Nr.
2/J
un
i 200
0 · A
TS 3
0,–
SCHMETTERLINGSFLÜGELEin architektonisches Meisterwerk
DAS AUENHAUSUnsere Außenstelle in Petronell
Seite des Generaldirektors _______ 3Das ÖKOHAUS Das Modell im Museum – das Original am Rande der Au
Hinter den Kulissen ________________ 5„Bücher für Bücher“
Cover-Story ____________ 6Der Schmetterlingsflügel – ein architektonisches Meisterwerk
Wußten Sie schon… _______________ 9Kunstschätze auch im Naturhistorischen
Forschung __________________________ 10Wurmattacken im Badesee
Forschung __________________________ 11Wiedergefunden nach 30 Jahren oder Gefühlsschwankungen einer Botanikerin
Schaun Sie sich das an… ________ 12• „Freunde“-Erwerbung im Saal 8:
Gyronchus macropterus, Kugelzahnfischaus den Solnhofener Plattenkalken
• Die lange Nacht der Museen
Die Seite für Kids & Co. _________ 13Schauen - Spielen – Selber Forschen
Tipps ________________________________ 14Pflanzenschädling Kapuzinerschnecke
Freizeit _____________________________ 15Ausflugstipp: Erlebniswelt Geologie in Gams bei Hieflau, Steiermark
2
Das Naturhistorische
Das Naturhistorische · 2 / 00
Foto der Ausgabe „weit weg – ganz nah“ – Die National Geographic Fotografen bis 2. Juli 2000 im NHMW
Foto
: Mic
hael
Nic
hols
/ N
atio
nal G
eogr
aphi
cs /
CO
NTR
AST
Impressum:
Herausgeber: Naturhistorisches Museum & Vereinder „Freunde des Naturhistorischen Museums“
Redaktion: Mag. Stefanie Kruspel & Mag. Brigitta Schmid*
Bildredaktion: Dr. Reinhard Golebiowski*
Grafik: Josef Muhsil & Kriemhild Repp*
Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Reinhard Golebiowski*
* Alle: Naturhistorisches Museum Wien, Abteilungfür Wissensvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit
Redaktionsanschrift: Naturhistorisches MuseumWien, Abteilung für Wissensvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit, Burgring 7, A-1014 Wien
e-mail: [email protected]
Homepage: http://www.nhm-wien.ac.at
Erscheinungsort: Wien
Preis: ATS 30,--; Jahresabonnement: ATS 100,--/Jahr Bestellung bei A. Kourgli, NHMW; Tel.: 521 77/213
Erhältlich im Museumsshop des NHMW
Druck: gugler print & media, Linzer Straße 11-13, A-3390 Melk
Titelbild: Nahaufnahme eines Schmetterlingflügels (Foto: M. Lödl)
Die Redaktion bedauert das Fehlen des Autorenna-mens von Dr. Heinz Kollmann bei der Coverstoryder letzten Ausgabe „Mesozoikum – Das gar nichtdunkle Mittelalter der Erdgeschichte“.
INHALT
U nsere Außenstelle in Petronell für Projektwo-chen, Exkursionen, Forschung und Naturführer-
ausbildung des Nationalparks Donau-Auen bietet„Ökologie zum Anfassen“ – Lehrbeispiel für Baubio-logie und „Earth Care Design“.
Das beginnt schon bei der Nutzung vorhande-ner Bausubstanz: „Gebäuderecycling“ statt Depo-nieschutt als wichtigste Umweltentscheidung,denn über 1/3 der Energie bei Errichtung einesHauses steckt im Material. Die Erhaltung derGrundmauern gab die Möglichkeit, aus einem häß-lich verpfuschten Althaus ein pannonisches Hauswiedererstehen zu lassen – aber bereichert durch48 m2 Sonnenwärmekollektoren für das Duschwas-ser im Sommer und die Fußboden-Niedertempera-turheizung unter den „römischen Fliesen“ im Win-ter (ergänzt durch Hackschnitzel aus der Au oderHolzmehl-Pellets) und mit einer Wärmedämmtech-nik (Flachs, Kork Schaumglas), die ein völlig CO2 -neutrales Niedrigenergiehaus ermöglicht, isoliertwie eine Thermosflasche, z.B. mit 14 cm starkenPressplatten aus Korkabfall über den Hochlochzie-geln. Die Sicherung des Korkabsatzes ist zugleichein Beitrag zur ökonomischen Erhaltung arten-reicher Kulturlandschaften Spaniens und Portugals,z.B. der Extremadura. Naturschützer Europas emp-fehlen Kork zur Sicherung der Bestände von Kra-nich und Blaurake, Störchen, Greifvögeln und ural-ten Nutztierrassen, welche die weiträumigen Kork-und Steineichenhaine brauchen.
Das Nationalparkhaus lebt mit den Jahreszeiten stattunter großem Energieaufwand gegen sie. Dem Seminar-raum für 40 Personen (ihre Körperwärme entspricht ei-ner im Sommer lästigen Zusatzheizung von 3-4 KW)wurde der Plafond entfernt. Die animalische Wärmekann so über Luken am Dachfirst entweichen. Im Winter
jedoch wird eine Holzdecke eingezogen – der nun niede-re Seminarraum ist rasch warm, darüber entsteht Lager-raum für die Boote.
Der Storchenrauchfang wurde nach Angaben desWWF Deutschland und von BirdLife Österreich gebaut.
3Das Naturhistorische · 2 / 00
Seite des Generaldirektors
„Gebäuderecycling“: Das Wiedererstehen eines pannonischen Hauses
Das konsequenteste Ökohaus Österreichs: Nationalparkhaus in Petronell – Außenstelle des NHMW
„Pannonischer Stil“ erweist sich als klimagerecht.
Foto
s: B
. Löt
sch
Das ÖKOHAUSDas Modell im Museum –
das Original am Rande der Au
Die wissen, was Störche wünschen.Aber wissen das auch die Störche?!Immerhin erregte das Nest schonwährend der Bauphase ihre Auf-merksamkeit – vorläufig aber nur,um das Nistmaterial zu stehlen.
