, dann ist man zu „dick“.

Erkrankt jeder Dicke an typ-2-Diabetes?Typ-2-Diabetes trifft bei Normalgewich-tigen jeden Zwanzigsten, bei deutlich erhöhtem Bauchumfang trifft es jeden Zweiten. Die Wahrscheinlichkeit, als übergewichtiger Mensch an Typ-2-Dia-betes zu erkranken, ist also zehnmal so hoch.

Übergewicht und Insulin – ein Zusammenhang?Bei Übergewichtigen konnte man eine deutlich geringere Wirkung des Hor-mons Insulin im Gehirn nachweisen, als dies bei schlanken Menschen der Fall ist. Es können also auch die Nervenzellen im Gehirn gegen das Hormon resistent werden. Die logische Konsequenz ist, dass das damit verbundene mangelnde Sättigungsgefühl das Gehirn weiter nach Nahrung verlangen lässt.

Kann man bei der „Fettleibigkeit“ von einer „Seuche“ sprechen?Der „Zug“ von Adipositas und seinen Begleitern Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs rollt und rollt und immer mehr „Passagiere“ nehmen Platz, als ob sie nicht wüssten, wohin sie fah-ren. Schätzungen der WHO (World Health Organization) zufolge ist welt-weit eine Milliarde Menschen zu dick, wovon wiederum 300 Millionen adipös (= schwer übergewichtig) sind. Das ist zum globalen gewichtigen Problem ge-worden! Wir sprechen nicht von Zu-kunftsszenarien: Die Gefahr, an einem Herzinfarkt, Diabetes etc. zu erkranken, hat sich um 10–15 Jahre vorverlegt. Typ-2-Diabetes wird bei den 50- bis 60-Jäh-rigen erstdiagnostiziert – das galt vor zehn Jahren. „Heute haben wir die 40-Jährigen gehäuft in der Praxis sit-zen“, sind sich die Experten einig.

Konkret: Was hilft es, ein paar Kilo abzunehmen?Die meisten Menschen nehmen im Lau-fe ihres Lebens kontinuierlich an Ge-

Übergewicht

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Diabetes verstehen 2014 29

wicht zu und laufen Gefahr, überge-wichtig oder gar adipös zu werden. US-Forscher haben herausgefunden, dass es schon reichen würde, wenn eine übergewichtige Person 100 kcal pro Tag einspart, um diese Zunahme des Körper-gewichts aufzuhalten. Das entspricht beispielsweise dem Verzicht auf ein Glas Cola pro Tag oder dem Energiever-brauch bei einem schnellen Spaziergang von 2.000 Schritten. Das klingt eigent-lich nach relativ wenig Aufwand, um Adipositas und ihre Begleiterkrankun-gen zu verhindern.

Was, wenn ich trotz Lebensstilmodifi-kation nicht ausreichend abnehme?Abgesehen von der gesellschaftlichen Ausgrenzung, der sich fettleibige Men-schen ausgesetzt sehen, birgt Adipositas die Gefahr, über kurz oder lang zahlrei-che chronische Begleiterkrankungen zu entwickeln. Drastisch formuliert und durch Studien belegt: Je länger die Fett-leibigkeit anhält, desto höher ist das Risiko, frühzeitig zu versterben. Ein

möglicher Ausweg, wenn sich die Le-bensstilmodifikation nicht ausreichend auf eine Gewichtsreduktion auswirkt, ist ein chirurgischer Eingriff. In den letzten Jahren ist die Zahl der durchgeführten Operationen deutlich gestiegen, womit die Verfahren auch sicherer geworden sind.

Ist die Adipositaschirurgie etwas für mich und was kann ich erwarten?Folgende Faktoren sind ausschlagge-bend: Ihr BMI liegt über 40 bzw. bei Dia-betikern über 35, Sie haben mehr als sechs Monate konsequent versucht, mehr Bewegung zu machen und Ihre Ernäh-rung umzustellen, und Sie nehmen trotzdem nicht ab, es machen sich gesundheitliche Probleme, die in Ver-bindung mit der Fettleibigkeit stehen, be-merkbar – dann liegen die Voraussetzun-gen für einen chirurgischen Eingriff vor.Bei sehr adipösen Patienten mit Diabe-tes hat sich der Magenbypass als Metho-de der Wahl durchgesetzt. Ein solcher Bypass kann den Diabetes auch unab-

eine bauchbetonte Fettverteilung („apfelform“) ist mit einem höheren Diabetesrisiko verbunden als die „Birnenform“

risikofaktoren

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30 Diabetes verstehen 2014

Risikofaktoren

hängig von einer Gewichtsverminde-rung bessern. Die Operation ist kein Wundermittel, sie kann Ihnen nur dann Lebensqualität schenken, wenn Sie mit-helfen. Auch müssen Sie sich über die Risiken der operativen Behandlung in-formieren. Auf Adipositaschirurgie spe-zialisierte Chirurgen in ganz Österreich können Sie über die wichtigsten Fakten aufklären. Wichtig ist, sich dieser Ope-ration nur in spezialisierten Zentren mit großer Erfahrung zu unterziehen.

Warum war Übergewicht vor 100 Jahren kein thema? Evolutionsgeschichtlich betrachtet, konnten wir nie zuvor so einfach kalori-enreiche Nahrung erhalten wie heute – und das zu jeder Tages- und Jahreszeit. Wir müssen allerdings mit Genen leben, die besonders gut an das Überleben bei spärlichem Nahrungsangebot angepasst sind. Wir waren Jahrtausende darauf an-gewiesen, nur selten Nahrung zu bekom-men und das war mit viel körperlicher Anstrengung verbunden. Das ist heute ganz anders. Der Kampf gegen zu viele Kilos ist somit ein Kampf gegen die ei-gene Biologie.Heute können wir uns vor den überquel-lenden Kühlregalen im Supermarkt kaum entscheiden, doch gleichzeitig lei-den wir an einem Mangel – dem Bewe-gungsmangel. „Üppig, aber zugleich träge und behäbig“ wäre ein passender Leitspruch unserer Zeit.

Klassifizierung des Körpergewichts

UntergewichtNormalgewichtPräadipositas

Adipositas Grad IAdipositas Grad IIAdipositas Grad III

Größe in m

40

50

60

70

80

90 1

00 1

10 1

20

1,60 1,65 1,70 1,75 1,80 1,85 1,90 1,95 2,00

Gew

icht

in k

g

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Risikofaktoren

Metabolisches SyndromMetabolisches Syndrom – was bedeutet dieser Begriff?Das metabolische Syndrom beginnt sehr unspektakulär. Überschüssig auf-genommene Kalorien, gepaart mit zu wenig Bewegung, werden als Bauchfett für „magere“ Zeiten gespeichert. Der so genannte Wohlstandsbauch wächst und mit ihm die Gefahr, nach einigen Jahren das „Wohlstandssyndrom“ mit all sei-nen Begleiterscheinungen aufzuweisen. Im „tödlichen Quartett“ spielen zu viel Gewicht, zu viel Zucker und Fett im Blut und zu hoher Blutdruck ein gefähr-

liches Spiel. Sie schleichen sich ins Le-ben der Betroffenen und werden nicht als Problem wahrgenommen. Bauchbe-tontes Übergewicht, erhöhte Blutfette, Bluthochdruck und erhöhter Blutzucker stellen, isoliert betrachtet, ein Risiko dar – die Kombination mehrerer Risiko-faktoren jedoch potenziert sich. Zusam-men führen sie zur Entwicklung von Gefäßverkalkung (Atherosklerose) und letztendlich zu Herzinfarkt und Schlag-anfall.

Ab wann beginnt der teufelskreis „Metabolisches Syndrom“?Internationale Richtlinien legen fest, dass man von einem metabolischen Syn-drom spricht, wenn mindestens drei der

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32 Diabetes verstehen 2014

Risikofaktoren

folgenden Grenzwerte überschritten sind:

Risikofaktor GrenzwertBauchumfang Männer über 102 cm

frauen über 88 cm

triglyzeride über 150 mg/dl

hdL-Cholesterin Männer unter 40 mg/dlfrauen unter 50 mg/dl

Blutdruck über 130/85 mmhg

nüchternblutzucker über 100 mg/dl

Wie kann ich gegen das metabolische Syndrom vorgehen?Sie haben das „Herz-Ass“ in der Hand und können es dem „tödlichen Quartett“ (Bluthochdruck, Blutfette, Bauchum-fang, Nüchternblutzucker) entgegenhal-ten. Ausgespielt packt es die Mutter al-len Übels an der Wurzel: Das liebevoll

genannte „Bäuchlein“ ist in Angriff zu nehmen. Wichtige Therapieziele sind – einzeln betrachtet – die Normalisierung des Gewichts, der Triglyzerid- und der Cholesterinwert und die Senkung des Bluthochdrucks.

Warum ist Bluthochdruck so gefährlich?Je höher der Druck innerhalb einer Arte-rie ist, umso mehr wird die innere Gefäß-wand geschädigt. An den schadhaften Stellen können sich „Plaques“ bilden und die Arterie einengen (Atherosklerose).Diese Einengung wird durch die Ablage-rung von Blutfetten an den Gefäßwän-den noch verstärkt.Finden sich im Blut dann auch überhöh-te Konzentrationen von Blutzucker, so lagert sich dieser Zucker ebenfalls an den Gefäßwänden ab. Diese dreifache Belastung beschleunigt die Gefäßveren-gung und letztlich einen Gefäßver-schluss, der zu Herzinfarkt und Schlag-anfall führen kann, enorm.

Dies bedeutet im einzelnen:

• Bei Übergewicht: Bewegung, Gewichts-abnahme oder in Ausnahmefällen Medikamente

• Bei erhöhten Blutfetten: Bewegung, Ge-wichtsabnahme, fettarme Diät, entspre-chende Medikamente (Lipidsenker)

• Bei Bluthochdruck: Bewegung, Ge-wichtsabnahme, salzarme Ernährung, entsprechende Medikamente (Antihyper-tensiva)

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theRapie Des Diabetes

Mit Lebensstilmaßnahmen und modernen Medikamenten lässt sich die Krankheit heute

effizient behandeln.

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Therapie des Diabetes

Lebensstilmaßnahmen mit gesunder Ernährung, bei Bedarf Gewichtsreduk-tion und körperliche Aktivität zählen nicht nur zu den effizienten Vorbeuge-maßnahmen, um das Auftreten von Di-abetes zu verhindern, sondern stellen auch eine wichtige Säule in der Be-handlung des Typ-2-Diabetes dar. So-wohl Personen mit erhöhtem Diabetes-risiko als auch Patienten mit Prädiabetes (ein Vorstadium der Krankheit) bzw. manifestem Typ-2-Diabetes profitieren enorm von regelmäßiger körperlicher Bewegung.

Bewegung

Bewegung wirkt wie ein MedikamentBei Diabetikern wird durch körperliche Bewegung der Stoffwechsel günstig beeinflusst: Die Blutzuckereinstellung verbessert sich, die Zellen reagieren empfindlicher auf das Insulin. Auch Ab-nehmen wird durch regelmäßige Bewe-gung erleichtert und das niedrige Ge-wicht besser gehalten. Durch regelmäßi-ges Training ist in Einzelfällen sogar ein völliger Verzicht auf Medikamente mög-lich – vor allem bei Personen, die noch am Beginn ihrer Diabeteserkrankung stehen. Wer schon länger an Diabetes leidet, kann durch konsequente Bewe-gung den Krankheitsverlauf positiv be-einflussen und die Notwendigkeit, Insu-lin zuzuführen, hinauszögern.

Welche Art von Bewegung ist empfehlenswert?Ausdauersport, kombiniert mit Krafttrai-ning. Durch Ausdauersportarten wie Radfahren oder Nordic Walking wird das Herz-Kreislauf-System gestärkt, die Gesundheit der Blutgefäße wird positiv beeinflusst, Kalorien werden verbrannt und die Kondition wird verbessert.Krafttraining dient dem Muskelaufbau, ist aber auch für die körperliche Fitness sehr wichtig: Krafttraining stärkt nicht nur den Körper durch Steigerung der Muskelmasse und verbessert Figur und Haltung – je mehr Muskelmasse Sie zu-legen, desto einfacher nehmen Sie ab. Denn starke Muskeln verbrauchen selbst in Ruhe mehr Energie.

Was sollten Diabetiker vor trainingsbeginn beachten?Sie sollten sich erst vom Arzt grünes Licht geben lassen, bevor sie sich sportlich betätigen. Vor allem bei fort geschrittener Veränderung des Augenhintergrundes, bei Herz- oder Gelenkerkrankungen sowie bei Blut-hochdruck sind Art und Intensität der körperlichen Aktivität mit dem behan-delnden Arzt absprechen. Aber auch Anfänger und Wiedereinsteiger über 35 Jahren sowie Menschen mit chroni-schen Erkrankungen oder mit Risiko-faktoren wie erhöhten Blutfetten und starkem Übergewicht bedürfen einer ärztlichen Untersuchung und Beratung, ehe sie „loslegen“.

Diabetes UnD lebensstil

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36 Diabetes verstehen 2014

Therapie des Diabetes

Wie oft und wie lange soll ich meine Ausdauer trainieren?Bereits moderates Ausdauertraining wie flottes Spazierengehen, Radfahren, Aquajogging, Schwimmen oder Nordic Walking dreimal pro Woche je 30 bis 60 Minuten zeigt deutliche Erfolge, sofern es regelmäßig durchgeführt wird. Insge-samt sollte man an drei bis sieben Tagen pro Woche trainieren. Zwischen den Trainingstagen sollten maximal zwei Tage ohne Training liegen. Mindesttrai-ningszeit pro Woche: 150 Minuten.Bei starkem Übergewicht beginnen Sie am besten mit regelmäßigen, anfangs kurzen Spaziergängen. Je nachdem, wie belastbar Sie sich fühlen, können Sie früher oder später mit einer Ausdauer-sportart starten. Ziel ist die allmähliche Steigerung über ein paar Wochen auf mindestens 30 Minuten Training zirka dreimal pro Woche; das kann in der Re-gel auch von untrainierten Personen nach sechs Wochen erreicht werden. Wichtig sind Konsequenz und Regelmä-ßigkeit.

Mit welcher Herzfrequenz sollte ich trainieren?Der Trainingspuls muss individuell fest-gelegt werden, am besten durch einen Arzt mittels Belastungs-EKG (Ergome-trie), bei dem die maximale Herzfre-quenz bestimmt wird. Das Training soll-te dann anfangs mit 60–70% dieser maximalen Herzfrequenz erfolgen. Steigt Ihre körperliche Leistungsfähig-keit, wird – nach Rücksprache mit Ihrem Arzt – für mindestens 90 Minuten pro Woche intensives Training mit einem Puls von mehr als 70% der maximalen Herzfrequenz empfohlen.

Warum ist nordic Walking für Diabetiker besonders geeignet?Walking (schnelles Gehen) und beson-ders Nordic Walking (Gehen mit Stö-cken) haben sich für die Bewegungsthe-rapie bei Adipositas (chronisches Übergewicht) gut bewährt. Beim Nordic Walking werden Oberkörper und Arme mitbewegt und trainiert, die Stöcke ge-ben guten Halt und ein Sicherheitsge-fühl. Mit einem professionellen Trainer

nordic Walking hat sich als ausdauertraining gut bewährt

• Gehen Sie so viel wie möglich zu Fuß, z.B. um Besorgungen zu machen oder um zum nächsten Termin zu gelangen.

• Besorgen Sie sich einen Schrittzähler. Dieses einfache Hilfsmittel kann moti-vieren, noch mehr zu gehen. 10.000 Schritte pro Tag wären das Ziel.

• Steigen Sie Treppen, verzichten Sie auf Lift und Rolltreppe.

• Treffen Sie sich mit Gleichgesinnten, gehen Sie zusammen walken.

Mehr Bewegung im Alltag!

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Therapie des Diabetes

und in einer Gruppe Gleichgesinnter ler-nen Sie die richtige Technik und werden gemeinsam motiviert. Gegen eventuelle Schmerzen in Hüft-, Knie- oder Sprung-gelenken hilft passendes Schuhwerk (eventuell mit orthopädischen Einlagen) – für Diabetiker obligat! Auch das Mei-den von hartem Untergrund (Wiese statt Asphalt) hilft, diese Beschwerden beim Walken zu verringern.

Warum ist Muskeltraining so wichtig?Wer Gewicht verliert, ohne Bewegung zu machen, büßt einiges an Muskelmas-se ein. Je weniger Muskelmasse, desto kleiner der Grundumsatz – das heißt, der Körper hat seinen Energiebedarf zu-rückgeschraubt. Wer nun schnell ab-nimmt, indem er Muskel- statt Fettmasse abbaut, und dann wieder beginnt, „nor-mal“ zu essen, hat schnell die verlorenen Kilos wieder oben. Außerdem belegen Studien: Durch regelmäßiges Muskel-kraftaufbautraining werden Glukose und andere Nährstoffe in die Zellen einge-schleust und verbraucht. Die Folge: Der Glukose- und der Fettspiegel im Blut sinken.

Wie oft sollte man Krafttraining einbauen?Zweimal pro Woche sollten alle großen Muskelgruppen trainiert werden. Das richtige Gewicht wird so gewählt, dass bis zur Erschöpfung acht bis zehn Wie-derholungen möglich sind. Das Ziel sind pro Muskelgruppe drei Übungsdurch-gänge (Sätze) mit je acht bis zehn Wie-derholungen. Sobald die Wiederho-lungszahl überschritten wird, muss das Gewicht entsprechend erhöht werden.

Wer nicht die Zeit hat, für das Krafttrai-ning dreimal wöchentlich ein Fitnessstu-dio aufzusuchen, kann seine Muskeln auch zu Hause trainieren – mit Hanteln bzw. einem Trainingsband (Thera-Band).

Sind Übungen an Kraftmaschinen auch für ältere Personen geeignet? Kraftmaschinen sind für alle Altersgrup-pen geeignet. Da es bei ihrer Benützung ganz besonders auf den richtigen Bewe-gungsablauf ankommt, sollten Sie vor allem am Anfang nur unter fachlicher Anleitung trainieren. Dasselbe gilt für das Hanteltraining mit Zusatzgewichten.

Wie trainiert man Kraftausdauer?Alternativ zum oben beschriebenen Krafttraining kann die Kraftausdauer trainiert werden. Der Unterschied zum Krafttraining besteht lediglich in der In-tensität. Es wird dafür ein geringeres Gewicht verwendet, sodass pro Muskel-gruppe bis zur Erschöpfung 30–40 Wie-derholungen möglich sind.

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Therapie des Diabetes

Ernährung

Welche Ernährung wird für Diabetiker empfohlen?Die Ernährung sollte auf Basis einer ge-sunden Mischkost erfolgen, die ballast-stoffreich ist und arm an tierischen Fetten.Bei Übergewicht steht die Gewichtsre-duktion im Vordergrund, die durch Kalo-rienreduktion erreicht werden kann.Auf zuckerhaltige Getränke sollte ver-zichtet werden. Außerdem ist die Berück-sichtigung des „Glykämischen Index“ (siehe weiter unten) der Speisen sinnvoll.

Wie sollte die tägliche nahrung zusammengestellt sein?

Kohlenhydrate:Ideale Quellen sind Gemüse, Hülsen-früchte, Vollkornprodukte und Obst mit hohem Ballaststoffanteil. Der Ballast-stoffanteil an der täglichen Nahrung sollte 20 Gramm pro 1.000 Kalorien betragen. Kohlenhydrate mit hohem Ballaststoffan-teil tragen zur Verminderung der post-prandialen Hyperglykämie (überhöhte Blutzuckerspiegel nach dem Essen) bei. Essen Sie daher täglich viel Gemüse und Salat. Obst sollte nicht im Übermaß kon-sumiert werden. Zwei mittelgroße Äpfel etwa oder vier Marillen sind genug.Bei der Auswahl von Fruchtsäften soll-ten Sie darauf achten, ob den Getränken Mono- und Disaccharide zugesetzt sind. Diese sind nicht zu empfehlen. Generell sollten Sie Säfte verdünnen und nur sparsam genießen, denn: In einem Glas Orangensaft ist meist gleich viel Zucker wie in einem Glas Cola.

Fette:Maximal 35% des Tagesenergiebedarfs sollten durch Fett (in erster Linie unge-sättigte Fettsäuren) gedeckt werden. Die Zufuhr gesättigter Fettsäuren (tierische Fette) soll weniger als 7% des gesamten Fettkonsums ausmachen. Generell sind pflanzliche Fette den tierischen vorzu-ziehen. Günstige tierische Fettquellen sind Tiefseefische (Omega-3-Fettsäu-ren), wie z.B. Lachs, Hering, Makrele und Tunfisch. Hochwertige pflanzliche Fette sind z.B. Oliven-, Raps-, Distel- oder Sonnenblumenöl.

