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DER SELBSTÄNDIGE KOMPAKT BDS....tigen Geschäftsidee fehle. Engere Zusammenarbeit angestrebt...

Date post: 24-Jul-2020
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SELBSTÄNDIGE DER Monatsinformation des Bundesverbandes der Selbständigen KOMPAKT Kommentare. Berichte. Analysen. BDS. www.bds-dgv.de April 2012 Frank-Walter Steinmeier, der neben Par- teichef Sigmar Gabriel und Ex-Finanzminis- ter Peer Steinbrück als möglicher Kanzler- kandidat der SPD gilt, empfing Vertreter des BDS-Präsidiums zu einem ersten Gedankenaustausch in seinem Berliner Büro. Die BDS-Delegation mit Präsident Günther Hieber an der Spitze machte gleich zu Anfang des Gesprächs deut- lich, dass es auch innerhalb des selbst- SPD-Frontmann Frank-Walter Steinmeier empfing eine BDS-Delegation. Themen waren unter anderem die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik, die Mindestlohndebatte und das Engagement der Sozialdemokraten für den selbstständigen Mittelstand. „Mit Steuergutschriften Investitionen stimulieren“ ständigen Mittelstandes durchaus Sym- pathien für eine Neuauflage der Großen Koalition gebe. Wenn diese dann durch die SPD geführt werde, präferiere man Frank-Walter Steinmeier an der Spitze, weil dieser nach Ansicht der Verbands- vertreter Sachlichkeit und Ausgewogen- heit repräsentiere und für den eine „Wa- denbeißer-Politik“ nicht zum politischen Ritual gehöre. Ein wahrlich ernst ge- BDS-HINTERGRUNDGESPRÄCH „Die Einführung von Mindestlöhnen darf nicht zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.“ Frank-Walter Steinmeier Fotos: David Ausserhofer
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SELBSTÄNDIGEDER

Monatsinformation des Bundesverbandes der SelbständigenKOMPAKTKommentare. Berichte. Analysen.

BDS.www.bds-dgv.de

April 2012

Frank-Walter Steinmeier, der neben Par-

teichef Sigmar Gabriel und Ex-Finanzminis-

ter Peer Steinbrück als möglicher Kanzler-

kandidat der SPD gilt, empfing Vertreter

des BDS-Präsidiums zu einem ersten

Gedankenaustausch in seinem Berliner

Büro. Die BDS-Delegation mit Präsident

Günther Hieber an der Spitze machte

gleich zu Anfang des Gesprächs deut-

lich, dass es auch innerhalb des selbst-

SPD-Frontmann Frank-Walter Steinmeier empfi ng eine BDS-Delegation. Themen waren unter

anderem die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik, die Mindestlohndebatte und das Engagement

der Sozialdemokraten für den selbstständigen Mittelstand.

„Mit Steuergutschriften Investitionen stimulieren“

ständigen Mittelstandes durchaus Sym-

pathien für eine Neuauflage der Großen

Koalition gebe. Wenn diese dann durch

die SPD geführt werde, präferiere man

Frank-Walter Steinmeier an der Spitze,

weil dieser nach Ansicht der Verbands-

vertreter Sachlichkeit und Ausgewogen-

heit repräsentiere und für den eine „Wa-

denbeißer-Politik“ nicht zum politischen

Ritual gehöre. Ein wahrlich ernst ge-

BDS-HINTERGRUNDGESPRÄCH

„Die Einführung von Mindestlöhnen darf nicht zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.“Frank-Walter Steinmeier

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„Spitzenverdienern ist ein Einkommensteuer-satz von 49 Prozent durchaus zuzumuten.“Frank-Walter Steinmeier

