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502 BNotizenV Nachrichten aus der Chemie| 62 | Mai 2014 | www.gdch.de/nachrichten Ikarugamycin-Biosynthese M Die heterologe Expression des Gen- clusters des polycyclischen Tetramat- macrolactams Ikarugamycin in Escheri- chia coli stellen Gulder et al. vor. Nach Sequenzierung des Clusters wurden die beteiligten Gene in verschiedenen Kombinationen exprimiert, um die für eine Produktion hinreichenden und notwendigen Kandidaten zu identifi- zieren. Dies lieferte wertvolle mecha- nistische Einblicke. Der vorgeschlagene biosynthetische Weg beginnt mit der Bildung zweier mehrfach ungesättig- ter Ketten durch eine – in bakteriellen Systemen sehr seltene – iterative Poly- ketidsynthase. Es folgen Kondensation mit L-Ornithin durch ein nichtriboso- males Peptidsynthasen-Modul und Cyclisierung zum Tetramatmacro- lactam. Für die Bildung der annellier- ten Carbozyklen ist eine zweistufige Kaskadenreaktion verantwortlich, durchgeführt von den Redoxenzymen IkaB und IkaC. Bemerkenswert ist, dass ein Cluster minimaler Größe ausreicht, um einen solch komplexen Naturstoff zu bilden. FH [Angew. Chem. 2014, 126, 3055] Unkonventionelle Koordinations- chemie in Carboanhydrase M Viele Metalloprotein-Inhibitoren wurden mit koordinationschemischen Modellkomplexen entwickelt, denn die Chelatisierung mit kleinen Molekülen in Modellkomplexen lässt meist gute Rückschlüsse auf die Bindung im Pro- tein zu. Allerdings sind so nicht alle Ef- fekte der Wechselwirkungen der Inhi- bitoren mit dem Protein zu modellie- ren. In ihrer Studie an humaner Carbo- anhydrase II (hCAII) zeigen Tierney, Cohen und Mitarbeiter nun, dass ver- schiedene Hydroxypyranthione in der Carboanhydrase einzähnig an das Zink- atom binden. In klassischen Tris(pyrazolyl)borat-Modellen koordi- nieren sie dagegen zweizähnig. Zudem stellten die Autoren mit Röntgenstruk- turanalyse und Röntgenabsorptions- spektroskopie fest, dass auch der Bin- dungswinkel im Protein anders ist: Im koordinationschemischen Modell steht das Pyranthion senkrecht zur Ebene, welche die drei Pyrazolyl-Stickstoff- atome aufspannen (Head-on-Bindung), während die Ebene des Pyranthions in der Carboanhydrase mit Winkeln von 90 bis 143° abgeknickt erscheint. Die Autoren führen dies auf hydrophile Kontakte zu benachbarten Aminosäu- ren zurück. In einer Dichtefunktional- theorie-Studie zur Winkeländerung des Chelatliganden am Zink stellen sie he- raus, dass die zweizähnige Koordinati- on bis zu einem Winkel von 120° be- vorzugt wird, wobei die Koordination zunehmend energetisch ungünstig wird. Bei noch kleineren Winkeln springt die Koordination in den einzäh- nigen Modus einer Thiolat-Zink-Bin- dung. Die Studie zeigt, dass die Umge- bung des aktiven Zentrums die Metall- Ligand-Bindung signifikant beeinflusst und in Zukunft stärker berücksichtigt werden sollte. SHP [J. Am. Chem. Soc. 2014, doi: 10.1021/ja500616m] Hierarchische Polymermultilayer als Antifouling-Beschichtungen M Eine neue Methode zur effektiven Antifouling-Beschichtung organischer und anorganischer Oberflächen haben Grunwald, Haag und Mitarbeiter ent- wickelt. Diese Beschichtungen verhin- dern oder verlangsamen die unspezifi- sche Adsorption von Proteinen und die damit verbundene Bildung von Biofil- men, die beispielsweise bei Implanta- ten und Kathetern Infektionen oder Gewebereizungen verursacht. Querver- netzte, hierarchische Zweifach- oder Dreifachlagen aus einer beispielsweise für Polystyrol- oder Titandioxidoberflä- chen angepassten Grundschicht sowie weitere Schichten aus hyperverzweig- tem Polyglycerol unterbinden die un- spezifische Bindung von Proteinen und Zellen. Die Bindung an die Oberfläche sowie die Quervernetzung der Schich- ten erfolgt hierbei über Catecholein- heiten. Dieses Funktionsprinzip ist aus der Natur bekannt, etwa bei der Anhaf- tung von Muscheln am Untergrund. Die Oberflächen sind unter physiologi- schen Bedingungen langzeitstabil, so- dass sich das neue Verfahren für medi- zinische Anwendungen eignet. CC [Adv. Mater. 2014, doi: 10.1002/adma.201304737] Chemie OH SH O HN O NH HO O H H H H H H SH i SCoA O H 2 N OH NH 2 O 12x Asymmetrische C-H/C-H-Kupplung mit chiralen Iod-Reagenzien M Gong und Mitarbeiter berichten über eine asymmetrische Synthese von Spirooxindolen ausgehend von Malonylaniliden. Hierfür dienen chi- rale Iodarene als Organokatalysato- ren in Gegenwart einer Persäure. In dieser Reaktion werden insgesamt vier C-H-Bindungen aktiviert. Me- chanistische Untersuchungen legen nahe, dass die Reaktion nicht über einen radikalischen Reaktionspfad verläuft, sondern über die diastereo- selektive SN’-artige Cyclisierung einer Iod-Enol-Spezies unter Aktivie- rung der ortho-C-H-Bindung am Ani- lid. Die Studien zeigen, dass für die Enantioselektivität der Reaktion die dem Iodaren näheren Stereozentren verantwortlich sind; die Prolinester- Komponente spielt nur eine modu- lierende Rolle. CC [Angew. Chem. 2014, 126, 3534] N O N O R 2 R 3 R 1 R 4 N N O O R 3 R 2 R 1 R 4 I O O N O N O Me Me MeO 2 C CO 2 Me CF 3 CO 2 H, MeCO 3 H, CH 3 NO 2, rt (15 Mol-%) 26-78%, 81-90% ee
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502 BNotizenV