Eiweiß (Proteine):Die Proteinzufuhr sollte 10–20% des täg-lichen Energiebedarfs betragen. Da viele tierische Proteinquellen auch gesättigte Fettsäuren enthalten, sind magere Fleischsorten wie Putenfleisch, Huhn, mageres Rind- und Schweinefleisch so-wie Fisch zu bevorzugen. Auch Milch und Milchprodukte (Jogurt, Käse, Molke, Topfen) sind Träger von tierischem Ei-weiß – hier sind vor allem fettarme Pro-

Die ernährungspyramide gibt auskunft, wie die tägliche nahrung zusammengestellt werden sollte

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Therapie des Diabetes

dukte zu bevorzugen. Pflanzliche Eiweiß-quellen sind vor allem Hülsenfrüchte und Vollkorngetreide, Kartoffeln und Soja.

Mikronährstoffe:Die für Diabetiker empfohlene tägliche Zufuhr an Vitaminen und Spurenele-menten unterscheidet sich nicht von der für gesunde Erwachsene.

Kochsalz:Die Zufuhr sollte vor allem bei Diabeti-kern mit Bluthochdruck auf maximal 5 Gramm pro Tag beschränkt werden. Beim Salzen bzw. Nachsalzen ist auch zu beachten, dass in vielen Lebensmit-teln bereits Salz enthalten ist.

Alkohol:Der Konsum von alkoholischen Geträn-ken sollte bei Frauen mit einem Glas (z.B. ein Glas Bier oder ein Achtel Wein), bei Männern mit zwei Gläsern (z.B. zwei Glas Bier, zwei Achtel Wein) pro Tag begrenzt sein.

Was bringt es, 10 Kilogramm abzunehmen?Eine Reduktion des Körpergewichts um etwa 10 Kilogramm senkt:• das Gesamtcholesterin• das „schlechte“ LDL-Cholesterin• die Triglyzeride um bis zu 80%• bestehenden Bluthochdruck• das Risiko für Typ-2-Diabetes um 60%

(dafür reichen auch schon ca. 5 kg)

Apfel- versus BirnentypIst der Bauchumfang größer als der Hüftumfang, sind Sie ein Apfeltyp. Ist der Hüftumfang größer, sind Sie ein

Birnentyp. Der Apfeltyp ist mehr ge-fährdet, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, als der Birnentyp.

Macht es Sinn, ein Ernährungs-protokoll zu führen?Ja! Nur so bekommen Sie einen Über-blick, wann Sie was essen. Und vor allem auch, wie viel Sie essen. Machen Sie sich die Mühe und schreiben Sie eine Woche lang genau auf, was Sie essen und trinken. Vielleicht sind Sie erstaunt, welche Men-gen Sie unter Stress bzw. unbewusst zwi-schendurch zu sich nehmen.

Was ist der „Glykämische Index“ und warum ist er für Diabetiker wichtig?Kohlenhydrate sind unsere wichtigste Energiequelle. Um die Kohlenhydrate in Energie umzuwandeln, wird Insulin be-nötigt. Ein Maß für den jeweiligen Blut-zuckeranstieg nach dem Verzehr eines bestimmten kohlenhydrathaltigen Le-bensmittels ist der glykämische Index, kurz GI. Der GI eines Nahrungsmittels informiert darüber, ob es den Blutzucker-spiegel heftig in die Höhe treibt oder den Stoffwechsel langsamer ablaufen lässt und damit weniger Insulin benötigt wird.Kohlenhydrate kommen in Nahrungs-mitteln wie Getreide, Mais, Reis, Kar-toffeln, Bier, Haushaltszucker, Süßigkei-ten etc. vor und werden im Darm in Zuckerteilchen zerlegt, bevor sie ins Blut gelangen. Man unterscheidet dabei „langsame“ und „schnelle“ Kohlenhyd-rate. Die „schnellen“ Kohlenhydrate, wie sie in Lebensmitteln mit raffinier-tem Mehl und viel Zucker vorkommen (Süßigkeiten, Frittiertes, Gebackenes, Weißbrot, weiße Teigwaren), wandern

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Therapie des Diabetes

Ein innovatives Präparat von

rasant ins Blut und führen schnell zu ei-nem hohen Blutzuckeranstieg. Um das zu vermeiden, sollten insbesondere Dia-betiker „langsame“ Kohlenhydrate be-vorzugen, die den Blutzuckerspiegel nicht sprunghaft erhöhen, wie komplexe Kohlenhydrate (Vollkornprodukte, Kar-toffeln, Vollkornreis, Vollkornnudeln, Gemüse, Obst). Diese vorteilhaften Kohlenhydrate haben zumeist einen niedrigen GI.Auch die Zubereitung beeinflusst den glykämischen Index: Je länger beispiels-weise weiße Nudeln gekocht werden, desto höher wird der GI.

Machen Kohlenhydrate dick?Ja und nein. Verzehrt man bevorzugt Nahrungsmittel mit einem hohen glykä-mischen Index, wird man dick, da viel Insulin benötigt wird, um die großen Mengen an Zucker im Blut rasch abzu-bauen. Viel Insulin im Blut fördert den Einbau von Fett in den Fettzellen und macht vor allem hungrig.

Worauf müssen Diabetiker bei eiweiß-haltigen nahrungsmitteln achten?Da praktisch alle Strukturen im Körper aus Eiweißstoffen bestehen, sind Proteine für den Menschen unerlässlich. Sie sind

günstig

Äpfel, erdbeeren, Kiwi, Mango, Brombeeren, Birnen, Pfirsiche, Orangen, grünliche Bananen, Grapefruit und -saft (frisch gepresst, nicht gezuckert), schrotbrot, Pumpernickel, Körner-brot, Vollkornnudeln, cashewkerne, erdnüsse, Weizenkleie mit Milch, Karotten roh oder gekocht, sojabohnen, rote und grüne Bohnen, erbsen, Linsen, tomaten, Zucchini, Melanzani, Pilze, Kohl, Kraut, spinat, Mangold, Paprika, Zwiebel, frische Gemüsesäfte, Bitterschokolade (mehr als 70% Kakao)

Weniger günstiggetrocknete Feigen, reife Bananen, Papaya, ananas, honigmelo-ne, Weintrauben, Zwetschken, Kirschen, Marillen, trockenfrüch-te, rote Rüben, Käsetortellini, Glasnudeln, Weißgrieß, Bulgur, weißer Reis, gekochte Jungkartoffeln, Kartoffelpüree, Baguette

ungünstiggezuckertes Müsli, cornflakes, Polenta, Fast-Food-Brot, Brezeln, Pommes frites, Bratkartoffeln, Kartoffelchips, Gnocchi, hirsebrei, Limonade

nicht alle nahrungsmittel sind für Diabetiker gleich gut geeignet!

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Therapie des Diabetes

vor allem in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Geflügel, Fisch, Eiern und Milch-produkten, aber auch in Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten enthalten. Diese sind – wie Eiweiß von Fisch und Geflügel – zu bevorzugen.Wenn eine diabetesbedingte Nierenschädi-gung vorliegt, sollte die Eiweißzufuhr nach ärztlicher Rücksprache verringert werden.

Müssen Diabetiker generell auf Süßes verzichten?Nein, aber der zugeführte Zucker sollte immer in „verpackter“ Form – z.B. in Form einer Obstschnitte, eines Puddings oder eines Vollkornbrots mit Marmelade – gegessen werden. Denn Ballaststoffe und Fett verzögern die Zuckeraufnahme

im Darm und „glätten“ so das Blutzucker-profil. Außerdem sollten nicht mehr als 30–50 Gramm Zucker täglich aufgenom-men werden. Das entspricht einer Menge von maximal 10% der täglichen Kalorien-zufuhr. Wenn schon Schokolade oder Ku-chen, dann nur ein kleines Stück, maximal ein- bis zweimal pro Woche. Dabei dunkle Schokolade oder fettarme Kuchen, wie Topfen- oder Obstkuchen, bevorzugen.

rechnen in Broteinheiten – macht das Sinn?Unsere Hauptnährstoffe sind Kohlenhy-drate, Eiweiß und Fette. Mit der Zufuhr von Kohlenhydraten wird das Blutzu-ckerverhalten direkt beeinflusst. Fette und Eiweiß erhöhen den Blutzucker

Lieber ... statt ...

Vollkornmehl, Vollkornbrot, Vollkornteigwaren, Vollkornspaghetti (al dente gekocht)

raffiniertes Weißmehl und Weißmehlpro-dukte, semmelknödel, Weißbrot, semmeln, Baguette

Vollkornmüsli ohne Zucker gezuckertes Müsli, cornflakes

naturreis, Wildreis (al dente gekocht) Rundkornreis (weich gekocht)

Kartoffeln in der schale gekocht, Pellkartoffeln, Ofenkartoffeln gebratene Kartoffeln, chips, Püree, Pommes frites

Frisches Obst Kompott aus der Dose, Konfitüre, Marmelade

heimisches Obst nach saison exotisches Obst

Öl (sparsam) und essig oder Zitronensaft fertiges salatdressing

schokolade mit mindestens 70% Kakao Milchschokolade

schinken, Prosciutto Wurst, Wurstwaren

höchstens 1/8 Liter Rotwein täglich 1 Glas Bier (hat aufgrund des beträchtli-chen Malzzuckergehalts einen sehr hohen glykämischen index)

Daher …

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42 Diabetes verstehen 2014

Therapie des Diabetes

kaum. Als Broteinheit wird die Menge eines kohlenhydrathaltigen Nahrungs-mittels angegeben, in dem 12 Gramm verfügbare Kohlenhydrate enthalten sind.

1 Broteinheit (BE) = 12 g Kohlenhyd-rateEine genaue Kalkulation der Kohlenhy-dratmenge (BE-Berechnung) ist nur bei einer Insulintherapie notwendig, bei der

sich die Menge des zu spritzenden Insu-lins nach der Menge der aufgenomme-nen Kohlenhydrate richtet.Der Kohlenhydratbedarf richtet sich nach dem Körpergewicht und den per-sönlichen Ernährungsgewohnheiten. Di-abetiker müssen Insulinwirkung und Kohlenhydratzufuhr sorgfältig aufeinan-der abstimmen. Daher sind Menge und Verteilung der Broteinheiten mit dem Arzt und/oder Diabetesberater zu be-sprechen.

Folgende kohlenhydrathaltige Nah-rungsmittel sind in der BE-Tabelle ent-halten:• Getreideprodukte• flüssige Milchprodukte (Jogurt, Sauer-

milchprodukte, Magermilch, Voll-milch, Molke, Kefir)

• Nüsse (Cashewkerne, Maroni)• Kartoffeln, Mais• Obst, Obstprodukte• Bier• Zucker• Zuckeraustauschstoffe (Fruchtzucker,

Sorbit)Die meisten Gemüsesorten haben praktisch keine auswirkung auf den Blutzucker

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Therapie des Diabetes

Nicht berücksichtigt werden Nahrungs-mittel mit geringerem Anteil an ver-fügbaren Kohlenhydraten (fast keine Blutzuckerwirkung, „vernachlässigbar“) bzw. kohlenhydratfreie Nahrungsmittel:• die meisten Gemüsesorten (außer Kar-

toffeln, Mais)• Hülsenfrüchte • Fleisch und Fleischprodukte • Geflügel, Fisch • Ei • Öl, Butter, Margarine, Mayonnaise • Käse, Topfen

Warum sind Süßstoffe eine Alternative zu Zucker?Süßstoffe wie Saccharin, Cyclamat, Acesulfam K und Aspartam besitzen eine sehr hohe Süßkraft. Stevia, ein Pro-dukt der Pflanze Stevia rebaudiana, hat eine rund 350 Mal stärkere Süßkraft als Zucker. 350 Milligramm Stevia entspre-chen somit 100 Gramm handelsübli-chem Zucker. Schon geringe Mengen reichen aus, um den gleichen süßen Ge-schmack zu erreichen wie mit Zucker. Süßstoffe bewirken keinen Blutzucker-anstieg und enthalten kaum Kalorien. Damit entfällt auch das Umrechnen in Broteinheiten.

Was ist der Unterschied zwischen Süß- und Zuckeraustauschstoffen?Zu den Zuckeraustauschstoffen gehören Fruchtzucker, Sorbit, Xylit, Mannit, Iso-malt – das sind zuckerähnliche Substan-zen, die Kalorien liefern und einen lang-sameren Blutzuckeranstieg bewirken. Sie müssen wie alle anderen verwertba-ren Kohlenhydrate berechnet werden. Zuckeraustauschstoffe werden haupt-

sächlich beim Süßen von Diabetiker-back- oder -süßwaren verwendet. In grö-ßeren Mengen genossen, kann es je nach individueller Verträglichkeit zu Blähun-gen kommen, manchmal wirken sie auch abführend.Fruktose (Fruchtzucker) kommt im Obst vor, wird aber auch als Süßungsmittel vor allem Getränken zugesetzt. Ein ho-her Konsum von Fruktose kann zu Durchfall führen und begünstigt die Ent-wicklung einer Fettleber. Zudem gibt es Hinweise, dass eine hohe Fruktosezu-fuhr die Atherosklerose fördert. Daher sollte auf Lebensmittel, denen Fruktose zugesetzt wurde, verzichtet werden.

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Therapie des Diabetes

Zusätzlich zu den Ernährungstipps prä-sentieren wir Ihnen eine Auswahl an Re-zepten zum Nachkochen, die nicht nur gesund, sondern auch sehr schmackhaft sind. Falls nicht anders angegeben, sind die Rezepte jeweils für 4 Personen berech-net.

500 g Siedfleisch, 1 Lorbeerblatt, 5 Pfefferkörner, 3 Wacholderbeeren, 1 Zwiebel mit Schale, 4 kleine Karotten (geviertelt), ½ Knollensellerie (geviertelt), ½ Stange Lauch, 1 Zweig Liebstöckel, Salz, Muskatnuss

1 Wasser zum Kochen bringen, Siedfleisch abspülen, gemeinsam mit den Gewürzen in die Suppe geben, aufkochen und zugedeckt leise köcheln lassen. Nach 30 Minuten, bevor das Fleisch fertig ist, Gemüse und Liebstöckel zugeben, auf-gestiegenen Schaum abschöpfen, weitere 30 Minuten sieden lassen, vom Feuer nehmen und ziehen lassen. 2 Fleisch und Gemüse aus der Suppe nehmen, mit Salz und Muskatnuss würzen und anschließend durch ein feuchtes Geschirrtuch seihen.

tipp: Statt Fleisch Rinderknochen im Ofen leicht bräunen, bis ein feiner Duft entsteht, pro Kilo Knochen mit 1 l kaltem Wasser

auffüllen. 4 Stunden langsam sieden

lassen, durch ein feines Tuch seihen, mit Salz und Muskatnuss

abschmecken.

Grundrezept rindsuppe Zwiebelsuppe

Be: 1 i kcal: 286 i kJ: 1.199 i eW/g: 20,5 i F/g: 14,3 i Kh/g: 18,6

Für Sie zum Nachkochen

2 Zwiebeln (nudelig geschnitten), 1 EL Maiskeimöl, 1 Lorbeerblatt, 1 Liter Rindsuppe, Salz, Pfeffer, Muskatnuss, 4 Scheiben Vollkorntoastbrot, ½ TL gehack-ter Majoran für die Suppe, ½ TL gehackter Majoran für das Toastbrot, 40 g Parmesan (gerieben)

1 Zwiebeln in Maiskeimöl langsam eine goldbraune Farbe annehmen lassen, vom Feuer nehmen, etwas überkühlen und mit der kalten Rindsuppe aufgießen. Lang-sam zum Kochen bringen, Lorbeerblatt zugeben, würzen und etwa 15 Minuten leise köcheln lassen. Majoran beimengen, nachwürzen und in vier Suppentassen anrichten. 2 Toastbrot toasten, mit Parme-san und Majoran bestreuen, bei starker Oberhitze im Backofen gratinieren und gemeinsam mit der Suppe anrichten.

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Therapie des Diabetes

Kartoffel-Gurken-Salat

Be: 1,8 i kcal: 197 i kJ: 824 i eW/g: 4,4 i F/g: 10,3 i Kh/g: 21

500 g Kipfler, ½ TL Kümmel (ganz), 200 ml Rindsuppe, ½ Zwiebel, 1 TL Estragon-senf, 1 Salatgurke, 3 EL Maiskeimöl, 5 EL Weißweinessig, 2 EL Schnittlauch, Salz, Pfeffer

1 Kartoffeln mit Schale in reichlich Salzwasser und Kümmel weich kochen. Abseihen und noch so heiß wie möglich schälen. In Scheiben schneiden, mit warmer Rindsuppe übergießen, würzen und ziehen lassen. 2 In der Zwischenzeit die Zwiebel fein würfeln und gemeinsam mit Essig und Senf unter die Kartoffeln mischen. 3 Die Gurke mit einem Spar-schäler bis zum Kerngehäuse schälen. Die entstandenen Gurkenstreifen unter die Kartoffeln mischen und mit Schnittlauch und Maiskeimöl fertigstellen.

tipp: Für eine cremigere Konsistenz etwa ein Drittel der Kartoffeln kurz mixen und wieder unter die restlichen Kartoffeln mischen.

Linsensalat mit Safranschalotten

Be: 0 i kcal: 248 i kJ: 1.041 i eW/g: 9,6 i F/g: 12,7 i Kh/g: 21,2

400 g rote Linsen, 4 EL Olivenöl, 1 rote Paprikaschote (gewürfelt), 1 Knoblauchze-he (gewürfelt), 1 Chilischote (fein gehackt), klare Gemüsesuppe, 8 Bananenschalotten, 60 ml Weißwein, 1 Zweig Thymian, Salz, Pfeffer, 1 EL Petersilie (fein gehackt), 1 kleine Msp. Safran

1 Die Linsen eine halbe Stunde in lauwar-mes Wasser einlegen, anschließend in ein Sieb schütten und abbrausen. 2 Paprika, Knoblauch und Chili mit einem Löffel Olivenöl langsam dünsten, Linsen zugeben und mit Gemüsesuppe bedecken. Etwa drei Minuten zugedeckt köcheln lassen, vom Feuer nehmen, würzen, überküh-len und mit Petersilie und zwei Löffeln Olivenöl fertigstellen. 3 In der Zwischenzeit Schalotten schälen, halbieren und auf der Schnittfläche in wenig Olivenöl langsam Farbe nehmen lassen. Mit Weißwein ablöschen, Safran, Thymianzweig, Salz und Pfeffer zugeben. Zugedeckt weich schmoren, bis fast keine Flüssigkeit mehr vorhanden ist.

Be: 0,1 i kcal: 84 i kJ: 352 i eW/g: 8,1 i F/g: 3,2 i Kh/g: 5

250 g Magertopfen, 4 EL Magerjogurt, ½ rote Paprikaschote (fein gewürfelt), ½ gelbe Paprikaschote (fein gewürfelt), 1 TL Senf, 1 TL Essiggurkerln (fein gehackt), 1 TL Kapern (fein gehackt), 1 TL Sardellenfilet (fein gehackt), 2 TL Paprikapulver, Salz, Pfeffer, Kümmel (gemahlen), Schnittlauch

Topfen mit Jogurt cremig rühren und mit den restlichen Zutaten vermischen.

topfenaufstrich nach Liptauerart

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Therapie des Diabetes

Wurzelfleisch vom Lachs mit reis

Be: 3,3 i kcal: 401 i kJ: 1677 i eW/g: 33 i F/g: 11 i Kh/g: 11,7

4 Lachsfilets à 150 g, 500 g Wurzelgemüse (Karotten, gelbe Rüben, Knollensellerie), Salz, Pfeffer, etwas Safran, frischer Kren, Gemüsefond, 1 EL Petersilie, (gehackt), 1 EL Estragon (gehackt), Zitronensaft, 2 EL Kren (grob gerissen), 200 g Vollkornreis

1 Vollkornreis nach Packungsanleitung kochen. Währenddessen das Gemüse putzen und mit einem Gemüsehobel in feine Streifen hobeln. In eine Pfanne geben, mit Gemüsefond bedecken, würzen und zum Kochen bringen. 2 Lachsfilets würzen, auf das Gemüse setzen, abdecken und bei mäßiger Hitze je nach Stärke der Fischfilets etwa 5–6 Minuten dämpfen, damit Fisch und Gemüse gleichzeitig fertigwerden. 3 Fischfilets kurz warm stellen, Wurzelgemüse nachwürzen, Kräuter zugeben und in tiefen Tellern vorbereiten. Lachsfilet jeweils daraufsetzen und mit Kren bestreuen. Reis extra anrichten.

