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Das Älteste Dokument für die Pflege der Mehrstimmigkeit in Dänemark

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Das Älteste Dokument für die Pflege der Mehrstimmigkeit in Dänemark Source: Acta Musicologica, Vol. 7, Fasc. 2 (Apr. - Jun., 1935), pp. 67-69 Published by: International Musicological Society Stable URL: http://www.jstor.org/stable/931561 . Accessed: 12/06/2014 16:11 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . International Musicological Society is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Acta Musicologica. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.34.79.49 on Thu, 12 Jun 2014 16:11:53 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Das Älteste Dokument für die Pflege der Mehrstimmigkeit in DänemarkSource: Acta Musicologica, Vol. 7, Fasc. 2 (Apr. - Jun., 1935), pp. 67-69Published by: International Musicological SocietyStable URL: http://www.jstor.org/stable/931561 .

Accessed: 12/06/2014 16:11

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

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In diesem Fall ist die Deklamation schlechter geworden (vgl. >impende4), aber der Text ist in seiner Ganzheit wiedergegeben. Unser Beispiel ist auch deshalb von Bedeutung, weil die beiden verschiedenen

Fassungen aus derselben Gegend stammen. Phalbse arbeitet in Loiwen. Susato und Waelrant leben schon fiber ein Jahrzehnt in Antwerpen. Damit wird der Einwand entkraiftet, daB die Aussprache und Akzentgebung in verschiedenen Gegenden anders gewesen sei und daB daher eine von uns als falsch angesehene Deklamation komme. Wir sehen hier: zwei Verleger geben am selben Ort ein Werk heraus. Die eine Redaktion gibt die originale, gleichwohl schlechte Textierung wieder. In der anderen Redaktion verbessert der Verleger die Textierung nach den neuen Grundsiitzen. Die beiden Lesarten sind lebendige Zeugen fuir das Bestehen von zwei Richtungen im musikalischen Schaffen der Mitte des Cinquecento: einer rein musikalisch orientierten und einer vom Wort ausgehenden Schaffensweise, ffir die nicht nur Kontrapunkt und Stimmftihrung, sondern auch deklamationsrhythmisch einwandfreie und inhaltlich ausdrucksvolle Wiedergabe des Worts zur musikalischen Kultur

gehoiren.

Miscellanea

MISCELLANEA DAS ALTESTE DOKUMENT FtR DIE PFLEGE DER MEHRSTIMMIGKEIT IN DANE- MARK. - A. Hammerich bespricht in seinen >Mediaeval Musical Relics of Denmark<(, 1912, 79 ff. den musikalischen Inhalt der Hs. Kiel SH 8 A 80. Die Hs. wurde wohl im spiateren 13. Jahrh. in Danemark - in Ringsted oder in Roskilde - geschrieben, und zwar, wie man annimmt, nach einem Original von 1170. Sie enthalt ein Offizium auf den hi. Martyrer Kanut, aus dem Hammerich Teile in Facsimile und in Vbertragung bietet. Es ist das Reimoffizium Ave martyr, dux Danorum, ave decus Dacie; der Text desselben ist in den Analecta hymnica XXVI nach einem Druck von 1517 veroffentlicht, die erste Antiphone wird im Repertorium hymnologicum als Nr. 1909 verzeichnet. Die Teile, die Hammerich bietet, sind: ein Hymnus fiir die 1. Vesper (Gaudet mater ecclesia, Rep. hymn. 7141, Analecta hymn. XXIII 214 wieder nach jenem Druck) mit zwei verschiedenen Melodien, ein Nokturn-Hymnus (Primo proscriptos patria, Rep. 15454, Anal. XXIII 214 wie oben) und zwei MeB3-Sequenzen: Pretiosa mors sanctorum (Rep. 15420, Anal. VIII 159) und Diem festum veneremur martyris (Rep. 4594, Anal. VIII 160), von denen die erstere fiir den Passionstag, die andere fiir die Translation des Heiligen gilt. - Wir haben uns hier nur mit dem 1. Hymnus zu befassen. Er figuriert im Offizium mit zwei verschiedenen Melodien, was an sich nicht so auffaillig ware; immerhin ist es verhfiltnismai3ig selten, daB, wie hier, die zweite Melodie nicht wieder zum Text der 1. Strophe, sondern unter der 2. Strophe aufgezeichnet ist; der Schreiber wollte vielleicht Miihe und Platz sparen. Es sind, wie bereits Hammerich mit der Unterstiitzung von Fachleuten feststellte, zwei voneinander unabhdingige Melodien zur Auswahl; dabei scheint die erste von ihnen besonders beliebt gewesen zu sein, da der Hymnus mit dieser Melodie noch zweimal vorkommt: in der 3. Nokturn (wohl eher in den Laudes!), sowie in der 1. Vesper des Trans- lationsfestes. Hier diese Melodie, deren Charakter Hammerich skandinavisch und weltlich anmutet:

