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Physikalische Chemie anders

Date post: 24-Jun-2015
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Versuchsanleitungen zu den praktischen Übungen der Vorlesung Physikalische Chemie für Anfänger Institut für Physikalische Chemie der Universität Göttingen
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Page 1: Physikalische Chemie anders

Versuchsanleitungen zu den praktischen Übungen derVorlesung Physikalische Chemie für Anfänger

Institut für Physikalische Chemie derUniversität Göttingen

Page 2: Physikalische Chemie anders

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Page 3: Physikalische Chemie anders

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Inhaltsverzeichnis

1 BESTIMMUNG DER LOSCHMIDT-ZAHL ...........................................................................................9

1.1 DEFINITIONEN ............................................................................................................................................91.2 GRUNDLAGEN ............................................................................................................................................91.3 MEßGRÖßEN .............................................................................................................................................111.4 STICHWÖRTER ..........................................................................................................................................121.5 ANMERKUNGEN ZU VERSUCH UND PROTOKOLL.......................................................................................12

2 INTERFERENZ UND WELLENLÄNGENMESSUNG.........................................................................13

2.1 GRUNDLAGEN ..........................................................................................................................................132.2 VERSUCH .................................................................................................................................................162.3 HINTERGRUND..........................................................................................................................................182.4 VERSUCHSAUFBAU...................................................................................................................................192.5 AUSFÜHRUNG DES VERSUCHES ................................................................................................................192.6 AUSWERTUNG ..........................................................................................................................................192.7 STICHWÖRTER ..........................................................................................................................................192.8 ANMERKUNGEN ZU VERSUCH UND PRAKTIKUM.......................................................................................20

3 BESTIMMUNG DER MOLMASSE NACH VIKTOR MEYER...........................................................21

3.1 DEFINITIONEN ..........................................................................................................................................213.2 GRUNDLAGEN ..........................................................................................................................................213.3 PRINZIP DES EXPERIMENTS.......................................................................................................................233.4 BESCHREIBUNG DER APPARATUR.............................................................................................................233.5 AUSFÜHRUNG DES VERSUCHES ................................................................................................................243.6 AUSWERTUNG ..........................................................................................................................................253.7 BESTIMMUNG VON PL ...............................................................................................................................263.8 MEßGRÖßEN .............................................................................................................................................263.9 STICHWÖRTER ..........................................................................................................................................263.10 ANMERKUNG ZU VERSUCH UND PROTOKOLL ......................................................................................27

4 MOLMASSENBESTIMMUNG DURCH MESSEN DER GEFRIERPUNKTSERNIEDRIGUNG...28

4.1 GRUNDLAGEN ..........................................................................................................................................284.2 AUFGABENSTELLUNG ...............................................................................................................................344.3 BESCHREIBUNG DER APPARATUR.............................................................................................................354.4 AUSFÜHRUNG DES VERSUCHES ................................................................................................................364.5 HINWEISE ZUM VERSUCH .........................................................................................................................374.6 STICHWÖRTER ..........................................................................................................................................384.7 ANMERKUNGEN ZU VERSUCH UND PROTOKOLL.......................................................................................38

5 NERNSTSCHER VERTEILUNGSSATZ UND LICHTABSORPTION...............................................39

5.1 GRUNDLAGEN ..........................................................................................................................................395.2 AUFGABENSTELLUNG ...............................................................................................................................435.3 APPARATUR..............................................................................................................................................435.4 AUSFÜHRUNG DES VERSUCHES ................................................................................................................435.5 AUSWERTUNG ..........................................................................................................................................435.6 STICHWÖRTER ..........................................................................................................................................445.7 ANMERKUNGEN ZUM VERSUCH UND ZUM PROTOKOLL............................................................................44

6 LEITFÄHIGKEIT WÄßRIGER ELEKTROLYTE ...............................................................................45

6.1 GRUNDLAGEN ..........................................................................................................................................456.2 AUFGABENSTELLUNG ...............................................................................................................................526.3 APPARATUR..............................................................................................................................................526.4 AUSFÜHRUNG DES VERSUCHS..................................................................................................................526.5 AUSWERTUNG ..........................................................................................................................................536.6 STICHWÖRTER ..........................................................................................................................................546.7 ANMERKUNGEN ZU VERSUCH UND PROTOKOLL.......................................................................................54

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7 DISSOZIATIONSKONSTANTE EINER SCHWACHEN SÄURE.......................................................55

7.1 GRUNDLAGEN ..........................................................................................................................................557.2 AUFGABENSTELLUNG ...............................................................................................................................607.3 APPARATUR..............................................................................................................................................607.4 AUSFÜHRUNG DES VERSUCHES ................................................................................................................607.5 AUSWERTUNG ..........................................................................................................................................617.6 STICHWÖRTER ..........................................................................................................................................617.7 ANMERKUNGEN ZU VERSUCH UND PROTOKOLL.......................................................................................62

8 NEUTRALISATIONSENTHALPIE ........................................................................................................63

8.1 GRUNDLAGEN ..........................................................................................................................................638.2 AUFGABENSTELLUNG ...............................................................................................................................678.3 AUSFÜHRUNG DES VERSUCHES ................................................................................................................678.4 AUSWERTUNG ..........................................................................................................................................688.5 STICHWÖRTER ..........................................................................................................................................688.6 ANMERKUNGEN ZU VERSUCH UND PROTOKOLL.......................................................................................69

9 VERZEICHNIS DER SYMBOLE............................................................................................................70

10 SI-EINHEITEN, ABGELEITETE GRÖßEN UND UMRECHNUNGSFAKTOREN .........................72

11 PHYSIKALISCHE KONSTANTEN........................................................................................................73

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Verzeichnis der Tabellen

TABELLE 3-1: DAMPFDRUCK VON WASSER 26TABELLE 4-1: STOFFKONSTANTEN 37TABELLE 5-1: SCHRITTWEISE EXTRAKTION 41TABELLE 6-1: ELEKTRISCHE GRÖßEN 47TABELLE 7-1: MISCHUNGSVORSCHRIFT FÜR DIE VERSUCHSLÖSUNGEN 61TABELLE 8-1: STANDARDZUSTÄNDE EINIGER ELEMENTE 66TABELLE 10-1: SI-EINHEITEN 72TABELLE 10-2: ABGELEITETE GRÖßEN 72TABELLE 10-3: UMRECHNUNGSFAKTOREN 72TABELLE 11-1: PHYSIKALISCHE KONSTANTEN 73

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Einführung

Vorschriften zur Arbeit im Praktikum

1. Sicherheitsvorschriften beachten! Diese liegen bei Praktikumsbeginn aus und müssen vorBeginn des Versuches zur Kenntnis genommen werden.

2. Ausliegende Schutzbrille tragen!

3. Essen, Trinken und Rauchen ist im Praktikumssaal untersagt. Mäntel, Jacken etc. gehörennicht in den Praktikumssaal.

4. Die Versuchsausführung beginnt erst nach der Einweisung durch den Assistenten.

5. Vorsicht beim Umgang mit den Waagen! Nicht ohne Einführung durch den Assistentenbeginnen.

6. Wie die Chemikalienabfälle zu entsorgen sind, ist bei den Assistenten zu erfragen.

Organisatorisches

Vor dem Versuchsbeginn findet eine Einführung statt, in der theoretische und praktischeGrundlagen erarbeitet und überprüft werden; die Teilnahme ist Pflicht. Für die Vorbereitungauf den Praktikumsversuch wird das Nachbereiten der Vorlesung anhand von Lehr- und Prak-tikumsbüchern, das Studium dieser Praktikumsanleitung und das Befragen von Kommilitonenempfohlen. Während des Versuches wird von jedem Praktikanten ein Meßprotokoll angefer-tigt. In der sich anschließenden Woche soll ein vollständiges Versuchsprotokoll abgegebenwerden. Sollte ein Protokoll nicht testatfähig sein, so ist eine einmalige Korrektur möglich.Wird dieses verbesserte Protokoll dann nicht vom Assistenten testiert, gilt der Versuch alsnicht ausgeführt und muß an einem Nachholtermin wiederholt werden.

Für die erfolgreiche Teilnahme am Praktikum und Erhalt des Scheins sind folgende Kriterienzu erfüllen:

1. Sieben testierte Versuchsprotokolle

2. 50% aller Hausaufgaben müssen richtig gelöst sein

3. Folgende Bedingung muß erfüllt sein:

%65 21

).().(

31

).().(

61

).().(

maxmaxmax≥×+×+×

KLPktKLPkt

KTPktKTPkt

HAPktHAPkt

Page 7: Physikalische Chemie anders

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Meß- und Versuchsprotokoll

Aufbau eines Meßprotokolls

Während der Ausführung des Versuches ist ein Meßprotokoll zu führen. Dabei ist folgendeszu beachten:

1. Das Meßprotokoll ist handschriftlich, sauber und leserlich - mit Tinte oder Kugel-schreiber und nicht mit Bleistift - zu führen.

2. Das Meßprotokoll ist mit eigenem Namen (Vor- und Zuname), Datum, Versuchsanga-be und dem Namen des betreuenden Assistenten zu versehen.