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DER SELBSTÄNDIGE III

dem er auf das BDS-Grundsatzprogramm

verwies, in dem manifestiert ist, dass eine

Lohnuntergrenze Sache der Tarifparteien

sei und nicht die der Politik. Außerdem

müssten sich – so Hieber weiter – bei einer

Lohnuntergrenze auch die regionalen Ge-

gebenheiten widerspiegeln. Ein Mindest-

lohn, der beispielsweise in Mecklenburg-

Vorpommern auskömmlich sei, könne in

einer Stadt wie München vielfach die not-

wendigen Kosten für den Lebensunterhalt

nicht abdecken. Im Umkehrschluss wäre

ein Mindestlohn, der sich an den Münch-

ner Gegebenheiten orientiere, für einen

kleinen Betrieb in Mecklenburg-Vorpom-

mern finanziell nicht tragbar, folgerte Hie-

ber und appellierte an die SPD, von einem

flächendeckenden und politisch festge-

legten Mindestlohn Abstand zu nehmen.

Bollwerk gegen Dumpinglöhne

Frank-Walter Steinmeier betonte, er habe

nichts dagegen, wenn sich die Tarifpart-

ner in dieser Frage einigen könnten. Al-

lerdings sei er im Laufe der letzten sechs

Jahre skeptisch geworden, dass das The-

ma tarifvertraglich angepackt würde. Und

Tatenlosigkeit führe dann eben zu gesetz-

geberischen Aktivitäten, machte Steinmei-

er seine Haltung deutlich. Gleichwohl ver-

kenne er nicht, dass ein flächendeckender

Mindestlohn keine Größenordnung errei-

chen dürfe, die dann gegenteilige Effekte

erziele oder gar zum Abbau von Arbeits-

plätzen führe. Wenn er aber höre, dass in

Thüringen Friseure zu einem Stundenlohn

von 3,14 Euro beschäftigt würden, dann

sei dies menschenunwürdig und nicht

meintes Kompliment, wie Hauptgeschäfts-

führer Joachim Schäfer unterstrich.

Steinmeier kündigte für den Fall eines

Wahlsiegs ein Programm für Innovationen

an. Mit Steuergutschriften sollen demnach

Investitionen in die Forschung stimuliert

werden. Soll heißen: Für die Bundestags-

wahl 2013 will die SPD die Industriepolitik

in den Mittelpunkt ihrer Wirtschaftspolitik

stellen. Damit grenzt sich der frühere Bun-

desaußenminister und Vizekanzler klar von

den Bündnisgrünen ab, die ihren Fokus

auf Ökotechnologien legen.

Firmengründer unterstützen

Besonders liegen Steinmeier beschleu-

nigte Planungs- und Genehmigungsver-

fahren für die Energieinfrastruktur am

Herzen. Zudem will er die Bedingungen

für Auslandsinvestitionen verbessern, die

Zollabwicklung vereinfachen und bessere

Finanzierungsmöglichkeiten für Firmen-

gründer schaffen. Wenn die Wirtschaft

allerdings Wachstumsimpulse von der

Politik erwarte, müssten auch Ressour-

cen geschaffen werden. Der einfache

Rückweg in die Neuverschuldung sei aus

guten Gründen verschlossen. Aber Sub-

ventionsabbau und Einnahmen aus der

Finanzmarkttransaktionssteuer könnten

Bewegungsspielräume schaffen, die für

Wachstumsimpulse gebraucht würden.

Differenzierungen beim

Mindestlohn

Naturgemäß stand auch das Thema

Mindestlohn auf der Gesprächsagenda.

Günther Hieber erläuterte Frank-Walter

Steinmeier die Haltung des Verbands, in-

„Der einfache Rück-weg zur Neuver-schuldung ist uns aus guten Gründen verschlossen.“Frank-Walter Steinmeier

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Steinmeier, es dürfe weder bei der Vermö-

gensteuer noch bei der Erbschaftsteuer

zu einer Substanzbesteuerung kommen.

Allerdings seien aus seiner Sicht Korrek-

turen beim Spitzensteuersatz notwendig.

Er gehöre zwar nicht zu denjenigen, für

die das sozial gerechteste Land das Land

sei, das den höchsten Steuersatz habe,

aber Spitzenverdienern sei ein Einkom-

mensteuersatz von 49 Prozent durchaus

zuzumuten, erläuterte Steinmeier seine

Philosophie mit Blick auf die exorbitant

gestiegene Staatsverschuldung der Bun-

desrepublik Deutschland.