Gau- det ma - ter ec - cle-si - a, Que pri-dem pro-lis nes - ci - a, Fe-cun-da spon-si gra-ti - a, Fit ste-ri - lis pu - er - pe - ra.

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Es ist dieselbe Melodie, der Peter Wagner unter den vielen Melodien zu Jam lucis orto sidere in einer Hs. aus Nevers aus dem 12. Jahrh. begegnet war und die er als stimmtauschmiilig erkannt hatte (vgl. seinen Aufsatz in der Johannes Wolf-Festschrift). Die zwei Melodieglieder,

die nach dem Schema {ba b a die zweistimmige Hymnenstrophe bilden, verbinden sich in der dinischen Fassung sogar reibungsloser als in Nevers. Wie ich in der Besprechung der Wolf-Festschrift (Zschr. f. Mw. XIV 119 f.) darlegte, begegnet uns derselbe Stimmtausch- Hymnus auch in einer englischen Hs. des 13./14. Jahrh. zum Text Nunc sancte nobis spiritus, sowie in einer St. Martial-Hs. vom Ende des 11. Jahrh. zum Text Deus in adjutorium (dies ware nicht ein Hymnus, sondern eine Deus in adjutorium-Paraphrase). Hier konnte ich noch

beifiigen, daB die Hs. Cambridge S. John's College 102, ein Consuetudinar des Marienklosters in York aus dem 14. Jahrh., auf fol. 141 unser Stiick enthalt in folgender Fassung (ich bringe wieder nur die Elemente a b, wihrend es im Original zweistimmig ausgeschrieben ist):

Nunc sanc-te no - bis spi- ri -tus, U - num pa - tri cum fi-

i - o, Dig - na - re promp-tus in - ge - ri, No - stro re - fu - sus pec-to - ri.

Hier finden wir die Angabe: >>qui in omnibus festis principalibus cantatur secundum duplicem melodiam et incipitur a duobus in medio choric. In derselben Hs. steht ferner fol. 11' der Anfang unseres Stiicks mit dem Vermerk )In omnibus festis principalibus per annum ad tertiam<. Doch noch eine Quelle ist beizufiigen: die Hs. Erlangen 237 (187), wo das Stfick auf fol. 95' steht, etwa am Ende des 12. oder am Anfang des 13. Jahrh. aufgezeichnet, zwar nur noch undeutlich, aber doch in seinen Umrissen lesbar. Es sind Neumen, die (wenn auch