Be: 1,25 i kcal: 410 i kJ: 1718 i eW/g: 37,7 i F/g: 15,9 i Kh/g: 24,7

rindsrouladen mit Kartoffel-Gemüse-Gröstl

Rouladen: 4 Rindsschnitzel aus der Schale à 150 g, 1 EL scharfer Senf, Salz, Pfeffer, 4 Schei-ben Krakauer, 2 Essiggurkerln, ½ Karotte, ½ gelbe Rübe

sauce: 2 Zwiebeln (gewürfelt), 2 EL Tomatenmark, 2 Knoblauchzehen mit Schale (leicht ange-drückt), 4 Wacholderbeeren (angedrückt), 1 Lorbeerblatt, 100 ml Rotwein, 8 Stielkapern, Salz, Pfeffer, 1 EL Pflanzenöl zum Braten

Gröstl: 200 g Kipfler, 1 Knoblauchzehe (leicht angedrückt), 1 EL Olivenöl, 1 Zucchini, 200 g Kürbisfleisch, 1 rote Paprikaschote, 1 EL Petersilie (gehackt), 1 TL Majoran, Salz, Pfeffer, Kümmel (ganz)

1 Fleisch rundherum würzen, Gemüse und Karotte in jeweils vier Stifte schneiden, Krakauer einrollen und alles auf das Fleisch legen, zu Rouladen zusammenrollen und dicht an dicht in eine feuerfeste Form legen. 2 Zwiebeln in Öl goldgelb rösten, Tomatenmark dazugeben, kurz mitrösten und die restlichen Zutaten beimengen. Aufkochen lassen, über die Rouladen gießen, mit der nötigen Menge Rindsuppe bedecken und zugedeckt im Rohr bei 170 °C etwa 2 Stunden schmoren. Aus der Form nehmen und schräg halbieren. 3 Kipfler in reichlich Salzwas-ser mit etwas Kümmel weich kochen, halbieren und auf der Schnittfläche in einer Pfanne mit etwas Olivenöl gemeinsam mit der Knoblauchzehe langsam Farbe nehmen lassen. Gemüse in mundgerechte Stücke schneiden, zu den Kartoffeln geben und mitrösten, bis ein angenehmer Duft entsteht.

tipp: Für Eilige: Ein halbes Kilo gemischtes Tiefkühlgemüse nach Packungsanleitung kochen und mit den Kartoffeln durchrösten.

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Therapie des Diabetes

Mit freundlicher Unterstützung von novartis Pharma Gmbh

Schokoladengugelhupf (12 Portionen)

Be: 2,4 i kcal: 254 i kJ: 1.064 i eW/g: 10,5 i F/g: 11,0 i Kh/g: 25,4

500 g Magertopfen, 150 g Magerjogurt, 10 ml Süßstoff, 1 EL Vanillezucker, Zitronensaft, 50 ml Rum, 4 Eier, 250 g Mehl (Typ 550), 1 Pkg. Backpulver, 200 g Edelbitterschokolade

1 Topfen mit Jogurt, Süßstoff, Vanillezucker, Zitronensaft und Rum cremig rühren. 2 Eier etwa 10 Minuten schaumig schlagen, bis sich das Volumen vervierfacht. 3 Mehl mit Backpulver versieben und unter die Topfenmasse mischen. 4 Eiermasse gemeinsam mit der geraspelten Schokolade unterheben. 5 Die Masse in eine eingefettete Gugelhupfform (oder Silikonform) gießen und im Backofen bei 170 °C etwa 45 Minuten backen.

tipp: Nadelprobe: Mit einem Holzspieß den Kuchen anstechen. Bleibt der Spieß trocken, ist der Kuchen fertig.

Be: 1,6 i kcal: 198 i kJ: 829 i eW/g: 14,1 i F/g: 4,8 i Kh/g: 22,8

250 g Magertopfen, 2 Eier, 40 g Staubzucker, 2 gehäufte EL glattes Mehl, 250 g Himbeeren, Zitronensaft, etwas Butter zum Backen

1 Dotter und Eiklar trennen. Topfen mit Dotter, Mehl, Zucker und etwas Zitronensaft glatt rühren. 2 Eiklar zu Schnee schlagen und unter die Topfenmasse heben. 3 Butter in einer beschichteten Pfanne schmelzen, die Masse fingerdick eingießen und langsam stocken lassen. Danach wenden (dafür eventuell halbieren oder vierteln), einige Minuten am Feuer stehen lassen und anschließend mit einem Holzlöffel in mundgerechte Stücke zerreißen. 4 Noch heiß auf zwei Tellern anrichten und die Himbeeren darüberstreuen.

tipp: Als Tellersoufflé vier Suppenteller mit Butter ausfetten, Boden mit Beeren belegen und eine Haube aus Topfenmasse darauf-setzen. Im Rohr bei 220 °C rasch backen, bis eine goldgelbe Farbe entsteht und die Oberfläche kleine Risse bekommt.

topfenschmarren mit Himbeeren

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MeDiKaMentÖse tHeRaPie

Diabetes mellitus lässt sich heute so-wohl durch Lebensstilmaßnahmen als auch durch moderne Medikamente sehr gut behandeln. Um die Therapien noch effizienter zu gestalten, geht bei den ge-meinsamen europäisch-amerikanischen Behandlungsempfehlungen für Typ-2-Diabetes der Trend in Richtung indi-viduelle Therapie. Dabei sollten jeweils die besondere Situation des Patienten, sein Alter, seine Begleiterkrankungen, sein Ansprechen auf Medikamente etc. berücksichtigt werden.

Warum ist es so wichtig, Diabetes zu behandeln?Unabhängig davon, ob es sich bei Ihrer Erkrankung um Typ-1-Diabetes oder Typ-2-Diabetes handelt, besteht das Ziel der antidiabetischen Therapie in erster Linie darin, durch eine gute Blutzu-ckereinstellung Folgeerkrankungen und

Spätkomplikationen zu vermeiden. Dies gilt auch unabhängig davon, ob Sie mit oralen Antidiabetika oder mit Insulin be-handelt werden.Die Folgeerkrankungen gehen in erster Linie von einer durch den Diabetes ver-ursachten Schädigung der großen und kleinen Blutgefäße (Makro- und Mik-roangiopathie) aus und können letzt-endlich zahlreiche Organe betreffen. Gleichzeitig soll metabolischen Entglei-sungen im Sinne einer Über- oder Un-terzuckerung (Hyper- bzw. Hypoglykä-mie; siehe Seite 64) vorgebeugt werden. Nicht zuletzt zählt es zu den Zielen, die Lebensqualität der Betroffenen zu erhal-ten.

Wird jeder Diabetes gleich behandelt?Da Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes verschiedene Ursachen haben, sind auch die Therapien unterschiedlich.

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Medikamentöse Therapie

THERAPIE DES TYP-1-DIABETESWie wird typ-1-Diabetes behandelt? Bei Typ-1-Diabetes besteht ein abso-luter Mangel an Insulin, die Thera-pie erfolgt daher durch Zufuhr dieses Hormons mittels Insulinpräparaten. Diese Insulinbehandlung muss lebens-lang durchgeführt werden. Um eine möglichst erfolgreiche Umsetzung der Insulintherapie zu erreichen, ist eine entsprechende Schulung des Diabe-tikers unerlässlich. Typ-1-Diabetiker müssen regelmäßig mit einem Blutzu-ckermessgerät ihren Blutzucker selbst bestimmen, um die Behandlung täglich entsprechend zu steuern.

Welche Blutzuckerwerte sollten optimal angestrebt werden?Blutzucker-Zielwerte eines Diabetikers im Rahmen der Selbstkontrolle: • 80 und 110 mg/dl nüchtern bzw. vor

den Mahlzeiten • 110–130 mg/dl vor dem Schlafengehen• < 140 mg/dl zwei Stunden nach Ein-

nahme einer Mahlzeit (postprandial)

Außerdem ist es Ziel der Therapie, di-abetesbedingte Einschränkungen der Lebensqualität zu vermeiden und me-tabolischen Entgleisungen (starkes Ab-sinken oder Ansteigen des Blutzucker-spiegels) sowie Spätkomplikationen vorzubeugen.

Welche Anwendungsarten der Insulin-therapie stehen zur Verfügung?Grundsätzlich kommen drei Formen der

Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes zum Einsatz:• Die konventionelle Insulintherapie:

Hierbei werden die Essensmengen und die Essenszeiten entsprechend den gespritzten Insulinmengen fest-gelegt. Die konventionelle Insulinthe-rapie kam bislang häufig unmittelbar nach der Diagnosestellung zum Ein-satz und wurde ehestmöglich auf eine funktionelle Insulintherapie umge-stellt.

• Die intensivierte (funktionelle) In-sulintherapie: Stellt den Goldstan-dard in der Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes dar. Entsprechend dem individuellen Insulinbedarf erfolgt die Verabreichung eines langwirksamen Basisinsulins ein- oder zweimal täg-lich und zu den Mahlzeiten die eines kurzwirksamen Insulins (Bolusinsu-lin). Die Dosisanpassung dieses Insu-lins erfolgt unter Bezugnahme auf den aktuellen Blutzucker (Korrekturdosis) und die Kohlenhydratmenge.

• Die Insulinpumpentherapie beruht auf der kontinuierlichen Verabrei-chung eines kurzwirksamen Insulins mit der Möglichkeit einer Bolusgabe zu den Mahlzeiten bzw. zur Korrektur.

Im Rahmen der funktionellen Insulin-therapie und der Insulinpumpenthera-pie wird die Insulindosis entsprechend der Nahrungsmenge und der körperli-chen Aktivität festgelegt. Dies erfordert eine entsprechende Schulung und auch Erfahrung des Patienten im Umgang mit seiner Erkrankung und der Thera-pie, ermöglicht aber eine deutlich flexi-blere Gestaltung des Tagesablaufes.

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Medikamentöse Therapie

Was versteht man unter der „Honey-moon-Phase“?Darunter versteht man eine vorüberge-hende Regeneration der Insulinproduk-tion. Nach der Diabetesdiagnose müssen häufig sehr hohe Insulindosen verab-reicht werden, was in vielen Fällen zu einer vorübergehenden Abnahme des In-sulinbedarfs führt: Die Insulin produzie-renden Zellen der Bauchspeicheldrüse erholen sich und arbeiten – vorüberge-hend – wieder. Dies ist die so genannte „Honeymoon-Phase“ des Typ-1-Diabe-tikers: Es kommt zu einem niedrigen und unter Umständen sogar kurzfristig fehlenden Bedarf einer externen Insu-linverabreichung bei guten Blutzucker-werten. Diese Phase tritt typischerweise drei bis sechs Monate nach Diagnose auf und dauert etwa drei bis sechs Monate an. Nahezu alle Betroffenen werden im Anschluss an diese Phase wieder insu-linpflichtig.

Welche Faktoren beeinflussen den Zuckerstoffwechsel?Einen großen Einfluss haben die Nah-rungsmenge, die Nahrungszusammen-setzung und vor allem der Anteil und die Art der zugeführten Kohlenhydra-te. Nimmt ein Diabetiker zu schnell zu viele Kohlenhydrate zu sich, hat dies einen gefährlichen Anstieg des Blutzu-ckers zur Folge und kann nur durch die Verabreichung von Insulin normalisiert werden. Auch die Psyche ist beteiligt: Stress im Beruf, in der Partnerschaft oder andere Sorgen, Probleme etc. kön-nen über das vegetative Nervensystem zu Blutzuckerschwankungen führen.

Körperliche Aktivität hat eine deutlich blutzuckersenkende Wirkung. All diese Faktoren muss ein Diabetiker bei seiner Insulintherapie berücksichtigen.

Wie wird die therapie des typ-1- Diabetes kontrolliert?Typ-1-Diabetiker sollten regelmäßig in einem diabetologischen Zentrum bzw. bei einem Diabetologen Kontrol-len vornehmen lassen. Dabei werden der Behandlungserfolg sowie eventuell vorhandene Komplikationen überprüft oder, wenn möglich, durch rechtzeiti-ges Eingreifen verhindert. Monatlich sollten Körpergewicht, Blutdruck und Hypoglykämien (Unterzuckerung) kon-trolliert werden. Viertel- bis halbjährlich wird der HbA

1c-Wert gemessen und eine

Fußinspektion durchgeführt. Einmal

Das Körpergewicht sollte monatlich kontrol-liert werden

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Medikamentöse Therapie

im Jahr sollte ein EKG vorgenommen werden, zudem sollten die Blutfette, die Nierenfunktion, die Eiweißausschei-dung im Harn sowie die Sensibilität und Durchblutung der Füße überprüft wer-den. Auch eine augenärztliche Untersu-chung sollte jährlich erfolgen.Ein wichtiger Bestandteil der Thera-piekontrolle ist die Selbstmessung des Blutzuckers, weil dadurch die bedarfs-gerechte Dosierung von Insulin sicher-gestellt wird (siehe dazu „Wie messe ich den Blutzucker richtig?“, Seite 62).

Kann es trotz korrekter Ernährung und therapie zu schweren Unter-zuckerungen kommen?Bis heute ist es nicht gänzlich zu ver-meiden, dass selbst gut eingestellte Typ-1-Diabetiker mehrmals pro Monat leichte Hypoglykämien (Unterzuckerun-gen) durchmachen müssen. Gelegentlich kann es auch zu schweren Unterzucke-rungen kommen. Treten diese häufiger auf, muss die Insulintherapie überprüft werden. Grundsätzlich funktioniert die Insulintherapie aber sehr gut, wenn der Patient entsprechend eingeschult wurde.

Was kann der Betroffene selbst tun?Gerade bei einer lebenslangen Therapie, wie sie bei Typ-1-Diabetes notwendig ist, kommt der Selbsthilfe ein wichti-ger Stellenwert zu. Neben ausführlichen Schulungen hinsichtlich der Therapie, der Bedienung der Blutzuckermessge-räte und der Berechnung der benötigten Insulinmengen kann auch der Austausch mit anderen Betroffenen in einer Selbst-hilfegruppe als sehr hilfreich erlebt wer-den. Ebenfalls von großer Bedeutung

sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchun-gen, um mögliche Folgeerkrankungen des Diabetes zu vermeiden.

THERAPIE DES TYP-2-DIABETES

Was sind die therapieziele bei typ-2-Diabetes?Da erhöhter Blutzucker keine Sympto-me verursacht, sind es die dramatischen Folgen wie Schäden an den Nieren, den Augen, am Herzen und an den Füßen, die verhindert werden müssen. Dies ge-lingt jedoch nur durch eine konsequente Verbesserung des Blutzuckerspiegels.Therapieziel Nummer eins ist somit eine Stoffwechsellage, die der eines Gesun-den so nahe wie möglich kommt. Die Zielwerte von Nüchternblutzucker, Blut-zucker nach dem Essen und vor allem des HbA

1c-Wertes werden in Anlehnung

an die Empfehlungen von Fachgesell-schaften jedoch für jeden Patienten indi-viduell vereinbart. Bei Patienten mit kur-zer Diabetesdauer und ohne zusätzliche Erkrankungen wie koronare Herzkrank-heit sollte ein HbA

1c unter 6,5% ange-

strebt werden, vor allem wenn Medika-mente zum Einsatz kommen, die keine Hypoglykämien („Unterzuckerungsat-tacken“, siehe Seite 64) verursachen. In der Regel wird ein HbA

1c-Zielwert von

unter 7% empfohlen; bei Vorliegen von Begleiterkrankungen, Spätkomplikatio-nen und der vermehrten Gefahr von Hy-poglykämien wird ein HbA

1c-Wert von

7,5–8% als ausreichend betrachtet. Un-

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Medikamentöse Therapie

ter besonderen Umständen wie höherem Alter, Komplikationen an den Gefäßen oder Multimorbidität können jedoch mit dem Arzt individuell höhere Zielwerte vereinbart werden. Denn bei einer all-zu ehrgeizig verfolgten Zielerreichung mittels medikamentöser Therapie läuft man Gefahr, gehäufte Hypoglykämien auszulösen.

Woraus besteht die Basistherapie?Die Basistherapie ist der Sockel, auf dem die gesamte Diabetestherapie aufbaut. Sie beinhaltet im Fall von Übergewicht die Einschränkung der Energiezufuhr, die qualitative Änderung der Ernäh-rungsgewohnheiten und die konsequente Ausübung einer regelmäßigen Sportart. Mithilfe einer guten Basistherapie kön-nen Sie den Einsatz von Diabetesme-dikamenten oder Insulin hinauszögern oder zumindest erleichtern.

Welche Medikamente gibt es für die Behandlung des typ-2-Diabetes?Bei Diabetikern, bei denen der Blutzu-cker durch eine Änderung des Lebens-stils (Bewegung von 30 Minuten pro Tag und Gewichtsreduktion von 5–10% des Ausgangsgewichts) nicht ausreichend gesenkt werden kann, kommen Medika-mente, so genannte orale Antidiabetika (OAD) oder Insulin, zum Einsatz.

Welche oralen Antidiabetika gibt es?Orale Antidiabetika sind blutzuckersen-kende Arzneimittel in Tablettenform. Es ist dies eine Behandlungsform, die sich in erster Linie für Typ-2-Diabetiker eig-net, da hier der Körper noch eine gewis-se Menge an Insulin produzieren kann,

weil die Betazellen noch nicht gänzlich zugrunde gegangen sind. Die Tabletten haben unterschiedliche Wirkmechanis-men, mit denen die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse erhöht und/oder die Aufnahme von Zucker in die Mus-kel- und Fettzellen verbessert wird.

Biguanide – Therapie der ersten WahlBei den Biguaniden (Metformin) beruht die blutzuckersenkende Wirkung primär auf der Verminderung der Zuckerpro-duktion der Leber und der Verbesserung der Insulinempfindlichkeit. Metformin erhöht also nicht die Insulinproduktion an sich, sondern verstärkt die Wirkung des vorhandenen Insulins. Es wirkt vor allem auf den Nüchternblutzucker, ver-bessert jedoch auch die Blutfette und be-günstigt die Gewichtsabnahme. Metfor-min kann als Monotherapie ebenso wie in Kombination mit sämtlichen anderen Diabetesmedikamenten verabreicht wer-den. Die Wirkung von Biguaniden be-ginnt innerhalb von zwei Stunden nach der Einnahme und hält zwölf Stunden an. Die Anfangsdosis sollte gering ge-nug sein (Hälfte der normalen Dosis abends), um Nebenwirkungen wie Übel-keit, Magenschmerzen, Durchfall oder metallischen Geschmack im Mund zu

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Medikamentöse Therapie

minimieren. In der Folge wird die Do-sis langsam gesteigert. Metformin ruft als Monotherapie keine Unterzuckerung hervor. Bei Einschränkung der Nieren-funktion oder schweren Lebererkran-kungen darf es nicht eingesetzt werden.

Sulfonylharnstoffe und GlinideMit der seit 50 Jahren etablierten Klas-se der Sulfonylharnstoffe (Glimepirid, Gliclazid, Glibenclamid, Chlorpropa-mid, Tolbutamid, Carbutamid, Glipizid, Gliquidon) kommt es zu einer Anregung der Insulinfreisetzung aus den Betazel-len der Bauchspeicheldrüse. Glinide (Repaglinid) sind in ihrer Wirkweise den Sulfonylharnstoffen sehr ähnlich, jedoch setzt die Wirkung rascher ein, hält aber auch kürzer an. Der Vorteil ist, dass der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme fle-xibel gestaltet werden kann. Für beide Substanzklassen gilt, dass sie auch eine Unterzuckerung auslösen können. Ver-minderte Nahrungsaufnahme oder ver-stärkte sportliche Betätigung kann die Unterzuckerungsgefahr zusätzlich ver-stärken. Zudem kann es zur Gewichtszu-nahme kommen.

GlitazoneGlitazone (Pioglitazon) verbessern die Insulinempfindlichkeit von Fett- und Muskelzellen. Zusätzlich findet man beim einzigen zugelassenen Vertreter dieser Klasse, Pioglitazon, eine Erhö-hung des günstigen HDL-Cholesterins. Pioglitazon hat seine Wirksamkeit durch eine Verminderung von Herzinfarkt und Schlaganfall bewiesen. Als Neben-wirkungen können Gewichtszunahme, Verminderung der Knochendichte und

die Entwicklung von Ödemen (Wasser-einlagerungen) vor allem in den Unter-schenkeln auftreten. Kontraindiziert ist es bei Herzinsuffizienz, Vorsicht ist bei der gleichzeitigen Gabe von Insulin ge-boten. Oft wird es mit Gliptinen oder Sulfonylharnstoffen kombiniert (siehe weiter unten).

Alpha-GlukosidasehemmerGlukosidasehemmer (Acarbose, Mig-litol) verzögern die Aufspaltung von Kohlenhydraten im Darm. Diese werden nach Einnahme von Acarbose langsamer resorbiert, sodass der Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit niedriger ausfällt. Diese Medikamente sind gewichts-neutral (= nicht mit Gewichtszunahme verbunden) und haben einen günstigen Effekt auf die Blutfette. Als Neben-wirkungen finden sich Blähungen und Bauchkrämpfe, welche von manchen Patienten nicht toleriert werden.

extreme körperliche Belastung kann die Unterzuckerungsge-fahr verstärken

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Medikamentöse Therapie

SGLT-2-HemmerDiese neuen blutzuckersenkenden Subs-tanzen hemmen die Resorption von Glu-kose in der Niere und führen so zu einer verstärkten Ausscheidung der Glukose mit dem Harn. Dies senkt den Blutzu-ckerspiegel und fördert gleichzeitig den Kalorienverlust. Als erster Wirkstoff der neuen Gruppe ist Dapagliflozin in der EU zugelassen.

