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Einstein: The Tune
Hörerlebnis
muster
Einstein Vollverstärker „The Tune“
Was hat der Barcelona Chair mit einem
Voll verstärker der aktuellen Generation zu
tun? Eigentlich gar nichts, möchte man mei -
nen. Nun, gehen wir zurück auf das Jahr
1929, in dem zur damaligen Weltausstellung
in Barcelona der Barcelona Pavillon entstand.
Kulturell Interessierte werden das Gebäude
viel leicht auf einer Städtetour besucht haben,
denn es wurde 1987 wieder neu aufgebaut
und kann daher wieder betreten werden. Die -
ses Gebäude - samt Innenausstattung - ent -
stammt der Kreativität eines Mies van der Ro -
he und einer Lilly Reich, wobei sich van der
Ro he auch für bestimmtes Mobiliar und für
den Barcelona Chair verantwortlich zeigte.
Dieses aus vielen Bauhaus Katalogen be -
kann te Möbelstück darf durchaus als bezeich-
nend gelten für die Architekturen eines Mies
van der Rohe, der - unter anderem an der
Har vard University in Boston - den ihn prä-
genden Satz: „weniger ist mehr.“ lehrte. Und
tatsächlich hat sich kaum ein anderer Prota -
go nist der modernen Architektur ähnlich stark
an philosophischen Prinzipien orientiert wie
Mies van der Rohe.
TechnikEs soll nun einige wenige Menschen ge -
The Heart of Stone
von Thomas Terrail
ben, die diese Philosophie in ihrem Denken
maß geblich beeindruckt hat und die sie in ih -
rem Herzen mittragen. Das ganze schöpfe ri -
sche Schaffen basiert auf diesem Tun. Philo -
so phieren Sie doch einmal - und jetzt sind wir
am Ziel meiner Erklärungen angelangt - mit
dem Gründer Volker Bohlmeier von Einstein
Au dio, wenn sich dieser nachhaltige Ge dan -
ken um den Bau eines Vollverstärkers macht.
„Schauen Sie hier“, erklärt er, „ich habe kon -
se quent auf die kürzesten Signalwege ge ach -
tet. Die Energie entsteht direkt neben den
End stufentransistoren. Egal, um was es sich
han delt, ich habe immer die besten Wege ge -
sucht.“ Und tatsächlich, schaut man in den
Voll verstärker „The Tune“ genauer hinein, fin -
den sich beispielsweise hochempfindliche,
ge gen hochfrequente Einstreuung empfind-
same Bauteile mit Bedacht weit weg von dem
Touch-Screen Display. Dieses nutzt man ne -
ben dem hinten am Verstärker etwas ungüns-
tig liegenden Ein-/Ausschalter als einzige Ver -
stellmöglichkeit, um direkt am Verstärker eine
Ein stellung zu verändern. Weitere Schalter
sucht man vergebens. Es sei denn, man nutzt
die sehr gut funktionierende, hochwertig an -
mu tende Fernbedienung, die selbst bei man-
gelnder Zielgenauigkeit in Richtung des Ver -
stär kers problemlos ihren Dienst tut. Die
Bau gruppen wie zum Beispiel die Elkos, die
maß geblich die Energie für die Klangimpulse
liefern, findet man in nächster Nähe da, wo
sie gebraucht werden.
Solche Maßnahmen sind natürlich einer
Massenfertigung eher abträglich, aber dies ist
Einstein
Hörerlebnis
Friday NightWas Paco de Lucia, Al di Meola und JohnMcLaughlin an jenem denkwürdigen Abendlosließen, gehört zu den Sternstunden derMu sikgeschichte. Einer aus der Klassik-Ecke, einer vom Jazz, einer vom Flamenco -und heraus kommt eben kein Hochge -schwindig keitsbrei, wie mitunter kritisiert wur -de, sondern ein Werk wie aus einem Guss.
Kari BremnesDiese Schallplatte ist ein Hörgenuss, der sei-nes gleichen sucht. Die Instrumentierung,
leicht, luftig und gekonnt akzentuiert, unter-streicht auf unglaubliche Art die klare undausdrucksstarke Stimme von Kari Bremnes.Selbst wenn man der norwegischen Sprachenicht mächtig ist, tut das dieser Musik keiner-lei Abbruch, vielmehr verstärkt es sogar dasEmpfinden, dass sich ihre Stimme weg vonder Lyrik hin zu einem wunderbaren Instru -ment bewegt, das die Poesie der Balladenauf nonverbalem Weg direkt ins Herz desZuhörers sendet.