unsorgfiiltig) auf ein System mit zahlreichen Linien gesetzt sind. Textlich ist es wieder der Prim-Hymnus Jam lucis, von dem erst der 1. Vers mit der aufsteigenden und dann derselbe Vers mit der absteigenden Melodiephrase aufgezeichnet ist. - Nun ware die Frage, woher diese Komposition nach Danemark kam. Es wird sich wohl eher um Frankreich oder England als um Siiddeutschland handeln. Hammerich macht aufinteressante musikalische, wie iiberhaupt kulturelle Zusammenhinge zwischen Danemark und Paris im 12./13. Jahrh. aufmerksam, doch ist andrerseits nicht zu vergessen, da13 die Danen in der ersten Hailfte des 11. Jahrh. SiUdengland beherrschten, und hierbei muBlten eher sie als die Angelsachsen kulturell empfangend sein. Nur um zu zeigen, wie verwickelt solche Entlehnungsfragen noch sind, sei der Fall der Sequenz Ab arce siderea angeffihrt, von der Hammerich S. 17 ff. anzunehmen scheint, daBt sie in Lund nach der Melodie der Pariser Sequenz Gaude prole Grecia gedichtet wurde. In der Tat ist eine Lunder Hs. vom Ende des 12. (oder vom Anfang des 13. ?) Jahrh. die ilteste bisher bekannte Quelle. Immerhin ist auch schon Frankreich mit Hss. des 13. Jahrh. vertreten

(auBer zwei im Rep. hymn. genannten Quellen noch: Assisi 695, fol. 186' oder 187, und Paris B. N. lat. 904, fol. 220). Und nun die Vorlage zu Ab arce. Als solche kommt (vgl. Anal. hymn. VIII 14) eher Mane prima sabbati in Frage, mit welcher Sequenz Gaude prole allerdings wieder verwandt ist; Mane prima kinnte aber auch englisch sein (vgl. nunmehr den 54. Band der Anal hymn., 1915, dessen Quellennachweise einige der von Hammerich besprochenen Sequenzen in ein verandertes Licht riicken). Doch um zu unserem Stimmtausch-Hymnus zuriickzukehren: es erscheint mir nicht ausgeschlossen, daB er englischer Herkunft sein kiinnte, obgleich die iilteste vorhandene Quelle aquitanisch ist. Auch in der Perspektive der Mehr- stimmigkeit gesehen, verliert er den von Hammerich vermerkten Charakter der Volkstiimlichkeit nicht. Vielleicht ist es das ilteste Denkmal der Mehrstimmigkeit im Norden iiberhaupt, da die Hs. mit dem bekannten Magnus-Hymnus aus den Orkaden paliiographisch jiinger zu sein scheint. N ach tra g. Der verehrte Herausgeber dieser Zeitschrift macht mich in dankenswerter Weise darauf aufmerksam, daB unsere Komposition mit dem Text In laudibus infantium (ein Bene- dicamus-Tropus!) nach einer bohmischen Quelle des 14. Jahrh. in den Analecta hymn. I 195

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abgedruckt ist (der Text ebenda 158, fiber die Hss. 23 f.); der um die Musikgeschichte hoch- verdiente G. M. Dreves scheint sie indessen nicht als mehrstimmig erkannt zu haben. Dies erinnerte mich daran, daB sie mit demselben Text auch in einer Miinchener Hs., clm. 560

steht, mit der wir uns noch befassen miissen. Es ist eine astronomische Hs. des 11. Jahrh., die fol. 87 '/88 auf freigebliebenem Raum musikalische Eintrage mit linienlosen deutschen Neumen enthalt. Diese Eintrige diirften spater sein als der Hauptinhalt, aber kaum spdter als das 12. Jahrh. Es sind lauter tropische Benedicamus domino: fol. 87' In festo Nicolai

(nicht im Rep. hymn.), Benedicamus flori orto (Rep. 26 687), Deo qui Stephano (nicht im Rep.; melodisch anscheinend eine verkiirzte Fassung des vorhergehenden), Benedicamus domino, creatori nostro (nicht im Rep.) und Nos factura dei (nicht im Rep.) ; fol. 88 In hoc festo gratissimo Corde letemur intimo (ohne Neumen; nicht im Rep.); dann unser In laudibus infantium (Rep. 8664; die zwei vierzeiligen Strophen sind einstimmig durchneumiert, wobei jede Strophe sich als a b a b aufbaut); Tribus digna mysteriis (nicht im Rep.); Johannes postquam senuit (Rep. 9758, vgl. Schweiz. Jb. f. Mw. III, Beil. 24); Ad Stephani solemnia (nicht im Rep.); Procedentem