Gliptine (DPP-4-Hemmer)Ein neues Therapiekonzept beruht auf einer Erhöhung der Konzentration von bestimmten Hormonen (Inkretinen), die im Darm nach der Nahrungsauf-nahme gebildet werden und die Insulin-ausschüttung fördern. Gliptine oder DPP-4-Hemmer verhindern den raschen Abbau dieser Inkretinhormone durch Hemmung des Enzyms Dipeptidyl-Peptidase-4. Sitagliptin, Vildagliptin, Saxagliptin, Linagliptin und Aloglip-tin sind Vertreter dieser völlig neuen Präparategruppe. Gliptine steigern die Insulinausschüttung aus der Bauchspei-cheldrüse und vermindern die Zucker-produktion der Leber durch Hemmung des Hormons Glukagon. Gliptine sind gewichtsneutral und verursachen keine Hypoglykämien. Wie bei allen neuen Substanzen muss jedoch die Sicherheit erst noch durch Langzeitstudien belegt werden.

nicht tablette und nicht Insulin – gibt es so etwas?Die so genannten Inkretinmimetika (Exenatid, Liraglutid, Lixisenatid) kön-nen als dritte Säule der Diabetesthe-rapie betrachtet werden. Ihre Wirkung

basiert auf demselben Prinzip wie jene der DPP-4-Hemmer. Lediglich wird hier der Abbau der körpereigenen Inkretin-hormone nicht gehemmt, sondern es wird eine dem menschlichen Inkretin ähnliche Substanz subkutan (= unter die Haut) gespritzt, welche nicht sofort inaktiviert wird. Exenatid wird zwei-mal, Liraglutid und Lixisenatid werden einmal täglich injiziert. Seit Kurzem ist auch ein langwirksames Exenatid ver-fügbar, das nur mehr einmal wöchent-lich verabreicht wird. Inkretinmimetika wirken etwas stärker blutzuckersenkend als Gliptine und führen zudem auch zu einem Gewichtsverlust. Als Nebenwir-kung kommt es zu Übelkeit, die jedoch im Verlauf der Therapie weniger wird bzw. ganz verschwindet.

Was spricht für eine therapie mit Gliptinen (DPP-4-Hemmern)?Ein Hauptfaktor und damit Vorteil der neuen Substanzklasse der Gliptine liegt darin, dass die Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse nur dann veranlasst wird, wenn der Blutzuckerwert erhöht ist, was in der Folge bedeutet, dass die-ses Medikament kein Hypoglykämieri-siko aufweist. Zweitens spricht für den Einsatz der neuen Präparate, dass sie gewichtsneutral, also nicht mit einer Ge-wichtszunahme verbunden sind. Darüber hinaus sind sie in der Regel sehr gut ver-träglich. Bewährt hat sich insbesondere die Kombination mit Metformin – nicht zuletzt deshalb, weil sich die beiden Wirkstoffe in ihrer Wirkung ergänzen bzw. zum Teil sogar verstärken. Met-formin beeinflusst die Insulinresistenz günstig und senkt den Nüchternblutzu-

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Medikamentöse Therapie

cker, während die DPP-4-Hemmer über eine vermehrte Insulinausschüttung den Blutzucker nach dem Essen regulieren. Besonders vorteilhaft ist die Kombina-tion dieser beiden Substanzen in einer Tablette, wodurch die Anzahl an einzu-nehmenden Tabletten von drei auf zwei täglich reduziert wird, was von den Be-troffenen als sehr angenehm beurteilt wird.

Die Kombination ist oft entscheidend – was heißt das?Weiters ist die Kombination von Piogli-tazon und Metformin sehr vielverspre-chend. Einerseits erhöhen die Glitazone (Insulin-Sensitizer) die Empfindlichkeit der Organe für Insulin entscheidend, sodass der Blutzucker leichter in die Muskel- und Fettzellen gelangt. Metfor-min verringert die Glukoseproduktion der Leber und verbessert ebenfalls die Insulinempfindlichkeit. Mit Metformin konnte zudem eine Senkung der Häufig-keit von diabetesbedingten Komplikati-onen nachgewiesen werden.Mit diesen beiden Wirkstoffgruppen, kombiniert in einer Tablette, ist es daher möglich, direkt an zwei der Ursachen des Typ-2-Diabetes, nämlich der Insu-linresistenz und der erhöhten Gluko-seproduktion der Leber, einzugreifen. Gemeinsam senken die beiden Subs-tanzen den Blutzucker und haben auch günstige Auswirkungen auf die Blutfette und Blutgefäße. Die Kombination ver-bessert die Triglyzeride bei gleichzei-tiger Erhöhung des HDL-Cholesterins („günstiges“ Cholesterin). Sie haben eine positive Wirkung sowohl auf den Nüchternblutzucker als auch auf das

HbA1c

als Maß für die langfristige Blut-zuckereinstellung. Die Gefahr einer Un-terzuckerung ist gering, weil der Körper die Insulinfreisetzung weiterhin selbst regelt.

Was bedeutet „schlecht eingestellt“?Von einer schlechten Einstellung spricht man, wenn der Langzeit-Zuckerwert, das HbA

1c, deutlich über 7% liegt oder

es zu starken Blutzuckerschwankungen kommt. Wenn der Blutzucker auf Dau-er so hoch ist, dass die Blut-Nieren-Schwelle überschritten wird (150–250 mg/dl), dann tritt Blutzucker in den Harn über. In der Folge kommt es zu vermehr-ter Harnausscheidung (Polyurie), zu großem Durst, Mundtrockenheit, Leis-tungsabfall und Müdigkeit. Dies dau-ert mitunter Tage, wobei ein Infekt die

Regelmäßige Blutzuckerkontrollen unterstüt-zen eine gute einstellung

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Medikamentöse Therapie

Auswirkungen dramatisch verstärken und beschleunigen kann. Auch ist eine schlechte Stoffwechseleinstellung über längere Zeit jener Faktor, welcher die gefürchteten Folgeerkrankungen her-vorruft.

Insulintherapie: Braucht jeder Diabeti-ker irgendwann einmal Insulin?Meist sind bei Diagnosestellung des Typ-2-Diabetes rund 50% der Beta-zellen in der Bauchspeicheldrüse be-reits zugrunde gegangen. Es dauert im Schnitt 5–20 Jahre, bis Insulin künstlich zugeführt werden muss. Der Zeitpunkt dieser Umstellung ist von Faktoren wie Gewichtsreduktion, Alter und den bis dato erreichten Blutzuckerwerten ab-hängig. Diese zeitliche Prognose lässt im Schnitt 30% der Diabetiker absolut insulinbedürftig werden. Grundsätzlich wartet man bei stark übergewichtigen Personen länger zu, da die Chance auf eine etwaige Gewichtsreduktion besteht.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Umstellung auf Insulin?Patienten mit Typ-2-Diabetes sollten dann auf Insulin umgestellt werden, wenn die vereinbarten Behandlungsziele (meist betrifft dies den HbA

1c-Wert, aber

auch den Blutzuckerwert) trotz Einhal-tung aller Maßnahmen, wie angepasste Ernährung und sportliche Betätigung, sowie trotz Behandlung mit oralen An-tidiabetika oder Inkretinmimetika nicht erreicht oder gehalten werden können. Natürlich werden auch jene Patienten mit Insulin behandelt, die orale Antidia-betika aus verschiedenen Gründen nicht einnehmen können.

Unabhängig davon kann es in bestimmten Situationen notwendig sein, auch nicht insulinpflichtige Diabetiker vorüberge-hend mit Insulin zu behandeln. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die orale Therapie aus einem bestimmten Grund nicht eingenommen werden kann, wenn der Blutzuckerspiegel aufgrund einer In-fektionskrankheit stark ansteigt oder im Zeitraum rund um eine Operation.

Warum ist die rechtzeitige Umstellung auf Insulin sinnvoll?Entgegen dem eigenen Empfinden ist eine Umstellung auf Insulin nicht gleich-bedeutend mit dem Eingeständnis, nun schwerst erkrankt zu sein. Der Schwe-regrad des Diabetes wird viel mehr von akuten Blutzuckerschwankungen, Un-terzuckerungen und Folgeerkrankungen bestimmt als von der Frage, ob Sie „nur“ Tabletten nehmen oder „schon“ Insulin injizieren.Grundsätzlich sollte heutzutage nicht länger als drei Monate eine schlechte

insulin kann mittels spritze oder Pen verab-reicht werden

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Medikamentöse Therapie

Blutzuckereinstellung bei einem Diabe-tiker geduldet werden, bevor eine Thera-pieanpassung erfolgt. Leider wird in der Praxis noch immer zu lange zugewartet, den Blutzucker zu normalisieren, wo-durch Folgeerkrankungen deutlich frü-her auftreten können. Außerdem können bei rechtzeitiger Umstellung auf Insulin die Zielwerte leichter erreicht werden, als wenn zu lange zugewartet wird, und der Insulinbedarf ist geringer.

Wie läuft die Umstellung auf Insulin ab?Im Grunde kommt es zu Beginn zu kei-ner „Umstellung“, sondern zu einer Er-weiterung der Behandlung mit oralen Antidiabetika durch Insulin. Das heißt, es wird – meist abends – ein Basalin-sulin mit verzögerter Wirkung gespritzt und die oralen Antidiabetika werden weiterhin meist unverändert eingenom-men.Dass mit der Insulintherapie unweiger-lich schwere Unterzuckerungen (= Hy-poglykämien, siehe Seite 64) auftreten, ist bei guter Einstellung und Blutzucker-kontrolle kaum zu befürchten. Zu Beginn wird eine sehr niedrige Insulindosis ge-wählt. Der Blutzuckerspiegel wird sehr häufig kontrolliert und die Insulindosis angepasst. Die patientenfreundlichen Pens ermöglichen eine einfache und na-hezu schmerzfreie Insulininjektion.

Was spricht dafür, zusätzlich zu oralen Antidiabetika rechtzeitig Insulin zu verabreichen?Bei nicht optimaler Blutzuckerein-stellung sollte man mit einer entspre-chenden Therapieadaptierung nicht zu lange zuwarten, weil sonst die Bauch-

speicheldrüse mit den Betazellen ihrer Aufgabe nicht mehr nachkommen kann und die Insulinproduktion schließlich gänzlich zum Erliegen kommt. Hat also die Lebensstilmodifikation gemeinsam mit oralen Antidiabetika nicht zum ge-wünschten Erfolg – sprich, der verein-barten Senkung der Blutzuckerwerte – geführt, ist oftmals die Einleitung einer Basalinsulintherapie in Kombination mit den bis dahin eingenommenen Tabletten sinnvoll. Für den Betroffenen hat das den Vorteil, dass er einerseits die gewohnte Therapie fortsetzen kann und anderer-seits durch das verabreichte Insulin die gleichmäßige basale Versorgung mit In-sulin sichergestellt wird und es somit zu einer Entlastung der Bauchspeicheldrü-se kommt. Dies wirkt sich vorteilhaft auf den gesamten Organismus aus. Weiters wird die sanfte Überleitung zu einmal täglichem Spritzen ohne ständiges Blut-zuckermessen von Patienten oftmals als angenehm empfunden.Bei dieser Therapie wird ein Insulin mit einem flachen, lang anhaltenden Wirkprofil eingesetzt, um die Gefahr nächtlicher Hypoglykämien zu bannen. Die Deckung des Grundinsulinbedarfs wird durch das Basalinsulin erreicht, die Blutzuckerwerte nach den Mahlzeiten können mithilfe von oralen Antidiabeti-ka abgefangen werden.

Welche unterschiedlichen Insuline gibt es?Der Nichtdiabetiker schüttet auch im Nüchternzustand eine kleine Menge In-sulin (Basalinsulin) aus, damit die Leber nicht zu viel Glukose produziert. Wenn der Blutzucker nach Aufnahme von

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Kohlenhydraten ansteigt, wird zusätz-lich essensabhängiges (prandiales) Insu-lin ausgeschüttet.Bei den Formen des Insulins unterschei-det man je nach Struktur und Wirkdau-er verschiedene Darreichungsformen. Es gibt humane Insuline und moderne Analoginsuline. Normalinsuline sind biotechnologisch hergestellt und mit dem menschlichen Hormon Insulin che-misch ident. Analoga sind in ihrer Struk-tur derart verändert, dass sie entweder

eine schnellere Wirkdauer – wie beim natürlichen Insulin – oder eine länger verzögerte aufweisen.

Welche Vorteile haben moderne Insuline?Moderne Insuline sind in ihrem Aufbau leicht verändert, sodass sie die Wirkung dann entfalten, wenn sie benötigt wird: sehr rasch bei kurzwirksamen Mahl-zeiteninsulinen oder über viele Stun-den andauernd bei den langwirksamen Basalinsulinen. Durch die modernen kurzwirksamen Insuline erreicht man bessere Blutzuckerwerte nach den Mahl-zeiten, ein Spritz-Ess-Abstand ist nicht mehr erforderlich und auch Zwischen-mahlzeiten können entfallen. Der ext-rem rasche Wirkeintritt erlaubt es sogar, nach dem Essen zu spritzen, wenn man beispielsweise in einem Restaurant nicht abschätzen kann, wie lange man auf das Essen warten muss. Außerdem ist das Hypoglykämierisiko, vor allem der schweren nächtlichen Unterzuckerun-gen, reduziert.Dieselben Vorteile kennzeichnet auch die moderne Mischinsulintherapie, womit diese sehr unkomplizierte Therapie auch flexibler an den Tagesablauf angepasst werden kann. Moderne langwirksame Insuline zeichnen sich durch eine längere Wirkdauer aus, womit bessere Nüchtern-Blutzuckerwerte erzielt werden können.

Welche Möglichkeiten der Insulintherapie habe ich?Um den raschen Blutzuckeranstieg nach dem Essen abzufangen, kann mit einer unter die Haut verabreichten Insulingabe direkt zum Essen das fehlende körper-

• Kurzwirksames insulin (früher Altinsu-lin, Normalinsulin) oder kurzwirksames Insulinanalogon wird stets prandial – also zum Essen – verabreicht. Die Wirkung tritt nach rund 30 Minuten beim kurzwirksa-men Insulin und nach 10 Minuten beim kurzwirksamen Insulinanalogon ein, die Wirkdauer beträgt rund 4–6 Stunden beim kurzwirksamen Insulin und 2–3 Stunden beim Insulinanalogon. Daher muss man kurzwirksame Insuline 30 Minuten vor dem Essen injizieren, die Insulin analoga unmittelbar davor.

• Langwirksames insulin (Verzöge-rungs- oder Depotinsulin) beginnt nach 1–2 Stunden zu wirken, hat aber eine Wirkdauer von bis zu 12 Stunden. Lang-wirksame Insulinanaloga wirken bis zu 24 Stunden und müssen oft nur einmal am Tag injiziert werden.

• Mischinsuline sind aus kurz- und lang-wirksamen Insulinen bzw. Insulinanaloga zusammengesetzt und werden ein- bis dreimal täglich verabreicht.

nach der Wirkdauer unterscheidet man:

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eigene Insulin „ersetzt“ werden. Grund-sätzlich wird diese Art der so genannten prandialen Therapie (Insulin nur zum oder während des Essens) selten ange-wendet.Ist auch das Basalinsulin, d.h. das Insu-lin, das den Blutzuckerwert zwischen den Mahlzeiten reguliert, nicht mehr ausreichend vorhanden, so kann mittels Verabreichung eines Langzeitinsulins der Nüchternblutzucker in den Normal-bereich gesenkt werden. Hierbei spricht man von einer Basalinsulintherapie. Sie ist eine geeignete Einstiegstherapie für viele insulinbedürftig gewordene Diabe-tiker. Man kombiniert sie zusätzlich mit der Gabe von oralen Antidiabetika.Auch gibt es die Möglichkeit der Kom-bination eines kurzwirksamen und eines langwirksamen Insulins in einer Mischin-sulintherapie (konventionelle Insulinthe-rapie). Hier werden fix dosierte Mischin-suline in unterschiedlichem Verhältnis in einer Lösung kombiniert und zwei- bis dreimal täglich injiziert. Dies stellt ei-nen patientenfreundlichen Ansatz dar, weil die Behandlung mit einer Substanz in einer Dosierung als Vorteil vor allem von älteren Personen gewertet wird. Es ist eine einfache Therapieform, die auch von Betreuungspersonen appliziert wer-den kann. Voraussetzung ist allerdings ein gleichförmiger Tagesablauf, also geregelte Essenszeiten und keine unge-planten sportlichen Betätigungen. Nach-teil sind die Gewichtszunahme durch die Notwendigkeit der Zwischenmahlzeiten, vermehrte Hypoglykämiegefahr und die geringe Flexibilität im Tagesrhythmus.Bei der intensiviert-konventionellen Insulintherapie wird ein langwirksa-

mes Basalinsulin mit der dreimal täg-lichen Injektion eines kurzwirksamen Insulins (Insulinanalogons) jeweils zu den Hauptmahlzeiten kombiniert. Diese Form der Insulintherapie erlaubt bereits einen flexiblen Lebensstil, vor allem im Hinblick auf den Zeitpunkt, aber auch die Menge der Nahrungsaufnahme.Bei der Basis-Bolus-Therapie (intensi-vierte oder funktionelle Insulintherapie) wird die natürliche Insulinsekretion des Körpers so gut wie möglich nachge-ahmt. Der basale (kontinuierliche) Insu-linbedarf wird durch ein langwirksames Insulin (24-Stunden-Insulin, ein- bis zweimal täglich) sichergestellt. Dieses bildet den Hauptbestandteil der „Basis-therapie“, also die Grundversorgung mit Insulin. Der mahlzeitenbedingte Insulin-bedarf – ermittelt durch Blutzuckermes-sung vor der Verabreichung – wird mit-tels kurzwirksamem Insulin abgedeckt. Die Dosis richtet sich also nach den ak-tuellen Blutzuckerwerten und der Nah-rungsaufnahme. Sie stellt den zweiten Anteil, die „Bolustherapie“, dar. Vorteile sind die flexible Freizeitgestaltung hin-sichtlich sportlicher Betätigung, zudem können der Zeitpunkt der Mahlzeiten so-wie die Menge bzw. Zusammensetzung der aufgenommenen Nahrung variieren. Als Nachteile sind die engmaschige Blutzuckermessung und die oftmalige Insulinverabreichung anzuführen, wel-che einen erhöhten Aufwand darstellen.

Welche Stellen sind für die Injektionen geeignet?Zu den Mahlzeiten ist es am wirksams-ten, in das Bauchgewebe (3 cm Abstand zum Bauchnabel) zu injizieren, da hier

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das Insulin am schnellsten vom Blut zum Wirkort transportiert wird, was vor allem für kurzwirksame Insuline von Bedeu-tung ist. Vor dem Zubettgehen wird der Oberschenkel empfohlen, da das Insu-lin aus diesem Bereich weit langsamer aufgenommen wird. Es sollte auf keinen Fall immer an der gleichen Stelle ge-spritzt werden, da es sonst lokal zu einer Vermehrung des Unterhautfettgewebes kommt und das Insulin dann unvorher-sehbar aufgenommen wird.

Wie spritze ich richtig? Am besten bilden Sie eine Hautfalte zwischen Daumen und den restlichen Fingern. Dann stechen Sie die Kanü-le in einem Winkel von 45–90 Grad in das Fettgewebe. Nach dem Verabreichen warten Sie einige Sekunden, ehe Sie die Kanüle herausziehen – damit vermeiden Sie, dass Insulin aus dem Einstichkanal zurückfließt, was die Dosis verringern würde.

Insulinpumpentherapie – eine Option für mich?Im Grunde basiert die Idee darauf, ein permanentes Infusionsgerät – nicht schwerer als 300 g – ständig am Körper zu tragen, um über einen Katheter mit ei-ner unter der Haut liegenden Nadel dem Körper rund um die Uhr – im Schnitt alle drei Minuten – Insulin zuzuführen. Man muss also nicht ständig neu stechen, sondern gibt durch das Betätigen von Knöpfen am Gerät die benötigte Men-ge Insulin ein. Zu den Mahlzeiten wird entsprechend mehr Insulin freigesetzt. Steuerungselement bleibt der Mensch. Der Katheter wird alle zwei bis drei Tage

gewechselt. Als Vorteil ist eine stabilere Stoffwechseleinstellung durch die fein abgestimmte Dosierungsmöglichkeit an-zusehen, sodass die Patientenzufrieden-heit trotz der Notwendigkeit, die Pumpe stets am Körper tragen zu müssen, sehr groß ist.In mehreren Studien wurde festgestellt, dass bei Insulinpumpenträgern die An-zahl schwerer Hypoglykämien deutlich gesenkt werden kann. Eine Insulinpum-pentherapie empfiehlt sich für alle Dia-betiker, die mit der konventionellen oder intensivierten konventionellen Behand-lung ihre Blutzuckerwerte nicht errei-chen. In der Regel wird die Pumpe vor allem bei Typ-1-Diabetikern eingesetzt.

insulininjektionen zu den Mahlzeiten sollten ins Bauchgewebe verabreicht werden

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Für wen ist eine Insulinpumpen-therapie geeignet?Einerseits für Patienten mit Typ-1-Dia-betes. Der Nutzen der Insulinpumpen-therapie für diese Gruppe ist bekannt und umfassend nachgewiesen. (Die Zahl der Insulinpumpenträger ist auch stän-dig im Steigen.) Andererseits kann der Blutzucker von manchen insulinpflichtigen Typ-2-Dia-betikern mittels Insulinpumpe sicherer und besser eingestellt werden als mit mehreren Spritzen am Tag. Das ist seit Kurzem durch eine Studie (OpT2mise-Studie) wissenschaftlich belegt.