Diana KrallQuiet Nights spielt sich gesanglich überwie-gend im Flüster-Register ab. Zart streichelndie Geigen und Celli, umschmeicheln dieübersinnliche Stimme, alles ist warm, behag-lich: Geborgenheit. Nein, es ist kein kitschi-ger Kuschelfaktor auszumachen: die Pro duk -tion ist viel zu gut. Die Produktion ist sehr
Da geht noch was. Einstein hat die Öffnung für den D/AWandler schon mit eingeplant. Kommen soll er Anfang2015.(rechts)
auch nicht die Intention des Entwicklers. Die
Plat zierung jeder einzelnen Baugruppe des
im klassischen A/B Aufbau gefertigten Ver -
stär kers wurde unter der Prämisse gewählt,
dass Energie und Impuls über den kürzesten
Signalweg in voller epischer Breite an die
Laut sprecher abgegeben werden können.
Drehen Sie doch einmal den Verstärker auf,
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gut! Die Kanadierin Diana Krall hat sich heu -er für Bossa Nova entschieden: drei Klassi -ker von Antonio Carlos Jobim sowie JoaoGilberto, vier Standards im Bossa-Feel unddann noch drei Balladen. Die Arrangementssind hervorragend - ein absoluter Könnerverl eiht der Aufnahme seine Handschrift:Claus Ogermann. Er hat bereits frühe Bossa-Klassiker für Jobim und Gilberto arrangiert.
Miles DavisÜber den legendären Jazz-Trompeter MilesDavis erzählt man sich die Geschichte, wie
er bei einem Empfang im Weißen Haus miteiner der anwesenden Damen ins Gesprächkam und dabei fast beiläufig sagte: "Ich habeden Jazz drei oder viermal neu erfunden.Und weshalb sind Sie eingeladen worden?"Dieses enorme Selbstbewußtsein spiegeltsich in allen seinen Aufnahmen wider, vondenen sein 1959 entstandenes Werk "KindOf Blue" das wohl berühmteste ist.Aufgenommen wurde dieses Jazz-Albumzusammen mit Cannonball Adderley, PaulChambers, Bill Evans, Jimmy Cobb undJohn Coltrane während zwei Sessions am 2.März und 22. April 1959. Getreu seinemMotto "Spiele nicht, was da ist - spiele, wasnicht da ist" veredelte er exzellente Stückewie So What, Flamenco Sketches und BlueIn Green zu Jazz-Juwelen, die die Menschenauch noch fast 50 Jahre nach ihrerEntstehung tief.
ohne ihn dabei mit einem Musiksignal zu ver-
sorgen. Sie werden überrascht sein, wie ge -
ring das Rauschen auch bei voller Leistung
ist. Sie werden beim Hochdrehen der Laut -
stär ke nur ein leises Klicken hören, was aber
auf das Umschalten von Festwiderständen
zu rückzuführen ist. Die Vorteile hierbei: Zum
ei nen bleibt der Übergangswiderstand an die -
ser Stelle gering, zum anderen muss man bei
lei sen Pegeln nicht mit dem Abfall eines der
Ka näle rechnen. Eigentlich sollte es sich bei -
in dieser Preisklasse schon - referenzver -
däch tigen Verstärkern um ein „Must have“
handeln, aber leider ist das nicht immer so.
Das groß dimensionierte Netzteil zeigt
sich bei bassintensiven Musikstücken souve -
rän und verfügt über hohe Stromreserven.
Der auf der Schallplatte Quiet Nights von Dia -
na Krall beeindruckend tief aufspielende Kon -
tra bass ist hierfür ein exzellenter Gradmesser.
Die Bauchgegend wird kontinuierlich mit woh -
li gen Schwingungen versorgt, besonders bei
dem Stück „You’re My Thrill“. Überhaupt
kommt bei diesem Verstärker keinerlei Lange -
weile auf. Mit dieser durchdachten Technik
spielt „The Tune“ derart direkt, schnell und dy -
na misch auf, wie man es kaum von anderen
Ver stärkern her kennt. Es dürfte Ihnen sofort
be wusst werden, was gemeint ist, wenn Vol -
ker Bohlmeier von „Explosivität“ spricht. Und
das macht die Emotion aus, die dieser Ver -
stär ker seinem Hörer vermittelt. Das Zupfen
am Kontrabass, um bei dem obigen Beispiel
zu bleiben, erfährt dadurch eine anspringende
Live haftigkeit, die dazu noch von einer analog
klingenden Wiedergabe unterstützt wird. Die
bis her durch Röhren verwöhnten Einstein Hö -
Einstein
Hörerlebnis
Der Vollverstärker „The Tune“ kommt vorne ohneSchalter aus. Gesteuert wird er über das Touch-ScreenDisplay oder über die Fernbedienung. Oben links undrechts befinden sich zwei vergitterte Öffnungen, die dieHitze der beiden Endstufen ableiten. Der Verstärker wirddamit gerade mal lauwarm.Mies van der Rohe hätteseine Freude an dem Gerät gehabt. Schlichte Eleganzim Sinne von „weniger ist mehr“ geht so und nichtanders.