„Spitzenverdiener” definieren

Dem setzte Günther Hieber entgegen,

dass man zunächst einmal den Begriff

des Spitzenverdieners und dessen Ein-

kommenshöhe definieren müsse. Es kön-

ne doch auch im Interesse der SPD nicht

angehen, dass bereits ein Facharbeiter in

diese Kategorie falle – von einem selbst-

ständigen Handwerksmeister einmal ganz

zu schweigen. Hier müsse es zu einer wirk-

lich tragfähigen und akzeptablen Lösung

kommen, so Hieber abschließend. A.S.

Mittelstand künftig bei den Parteistrategen

der SPD eine größere Rolle spiele als bis-

her, empfahl Joachim Schäfer dem sozial-

demokratischen Frontmann. „Ein richtiger

Rat, den ich meiner Partei auch gebe“,

signalisierte Steinmeier volle Zustimmung.

Er persönlich pflege seit Beginn seiner

politischen Laufbahn enge Kontakte zu

mittelständischen Unternehmen. Aller-

dings stimmte er Schäfers Kritikansatz

in dem Punkt zu, dass die enge Zusam-

menarbeit von SPD und Gewerkschaften

dazu führe, dass oft das Engagement der

SPD für den Mittelstand nicht so im Mit-

telpunkt des öffentlichen Interesses liege.

In diesem Zusammenhang forderte Stein-

meier die BDS-Vertreter auf, den Schul-

terschluss mit dem wirtschaftspolitischen

Sprecher der Partei, Garrelt Duin, und der

SPD-Arbeitsgemeinschaft Selbstständige

(AGS) zu suchen, um den BDS-Anliegen

Gehör zu verschaffen. Ein Vorschlag, der

von Günther Hieber, Hans-Peter Murmann

und Joachim Schäfer mit großer Zustim-

mung aufgegriffen wurde.

Auf die Steuerpläne der SPD im Falle eines

Wahlsiegs 2013 angesprochen, sagte

hinnehmbar. Außerdem gab Steinmeier

den BDS-Vertretern zu bedenken, dass

ein festgesetzter Mindestlohn auch ein

Bollwerk gegen Dumpingangebote aus-

ländischer Firmen sei, die auf dem deut-

schen Markt operierten. Steinmeier wört-

lich: „Das müsste doch eigentlich auch in

Ihrem Interesse liegen.“ Außerdem zeige

das Beispiel Schlecker, dass niedrige

Löhne kein Allheilmittel seien, wenn es an

einem Managementkonzept und der rich-

tigen Geschäftsidee fehle.

Engere Zusammenarbeit

angestrebt

Hans-Peter Murmann und Joachim Schä-

fer machten unisono den SPD-Fraktions-

chef darauf aufmerksam, dass nach ihrer

Ansicht im Parteiprogramm der SPD der

selbstständige Mittelstand mit seinen

volkswirtschaftlichen Leistungen kaum

gewürdigt werde. Vor allem werde nicht

differenziert zwischen dem Managerun-

ternehmer auf der einen und dem Risiko-

unternehmer auf der anderen Seite. Aus

Sicht des Verbands sei es daher nur kon-

sequent, wenn auch der selbstständige

In seinem Berliner Büro empfi ng SPD-Spitzenpolitiker Frank-Walter Steinmeier (Mitte) BDS-Präsident Günther Hieber (2. v. r.), BDS-Vize-

präsident Hans-Peter Murmann (r.) und BDS-Hauptgeschäftsführer Joachim Schäfer. Die Statuette im Hintergrund zeigt Willy Brandt.

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Der Selbständige: Trotz Vollbeschäf-

tigung und einer überaus guten kon-

junkturellen Lage muss sich der Bund

weiter mit rund 26 Milliarden Euro für

das Haushaltsjahr 2012 verschulden.