Das Nationalparkhaus bereitetauch Küchenabwässer und Duschab-wasser der Gäste in einer Pflan-zenkläranlage auf, um sie gereinigtin den WC-Spülungen nachzunut-zen; so gereinigt, dass die Installa-tionen nicht durch Seifen- und Haut-reste verkeimen. Dadurch kann man den Trinkwasser-verbrauch halbieren. Kein Tropfen Trinkwasser gehtdurchs WC. Hinzu kommen – auf Anregung des Künst-ler-Ökologen Hundertwasser – zwei neuartige Humustoi-letten ohne Wasserspülung. Auch das Regenwasser vonDach und Hoffläche wird gesammelt und verwertet. Ausder 15 KW Photovoltaikanlage auf dem Dach des NHMWliefern wir außerdem im Jahresdurchschnitt ein Mehrfa-ches des Eigenverbrauches der Akademie ins Stromnetz.
Trotz seines traditionellen Äußeren ist das Gebäudeunseres Wissens das konsequenteste Ökohaus Öster-reichs. Es ist ein 18 Mio Schilling-Experiment aus Spen-den für nachhaltige Wohn-, Gewerbe- und Tourismusbau-
ten. Die NP-Akademie und ihre zukunftsoffenen Sponso-ren zahlten das Lehrgeld, das man Tausenden privatenBausparern nicht hätte zumuten können. Es soll auch be-wiesen werden, dass modernste Bauökologie im an-heimelnden Formenkanon regionaler Baukultur – hierdes pannonischen Raumes – verwirklichbar ist. Ökohäu-ser müssen nicht aussehen wie utopische Fremdkörper,
Wäschetrommeln oder technokratische Solarschuppen,die Ortsbilder und Kulturlandschaften verfremden.
Sehen Sie sich unser 1:25 Modell im NHMW an!
Bernd Lötsch
4 Das Naturhistorische · 2 / 00
Küchen-, Dusch- und Waschabwässer werden durch eine Pflanzenkläranlage wiederaufbereitet. Auch Regenwasser von Dach und Hof wird gesammelt.
Seminarraum: im Sommer kühl – die Körperwärme der Besucher entweicht über Firstluken – im Winterdurch das Einziehen einer Holzdecke wohlig warm.
Seite des Generaldirektors
Südseitige Arkaden schatten im Sommer das Innere abund wirken im Winter verglast als Solarwärmefalle.
Mit herzlichem Dank an die Jacobs Stiftung Zürich, bauMax-x, C & A, Creditanstalt, OMV-Erdgas, Dr. G. Harmer,Heraklith, Friedensreich Hundertwasser, Leiner-Kika, Canon Austria, Wienerberger
Storchenrauch-fang: Nach WWFund BirdLife ge-baut – die wis-sen, was Störchewünschen. Wissen es auchdie Störche?
„Bücher für Bücher“
D ie Bibliotheken des NaturhistorischenMuseums beherbergen neben aktueller
wissenschaftlicher Literatur auch kostbareAltbestände. An den etwa 50.000 besonderswertvollen Bänden aus dem 16. bis 19. Jahr-hundert hat der Zahn der Zeit genagt. Auf-wendige Restaurierungen sind dringend not-wendig.
Allerdings ist diese Hilfe nicht kosten-los. Deshalb wurde die Aktion „Bücher fürBücher“ gestartet: ein Bücherflohmarkt fürReiseberichte, Belletristik, Ausstellungska-taloge, Bildbände, Krimis, Kochbücher, Kin-derbücher,… die im NHMW zu besondersgünstigen Preisen angeboten werden.
Die UB Klagenfurt hat unsere Aktion mit 30 Schach-teln voll Dubletten unterstützt! Ihren Mitarbeitern undallen, die Bücher gespendet haben, aber auch allen, diebeim Schleppen, Schlichten und Sortieren geholfen ha-ben, sei an dieser Stelle besondersgedankt.
Bei den ersten Flohmärktenwurden 40.000,– Schillingeingenommen. Wir wol-len die Tradition derBücherflohmärkte fort-setzen und bitten alleLeser um ihre Hilfe!Schauen Sie in Ihren Re-galen nach, ob sich daseine oder andere Stück
5Das Naturhistorische · 2 / 00
Hinter den Kulissen
für unsere Aktion findet. Für die Abholung der Bücher-spende wird bei Bedarf gesorgt. Und kommen Sie bei un-serem nächsten Flohmarkt vorbei. Schon mancherSammler wurde beim Stöbern in unseren Kisten fündig!
Andrea Kourgli
NÄCHSTER
„BÜCHER FÜR BÜCHER“ -FLOHMARKT:
SAMSTAG, 17. JUNI 2000 BEI DER
„LANGEN NACHT DER MUSEEN“ IM NHMW VON 1800 BIS 100!
Auskünfte über Flohmarkt, Bücherspenden und Abholung:
Andrea Kourgli, Tel. (01) 521 77 / 213 DW;
Foto
: A. S
chum
ache
r
Foto: B. Lötsch
Foto: E. VitekFo
to: A
. Sch
umac
her
Zahlreiche kostbare Altbestände der Bibliothek desNHMW müssen dringend restauriert werden.
6
Cover-Story
Das Naturhistorische · 2 / 00
Die Klasse der Insekten ist mit über1 Million verschiedener Arten die
umfangreichste Tiergruppeunserer Erde. Nach denKäfern stellen die Schmet-terlinge die artenreichsteInsektenordnung dar –bis heute sind über200.000 verschiedeneSpezies entdeckt wor-den. Sie zeichnensich durch eine bemerkens-werte Vielfalt in bezug auf Flügelformund Flügelzeichnung aus. Insektenflü-gel entstehen durch Hautduplikatur(Ausstülpungen) am mittleren und hin-teren Brustabschnitt. Die Schmetter-lingsflügel dienen allerdings nicht nurdem Fliegen, sondern sind auch Trägerverschiedenster Zeichnungsmuster undFarben. Diese können zur Tarnung derFalter beitragen oder auffällig sein undbei der Paarung eine wichtige Rollespielen.
