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Das Missverständnis - Almanium

Date post: 05-Oct-2021
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Das Missverständnis
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Page 1: Das Missverständnis - Almanium

Das Missverständnis

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INHALT

Die beigelegte Audio-CD macht „Das Missverständnis“ auch zum vergnüglichen Hörerlebnis.Sie können diese spannende Geschichte in Ihren CD-Spieler einlegen oder über einen mp3-Player zu Hause, bei einer Auto-, Zug- oder Busfahrt anhören und genießen.

Vorwort 4

Das Missverständnis 7

Übungen zu Das Missverständnis 40

Lösungen 47

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VORWORT

Youna Sim fühlt sich wohl in der Familie Schall. Doch plötzlich ändert sich alles. Misstrauen beherrscht den Alltag. Youna ist ratlos. Hat sie etwas falsch gemacht?

Die Hauptpersonen dieser Geschichte sind:

Sebastian Schall 28 Jahre. Bruder von Amelie.

Er ist selten zu Hause.

Antje Schall27 Jahre. Ehefrau von Sebastian.Sie hat einen Verdacht gegen Youna.

Amelie Schall 21 Jahre. Sie erzählt Youna

von ihrem Freund. Youna ahnt nichts Gutes.

Emma Schall1 Jahr. Tochter von Antje und Sebastian.

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Youna Sim20 Jahre. Liebt die deutsche Sprache und

deutsche Märchen. Wie lange noch?

Hans Glück25 Jahre. Unterrichtet Deutsch. Er überrascht Youna.

EinsteinLieblingskater von Amelie.

Er spielt in dieser Geschichte keine Rolle.

Orte der Handlung: Berlin und Deutsche Märchenstraße Zeit der Handlung: Juni bis September

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KAPITEL 1 | Familienleben

„Ich genieße1 die Zeit mit dir. Und unsere Tochter macht unser Glück vollkommen“ , sagt Sebastian Schall2 zu seiner Frau Antje. Er nimmt sie in die Arme.

„Ich werde alles versuchen, mehr Zeit zu Hause zu ver- 5 bringen. Das verspreche ich dir.“

Die einjährige Emma sitzt auf dem Fußboden im Wohn­zimmer der geräumigen und sanierten Altbauwohnung am Chamissoplatz3. Sie spielt mit ihrer Lieblingspuppe.

„Was gibt es denn heute Leckeres4 zum Essen? Es riecht 10 anders als sonst.“

„Sebastian, geh ganz einfach in die Küche und frage Youna. Sie kocht heute. Das Essen soll eine Überraschung sein. Ich weiß nur soviel: Es gibt Spezialitäten aus ihrer Heimat.“

15 Youna deckt im Esszimmer den Tisch. Neben die Tellerlegt sie Stäbchen5 und Suppenlöffel.

„Das Essen ist fertig. Bitte nehmt Platz.“ Das junge Elternpaar setzt sich.

Sebastian ist erstaunt. „Messer und Gabel fehlen!“20 Youna lächelt.

1 Freude bei etwas empfinden2 siehe „Großstadtliebe“ : www.lextra.de3 www.berlin.de/orte/sehenswuerdigkeiten/chamissoplatz4 etwas, das gut schmeckt5 Essstäbchen: fünfundzwanzig Zentimeter lange dünne Stange aus

Holz

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„Heute essen wir koreanisch. Es gibt keine Messer und keine Gabeln. Wir essen mit Stäbchen. Ich zeige euch, wie man das macht.“

Neugierig nimmt Sebastian die Stäbchen in die rechte 5 Hand. Er versucht das zu tun, was auch Youna tut. Es

gelingt ihm nicht, das Essen mit den Stäbchen zum Mund zu führen. Sebastian wird ungeduldig. Er schaut zu seiner Frau.

„Hast du das geübt?“ , fragt er sie erstaunt. Antje hat keine großen Schwierigkeiten, mit den Stäbchen zu essen.

10 „Ich bekomme das nicht hin. Ich habe Hunger. Ich will eine Gabel.“

Youna lacht.„Wie? Willst du so schnell aufgeben? Übung macht den,

den ..., ich komme jetzt nicht drauf, Übung macht den Chef.15 Sagt man das nicht so auf Deutsch?“

„Nicht genau. Übung macht den Meister6, so heißt es richtig“ , verbessert Sebastian.

„Gut, dass nächste Woche mein Deutschkurs beginnt“ , denkt Youna. Sie steht auf und holt eine Gabel.

20 Youna Sim kommt aus Südkorea. Seit Kurzem lebt die Zwanzigjährige als Au-pair7 bei Familie Schall. Ihre wich­tigste Aufgabe besteht darin, sich um die einjährige Emma zu kümmern. Antje wollte nach der Geburt ihrer Tochter nicht ganz auf ihren Beruf verzichten. Sebastian ist während

25 der Woche beruflich in ganz Deutschland unterwegs und fast nur am Wochenende in Berlin. Und so kamen beide auf die Idee, ein Au-pair-Mädchen zu engagieren.

6 Wenn man etwas oft tut, lernt man, es gut zu tun.7 www.aupair-world.net/index.pkp/visa/deutschland

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KAPITEL 2 | Kursbeginn

Youna folgt den Wegweisern8 in der Universität. Mit Schwie­rigkeiten findet sie den Block 3, Raum C122.

Es ist 15.50 Uhr. Der Kurs beginnt um 16 Uhr. Im Kurs­raum befinden sich schon einige Teilnehmer.

„Keine Angst! Kommen Sie rein! Sie müssen Youna sein. Sie sind Koreanerin. Richtig?“

„ Ja “ , sagt Youna überrascht. Sie hat nicht erwartet, von einer fremden Person mit ihrem Vornamen angesprochen zu werden.

Der Kursleiter macht ein Häkchen hinter ihren Namen in der Anwesenheitsliste.