sponsum de thalamo (Rep. 15522, vgl. Schweiz. Jahrb. f. Mw. III, Beil. 6, sowie unten); Pro

peccatis nostris mortuo (nicht im Rep., vgl. unten). Zuniichst noch zwei Worte fiber die beiden letzten Stiicke. Procedentem ist bekannt und ofters uiberliefert. Zu den im Schweiz. Jahrb. f. Mw. III, 74 und 93 genannten Quellen gesellen sich diejenigen, die F. Ludwig, Archiv f. Mw. V 201 f., 303 f. und 310 erwiihnt hatte, sowie: Erfurt 80 44 (vgl. Acta VI 99); Stuttgart H.-B. Asc. I 2 fol. 91' (14. Jahrh.; hier steht aber nur die Melodie der Grundstimme); Er-

langen 237 fol. 95 ' (Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrh., die Melodie der Grundstimme ist zur 1. Strophe, die der Oberstimme zur zweiten notiert; iibrigens besteht die Strophe nur aus einem 10-silbigen Vers). In der Miinchener Hs. steht erst die 1. Strophe mit der

Grundstimme, dann diese Strophe noch einmal mit der Gegenstimme; ebenso sind alle folgenden Strophen zweimal geschrieben, ohne daB aber die Neumen daffir eingetragen wiren. Beim zweiten Mal sind die Textsilben jeweilig nur durch ihre Vokale vertreten; eine ahnlich ab-

gekiirzte Notierung sahen wir in dem Fragment des 11. Jahrh. aus Chartres, das H. M. Ban- nister in der Revue gregorienne I 29 ff. ver6ffentlichte (hier erschien dies indessen iiberfliissig, da beide Stimmen partiturmfl3ig fibereinander geschrieben waren). Das letzte unserer Bene-

dicamus, Pro peccatis, l1Bt sich fiberhaupt nur durch diese Art der Aufzeichnung, bei der

jede Zeile zweimal mit verschiedener Melodie figuriert, als mehrstimmig erweisen. - Doch kehren wir zu unserer stimmtauschmaiiigen Komposition zuriick. Ich habe hier noch etwas

nachzutragen: mit ihr ist auch das Benedicamus Johannes postquam senuit identisch, das in unserer Hs. Miinchen in einer von In laudibus infantium leicht abweichenden Fassung steht und sonst ziemlich verbreitet ist (auBer den im Schw. Jb. f. Mw. III 92 genannten Quellen: Stuttgart Bibl. F 71 f. 1' ohne Noten; Stuttgart H.-B. I 95 f. 50' und 74', an letzterer Stelle ohne Noten; Miinchen Un.-B. 156 = Graduale Mosburg f. 248, vgl. H. Spanke, Zs. f. rom. Phil. 1930, 582ff.; Freiburg i. B. Stadtarchiv H 118 f. 54 und H 122 f. 170'). So tritt unser Stuck in Frankreich, Deutschland, England, Danemark und Bohmen auf, und zwar mit verschiedenen Texten: als Deus in adjutorium-Tropus (so in der altesten Quelle), als Hymnus mit verschie- denen Texten, sowie als Benedicamus-Tropus mit verschiedenen Texten, aber selbstverstiindlich immer im VersmaBl der ambrosianischen Strophe. Sie ist nicht nur das alteste Denkmal der

Pflege der Mehrstimmigkeit in Danemark, sondern sie steht auch in derjenigen Hs., die vielleicht das alteste praktische Dokument der Mehrstimmigkeit in Deutschland sein konnte

(abgesehen von Hss., die die Musica Enchiriadis und damit die in diesem Traktat enthaltenen

Beispiele iiberliefern). Diese Miinchener Hs. zeigt uns die Mehrstimmigkeit noch in zwei weiteren Fiillen im Dienste des Benedicamus; von diesen Kompositionen ist die eine spiter ifters, aber anscheinend nur im deutschen (und bohmischen) Kulturgebiet belegt, die andere dagegen bisher unbekannt, wie denn diese Quelle auch sonst durch die grole Verhiltniszahl von Unica auffallt.

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