Die vergleichende Untersuchungder Morphologie von Insekten nimmtbei der Grundlagenforschung der en-tomologischen Abteilung des Naturhi-storischen Museums einen breitenRaum ein. So werden an der Schmet-
terlingssammlung nicht nur die fürdie Artunterscheidung sehr wichtigenKopulationsorgane und Funktion undFeinbau der Gehörorgane (der soge-
nannten Tymanalorgane)untersucht, son-dern auch die Flü-
gelbasen mit ihrenüberaus komplizierten
Gelenken erforscht.
Schmetterlinge zeich-nen sich gegenüber allen
anderen Insektenordnungendurch das Vorhandensein von Schup-pen aus. Diese winzig kleinen, dach-ziegelartig angeordneten Chitin-plättchen bedecken nicht nur einenGroßteil der Flügelfläche (Ober- wieUnterseite), sondern in modifizierterForm (meist alsHärchen) fastden gesamtenKörper. Auf denFlügelflächen kann eszu merkwürdig räum-lich angeordneten Schup-pengruppierungen kommen,die oft gattungs- oder gar artty-pisch strukturiert sind (Abb. 3REM Zekelita). Schmetterlingsschup-
pen (Abb. 4) haben einen interessan-ten Feinbau. Betrachtet man sie beisehr starker Vergrößerung, so er-kennt man, dass sie aus Reihen über-lappender Plättchen und Quer-brücken bestehen, die dem Ganzen ei-ne leiterartige Textur verleihen. DieseReihen von Plättchen mit ihren Quer-brücken können eine sehr komplexedreidimensionale Struktur annehmenund so zum Brechen von Lichtstrah-len führen. Dies ist die Ursache fürdie verbreiteten Schiller- und Glanz-farben im Falterreich. Das schillerndeBlau der südamerikanischen Morpho-
falter kommt auf diese Weise zustande. Phäno-mene der Lichtbrechungführen zu dem gran-diosen Farbschauspiel,
das diese fanta-stischen Tagfalterdem Tropenreisen-den bescheren. Oftwird die Frage ge-
stellt, ob die strahlendblauen Männchen dieser Gattung
nicht allzu auffällig gefärbt sindund dadurch ein erhöhtes Risiko ein-gehen, von Vögeln schnell erkannt
Der Schmetterlingsflügel –architektonisches Meisterwerk
und Farbenpalette
Abb. 1: Schuppen von Schmetterlingsflügeln
und erfolgreich bejagt zu werden. Dem ist entgegenzu-halten, dass gerade die auffällige, blitzend blaue Oberseiteim Kontrast zur graubraun und gelbbraun getarnten Un-terseitenfärbung steht. Setzt sich ein flüchtender Morpho-falter rasch an einen Baumstamm und schließt die Flügel,wird er für einen Verfolger praktisch unsichtbar.
Die Bedeutung der Schmetterlingsschuppenfür das Flugvermögen wird stark überschätzt.
Wer kennt nicht die Warnung an unsereKinder, Falter nicht mit den Fingern anzu-
fassen, da das Abschülfernder Schuppen das Flug-
vermögen beeinträchtigenwürde. Erstaunlicherweise
können Schmetterlinge nichtnur den Verlust der Schuppen ver-
schmerzen, sondern fliegen auch dannnoch recht gut, wenn die Flügel eingerissen
und ausgefranst sind. Viel schlimmer ist für Schmetter-linge die Berührung und Verletzung der Sinnesorgane imKopfbereich (Fühler, Augen, Labialtaster). Aus diesemGrund sollte man tatsächlich beim Angreifen von Falternbesonders vorsichtig sein.
Die Haltung der Flügel in Ruhe variiert stark inner-halb der verschiedenen Falterfamilien. Tagfalter undDickkopffalter beispielsweise klappen ihre Flügel in be-kannter Weise über dem Körper nach oben. Die meistenNachtfalter breiten die Flügel mehr oder weniger flachaus oder legen sie dachförmig über dem Körper zusam-men. Dadurch kann eine mimetische Färbung, die alsTarnung und Schutz dient, voll zur Geltung kommen. Diemöglichen Flügelhaltungen sind von komplizierten, sklerotisierten Gelenken an den Flügelbasen abhängig.Im Prinzip sind zwei Bewegungsebenen möglich: vorund zurück sowie von oben nach unten. Der mögliche Be-wegungswinkel ist von Art zu Art verschieden, eine weitnach vorgezogene Haltung der Vorderflügel ist unnatür-lich und wird nur bei den typischen, ge-trockneten Museumsexemplaren durchPräparation herbeigeführt, um dieFlügelzeichnung der wissen-schaftlichen Untersuchungzugänglich zu machen.Schmetterlinge könntenaber niemals ihre Flügelin eine derart extremeStellung bringen. Das Ge-lenkssystem ist in Dutzende Ein-zelgelenke aufgespalten, die zu folgenden Komplexenzusammengefaßt werden können: die Notal-Prozesse, dieAxillar-Sklerite, die Median-Platten und die Gelenks-systeme auf der Flügelunterseite. Die Gelenke werdendurch Häute flexibel miteinander verbunden und sind
7
Cover-Story
Das Naturhistorische · 2 / 00
Abb. 2: Bunte Muster und Farben der Schmetterlingsflügel
Foto
s: M
. Löd
l
durch ein kompliziertes Muskelsy-stem im Inneren gesteuert. Insgesamtkommt es dadurch zu einer aufwendi-gen Auf- und Ab-, sowie Vor- undZurückbewegung beim Flügelschlag.