rer werden besonders überrascht sein, wie
ana log sich dieser Verstärker anhört. Als ich
Volker Bohlmeier nach dem Sinn und Zweck
von „The Tune“ fragte, antwortete er lapidar:
„Ich wollte zeigen, dass das auch mit einem
Transistorverstärker geht.“ Ich hatte von dem
Ge schäftsführer einer Firma erwartet, dass er
mir etwas über das Ausnutzen von Markt lü -
cken oder über viele Nachfragen im eigenen
Kun denkreis erzählt, aber es scheint so, als
hät te Volker Bohlmeier uneinsichtigen Röh -
ren jüngern etwas beweisen wollen. Die Philo -
so phie „weniger ist mehr“ bringt das Klangbild
die ses Verstärkers schon bedenklich nahe an
das der Röhrengeräte heran. Die klanglichen
Ansprüche, die Bohlmeier in seiner Röhren -
se rie verfolgt, spiegeln sich in dem Transistor -
ver stärker wieder und machen ihn zum Kon -
kur ren ten im eigenen Hause. Wer die Ent ste -
hungs geschichte der Hifi Manufaktur aus Bo -
chum kennt, wird sich vermutlich an das Erst -
lings werk „The Amp“ aus dem Hause Einstein
erinnern. Da waren doch keine Röhren drin,
oder? Richtig, ich kann das nur bestätigen.
Die Reputation, Transistorgeräte zu entwi -
ckeln, gibt es schon längst. Sie scheint nur et -
was in Vergessenheit geraten zu sein.
Äußerlich gibt der Verstärker seine auf Ef -
fi zi enz basierende Grundidee nicht auf. Das
pul verbeschichtete und resonanzarm gefer -
tig te Gehäuse mit leicht gebogener, schwar -
zer Frontplatte wirkt aufgeräumt, edel und
klar. Es würde nicht verwundern, wenn Mies
van der Rohe sich fragt - würde er noch leben,
ob er nicht damals in seiner Bauhaus Phase
un ter seinen Studenten einen jungen Mann
mit dem Namen Bohlmeier gehabt hat, oder
ei ne junge Frau mit dem Namen Annette
Heiss. Denn diese Dame, Bohlmeiers Ehe -
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Hier regieren die Effizienz und der kurze Signalweg.Mittig das große Netzteil, links und rechts die waage-recht angebrachten Elkos direkt an den Endstufen.
frau, macht sich über das äußerliche Design
Ge danken, gemeinsam mit den Entwicklern.
Wie die Beiden zugeben, ist man bei Ein -
stein mit dem Design noch nicht am Ende.
Weitere Geräte werden folgen, auch wenn es
we gen der gewissenhaften Entwicklungszeit
noch etwas Geduld braucht.
Das Touch-Screen Display in der Mitte ist
für große Finger ein wenig klein geraten,
spricht aber zuverlässig an. Wenn man sich
da ran gewöhnt hat, funktioniert es prächtig.
Die Quellen werden allesamt über Cinch
Buch sen hinten am Gerät angebunden. Mit
da bei ist ein hochwertiger MM beziehungs -
weis e High Output MC-Phono Eingang. Das
Lautsprecherkabel findet Platz in kräftig di -
men sionierten Schraubklemmen. Hier erfährt
man etwas über die weitere Planung, denn da
ist Platz für ein zusätzliches Modul. Anfang
2015 ist die Integration eines 24 Bit /192 Khz
Digital- /Analogwandlers geplant. Preislich
wird er sich bei einem Zuschlag zwischen
1.200 und 1.400 Euro bewegen, wenn man
ihn nachrüsten oder mitbestellen will. Soviel
kann ich dazu schon verraten: Der Wandler
trägt zumindest einige Gene des CD-Players
„The Source“ von Einstein in sich.