3. Das Meßprotokoll muß alle Meßgrößen enthalten, in der Regel in tabellarischer Formmit sinnvoller Aufteilung1, so daß die vollständige Auswertung und das Auffinden undAbschätzen von Fehlern möglich ist.

4. Das Meßprotokoll wird durch eine Vorauswertung des Experiments ergänzt. Hierzusind Millimeterpapier, Zeichengerät und Taschenrechner mitzubringen.

5. Das Meßprotokoll erhält nach dem Ende des Versuchs ein Vortestat vom betreuendenAssistenten. Dieses Vortestat wird erst nach der Vorauswertung und der Besichtigungdes aufgeräumten Arbeitsplatzes erteilt.

Aufbau eines Versuchsprotokolls

Versuchsprotokolle müssen handschriftlich und gut lesbar sein. Bitte lassen Sie genügendRand für Bemerkungen der Assistenten. Besonders wichtig ist eine klare Gliederung. Außerden im Schema aufgeführten allgemeinen Erläuterungen werden für die Versuche spezielle,aber nicht erschöpfende Hinweise gegeben.

TitelblattNr. und Titel des VersuchsNameMitarbeiterAssistentDatum Raum für Testatstempel lassen

Auf das Titelblatt gehört eine kurze, 50-100 Wörter umfassende Zusammenfassungdes Experiments. In dieser Zusammenfassung sind neben den numerischen Ergebnis-

1 Über die Aufteilungen sind sich vor Versuchsbeginn Gedanken zu machen

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sen mit Fehlerangabe im Vergleich mit den Literaturwerten2 auch alle wichtigenSchlußfolgerungen anzugeben.

EinleitungGrundlagen, Formulierung und Darstellung der Aufgabe und Herleitung der für dieAuswertung benötigten Formeln (etwa eine Seite)

ExperimentellesVersuchsaufbau und Versuchsausführung (falls nötig mit Versuchsskizze).

AuswertungDarstellung der Meßergebnisse und Berechnung der zu bestimmenden Größen. Hierzugehören wichtige Zwischenergebnisse und evtl. graphische Darstellungen.

FehlerbetrachtungDie Fehlerrechnung beginnt mit einer konkreten und korrekten Beschreibung und Dis-kussion der auftretenden Fehler mit Abschätzung der Größe der Fehler. Die quantitati-ve Fehlerrechnung erfolgt unter Beachtung der Fehlerfortpflanzung mit den Methodender Statistik. Bei graphischen Auftragungen werden Fehlerbalken eingetragen undGrenzgeraden abgeschätzt. Am Ende wird das Endresultat mit Fehlergrenzen disku-tiert.

2 Quellenangabe nicht vergessen!

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1 Bestimmung der Loschmidt-Zahl

1.1 Definitionen

1. Die Loschmidt-Zahl NL (in der angelsächsischen Literatur „Avogadro's constant“) istdie Anzahl von Atomen in 12 g des Kohlenstoffisotops 12

6C.

2. Die Stoffmenge von NL Teilchen (Molekülen oder Atomen) einer Substanz wird mit1 Mol bezeichnet. Die Anzahl der Teilchen und die Stoffmenge werden durch dieAvogadrokonstante verknüpft:

NL = 6.02214199⋅1023 mol-1

3. Die Molmasse M ist die Masse der Stoffmenge von einem Mol bzw. die Gesamt-masse von NL Teilchen einer Substanz (übliche Einheiten: g/mol bzw. kg/mol als SI-Einheit). Analog ist das Molvolumen V das Volumen der Stoffmenge von einemMol bei einer Temperatur T und einem Druck p. Das Molvolumen entspricht demGesamtvolumen, das von NL Teilchen einer Substanz eingenommen wird (üblicheEinheiten: cm³/mol bzw. m³/mol als SI-Einheit).

1.2 GrundlagenDie Loschmidt-Zahl NL soll durch Vergleich von makroskopischer Dichte ρmakro mit mikro-skopischer Dichte ρmikro von genau zylindrisch geformten Aluminium-, Lithiumfluorid- undKalziumfluorid-Kristallen bestimmt werden. Durch genaue Bestimmung von Radius r undLänge l mittels einer Mikrometerschraube lassen sich die Volumina VZyl der Zylinder bestim-men.

lrVZyl ⋅⋅= 2π

Gleichung 1-1

Durch Wägung wird die Masse mZyl der Zylinder ermittelt, so daß sich die makroskopischeDichte berechnen läßt nach:

Zyl

Zylmakro V

m=ρ

Gleichung 1-2

Bei der Bestimmung der mikroskopischen Dichte benutzt man Eigenschaften, die sich aus derregelmäßigen Anordnung der Kristallbausteine in einem Kristallgitter ergeben. Der gesamteKristall ist durch periodische Wiederholung einer kleinsten Untereinheit, die man Elementar-zelle nennt, aufgebaut. Die Struktur und die Größe einer Elementarzelle, d.h. die Gitterstruk-tur und die Gitterkonstante d, können mit Hilfe von Röntgenstrahlen bekannter Wellenlängeermittelt werden. Das Ergebnis solcher Messungen veranschaulichen Abbildung 1-1 bisAbbildung 1-3.

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Abbildung 1-1: Die Kristallstruktur von Aluminium

Abbildung 1-2: Die Kristallstruktur von Lithiumfluorid

Abbildung 1-3: Die Kristallstruktur von Kalziumfluorid

Mit den angegebenen Eigenschaften der Elementarzellen läßt sich das Volumen VZ der ent-sprechenden Elementarzelle bestimmen und ebenso die Zahl der Moleküle NZ, die jeweils

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diesem Volumen angehören. Beispiel: Ein auf einem Eckpunkt des Würfels befindliches A-tom gehört zu 1/8 zum Würfel, ein auf der Flächenmitte befindliches zu 1/2.Beachten Sie bitte, daß beim LiF noch ein Li-Atom in der Mitte des Elementarwürfels ange-ordnet ist, welches natürlich ganz diesem Würfel angehört. Demnach gilt für die Masse mZund das Volumen VZ einer Elementarzelle:

LZZ N

MNm ⋅=

Gleichung 1-33aVZ =

Gleichung 1-4

Da der gesamte Kristall durch periodische Wiederholung von Elementarzellen aufgebaut ist,muß die makroskopische Dichte des Kristalls identisch mit der mikroskopischen Dichte einerElementarzelle sein:

Zyl

Zyl

Z

Zmikro V

mVm

==ρ

Gleichung 1-5

Einsetzen der Gleichungen für das Volumen und die Masse des Zylinders (Gleichung 1-1) undGleichung 1-3 in Gleichung 1-5 ergibt:

3amVMN

NZyl

ZylZL ⋅

⋅⋅=

Gleichung 1-6

1.3 MeßgrößenAus Masse m, Radius r und Länge l eines zylindrischen Festkörpers wird dessen makroskopi-sche Dichte berechnet. Aus Molmasse, Strukturdaten des Kristallgitters und Stöchiometrie derSubstanz erhält man das Volumen der Elementarzelle VZ, dem kleinsten Baustein des Kristall-gitters und die Anzahl der Atome pro Elementarzelle NZ. Die Gitterstruktur der Kristalle istwie folgt:

- Aluminium (Al): Kubisch flächenzentriertes Gitter aus Al-Atomen;Gitterkonstante: d = 4.049 Angström.

- Lithiumfluorid (LiF): Kubisch flächenzentriertes Gitter aus F–-Ionen; kubisch flä-chenzentriertes Gitter aus Li+-Ionen, jedoch um d/2 gegen-über F–-Gitter verschoben;Gitterkonstante: d = 4.018 Angström.

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- Kalziumfluorid (CaF2): Kubisch flächenzentriertes Gitter aus Ca2+-Ionen und kubischprimitives Gitter aus F–-Ionen;Abstand r(Ca2+ – F–) = 2.365 Angström.3

1.4 StichwörterMol; Stoffmenge; Röntgenstreuung an Gitterebenen; Gittertypen; Elementarzelle; Ionenbin-dung.

1.5 Anmerkungen zu Versuch und ProtokollBei der Ausführung des Versuchs und der Anfertigung des Protokolls sollten (mindestens)beachtet und behandelt werden:

Grundlagen: Elementarzellen; Gittertyp; Herleitung des Zusammenhangs vonNL mit den Meßgrößen.

Experimentelles: Hilfsmittel angeben; Masse, Durchmesser, Höhe jeweils zehnMal messen.

Ergebnisse: Berechnungen von NL für die 3 verschiedenen Körper.

Fehlerbetrachtung: Berechnung der statistischen Fehler.

Fehlerfortpflanzung: systematische Fehler (z.B. fehlende Ecken am Festkörper, unge-naue Nullpunkteinstellung der Mikrometerschraube und derWaage, Schmutz am Meßkörper).

Diskussion: Angabe von NL mit Fehler; Vergleich mit dem Literaturwert.Meßergebnisse: Meßprotokoll (Original!) mit Vortestat.

3 Bitte beachten Sie: Für CaF2 müssen Sie sich die Kantenlänge der Elementarzelle über eine geometrische

Operation berechnen!