Die Flügelmembran selbst ist sehrelastisch und außerdem architekto-nisch kunstvoll durch ein System anFlügeladern verstärkt. Diese ver-zweigten Röhren, die zur Versteifungder Flügelfläche dienen, entstehenembryonal aus Lakunen, den offenenBlutgefäßen der Insekten. Diesewachsen röhrenförmig (und vonSchmetterlingsgruppe zu Schmetter-lingsgruppe in unterschiedlicher Ver-zweigung) in die Flügel hinein. Sinddie Flügel von den Schuppen befreit,ergibt sich daher ein charakteristi-sches Bild von Flügeladern, das sehrgut zur systematischen Bestimmungvon Schmetterlingen herangezogen
werden kann.
Um eine bessere Flug-dynamik zu gewährlei-
sten, wer-den Vor-der- undHinterflü-
gel durchein Haken-
Schlaufensystem
aneinandergehalten. Bei allen höher-entwickelten Schmetterlingen besitztdie Hinterflügelbasis eineoder mehrere stabile, ge-bogene Borsten (Frenula),die auf der Unterseite desVorderflügels in eineSchlaufe (Retinaculum) ein-rasten und dadurch einen ko-ordinierten Flügelschlag erleich-tern. In der Ruhestellung – wenn die
Flügel an den Körper angelegt werden– gibt es ein weiteres Systemder Fixierung: ein Klettver-schlußsystem. Auf derInnenseite der Hinter-flügel und anden Seitendes Brustab-schnittes fin-den sich Feldermikroskopischkleiner Cuticula-häkchen, die – aneinadergepreßt – eine Fixierung der Flügel in der Ruhehaltung gewährleisten, ähnlichdem modernen Verschlußsystem beiTrainingsschuhen.
Zu all den genannten, vielfältigenmorphologischen Besonderheiten desSchmetterlingsflügels kommen beieinzelnen Arten noch Sonderaufga-
ben: Flügel können die Träger vonDuftschuppen sein, die bei der
Partnerfindung eine bedeu-tende Rolle spielen. Es kön-nen sich Gehörorgane in
geschwollenen Flügel-adern verbergen oder bla-
sig aufgetriebene Flügel-bereiche zur Stridulation (Laut-
erzeugung) dienen.
Martin Lödl
8
Cover-Story
Das Naturhistorische · 2 / 00
Abb. 4: Feinbau einer Schuppe REM
Abb. 3: Räumliche Schuppen bei Zekelita antiqualis REM
D urch die Ausstellung „Mikrobilder,Wunder der Bildhauerkunst“, die
heuer von Februar bis Mai im Kunst-historischen Museum zu sehen war,wurde ich auf einen Ring in unserer Edel-steinsammlung aufmerksam, der unter„Wachsschnitzerei“ inventarisiert war,obwohl im Acquisitionsprotokoll richtigvermerkt wurde, dass es sich bei diesemRing um eine Elfenbeinschnitzerei han-delt. Der Ring mit der Mikroschnitzereikam im Jahr 1984 als Geschenk von FrauMaria Tanzer-Szongott an unser Haus.
Nach Jahren der Verborgenheit in unserer Edelstein-sammlung konnte durch den Vergleich mit anderen Mi-rabilien der Ausstellung im Kunsthistorischen Museumeine „Bestimmung“ dieses Kleinods durchgeführt werden.
Die Arbeit ist mit großer Wahrscheinlichkeit demBildhauer und Mikroschnitzer Paul Johann Hess (1743-1798; Brüssel und Wien) zuzuordnen, der zwischen 1773bis 1775 auch die in der „Maria-Theresien-Brosche“ ge-faßten winzigen Landschaftsbilder gefertigt hat. Der ausSiebenbürgen stammende Oberstaatsphysikus Dr. Theodor
Szongott, 1912†, war der Leibarzt von Bürgermeister Luegerin Wien. Seine Enkelin Frau Maria Tanzer, geb. Szongott,kann sich heute noch erinnern, dass ihr Großvater vor1900 diesen Ring von einem Patienten als Geschenk er-halten hatte und seitdem immer am kleinen Finger trug.Vergleichbare Schenkungen sind aus der Geschichtedurchaus bekannt. So machte bereits Kaiserin Maria The-resia ihrem niederländischen Leibarzt Jan Ingenhouzzwei ähnliche Verlobungsringe, ebenfalls Arbeiten von P. J.Hess, zum Geschenk. Die Szene, die der Ring in unsererEdelsteinsammlung darstellt, zeigt zwei stehende Frauenund zwei stehende Männer sowie eine sitzende Person,vielleicht ein Kind beim Füttern von Schafen. Die drei ge-
genüberliegenden Backsteinhäuser sind sehr detailliertausgeführt, werden aber noch von der filigranen Darstel-lung der drei Bäume übertroffen. Eine besonders plasti-sche Wirkung wird dadurch erzielt, dass auf dem mit zer-stoßenem Kobaltglas gefärbten blauen Hintergrund dün-ne Bäumchen in der Ferne aufgepinselt wurden. Sowohldie Art der Elfenbeinschnitzerei als auch die in Form einesBlattsaumes gearbeitete Goldfassung sind für Ringe vonP. J. Hess und für die damaligen Goldschmiedearbeitentypisch. Die Inschrift auf der Rückseite des Ringes lautet:
L.P.D. Es handelt sich vermutlich um die Initialen des ursprünglichen Besitzers. L.M
.IT
.IE ` bedeutet wahr-
scheinlich „in Freundschaft“, wobeizu bemerken ist, daß nach dem Buch-staben L ein A vergessen wurde. Die Abdeckung der aus Elfenbein ge-schnitzten Szene erfolgte mit einemflachen Bergkristallcabochon, wel-ches an seinen typischen Einschlüs-sen erkennbar ist.
Wir möchten Frau Maria Tanzer-Szongott den angebrachten Dank für
dieses wertvolle Geschenk u.a. damit aussprechen, dasswir sie bei der nächsten Hauptversammlung der Freundedes NHMW als Ehrenmitglied vorschlagen.
Ab sofort ist diese kleine Kostbarkeit in der Pultvitrinedes Edelsteinsaales zu bewundern.