8 Schild, das die Richtung und die Entfernung zu einem Ziel angibt

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„Sie sind die einzige Studentin aus Korea. Hier, nehmen Sie. Jeder von uns trägt ein Namensschild. So kommen wir besser in Kontakt.“

Youna setzt sich zu den anderen Studenten.5 „Ich begrüße Sie alle herzlich in dem Sprachkurs. Ich

heiße Stefan und werde für die nächsten Monate Ihr Kurs­leiter sein. Am Ende des Kurses haben Sie die Möglichkeit, die ,Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang aus­ländischer Studienbewerber49 zu absolvieren. Ich freue mich

10 auf unsere Zusammenarbeit. Sie wird bestimmt interessant. Acht verschiedene Nationalitäten sind in diesem Kurs ver­treten! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. So. Das war meine Vorrede. Jetzt stellen Sie sich bitte vor.“

Als Youna anfängt zu reden, ist sie ganz ruhig.15 „Ich heiße Youna. Ich komme aus Seoul10. Ich habe noch

einen jüngeren Bruder und eine ältere Schwester. Ich möchte Germanistik studieren. Ich interessiere mich besonders für deutsche Märchen.“

Der Kursleiter unterbricht sie.20 „Das passt ja gut! Wir wandern auf der Deutschen Mär­

chenstraße11. Aber entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht unterbrechen.“

Youna redet weiter. Als sie mit ihrer Vorstellung fertig ist, klatschen12 alle Teilnehmer. Das wird nach jedem Vortrag

25 gemacht.

9 www.goethe.de10 Hauptstadt (ca. 11 Millionen Einwohner) von Südkorea

(50 Millionen Einwohner)11 www.deutsche-maerchenstrasse.de12 seine Begeisterung zeigen

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Youna ist zufrieden. Die Unterrichtsstunden vergehen wie im Fluge.

Am Ausgang trifft Youna auf Amelie13. Sie ist die jüngere Schwester von Sebastian.

„Das ist ja eine schöne Überraschung. Bist du gekom­men, um mich abzuholen?“

„Ja. Nein. Doch“ , antwortet Amelie verlegen14. Nach einer kleinen Pause sagt sie:

„Ich habe mich mit meinem Freund getroffen. Er arbeitet an der Uni.“

Youna ist neugierig. Sie fragt nach.„Seht ihr euch oft?“„Nicht oft genug. Wir sehen uns immer nur am Wochen­

ende. Er hat in den Semesterferien im Sommer viel Arbeit. Besonders jetzt, da er eine Exkursion über die Deutsche Märchenstraße vorbereitet. Weißt du, mein Freund interes­siert sich besonders für das Lebenswerk der Brüder Grimm15, für die Märchen, die sie gesammelt haben. Ich hätte es natürlich lieber, wenn er mehr Zeit für mich hätte. Aber ich rede die ganze Zeit über mich. Komm, ich begleite dich nach Hause. Und? Wie waren die ersten Unterrichtsstunden?“

„Alle waren sehr nett, besonders der Kursleiter. Er ist wirklich süß. Ich glaube, ich werde viel lernen.“

Amelie lächelt.Beide verlassen gut gelaunt das Universitätsgelände.

13 siehe „Die Entscheidung“ : www.lextra.de14 unsicher15 www.grimms.de (Aktuelles. Leben und Werk der Brüder Grimm)

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KAPITEL 3 | Heimweh

„Youna, deck bitte den Tisch ab und mach die Küche sauber. Sebastian und ich wollen mit unserer Tochter spazieren gehen.“

„Natürlich. Viel Vergnügen.“

Youna genießt die Zeit allein in der Wohnung. Sie kommt zur Ruhe. Als sie durch den Flur geht, sieht sie in den Spiegel. Sie bleibt stehen und betrachtet sich kurz.

„Ich habe zugenommen“ , denkt sie. „Das liegt bestimmt am deutschen Essen. Ich versuche, in Zukunft mehr korea­nisch zu kochen.“

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Sie streicht ihre langen schwarzen Haare zurück. Sie liegen glatt über ihren Schultern. Ihre Augenbrauen16 sehen wie gemalt aus. Youna sieht sich im Spiegel so wieder, wie sie sich zur Zeit fühlt: richtig gut.

5 Sie denkt an ihren Freund, den sie ein halbes Jahr vor ihrer Abreise nach Deutschland kennen gelernt hat. Youna war kurz davor, den Aufenthalt in Deutschland abzusagen. Aber ihr Freund hat ihr versprochen, auf sie zu warten. Sie denkt an ihre Familie, Freundinnen und Bekannte, die sie

10 zurückgelassen hat.„Hoffentlich gibt es keine Probleme“ , sagt sie laut, „hof­

fentlich passieren keine Katastrophen.“ Youna ist abergläu­bisch17. Und plötzlich, ganz plötzlich wird sie traurig. Tränen18 laufen über ihre Wangen19. Sie wischt sie weg und

15 macht sich an die Arbeit.Die junge Familie kommt von dem Spaziergang zurück.

Es ist Zeit für Emmas Mittagsschlaf.Im Kinderzimmer zieht Antje ihre Tochter aus. Youna

hilft ihr dabei. Emma liegt auf dem Rücken und versucht, 20 Younas Hände zu fassen. Dabei strampelt sie kräftig. Antje

zieht einen Ring von ihrer linken Hand und legt ihn auf den Wickeltisch20. Emma greift21 danach. Bevor sie ihn zu fassen bekommt, nimmt Youna den Ring. Sie hält ihn vor ihre Augen.

16 die Haare, die oberhalb des Auges in einem schmalen Streifen wachsen

17 an Dinge glauben, die man nicht mit der Vernunft erklären kann18 salzige Flüssigkeit, die aus den Augen kommt, wenn man weint19 eine der beiden Flächen links und rechts der Nase20 Tisch, auf dem ein Kleinkind gewaschen und angezogen wird21 die Hand nach etwas ausstrecken und es festhalten

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„Der ist besonders schön“ , sagt Youna bewundernd.„Ja. Das stimmt. Er ist ein wertvolles Erbstück22 von

meiner Großmutter. Und meine Großmutter hat ihn von ihrer Großmutter. Er ist schon seit Generationen im Besitz unserer Familie.

Es ist mein Lieblingsring. Er hat eine große Bedeutung für mich.“

Youna will sich den Ring anstecken, um ihn zu fühlen.„Bitte nicht, Youna. Bitte lege den Ring sofort wieder auf

den Tisch. Ich möchte nicht, dass irgendjemand außer mir diesen Ring anfasst. Das bringt Unglück.“

Youna ist über die Härte des Tons ihrer Gastmutter erschrocken und verwundert zugleich.

Schnell legt sie das teure Erbstück auf den Wickeltisch zurück.

„So. Und jetzt lesen wir meiner Tochter eine Geschichte vor. Ich hole das Buch aus dem Wohnzimmer.“

Nach zehn Minuten schläft Emma ein. Wie immer.