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2 Interferenz und Wellenlängenmessung

2.1 GrundlagenWenn ein Lichtstrahl auf eine ebene Fläche trifft, entsteht ein neuer Strahl, der sich von dieserFläche wegbewegt. Dieses Phänomen heißt Reflektion. Dabei ist der Einfallswinkel gleichdem Reflektionswinkel (Abb. 1).

Abbildung 2-1: Reflektion eines Lichtstrahls

Ist die Fläche nicht eben sondern rauh, kommt es zu einer diffusen Reflektion oder Streuung.Dabei entstehen Strahlen, die sich in allen Raumrichtungen fortbewegen. In diesem Fall kön-nen die Austrittswinkel beliebige Werte annehmen (Abb. 2).

Abbildung 2-2: Diffuse Reflektion eines Lichtstrahls

Bei der Skala handelt es sich um eine ebene Fläche, die eingeritzt ist, also rauhe Stellen ent-hält. Demnach finden bei ihrer Bestrahlung sowohl Reflektion, als auch Lichtstreuung statt.Reflektion wird beobachtet, wenn der Strahl auf die ebenen Flächen zwischen den Markierun-gen auftrifft. Trifft er auf Markierungen, so findet an diesen Stellen Streuung statt.

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Abbildung 2-3: Streuung eines Laserstrahls

In diesem Versuch wird eine Skala mit Laserstrahlen bestrahlt und das an einer Wand entste-hende Reflektionsmuster wird untersucht. Es werden dabei mehrere Punkte auf der Wand be-obachtet (Abb. 4).

Abbildung 2-4: Beugungsmuster des Laserstrahls

Das Muster wird folgendermaßen erklärt: Wird der Laserstrahl an den ebenen Stellen reflek-tiert, entsteht der Punkt A. An den Markierungen findet Streuung statt. Die gestreuten Strah-len bewegen sich in allen Richtungen fort. Allerdings können sie wegen ihrer Wellennaturmiteinander wechselwirken, indem sie sich entweder verstärken oder abschwächen. DiesesPhänomen heißt Interferenz. Bei gegenseitiger Verstärkung der Strahlen handelt es sich umkonstruktive und bei Abschwächung um destruktive Interferenz. Die Punkte oberhalb undunterhalb von A sind das Ergebnis konstruktiver Interferenz.

Interferenz

Eine Welle am Ort x und zur Zeit t wird durch folgende Gleichung beschrieben:

( )tkxAy ω−= sin1

Gleichung 2-1

Page 15: Physikalische Chemie anders

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Dabei ist A die Amplitude der Welle, k die Wellenzahl und ω die Kreisfrequenz (Abb. 5).

Abbildung 2-5: Wellennatur des Lichts

Eine zweite Welle mit derselben Amplitude, Wellenzahl und Kreisfrequenz wandere in die-selbe Richtung und sei beschrieben durch:

( )δω +−= tkxAy sin2

Gleichung 2¬2

Dabei ist δ die Differenz der Phasen (Abb. 6), der sogenannte Gangunterschied.

Abbildung 2-6: Überlagerung zweier Lichtwellen

Die zwei Wellen überlagern, wobei eine neue Welle resultiert. Diese neue Welle berechnetsich als Summe der beiden anderen:

( ) ( )δωω +−+−=+ tkxAtkxAyy sinsin21

Gleichung 2-3

Ist δ = 0, so sind die zwei Wellen in Phase, d. h. der Gangunterschied ist gleich null. Die re-sultierende Welle besitzt dann die doppelte Amplitude:

( )tkxAyy ω−=+ sin221

Gleichung 2-4Diese Art der Überlagerung heißt konstruktive Interferenz (Abb. 7).

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Abbildung 2-7: Konstruktive Interferenz

Ein weiterer Spezialfall ist δ = π. Dann ist der Gangunterschied λ/2 und die Wellen sind ge-genphasig, d.h. sie haben denselben Betrag, aber ein entgegengesetztes Vorzeichen. Es gilt:

( ) ( )( ) ( )

0sinsinsinsin21

=−−−=

+−+−=+tkxAtkxAtkxAtkxAyyωω

πωω

Gleichung 2-5Die Wellen löschen sich aus. In diesem Fall handelt es sich um destruktive Interferenz (sieheAbb. 8).

Abbildung 2-8: Destruktive Interferenz

Allgemein gilt: Wenn der Gangunterschied ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist,findet konstruktive Interferenz statt.

,...2,1,0==∆ nnx λ

Gleichung 2-6Ist der Gangunterschied ein ungeradzahliges Vielfaches der Wellenlänge, beobachtet mandestruktive Interferenz.

,...5,3,12/ ==∆ nnx λ

Gleichung 2-7

2.2 Versuch

Im Versuch findet bei Bestrahlung der Markierungen Streuung statt. Um festzustellen bei wel-chen der gestreuten Strahlen konstruktive Interferenz auftritt, muß Gleichung (6) angewendet

Page 17: Physikalische Chemie anders

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werden. Man betrachtet zwei Strahlen, die an zwei direkt benachbarten Markierungen gestreutwerden (Abb. 9).

Abbildung 2-9: Versuchsskizze

Trifft der Strahl 1 die Markierung A, so befindet sich der Strahl 2 am Punkt D. Bis beideStrahlen wieder parallel laufen, muß Strahl 1 die Strecke AC durchlaufen und Strahl 2 dieStrecke DB. Die Differenz dieser Strecken stellt den Gangunterschied der Wellen dar. Damitkonstruktive Interferenz stattfindet, muß gelten:

,...2,1,0==− nnACDB λ

Gleichung 2-8

Aus Abb. 9 geht hervor, daß

ndAC βcos=

Gleichung 2-9

αcosdDB =

Gleichung 2-10Die Bedingung für konstruktive Interferenz ist also

( ) ,...2,1,0coscos ==− nnd n λβα

Gleichung 2-11

Page 18: Physikalische Chemie anders

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Kennt man den Abstand d zwischen den Markierungen und die Winkel α und βn, so kann dieWellenlänge der Strahlung berechnet werden. Die Winkel können direkt aus der Geometriedes Experiments berechnet werden (Abb.10).

Abbildung 2-10: Bestimmung des Reflektionswinkels

Im rechtwinkligen Dreieck von Abb. 10 sind z0 und yn die Katheten. Die Hypotenuse ist so-mit:

220 nyz +

Gleichung 2-12Daraus ergibt sich für die in Abb. 4 angegebenen Winkel:

220

0cosn

nyz

z

+=β

Gleichung 2-13Und

20

20

0cosyz

z

+=α

Gleichung 2-14

2.3 HintergrundIm Versuch benutzt man den bekannten Skalenabstand d, um die Lichtwellenlänge λ zubestimmen. Umgekehrt kann man bei bekannter Lichtwellenlänge den Abstand d einer regel-mäßigen Anordnung von Streuzentren bestimmen. Durch den flachen Einfallswinkel gelingtes mühelos, Wellenlängen im Bereich von 10-6 m mit Skalenabständen von 10-3 m zu ver-knüpfen. Die Wellenlänge von Röntgenstrahlen (10-10 m) läßt sich entsprechend mit feinergeritzten Skalen bestimmen. Kennt man die Wellenlänge, so läßt sich damit der Abstand vonatomaren Streuzentren in einem regelmäßigen Kristallgitter sehr genau vermessen (siehe Ver-such 1).

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2.4 VersuchsaufbauZum Versuchsaufbau gehören ein Laser-Pointer, Klammer, Muffe und Stativ, eine Metallskalaund ein Holzrahmen.Am Holzrahmen wird eine A4 Seite befestigt. Der Laser-Pointer wird an der Stativklammerbefestigt, so daß der Ein-Schalter gedrückt ist. Blicken Sie nicht in den Laserstrahl und richtenSie ihn nicht auf andere Personen! Der Laserstrahl wird nun auf die Metallskala gerichtet undjustiert. Achten Sie darauf, daß der Einfallswinkel des Strahls auf die Skala möglichst klein ist(ca. 5-10°). Bei kleineren Winkeln beobachtet man größere Abstände zwischen den Streu-ungspunkten, die besser zu vermessen sind. Der Strahl soll die Millimeterskala treffen. DerHolzrahmen mit der A4 Seite wird hinter der Skala positioniert, so daß die gestreuten Strahlenauf das Papier treffen und das entsprechende Reflektionsmuster gut zu beobachten ist.

2.5 Ausführung des VersuchesEs müssen folgende Parameter gemessen werden (siehe Abb. 4 und Abb. 10):1. Der Abstand z0. Es ist der Abstand zwischen dem Punkt, an dem der Laserstrahl auf die

Skala trifft, und dem Holzrahmen.2. Der Abstand y0. Am einfachsten mißt man den Abstand des Reflektionspunktes vom Bo-

den und den Abstand der Skala vom Boden. Die Differenz dieser Abstände ist y0.3. Die Abstände y1, y2, y3 und y4 von vier Punkten oberhalb vom Reflektionspunkt A. Die

Punkte, die auf der A4 Seite beobachtet werden, werden auf dem Papier mit einem Stiftmarkiert. Nach Ausführung des Experiments wird die Seite entnommen und die jeweiligenAbstände der Punkte von Punkt A gemessen. Zu diesen Abständen wird jeweils der Ab-stand y0 addiert.