V.M.F. Hammer* und P.W. Hartmann**
* Mineralogisch-Petrographische Abt., Staatliches Edelsteininstitut** Maria Enzersdorf
9Das Naturhistorische · 2 / 00
Wußten Sie schon…
Die Abdeckung zeigt typische Hohl-kanäle und Rutilnadeln, die Bergkristalleindeutig von Glas unterscheiden.
Foto
s: V
.M.F
. Ham
mer
Kunstschätze auch im Naturhistorischen
Inschrift an der Rückseite des Ringes
Goldring mit Mikroschnitzerei
aus Elfenbein;Ring mit Fassung
1.8 x 1.6 cm
Literatur zum Thema Mikroschnitzereien:P.W. Hartmann (1999): Elfenbeinkunst. – Stiepan Druck-
Leobersdorf.P.W. Hartmann (2000): Mikrobilder, Wunder der Bildhauer-
kunst. – Stiepan Druck-Leobersdorf.
V orsicht beim Baden in Naturgewässern! KleineWürmer lauern im Wasser darauf, sich durch die Haut
und in die peripheren Blutgefäße zu bohren. Sie hoffen, mitdem Blutstrom in die Venen im Bereich der Harnblase oderdes Enddarms zu gelangen und dort eine Massenproduktionvon Eiern aufzunehmen. Bei Vögeln! Die Vogelbilharzienbefallen den Menschen nur versehentlich und auch erfolg-los. Doch sie können immerhin einen lästigen Hautaus-schlag bescheren. In tropischen Süßgewässern lauern Bil-harzien tatsächlich auf den Menschen. Baden im Nil, im Niger, den afrikanischen Seen und vielen Gewässern ande-rer tropischer und subtropischer Länder kann ernste Gefahrfür Gesundheit und sogar Leben bedeuten.
Die harmloseren Verwand-ten in Europa legen im End-wirt Vogel viele Tausende Eier.Gelangen diese mit Ausschei-dungen ins Wasser, schlüpfendaraus winzige Larven, die inWasserschnecken eindringen,um sich dort nochmals kräftigzu vermehren. Schließlich ver-lassen geschwänzte Larven,die sogenannten Zerkarien,die Schnecke und machensich auf die Suche nach dempassenden Vogel zur Erfüllungihres Ziels, wieder Eier zu fa-brizieren. Ist kein passender Vogel zur Stelle, bohrensich die Vogelbilharziose-Zerkarien in andere Warmblü-ter, die sich gerade im Wasser befinden. Diese „Fehlwir-te“ können z.B. badende Menschen sein. Unter der Hautstirbt der „verirrte“ Wurm ab und erzeugt einen Haut-ausschlag. Die Zerkarien- oder Badedermatitis istzwar medizinisch harmlos, trotzdem ungemütlich, da derJuckreiz Tage bis Wochen anhält. Außerdem besteht dieGefahr von Sekundärinfektionen durch Kratzen. Als Vor-
beugung und Schutz empfiehlt sich gründliches Abfrot-tieren unmittelbar nach dem Baden in Naturteichen, bzw.das Absammeln der Wasserschnecken im unmittelbarenBadebereich. Öklogisch bedenklich dagegen ist der Ein-satz von Giften oder der verstärkte Abschuss von Was-servögeln. Therapeutisch ist der Hautarzt zuständig.
Außer diesen Bilharzien gibt es noch viele andereZerkarien, die meisten sind für den Menschen ungefähr-lich. Sie befallen Fische, Lurche, Reptilien, Vögel undSäuger. Als erste Zwischenwirte brauchen alleSchnecken oder Muscheln. Häufig sind auch noch zweiteoder dritte Zwischenwirte eingeschaltet. Das Verständnisder komplizierten Biologie ist von grossem Interesse,
nicht nur wegen der Schäden,die sie verursachen, sondernweil sie wichtige Teile vonVielfalt, Dynamik und Stabi-lität vernetzter Ökosystemesind.
Obwohl in Österreich dieZerkariendermatitis seit 30Jahren immer wieder regi-striert wurde, ist nicht genaubekannt, welche Arten vonWürmern die Verursachersind. Auch die ökologischenVoraussetzungen für das Mas-senauftreten der Zerkarien
sind nicht geklärt. In einem Projekt des Naturhistori-schen Museums in Wien und der Universität Pragwurden und werden Tausende Schnecken von diversenGewässern auf das Vorhandensein von Zerkarien unter-sucht. Die Fragen, die sich stellten, waren vor allem: WelcheZerkarien kommen überhaupt vor? Welche kommen als Er-reger der Dermatitis in Frage? und In welchen Schneckenentwickeln sie sich? Zuerst wurde in einem groben Über-blick die Zerkarienfauna der heimischen Süßwasser-
10
Forschung
Das Naturhistorische · 2 / 00
Foto
: R. G
oleb
iow
ski
Wurmattacken im Badesee
Foto
: R. K
onec
hy
D er Pannonische Pippau (Crepispannonica) ist eine der selten-
sten Pflanzen Österreichs und wird inder „Roten Liste“ als „vom Aussterbenbedroht“ bezeichnet. In den letzten 30Jahren hat ihn niemand gesehen. Diebulgarische Botanikerin DessislavaDimitrova führte Untersuchungen andieser Art durch und benötigte dafürunbedingt frisches Samenmaterial. Ihre Erlebnisse bei der Wiederfindungdes Pannonischen Pippaus werdenhier geschildert, einschließlich ihrerjeweiligen Gefühlslage:
für gute, für neutrale und .für schlechte Stimmung.