22 wertvoller Gegenstand, den man geerbt hat

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KAPITEL 4 | Zweifel

Es klingelt. Youna geht zur Tür. Amelie ist gekommen.„Youna, was hast du auf dem Herzen? Am Telefon klang

deine Stimme so traurig.“„Ach, Amelie!“ , seufzt Youna. „Ich bin hier nicht mehr

5 glücklich. Wenn Emma nicht wäre, wäre ich schon in meine Heimat zurückgekehrt. Antje verhält sich anders zu mir als am Anfang meines Aufenthaltes.“

„Wie macht sich das bemerkbar?“„Schränke und Schubladen sind verschlossen. Letzte

10 Woche waren sie noch offen. Noch vor einer Woche konnte ich ohne Quittung einkaufen. Jetzt muss ich für jede Kleinig­keit eine Quittung vorzeigen und genau nachweisen, wo ich das Geld ausgegeben habe.

Wenn Antje mit mir spricht, sieht sie mich nicht an. Ich 15 halte das nicht mehr lange aus. Und ausgerechnet jetzt habe

15

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ich auch noch mein Handy23 verloren. Ich habe Angst, es Antje zu sagen. Es war ein Willkommensgeschenk von ihr. Ich denke ständig darüber nach, was ich falsch gemacht habe. Ich finde keinen Grund!“

Youna hört auf zu sprechen.„Wenn du willst, rede ich mit Antje. Vielleicht hilft das

Gespräch weiter.“„Bitte mach das!“Youna sieht auf ihre Uhr.„Jetzt muss ich mich beeilen. In zwei Stunden kommt

Antje zurück. Bis dahin muss die Wäsche fertig sein. Danke Amelie, dass du mir zugehört hast. Ich habe sonst nieman­den, mit dem ich reden kann.“

Amelie telefoniert mit Antje, ihrer Schwägerin.„Antje, was ist los? Youna ist todunglücklich. Hat sie

etwas falsch gemacht? Sie würde am liebsten in ihre Heimat zurückkehren.“

„Folgendes ist passiert. Wir haben Emma zusammen gewaschen und gewickelt. Ich habe meinen Ring, du kennst ihn, auf den Wickeltisch gelegt. Als ich ihn wieder anstecken wollte, war er weg. Stell dir vor!“

„Du glaubst doch nicht etwa, dass Youna . . .“„Außer uns beiden und dem Kind war niemand im

Zimmer.“Amelie ist sprachlos.„Nein“ , denkt sie, „das kann nicht sein. Es muss eine

andere Erklärung für das Verschwinden24 des Ringes geben.“

23 Mobiltelefon24 Verlorengehen

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KAPITEL 5 | Hoffnung

Das Telefon klingelt. Youna nimmt schnell den Hörer ab. „Bei Schall.“„Entschuldigen Sie bitte die Störung. Ich habe nur eine

Frage.“„Worum geht es?“ , fragt Youna mit unsicherer Stimme. „Ich habe ein Handy gefunden, auf dem die Nummer

gespeichert ist, die ich eben angerufen habe.“„Ein dunkelblaues Handy?“„Ja, genau. Gehört es Ihnen?“„Ja! Ich vermisse mein Handy. Ich weiß nicht, wo ich es

verloren habe. Ich brauche es wieder. So schnell wie möglich. Wo haben Sie es gefunden?“

„In der Cafeteria in der Uni.“

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„Sie wissen gar nicht, wie froh ich bin. Kann ich es bei Ihnen abholen? Heute Nachmittag? Ich brauche es drin­gend!“

„Klar geht das. Wenn Sie genau so schön sind, wie Ihre 5 Stimme klingt, bin ich jetzt schon sehr gespannt und warte

mit großer Ungeduld auf den Nachmittag.Wann und wo treffen wir uns?“„In der Cafeteria. Ich bin gegen 15.30 Uhr da. Ich nehme

an einem Sprachkurs teil, der um 16 Uhr beginnt.“ i o „In Ordnung. Wie erkenne ich Sie?“

„Sie erkennen mich leicht. Ich bin aus Südkorea. So viele Koreanerinnen gibt es hier nicht.“

„Bis nachher!“Youna geht die Arbeit jetzt leichter von der Hand. Sie

15 versorgt das Kind und wartet darauf, dass sie die Wohnung verlassen kann.

Kurz nach drei ist sie in der Cafeteria.Sie schaut sich um. Wer könnte der Unbekannte sein?

Der große Blonde mit den langen Haaren? Der Typ mit dem 20 Fahrradhelm unter dem Arm? Wie sieht der Finder des

Handys aus? Er hat auf jeden Fall eine kräftige und aus­drucksstarke, warme Stimme.

Youna holt ein Glas Wasser. Sie nimmt an einem Tisch Platz. Sie bleibt allein. Niemand setzt sich zu ihr und redet

25 mit ihr. Sie schaut auf die große Uhr in der Cafeteria. Uner­bittlich25 rücken die Zeiger auf 16 Uhr.

Youna steht auf, traurig und auch enttäuscht.Nach dem Unterricht geht sie nach Hause.

25 brutal, ohne Mitleid

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„Youna, da war ein seltsamer Anruf für dich“ , sagt Antje. „Du hast dein Handy verloren. Warum hast du uns das nicht gesagt? Du musst uns das sagen!“

Youna schaut zu Boden.„Entschuldigung. “„Du sollst es morgen abholen. Ein gewisser Hans hat

dein Handy gefunden. Er hatte heute keine Zeit. Aber morgen früh ist er in der Uni.“

„Darf ich ausnahmsweise vormittags zur Uni gehen, um das Handy zu holen?“

„Nein!“Antje blickt an Youna vorbei.„Du musst vormittags im Haus bleiben. Ich habe ihm

gesagt, er soll dich wieder anrufen.“

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KAPITEL 6 | Begegnung

Youna geht in ihr Zimmer. Sie schaut in ihre Mails. Keine Nachricht. Weder die Familie noch Freunde haben geschrie­ben.

„Flaben mich alle vergessen?“ Sie ist deprimiert.Youna geht ins Bett. Sie hat einen unruhigen Schlaf. Der

Wecker klingelt pünktlich um 6 Uhr. Sie steht auf, wäscht sich und bereitet das Frühstück vor.

„Vergiss nicht, heute Morgen die Schuhe zum Schuster zu bringen und die Kleidung aus der Reinigung zu holen. Geh anschließend mit Emma an die frische Luft. Ich versuche, gegen 13 Uhr zurück zu sein. Es kann aber später werden.“

Youna nimmt stumm die Wünsche der Gastmutter entge­gen. Sie räumt das Geschirr weg und stellt die Geschirrspül­maschine an. Dann wäscht sie die Wäsche. Anschließend kümmert sie sich um Emma.