2.6 AuswertungAus den Parametern z0 und y0 wird der cosα berechnet:

Entsprechend wird aus den Parametern z0 und y1 der cosβ1 berechnet:

Nun kann für d = 1mm die Wellenlänge berechnet werden:

Aus den weiteren drei Punkten werden auf analoge Weise drei weitere Werte für die Wellen-länge ermittelt. Die vier Werte werden dann gemittelt und ergeben die Wellenlänge der Laser-strahlung des Laser-Pointers.

2.7 Stichwörter

Lichtreflektion und Lichtstreuung, Wellen, konstruktive und destruktive Interferenz.

cosα =+

zz y

0

02

02

cosβ10

02

12

=+

z

z y

( )d cos cosα β λ− =1

Page 20: Physikalische Chemie anders

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2.8 Anmerkungen zu Versuch und Praktikum

Grundlagen: Lichtwellen, Reflektion und Streuung des Lichts, Beugungs-muster, konstruktive und destruktive Interferenz.

Experimentelles: Skizze der Apparatur; Beschreibung; Messung des Beugungs-musters dreimal durchführen.

Ergebnisse: Berechnung der Laserwellenlänge.

Fehlerbetrachtung: Abschätzung von ∆z0, ∆y0, ∆yn, ∆λ=; ∆λ=/=λ nach der Fehlerfort-pflanzung.

Diskussion: Überprüfung des erhaltenen Ergebnisses für die Laserwellenlän-ge durch Vergleich mit den Herstellerangaben.

Meßergebnisse: Meßprotokoll (Original!) mit Vortestat (für Vortestat: Über-schlagsrechnung für die Laserwellenlänge aus allen Versuchen).

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3 Bestimmung der Molmasse nach Viktor Meyer

3.1 Definitionen

1. Der Stoffmengenanteil xi einer Komponente i ist definiert über die Stoffmenge ni:

=i

ii n

nx

2. Der Partialdruck pi und das Partialvolumen Vi einer Komponente i sind definiertdurch: gesamtii pxp ⋅= und gesamtii VxV ⋅= .

3. Der Sättigungsdampfdruck einer reinen Substanz ist der Druck, der sich für die koe-xistierenden Phasen „flüssig“ und „gas“ im Gleichgewicht einstellt.

4. Die normale Siedetemperatur (Kochpunkt, Siedepunkt) ist die Temperatur, bei der einSättigungsdampfdruck von 101325 Pa vorliegt.

3.2 GrundlagenDas Verhalten eines idealen Gases wird durch das ideale Gasgesetz beschrieben, das auch fürideale Gasmischungen gilt. Für eine Gasmischung mit ni Mol der Gase der Sorte i im Gasvo-lumen V ist

⋅⋅=⋅⋅=⋅ igesamt nTRnTRVp

Gleichung 3-1

Für die getrennten Gase bei gleichem Druck und gleicher Temperatur gilt entsprechend:

ii nTRVp ⋅⋅=⋅

Die Partialvolumina Vi können aus dem Gesamtvolumen V einer Mischung idealer Gase mitHilfe des Stoffmengenanteils xi berechnet werden:

=i

ii

nn

VV

Gleichung 3-2bzw.

VxV ii ⋅=

Durch Summation über alle Komponenten ergibt sich:

VVxVi

ii

i =⋅= )(

Page 22: Physikalische Chemie anders

22

Das Gesamtvolumen V eines idealen Gases setzt sich additiv aus den Partialvolumina Vi derKomponenten zusammen4. Für die getrennten Gase bei gleichem Volumen und gleicher Tem-peratur gilt:

VpxTRnx

TRnVp

gesamti

gesamti

ii

⋅⋅=

⋅⋅⋅=⋅⋅=⋅

gesamtii pxp ⋅=⇔

Gleichung 3-3

Anschaulich ist der Partialdruck pi der Druck, der dann herrscht, wenn aus der Mischung imGesamtvolumen V alle Komponenten außer der Komponente i entfernt werden. Die Gesamt-masse mgesamt einer Gasmischung setzt sich additiv aus den Massen mi der Komponenten zu-sammen:

=i

igesamt mm

Daraus ergibt sich für die mittlere Molmasse :

⋅=

=

=

i

ii

i

i

gesamt

gesamt

nMn

nm

nm

M

)(

Gleichung 3-4

Für eine ideale Gasmischung läßt sich die mittlere Molmasse M über das ideale Gasgesetzbestimmen.

TRM

mVp gesamt ⋅⋅=⋅

Gleichung 3-5

Anmerkung: Die Zusammensetzung eines binären Gemisches aus Stoffen mit bekanntenMolmassen kann durch die Bestimmung der mittleren Molmasse M analysiert werden. DieZusammensetzung ergibt sich dann aus 2211 MxMxM ⋅+⋅= und der Massenbilanzx1 + x2 = 1.

4 Für reale Gase und reale Mischungen gilt dies nur näherungsweise.

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Für reale Gasmischungen wird zu deren Beschreibung bei nicht zu hohen Drücken ein 2. Viri-alkoeffizient eingeführt. Allerdings kann der zweite Virialkoeffizient der Mischung nur indi-rekt aus den zweiten Virialkoeffizienten der Komponenten abgeleitet werden.

3.3 Prinzip des ExperimentsDie Molmasse einer bei Zimmertemperatur flüssigen Substanz kann mit Hilfe des idealenGasgesetzes bestimmt werden, wenn bei einer Temperatur gearbeitet wird, die über der nor-malen Siedetemperatur der Flüssigkeit liegt, so daß die gesamte Flüssigkeit verdampft. DieAnwendung der idealen Zustandsgleichung auf den Dampf ist dabei nur näherungsweise er-laubt. Abweichungen des Dampfes vom idealen Verhalten sollen bei diesem Versuch aberunberücksichtigt bleiben. Das im zweiten Versuch benutzte Verfahren5 ist für das Arbeiten beiTemperaturen, die wesentlich über der Zimmertemperatur liegen, nicht geeignet. Mit einemzuerst von Viktor Meyer angegebenen Verfahren macht aber das Arbeiten bei z.B. 100 °Ckeine Schwierigkeiten. Man setzt dabei voraus, daß Luft und die bei erhöhter Temperatur ver-dampfte Substanz sich einzeln und als Mischung wie ideale Gase verhalten. Bilden der Dampfeiner siedenden Substanz S ( TRnVp SS ⋅⋅=⋅ ) und Luft ( TRnVp LL ⋅⋅=⋅ ) eine ideale Gas-mischung, so kann das Verhalten der Gasmischung mit dem idealen Gasgesetz beschriebenwerden.

TRnTRnn

VVpVp

gesamt

LS

LSgesamt

⋅⋅=⋅⋅+=

+⋅=⋅

)(

)(

Gleichung 3-6

Dabei bezeichnet man VS und VL als das Partialvolumen des Dampfes bzw. der Luft in derMischung. Man kann für eine solche Mischung die Gesamtmolzahl ngesamt bestimmen, indemman p, V und T mißt. Im Versuch verdrängt die bei höherer Temperatur verdampfende Probe-substanz bekannter Masse aber unbekannter Molzahl genau die gleiche Molzahl Luft, die sieselbst besitzt. Die Molzahl der verdrängten Luft (und damit auch die Molzahl der Probesub-stanz) wird dann bei Zimmertemperatur durch Bestimmung von p und V ermittelt. Da man dieverdrängte Luft über Wasser auffängt, muß eine Korrektur dafür angebracht werden, daß dieLuft vor dem Verdrängen und nach dem Auffangen einen verschiedenen Gehalt an Wasser-dampf hat. Bei dieser Korrektur benutzt man wieder die oben abgeleiteten Gleichungen.

3.4 Beschreibung der ApparaturDie Apparatur ist in Abbildung 3-1 skizziert. Eine abgewogene Substanzmenge mS wird ineinem mit Luft gefüllten Gefäß verdampft, welches sich über einem Bad mit siedendem Was-ser befindet. Hierbei schiebt der Dampf der Substanz die vorher in dem Gefäß befindlicheLuft vor sich her und treibt sie in ein Meßgefäß, in dem ihr Volumen bei Zimmertemperaturgemessen wird. Man ermittelt auf diese Weise unmittelbar das Volumen, welches der Dampfder Substanz unter dem herrschenden Druck einnehmen würde, wenn er bei Zimmertempera-tur unkondensiert existieren könnte. Die genaue Kenntnis der während des Versuches kon-stant zu haltenden Badtemperatur ist also nicht erforderlich. Das Verdampfungsgefäß G tauchtmit seinem unteren Teil in ein Siedegefäß S, dessen Temperatur um ca. 20 °C höher liegen

.

Page 24: Physikalische Chemie anders

24

muß als die Siedetemperatur der zu untersuchenden Substanz. Am oberen Ende des Verdamp-fungsgefäßes befindet sich die Hülse des Schliffs B und ein seitlicher Ansatz für das Verbin-dungsrohr V zum Eudiometerrohr E.