Nachrichten aus der Chemie| 62 | Mai 2014 | www.gdch.de/nachrichten

Ikarugamycin-Biosynthese

M Die heterologe Expression des Gen-clusters des polycyclischen Tetramat-macrolactams Ikarugamycin in Escheri-chia coli stellen Gulder et al. vor. Nach Sequenzierung des Clusters wurden die beteiligten Gene in verschiedenen

Kombinationen exprimiert, um die für eine Produktion hinreichenden und notwendigen Kandidaten zu identifi-zieren. Dies lieferte wertvolle mecha-nistische Einblicke. Der vorgeschlagene biosynthetische Weg beginnt mit der Bildung zweier mehrfach ungesättig-ter Ketten durch eine – in bakteriellen Systemen sehr seltene – iterative Poly-ketidsynthase. Es folgen Kondensation mit L-Ornithin durch ein nichtriboso-males Peptidsynthasen-Modul und Cyclisierung zum Tetramatmacro-lactam. Für die Bildung der annellier-ten Carbozyklen ist eine zweistufige Kaskadenreaktion verantwortlich, durchgeführt von den Redox enzymen IkaB und IkaC. Bemerkenswert ist, dass ein Cluster minimaler Größe ausreicht, um einen solch komplexen Naturstoff zu bilden. FH[Angew. Chem. 2014, 126, 3055]

Unkonventionelle Koordinations -chemie in Carboanhydrase

M Viele Metalloprotein-Inhibitoren wurden mit koordinationschemischen Modellkomplexen entwickelt, denn die Chelatisierung mit kleinen Molekülen in Modellkomplexen lässt meist gute Rückschlüsse auf die Bindung im Pro-tein zu. Allerdings sind so nicht alle Ef-fekte der Wechselwirkungen der Inhi-bitoren mit dem Protein zu modellie-ren. In ihrer Studie an humaner Carbo-anhydrase II (hCAII) zeigen Tierney, Cohen und Mitarbeiter nun, dass ver-schiedene Hydroxypyranthione in der Carboanhydrase einzähnig an das Zink -atom binden. In klassischen