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Wieder sitzt Youna in der Cafeteria. Es ist besonders heiß an diesem Nachmittag. Youna tupft26 mit einem Taschen­tuch aus Seide Schweißtropfen27 von ihrer Stirn. In kleinen Schlucken trinkt sie Wasser aus ihrem Glas. Mit einem

5 Fächer28 verschafft sie sich frische Luft.„Heute warte ich nicht so lange wie das letzte Mal,

höchstens zehn Minuten“ , sagt sich Youna. Sie blickt um sich. Sie sieht einen Mann. Der bleibt einen kurzen Augen­blick in der Eingangstür der Cafeteria stehen. Er sieht nach

10 rechts und links und betritt dann die Cafeteria.Er nähert sich langsam dem Tisch, an dem Youna sitzt.

Youna hat Zeit, ihn anzusehen.Er ist nicht sehr viel größer als sie selbst, 1,75 Meter viel­

leicht. Er ist etwa 25 Jahre alt. Seine Augen sind grün. Er hat 15 kurzes, volles dunkelblondes Haar. Er trägt eine helle Jeans

und ein kurzärmeliges farbiges Hemd. Das Hemd trägt er über der Hose. Die Oberarme verraten, dass er Sport treibt.

Der Mann hält ein Handy in seiner Hand und eine Rose. Er bleibt vor Youna stehen. Beide schauen sich in die Augen.

20 Vor Aufregung verschüttet Youna ihr Wasser.„Ich bin Hans. Die Rose ist für dich. Tut mir leid wegen

der verpassten Verabredung gestern. Ich musste einen Kolle­gen vertreten. Darf ich?“

Ohne eine Antwort abzuwarten nimmt Hans neben 25 Youna Platz.

26 etwas durch wiederholtes leichtes Berühren entfernen27 salzige Flüssigkeit, die aus der Haut kommt, wenn einem heiß ist28 flacher Gegenstand aus Papier oder Stoff in der Form eines

Halbkreises, den man hin und her bewegt

21

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„Ich habe dich doch schon gesehen. Ja, jetzt fällt es mir ein. Du bist in meinem Parallelkurs. Du lernst Deutsch. Ist es nicht so?“

Youna nickt.Die beiden verstehen sich sofort und die Zeit vergeht

schnell.

Youna sieht auf die große Uhr in der Cafeteria.„Ich muss jetzt in den Kurs. Heute spreche ich über meine

Heimat. Ich möchte pünktlich da sein.“„Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Montag habe ich

Zeit. Passt dir 15 Uhr? Gib mir deine Adresse. Deine Han- dynummer habe ich ja schon.“ Youna schreibt ihre Adresse auf einen Zettel.

Hans verabschiedet sich mit einem herzlichen Hände­druck.

Youna verlässt die Cafeteria ohne sich umzudrehen.Sie hört ihr Herz klopfen.

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KAPITEL 7 | Berührung

Youna wartet vor dem Haus auf Hans. Er wollte sie nicht in der Wohnung von Familie Schall abholen. Pünktlich um 15 Uhr steht er vor ihr. Die Begrüßung ist herzlich.

„Schön, dass wir heute ein paar Stunden miteinander 5 verbringen können. Wir werden Berlin erkunden29.“

„Du machst mich neugierig. Wohin gehen wir?“„Das wirst du schon sehen. Es hat mit der Exkursion zu

tun. Es ist eine kleine Vorbereitung darauf“ , sagt Hans geheimnisvoll.

29 kennen lernen

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Eine Stunde später stehen beide vor einem großen Tor, das von grünen Pflanzen fast verdeckt wird.

„Weißt du, was sich hinter dem Tor verbirgt?“ fragt Hans.

5 „Nein. Keine Ahnung!“„Der Alte St. Matthäus-Kirchhof30.“„Kirchhof? Ich verstehe nicht. Was soll das sein?“ „Kirchhof ist ein anderes Wort für Friedhof. Das ist der

Ort, wo Menschen begraben sind.“10 „Was machen wir auf einem Friedhof?“

„Ich möchte dir Grabstätten von berühmten Deutschen zeigen. Zwei berühmte Deutsche interessieren dich beson­ders.“

„Wer? Mach es nicht so spannend.“15 „Das sage ich dir nachher. Komm.“

Durch einen schmalen Eingang gelangen sie auf den Friedhof.

„Guck mal, Youna. Das ist in Deutschland einmalig. Ein Cafe, das auf dem Friedhof in unmittelbarer Nähe von

20 Gräbern steht. Der Kuchen soll übrigens gut sein!“Langsam gehen Youna und Hans über den Friedhof.

Manchmal bleiben sie stehen und Hans erzählt.„Auf diesem Friedhof liegen berühmte Komponisten und

Sänger wie Max Bruch31 und Rio Reiser32. Schau hier. So 25 große Grabsteine gibt es auf anderen Friedhöfen nicht.“

30 www.berlin.de/orte/sehenswuerdigkeiten/alter-st-matthaeus- kirchbof

31 berühmter Dirigent und Komponist (1838-1920)32 Sänger und Haupttexter der Band Ton-Steine Scherben

(1950-1996)

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Das Handy von Hans summt. Er nimmt es aus seiner Jackentasche und sieht auf das Display. „Bitte, entschuldige, Youna“ , sagt Hans verlegen und geht ein paar Schritte bei­seite.

5 Youna weiß nicht, mit wem er spricht.„Nein. Ich habe unsere Verabredung nicht vergessen.

Entschuldige, das kann ich jetzt nicht erklären. Aber nein. Ich bin allein. Natürlich. Ich dich auch.“ Hans steckt das Handy in seine Tasche zurück.

10 „Youna. Jetzt kommt der Höhepunkt unseres Friedhofs­besuchs.“

Hans führt Youna zu einer Stelle mit vier großen schwarzen Grabsteinen. Sie ist ganz still geworden. Ihre rechte Hand hält die Hand von Hans. Youna spürt einen leichten Druck.

15 „Endlich“ , denkt sie. „Es ist unsere erste wirkliche Berüh­rung.“

Hans holt sie in die Wirklichkeit zurück.„Da. Da stehen die Grabsteine von Wilhelm und Jakob

Grimm. Mit ihrer Märchensammlung haben sie Weltruhm 20 erlangt. Und du hast das Glück, bald ihren Märchenspuren

zu folgen. Ich wollte, dass du weißt, wo die Brüder Grimm begraben sind. Das wissen nämlich die wenigsten Deut­schen.