Abbildung 3-1: Versuchsaufbau

Das in die Hülse einsetzbare Schliffstück B ist mit einem nach innen vorspringenden Dorn Dversehen. Das sich anschließende Schliffstück A trägt am unteren Ende eine Glasöse, durchwelche der abgebogene obere Teil des Kölbchens K mit der Substanz gesteckt werden kann.In diese Glasöse wird das Kölbchen eingehängt, in dem die zu untersuchende Substanz einge-schlossen ist. Die Masse mS der Substanz wird durch Wägung bestimmt, ihre Molzahl nS istunbekannt und soll in diesem Versuch ermittelt werden. Beim Versuch wird der Hals desKölbchens durch Drehen des Schliffs A abgebrochen, das Kölbchen fällt herab und die Ver-suchssubstanz verdampft im Gefäß G bei der Siedetemperatur des Bades S.

3.5 Ausführung des VersuchesNach Wägung (auf 0.1 mg genau) des leeren Glaskölbchens K wird 0.05 bis 0.1 g der zu un-tersuchenden Flüssigkeit in das Kölbchen eingesaugt. Die Öffnung des Kölbchens wird vonSubstanzresten befreit und zugeschmolzen. Dann wird durch eine zweite Wägung die aufge-nommene Substanzmenge mS ermittelt. Die Apparatur wird an den Schliffen A und B ausein-

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25

andergenommen, Kern und Hülse der Schliffe gesäubert und neu gefettet. Der abgebogeneTeil des Kölbchenhalses wird durch die Öse am unteren Ende des Schliffstückes A gesteckt.Dann wird die Apparatur in aus der Abbildung hervorgehenden Weise vorsichtig zusammen-gesetzt. Es ist darauf zu achten, daß die beiden Schliffe A und B schlierenfrei sind. Die Probebefindet sich also vorerst im kalten Teil des Verdampfungsgefäßes, während die gesamte Ap-paratur nach außen abgeschlossen ist. Das mit Wasser gefüllte Eudiometerrohr E befindet sichnoch nicht über der Öffnung des Verbindungsrohres V. Das Wasser im Siedegefäß S wird mitHilfe eines Heizpilzes zum Sieden gebracht. Wenn aus dem Verbindungsrohr V keine Luft-blasen mehr entweichen, ist die Temperatur im Verdampfungsgefäß G konstant geworden.Das Eudiometerrohr E wird über das Verbindungsrohr geschoben. Dann zerbricht man durcheine kurze Drehung des Schliffstückes A die abgewinkelte Kapillare des Kölbchens an demnach innen vorspringenden Dorn D und läßt das Kölbchen K in den heißen Teil des Verdamp-fungsgefäßes fallen. Die verdampfende Substanz verdrängt ein gleiches Volumen Luft, die indem Eudiometerrohr aufgefangen wird. Der Verdampfungsprozeß ist nach einigen Minutenabgeschlossen. Es werden das Volumen V, die Temperatur T und Druck p der aufgefangenenLuft bestimmt. Der Versuch soll einmal wiederholt werden. Zwischen den Versuchen ist dasVerdampfungsgefäß G ausreichend zu belüften. Stimmen beide Messungen nicht innerhalbder Meßgenauigkeit überein, ist ein dritter Versuch erforderlich.

Hinweis: Machen Sie sich Gedanken über die Festlegung des Nullpunkts am Eudiometer-rohr! Beginnt die Skala direkt bei Null, oder ist es notwendig eine kleine Rest-luftmenge im Rohr zu belassen, um so den Nullpunkt festzulegen?

3.6 AuswertungVor dem Verdampfen befand sich im Gefäß G einschließlich des Verbindungsrohres V biszum Ende der Kapillare Zimmerluft mit der Molzahl nL,0. Während die Substanz verdampft,tritt Luft in das Eudiometerrohr ein. Ist schließlich alle Substanz verdampft, so befindet sichim gleichen Volumen bis zum Ende der Kapillare jetzt der Dampf der Substanz mit der unbe-kannten Molzahl nS und ein Teil der Luft mit der Molzahl nL,1. Der andere Teil der Luft (mitder Molzahl nL,2) ist jetzt im Eudiometerrohr. In der Apparatur befindet sich vor und nachdem Verdampfen jeweils die gleiche Molzahl nL,0:

2,1,0, LLL nnn += vor dem Verdampfen

Gleichung 3-7und

1,0, LSL nnn += nach dem Verdampfen

Gleichung 3-8

Aus dem Kolben werden also nL,2 = nS Mol Luft verdrängt. Diese Luft wird nach dem Durch-gang durch das Wasserbad bei Zimmertemperatur TZ im Eudiometerrohr aufgefangen, wo sieunter einem Druck pL ein Volumen VL einnimmt:

ZSLL TRnVp ⋅⋅=⋅

Gleichung 3-9

Page 26: Physikalische Chemie anders

26

Daraus berechnet man nS und anschließend aus der Masse der Flüssigkeit mS die gesuchteMolmasse MS.

LL

ZS

S

SS Vp

TRmnm

M⋅⋅⋅

==

Gleichung 3-10

3.7 Bestimmung von pL

Das Gas im Eudiometerrohr steht unter einem Gesamtdruck, der gleich dem Atmosphären-druck pB, vermindert um den hydrostatischen Druck der restlichen Wassersäule der HöhehWasser, ist. Außerdem hat sich die verdrängte Zimmerluft beim Durchgang durch das Wasser-bad mit Wasserdampf angereichert. Ursprünglich hatte die Zimmerluft eine relative Luft-feuchtigkeit r, die am im Praktikum aushängenden Hygrometer abgelesen werden kann. Nachdem Übertritt in das Eudiometerrohr ist die Luft mit Wasserdampf bei Zimmertemperaturgesättigt. Zur genauen Bestimmung von pL muß die Erhöhung des Wasserdampfpartialdruckesberücksichtigt werden.

- Hydrostatischer Druck der Wassersäule im Eudiometerrohr:

WasserWasserschhydrostati hgp ⋅⋅= ρ

- Anreicherung des Wasserdampfpartialdruckes: Vor dem Durchgang der Luft durchdas Wasserbad entspricht der Wasserdampfpartialdruck prel bei der relativen Luft-feuchte r: prel = r ⋅ pWasser(TZ), wobei pWasser(TZ) der Sättigungsdampfdruck vonWasser bei der Zimmertemperatur TZ ist. Nach dem Durchgang durchs Wasserbadist die Luft mit Wasserdampf gesättigt, d.h. der Wasserdampfpartialdruck beträgtpWasser(TZ). Insgesamt erhält man:

( )[ ])(1 ZWasserschhydrostatiBL Tprppp ⋅−−−=

3.8 MeßgrößenMasse einer flüssigen Substanz, Druck und Volumen der verdrängten Luftmenge, Temperatur,relative Luftfeuchte, äußerer Luftdruck, hydrostatischer Druck. Der Sättigungsdampfdruck desWassers pWasser(TZ) ist Tabelle 3-1 gegeben.

Tabelle 3-1: Dampfdruck von Wasser

Temperatur [°C] 17.0 19.0 21.0 23.0 25.0 27.0pWasser [mbar] 19.37 21.97 24.86 28.09 31.67 35.65ρWasser [kg/m³] 998.78 998.41 998.00 997.54 997.05 996.52

3.9 StichwörterMolmasse; ideales Gas; ideale/reale Gasmischung; Gleichgewicht flüssig/gasförmig; Zu-standsdiagramme; Dampfdruckkurve.

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27

3.10 Anmerkung zu Versuch und ProtokollBei der Ausführung des Versuchs und der Anfertigung des Protokolls sollten (mindestens)beachtet und behandelt werden:

Grundlagen: Voraussetzungen für die Methode der Molmassenbestimmungnach Viktor Meyer (flüchtige Substanz, vollständige Verdamp-fung, ideales Gas, Gasmischung, Molmasse).

Experimentelles: Eigene Apparaturskizze (keine Kopie!); kurze Beschreibungvon Apparatur und Versuchsgang; die bestimmten Molmassensollten zwischen 75 und 100 g/mol liegen, sonst Wiederho-lung; Sicherheitshinweise beachten.

Ergebnisse: Überlegen Sie sich schon vor dem Versuch, welche Fehler-quellen ihr Endergebnis stark beeinflussen; Bestimmung desSättigungsdampfdruckes von H2O aus einer Interpolation; Be-stimmung von pWasser, pL, M.

Fehlerbetrachtung: Abschätzung (und Erklärung) der absoluten Fehler von m, TZ,pB, r, V, pWasser, hWasser; relative Fehler von pL und M über Feh-lerfortpflanzung; systematische Fehler.

Diskussion: Angabe von M mit absolutem Fehler; Literaturwert.

Meßergebnisse: Meßprotokoll (Original) mit Vortestat; für Vortestat erforder-lich: Bestimmung von pWasser, pL und M für jede Messung.