Wäre es unkeusch, der Bundesregie-

rung ungenügende Sparbemühungen

zu unterstellen?

van Essen: In der Koalition aus FDP, CDU

und CSU haben wir dafür gesorgt, dass

wir eine deutliche Verringerung der Neu-

verschuldung haben. Bei uns ist das Soll

in einem Haushaltsplan niemals die Gren-

ze, die in Bezug auf die Neuverschuldung

unbedingt erreicht werden muss, sondern

es ist für uns die absolute Obergrenze.

Wir liegen im Jahr 2011 deutlich unter

der geplanten Neuverschuldung. Wir wer-

den auch dieses Jahr deutlich unter der

geplanten Neuverschuldung bleiben. Wir

verfolgen einen vernünftigen Kurs zwi-

schen verantwortungsvoller Steuerpolitik

einerseits und einer konsolidierten und

soliden Haushaltspolitik andererseits.

Der Selbständige: Ist Schwarz-Gelb

überhaupt noch die Wunschkoalition

der FDP? Justizministerin Sabine Leut-

heusser-Schnarrenberger etwa denkt

seit geraumer Zeit öffentlich über die

guten sozial-liberalen Zeiten nach …

van Essen: Vor etwas mehr als zwei Jah-

ren hat die christlich-liberale Koalition Re-

gierungsverantwortung für Deutschland

übernommen. Für Deutschland waren

es zwei gute Jahre. Deutschland boomt.

Seit 20 Jahren gab es nicht mehr so we-

nig Arbeitslose. Und auch beim Wachs-

tum und den Staatsfinanzen steht die

schwarz-gelbe Koalition mit ihrer Bilanz

besser da als Rot-Grün oder die Große

Koalition. Haushaltsdisziplin ist einer der

Markenkerne dieser Koalition. Auf klare

Regeln drängen die Liberalen auch im

Zuge der europäischen Schuldenkrise.

Die Stabilität der Währung hat für die

FDP-Fraktion oberste Priorität. Auch bei

den Bürgerrechten haben die Liberalen

für eine Trendwende gesorgt. Der Stopp

des Bürokratiemonsters ELENA oder der

Erfolg für „Löschen statt Sperren“ tra-

Der Selbständige: Herr van Essen, rein

rechnerisch gesehen haben die Bürger

bis zum 8. Juli nur für den Staat gear-

beitet und damit zwei Tage länger als

im vergangenen Jahr. Grund für diese

Verschiebung ist vor allem die kalte

Progression. Fallen aus diesem Blick-

winkel betrachtet die vom Bundeskabi-

nett beschlossenen Steuersenkungs-

maßnahmen daher unter die Rubrik

„Kosmetik“?

Jörg van Essen: In schwierigen Zeiten

sollten wir uns auf die wesentlichen

Grundzüge einer soliden und vernünftigen

Steuer-, Finanz- und Haushaltspolitik be-

sinnen. Wir müssen einen vernünftigen

Ausgleich zwischen der finanziellen und

wirtschaftlichen Freiheit der einzelnen

Bürger und der staatlichen Finanzierung,

also der Finanzierung der notwendiger-

weise durch den Staat zu erledigenden

Aufgaben, schaffen. Wir haben gleich zu

Beginn unserer Regierungsverantwor-

tung in dieser Legislaturperiode mit dem

Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das

zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist,

eine deutliche steuerliche Unterstützung

insbesondere der Familien in Deutschland

erreicht. Wir haben übrigens auch einige

Fehler zurückgenommen, die zum Bei-

spiel bei der Unternehmensbesteuerung

gemacht wurden. Wir haben mittlerweile

sprudelnde Steuereinnahmen, die auch

den Kommunen deutlich zugutekommen.

Das ist verantwortungsvolle Finanz- und

Steuerpolitik. Zum 1. Januar 2012 sind

die Änderungen, die wir im Steuervereinfa-

chungsgesetz 2011 vorgenommen haben,

in Kraft getreten. Das wird zu deutlichen

Verbesserungen beim Bürokratieabbau

zugunsten der Steuerpflichtigen führen.