Weißt du, ich beschäftige mich seit Jahren mit den 25 Grimms und den Bedeutungen ihrer Märchen. Wie schön,

dass du dich auch für Märchen begeisterst.“Bevor sie den Friedhof verlassen, trinken sie im Friedhofs­

cafe ,Finovo‘33 ein Glas Tee und Youna probiert vom haus­gemachten Kuchen.

33 www.cafe-finovo.de

25

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„Youna, ich habe noch eine Überraschung für dich. Ich werde auf der Exkursion nächste Woche dabei sein. Ich habe sie nämlich vorbereitet! Nächste Woche sehen wir uns jeden Tag.“

5 Für einen kurzen Augenblick denkt Youna an die Schwes­ter von Sebastian. Nein, sie will den Gedanken nicht zu Ende denken.

Hans bringt Youna nach Hause.Vor dem Haus verabschiedet sich Hans von Youna. Er

10 umarmt sie und küsst sie auf die Stirn. Für Youna steht für einen Moment die Welt still.

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KAPITEL 8 | Mut

Youna liest Emma eine Geschichte vor. Antje sitzt daneben und hört zu. Nach zehn Minuten schläft Emma ein. Youna geht in ihr Zimmer. Sie packt ihren Rucksack34 für die fünf­tägige Exkursion, die morgen beginnt. Antje kommt in ihr Zimmer.

„Danke, Youna. Du kümmerst dich wirklich sehr lieb um Emma. Sie mag dich.“

„Das ist sehr freundlich von dir, dass du mir das sagst. Ja, ich mag Emma auch sehr gern. Aber . . .“

Youna zögert35 .

34 große Tasche, die man auf dem Rücken trägt35 abwarten

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„Was aber?“ , fragt Antje erstaunt. „Möchtest du mir noch etwas sagen?“

Youna nimmt ihren ganzen Mut zusammen.„Als ich hier angefangen habe, habe ich mich richtig

5 wohlgefühlt. Ich hatte mal Heimweh, aber das ist bestimmt normal. Ich war richtig zufrieden. Es gab keine Geheimnisse zwischen uns. Seit einigen Wochen fühle ich mich kontrol­liert. Schubladen und Schränke sind verschlossen. Ich muss Quittungen vorlegen, auch für sehr kleine Beträge. Du siehst

10 manchmal einfach an mir vorbei. Das macht mich fertig. Antje, habe ich irgendetwas falsch gemacht? Glaubst du, dass ich euch betrügen will? Sag mir ganz offen, wenn ihr mich nicht mehr bei euch haben wollt.“ Die Stimme von Youna ist immer leiser geworden.

15 Sie kämpft mit den Tränen.„Erinnerst du dich noch an den Tag?“ , fragt Antje.„An welchen Tag?“„Wir haben zusammen Emma gewickelt, sie ins Bett

gebracht und ihr eine Geschichte vorgelesen.“20 „Ja und?“

„An diesem Tag hast du meinen Ring bewundert. Ich sagte dir, dass der Ring ein wertvolles Erbstück meiner Großmutter sei.“

„Ich verstehe noch immer nicht“ , sagt Youna, die sich 25 etwas beruhigt hat.

„Ich habe den Ring auf den Wickeltisch gelegt und . . .“ Antje wird durch das Schreien von Emma unterbrochen.

Sie steht sofort auf und eilt in das Kinderzimmer.„Wir reden später weiter“ , ruft Antje Youna zu.

30 Youna bleibt ratlos zurück. Was hat der Ring mit ihr zutun?

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KAPITEL 9 | Angst

Youna genießt die Exkursion. Sie kann sich jetzt viel besser in die Märchenwelt der Brüder Grimm hineinversetzen.

Youna bleibt stehen und atmet tief durch.Sie nimmt Erde in ihre Hand und riecht daran.

5 „Diesen Geruch will ich für immer im Gedächtnis behal­ten“ , denkt Youna.

Sie blickt um sich. Sie kann sich gar nicht satt36 sehen an den hohen Bäumen. Nur die obersten Spitzen bewegen sich ein wenig im Wind. Die letzten rötlichen Wolken verschwin-

• 10 den. Der Vollmond steigt auf.

36 etwas unaufhörlich ansehen wollen, weil es einem gefällt

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Über sich hört sie ein Flugzeug. Das Geräusch wird leiser. Es ist eine friedliche Stille.„ Ja “ , sagt Youna zu sich selbst, „so habe ich mir den

Wald vorgestellt. Genau so. Wie im Märchen.“5 Wind kommt auf. Es ist kühler geworden. Wolken haben

sich vor den Mond geschoben. Die Nacht ist schwarz.Die Märchen ,Rotkäppchen* und ,Hänsel und Gretel*37

kommen Youna in den Sinn.„Warum denke ich jetzt ausgerechnet an diese beiden

10 Märchen? Was hat das zu bedeuten?“Youna dreht sich um.Sie traut38 ihren Augen nicht. Sie ist allein, mutterseelen­

allein. Sie ruft laut in den Wald hinein. Stille. Keine Antwort. Youna versucht ruhig zu bleiben.

15 Sie nimmt ihr Handy und wählt die Nummer von Hans.Nichts.Youna wird unsicher. Der Wind nimmt zu. Youna sucht

im Rucksack nach ihrer Taschenlampe.„Nein! Das darf doch nicht wahr sein! Ich habe sie zu

20 Hause liegen lassen.“Wieder ruft sie in den Wald hinein, wieder und immer

wieder. Ohne Erfolg. Ihr Herz rast39. Sie will um Hilfe schreien, aber sie bekommt keinen Ton heraus.

Youna ist wie gelähmt. Sie ist nicht mehr fähig, einen 25 klaren Gedanken zu fassen.

Sie hat nur noch Angst, nackte Angst.Youna ist in Panik.Sie beginnt zu laufen. Sie läuft um ihr Leben.

37 www.maerchen.com/grimm/haensel-und-gretel.pbp38 etwas nicht glauben39 sehr schnell schlagen

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Page 30: Das Missverständnis - Almanium

Ihre Kräfte verlassen sie. Sie stolpert40 und fällt auf den Boden. Kälte steigt in ihr hoch. Sie weiß nicht, wie lange sie auf der feuchten Erde liegt. Sie will sich festhalten. Sie greift41 ins Leere. Vor ihr ist ein Abgrund42. Ganz weit unten

5 sieht sie ein Licht. Youna folgt dem Licht. Und plötzlich steht sie vor einer Holzhütte43.