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28

4 Molmassenbestimmung durch Messen der Gefrierpunktserniedri-gung

4.1 Grundlagen

4.1.1 Definitionen

1. Eine Phase ist ein homogener Bereich der Materie von makroskopischer Größe.

2. Der Sättigungsdampfdruck ist der Druck, der sich für die koexistierenden Phasen festbzw. flüssig und gasförmig im Gleichgewicht einstellt.

3. Die normale Siedetemperatur (Schmelztemperatur) ist die Temperatur, bei der einPhasengleichgewicht flüssig/gasförmig (flüssig/fest) bei Pa 101325=p vorliegt.

4. Für eine ideale Mischung gilt das Raoultsche Gesetz für die Komponente i :

ilii pxp 0⋅=

Gleichung 4-1

für den gesamten Konzentrationsbereich 10 ≤≤ lix .

4.1.2 Allgemeines über verdünnte LösungenFür eine Übersicht klassifizieren wir einige uns interessierende Mischungen im angegebenenTemperatur- und Druckbereich:

1. Beide Stoffe sind im reinen Zustand Flüssigkeiten und in allen Verhältnissen mitein-ander mischbar (z.B. Wasser – Ethanol), oder sind nicht in allen Verhältnissen mitein-ander mischbar, sondern in einem gewissen Bereich liegen vielmehr zwei flüssigePhasen verschiedener Zusammensetzung miteinander im Gleichgewicht vor (z.B.Kohlenstoffdisulfid – Methanol). Eine Unterscheidung der beiden Stoffe als Lösungs-mittel und als gelöster Stoff ist nicht sinnvoll.

2. Ein Stoff (1) ist im reinen Zustand eine Flüssigkeit (Lösungsmittel), der andere Stoff(2) ist im reinen Zustand fest (gelöster Stoff). Man muß jetzt die Fälle unterscheiden:

a) Stoff 2 löst sich als Molekül, z.B. Wasser – Rohrzuckerb) Stoff 2 dissoziiert bei der Lösung, z.B. Wasser – Kochsalz

Hier werden wir uns nur für den Mischungsbereich interessieren, in dem lx2 klein ge-gen lx1 ist.

3. Ein Stoff (1) ist im reinen Zustand eine Flüssigkeit (das Lösungsmittel), der andereStoff (2) ein Gas. Beispiel: Wasser – Stickstoff. Auch hier interessiert uns nur der Fall

ll xx 12 << . Diese Einteilung hat keine allgemeine Bedeutung, sie dient nur zur Illustra-tion.

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Als Gesetze für verdünnte Lösungen bezeichnet man:

1. Das Raoultsche Gesetz über die Dampfdruckerniedrigung von Lösungen.2. Das Henrysche Gesetz über die Gaslöslichkeit.3. Das Nernstsche Verteilungsgesetz.4. Das Gesetz über den osmotischen Druck.5. Die Gesetze zur Siedepunktserhöhung und Gefrierpunktserniedrigung.

Diese Gesetze sind durch die Thermodynamik miteinander verknüpft; nimmt man eines alsgültig an, so lassen sich die anderen daraus ableiten. Wir wählen als Ausgangspunkt das Ra-oultsche Gesetz. Es lautet:

lxpp 1011 ⋅=Gleichung 4-2

für 11 21 <<=− ll xxGleichung 4-3

Dabei ist 01p der Dampfdruck des reinen Stoffes 1 bei der Temperatur T . Dieses Gesetz giltfür alle Mischungen (auch reale Mischungen), wenn nur )1( 1

lx− klein genug ist. Wir könnenauch schreiben:

011

1

11

lim pxp

Tlxl

=

∂∂=

Gleichung 4-4

Es kommt dabei nur auf den Molenbruch der gelösten Teilchen an. Für dissoziierende Stoffeist dieser Molenbruch größer als er sich aus der Molmasse des undissoziierten Stoffes ergibt.Ist diese Dissoziation vollständig und führt sie zu i Ionen pro undissoziiertem Molekül, so ister gerade um den Faktor i größer. Für NaCl ist i = 2. Ist diese Dissoziation unvollständig, sogeht der Dissoziationsgrad ein. Für Mischungen vom Typ 1, bei denen sowohl Lösungen vonnur wenig Stoff 2 in Stoff 1 als auch Lösungen von wenig Stoff 1 in Stoff 2 vorkommen, giltdas Raoultsche Gesetz natürlich in beiden Grenzfällen; es gilt also auch: lxpp 2022 ⋅= für

11 12 <<=− ll xx und gegebener Temperatur T.

Wir nehmen das Raoultsche Gesetz ebenso als Erfahrungstatsache hin wie das ideale Gasge-setz für alle Gase im Grenzfall 0→p . Im Gegensatz zur Zustandsgleichung der Gase ist esjedoch schwerer anzugeben, bis zu welchen Konzentrationen das Raoultsche Gesetz eine guteNäherung ist. Es gibt einzelne Mischungen, in denen es im ganzen Mischungsbereich annä-hernd gilt und andere, bei denen bereits für 2

2 10−<lx deutliche Abweichungen nachweisbarsind. Alle einfachen Beziehungen für verdünnte Lösungen gelten jedenfalls nur in dem Kon-zentrationsbereich, in dem auch Gleichung 4-1 gilt.

Man beachte, daß Gleichung 4-1 lediglich eine Aussage über den Partialdruck der im Über-schuß vorhandenen Mischungskomponente macht. Die Aussage, daß der Dampfdruck über

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30

einer verdünnten Lösung stets kleiner ist als der Dampfdruck des reinen Lösungsmittels, istalso in dieser Form falsch. Sie gilt nur, wenn der Partialdruck des gelösten Stoffes so klein ist,daß der Gesamtdampfdruck über der Lösung praktisch gleich dem Partialdampfdruck des Lö-sungsmittels ist. Das ist für die Mischungen vom Typ 2 in unserer Einteilung der Fall. Setztman in Gleichung 4-1 für lx1 = )1( 2

lx− ein, so erhält man:lxppp 201011 ⋅−=

Gleichung 4-5

lxpp

201

11 =−⇔

Gleichung 4-6

Man kann das Raoultsche Gesetz deshalb auch wie folgt formulieren: In einer verdünntenLösung ist die relative Dampfdruckerniedrigung des Lösungsmittels gleich dem Molenbruchdes gelösten Stoffes.

4.1.3 Dampfdruckerniedrigung, Gefrierpunktserniedrigung und Siedepunktserhö-hung

Für eine reine Substanz hängt der Dampfdruck bzw. der Schmelzdruck nur von der Tempera-tur der Flüssigkeit ab. Dagegen wird für ein binäres Gemisch der Dampfdruck und auch derSchmelzdruck zusätzlich von der Konzentration des Gelösten abhängen. Wir wollen im fol-genden nur hochverdünnte binäre Gemische betrachten, deren Gasphase und feste Phase je-weils nur aus dem reinen Lösungsmittel (Substanz 1) bestehen. Das heißt:

• Der Dampfdruck des Gelösten (Substanz 2) ist vernachlässigbar klein.

• Beim Kristallisieren entstehen nur reine Lösungsmittelkristalle, keine Mischkristalle.

Abbildung 4-1: Phasendiagramm

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Die Unterschiede zwischen der Dampfdruckkurve bzw. der Schmelzdruckkurve einer solchenLösung und des reinen Lösungsmittels lassen sich anschaulich in einem Phasendiagramm(p-T-Diagramm) darstellen. In unserem Fall ist der Dampfdruck pges über der Lösung gleichdem Partialdruck des Lösungsmittels p1 (p1 = pges), da der Partialdruck der gelösten Kompo-nente 2 vernachlässigbar klein ist, d.h. 0,22 ≈⋅= gges xpp und somit 0,2 ≈gx .In Abbildung 4-1 sind die Gleichgewichtskurven für die Phasenübergänge eines solchen Sys-tems in einem p-T-Diagramm schematisch dargestellt. Der Tripelpunkt (alle drei Phasen imGleichgewicht) des reinen Lösungsmittels liegt bei B. Die Kurven A-B, B-F und B-C geltenfür den reinen Stoff 1 (das Lösungsmittel), dessen Tripelpunkt bei B liegt. A-B ist die Dampf-druckkurve der reinen Flüssigkeit, B-F die Dampfdruckkurve des reinen Kristalls und B-C dieSchmelzdruckkurve des reinen Stoffes 1. Die Kurve D-E-F ist die Dampfdruckkurve einerLösung mit gegebener Konzentration, F deren Tripelpunkt und F-G die Schmelzdruckkurvedieser Lösung (Wir setzen auch hier wieder voraus, daß x2,g = 0 ist). Der Gefrierpunkt ist derPunkt auf der Schmelzdruckkurve, der bei 101325 Pa liegt. Der Gefrierpunkt des reinen Stof-fes ist also C, der der Lösung G, die Gefrierpunktserniedrigung

GCg TTT −=∆

Gleichung 4-7

Abbildung 4-2: Zusammenhang von Siedepunkterhöhung und Dampfdruckerniedri-gung

Da die Schmelzdruckkurven bei Drücken unter 101325 Pa praktisch senkrecht verlaufen, istauch FBg TTT −=∆ , d. h. gleich der Erniedrigung des Tripelpunktes. Wir nennen den WinkelEFH α und Winkel BFH β. Aus Abbildung 4-1 entnehmen wir:

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βtan=∆−

g

HB

Tpp

Gleichung 4-8

αtan=∆−

g

HE

Tpp

Gleichung 4-9

αβ tantan −=∆−

g

EB

Tpp

Gleichung 4-10

Nun ist aber pB - pE die Dampfdruckerniedrigung bei der Temperatur TB und durch das Ra-oultsche Gesetz gegeben:

lBEB xppp 2⋅=−

Gleichung 4-11

wobei 01ppB =

Gleichung 4-12bei der Temperatur T ist.