Tris(pyrazolyl) borat-Modellen koordi-nieren sie dagegen zweizähnig. Zudem stellten die Autoren mit Röntgenstruk-turanalyse und Röntgenabsorptions-spektroskopie fest, dass auch der Bin-dungswinkel im Protein anders ist: Im koor di nations chemischen Modell steht das Pyranthion senkrecht zur Ebene, welche die drei Pyrazolyl-Stickstoff -atome aufspannen (Head-on-Bindung), während die Ebene des Pyran thions in der Carboanhydrase mit Winkeln von 90 bis 143° abgeknickt erscheint. Die Autoren führen dies auf hydrophile Kontakte zu benachbarten Aminosäu-ren zurück. In einer Dichtefunktional-theorie-Studie zur Winkeländerung des Chelatliganden am Zink stellen sie he-raus, dass die zweizähnige Koordinati-on bis zu einem Winkel von 120° be-vorzugt wird, wobei die Koordination zunehmend energetisch ungünstig wird. Bei noch kleineren Winkeln springt die Koordination in den einzäh-nigen Modus einer Thiolat-Zink-Bin-dung. Die Studie zeigt, dass die Umge-bung des aktiven Zentrums die Metall-Ligand-Bindung signifikant beeinflusst und in Zukunft stärker berücksichtigt werden sollte. SHP[J. Am. Chem. Soc. 2014,

doi: 10.1021/ja500616m]

Hierarchische Polymermultilayer als Antifouling-Beschichtungen

M Eine neue Methode zur effektiven Antifouling-Beschichtung organischer und anorganischer Oberflächen haben Grunwald, Haag und Mitarbeiter ent-wickelt. Diese Beschichtungen verhin-dern oder verlangsamen die unspezifi-sche Adsorption von Proteinen und die damit verbundene Bildung von Biofil-men, die beispielsweise bei Implanta-ten und Kathetern Infektionen oder Gewebereizungen verursacht. Querver-netzte, hierarchische Zweifach- oder Dreifachlagen aus einer beispielsweise für Polystyrol- oder Titandioxidoberflä-chen angepassten Grundschicht sowie weitere Schichten aus hyperverzweig-tem Polyglycerol unterbinden die un-spezifische Bindung von Proteinen und Zellen. Die Bindung an die Oberfläche sowie die Quervernetzung der Schich-ten erfolgt hierbei über Catecholein-heiten. Dieses Funktionsprinzip ist aus der Natur bekannt, etwa bei der Anhaf-tung von Muscheln am Untergrund. Die Oberflächen sind unter physiologi-schen Bedingungen langzeitstabil, so-dass sich das neue Verfahren für medi-zinische Anwendungen eignet. CC[Adv. Mater. 2014,

doi: 10.1002/adma.201304737]

Chemie

OHSH

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O

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SCoA

O

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Asymmetrische C-H/C-H-Kupplung mit chiralen Iod-Reagenzien

M Gong und Mitarbeiter berichten über eine asymmetrische Synthese von Spirooxindolen ausgehend von Malonylaniliden. Hierfür dienen chi-rale Iod arene als Organokatalysato-ren in Gegenwart einer Persäure. In dieser Reaktion werden insgesamt vier C-H-Bindungen aktiviert. Me-chanistische Untersuchungen legen nahe, dass die Reaktion nicht über einen radikalischen Reaktionspfad

verläuft, sondern über die diastereo-selektive SN’-artige Cyclisierung einer Iod-Enol-Spezies unter Aktivie-rung der ortho-C-H-Bindung am Ani-lid. Die Studien zeigen, dass für die Enantioselektivität der Reaktion die dem Iodaren näheren Stereozentren verantwortlich sind; die Prolinester-Komponente spielt nur eine modu-lierende Rolle. CC[Angew. Chem. 2014, 126, 3534]

N

O

N

O

R2 R3

R1 R4N

N

O

OR3

R2R1

R4

IOO

N

O

N

O

MeMe

MeO2C CO2Me

CF3CO2H, MeCO3H, CH3NO2, rt

(15 Mol-%)

26-78%, 81-90% ee

Mikrofluidische Weberei

M Xu, Wang und Chen beschreiben Polyvinylpyrrolidon-(PVP)-Mikrofasern, die auf einem Glasträger in regulären Anordnungen aufgesponnen werden. Kreuzungspunkte solcher Gitter die-nen als Reaktionskompartimente. Da-zu trugen die Autoren eine Lösung von PVP in Ethanol über eine Mikronadel auf einen Glasträger auf. Dicke und räumliche Struktur der PVP-Mikrofa-sern lassen sich durch Verfahren und Rotation einstellen. Die Fasern können zudem Zusätze enthalten, die – etwa durch Kreuzung bestimmter Fasern oder durch definiertes Auftragen von