Die Suche beginnt 1999 mit demBefragen einiger Kollegen, ob sieden Pannonischen Pippau kennen
, doch niemand weiß einen aktuel-len Fundort . Bei der Nachforschung im Herbar des Na-turhistorischen Museums finden sich einige Belege vomBisamberg und vom Kronawett . Jedoch fast alle dieserNachweise stammen von 1930 - 1940 , nur zwei neuereBelege aus den 60ern . Der Bisamberg ist ja eine klareOrtsangabe, aber dort kennen sich die Kollegen gut ausund haben diese Art noch nie gesehen . Bleibt nur noch
der Kronawett, doch wo befindetsich der? . „So im Vorbeigehen“kann zumindest dieses Rätsel gleichgelöst werden , denn auf dem Kro-nawett wohnen zwei Botaniker, ei-ner im Westen und einer im Norden. . Der Berg gehört zu Hagenbrunn,nördlich von Stammersdorf, gleichhinter dem Bisamberg . Er ist heuteSiedlungsgebiet und bis zum Gipfelverbaut . Doch ganz nahe beimGipfel gibt es noch kleine Trocken-rasenflächen ; dort könnte sich derPannonische Pippau verstecken .
Am folgenden Wochenende wirdim Gelände gesucht , zunächstquer über den Bisamberg - irgendwokönnte doch noch eine Pflanze sein -ohne Erfolg . Spät am Nachmittagschließlich ein letzter Versuch aufdem Kronawett . Beim Aufstieg
zwischen den Häusern und den Weingärten kaum einFleck, der sich eignet . Nur ganz oben, nahe des „Gip-fels“, einige Trockenrasen mit reicher Artenfülle - undschließlich am Buschrand einige Rosetten der gesuchtenPflanze !
Hoffentlich bleibt diese Fläche noch länger erhalten …Ernst Vitek
schnecken dokumentiert. Besonderes Augenmerk galtZerkarien mit Gabelschwanz und zwei Augenflecken,möglichen Erregern der Badedermatitis. Es wurden dreiderartige Zerkarienarten in drei Schneckenarten nachge-wiesen. Die Infektionsrate lag, bezogen auf die spezifi-schen Schneckenarten nur zwischen 0,1% und 1%.
Ziel des laufenden Projektes ist – neben der weiterenErfassung des Artenspektrums – das Verständnis der öko-logischen Rahmenbedingungen für die Lebenszyklen der
Parasiten und deren Bedeutung für die Ökosysteme.Doch auch die Ökologie und Systematik anderer Artensind von größtem Interesse. Die erfaßten Daten sindGrundlage für weiterführende Untersuchungen undletztlich auch für praxisorientierte Anwendungen.
Helmut Sattmann
11
Forschung
Das Naturhistorische · 2 / 00
Foto
: E. V
itek
Wiedergefunden nach 30 JahrenoderGefühlsschwankungen einer Botanikerin
Foto
: H. S
attm
ann
Foto
: H. S
attm
ann
Gabelschwanz-Zerkarie des „Entenwurms“
(Trichobilharzia szidati)
➪
➪
➪
➪
➪
➪
➪
➩
➩
➩
➩
➩ ➩➩ ➩
➪ ➪➪
➩
➩
➩➩
➩
➩
➩
➩
➩
Körper der Zerkarie von Trichobilharzia szidati mitSaugnäpfen, Bohrdrüsen
und Augenflecken
N ach dem Flugsaurier von 1998haben die Freunde des NHMW
1999 eine weitere Kostbarkeit aus derweltbekannten Fossillagerstätte derSolnhofener Plattenkalke „an Land gezogen“: Gyronchus macropterus, einen ca. 150 Millionen Jahre altenKugelzahnfisch aus der Gruppe derKnochenschmelzschupper.
Obwohl nur 7,5 cm groß und auf denersten Blick eher unscheinbar, handeltes sich bei diesem Objekt um eine echteRarität. Der Fisch ist nicht nur unge-heuer selten, sondern auch hervorra-gend erhalten und präpariert. Die Frei-legung des Fossils erfolgte nicht durchSpaltung der Schichten, sondern von„oben“ her, durch die Deckschichte.
Auch ein Blick auf die zuStein gewordene Umgebungdes Fisches lohnt sich: Bei denam unteren Rand der Stein-platte scheinbar „wachsen-den“ Büschen handelt es sichnicht um Pflanzen oder Koral-len, sondern um Dendriten,zarte anorganische Gebildeaus Eisenoxid, die nach Art derEisblumen auf Schichtflächenund Klüften auskristallisieren.Links oben befinden sich meh-rere Exemplare des Schlan-gensterns Saccocoma, einesStachelhäuters mit fünfstrah-liger Symmetrie aus der Verwandt-schaft der Seelilien. Die Enden seinerzehn Arme sind eingerollt.
Das exquisite Objekt ist seit Februarin der Vitrine 36 im Saal 8 zu sehen.
Ortwin Schultz
Ritschert - „Essen wie in der Urzeit“Unsere Prähistoriker bereiten für Sie diewiederentdeckte Verpflegung der urzeit-lichen Bergleute in Hallstatt zu.
Unter dem Sternenhimmel und im Café NautilusBei Schönwetter serviert das Café Nautilusphantasievolle Drinks und kulinarischeÜberraschungen in einer Bar vor dem Museum.
„Die präparierte Welt“Werfen Sie einen Blick in unsere zoologi-sche Präparationswerkstatt! (18 - 24 Uhr,zu jeder vollen Stunde)
Live-MikrotheaterUnser Mikrotheater entführt Sie in dieWelt des Wassertropfens, die Wunderweltder Insekten und zeigt Ihnen die Geheim-nisse des Meeres! (Vorstellungen 18 - 24Uhr, zu jeder vollen Stunde)
„Bücher für Bücher“ Ein Bücherflohmarkt der besonderen Art.Der Erlös trägt dazu bei, kostbare Altbe-stände der Museumsbibliotheken zu re-staurieren. (18 - 24 Uhr)
Nächtliche Spezialführungen: (Treffpunkt: Untere Kuppelhalle)
18.30, 21.00 S. Gaal-HaszlerSchmetterlinge Ein Blick hinter die Kulissen der Schmet-terlingssammlung.
19.00, 21.30 N. Turk, S. RandolfDer Seestern und der SchiffsarztEine abenteuerliche Führung durch dieGeschichte der Expeditionen.
19.30, 22.00 A. KernHallstatt - alte Gräber, neue FundeVom Leben und Sterben der Bergleute imurzeitlichen Salzbergwerk.