Damit erhalten wir für die Gefrierpunktserniedrigung:

lg

l

g xCxpT 2201

tantan⋅=

−⋅

=∆αβ

Gleichung 4-13

Die Proportionalitätskonstante Cg ist nur vom Lösungsmittel abhängig, denn tan β ist die Stei-gung der Dampfdruckkurve des reinen Stoffes 1 bei einer zwischen TB und TF liegenden Tem-peratur, und tan α ersetzen wir wieder durch die Steigung der Dampfdruckkurve des reinenflüssigen Stoffes 1 am Tripelpunkt. Für kleine Konzentrationen ist der Molenbruch x2 propor-tional zur Konzentration cl,2 des gelösten Stoffes (in mol/kg) und man erhält:

2,2, lflgg cKcT ⋅=⋅Θ=∆

Gleichung 4-14

mit z.B. Kf = Θg = 1.86 kg/mol für Wasser oder Kf = Θg = 5.07 kg/mol für Benzol. Setzt manschließlich noch

12

22, mM

mcl ⋅=

Gleichung 4-15

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33

so erhält man:

12

2

mMmT gg ⋅

⋅Θ=∆

Gleichung 4-16

Von äquimolaren Mengen verschiedener, in dem gleichen Lösungsmittel gelöster Stoffe wirdeine gleich große Gefrierpunktserniedrigung hervorgerufen, die durch die Gesamtkonzentrati-on der verschiedenen Molekülsorten gegeben ist. Stoffe, die in der Lösung dissoziieren, be-dingen eine Vergrößerung der Gefrierpunktserniedrigung gegenüber den nicht dissoziieren-den.

Der Verlauf von p1 läßt sich mit Hilfe von Gleichung 4-1 aus dem Verlauf von p01 berechnen,solange das Raoultsche Gesetz gilt. Als Siedetemperatur wird für eine Mischung ebenso wiefür einen reinen Stoff die Temperatur bezeichnet, bei der der Gesamtdampfdruck 101325 Pabeträgt. Da in unserem Falle p = p1 ist, entnimmt man der Abbildung 4-1, daß die Lösung p1den Wert 101325 Pa erst bei einer Temperatur TS erreicht.

Den Zusammenhang zwischen der Siedepunktserhöhung ∆TS = TS – T0S und der Dampfdruck-erniedrigung erhalten wir mit Hilfe von Abbildung 4-2, die einen vergrößerten Ausschnitt von

Abbildung 4-1 wiedergibt. Es gilt: αtan101 =∆−

STpp

und mit Hilfe des Raoultschen Gesetzes

in der Form lxp

pp2

01

101 =−

erhält man:

ls x

pT 2

01

tan⋅=∆

αGleichung 4-17

tan α ist die Steigung der Dampfdruckkurve der Lösung an irgendeinem Punkt zwischen T0Sund TS. Da ∆TS klein ist, die Steigungen der Dampfdruckkurve von Lösung und reinem Stoffähnlich sind und nicht stark von der Temperatur abhängen, kann man für tan α in guter Nähe-rung die Steigung der Dampfdruckkurve des reinen Stoffes am Siedepunkt T0S setzen. Damitist aber der Proportionalitätsfaktor in Gleichung 4-17 eine Eigenschaft nur des Lösungsmittelsund für alle Lösungen im gleichen Lösungsmittel gleich. Man kann also schreiben:

ls xCT 2⋅=∆

Gleichung 4-18

wobei C für verschiedene Lösungsmittel verschieden ist.

Kennt man C und mißt man ∆TS so kann man mit Gleichung 4-18 den Molenbruch des gelös-ten Stoffes bestimmen. Aus dem Molenbruch erhält man dann bei bekannter Molmasse desLösungsmittels sofort die Molmasse des gelösten Stoffes. Man beachte, daß für eine solcheMolmassenbestimmung mehrere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Wenn man zu denZahlenwerten für die Konstante C in Gleichung 4-18 kommen will, muß man etwas über die

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Steigung der Dampfdruckkurve des Lösungsmittels wissen. Für den Fall, daß der Dampf sichnäherungsweise wie ein ideales Gas verhält, gilt die spezielle Clausius-Clapeyron Gleichung

20101

TRpH

Tp V

⋅⋅∆

=

∂∂

Gleichung 4-19

wobei ∆HV die Verdampfungsenthalpie für den Phasenübergang flüssig-gasförmig ist. FürWasser gilt am normalen Siedepunkt ∆HV = 43.5 kJ/mol. Für kleine Konzentrationen ist derMolenbruch x2

l proportional zur Konzentration c2l des gelösten Stoffes (in mol/kg Lösungs-

mittel). Man kann auch schreiben:

12

22, mM

mcT SlSs ⋅

⋅Θ=⋅Θ=∆

Gleichung 4-20

ΘS (auch mit Kb bezeichnet), findet man tabelliert. Für Wasser gilt am normalen SiedepunktΘS = 0.512 °C kg(Wasser)/mol. Ebenso wie beim Raoultschen Gesetz kommt es bei der Sie-depunktserhöhung (und bei der Gefrierpunktserniedrigung) auf die Molzahl des gelösten Stof-fes an. Die aus der Siedepunktserhöhung nach Raoult ermittelte Molmasse M2 hängt bei Dis-soziation des gelösten Stoffes in der Lösung zu zwei Teilchen folgendermaßen mit der Mol-masse des Ausgangsstoffes zusammen:

202

1MM

=+α

Gleichung 4-21

wobei α der Bruchteil der ursprünglichen Moleküle ist, der dissoziiert ist (α = 1 bedeutet voll-ständige Dissoziation). In Einzelfällen kommt auch eine Assoziation der gelösten Moleküle zuDoppelmolekülen vor. Bei einem Assoziationsgrad β gilt dann:

202

211

MM

=− β

Gleichung 4-22

4.2 AufgabenstellungDie Molmassen einer in Cyclohexan und einer zweiten in Wasser gelösten Substanz sollenbestimmt werden. Bei dem in Wasser dissoziierenden Salz gelangt man im Falle einer unmit-telbaren Anwendung der obigen Gleichung zu einer scheinbaren Molmasse M2:

α⋅−+=

)1(102

2 zM

M

Gleichung 4-23

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z ist die Zahl der Teilchen, die von einem Molekül gebildet werden, α der Dissoziationsgrad.Für α = 1 und z = 2 wird M2 = ½ M02. Zur Bestimmung der Gefrierpunkte werden die Ab-kühlungskurven der Lösungen (Temperatur als Funktion der Zeit) aufgenommen. Da sich eineUnterkühlung selten vermeiden läßt, sind als Gefrierpunkte in guter Näherung die Temperatu-ren zu verwenden, die sich durch lineare Extrapolation des beobachteten Temperaturgangesnach beendeter Unterkühlung auf den anfänglichen, steiler abfallenden Ast der Abkühlungs-kurve ergeben.

4.3 Beschreibung der ApparaturDer zur Ermittlung der Gefrierpunktserniedrigung benutzte Beckmannsche Gefrierpunktsap-parat besteht aus einem weiten Reagenzglas mit einem seitlichen, durch einen Korken ver-schließbaren Ansatz zum Einbringen der zu untersuchenden Substanz.

Abbildung 4-3: Versuchsapparatur

Zwischen dem inneren Glas, welches zur Aufnahme der Lösung dient, und einem zweitenäußeren Glas befindet sich ein Luftzwischenraum. Das Glas wird in einen gekühlten Alumini-umblock gestellt. Ein Rührer sorgt für eine gleichmäßige Temperaturverteilung. Die Gefrier-punkte werden mit einem Beckmannthermometer bestimmt.