Mikrotröpfchen – an den Kreuzungs-punkten als Mikroreaktionskammern dienen (Abbildung). Die Autoren verifi-zierten dies anhand von Fasern, die mit CdCl2 belegt waren und mit Tröpfchen aus wässrigem Na2S fluoreszierende Quantenpunkte bildeten. Die Technik eignet sich für Hybridmaterialien, Ko-dierung und Mikrosensorarrays. SN[Angew. Chem. 2014, 126, 4069]

Cytochrome zur selektiven Cycloalkan-Hydroxylierung

M Die Gruppe um Reetz beschreibt ei-nen biokatalytischen Ansatz zur selek-tiven C-H-Oxidation. Dabei hydroxy-liert Cytochrom P450 BM3 nackte Alka-ne wie Methylcyclohexan in guter Re-gioselektivität. Enzymvarianten aus der gerichteten Evolution über kombi-natorische Sättigung des aktiven Zen-trums (CASTing) zeigen hierbei mitun-ter hohe Enantio- und Diastereoselek-tivitäten im Aufbau von Cyclohexano-len mit zwei benachbarten stereoge-nen Zentren. JD[Angew. Chem. 2014, 126,

doi: 10.1002/ange.201310892]

503Chemie BNotizenV

Nachrichten aus der Chemie| 62 | Mai 2014 | www.gdch.de/nachrichten

DNA-Polymer-Hybride per ATRP

M Phosphoramidit-Initatoren der Atomtransferradikalpolymerisation (ATRP) lassen sich in der Festphasensyn-these von Nukleinsäuren als Baustein einsetzen, zeigen Averick et al. Die end-gruppenfunktionalisierten DNA-Seg-mente eignen sich für DNA-Polymerhy-bride, deren Synthese sowohl in Lösung als auch an der festen Phase durchführ-bar ist. Die DNA ist unter den Bedingun-gen der ATRP stabil, wie Fluoreszenz-messungen und Größenausschlusschro-matographie zeigten. Das DNA-Seg-ment ist zugänglich, sodass komple-mentäre Stränge hybridisierbar sind. Darüber hinaus eignet sich der Initiator, um kleine bioaktive Moleküle wie Biotin anzubinden. ATN[Angew. Chem. 2014, 126, 2777]

Ligandenfeld und ultraschnelle Photophysik

M In einer photophysikalischen Studie an Kristallen von [Zn1-xFex(ptz)6](BF4)2 (x = 0,1) beobachten Hauser et al. den LIESST-Effekt (light-induced excited spin state trapping) und den Reverse-LIESST-Effekt über die Einstrahlung direkt in die Ligandenfeldbanden. Dabei identi-fizierten sie einen Triplett-Liganden-feldzustand mit einer Lebenszeit von 39 ps in der Reverse-LIESST-Kaskade, die auf die Anregung in den spinerlaubten

Ligandenfeld-Übergang der High-spin-Spezies im NIR folgt. Mit transienter Absorptionsspektroskopie zeigten die Autoren, dass auch für die Anregung in Ligandenfeldübergänge die Intersys-tem-Crossing-Prozesse ultraschnell ab-laufen. Diese Erkenntnisse helfen auch, die photochemische Physik anderer Übergangsmetallkomplexe in Photo-voltaik und Medizin zu verstehen. SHP[Angew. Chem. 2014, 126, 3944]

Homoleptisches Diazeniumkation

M Villinger und Schulz et al. beschrei-ben die Synthese eines homolepti-schen Diazeniumkations, das nur bei Temperaturen unterhalb von –30 °C stabil ist. Bei der Synthese gingen die Autoren vom Quecksilber(II)-di -hydrazid Hg[Me3SiNN(SiMe3)2]2 aus und oxidierten dieses bei –80 °C mit einer Suspension von Ag[GaCl4] in CH2Cl2. Nach Erwärmen auf –30 °C erhielten sie so eine blaue Lösung, die sie vom gleichzeitig gebildeten schwarzen Ag/Hg-Amalgam abfiltrier-ten. Aus der blauen Lösung bilden sich bei –80 °C blaue Kristalle des Salzes [GaCl4][Me3SiNN(SiMe3)2]. Die blaue Farbe resultiert – wie zeitabhängige DFT-Rechnungen zeigten – aus einem HOMO-LUMO-Übergang im Kation [Me3SiNN(SiMe3)2]+. AS[Angew. Chem. 2014, 126, 3314]