Welche Vorteile kann die Insulinpum-pentherapie bei hohem Insulinbedarf bringen?Die OpT2mise-Studie, eine große inter-nationale Studie, hat gezeigt, dass der Blutzuckerspiegel durch die Anwendung einer Insulinpumpe stärker gesenkt wer-den kann, als dies mit einer intensivier-ten Insulintherapie möglich ist. Die Stu-dienteilnehmer, die eine Insulinpumpe anwendeten, erzielten eine Senkung des durchschnittlichen Blutzuckerspiegels (mittlerer HbA

1c-Wert) um 1,1%. Bei

den Patienten, die sich mehrmals am Tag eine Spritze verabreichten, konnte der Blutzuckerspiegel nur um 0,4% gesenkt werden. Außerdem benötigten die Pati-enten in der Insulinpumpen-Gruppe um 20% weniger Insulin.

Was bewirkt diese Verbesserung der Blutzuckereinstellung?Die Verbesserung der Blutzuckereinstel-lung mittels Insulinpumpentherapie konn-te ohne Episoden schwerer Hypoglykämie

(Unterzuckerung) erreicht werden, die zu Verwirrtheit, Orientierungsstörungen, Bewusstseinsverlust sowie schlimmsten-falls zu Koma und Tod führen können. Die Senkung des HbA

1c-Wertes trägt au-

ßerdem in hohem Ausmaß zur Vorbeu-gung von Komplikationen und Spätfolgen des Diabetes – wie z.B. Nieren-, Netz-haut- und Nervenschäden sowie Athero-sklerose (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) – bei.

Wohin können sich Diabetiker mit Interesse an einer Insulinpumpen-therapie wenden?In den meisten Diabeteszentren gibt es Spezialisten, die bei der Frage beraten können, ob eine Insulinpumpentherapie eine geeignete Maßnahme sein kann.

auch manche t2-Diabetiker profitieren von insulinpumpen

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Kommunikation zwischen Blutzuckermessgerät und Insulinpumpe?Ein neuer Ansatz, der zurzeit wissenschaftlich intensiv un-tersucht wird, ist die konti-nuierliche Glukosemessung in Kombination mit einer Insulinpumpe, welche die Insulinzufuhr reguliert. Der aktuelle Insulinbedarf wird automatisch ermittelt und die Insulinabgabe der Pumpe durch das Blutzuckermessgerät als Steuerungs-einheit richtig dosiert ausgelöst. Derzeit müssen solche Systeme im klinischen Alltag allerdings noch durch den Patien-ten selbst überprüft werden – dieser löst dann die vorgeschlagene Insulingabe aus.

Macht Insulin dick?Im Prinzip ja, aber abhängig von der ver-abreichten Gesamtdosis. Dies ist dadurch bedingt, dass der Patient jetzt nicht mehr Zucker – also Energie – über den Harn verliert. Insulin ist aber auch ein Hormon, das beim Aufbau von Muskel- und Fettge-webe hilft. Vor allem bei übergewichtigen Patienten kann es zu einer Gewichtszu-nahme im Ausmaß von bis zu 10% des Ausgangsgewichts kommen.

Kann man von der Insulintherapie wie-der zurück zu oralen Antidiabetika?Grundsätzlich ist Diabetes eine fort-schreitende Erkrankung, da die Insulin-produktion stetig abnimmt. Es gibt jedoch Situationen, in denen man nur vorüberge-hend Insulin benötigt, weil der Blutzucker ansonsten entgleisen würde. Dies kann beispielsweise bei einer Kortisontherapie oder einem Infekt der Fall sein.

Inhalierbares Insulin – ist das derzeit ein thema?Im Grunde sind alle Versuche, inhalierbares Insulin „markttaug-lich“ zu machen, aus heutiger Sicht gescheitert. Es ist nicht davon aus-

zugehen, dass in naher Zukunft mit dieser Variante der Therapie zu rech-nen ist.

Insulintablette – warum nicht?Da Insulin ein Eiweißkörper ist, würde es – als Tablette verabreicht – durch die Verdauungssäfte in Magen und Darm in seine Bestandteile zerlegt werden. Es würde also gar nicht erst in die Blutbahn gelangen. Aus diesem Grund führt zurzeit kein Weg am Spritzen vorbei.

Welche Vorteile haben Pens?Zu den Vorteilen zählen die überall mög-liche, unauffällige und umkomplizierte Handhabung, das einfache Ablesen der eingestellten Dosis auch für ältere oder sehbehinderte Personen, der Wegfall von Luftblasen, die beim Aufziehen des Insu-lins in der Spritze entstehen können, so-wie die Zeitersparnis. Manche Fabrikate haben eine Einstichhilfe, die ängstlichen Personen das Stechen erleichtert. Weiters gibt es Einmal-Pens – hier ist die Dosis bereits vorgefüllt, womit der Vorgang des Patronenwechselns entfällt.

Wie messe ich den Blutzucker richtig?1. Blutzuckermessgerät, Teststreifen,

Stechhilfe mit Lanzette, Tagebuch und Kugelschreiber bereitlegen.

2. Hände mit warmem Wasser und Seife waschen, sorgfältig abtrocknen. Ein Desinfektionsspray ist nicht notwendig.

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3. Kräftiges Drücken zur Blutgewinnung vermeiden – dies verfälscht das Ergeb-nis!

4. Stechen an der seitlichen Fingerkuppe ist weniger schmerzhaft (keine Hornhaut).

5. Empfehlenswert: Mittel-, Ring- oder kleinen Finger stechen, da diese im All-tag seltener benötigt werden.

6. Vor dem Stechen Hand ausschütteln oder leicht massieren, damit Blut hin-einfließt.

7. Teststreifen mit trockenen Fingern entnehmen. Abgelaufene Teststreifen nicht mehr verwenden! Aufbewahrung in sauberen Dosen oder Schatullen, Schutz gegen Luftfeuchtigkeit.

Wie oft messe ich meinen Blutzucker?Die Notwendigkeit einer Blutzucker-Selbstkontrolle bei Patienten mit oraler Antidiabetikatherapie wird derzeit heftig diskutiert. Bei geschulten Patienten macht diese Art der Selbstkontrolle durchaus Sinn, wenn sie wissen, welche Konse-quenzen sich aus den Werten ergeben. Bei der Insulintherapie ist die Blutzucker-Selbstkontrolle obligat, die Blutzucker-Teststreifen werden entsprechend der Art der Insulintherapie in unterschiedlicher Menge von der Krankenkasse erstattet. Die Messung des Blutzuckers ermöglicht dem Patienten die Steuerung der Therapie und lässt Entgleisungen des Blutzuckers nach oben oder unten rechtzeitig erken-nen. Die Häufigkeit der Messungen hängt von der Therapieart ab.

Was sind die häufigsten Fehler bei der Blutzuckermessung?Neben der falschen Reinigung der Hände zählt die falsche bzw. Nichtcodierung von

Blutzuckermessgeräten zu den häufigsten Fehlerquellen. Dies führt unweigerlich zu einem verfälschten Blutzuckerwert.

Warum muss man überhaupt codieren?Blutzucker-Teststreifen werden in einem hochsensiblen Produktionsprozess gefer-tigt. Aufgrund verschiedener Rohmateri-alien reagieren die Teststreifen marginal unterschiedlich, was den gemessenen Blutzuckerwert verfälschen kann. Diese Abweichung wird mittels Eingabe eines Codes vor der Messung ausgeglichen.Denn Fakt ist: Falsch codierte Geräte kön-nen Blutzuckerwerte ergeben, die rund 43% vom korrekten Messwert abweichen!Um diese Fehlerquelle auszuschalten, gibt es Blutzuckermessgeräte, die mit der „Ohne-Codieren-Technologie“ („No-Codie-rung-Technologie“) arbeiten. Hier codiert das Gerät automatisch nach dem Einführen des Teststreifens selbst. Diese „intelligen-ten“ Teststreifensysteme haben den Code bereits im Streifen eingebaut bzw. auf der Diskette aufgesetzt. Damit kann ein häufi-ger Fehler beim Bestimmen des Blutzu-ckers zuverlässig ausgeschaltet werden.

Was mache ich im Krankheitsfall?Bei Unsicherheiten ist es sinnvoll, den behandelnden Arzt zu kontaktieren. Dies gilt vor allem im Krankheitsfall, wenn die Insulindosis aufgrund einer Insulinun-empfindlichkeit gesteigert werden muss. Insulin darf niemals vollständig abge-setzt werden, auch wenn Sie nichts essen können! In diesem Fall muss die Dosis – in Absprache mit dem Arzt – adaptiert werden. Wird kein Insulin mehr injiziert, kann es rasch zu lebensbedrohlichen Ent-gleisungen des Blutzuckers kommen.

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AKUTE STOFFWECHSEL-ENTGLEISUNG – HYPOGLYKÄMIEHypoglykämie (umgangssprachlich: „Hypo“) bedeutet Unterzuckerung. Es handelt sich um eine nicht ungefährliche Komplikation bei der Behandlung eines Diabetes mellitus mit Insulin oder blutzu-ckersenkenden Medikamenten. Die Ur-sache ist ein Überangebot an Insulin bei gleichzeitigem Mangel an Glukose. Von einer Hypoglykämie („Hypo“, Unter-zuckerung) spricht man, wenn die Blut-zuckerwerte unter 63 mg/dl (3,5 mmol/l) gesunken sind (individuelle Unterschie-de möglich). Eine Hypoglykämie kann leicht oder schwer ausgeprägt sein.Leichte Hypoglykämie: Bei einer leich-ten Hypoglykämie spürt der Patient die Symptome und ist imstande, selbst Ge-genmaßnahmen (Zufuhr eines zucker-haltigen Lebensmittels oder Getränks) zu ergreifen.Schwere Hypoglykämie: Hier ist die Handlungsfähigkeit eingeschränkt bis hin zu Bewusstlosigkeit, die Hilfe Dritter ist notwendig. Möglicherweise muss der Pa-tient im Krankenhaus. behandelt werden.

Welche Ursachen hat eine Hypoglykämie?• zu hohe Dosis von Insulin oder blut-

zuckersenkenden Medikamenten (Sul-fonylharnstoffe, seltener Glinide): Bei alleiniger oder auch kombinierter Anwendung von Metformin, Acarbo-se, Gliptinen (Dipeptidyl-Peptidase-4[DPP-4]-Inhibitoren) und Pioglitazon sind Hypoglykämien äußerst selten.

• zu niedrige Zufuhr von Zucker (Koh-lenhydraten) bei gleich bleibender In-sulin- oder Tablettendosis

• körperliche Aktivität: Bleibt die Insu-lin- oder Tablettendosis gleich, kann es zu einer Hypoglykämie kommen.

• zu großer Abstand zwischen Insulin-zufuhr und Essen: Kohlenhydrathaltige Mahlzeiten werden verspätet oder gar nicht eingenommen.

• Alkohol• lange Diabetesdauer mit Schädigung

der Nerven (Neuropathie)

Wie merke ich, dass ich unterzuckert bin?Laut Statistik erleidet jeder mit Insulin behandelte Diabetiker pro Woche einen leichten, für ihn spürbaren Hypo. In-tensivere Insulintherapien rufen Hypos deutlich öfter und intensiver hervor.

schwindel und schwächegefühl können neben bleierner Müdigkeit auf eine Unterzu-ckerung hinweisen

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Die Symptome treten meist nicht gleich-zeitig auf und variieren individuell sehr stark. Oft kristallisieren sich zwei bis drei Hauptsymptome heraus, die An-zeichen für einen drohenden Hypo sind. Manche Patienten „überspringen“ aber auch die klassischen, im Kasten ange-führten Symptome und erleiden ohne jede Vorwarnung Krampfanfälle oder werden sogar bewusstlos.Eine Unterzuckerung kann bei ganz all-täglichen Tätigkeiten auftreten: beim Fensterputzen oder Autowaschen, bei der Gartenarbeit oder beim Staubsaugen – wenn plötzliches Schwächegefühl, ge-paart mit starkem Herzklopfen bzw. Zit-tern und Unruhe, auftritt, sollten Sie an eine Unterzuckerung denken und sofort handeln!

Hypoglykämien – nur eine „lästige Begleiterscheinung“?Eine gute Blutzuckereinstellung ist die Voraussetzung für eine gute Lebens-

qualität bei Diabetes. Dabei ist die Unterzuckerung der entscheidende Si-cherheitsparameter. Die Häufigkeit und die Gefährlichkeit von Unterzuckerung werden jedoch oftmals unterschätzt. Vor allem schwere Hypoglykämien sind als Alarmzeichen zu werten, mit ihnen stei-gen das Risiko für Mikro- und Makro-angiopathien, für Todesfälle aufgrund Herz-Kreislauf-bedingter Komplikati-onen und auch das Gesamtsterberisiko. Als schwer gilt eine Unterzuckerung dann, wenn der Betroffene auf fremde Hilfe angewiesen ist.Aber auch das Risiko leichter Hypogly-kämien, die mitunter gar nicht bemerkt werden, darf nicht unterschätzt werden. Alle großen Studien, in denen eine sehr intensive Blutzuckersenkung untersucht wurde, kamen zu dem Schluss, dass dies mit einem deutlich höheren Risiko für Hypoglykämie einhergeht. Es gilt: „Nur eine vermiedene Hypoglykämie ist eine gute (harmlose) Hypoglykämie.“

Wer kann von Unterzuckerung betroffen sein?Häufig wird außer Acht gelassen, dass nicht nur Personen mit Typ-1-Diabetes, sondern auch Patienten mit Typ-2-Dia-betes Hypoglykämien haben. Studien, bei denen der Blutzucker kontinuier-lich gemessen wurde, zeigen, dass über 60% aller Typ-1-Diabetiker, aber auch fast jeder zweite Typ-2-Diabetiker un-bemerkte Unterzuckerungen aufweisen. Das Risiko für Hypoglykämien steigt nicht nur, je strenger die Blutzuckerein-stellung ist, sondern auch mit der Dauer des Diabetes. Insgesamt beträgt das Hy-poglykämierisiko von Patienten mit Typ-

• Zittern• plötzlicher Hunger• Unruhe• bleierne Müdigkeit oder Schwindel• kalter Schweiß oder übermäßiges

Hitze gefühl• Schwächegefühl• Sprachstörungen, Taubheitsgefühl an

den Lippen• starkes Herzklopfen• taubes Gefühl oder Kribbeln in Beinen

oder Händen• Atemprobleme, Konzentrationsschwierig-

keiten und Sehstörungen

Anzeichen für eine Unterzuckerung:

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2-Diabetes im Schnitt nur 10–15% des Risikos von Typ-1-Diabetikern.

Gibt es weitere risikofaktoren für schwere Unterzuckerungen?Ja, dazu zählen:• Hypoglykämien in der Vorgeschichte• ein HbA

1c-Wert unter 6,0%

• eine schlechte Nierenfunktion• unangepasstes Verhalten (z.B. Alko-

holkonsum, Sport ohne entsprechende Therapieanpassung)

Mit einer jeweils auf den einzelnen Betroffenen genau abgestimmten Dia-betestherapie lässt sich das Hypoglykä-mierisiko auch bei guter Blutzuckerein-stellung deutlich senken.

Welche Medikamente können eine Unterzuckerung fördern?Tabletten aus der Gruppe der Sulfonyl-harnstoffe oder Glinide regen die Insulin-ausschüttung an, dies aber gelegentlich auch in dem Zeitraum zwischen den Mahlzeiten und nachts. Dadurch besteht die Gefahr einer Unterzuckerung, weil der Blutzucker unter den normalen Wert sinken kann. Durch einen Essensplan mit regelmäßigen Hauptmahlzeiten und kleineren Zwischenmahlzeiten lässt sich das kontinuierlich ausgeschüttete Insu-lin abfangen.Auch der übermäßige oder zeitlich nicht mit dem Essen abgestimmte Einsatz von Insulin kann eine Unterzuckerung aus-lösen.Bei alleiniger Anwendung von Medi-kamenten wie Metformin, Acarbose, Dipeptidyl-Peptidase-4(DPP-4)-Inhi-bitoren, Inkretinmimetika oder GLP-

1-Analoga und Glitazonen sind Hypo-glykämien äußerst selten.

Durch oftmalige Unterzuckerung unsensibel?Wenn Diabetes längere Zeit besteht, kann es sein, dass Patienten die Warn-symptome nicht mehr so intensiv wahr-nehmen wie zu Beginn der Erkrankung. Die Hypo-Wahrnehmung nimmt mit der Dauer der Erkrankung und häufigen Hypoglykämien ab, was durch gezielte Schulungen und konsequente Vermei-dung von Hypoglykämien vermindert werden kann.

Hypo-Gegenstrategien?Um einer Unterzuckerung vorzubeugen, sollte man eine engmaschige Blutzu-ckerkontrolle durchführen und die Werte protokollieren. Danach kann gemeinsam mit dem Arzt die Insulindosis oder die Dosis der oralen Antidiabetika adap-tiert werden. Auch ist es im Falle einer Insulintherapie sinnvoll, Zwischenmahl-zeiten einzuhalten, um starke Schwan-kungen der Blutzuckerwerte zu vermei-den. Beim Sport ist darauf zu achten, dass die erforderliche Reduktion der Insulindosis nicht unterschätzt wird und

90 mg/dl Normal, VORSICHT!80 mg/dl Noch normal. Jetzt kann es

kritisch werden!70 mg/dl Symptome treten auf.60 mg/dl Die Hirnleistung ist

beeinträchtigt.50 mg/dl Jetzt wird es gefährlich!

Bei welchen Blutzuckerwerten muss man aufpassen?

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Medikamentöse Therapie

die Kompensation des erhöhten Energie-verbrauchs mit zusätzlichen Kohlenhyd-raten berücksichtigt wird (Snacks essen wie z.B. eine Banane, immer Traubenzu-cker bei sich tragen).

Wer tut was bei Unterzuckerung?Bei leichter Unterzuckerung kann der Patient selbst handeln. Er kann dem Körper rasch Traubenzucker zuführen. Durch ein bis zwei Stück Traubenzucker (entspricht 10–20 g Glukose oder 1 1/2 Plättchen = 1 BE) schnellt der Blutzu-ckerwert innerhalb kurzer Zeit wieder in die Höhe. Auch Fruchtsäfte und Cola (Achtung: keine „Light-“Produkte!) erzielen den gewünschten Effekt. Das Risiko, dass sich aus einer leichten eine schwere Unterzuckerung entwickelt, ist groß!Deshalb gilt, lieber gleich zu handeln, als unnötig abzuwarten! Denn ab ei-nem bestimmten Zeitpunkt kann der Betroffene aufgrund von Verwirrtheit, Krampfanfällen oder Bewusstlosigkeit nicht mehr selbst reagieren und ist auf Hilfe von außen angewiesen, die viel-leicht nicht richtig instruiert oder nicht vor Ort ist.Tritt Bewusstlosigkeit ein, können An-gehörige, die mit Diabetes vertraut sind, Erste Hilfe leisten. Der bewusstlose Di-abetiker muss in die stabile Seitenlage gebracht werden.ACHTUNG: Niemals versuchen, ei-nem Bewusstlosen Flüssigkeit einzu-flößen!So vorhanden und der Angehörige ent-sprechend unterwiesen, kann Glukagon in das Unterhautfettgewebe oder die Muskulatur (z.B. Gesäß, Oberschenkel)

des Betroffenen gespritzt werden. Glu-kagon ist der Gegenspieler des Insu-lins, der zu einem raschen Anstieg des Blutzuckers führt, indem Zucker aus Leber und Muskeln freigesetzt wird. Wenn der Patient wieder zu Bewusstsein kommt, muss er seinem Körper unbe-dingt noch zusätzliche Glukose in Form von Traubenzucker oder Fruchtsäften zuführen, um ein erneutes Abfallen des Blutzuckerspiegels zu verhindern, denn die Glukagonwirkung besteht nur kurz-fristig.Grundsätzlich sollte – falls keine Gluka-gonspritze vorhanden oder sich der Au-ßenstehende nicht auskennt – der Not-arzt verständigt werden. Dieser kann dann Glukose intravenös verabreichen. Bis zum Eintreffen professioneller Hil-fe (z.B. Notarzt oder Ambulanz) sollte man den bewusstlosen Patienten in die stabile Seitenlage bringen und in jedem Fall bei ihm bleiben. Zur Überbrückung kann ein Stück Traubenzucker in den Mund zwischen Zahnreihe und Wange gelegt werden.Jeder Diabetiker sollte stets seinen Di-abetikerausweis, ein entsprechendes Armband oder eine SOS-Kapsel tra-gen, damit im Notfall die richtige Be-handlung erfolgen kann. Zur Behand-lung von Hypoglykämien muss jeder Diabetiker, der Insulin injiziert oder Sulfonylharnstoffe einnimmt, Trauben-zucker mit sich führen.