Ich möchte zum Beispiel die Vereinfachung

bei der Abzugsfähigkeit der Kinderbetreu-

ungskosten anführen. Das wird Familien

deutlich entlasten und die Steuererklärung

wesentlich vereinfachen. Wir haben mit

der Möglichkeit der elektronischen Rech-

nungsstellung einen großen Schritt nach

vorne gemacht. Wir haben dafür gesorgt,

dass Familien, deren Kinder in Ausbildung

sind, von einer Vereinfachung der Steu-

ererklärung profitieren. Einige Blätter der

Steuererklärungsformulare werden wegfal-

len. Das ist der richtige Weg. Wir müssen

ein Gleichgewicht schaffen zwischen den

einerseits notwendigen Staatseinnahmen

und andererseits den finanziellen Freiräu-

men, die wir den Bürgern gewähren müs-

sen. Wir müssen Steuervereinfachungen

vornehmen und das Steuersystem den

modernen Anforderungen entsprechend

gestalten.

Jörg van Essen, seit dem Jahr 1994 Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion

im Bundestag, erklärt Schwarz-Gelb weiterhin zur Wunschkoalititon.

„Liberale Handschrift klar erkennbar“

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jörg van Essen (Mitte), umrahmt von BDS-Präsident

Günther Hieber (l.) und BDS-Vizepräsident Hans-Peter Murmann.

INTERVIEW

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schneller und wirksamer durchsetzen zu

können. Um die Haushaltsdisziplin weiter

zu verbessern, sollte perspektivisch die

Defizitgrenze im Stabilitäts- und Wachs-

tumspakt von derzeit drei Prozent auf zwei

Prozent gesenkt werden.“

Der Selbständige: Auf dem Frankfurter

European Banking Congress sagte Bun-

desfinanzminister Wolfgang Schäuble,

Deutschland sei kein souveräner Staat

und sei es seit Kriegsende nie gewesen.

Schäuble sprach als Hauptredner auf

der Konferenz vor 300 Vertretern der

internationalen Hochfinanz. Anwesend

waren unter anderem Josef Ackermann,

die Frankfurter Oberbürgermeisterin

Petra Roth und der neue Chef der EZB,

Mario Draghi. Schäuble sagte wörtlich:

„Wir sind in Deutschland seit dem 8.

Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll

souverän gewesen.“ Als Beleg führte

er unter anderem das Grundgesetz an,

in dem das Staatsziel so definiert sei:

„Gleichberechtigtes Mitglied in einem

vereinten Europa zu sein.“

van Essen: Deutschland ist ein souve-

räner Staat. Das zeigt sich schon daran,

dass nur souveräne Staaten Mitglied des

Sicherheitsrats der UNO sein können.

gen klar die liberale Handschrift. Von

daher haben wir in dieser Koalition vieles

erreicht und werden die begonnene Arbeit

gemeinsam fortsetzen. Ich bin mir sicher,

dass wir dies in keiner anderen Konstella-

tion erreicht hätten, von daher: Ja, es ist

und bleibt eine Wunschkoalition.

Der Selbständige: China und Russland,

aber auch andere Kapitalgeber, zögern,

in den EFSF zu investieren. Platzt damit

das ganze Konstrukt?

van Essen: Natürlich würde nichts plat-

zen. Wenn einzelne Staaten zum jetzigen

Zeitpunkt noch unentschlossen sein

sollten, bin ich doch sehr zuversichtlich,

dass andere Anleger, auch private, um das

attraktive Angebot wissen und investieren

werden. Hier steht eine Vielzahl unter-

schiedlicher Möglichkeiten offen. Davon

abgesehen erkenne ich derzeit keinen

akuten Bedarf für die Notwendigkeit einer

maximalen Effektivierung der EFSF. Von

daher ist die Frage sehr theoretisch.