20.00, 22.30 V. StaglSchätze, Raritäten und BesonderheitenEine Entdeckungsreise durch das Museumbis zum Dach.
20.30, 23.30 H. KollmannDinotrackDinosaurier & Co.
23.00, 24.00 S. Kruspel Haben Sie das Museum schon bei Nacht gesehen?Kulturhistorisches mit Ausblicken vomDach über das nächtliche Wien.
12 Das Naturhistorische · 2 / 00
Schaun Sie sich das an…
Kostbare „Freunde”-Erwerbung im Saal 8: Gyronchus macropterus,
ein Kugelzahnfisch aus den Solnhofener Plattenkalken
Kugelzahnfisch Gyronchus macropterus - Größe: 7,5 cm - Alter: Oberjura, ca. 150 Mio.Jahre - Fundort: Eichstätt in Bayern
Foto
: A. S
chum
ache
r
Foto
: B. L
ötsc
h
Die lange Nacht der Museen
am 17. Juni 2000
Im Natur-historischen Museum von
18 bis 1 Uhr früh!
SchneckenkönigeDie meisten Schneckenhäuser sindrechts gewunden. Wenn du einSchneckenhaus mit der Spitze nachoben und der Öffnung vor dir hältst, istdie Öffnung also meistens rechts.
Es gibt aber ganz selten auch linksgewundeneSchneckenhäuser. Im Volksmund werden sie
als „Schnecken-könige” be-zeichnet.
„Schnecken entdecken“ gibt es auchals einstündige Führung oder als drei-stündiges Unterrichtsprojekt für Schul-klassen und als Kindergeburtstag.
Information und Anmeldung: Museumspädagogik des NHMW: 52177/335 (Mo, Mi-Fr: 9-12 Uhr).
Süße Früchte für rauhe Zungen
Setze eine Schnecke auf die Innenseite einer
frischen Bananenschale. Sie wird bald eine
kahle Fraßspur hinter sich
lassen. Mit ihrer Raspelzunge,
auf der hunderte kleine
Zähnchen sitzen, schabt
sie die weiße Bananen-
schicht ab.
Öffnungrechts
Öffnung links
Die Seite für Kids & Co.
Schauen - Spielen - Selber Forschen
13Das Naturhistorische · 2 / 00
Auch kleine Schnecken werden einmal groß
Um zu beobachten, wie schnell eine Schnecke wächst,
kannst du den Schalenrand von jungen Weinberg-
schnecken mit einem Nagellacktropfen markieren.
Schon bald wirst du vor diesem Punkt neue Zuwachsringe
sehen. Vergiss nicht, die Schnecke bald wieder dort zurück-
zusetzen, wo du sie mitgenommen hast!
Langsam, aber sicher!Lass eine Schnecke über eine Glasplatte kriechen. Auf der Glasunterseite kannst du beobachten, wie sich auf der Kriechsohle Wellen bilden. Sie entstehen durch das Zusammenziehen der Muskeln, wobei die Kriechsohle immer ein wenig angehoben und wieder aufgesetzt wird. So schiebt sich dieSchnecke langsam vorwärts.
Schnecken sind fad...
Schleimig, schlatzig, langsam und zu nichts nutze. Stimmt nicht! Es gibt unter ihnen welche, die sehr giftig sind oder gefährliche Krankheiten übertragen. Aber sie werden auch gegessen, zu Schmuck verarbeitet und
haben ihren Platz im Aberglauben ebenso wie in der Volksmedizin.
Wenn du Neues und Interessantes überSchnecken wissen willst, kannst du dir die Broschüre „Schnecken ent-decken“ mit vielen spannenden
Geschichten über Schnecken, Muscheln und Tintenfische kaufen. Wo? Im Shop des Naturhistorischen
Museums. Für junge Naturforscher gibt es dort in Kürze auch den Bestimmungsschlüssel „Welche Schnecke ist das?“ zu kaufen.
Kannst du aus den vielen Schnecken auf diesem Blatt den Schnecken-könig herausfinden? Sein Haus ist anders herum gedreht!
14
Tipps
Das Naturhistorische · 2 / 00
genossen. Milchsaft undStacheln schützen nicht, nur von Blattläusen
befallene Pflanzen werden abgelehnt. Zu den begehr-testen Futterpflanzen zählen Ackerdistel, Huflattich,Franzosenkraut, Spitzwegerich und Ackerhahnenfuß,weniger beliebt sind Ehrenpreis, Flohknöterich, Lab-kraut, Leinkraut, Wiesenklee und Schafgarbe.
Wo kommt sie vor?
Monokulturen und vom Menschen geformte Lebens-räume werden bevorzugt. Dort tritt die Kapuziner-schnecke in der Paarungszeit oft massenhaft auf.
Wie kann man sie bekämpfen?
• Schneckenzäune um vorher „gesäuberte“ Beete
• Schilfhäcksel, die um die Beete gestreut werden
• Laufenten (verursachen andere Schäden im Garten)
• Aufsammeln (mühsam und ineffizient)
• Bierfallen (die Ausbeute ist gering)
• Tötung mit Salz (qualvoll; eine schmerzlosere Methodeist Durchschneiden. Getötete Tiere sollten kompostiertwerden, um nicht Artgenossen anzulocken.)
• Spezialködergemisch (Graber & Sutter): 200 g befeuch-tete Weizenkleie und 50 g Katzen- oder Hundebiskuits -quellen lassen und gut durchmischen
• Streuen von Branntkalk (nur bei schweren Böden emp-fehlenswert )
• Streuen von Sägemehl oder Gerstenspelzen
• Chemische Mittel (bekämpfen Symptome, aber nicht diewirklichen Ursachen wie Fehlen natürlicher Gegenspieleroder Überdüngung), z.B.: MESUROL (Methiocarb); SKIPPER
(Thiodicarb; nur im Ackerbau erlaubt); Schneckenkör-ner wie FERRAMOL (Eisen-III-phosphat), LIMEX (Metalde-hyd), LIMATOX (Metaldehyd) und MESUROL (Methiocarb)
Die Patentmethode wurde unseres Wissens nach nochnicht gefunden. Weitere Vorschläge und Anregungensind uns willkommen!