Ein Schmuckstück als Lebensretter?Seit mehr als zwölf Jahren gibt es ei-nen Diabetes-Notfallanhänger. Dieser weist seinen Träger als Diabetiker aus und unterstützt hilfsbereite Menschen

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dabei, rasch und richtig zu handeln.Fast jeder weiß, dass man bei bewusst-losen Personen die Atemwege frei ma-chen muss. Sobald jemand den obersten Hemd- oder Blusenknopf öffnet, wird der Anhänger sichtbar und gibt in einer deutschen und einer englischen Version klar formulierte Anweisungen: „Wenn Sie mich bewusstlos finden (Un-terzuckerung), rufen Sie einen Arzt! Checken Sie meinen Puls! Bringen Sie mich vorsichtig in die stabile Seitenla-ge! DANKE!!“Der Anhänger kann im Shop bei www.diabetes-austria.com bestellt werden.

Ich habe von einem HypoKit gehört – was ist das?Ein HypoKit ist ein auf Rezept Ihres Vertrauensarztes erhältliches Notfallpa-ket, das Sie in der Apotheke erhalten. Es dient zur Behandlung schwerer Un-terzuckerung mit Bewusstlosigkeit beim insulinpflichtigen Diabetiker. Der Hy-

poKit enthält eine Injektionslösung mit dem zuvor genannten Wirkstoff Gluka-gon. Im Falle eines Hypos mit Bewusst-losigkeit wird diese Substanz von der helfenden Person unter die Haut oder in den Muskel injiziert. Die Wirkung tritt innerhalb von zehn Minuten ein, womit das Bewusstsein wiedererlangt wird.Wichtig ist, dass insulinpflichtige Diabe-tiker ein derartiges Notfallpaket lagernd haben und dass Angehörige im unmittel-baren Umfeld auf die Handhabung im Notfall vorbereitet sind.

Warum ist Unterzuckerung beim Autofahren so gefährlich?Studien haben gezeigt, dass Diabetiker wahrscheinlich nicht mehr Unfälle ver-ursachen als andere Verkehrsteilnehmer, jedoch ist eine Unterzuckerung (Hypo-glykämie) bei ihnen die Hauptursache für Verkehrsunfälle. Hypoglykämien

Bis zum eintreffen des notarztes: den Be-wusstlosen in die stabile seitenlage bringen und bei ihm bleiben

Der Diabetes-notfallanhänger kann Leben retten!

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Medikamentöse Therapie

führen zu einer schlechteren Konzent-rations- und Reaktionsfähigkeit, sogar Bewusstseinsstörungen am Steuer sind möglich. Bereits bei Blutzuckerwerten < 70 mg/dl kann die Fahrtauglichkeit stark eingeschränkt sein.Daher gilt: Messen Sie vor Antritt jeder Fahrt Ihren Blutzucker! Eine gewisse Si-cherheit vor Unterzuckerung bietet die Behandlung mit den neuen DPP-4-Hem-mern, die in der Regel keine Hypoglykä-mien verursachen.

Was soll ich tun, wenn es während einer Autofahrt zu einer Unterzucke-rung kommt? Halten Sie bei den ersten möglichen An-zeichen eines Hypos sofort an und neh-men Sie 20 g Kohlenhydrate zu sich. War-ten Sie nach dem Hypo mindestens 20–30 Minuten. Fahren Sie aufgrund der Gefahr sich wiederholender Hypos erst weiter, wenn alle Symptome vollständig abge-klungen sind und Ihr Blutzucker wieder über 110 mg/dl liegt. Lassen Sie, wenn möglich, Ihren Beifahrer ans Steuer.

Stimmt es, dass der Führerschein für Diabetiker nur noch befristet ausge-stellt wird?Ja, seit 1. Oktober 2011 erhalten insu-linpflichtige bzw. mit Tabletten behan-delte Diabetiker – egal, ob Typ 1 oder Typ 2 oder Führerscheingruppe 1 oder 2 – den Führerschein nur mehr befristet auf 5 Jahre (Führerscheingruppe 1) bzw. 3 Jahre (Führerscheingruppe 2). Ferner muss der Diabetiker bei der amtsärzt-lichen Kontrolluntersuchung erklären, dass in den letzten zwölf Monaten keine Hypoglykämie aufgetreten ist, die Hilfe

durch eine andere Person erforderlich gemacht hat (schwere Hypoglykämie), und dass keine Hypoglykämie-Wahr-nehmungsstörung besteht.Mit Inkrafttreten der neuen EU-Führer-scheinrichtlinie im Jänner 2013 wurde diese Regelung EU-weit bestätigt.

• Fahren Sie generell nicht mit einem Blut-zuckerwert unter 90 mg/dl.

• Liegt Ihr Blutzucker unter 90 mg/dl, essen Sie 15–20 g Kohlenhydrate und kontrollie-ren Sie den Blutzucker nach 20 Minuten. Liegt Ihr Blutzucker zwischen 90–120 mg/dl, nehmen Sie ca. 10 g Kohlenhydrate zu sich.

• Halten Sie im Auto stets rasch verwertbare, korrigierende Kohlenhydrate gegen einen Hypo griffbereit, z.B. 1,5 dl Dextro Energy flüssig, 2 dl normales Cola (nicht „light“) oder 2 dl Orangensaft, ca. 6 Stück Trau-benzucker (Menge abhängig vom Produkt).

• Denken Sie daran, kohlenhydrathaltige prä-ventive Verpflegung für zwischendurch da-bei zu haben, wie z.B. ein Getreidestangerl oder eine Frucht.

• Essen Sie regelmäßig! Halten Sie bei langen Fahrten alle ein bis eineinhalb Stunden an und kontrollieren Sie Ihren Blutzucker. Bei einem Wert unter 90–110 mg/dl nehmen Sie 10 g Kohlenhydrate zu sich.

Autofahrer, Vorsicht!

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Diabetes Typ 2 ist eine ernst zu neh-mende chronische Krankheit. Das Be-treuungsprogramm „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“ bietet für die Be-

troffenen eine strukturierte Betreuung durch die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte. Eine umfassende ärztliche Betreuung erhöht die Lebensqualität

Promotion

Nehmen Sie Ihre Krankheit selbst in die Hand!

„Therapie Aktiv“-Arzt Dr. Ahmet Babadostu und sein Patient Erwin Gruber arbeiten Hand in Hand.

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und kann Spätfolgen vermeiden bzw. verzögern. Das Programm bietet zu-sätzlich intensive Schulungen. Die Be-troffenen erhalten so „im Paket“ mehr Wissen und Eigenverantwortlichkeit über ihre Krankheit. Sie werden zu regelmäßigen Kontrolluntersuchungen eingeladen und erlernen einen verant-wortungsbewussten Umgang mit der Erkrankung.

Leben mit Stil: Ändern Sie Ihren Lebensstil!

Für die Betroffenen ist es wichtig, ih-ren Lebensstil anzupassen. Je mehr sie selbst aktiv tun, desto besser. Aus-gewogene Ernährung, viel Bewegung, der Abbau von Übergewicht und ein konsequenter Rauchstopp helfen da-bei, den Diabetes zu kontrollieren. Die „Therapie Aktiv“-Ärzte untersuchen die Patienten laufend und vereinbaren mit ihnen persönliche Ziele. So schaf-fen sie die bestmögliche Einstellung unter ärztlicher Aufsicht. Die Betreu-ung erfolgt individuell, die Ziele wer-den auf das persönliche Risikoprofil zugeschnitten und sind somit leichter erreichbar.

Zufriedene Patienten

Der Erfolg des Programms wurde be-reits festgestellt. So waren beispiels-weise die Blutwerte der „Therapie Aktiv“-Teilnehmer besser, auch wurden diese seltener ins Spital eingeliefert. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass

im Programm eingeschriebene Diabe-tiker stärker motiviert sind, ihren Le-bensstil zu ändern und damit „aktiv“ zum Behandlungserfolg beizutragen. Sie ernähren sich gesünder (knapp 90%), machen mehr Bewegung (ca. 75%) und sie rauchen weniger oder gar nicht mehr (ca. 25%). Und sie weisen einen besseren Gesundheits- und Informationsstand auf.

k individuelle, regelmäßige

ärztliche Betreuung

k Diabetikerschulung

k HbA1c-Bestimmungen

(mind. 1x jährlich)

k jährliche Fuß- und Augen-

untersuchungen

k Patientenhandbuch,

Broschüren, DVD

k laufend aktuelle Informationen

per E-Mail oder Post

Die Vorteile von „Therapie Aktiv“ auf einen Blick:

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Herr Dr. Fürthauer, warum bieten Sie Ihren Patienten das Programm „Therapie Aktiv“ an?Ich interessiere mich bereits seit mei-ner Turnuszeit für Diabetes. Mir war und ist wichtig, strukturierte und prak-tikable Vorgaben zu haben und danach arbeiten zu können. Ich bin überzeugt, dass dieses Programm die Versorgung von Diabetespatienten optimal unter-stützt.

Was bringt „Therapie Aktiv“ aus Ihrer ärztlichen Sicht für die Betroffenen?Es bringt vor allem Regelmäßigkeit und Struktur. Meine Patienten sind damit zufrieden und profitieren von der hohen Verbindlichkeit. Durch die-se werden z.B. Termine nicht mehr so leicht versäumt. Aber auch für den Arzt ist dadurch leichter sicherzustel-len, dass alle Untersuchungen regel-mäßig gemacht werden.

Promotion

Interview mit Arzt und Patientin

„Therapie Aktiv“-Arzt Dr. Bernhard Fürthauer betreut Diabetespatientin Christina Nöbauer.

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Frau Nöbauer, Sie sind „Therapie Aktiv“-Patientin. Wie sind Ihre Er-fahrungen?Die Schulung im Zuge des Programms war für mich sehr wichtig – erst sie brachte mir echte Klarheit über die Krankheit und viel Motivation. Seit-her habe ich 19 Kilo abgenommen. Ich schätze die Struktur und die regelmä-ßige Begleitung durch meinen Arzt. Die festen Termine helfen mir, meine Erkrankung dauerhaft ernst zu neh-men und nicht aus den Augen zu verlie-ren. Ich brauche keine Medikamente, mache viel Bewegung, lebe gesund und aktiv.

Was wäre für Sie ohne „Therapie Aktiv“ anders?Das Programm läuft wie von selbst. Ich werde laufend zur Kontrolle bestellt und kann meine Werte mit meinem Hausarzt einmal pro Quartal bespre-chen: Das ist toll! Ich werde als Pati-entin ernst genommen und nehme da-her auch meinen Diabetes ernst. Ohne das Programm – das weiß ich – würde mir das in dieser Form nicht gelingen. Die Krankheit im privaten Umfeld zu besprechen ist meist schwierig: Es tut ja nichts weh!

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Wir laden Sie herzlich ein: Machen Sie mit bei „Therapie Aktiv“ – die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos! Informationen, Services und die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte finden Sie unter:

www.therapie-aktiv.at

Werden auch Sie „Therapie Aktiv“!

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Schluss mit Schokolade und Süßigkeiten?

Diabetes bei KinDeRn

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Diabetes verstehen 2014 75

Diabetes bei Kindern

In Österreich leiden etwa 2.500 bis 3.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren an Diabetes. 95% von ihnen sind Typ-1-Diabetiker. Deshalb spricht man bei dieser Form des Diabetes auch von „juvenilem Diabetes“. Am häufigsten er-kranken Kinder an der Schwelle zur Pu-bertät, ein weiterer Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr.

Wie kommt es zu juvenilem Diabetes?Bei Typ-1-Diabetes (siehe auch Seite 22) handelt es sich um eine Autoimmuner-krankung, durch die Insulin produzie-rende Zellen der Bauchspeicheldrüse angegriffen und im Laufe der Zeit zer-stört werden. In der Folge wird immer weniger bis gar kein Insulin gebildet. Da Insulin für die Abgabe von Glukose (Traubenzucker) als Energielieferant an die Körperzellen verantwortlich ist, ver-bleibt bei Insulinmangel der Zucker im Blut (hoher Blutzucker). Die einzelnen Organe, vor allem aber das Gehirn, wer-den nicht mehr mit Glukose versorgt, der gesamte Stoffwechsel des Kindes ist gestört. Daher muss ein Leben lang In-sulin zugeführt werden.Der Grund für diese Reaktion des Im-munsystems ist bislang nicht bekannt. Man weiß nur, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen. Diskutiert werden auch andere Ursachen wie Übergewicht, späte Mutterschaft oder übertriebene Hygiene.

Ein geringer Anteil der Kinder und Ju-gendlichen leidet an Typ-2-Diabetes (siehe Seite 23). Ungesunde Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel so-wie genetische Faktoren können die Ent-

stehung begünstigen. Im Gegensatz zu Diabetes Typ 1 ist bei dieser Form der „Zuckerkrankheit“ durch frühzeitige Di-agnose und die rasche Einleitung ent-sprechender Therapiemaßnahmen sogar eine Heilung möglich.

Woran erkenne ich, dass mein Kind an Diabetes leiden könnte?Die Symptome sind bei beiden Diabetes-formen gleich:• gesteigertes Durstgefühl• übermäßiger Harndrang mit großen

Mengen Urin (bei kleinen Kindern aus diesem Grund oftmals Einnässen)

• Gewichtsabnahme• Müdigkeit• Leistungs- und Konzentrationsschwäche • Heißhungerattacken• manchmal auch Kopf- und Bauch-

schmerzen

Wenn Sie diese Symptome an Ihrem Kind bemerken, sollten Sie so rasch wie möglich einen Arzt aufsuchen, um einen eventuell vorliegenden Diabetes abklä-ren zu lassen.

starkes Durstgefühl könnte ein hinweis auf Diabetes sein

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Diabetes bei Kindern

Was macht der Arzt?Er wird den Zucker im Harn kontrollie-ren und mittels Fingerstich den Blutzu-cker bestimmen. Ist das Ergebnis positiv, so wird er Ihr Kind umgehend an eine Kinderabteilung zur stationären Thera-pieeinstellung überweisen.

Was geschieht im Krankenhaus?Zuerst werden noch weitere Untersu-chungen vorgenommen, dann wird der kleine Patient auf eine Insulintherapie eingestellt. Welche Art der Therapie (kon-ventionelle, funktionelle oder Insulin-pumpentherapie; siehe dazu auch Seiten 58–61) infrage kommt, wird abhängig vom Alter, dem Betreuungsumfeld und dem Wunsch der Familie entschieden.In der Folge findet eine umfassende Dia-betesschulung im Krankenhaus statt. El-tern und Kind lernen, regelmäßig den Blutzucker zu messen, den Kohlenhyd-ratgehalt des Essens zu berechnen und eine entsprechende Menge Insulin zu verabreichen.

Wie wird Diabetes bei Kindern behandelt?Die Behandlung besteht in einer lebens-langen Zufuhr von Insulin. Die Insulin-menge muss mit der Nahrung, aber auch auf die körperliche Aktivität abgestimmt werden. Insulin und körperliche An-strengung senken den Blutzucker, Koh-lenhydrate (z.B. Zucker, Obstsäfte, Brot) erhöhen ihn.Durch regelmäßige Messung des Blut-zuckers wird überprüft, ob die Behand-lung erfolgreich ist oder mehr bzw. we-niger Insulin verabreicht werden muss. Bei jüngeren Kindern ist dafür die Hilfe

der Eltern bzw. von betreuenden Er-wachsenen notwendig.

Was passiert, wenn der Blutzucker-spiegel zu hoch ist?Das bedeutet keine akute Gefahr. Zu-meist genügt es, wenn bei der nächsten Insulingabe darauf reagiert wird.

Was passiert, wenn der Blutzucker-spiegel zu niedrig ist?Eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) äußert sich durch eine oder mehrere der folgenden Anzeichen:• Schwitzen• Zittern• Hungergefühl• Herzklopfen• Sprachstörung• Taubheitsgefühl im Mund mit metalli-

schem Geschmack• Schwindel

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Diabetes verstehen 2014 77

Diabetes bei Kindern

• Kopfschmerzen• Übelkeit• Konzentrationsstörung• Müdigkeit• Verwirrtheit• bei schwerer Unterzuckerung auch

Krämpfe und neurologische Ausfälle

Wie sollte man bei einer Hypoglykämie vorgehen?Milde Hypoglykämien müssen mit rasch resorbierbaren Kohlenhydraten ausge-glichen werden. Gut geeignet dafür sind Traubenzucker oder zuckerhaltige Ge-tränke wie Obstsaft, Limonade, Cola (kein Cola light!) etc. Jedes Kind sollte immer entsprechende zuckerhaltige Nahrungsmittel bei sich haben.Bei einer schweren Hypoglykämie kann es zu Bewusstlosigkeit kommen. In die-sem Fall muss sofort eine Notfallspritze mit Glukagon verabreicht werden. Kei-nesfalls darf man in dieser Situation et-was zu essen oder zu trinken geben! Hat

das Kind das Bewusstsein wiederer-langt, muss es Zucker zuführen.Tritt innerhalb von zehn Minuten keine Besserung ein, ist der Notarzt zu rufen!Wird nicht sofort auf die Symptome ei-ner schweren Hypoglykämie reagiert, droht Bewusstlosigkeit. Allerdings ist in den vergangenen 20 Jahren die Frequenz der schweren „Hypos“ deutlich zurück-gegangen – bedingt durch häufigere Blutzuckermessungen sowie modernere Insuline und Insulinpumpen.

Wodurch kommt es zu Hypoglykämien?Wenn das Kind zu wenig oder zu spät isst oder eine Mahlzeit vergisst, kann der Blutzucker zu tief absinken. Körperliche Anstrengung senkt den Blutzucker eben-falls, daher muss vor der Sportausübung gegengesteuert werden. Auch wenn zu viel Insulin gespritzt wurde, kann es – ebenso wie bei Durchfall und Erbrechen – zu Unterzuckerung kommen.

in schulungen lernen Kinder, richtig insulin zu spritzen

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78 Diabetes verstehen 2014

Diabetes bei Kindern

Wie lässt sich verhindern, dass beim Sport der Blutzucker zu tief absinkt?Vor der Sportausübung den Blutzucker messen und zusätzliche Kohlenhydrate zuführen. Bei geplanten Aktivitäten kann schon vorher die Insulingabe ange-passt (verringert) werden.Blutzuckermessgerät und Traubenzu-cker sollten stets griffbereit sein.

Was ist im Kindergarten-/Schulalltag zu beachten?Lehrer und betreuende Personen sowie Mitschüler müssen über die Krankheit

informiert werden, sodass sie wissen, was im Notfall zu tun ist.Das Kind muss die Erlaubnis haben,• jederzeit Blutzucker zu messen,• bei Unterzuckerung etwas zu essen

oder zu trinken,• bei Bedarf Insulin zu spritzen und• bei Bedarf die Eltern anzurufen

(Handy!).

Grundsätzlich können diabetische Kin-der an allen Unternehmungen der Klasse teilnehmen. Allerdings muss das Kind mit dem Messen des Blutzuckers und

sport ist für jugendliche Diabetiker keineswegs tabu

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Diabetes bei Kindern

der Verabreichung von Insulin sowie mit der vorbeugenden Aufnahme von Koh-lenhydraten (Sport) gut vertraut sein. Andernfalls ist die Begleitung durch ei-nen Elternteil empfehlenswert.

Wie sollte man ein diabeteskrankes Kind ernähren?Die Basis ist eine Vollwertkost, die sich an der normalen gesunden Ernährung aller Kinder orientiert. Es sind keine Spezialnahrungsmittel erforderlich, auch dürfen kleinere Mengen an Süßig-keiten gegessen werden. Da Kohlenhyd-rate den Blutzucker erhöhen, muss die Menge der kohlenhydrathaltigen Le-bensmittel immer mit der Insulindosis abgestimmt werden.

Als „Snack“ zwischendurch eignen sich Lebensmittel, die den Blutzucker nicht oder nur gering ansteigen lassen:• rohes Gemüse wie Karotten, Tomaten,

Paprika• Limonaden mit Süßstoff• ungezuckerte Früchtetees• zuckerfreie Bonbons oder zuckerfreier

Kaugummi

Wie verhindere ich, dass mein Kind zum Außenseiter wird?• Packen Sie Ihr Kind trotz aller notwen-

digen Vorsorgemaßnahmen nicht in Watte.

• Fördern Sie seine Selbstständigkeit bei den notwendigen Maßnahmen wie Blutzuckermessen und Insulinspritzen.

• Erklären Sie den Klassenkollegen auf einfache Weise, was im Körper eines Diabetikers vorgeht und dass keiner et-was dafür kann, daran erkrankt zu sein.