. 40 beim Laufen mit dem Fuß gegen ein Hindernis stoßen und auf den Boden fallen

41 (an)fassen42 sehr große gefährliche Tiefe43 kleines einfaches Haus, das meist nur aus einem Zimmer besteht

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Page 31: Das Missverständnis - Almanium

KAPITEL 10 | Verzweiflung

„Bitte, ich muss sofort telefonieren. Ich habe mich verlau­fen44. Bitte, wo ist das Telefon?“

Langsam öffnet sich die Tür. Eine alte Frau mit einer langen Nase und einem großen schwarzen Hut schaut vorsichtig aus der Tür. Sie stützt sich auf einen Stock. Ihr Rücken ist gebeugt45. Sie sieht Youna an und sagt mit ihrem fast zahn­losen Mund:

„Komm herein. Ich habe dich erwartet.“„Bitte, ich muss telefonieren. Ich habe mich verlaufen.

Bitte, wo ist das Telefon?“

44 den falschen Weg nehmen, sich verirren45 Gegenteil von gebeugt: gerade

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„Komm“ , sagt die alte Frau. „Du hast doch Hunger und Durst. Und du frierst. Komm, setz dich an das Feuer. Wärme dich.w

Der kleine niedrige Raum wird von dem Feuer im Kamin und von einer Kerze erleuchtet. Knoblauch und viele andere Gewürze hängen an Holzbalken. Auf einem kleinen Tisch liegen verschiedene Beeren46. In einer Ecke stehen Eimer und Besen.

„Bitte, bitte, wo ist das Telefon?“ Angst hat wieder Besitz von Youna ergriffen.

Plötzlich steht die alte Frau vor Youna. Sie sieht auf einmal viel größer aus.

Sie hält Youna einen Becher mit dampfender47 Flüssigkeit entgegen und sagt ihr mit drohender Stimme:

„Trink das sofort aus, sonst ..."„Nein, ich will nicht . . .“ Youna wehrt sich und schlägt

um sich.Sie schreit ihre ganze Verzweiflung heraus.

Youna spürt Schläge im Gesicht.„Hallo, Youna! Hörst du mich? Youna, wach auf, bitte.“ Wie von Weitem hört Youna eine vertraute Stimme. All­

mählich kommt sie zu sich. Sie öffnet die Augen und sieht Hans vor sich.

„Wo, wo bin ich? Was ist passiert?“ , fragt Youna mit kaum hörbarer Stimme.

„Youna, du bist bei mir, bei Hans. Du warst ohnmächtig und hast fantasiert. Jetzt bist du in Sicherheit.“

Vorsichtig hilft Elans Youna beim Aufstehen.

46 kleine, meist süße essbare Früchte47 sehr heiß

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„Komm Youna. Unsere Jugendherberge ist gleich hinter dem alten Haus.“

„Aber, aber“ , stammelt48 Youna, „da war ich doch gerade! Ich habe mit einer Frau gesprochen!“

5 „Youna, du hast geträumt. Das Haus steht leer. Es hat weder Strom, noch Wasser. Die alte Frau, die dort wohnte, ist seit Jahren verschwunden. Das Haus ist leer, wirklich.“

Als Youna in der Jugendherberge ankommt, wird sie von allen herzlich begrüßt. Alle umarmen sie und sind erleich-

10 tert, dass sie wieder da ist.

Youna fragt sich noch immer, was geschehen ist.„Und wenn ich mich auch in Hans geirrt habe? Ist er

wirklich Amelies Freund?“Youna kommt nicht zur Ruhe.

48 mit Pausen und sehr undeutlich sprechen, weil man Angst hat oder aufgeregt ist

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KAPITEL 11 | Geständnisse49

Youna sitzt in ihrem Zimmer. Sie bereitet sich auf den Deutschkurs vor. Es fällt ihr schwer, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren. In Gedanken ist sie immer noch auf der Exkursion. Sie weiß selbst nicht genau, was Traum und was Wirklichkeit war. Und sie denkt an das Gespräch mit Hans nach der Exkursion.

„Youna, ich mag dich sehr. Die Zeit mit dir werde ich nicht vergessen. Ich empfinde für dich mehr als nur Sympa­thie. Das hast du gespürt. Und ich habe gemerkt, dass du für mich mehr als nur Zuneigung empfunden hast.

Du musst aber wissen, dass ich seit einem Jahr eine Freundin habe. Du kennst sie. Es ist Amelie. Bitte entschul­dige, wenn ich dir wehgetan habe und wenn ich dir falsche

49 Mitteilung/Zugeben, dass man etwas Falsches getan hat

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Hoffnungen gemacht habe. Das wollte ich nicht. Youna, lass uns Freunde bleiben. Wenn du Probleme hast, bin ich immer für dich da.“

„Nein!“

Ein Schrei reißt Youna aus ihren Gedanken. Der Schrei kommt aus dem Kinderzimmer. Youna läuft sofort dorthin. Antje steht da.

„Der Ring. Der Ring“ , sagt sie und hält Youna eine Puppe entgegen.

„Was ist passiert?“„Der Ring! Ich habe ihn in Emmas Lieblingspuppe gefun­

den!Youna, ich weiß nicht, was ich sagen soll.“Sie streckt Youna ihre Hände entgegen.„Youna, es tut mir so leid. Ich habe geglaubt, dass du . . .“ Antje hört auf zu sprechen. Sie umarmt Youna.„Bitte verzeih mir. Ich habe gedacht, dass du . . .“„Dass ich den Ring genommen habe?“„Ja !“Youna fällt es wie Schuppen von den Augen50. Endlich

versteht sie die verschlossenen Schubladen und Schränke und das Misstrauen ihr gegenüber.

„Emma hat den Ring genommen, als sie auf dem Wickel­tisch lag. Und sie hat ihn in ihre Puppe gesteckt. Wie konnte ich nur denken, dass du ... Verzeih mir, bitte.“

Nachdenklich geht Youna in ihr Zimmer zurück. Der Ring ist wieder da. Doch Youna ist nicht wirklich glücklich.

SO plötzlich etwas sehr klar sehen/verstehen

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KAPITEL 12 | Erschrecken

„Ihr wart doch auf dem Hohen Meißner51. Da ist was Schlimmes passiert. Hier, steht alles in dem Artikel.“ Antje gibt Youna die Zeitung.