Einstein
Das Produkt:
Technische Daten
Leistung 80 W/ 8 Ohm, 130W/ 4 Ohm Sinus
Störabstand line besser als 95 dB, Phono MM besser als 70 dB, USB 95 dB, SPDIF 95 dB
Bedienung Touchscreen und Fernbedienung, Umschaltbarer Vorverstärker Ausgang
Gehäuse: Resonanzoptimiertes Sandwichgehäuse, Thermostabilisierende massive
Kühlkörper, Massive Bodenplatte und Backpanel aus Aluminium
Abmessungen 43 x 40,5 x 13 cm, Fernbedienung im Lieferumfang enthalten
Preis: UVP 6.300 Euro
Preis für D/A Wandler (Optional): 1.200 - 1.400 Euro (Verfügbarkeit geplant ab Februar 2015)
Hersteller: Einstein Audio Components GmbH
Prinz-Regent-Str. 50-60, 44795 Bochum
Tel.: +49 (0)234- 9731512, Fax: +49 (0)234- 9731511
E-Mail: [email protected]
Internet: www.einstein-audio.de
Die technisch anmutende, schwere Fernbedienung liegtgut in der Hand. Positiv fällt auf, dass der Verstärkerauch reagiert, wenn man nicht direkt auf ihn zielt.
HörerlebnisIch habe schon einiges zum Klangbild
vor weggenommen. Dies ist meines Erachtens
notwendig, weil so die Absichten für die Fein -
arbeit deutlich werden. Die Schaltung verfügt
über eine derart große Bandbreite, dass
feins te Details hörbar werden. Selbst schwie -
rige Stücke mit heftig großer Auslenkung wie
„Sangen om fyret ved Tornehamn“ von Kari
Brem nes auf einer hochwertigen 180 Gramm
Pressung vermögen den Einstein Verstärker
nicht einmal die Spur aus der Ruhe zu brin-
gen. Die ultratiefen, kräftigen Bässe werden
sau ber an die Lautsprecher übertragen, so
dass man sich eher über deren neue, bislang
nicht gekannte Qualität wundert. Verant wort -
lich ist aber der Einstein mit seinem hohen
Dämp fungsfaktor, der darauf ausgelegt ist,
auch schwierige Lautsprecher zu kontrol-
lieren.
Mehr aus Spaß als aus professioneller
Sicht - ich gebe es ja zu - habe ich mal meine
al te Status Quo-Live von 1976 auf den Plat -
ten spieler gelegt. Ich kann Ihnen sagen, ich
hatte richtig Spaß. Das mir sonst bekannte
sumpfige Ineinander der Gitarristen Francis
Rossi, Richard Parfitt und Alan Lancaster
wäh rend des Roadhouse Blues fächert sich
auf einmal sauber und bühnenhaft auf und
dür fte den damaligen Zuhörern in dieser Form
schon aufgrund der massiven Lautstärke
kaum zu Ohren gekommen sein. Dabei wird
der Verstärker gerade mal lauwarm, was ein
nicht zu unterschätzender Faktor für eine lan -
ge Lebensdauer der Elektronik sein dürfte.
Mehr Sinn macht diese Eigenschaft sicher bei
klassischen Musikstücken wie bei Chopins
„Noc turne For Piano In E-Flat Major, Op.9
No.2“, gespielt von Artur Rubinstein. Die Fein -
heiten und die Brillanz seiner Klavieran schlä -
ge auf einmal über die heimische Anlage hö -
ren zu können, konnte man vermutlich nur zu
sei nen Lebzeiten in den vorderen Reihen sei -
ner Konzerte.
Fazit: Der Einstein „The Tune“ ist das Er -
geb nis hervorragender Handwerkskunst. Da -
bei besitzt dieser Vollverstärker schaltungs -
tech nisch keine ungewöhnlichen Innovatio -
nen. Es handelt sich eher um die von großem
Know-how getriebene Kombination, die zu
die sem guten, souveränen Klangbild führt.
Volker Bohlmeier greift ausschließlich auf
deut sche Wertarbeit zurück, falls er es in den
eigenen Hallen nicht bewerkstelligen kann.
Ideen, Skizzen, Prototypen - im Prinzip die
gan ze Gesamtleistung erbringt er allerdings
mit seinem kompetenten Team Rolf Weiler
und Uwe Gespers. Dazu kommen Techniker
im eigenen Hause, die sich für die Umsetzung
der Platinenentwürfe und Teilelisten verant-
wortlich zeigen.
Ganz im Sinne von Mies van der Rohe
gibt sich der Verstärker als ein auf das we -
sent liche reduzierte Designstück - ganz im
Sin ne von „weniger ist mehr“. Man kann ihn
sich gut zwischen Le Corbusier Möbeln und
ei ner Wagenfeld Lampe vorstellen - nicht
wirk lich auffällig, aber hochwertig und wenn
ge wünscht mit einem absolut die Sinne an -
sprechendem Klangerlebnis. TT
Einstein
Hörerlebnis
gehört mit:Vollverstärker: Einstein The TunePlattenspieler: Project Signature 10 m. Ortofon WindfeldPhonovorstufe: Einstein The Little Big PhonoPhonovorstufe: Pro-Ject Phono Box RSCD Player: Pathos DigitLautsprecher: Sonus Faber Guarneri Hommage N. 2218