• Betonen Sie den Mitschülern gegen-über, dass es Ihrem Kind genauso gut geht wie den anderen, wenn es regel-mäßig Insulin ersetzt.

• Versuchen Sie auf diese Weise zu ver-hindern, dass ihm übertriebenes Mit-leid entgegengebracht wird, welches sein Selbstbewusstsein untergräbt.

Die Basis der ernährung stellt eine gesunde Vollwertkost dar

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Diabetes iM alteR

Senioren sind anfälliger für Unterzuckerung.

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Diabetes verstehen 2014 81

Diabetes im Alter

Diabetes Typ 2 wird häufig als „Alters-zucker“ bezeichnet. Obwohl das heute so nicht mehr stimmt, da auch immer mehr junge Menschen an dieser Form des Diabetes erkranken, erhöht sich das Risiko mit zunehmendem Alter tatsäch-lich. Während der Anteil der Diabetiker in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 8% liegt, steigt er mit dem Alter an und beträgt bei über 70-Jährigen etwa 20–25%, bei pflegebedürftigen alten Men-schen sogar 25–30%.

Ist Diabetes in höherem Alter gefährlicher?Ja, durchaus. Einerseits sind alte Men-schen mit Diabetes häufiger von Kom-plikationen wie Herz-Kreislauf-Er-krankungen betroffen als gleichaltrige Nicht-Diabetiker. Andererseits ist die Diagnose schwerer zu stellen, daher wird die Krankheit oft erst spät entdeckt. Außerdem sind Senioren anfälliger für Unterzuckerung. Und schließlich leiden viele alte Menschen zusätzlich an ande-ren chronischen Erkrankungen, was die Behandlung erschweren kann.

Was erschwert die Diagnose bei Senioren?Die Diagnose stellt vor allem bei geriat-rischen Patienten für Ärzte oftmals eine besondere Herausforderung dar. Denn oft fehlen typische Krankheitssympto-me wie starker Durst oder erhöhte Urin-ausscheidung. Hingegen deuten eher unspezifische Allgemeinsymptome auf die Erkrankung hin: Müdigkeit, geistige Beeinträchtigung, unklarer Gewichts-verlust, neu aufgetretene Blasenschwä-che (Inkontinenz), Gangunsicherheit,

Infekte, Gefäßerkrankungen. Diese Symptome können natürlich auch vie-le andere Ursachen haben, sollten aber doch Anlass für eine genauere Untersu-chung im Hinblick auf einen möglichen Diabetes sein.

Warum kommt es bei alten Patienten häufiger zu Unterzuckerung?Die typischen Warnhinweise einer Hy-poglykämie werden bei vielen alten Menschen fehlgedeutet und auf das Alter geschoben. Zittern, Schwindel, Schwächeanfälle, Verwirrtheit und Gan-gunsicherheit sind bei geriatrischen Pa-tienten keine Seltenheit, daher denken Betroffene und Angehörige nicht gleich an eine Unterzuckerung.

Welche Folgen hat eine Hypoglykämie bei alten Menschen?Schwere und/oder häufige Unterzucke-rungen belasten das Herz-Kreislauf-System und erhöhen die Gefahr für kar-diovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch das Gehirn wird durch Hypoglykämien in Mitleiden-schaft gezogen, Demenzerkrankungen treten häufiger auf. Darüber hinaus be-steht größere Sturzgefahr.

Welche Blutzucker-Zielwerte gelten für Senioren?Im Normalfall liegt der Zielwert beim Langzeit-Blutzucker (HbA

1c) auch für

Senioren unter 7,0%. Dies betrifft aller-dings in erster Linie biologisch jüngere und allgemein gesündere Patienten. Un-geachtet des kalendarischen Alters soll-te aber bei biologisch älteren, chronisch kranken Patienten dieser Zielwert nicht

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82 Diabetes verstehen 2014

Diabetes im Alter

strikt angepeilt werden, weil dadurch möglicherweise erhöhte Gefahr für Un-terzuckerung und deren Folgen besteht. Hier gilt heute allgemein ein Zielwert von 7–8% als ausreichend.

Gestaltet sich die therapie der Krankheit bei alten Patienten anders als bei jüngeren?Prinzipiell gelten für ältere Patienten die gleichen Therapierichtlinien wie für jün-gere. Dennoch muss bei alten Menschen zusätzlich einiges beachtet werden. So sind die heute zur Verfügung stehenden oralen antidiabetischen Medikamente grundsätzlich auch für geriatrische Pa-tienten geeignet. Allerdings sollte hier besonderes Augenmerk auf Nebenwir-kungen und Kontraindikationen gelegt werden:• So ist bei Medikamenten aus der Grup-

pe der Sulfonylharnstoffe die Gefahr der Unterzuckerung zu beachten. Eine regelmäßige Nahrungsaufnahme unter dieser Therapie ist daher unerlässlich.

• Metformin ist mit keinem erhöhten Hypoglykämierisiko verbunden. Es ist aber bei Niereninsuffizienz nicht ge-eignet. Ältere Menschen mit zwar re-duzierter, aber stabiler Nierenfunktion können jedoch von den Vorteilen einer Metformin-Behandlung profitieren.

• Glinide und Alpha-Glukosidase-Hem-mer müssen mehrmals am Tag jeweils vor einer Mahlzeit eingenommen wer-den. Bei diesen Therapien ist daher zu beachten, dass der Patient in der Lage und gewillt ist, das Einnahmeschema genau einzuhalten.

• Für Glitazone ist eine vorliegende Herz-insuffizienz eine Kontraindikation.

• DPP-4-Inhibitoren wie Linagliptin können selbst bei eingeschränkter Nie-renfunktion in entsprechender Dosis eingenommen werden. Da diese Me-dikamentengruppe auch die Gefahr ei-ner Unterzuckerung nicht erhöht, sind DPP-4-Inhibitoren für ältere Patienten gut geeignet.

• GLP-1-Analoga wirken stärker als DPP-4-Inhibitoren, verursachen aber ebenfalls keine Hypoglykämien. Daher kann ihr Einsatz bei ausgewählten älte-ren Patienten sinnvoll sein.

• SGLT-2-Inhbitoren wie Dapagliflozin verstärken die Zuckerausscheidung über die Nieren. Diese Wirkweise er-fordert aber eine weitgehend normale Nierenfunktion. Aufgrund vermehrter Flüssigkeitsausscheidung und mäßiger Gewichtsreduktion sind sie bei Patien-

Für ältere und chronisch kranke Patienten ist ein Langzeit-Blutzuckerwert von 7–8% ausreichend

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Diabetes im Alter

ten über 75 Jahren nur im Ausnahme-fall einsetzbar.

Nähere Informationen über die genann-ten Medikamente finden Sie ab Seite 52.

Was ist bei der Insulintherapie alter Menschen zu beachten?Patienten mit geistigen Einschränkun-gen sowie pflegebedürftige Personen sind mit der Anwendung von Insulin oftmals überfordert. Die Therapietreue lässt daher häufig zu wünschen übrig. Aus diesem Grund ist zu Beginn jeder Insulintherapie die Einbindung von Fa-milienangehörigen bzw. betreuenden Personen sehr wichtig.

Welche rolle spielen Ernährung und Bewegung bei dieser Patientengruppe?Während bei vielen Diabetikern vor al-lem der Abbau von Übergewicht Ziel

der Ernährungsmaßnahmen ist, ist bei den meisten hochbetagten Patienten das Gegenteil der Fall: Sie sind sehr oft fehl- und mangelernährt, sodass hier der Gewichtsaufbau im Mittelpunkt stehen muss.Körperliche Aktivität ist natürlich auch für Senioren ein wichtiger Bestandteil der Diabetestherapie, jedoch aufgrund von Bewegungseinschränkungen nicht immer problemlos realisierbar. Man sollte sich daher abhängig vom indivi-duellen Gesundheitszustand keine zu hohen Ziele setzen. Selbst 15 Minuten Bewegung am Tag bringen schon einen gewissen Erfolg.Grundsätzlich gilt in der Anpassung der Therapiemaßnahmen nicht das kalenda-rische Alter des Patienten, sondern sein biologisches. Ein 80-jähriger Patient kann durchaus genauso fit sein wie so mancher 50-Jährige.

Selbst 15 Minuten Bewegung am tag bringen schon einen gewissen Erfolg

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Mögliche Folgeerkrankungen reichen von Infektionen über Depressionen bis hin zu

Erblindung und Amputation.

Diabetes kommt selten allein

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Diabetes verstehen 2014 85

Diabetes kommt selten allein

Folgeerkrankungen ernst nehmen!Statistiken veranschaulichen die drama-tischen Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus sehr deutlich:• Jedes Jahr werden in Österreich 2.500

Amputationen an Patienten mit Diabe-tes mellitus vorgenommen, das sind 62% aller Amputationen.

• Jedes Jahr werden 300 Österreicher mit Diabetes aufgrund von Nierenversagen dialysepflichtig, das sind 26% aller Pa-tienten mit neuer Dialysepflicht.

• Jedes Jahr erblinden in Österreich 200 Menschen als Folge des Diabetes mel-litus.

• Alle 50 Minuten stirbt in Österreich ein Mensch an den Folgen des Diabetes, das sind rund 10.000 Menschen im Jahr.

• Die meisten Todesfälle bei Diabetikern sind auf Herzinfarkt und Schlaganfall zurückzuführen.

Aber: Sie haben es in der Hand, über-nehmen Sie Verantwortung für Ihren Körper!

Wie kann ich Folgeerkrankungen vermeiden?Die Behandlung der Grunderkrankung Diabetes mellitus ist das A und O der Prävention. Die wichtigsten Maßnah-men sind die ideale Blutzucker- ebenso wie eine gute Blutdruck- und Blutfett-einstellung.

Gefäßerkrankung – Mikro- oder Makroangiopathie?Gefäßverengungen sind die häufigste Komplikation beim Diabetes mellitus,

denn sie treten mit höherer Wahrschein-lichkeit öfter, früher und stärker als beim Nichtdiabetiker auf. Dabei handelt es sich um charakteristische Veränderun-gen (Verdickungen) an den Kapillar-wänden sowie Gefäßverschlüsse auf-grund überhöhter Konzentrationen von Blutzucker, Cholesterin, Triglyzeriden und Lipoproteinen. Man spricht von Ge-fäßverkalkung oder Atherosklerose. Es lagern sich Fett- und Eiweißstoffe an den Gefäßwänden ab. Mangelhafte Blut- und Sauerstoffversorgung der Gewebe im Gehirn oder Herzen sowie erhöhte Thrombosegefahr sind die Folge.Vor allem die Makroangiopathie steht in den ersten Jahren beim Diabetiker im Vordergrund. Sie bezeichnet die Ge-fäßverkalkung der größeren Gefäße. Resultat einer derartigen unbehandelten,

• Gefäßverengungen• „Schaufensterkrankheit“ (periphere

arterielle Durchblutungsstörungen der Beine – PAVK)

• Herzinfarkt• Schlaganfall• Diabetischer Fuß• Amputationen• Netzhautschädigung bis zur Erblindung

(Retinopathie)• Schwächung des Immunsystems• Pilzinfektionen• Potenzprobleme• Depressionen• Nierenschädigung (Nephropathie)• Nervenstörungen (Neuropathie)

Mögliche Folgeerkrankungen des Diabetes:

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86 Diabetes verstehen 2014

Diabetes kommt selten allein

fortschreitenden Verengung sind Schlag-anfall, Beingefäßerkrankungen und Herzinfarkt.Von Mikroangiopathie spricht man, wenn es sich um eine Verengung der kleinen Gefäße handelt. Dazu zählen die diabetische Nephropathie (Nierenschä-digung), die diabetische Retinopathie (Augenschädigung) und die Neuropa-thie (Schädigung der Nerven). Eine un-behandelte Retinopathie kann zur Er-blindung führen, eine unbehandelte Nephropathie zur Nierenfunktionsschä-digung bis hin zur Dialysepflicht und Nierentransplantation, die Neuropathie zur Gefühllosigkeit in den Beinen bis hin zur Amputation.

Was ist die periphere arterielle Ver-schlusskrankheit?Sind von der Gefäßverengung jene Blut-gefäße betroffen, die die Beine versor-gen, spricht man von der peripheren ar-

teriellen Verschlusskrankheit, abgekürzt PAVK. Diese macht sich zu Beginn durch die so genannte „Schaufenster-krankheit“ bemerkbar, bei der im Laufe des Gehens meist krampfartige Schmer-zen, üblicherweise in den Waden, auftre-ten, die sich bei Ruhe rasch bessern. Bei Fortschreiten der PAVK entstehen die Schmerzen auch in Ruhe und schließlich führt die Unterversorgung zum Abster-ben von Gewebe und trägt so zur Entste-hung des diabetischen Fußes bei (siehe dazu auch „Supergau Diabetischer Fuß“, Seite 91).

Was ist eine ABI-Messung?Neben der Art der Beschwerden in den Beinen und der Untersuchung der Beine durch den Arzt ist die ABI-Messung eine wichtige Methode, um eine PAVK fest-zustellen. Die Abkürzung ABI steht für Ankle-Brachial-Index, auf Deutsch Knöchel-Arm-Index. Dabei wird der

Diabetiker haben ein deutlich erhöhtes risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden

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Diabetes verstehen 2014 87

Diabetes kommt selten allein

Blutdruck im Arm und im Bereich des Fußknöchels gemessen und die beiden Werte werden miteinander verglichen. Der auf diese Weise ermittelte Index er-möglicht es, eine PAVK zu erkennen und auch ihren Schweregrad festzustellen. Darüber hinaus kann damit auch das in-dividuelle Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall abgeschätzt werden.

Bin ich als Diabetiker stärker gefähr-det, einen Herzinfarkt oder Schlagan-fall zu erleiden?Ja! Ein Diabetiker, der zuvor keinerlei Gefäßerkrankung hatte, ist ebenso ge-fährdet, einen Herzinfarkt oder Schlag-anfall zu erleiden, wie ein Nichtdiabeti-ker nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. In einer Studie wurden 6.000 Typ-2-Diabetiker zehn Jahre be-gleitet – 44% aller Todesfälle waren auf kardiovaskuläre Ursachen zurückzufüh-ren. Gefäßverkalkung an sich stellt eine der häufigsten Todesursachen in der westlichen Welt dar und Diabetes ver-stärkt diese Gefahr vehement. Begünsti-gende Risikofaktoren sind Rauchen, Bluthochdruck, mangelnde Bewegung, Übergewicht sowie zu hohe Lipid- und Cholesterinwerte.

Was ist ein „stummer Herzinfarkt“?Problematisch ist gerade beim Diabeti-ker, dass bei einer gleichzeitigen Ner-venschädigung (Neuropathie) typische Schmerzen im linken Arm oder in der Brust (Angina Pectoris) trotz kritischer Durchblutung ausbleiben können. Der „stumme Herzinfarkt“ büßt jedoch da-durch nichts an seiner Bedrohlichkeit ein.

Was kann ich tun, um mein kardio-vaskuläres risiko im Griff zu haben?Sie sollten Ihren Blutdruck unter einem Zielwert von 130/80 mmHg halten. Wenn Sie erhöhte Eiweißausscheidung im Harn („Albuminurie“) als Zeichen einer beginnenden Nierenschädigung haben, sind strengere Zielwerte empfoh-len, nämlich unter 125/75 mmHg. Denn die Folgen des Bluthochdrucks sind ver-heerend. Herzkranzgefäße, Gefäße im Gehirn, Beingefäße und die feinen Gefä-ße in den Nieren und Augen sind unmit-telbar betroffen. Führen Sie deshalb ein Blutdrucktagebuch, um die für Sie opti-male Blutdrucktherapie mit Ihrem be-handelnden Arzt zu besprechen.

Sind Durchblutungsstörungen noch woanders erkennbar?Diabetiker sind im Schnitt dreimal so häufig von Potenzproblemen betroffen wie Nichtdiabetiker. Dies gilt es mit dem Arzt Ihres Vertrauens zu besprechen.

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Schnellere Steigerung der Lebensqualität nach dem schonenden tAVI Verfahren

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Diabetes und Herzklap-penerkrankungen?Sowohl Diabetes Typ 1 als auch Typ 2 stel-len einen massiven Risikofaktor für die Entwicklung von Herzerkrankungen dar. Überhöhte Konzentrationen von Blutzu-cker und Blutfetten lagern sich an den Ge-fäßwänden ab, sodass es zu Versteifungen und Verdickungen der Gefäße kommen kann. Dies kann nicht nur zu einem Ge-fäßverschluss führen (z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall), sondern auch zu einer Herzinsuffizienz aufgrund einer Aorten-klappenstenose.

Was versteht man unter einer Aortenklappenstenose?Versteifen und verengen sich die Herz-klappen, wird auch die Klappenöffnung kleiner und behindert so den Blutfluss.

Herzklappen sind wie Schleusen, die sich nur in einer Richtung öffnen und dafür sorgen, dass das Blut gezielt durch das Herz in den Körper fließen kann. Sie schließen sich, um ein Zurückfließen des Blutes zu verhindern.Die Aortenklappe liegt zwischen der lin-ken Herzkammer und der großen Haupt-schlagader (Aorta). Ist diese Klappe von einer Verengung und Versteifung betrof-fen, spricht man von einer Aortenklappen-stenose (Stenose = Verengung). Durch die Behinderung des Blutflusses muss das Herz stärker pumpen und wird übermäßig beansprucht. Eine Herzinsuffizienz kann die Folge sein.

Wie äußert sich eine Aortenklappen-stenose?Meist durch Brustschmerzen und Enge-gefühl (Angina Pectoris), Kurzatmigkeit

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bei Anstrengung, Müdigkeit, einge-schränkte Leistungsfähigkeit sowie bei Anstrengung Schwächegefühl bis hin zur Ohnmacht. Manchmal sind aber auch keine Symptome vorhanden.

Wie wird die Erkrankung behandelt?Die einzige wirksame Behandlung ei-ner schweren Aortenklappenstenose ist der Ersatz der Herzklappe. Dadurch wird eine normale Funktion der Klappe wiederhergestellt, die Symptome wer-den langfristig gelindert, Lebensquali-tät und Lebenserwartung werden er-höht.

Für den Ersatz einer Herzklappe stehen heute zwei Möglichkeiten zur Verfü-gung:• der chirurgische Klappenersatz, der

im Rahmen einer offenen Herzopera-tion unter Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine durchgeführt wird. Die ver-kalkte Klappe kann durch eine Klappenprothese entweder aus Metall oder aus biologischem Gewebe ersetzt werden.

• die neue katheterbasierte Aorten-klappenimplantation (TAVI), die ohne Öffnen des Brustkorbs durchge-führt wird

Was versteht man unter einer katheterbasierten Aortenklappen-implantation?Dabei handelt es sich um ein minimal-invasives und daher schonendes Verfah-ren. Die neue biologische Klappe wird mittels Katheter entweder über die Leistenarterie oder über einen kleinen Schnitt unterhalb der linken Herzspitze

in das Herz eingeführt. Für dieses Ver-fahren ist weder eine Öffnung des Brustkorbs noch der Anschluss an eine Herz-Lungen-Maschine nötig.

Welche Vorteile hat tAVI?• kürzere Operationsdauer• weniger Schmerzen• kürzerer Krankenhausaufenthalt• kürzere Genesungszeit • schnellere Steigerung der Lebensqua-

lität sowie der Mobilität

Mit dieser Methode ist es möglich, auch alten und geschwächten Patienten, für die eine Operation am offenen Her-zen zu gefährlich wäre, mit einem Klappenersatz zu versorgen.

Profitieren auch Diabetiker von dieser neuen Operationsmethode?Ja, durchaus. Im Rahmen einer großen US-Studie wurde die Reaktion von Di-abetikern mit einer Aortenklappenste-nose auf die TAVI-Methode analysiert. Dabei zeigte sich, dass die Sterblichkeit innerhalb von zwölf Monaten bei Dia-betikern, die nach der TAVI-Methode operiert worden waren, um knapp 10% geringer war als nach einer offenen Herzoperation. Darüber hinaus erholten sich die TAVI-Patienten deutlich schneller von dem Eingriff.

Ist nach diesem Eingriff die lebenslange Einnahme eines gerinnungshemmenden Medikaments erforderlich?Nein, in der Regel genügt niedrig dosiertes Aspirin (ASS) für etwa drei Monate.

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Ist das Immunsystem beim Diabetiker generell geschwächt?Bei guter Einstellung der Blutzuckerwerte ist die Immunabwehr in etwa so gut wie beim Nichtdiabetiker. Ist jedoch ein Dia-betiker längere Zeit schlecht eingestellt, finden Bakterien aufgrund der höheren Zuckerkonzentration im Blut das geeigne-te Milieu zur Vermehrung vor. Der Weg für eine erhöhte Infekthäufung (Vaginal-pilz, Pilze in den Zehenzwischenräumen) ist damit vorgezeichnet.