Karl Edlinger
Foto
s: K
. Edl
inge
r
D ie Kapuzinerschnecke oder Spanische WegschneckeArion lusitanicus (MABILLE 1868) wurde wahrschein-
lich mit Gemüsetransporten von derIberischen Halbinsel eingeschleppt undhat sich rapide in ganz Europa ausgebrei-tet. Während sie in ihrer ursprünglichenHeimat kaum Schäden verursacht, ist sie inMitteleuropa zu einer Plage für Gärtner undLandwirte geworden. Sie wird bis 18 cm lang undist rötlich bis dunkelbraun. Sie hat kein sichtbaresGehäuse und ähnelt der verwandten, harmlosenRoten Wegschnecke (Arion rufus), welche sie zunehmenderfolgreich verdrängt.
Die gemäßigten Temperaturen, hohe Feuchtigkeitund eine Schneedecke, die im Winter ihre Gelege schützt,hatten bei uns eine ungeheure Vermehrung zur Folge.Erste Massenauftreten wurden von Mülldeponien undwiederbegrünten Straßenbaustellen bekannt. Mittlerweileist die Kapuzinerschnecke auch in Gärten ein gefürchteterPflanzenschädling geworden.
Wer frißt die Kapuzinerschnecke?
Viele Schneckenfresser verschmähen die Kapuziner-schnecke wegen ihres Schleims. Als Nahrung akzeptiertwird sie von Laufenten, Hühnern, Saatkrähen und Igeln,junge Schnecken werden auch von Amseln erbeutet,Laufkäfer „plündern“ die Gelege.
Wen frißt die Kapuzinerschnecke?
Kapuzinerschnecken fressen Gemüsepflanzen, Zier-und Wiesenblumen, Ackerunkräuter und auch tote Art-
Kapuzinerschnecken bei der Paarung
Pflanzenschädling Kapuzinerschnecke
15Das Naturhistorische · 2 / 00
Geologie erleben ist das Motto von Gams bei Hief-lau, Steiermark. Für Dr. Heinz Kollmann, Direktor
der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des Na-turhistorischen Museums, war es eine interessanteHerausforderung, Erdgeschichte einmal anders zu prä-sentieren. Das Ergebnis kann sich sehen, teilweiseauch „beklopfen“ lassen und ist zweifellos einen Aus-flug wert.
Gams bei Hieflau liegt nahe des Ennstales, inmit-ten der steirischen Kalkhochalpen. Die vielbesuchteKraushöhle ist die schönste Gipskristall-Höhle Euro-
pas. Mit den Nachbargemeinden hatsich der Ort zum Naturpark Steiri-
sche Eisenwurzen zusammenge-schlossen. GeoPfad, GeoRad und
GeoZentrum bilden den neuengeologischen Schwerpunkt imNaturpark.
230 Millionen Jahre Erdgeschichte
Ausgangspunkt ist das Geo-Zentrum, ein Ausstellungsraum undKommunikationsort für Geologie-Interessierte im neuen Gemeinde-zentrum. Es istals Einstieg in230 MillionenJahre Erdge-
schichte gedacht, die mit flachenSalzwasserlagunen am Rand riesigerWüsten beginnen und mit der großenEiszeit enden.
Den geologischen Schwerpunktbildet das Becken von Gams mit sei-nen 92-50 Millionen Jahre altenSchichten der späten Kreide- und derfrühen Tertiärzeit. Aus Stämmen vonNadelbäumen entstand Gagat, einebitumenreiche Kohle, die im 15. Jahr-hundert in Bergwerken abgebaut undzu Rosenkränzen und Trauerschmuckverarbeitet wurde. Wissenschaftlichbedeutend sind die Reste von Mee-restieren in den Ablagerungen. Vieledavon wurden erstmals in der Umge-
bung von Gams gefunden und erforscht. Vor 65 MillionenJahren ging die Keidezeit mit dem Einschlag eines Him-melskörpers zu Ende. Der „Fallout“ dieses Megaereig-nisses findet sich ebenfalls in den Gesteinen von Gams.
Geologie am Weg
Der GeoPfad, ein ca. 4 km langer Rundweg nahe desOrtes, stellt die Gesteine am Weg als Hauptdarsteller der
Erdgeschichte in den Mittelpunkt. DieEiszeit-Terrasse, fossilreiche Ablage-rungen im Becken von Gams, Zeugender Gebirgsbildung, die 200 m tiefeingeschnittene Noth-Klamm und derMensch als Landschaftsgestalter sinddie abwechslungsreichen Belege die-ses Geschehens.
GeoRad ist ein markierter Rad-weg, der einige weiter entfernte geo-logische Besonderheiten verbindet.Auf diesem ersten geologischen Rad-weg Österreichs gelangt man zu ei-nem Gagat-Stollen, zu über 100 Jahrealten revitalisierten Bauernmühlen,nahe an einen Feuer- und Flinten-steinabbau des 18. Jahrhunderts undan die Kreide-Tertiärgrenze.
Heinz A. Kollmann
15
Freizeit
Ausflugstipp:Erlebniswelt Geologie
in Gams bei Hieflau, Steiermark
In der Nothklamm hat sich der Gamsbach tief in hartes Gestein eingeschnitten.
Ablagerungen der Kreide- und Tertiärzeit bilden sanfte Hügelinnerhalb der Kalkhochalpen.
Das GeoZentrum ist vom 1. April bis 31. Oktober täglich von 9-12 und 13-16 Uhr geöffnet. Eine illustrierte Broschüre zuGeoPfad und GeoRad ist zum Preis von ATS 25,– im GeoZentrum erhältlich. Information unter Tel.: 03637/206
Trochactaeon lamarcki wurde
1832 erstmals aus Gams beschrieben.
Foto
: H.A
. Kol
lman
n
Foto
: H.A
. Kol
lman
n
Foto
: A. S
chum
ache
r