Alkene als Nukleophile in der allylischen Substitution

M Carreira und Mitarbeiter präsen-tieren eine Variante der übergangs-metallvermittelten allylischen Sub-stitution, die direkt und stereoselek-tiv racemische Allylalkohole und nichtaktivierte Olefine kuppelt. Die Kombination eines Iridium-Phosphor -amidit-Katalysators und eines un-

symmetrischen Bis-Sulfonimids führt dabei zu einer dehydrativen Allyl-Alken-Kreuzkupplung. Es bilden sich unterschiedlich substituierte 1,5-Diene in allgemein hoher opti-scher Reinheit mit exzellenter Regio-selektivität. JD [J. Am. Chem. Soc. 2014, 136, 3006]

OH

R'

+

O

OP N

SNHS

O OOO

CF3

F3CiPr

iPr iPr

(16 Mol-%)

[Ir(cod)Cl]2 (4 Mol-%)

(50 Mol-%)

4Å MS, CHCl3, 25 °C, 24 h

R

R

R'rac

51-85% Ausbeute98-99% ee

R = H, OMe, Br, I,CF3, CHO

R' = Alkyl, Cycloalkyl,Phenyl, Vinyl, OMe

X

504 BNotizenV Chemie

Nachrichten aus der Chemie| 62 | Mai 2014 | www.gdch.de/nachrichten

Radikale der 3. Hauptgruppe in Oxidationsstufe +2

M Die Oxidationsstufen +1 und +3 dominieren die Chemie der Metalle der 3. Hauptgruppe.

Aldridge et al. stellen jetzt die Synthese monomerer ER2- Ver bin dungen (E = Ga, In, Tl; R = B[NDippCH]2; Dipp = 2,6-iPr2-C6H3) vor, bei de-

nen das Metallatom in der Oxidationsstufe +2 vorliegt, sodass alle Verbindungen of-fenschalige Radikale sind. Die

Autoren setzten dazu die einwer-tige Ausgangsverbindung E[N(SiMe3)Dipp*] (Dipp* = 2,6- (Ph2CH)2 4-Me- C6H2) mit LiR um und erhielten die ER2-Verbindungen nach Disproportionierungsreaktion in Ausbeu-ten zwischen 38 und 75 %. Als Reduktions-produkt der Disproportionierung entsteht dabei entweder das Metall oder im Fall von Tl ein Tl8R4-Cluster. Aufgrund des ho-hen sterischen Anspruchs von R liegen die ER2-Verbindungen Monomer als Radikale vor. Quantenchemische Rechnungen und EPR-Spektren zeigen, dass die Spindichte zu über 70 % an den Metall atomen lokali-siert ist. AS[Nat. Chem. 2014, 6, 315]

Über molekulare Schwingungen Selektivitäten vorhersagen

M Klassische Parameter zur Erklärung und Vorhersage von Reaktivitäten or-ganischer Moleküle sind etwa Ham-mett-, Taft- oder Charton-Beziehun-gen. Sie setzen jedoch nur einzelne sterische oder elektronische Molekül -eigen schaften in Zusammenhang – nicht aber das Zusammenspiel mehre-rer nichtlinearer Faktoren. Sigman und Mitarbeiter haben nun untersucht, wie die Stereo- und Regioselektivitäten or-ganischer Reaktionen, die auf einem Wechselspiel sterischer und elektroni-scher Faktoren beruhen, von den Schwingungsfrequenzen der beteilig-ten Gruppen in den Substraten abhän-gen. Eine solche Korrelation findet sich beispielsweise in der asymmetrischen iridiumkatalysierten Hydrierung von an den Areneinheiten unterschiedlich substituierten 1,1-Diarylethylenen. Hier korrelieren die Enantioselektivitä-ten mit den Torsionsschwingungen der aromatischen Ringe und den C-H-Va-lenzschwingungen der Alkeneinheit. Die Autoren konnten mit dieser Me-thode auch die Regioselektivitäts-trends in oxidativen Heck-Reaktionen bestimmen und vorhersagen. UJ[Nature 2014, 507, 210]