Diabetische nephropathie – betrifft mich doch nicht!Bei der diabetischen Nephropathie han-delt es sich um eine fortschreitende Er-krankung der Nieren infolge eines Dia-betes. Sie bezeichnet unter anderem die Gefäßverengung der kleinsten Kapilla-ren in den Nieren, die durch einen lang-samen Verlust der Filterwirkung der Nieren gekennzeichnet ist. Damit kön-nen schädliche Abbauprodukte nicht mehr aus dem Körper abtransportiert werden und Giftstoffe sammeln sich im Blut. Das bedeutet, dass bei fortge-schrittener diabetischer Nierenerkran-kung das Blut regelmäßig mittels Fremdhilfe (Dialysegerät) „gewaschen“ werden muss. Über ein Viertel der jähr-lich neu hinzukommenden Dialysepati-enten sind Diabetiker. Besorgniserre-gend ist, dass der Betroffene diese Erkrankung am spätesten von allen Fol-geerkrankungen des Diabetes bemerkt. Erstes Symptom ist eine erhöhte Ei-weißausscheidung, die erst dann auffäl-lig wird, wenn der Patient Ödeme be-kommt, seine Beine anschwellen und

großflächig Wassereinlagerungen im Körper stattfinden.

Kann ich eine diabetische nephropathie verhindern?Hier muss die Familienanamnese starke Berücksichtigung finden, da die geneti-sche Veranlagung im Hinblick auf die Blutdruckwerte eine wichtige Rolle spielt. Das heißt, „Bluthochdruck-Diabetiker“ haben ein sehr viel höheres Risiko, eine Nephropathie zu entwickeln, da erhöhter Blutdruck den Verlust der Nierenfunktion zusätzlich beschleunigt. Umgekehrt för-dert die Nephropathie den Bluthochdruck.Urintests zur Früherkennung (Eiweißaus-scheidung im Harn = Albumin-Kreatinin-Quotient im Urin) sind zumindest einmal im Jahr beim Hausarzt vorzunehmen, da oft Fehlbestimmungen bei den zu Hause durchgeführten Tests erfolgen können. Mögliche Fehlerquellen: Infektion der Harnwege, fieberhafte Erkrankung, kör-perliche Anstrengung. Der Nachweis von

Bei fortgeschrittener diabetischer nieren-erkrankung ist eine Dialyse notwendig

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Albumin im Harn ist ein wichtiger Hin-weis, ob und in welchem Ausmaß eine diabetische Nephropathie vorliegt (Werte zwischen 30 und 300 mg/24 Stunden = Mikroalbuminurie, d.h. beginnende Nie-renerkrankung; Werte über 300 mg/24 Stunden = Makroalbuminurie, d.h. fortge-schrittene Nierenerkrankung).

Diabetische neuropathie – lästig und gefährlich?Neuropathie bezeichnet die Erkrankung der Nerven im Organismus. Die senso-motorische Neuropathie tritt meist symmetrisch an beiden Beinen auf. Vor-nehmlich in der Nacht sind im Anfangsstadium unangenehmes Krib-beln und Schmerzen in den Füßen über die Fußsohle bis hin zur Wade charakte-ristisch. Später kommt der Verlust des Gefühls für Kälte oder Hitze in den Fü-ßen hinzu. Betroffene erleiden mitunter Verbrennungen von Wärmekissen, weil sie eine verminderte Hitzeempfindung haben. Bei weiterem Fortschreiten der Erkrankung wird ein Verlust der Mus-kelkraft (Schwäche der Zehenhebung, Fußhebung) beobachtet.Bei der autonomen Neuropathie liegt eine Störung der Nerven vor, welche die inneren Organe versorgen. Von den häu-fig unspezifischen Symptomen können alle Organsysteme betroffen sein, wie z.B. Magen-Darm-Trakt (Magenentlee-rungsstörungen), Herz (Verringerung der Herzfrequenzvariabilität), Sexualor-gane (erektile Dysfunktion) und Blase (Entleerungsstörungen). Dramatisch ist diese Störung vor allem im Zusammen-hang mit dem Herzen (kardiale autono-me Neuropathie = KADN), da hier der

Betroffene das Ausmaß nicht rechtzeitig bemerkt. Vereinfacht gesagt, bedeutet dies eine Frequenzfixierung auf einem höheren Herzfrequenzlevel, die mit per-manent höherem Herzschlag verbunden ist und nicht variabel ist. Die Variabilität dient unter anderem dazu, das Herz bei Anstrengung zu schützen; dies ist im Falle der KADN nicht gegeben.

Wenn ich eine autonome neuropathie nicht merke, wie kann ich mich dann schützen?80% der Betroffenen weisen eine Kom-bination der beiden Ausprägungen der Neuropathie auf. Das heißt, es besteht eine deutliche Beziehung zwischen dem Ausmaß der sensomotorischen Neuro-pathie und dem Vorliegen einer autono-men Neuropathie. Wenn der Betroffene also sensomotorische Gefühlseinschrän-kungen wahrnimmt, sollte auch die Herzfrequenzvariabilität mittels EKG abgeklärt werden.

Supergau „Diabetischer Fuß“Chronische, schlecht heilende Wunden und Geschwüre an den Füßen (= diabeti-sches Ulkus) werden oft unweigerlich mit Diabetes in Verbindung gebracht. Warum? Einerseits werden die feinen Nervenenden an den Füßen durch die er-höhten Blutzuckerwerte geschädigt. Da-durch werden Hitze, Kälte, Druckstellen und kleine Verletzungen zunehmend schlechter wahrgenommen, weil das Schmerzempfinden verringert ist. Ande-rerseits werden auch die Blutgefäße ge-schädigt und schlechter durchblutet (Mi-kro- und Makroangiopathie), was zu einer schlechteren Wundheilung führt.

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Was passiert in der Zeit zwischen dem Auftreten einer Druckstelle und einer Amputation?Druckstellen im Schuh werden durch die verringerte Sensibilität zu spät gespürt. Dies kann leicht zu Blasen, Hühnerau-gen oder Schwielen führen. Durch die zusätzlich herabgesetzte Infektabwehr beim schlecht eingestellten Diabetiker infizieren sich diese Stellen oft, offene Wunden sind die Folge. Da die Wund-heilung durch die Schädigung der Blut-gefäße und die Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen gestört ist, heilen diese Wunden kaum. Sie können schließlich sogar eine Infektion am Kno-chen hervorrufen. Hier bleibt dann oft nur der Weg der Amputation.

Bei jeder Druckstelle zum Arzt?Wenn Sie vermehrtes Taubheitsgefühl oder Kribbeln in den Füßen spüren oder ungewöhnliche, länger als sonst dauern-de Rötungen feststellen, auch wenn es Bagatellverletzungen sind, sollten Sie zum Arzt Ihres Vertrauens gehen. An-sonsten sind jährliche Kontrolltermine empfohlen.

Wie kann ich meine Füße pflegen?Es ist unentbehrlich, die Füße täglich – eventuell mit einem Spiegel – zu unter-suchen, trockene Haut mit fetthaltigen Salben (nicht jedoch die Zehenzwi-schenräume!) zu pflegen und kleinste Verletzungen umgehend zu versorgen. Tägliches Füßewaschen mit vorsichti-gem Abtrocknen, vor allem der Zehen-zwischenräume, ist sehr wichtig. Positi-ve Auswirkungen auf die Durchblutung

haben tägliche Fußgymnastik und Bewe-gung der Beine. Auf richtiges Schuh-werk (holen Sie hier geschulte Beratung ein) ist zu achten. Schuheinkauf am Nachmittag ist empfohlen, weil die Füße im Laufe des Tages anschwellen und Sie damit den Kauf von zu kleinen Schuhen vermeiden. Tragen Sie neue Schuhe zu Beginn lediglich ein bis zwei Stunden pro Tag. Bei der Fußpflege sollten Sie auf geschultes Personal achten und auf Ihren Diabetes hinweisen. Nicht barfuß herumlaufen – Verletzungsgefahr! Keine Wärmeflaschen zum Füßewärmen ver-wenden, da auch die Wärmesensibilität reduziert ist.Ist ein diabetisches Ulkus aufgetreten, kann dieses – rechtzeitig erkannt – unter ärztlicher Anweisung wieder zum Ab-heilen gebracht werden. Dies erfordert jedoch viel Geduld und Konsequenz.

Ist Vorbeugen möglich?Faktoren, welche die Beindurchblutung beeinträchtigen, sind möglichst zu ver-meiden, wie zum Beispiel Rauchen.

Kann Diabetes Pilzinfektionen begünstigen?Dafür könnten zwei Gründe ausschlagge-bend sein: das durch die Grundkrankheit

Selbstkontrolle und sorgfältige Pflege wirken dem diabetischen Fuß entgegen

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geschwächte Immunsystem und die Tat-sache, dass sich Hefepilze von Zucker er-nähren. Häufige Pilzinfektionen könnten daher Zeichen für eine schlechte Einstel-lung der Blutzuckerwerte sein. In diesem Fall sollte also nicht nur die Pilzinfektion behandelt, sondern auch die Blutzucker-einstellung überprüft werden.

Was ist eine retinopathie?Retinopathie bezeichnet eine langsam fortschreitende Schädigung der Netz-haut im Auge (Retina) als Folge eines schlecht eingestellten Diabetes mellitus. Die Gefäße können sich ausbuchten (Mikroaneurysmen) und undicht werden bzw. es können sich krankhaft neue Ge-fäße bilden. Die Entwicklung einer Reti-nopathie ist besonders ungünstig, wenn auch noch erhöhter Blutdruck hinzu-kommt.

Aber ich habe doch sicher nichts mit den Augen!Diabetes ist die häufigste Ursache für Erblindung in der westlichen Zivilisati-on. Wichtig ist, dass ein Risiko für Ihr Sehvermögen auch dann vorliegt, wenn Sie selbst noch keine Sehausfälle be-merken. Von Diabetikern, die ohne Insu-lin behandelt werden und seit 20 Jahren Diabetes haben, erkranken 50% an einer Retinopathie. Bei insulinbehandelten Diabetikern sind es nach gleicher Er-krankungsdauer sogar 80%.

Was kann ich tun?Vorsorgen! Sowohl durch bestmögliche Normalisierung der Blutzucker- und Blutdruckwerte als auch durch regelmä-ßige augenärztliche Untersuchungen.

Empfohlene Augenarzttermine:• unmittelbar nach Diagnosestellung• einmal pro Jahr bei normalem Befund• Wenn bereits Schädigungen der Netz-

haut vorliegen, wird Sie der Augenarzt öfter zur Kontrolle bestellen.

Ist retinopathie heilbar?Nein, man kann Retinopathie lediglich am Fortschreiten hindern und so dem Betroffenen über einen langen Zeitraum das Sehvermögen erhalten.

Gibt es einen Zusammenhang zwi-schen Diabetes und Depressionen?Ja, der Zusammenhang zwischen De-pression und Typ-2-Diabetes ist in vie-len Studien beschrieben. Während in der nicht-diabetischen Bevölkerung 9% an Depressionen leiden, sind es unter den Diabetikern doppelt so viele, nämlich 18%.Die beiden Erkrankungen beeinflussen einander: Einerseits löst die Diagnose Diabetes bei den Betroffenen oft de-

Bei der diabetischen retinopathie kommt es zur krankhaften Erweiterung und neubildung von Blutgefäßen

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pressive Verstimmungen aus, anderer-seits kann eine Depressionserkrankung das Risiko für Diabetes erhöhen. Dies kann mit dem ungesunden Lebensstil zusammenhängen, der oft die Folge der Antriebslosigkeit bei depressiven Pati-enten ist. Es besteht also ein Zusam-menhang zwischen Depression und Übergewicht – und Letzteres stellt ja bekanntlich einen hohen Risikofaktor

für die Entstehung von Diabetes dar.Darüber hinaus sind depressive Diabeti-ker stärker gefährdet, Folgeerkrankun-gen zu entwickeln. Denn aufgrund der Depression sind diese Patienten häufig mit dem Selbstmanagement des Diabe-tes überfordert und ignorieren ihre Er-krankung. Eine schlechte therapeutische Einstellung und Spätschäden sind die Folgen.

Untersuchung täglich 4x/Jahr 1x/JahrGewicht x

Blutdruck x/s

nüchternblutzucker f x

hba1c x

hypoglykämieanamnese x

harn (Mikroalbumin und sediment) x/f x

serum-Kreatinin, BUn f x

Lipidstatus (cholesterin, LDL, hDL, triglyzeride) f x

12-Kanal-Ruhe-eKG x

ergometrie x

augenarzt inkl. Fundoskopie x

neuropathie-screening x

Gefäßstatus x

Fußinspektion s x

sensibilität und Durchblutung der Füße x

Welche Werte soll ich als Diabetiker wie oft überprüfen (lassen)?

f: fakultativ (bei Bedarf) s: selbst (Patient)

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Diabetes und reisen – unmöglich? Wenn Sie ein paar wesentliche Reise-vorbereitungen treffen, steht einem ent-spannten Urlaub nichts entgegen. Vorab sollten Sie mit Ihrem Arzt anstehende Impfungen sowie – wenn Sie insulinbe-dürftig sind – einen Spritz-Ess-Plan für die Reise (bei Flugreisen eine eventuelle Zeitverschiebung beachten!) bespre-chen. Lassen Sie sich unbedingt eine von Ihrem Arzt unterzeichnete Bestäti-gung (ärztliches Attest) ausstellen, dass Sie Diabetiker sind, und führen Sie diese immer griffbereit mit.

Was brauche ich mit auf der reise?Insulin, Tabletten (in der Originalverpa-ckung, inkl. Beipackzettel), Spritzen, Pen mit ausreichend Nadeln, Pumpe bzw. U-100-Einmalspritzen als Ersatz, Stechhilfe mit Lanzetten, Blutzuckermessgerät mit Teststreifen, Reservebatterien für Pumpe bzw. Messgerät, Traubenzucker, für Insu-linbedürftige ein Attest für den Zoll (Be-gründung für die Mitnahme von Spritzen, Insulin und evtl. Blutzuckermessgerät, je nach Reiseziel in der Landessprache

oder in Englisch), Diabetes-Notfallan-hänger, Diabetikertagebuch, BE-Tabelle, ärztliches Rezept für Medikation und Glukagon-Notfallset (HypoKit). Um dem mitunter lebensbedrohlichen Ver-lust der Utensilien entgegenzuwirken, ist es sinnvoll, diese im Handgepäck zu verwahren. Insulin muss vor Frost und Hitze geschützt werden. Durch niedrige Luftfeuchtigkeit im Flugzeug braucht der Körper dreimal so viel Flüssigkeit wie normalerweise. Daher viel Alkohol-freies trinken. Reiseproviant: Bedenken Sie, dass auf kurzen Flugstrecken oft kein Essen serviert wird, auch sollten Sie Verspätungen von Transportmitteln einkalkulieren!

Alles entspannt am Urlaubsort?Im Urlaub bewegt man sich mehr, schläft morgens länger und auch die Mahlzeiten verschieben sich oder man trinkt mehr Alkohol als gewöhnlich. Daher ist es wichtig, den Blutzucker häufiger als ge-wöhnlich zu kontrollieren.• Bei anstrengenden Touren empfiehlt

es sich, diese in Begleitung zu machen

tiPPs FüR Den alltag

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Tipps für den Alltag

und den Begleiter für einen Notfall entsprechend zu instruieren.

• Notfallnummern bei Ankunft im Urlaubsort erfragen.

• Hitze oder heißes Thermalwasser beschleunigt die Insulinwirkung durch die höhere Durchblutung der Haut. Es kann schnell zu einer Unterzucke-rung kommen.

• Bei Reisen in heiße Gegenden Insulin kühl aufbewahren.

• Besonderes Augenmerk auf diabe-tische Füße bei heißem Strand oder langen Wanderungen legen.

• In kühlen Gegenden ist die Blutzirkula-tion verlangsamt, wodurch die Insulin-abgabe ins Blut reduziert ist.

Ein Buch als reiseratgeber? Im Buch „Wenn Diabetiker reisen“ macht Peter P. Hopfinger Lust und Mut fürs Reisen und zeigt, dass man mit Diabetes sogar exotische Länder besuchen kann, aber auch übliche Urlaubsdestinationen wie Italien, Griechenland oder Kroati-en werden beschrieben. Dabei kommt es dem Autor besonders darauf an, nicht nur die Atmosphäre eines bestimmten Ur-laubslandes zu vermitteln, sondern auch konkrete Ansprechadressen zu nennen, die Menschen mit Diabetes im Notfall

weiterhelfen kön-nen. Zusätzlich hilft ein Diabetes- Dolmetscher mit den wichtigsten Be-griffen und Sätzen in sieben Sprachen, sich auch im Ausland in Notsituationen zu-rechtzufinden.

Peter P. Hopfinger ist insulinpflichtiger Diabetiker und reist bereits seit mehr als 15 Jahren um den Globus.

Peter P. Hopfinger: Wenn Diabetiker reisen

ISBN: 978-3-99005-112-2In guten Buchhandlungen erhältlich

oder zu bestellen oder im Shop auf www.diabetes-austria.com zu finden.

Gibt es arbeitsrechtliche Einschrän-kungen für Diabetiker?Generell ist die Diagnose Diabetes durch das Gesetz mit keiner Einschränkung für die Berufstätigkeit verbunden und muss dem Arbeitgeber auch nicht automatisch bekannt gegeben werden. Auch die Fra-ge des Arbeitgebers nach einer Erkran-kung ist grundsätzlich nicht zulässig. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Krankheit sich sehr nachteilig auf die auszuübende Tätigkeit auswirkt. Die Auskunftspflicht ist allerdings abhängig von der ausgeübten Tätigkeit: Ist mit der Ausübung eines Berufes eine potenziel-le Gefahr für andere Personen verbun-den, ist der Arbeitgeber sehr wohl über die Erkrankung zu informieren. Ein Bei-spiel dafür sind Lenker von Fahrzeugen im öffentlichen Verkehr. Aber auch wenn eine starke Neigung zu Hypo glykämien besteht und durch eine Ohnmacht eine Gefährdung anderer Personen entstehen könnte, muss der Arbeitgeber darüber Bescheid wissen. Hier liegt es in der Eigenverantwortung des Einzelnen, das Risiko richtig einzuschätzen. Handelt ein Dienstnehmer nicht dementspre-chend, trifft ihn bei einem dadurch ver-ursachten Unfall eine Mitschuld.

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Tipps für den Alltag

Was können Diabetiker zusätzlich für ihre Lebensqualität tun?Für den Großteil der Menschen bedeutet Lebensqualität nicht nur, sich körperlich wohl zu fühlen, sondern beinhaltet auch psychische Stabilität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gemeinschaft und das Er-füllen der Anforderungen im täglichen Leben. Diese Faktoren der Lebensqualität zu erhalten zählt ebenfalls zu den Zielen der antidiabetischen Behandlung. Darüber

hi naus ist es für Diabetiker wie auch für stoffwechselgesunde Menschen entschei-dend, mit gesunder, ausgewogener Ernäh-rung, regelmäßiger Bewegung – wenn möglich, an der frischen Luft – sowie aus-reichend Schlaf zur Lebensqualität beizu-tragen. Eine gute Versorgung mit Vitami-nen und Mineralstoffen kann helfen, der Abgeschlagenheit, die häufig als Symptom des Diabetes auftritt und die Lebensqualität beeinträchtigt, entgegenzuwirken.

Wir danken folgenden Firmen für die freundliche Unterstützung:

Ansprechpartner in sozialen Fragen: • Sozialministeriumservice

1010 Wien, Babenbergerstraße 5 Tel.: 05 99 88 Fax: 05 99 88-2266 www.sozialministeriumservice.at

• Bundesministerium für Finanzen 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b Bürgerservice-Tel.: 0810/00 12 28 www.bmf.gv.at

• Fonds Soziales Wien Pflege und Betreuung Tel.: 01/24 524 www.fsw.at

• Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz 1010 Wien, Stubenring 1 Tel.: 01/711 00-0 www.bmask.gv.at

Infos über rehabilitationszentren:Unter dem Link www.rehakompass.at der österreichischen Sozialversiche rungen

sind alle Rehabilitationseinrichtungen angeführt.

Selbsthilfegruppen:Selbsthilfegruppe Aktive Diabetiker: www.aktive-diabetiker.at oder Tel.: 01/587 68 94

Österr. Diabetikervereinigung: Kontaktadresse für ganz Österreich: ÖDV – Servicezentrale 5020 Salzburg, Moosstraße 18 Tel.: 0662/82 77 22, Fax: 0662/82 92 22 E-Mail: [email protected] www.diabetes.or.at

Kontaktadresse für Wien: ÖDV – Servicestelle/LS Wien1020 Wien, Obere Augartenstraße 26-28Tel.: 01/332 32 77, Fax: 01/332 68 28E-Mail: [email protected]

Initiative Soforthilfe für Menschen mit Diabetes: www.diabetes-austria.com

Selbsthilfegruppe Steiermark für Kinder mit Diabetes und deren Eltern: www.diabaer.at

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Wir danken folgenden Firmen für die freundliche Unterstützung:

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