Drama in einer einsamen Hütte auf dem Hohen MeißnerPolizei steht vor einem Rätsel52

Am 27. August wurde in den Nachmittagsstunden in einer f Holzhütte die Leiche53 einer jungen Frau gefunden. Ein | Hund hatte sich von der Leine seines Besitzers gerissen |

51 www.naturpark-mkw.de52 komplizierte Frage, bei der man lange nachdenken muss, um die

Antwort zu finden53 Körper eines toten Menschen

I 37 |

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und ist direkt auf das kleine Haus zugelaufen. Er blieb vor dem Haus sitzen und bellte so lange und so stark, bis sich sein Besitzer Zugang in das Häuschen verschaffte. Der Spaziergänger fand die Tote auf einem Stuhl. Er alarmierte

5 sofort die Polizei. Er erlitt einen Schock.Die Besitzerin der Hütte, Frau H., lebt seit 70 Jahren allein in der Hütte und gilt als sonderbar. Sie hat längere Zeit in der Psychiatrie verbracht. Frau H. ist spurlos verschwunden. Die Polizei fahndet nach ihr. Spaziergänger

10 und Wanderer werden um erhöhte Aufmerksamkeit in dem Waldgebiet gebeten.Die Obduktion54 hat ergeben, dass die Unbekannte vergiftet wurde.Die Polizei kann noch keine Angaben über den genauen

15 Todeszeitpunkt oder ein mögliches Motiv machen.Die Polizei bittet die Bevölkerung um Mithilfe bei der Identifizierung der unbekannten Toten. Sie ist zwischen 20 und 25 Jahre alt und 1,68 Meter groß. Fotos der Leiche sind im Internet zu sehen. Spaziergänger, die am 26. bzw.

20 27. August in der betreffenden Gegend unterwegs waren,werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden. Sachdienliche Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.

Youna wird weiß im Gesicht. Sie hat nicht geträumt! Oder 25 doch? Sie wird in ihren Gedanken durch das Summen ihres

Handys unterbrochen.

54 Öffnung einer Leiche, um die Todesursache zu finden

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„Ich bin es, Amelie. Hans und ich laden dich heute Abend zum Essen ein. Es kommt noch jemand, der dich unbedingt kennen lernen möchte. Hast du Zeit und Lust?“

Youna überlegt einen Augenblick.5 „Ja. Gerne. Ich möchte die letzten Tage vergessen und

neu beginnen.“„Was meinst du damit, Youna? Muss ich mir Sorgen um

dich machen?“ , fragt Amelie.„Lass uns nachher darüber sprechen. Bis dann.“

10 Youna steckt das Handy in ihre Tasche.Das Abenteuer Deutschland geht weiter.

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ÜBUNGEN ZU Das Missverständnis

Kapitel 1

Ü 1 Ordnen Sie zu.1. Antje Schall

2. Sebastian Schall

3. Youna

a. ist Au-pair-Mädchen aus Südkorea und passt auf Emma auf.

b. will nach der Geburt des Kindes nicht ganz auf ihren Beruf verzichten.

c. ist während der Woche beruflich in ganz Deutschland unterwegs.

Ü2 Wer sagt was?a. „Messer und Gabel fehlen.“b. „Hast du das geübt?“c. „Übung macht den Meister.“d. „Gut, dass nächste Woche der Deutschkurs beginnt.“e. „Geh ganz einfach in die Küche und frage Youna.“f. „Was gibt es denn heute Leckeres zum Essen?“

1. Antje Schall:3. Youna:

2. Sebastian Schall:

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Kapitel 2

Ü 3 Bringen Sie die Sätze in die richtige Reihenfolge.a. Der Kursleiter macht ein Häkchen hinter ihren

Namen.b. „Weißt du, mein Freund interessiert sich besonders

für das Lebenswerk der Brüder Grimm, für die Märchen, die sie gesammelt haben. “

c. „Ich interessiere mich besonders für deutsche Märchen.“

d. „Ich heiße Youna. Ich komme aus Seoul.“e. „Wir wandern auf der Deutschen Märchenstraße.“f. Am Ausgang trifft Youna auf Amelie.g. „Ich habe mich mit meinem Freund getroffen.“h. „Ich begrüße Sie alle herzlich in dem Sprachkurs.“i. Beide verlassen gut gelaunt das Universitätsgelände.

1 2 3 4 5 6 7

00 9

Kapitel 3

Ü 4 Kreuzen Sie die Antworten an.1. Wie fühlt sich Youna?

a □ gut b □ schlecht c □ richtig gut d □ traurig e □ froh f □ müde

2. An wen denkt Youna?a □ an Sebastian b □ an Eva c □ an Emma d □ an ihre Freunde und Freundinnen e □ an ihre Bekannte f □ an ihren Freund

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Kapitel 4

Ü 5 Unser Drucker hat keine Tinte mehr.Vervollständigen Sie die Sätze.1. Wenn E a nicht wäre, wäre ich schon längst in

meine H m t zurückge t.2. Sehr ke und Schub n sind ver sen.

Noch vor einer W e konnte ich ohne Qui ng ein en.

3. Jetzt muss ich für j Kleinig t eine Quittung vor n und nach n, wo ich das G daus n habe.

4. Aus et jetzt habe ich mein H y ver en.5. Ich habe A t, es Antje zu s n.

Kapitel 5

Ü 6 Welche Zusammenfassung ist richtig?A Youna erhält einen Anruf. Der Anrufer hat ihr

dunkelblaues Handy gefunden. Youna verabredet sich mit dem Unbekannten. Sie wollen sich gegen 15.30 Uhr in der Uni-Cafeteria treffen. Youna wartet vergeblich. Der Unbekannte kommt nicht. Zuhause erfährt sie von Antje, dass ein gewisser Hans angerufen hat.

B Youna erhält einen Anruf. Der unbekannte Anrufer hat ihr Handy gefunden. Youna ist überglücklich. Sie verabredet sich mit dem Finder ihres Handys in der Uni-Cafeteria. Antje ist froh darüber, dass Youna das Handy wieder bekommen hat.

C Das Telefon klingelt. Der Anrufer hat das Handy von Youna gefunden und möchte es ihr geben. Sie

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verabreden sich für die Übergabe in der Uni- Cafeteria. Youna wartet umsonst. Traurig geht Youna nach dem Unterricht nach Hause. Antje tröstet Youna.

Kapitel 6

Ü 7 Richtig oder falsch? Kreuzen Sie an.

richtig falsch1. Youna geht auf ihr Zimmer. Die □ □

Freunde und die Familie haben eineE-Mail geschrieben.