Moleküldynamik mit fließenden Orbitalen

M Kirchner und Mitarbeiter stellen ei-nen neuen Ansatz für Ab-initio-Mole-küldynamik(MD)-Simulationen vor. Da-bei verwenden sie Basisfunktionen, die nicht nur an Atomkernen zentriert sind, sondern deren Zentren sich unabhängig von diesen bewegen können (floating orbitals). Ein solcher Ansatz wurde be-reits in den Anfängen der Quantenche-mie betrachtet, aber zugunsten ausrei-chend großer Basissätze von atomzen-trierten Funktionen weitgehend aufge-geben. Die Autoren zeigen nun, dass fließende Orbitale in quantenchemi-schen MD-Simulationen den Vorteil bie-ten, dass sich die Polarisation der Bin-dungen auch für Nicht-Gleichgewichts-strukturen mit minimalen Basissätzen genau beschreiben lässt. Dies ist beson-ders für die Berechnung von Infrarot- und Ramanspektren mit MD-Simulatio-nen von Bedeutung, denn diese erfor-dern eine ausreichende Genauigkeit der Dipolmomente und Polarisierbarkeiten entlang der gesamten Trajektorie. CRJ[Phys. Chem. Chem. Phys. 2014, 16, 6997]

Podophyllotoxin auf kürzestem Weg

M Maimone et al. beschreiben ei-ne sehr kurze Route zu Podo-phyllotoxin und 4-epi-Podophyllo-toxin. Diese Aryl-tetralin-Lignane sind synthetische Vorläufer der Typ-II-Topoisomerase-Hemmer Etoposid und Teniposid. Der Schlüsselschritt der Syn-these ist eine Pd-katalysierte C(sp3)-H-Arylierung. Nach Optimierung er-reichten die Autoren 58 % Ausbeute, wobei sie eine zuvor dominante C-N-Kupplung unterdrücken mussten. Es resultiert eine Mischung aus Podo-phyllotoxin und 4-epi-Podophyllotoxin in fünf Schritten ausgehend von Bromo-piperonal. Die Route ist attraktiv, weil sich auf einer späten Stufe nahezu be-liebige Arylreste einführen lassen, wie die Autoren anhand der Synthese von vier Derivaten zeigten. FH[Angew. Chem. 2014, 126, 3179]

Syndiotaktisches Poly(b-malolactonat)

M Jaffredo et al. zeigen, dass funktio-nalisierbare, syndiotaktische Polyester durch Yttriumkatalyse zugänglich sind. Dazu setzten sie Allyl- und Benzyl-b-malolactonat unter Ringöffnungspo-lymerisation um, wobei Poly[(benzyl-b-malolactonat)-alt-(allyl-b-malolacto-nat)] entsteht. Da sich Benzyl- und Allylgruppen selektiv umsetzen lassen, ist so spezifisch funktionalisiertes Poly(b-malolactonat) zugänglich. Überraschenderweise zeigt der Kataly-sator die beste Stereokontrolle mit o,p-Dichloro-substituierten Bispheno-lat-Liganden und nicht mit Liganden mit sterisch anspruchsvollen Gruppen.

ATN[Angew. Chem. 2014, 126, 2725]

Constantin Czekelius, Düsseldorf

Jan Deska, Köln

Frank Hahn, Hannover

Sonja Herres-Pawlis, München

Christoph R. Jacob, Karlsruhe

Ullrich Jahn, Prag

Stefan Nagl, Leipzig

Axel T. Neffe, Teltow

Andreas Schnepf, Tübingen

Strukturierte Oberflächen über Hydroxygruppen

M Li et al. stellen eine Methode zur direkten ortsaufge-lösten Funktionalisierung von Oberflächenhydroxygrup-pen über Thiol-Ol-Chemie vor. Der Weg führt über die Oxidation von Thiolgruppen mit Sauerstoff unter UV-Licht (260 nm). Die Autoren nutzten zwei verschiedene hydroxygruppenenthaltende Substrate: poröses Poly-(2-hydroxyethylmethacrylat-co-ethylendimethacrylat, HEMA-EDMA) und Cellulose. Massenspektrometrie, Röntgenphotoelektronenspektroskopie und Kontakt-winkelmessungen bestätigen den Reaktionsablauf. Das Verfahren lässt sich einsetzen für die Mikrostrukturie-rung über Photomasken sowie zur sequenziellen Modifi-zierung, um multifunktionelle Oberflächen zu erhalten. Die Autoren koppelten Fluorophore und modifizierte Peptide an Oberflächen und zeigten, dass Zellen bevor-zugt in hydrophilen Bereichen wachsen. Die Methode bietet somit ein breites Anwendungsspektrum in der Bioanalytik und Biotechnik. SN[Angew. Chem. 2014, 126, 3914]

OO

O

MeOOMe

OMe

OH

OH

H4

Podophyllotoxin


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