Der Selbständige: Nach dem Willen

der EU-Kommission sollen die Länder

der Euro-Zone ihre Haushaltsentwürfe

künftig noch vor der nationalen Bera-

tung zur Kontrolle vorlegen. Ein Indiz

für die weitere Entmachtung der natio-

nalen Parlamente?

van Essen: Grundsätzlich begrüße ich

eine Stärkung des präventiven Ansatzes

innerhalb der Euro-Zone. Das beinhaltet

auch eine Kontrolle der Haushaltsentwürfe

durch die Kommission. Haushaltsgesetz-

geber bleiben jedoch die Parlamente. Das

Budgetrecht bleibt unwiderrufliches Recht

der Parlamente, die die Entscheidung über

den Haushalt treffen. Die Durchsicht der

Entwürfe und die daraus resultierenden

Empfehlungen der Kommission können,

aber müssen nicht in die Entscheidung der

Parlamentarier einfließen.

Der Selbständige: Warum dürfen die

Deutschen nicht per Volksentscheid

über Hilfen für Griechenland oder an-

dere Pleitekandidaten abstimmen?

van Essen: Wir haben den Rettungsfonds

durch die Vertreter des deutschen Volkes

im Bundestag beschlossen. Er hat damit

die höchste Legitimation, die in einer re-

präsentativen Demokratie wie Deutsch-

land gegeben werden kann. Plebiszite wie

im vergangenen Jahr Stuttgart 21 oder der

Mitgliederentscheid der FDP haben im Üb-

rigen gezeigt, dass die Bürger mehrheit-

lich genau so abgestimmt haben wie die

Parlamente und Parteitage.

Der Selbständige: Bundeswirtschafts-

minister Phillip Rösler forderte in einem

Interview mit Focus online eine Modi-

fizierung der Europäischen Verträge.

Was wollen Sie ändern?

van Essen: Unser Vorschlag ist, im Rah-

men der geplanten Änderungen der euro-

päischen Verträge die präventiven Maß-

nahmen wirksam zu verbessern. Dazu

zitierte der Bundeswirtschaftsminister aus

der Zehn-Punkte-Strategie für einen Sta-

bilitäts- und Wachstumspakt II. Hier heißt

es unter Punkt 2: „Auch auf europäischer

Ebene sollte ein ‚Stabilitätsgremium un-

abhängiger Experten‘ geschaffen werden,

das von den Mitgliedsstaaten des Euro-

raums eingerichtet wird. Zu seinen Aufga-

ben gehört insbesondere, Empfehlungen

zur Verbesserung der Wettbewerbsfä-

higkeit auszusprechen, die nationalen

Haushaltspläne zu prüfen, an den Über-

wachungsverfahren der EU zur Wettbe-

werbsfähigkeit und der Haushaltspolitik

mitzuwirken, Stellungnahmen zur Umset-

zung der Verpflichtungen der Mitglieds-

staaten im Rahmen des Euro Plus Pakts

sowie eigenständige Stellungnahmen und

Vorschläge zur Wirtschafts- und Finanz-

politik der Euroländer abzugeben. Das

Prinzip der umgekehrten qualifizierten

Mehrheit sollte auch bei allen präventiven

Entscheidungen sowohl im Rahmen des

Stabilitäts- und Wachstumspakts als auch

bei der Überwachung makroökonomischer

Ungleichgewichte angewandt werden, um

die politische Einflussnahme zu verrin-

gern. Auf europäischer Ebene sollten stär-

ker automatisierte Verfahrensregeln und

Sanktionsmechanismen eingeführt wer-

den (etwa Bindung von EU-Zahlungen aus

den Strukturfonds sowie von EU-Direkt-

zahlungen an das Einhalten bestimmter

Auflagen oder Bedingungen). Dies ist er-

forderlich, um eine solide Haushaltspolitik

Weitere Informationen zu den Themen dieser Ausgabe

und den Positionen und Aktivitäten des Bundesverbands

finden Sie stets aktuell auf der Internet-Seite des BDS:

www.bds-dgv.de

IMPRESSUM

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Herausgeber: Bundesverband der Selbständigen/

Deutscher Gewerbeverband

Redaktion: Sophia Deter-Otto

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Gestaltung: Hanjo Tews

Fotos: BDS, BDS Baden-Württemberg

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verbands der Selbständigen/Deutscher Gewerbe-

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„Die Defi zitgrenze im Stabilitäts- und Wachs-tumspakt sollte auf zwei Prozent sinken.“Jörg van Essen


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