2. Youna geht ins Bett. Sie schläft gut. Sie □ □ steht pünktlich um 6 Uhr auf.

3. Youna räumt das Geschirr weg, stellt □ □die Geschirrspülmaschine an undwäscht die Wäsche.

4. Youna sitzt wieder in der Cafeteria. Sie □ □will nicht so lange wie das letzte Malauf Hans warten.

5. Der Mann hält ein Handy in seiner □ □Hand und eine Rose. Er bleibt vorYouna stehen.

6. Der junge sportliche Mann hat Youna □ □schon einmal gesehen. Die beidenverstehen sich sofort und die Zeit vergeht wie im Fluge.

7. Youna und Hans verabschieden sich. □ □Sie wollen sich nicht Wiedersehen.

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Page 43: Das Missverständnis - Almanium

Kapitel 7

Ü 8 Finden Sie in dem Chaos Sätze wieder, die sich auf Youna und Hans beziehen!ä = ae; ü = ue.

X o P P < p H Q Q > X p

u P pq X P S P p PQ X p

- Ix X > P H X < - < p

P X p s O H < s Q X X H

X H p s Ix P S Q U p - C/5

u O p X C/5 p Q X o p Q

p - < X Q P PQ X p X H

P P s o H < > P p X X P

P N PQ P Ü X C/5 PQ < S p P

O P < < X PQ P > X X p

p O X X - P < W p p p XH C/5 o p X P X p X p

c/5 X P Q PQ p H CO C/5 p 5 -

'< p p P c/5 o X < p o oQ X ~ P X S o r > X H >U X Q X C/5 u p' X H X X H

< - p PQ X < Q p C/5 X p XX H s X < X - C/5 X H p

P X X X - X X P ' - C/5 sO P X P p X O u P H o o

c / Q X > C/5 X C/5 > s

44

Page 44: Das Missverständnis - Almanium

Y O U N A C D I S T E G L U E C K L I C H

Q F I T J H H A N S O L Z E I G T X Y L 0

I H R M L D I E P G R A B M A E L E R B U

D E R H B R U E D E R A U G R I M M V I L

W E H A N S w U B R I N G T D N Y O u N A

K R I N A C H s E L E F H A U S E T T E U

V O R X D E M o T H A U S V B u M A R M T

S C H I E R O H S I E V B U N D D M A L D

K U E s S T 1 A S I E X A u F Y C D I E D

S T I R N X X L F U E R M K Y O U N A B V

V G S T E H T G M N F Ü E R N E I N E N K

M O M E N T V D I E H w E L T D S T I L L

Page 45: Das Missverständnis - Almanium

Kapitel 8

Ü 9 Beantworten Sie folgende Fragen!1. Was macht Youna auf ihrem Zimmer?2. Wozu nimmt Youna ihren ganzen Mut zusammen?3. Warum bleibt Youna ratlos zurück?

Kapitel 9

Ü 10 Was passt zusammen?1. ein relativ großes Gebiet, das mit

Bäumen bewachsen ist2. die spürbare Bewegung der Luft

im Freien3. der Teil eines Tages, während

dessen es völlig dunkel ist4. das, was die Umgebung oder

einen Körper hell macht5. eine sehr große, gefährliche Tiefe6. der Zustand von jemand, der

bedroht wird oder sich in Gefahr befindet

7. das Organ im Innern der Brust, das das Blut durch die Adern bewegt

8. eine Angst, die so stark ist, dass man nicht mehr denken kann und nur noch davon laufen will

9. Zustand frei von Geräuschen 10. etwas, das man mit der Nase

wahrnehmen kann

a. Geruch

b. Stille

c. Panik

d. Herz

e. Abgrundf. Licht

g. Nacht

h. Wald

i. Wind j. Angst

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Page 46: Das Missverständnis - Almanium

Kapitel 10-11

Ü 11 Haben Sie das im Text gelesen? Kreuzen Sie an.

Ja Nein1. Eine alte Frau öffnet Youna die Tür □ □

und bittet Youna in das Haus.2. Youna geht in das Haus und fühlt sich □ □

sicher. Sie ist froh nicht allein zu sein.3. Die alte Frau bietet Youna einen Becher □ □

mit dampfender Flüssigkeit an.4. Youna wehrt sich und will den Becher □ □

nicht trinken.5. Hans schlägt Youna, damit sie wach □ □

wird.6. Youna erkennt Hans nicht und rennt □ □

weg.7. Youna weiß nicht, ob sie wirklich in □ □

dem alten Haus war oder ob sie dasnur geträumt hat.

8. Hans will mit Youna zusammen sein. □ □Er will sich von seiner Freundin Amelietrennen.

9. Antje findet den verschwundenen Ring □ □in Emmas Fieblingspuppe.

10. Youna ist nicht wirklich glücklich. □ □

Kapitel 1 -1 2

Ü 12 Ihre Fantasie ist gefragt!Sie kennen jetzt die Geschichte von Youna. Was ist Ihrer

Meinung nach in dem Wald geschehen?

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Page 47: Das Missverständnis - Almanium

LÖSUNGEN

Kapitel 1Ü1 lb , 2 c, 3 aÜ2 1: e - 2: a, b, c, f - 3: d

Kapitel 2Ü3 a, h, d, c, e, f, g, b, i

Kapitel 3Ü4 c, f

Kapitel 4Ü 5 Emma, Heimat, zurückge­

kehrt, Schränke, Schubladen, verschlossen, Woche, Quit­tung, einkaufen, jede, Kleinig­keit, vorzeigen, nachweisen, Geld, ausgegeben, ausgerech­net, Handy, verloren, Angst, sagen

Kapitel 5Ü6 A

Kapitel 6Ü7 Ja: 3, 4, 5, 6

Nein: 1, 2 ,7

Kapitel 7Ü 8 Youna ist glücklich. Hans

zeigt ihr die Grabmäler der Brüder Grimm. Hans bringt Youna nach Hause. Vor dem Haus umarmt er sie und küsst sie auf die Stirn. Für Youna steht für einen Moment die Welt still.

Kapitel 8Ü 9 Vorschläge:

1. Sie packt ihren Rucksack für die fünftägige Exkur­sion, die morgen beginnt.

2. Sie nimmt ihren ganzen Mut zusammen, um Antje noch etwas zu sagen.

3. Youna bleibt ratlos zurück, weil sie nicht weiß, was los ist.

Kapitel 9Ü10 l h - 2 i - 3 g - 4 f - 5 e - 6 j -

7 d - 8 c - 9 b - 1 0 a

Kapitel 1 0 -11Ü l l Ja: 1 ,3 , 4, 5, 7, 9, 10

Nein: 2, 6, 8

Kapitel 1 -12Ü 12 Individuelle Lösung

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