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4.4 Ausführung des VersuchesDas Beckmannthermometer ist bereits vorher auf den richtigen Meßbereich eingestellt. In dasReagenzglas werden 20 ml des Lösungsmittels einpipettiert. m1 wird aus der Dichte des Lö-sungsmittels berechnet. Man bringt anschließend den Gefrierpunktsapparat in den vorgekühl-ten Aluminiumblock (-30 °C im Fall von Wasser als Lösemittel, -15 °C im Fall von Cyclohe-xan) und nimmt unter dauerndem Rühren die zeitliche Temperaturänderung auf. Häufig sinktdie Temperatur ohne Ausscheidung fester Substanzen erheblich unter den Gefrierpunkt.Durch Rühren oder Impfen mit einer Spur festen Lösungsmittels kann man diese Unterküh-lung aufheben, wobei die Temperatur unter Ausscheidung fester Substanz plötzlich auf denGefrierpunkt ansteigt. Danach erwärmt man so lange, bis die gebildete, feste Substanz aufge-taut ist und bringt durch den seitlichen Ansatz die abgewogene Menge m2 (etwa 1 g) der Ver-suchssubstanz in das innere Reagenzglas. Nachdem sich diese vollständig aufgelöst hat, wie-derholt man die Bestimmung des Gefrierpunktes. Aus der Differenz dieser beiden Temperatu-ren ergibt sich die Gefrierpunktserniedrigung.Zusätzlich nehmen Sie den Temperaturverlauf mittels eines Thermoelements und einer elekt-ronischen Datenaufnahme auf. Das Schema dieser Anordnung ist in Abbildung 4-4 gezeigt.Die Temperatur wird durch ein Thermoelement erfaßt. Bei diesem Typ Meßfühler werdenzwei Metallegierungen kombiniert, wobei sich, wenn die beiden Verbindungsstellen unter-schiedliche Temperaturen haben, eine Spannung aufbaut. Diese Spannung bewegt sich imMikrovoltbereich und kann gegen die Temperatur kalibriert werden. Die Spannung wird ineinem Verstärker 100-fach verstärkt und mit einem Digital-Voltmeter erfaßt. Diese Datenwerden über einen RS232-Schnittstelle und einen PC eingelesen und als ASCII-Daten abge-legt.

Abbildung 4-4: Elektronische Datenaufnahme

Diese Daten werden in eine Tabellenkalkulation eingelesen und unter Berücksichtigung desVerstärkungsfaktors auf die tatsächlich vorliegenden Thermospannungen zurückgerechnet.Anschließend werden diese Thermospannungen mittels einer vorher aufgestellten Eichbezie-hung in Temperaturen umgerechnet und über die Zeit aufgetragen. Lassen Sie sich für dieseOperationen in den Gebrauch der Meß-Anordnung und der vorbereiteten Excel-Datenblättervon Ihrem Assistenten einweisen. Interpretieren Sie die aufgenommenen Kurven in gleicherWiese wie die Daten, die Sie mittels des Beckmann-Thermometers bestimmt haben. Verglei-chen Sie die Resultate mit Blick auf die Genauigkeit der beiden Meßverfahren.

Bitte beachten Sie: Verwenden Sie für die Dateinamen nur solche mit Standard-ASCII-Zeichen und ohne Leerzeichen. Als Referenz verwenden Sie in diesemVersuch ein Eisbad. Bitte kontrollieren Sie vor jeder einzelnen Messung,daß dieses Eisbad vollständig mit Eis und dann mit demineralisiertemWasser aufgefüllt ist.

PC xxx.xx

Digital-Voltmeter

Eisbad

Verstärker* 100

Meßfühler

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4.5 Hinweise zum VersuchIn dem Versuch werden Wasser und Cyclohexan als Lösungsmittel verwendet. Von der unbe-kannten Substanz sollten etwa 0.2 - 0.4 g im Fall von Wasser als Lösemittel bzw. 0.15 bis0.30 g für Cyclohexan gelöst werden.

Tabelle 4-1: Stoffkonstanten

Konstante Wasser CyclohexanGefrierpunkt 0.0 °C 6.6 °CDichte 1.00 g/cm³ 0.78 g/cm³Kryoskop. Konst. 1.86 K/(mol⋅kg-1) 20.2 K/(mol⋅kg-1)

Abbildung 4-5: Abkühlungskurven von Flüssigkeiten. (a) und (b) sind ideale und (c)und (d) reale Abkühlungskurven.

Abbildung 4-5 zeigt verschiedene Typen von Abkühlungskurven, die man erhält, wenn mandie Temperatur der Probe gegen die Zeit aufträgt. Der Wärmefluß aus der Probe in das Kälte-bad ist ungefähr proportional zu deren Temperaturdifferenz. Beim Gefrieren des reinen Lö-sungsmittels (a) bleibt die Temperatur so lange konstant, wie beide Phasen, fest und flüssig,nebeneinander vorliegen. Die freiwerdende Kristallisationsenthalpie fließt dann ins Kältebadab. Im Falle einer Lösung (b) bleibt die Temperatur in diesem Bereich nicht konstant, sondernsinkt mit einer geringeren Steigung weiter, wodurch man einen Knick erhält. Die Ursachedafür ist, daß beim Ausfrieren des reinen Lösungsmittels aus der Lösung diese immer kon-zentrierter wird, so daß sich ihr Gefrierpunkt ständig weiter erniedrigt. Kurven (a) und (b) sind

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Idealfälle. In der Praxis beobachtet man meistens eine Unterkühlung der Probe, bevor sich dieersten Kristallisationskeime gebildet haben (c) und (d). Man muß dann wie in Abbildung 4-5gezeigt entsprechend extrapolieren.

4.6 StichwörterZustandsdiagramm reiner Stoffe; Dampfdruck; Clausius-Clapeyron; ideale Mischungen undLösungen; Raoultsches Gesetz; Gesetze der Dampfdruckerniedrigung; Gefrierpunktserniedri-gung und Siedepunktserhöhung.

4.7 Anmerkungen zu Versuch und ProtokollBei der Ausführung des Versuches und der Anfertigung des Protokolls sollten (mindestens)beachtet und behandelt werden:

Grundlagen: Phasendiagramm von reinem Stoff und Lösung; RaoultschesGesetz; Voraussetzungen bei der Ableitung des Zusammenhan-ges von ∆TG und x2

l.

Experimentelles: Skizze der Apparatur; Beschreibung; Messung von reinem Lö-sungsmittel und 2 Lösungen (jeweils Wasser und Cyclohexan).

Ergebnisse: Berechnung der Molmasse für jede Messung.

Fehlerbetrachtung: Abschätzung von ∆m1, ∆m2, ∆TG; Fehlerabschätzung. ∆M2 / M2nach der Fehlerfortpflanzung.

Diskussion: Überprüfung der gemachten Voraussetzungen bei Umrechnungvon x2

l nach c2l.

Meßergebnisse: Meßprotokoll (Original!) mit Vortestat (für Vortestat: Über-schlagsrechnung für die Molmasse aus allen Versuchen).

Page 39: Physikalische Chemie anders

39

5 Nernstscher Verteilungssatz und Lichtabsorption

5.1 Grundlagen

5.1.1 Phasengleichgewichte in Mehrkomponentensystemen

1. Binäre ideale Mischungen: Bilden zwei Komponenten A und B mit den Phasen „gas-förmig“ und „flüssig“ und den Dampfdrücken Ap0 und Bp0 eine ideale Mischung, sogilt das Raoultsche Gesetz:

ilii pxp 0⋅=

Gleichung 5-1

für den gesamten Konzentrationsbereich 0 < xi < 1. Der Gesamtdruck=

iiges pp über der Mischung ergibt sich aus dem Daltonschen Gesetz:

gesgii pxp ⋅=

Gleichung 5-2

2. Binäre reale Mischungen: Für eine reale Mischung (vollständige Mischbarkeit) geltendie Grenzgesetze:

a) Raoult: ilii pxp 0⋅= mit 1→ix (reines Lösungsmittel). Der Dampfdruck poi der

reinen Komponente ist nur Funktion der Temperatur.b) Henry: l

iii xkp ⋅= mit 0→ix (gelöster Stoff). Die Henrykonstante ki für den ge-lösten Stoff ist eine Funktion der Temperatur, des Drucks und der zweiten Kom-ponente j.

Sind die beiden Komponenten A und B praktisch nicht mischbar (Mischungslücke), sozerfällt die Mischung in die Phase I (reines A) und Phase II (reines B). Aufgrund derverschwindend geringen Löslichkeit von A in II und B in I gilt hier das HenryscheGrenzgesetz.

3. Ternäre reale Mischungen (Verteilungsgleichgewicht): Sind die beiden KomponentenB und C nicht mischbar, bilden sie also die zwei getrennten Phasen I und II mit einerPhasengrenze, und löst sich Stoff A in den Phasen I und II in kleiner Konzentration so,daß sich die Konzentrationen von B und C nicht ändern und A in gleicher Konstitutionin B und C vorliegt, dann stellt sich ein Verteilungsgleichgewicht von A zwischen denPhasen I und II ein:

)()(

IIxIxK =

Gleichung 5-3

Page 40: Physikalische Chemie anders

40

K ist der Verteilungskoeffizient, der für p = const. und T = const. konstant ist; x (I)bzw. x (II) ist der Stoffmengenanteil in der Phase I bzw. II.

Dieser Nernstsche Verteilungssatz folgt aus dem Henryschen Gesetz für die KomponenteA jeweils gelöst in B (Phase I) und C (Phase II) in kleiner Konzentration ( 0→Ax ):

Phase I: )()()( IxIKIp AAA ⋅= mit 0)( →IxA

Phase II: )()()( IIxIIKIIp AAA ⋅= mit 0)( →IIxA

Da im Gleichgewicht )()( IIpIp AA = folgt:

)()()()(

IIKIKIIxIxK

A

A

=

=

Gleichung 5-4

Werden andere Konzentrationsmaße verwendet, können die Umrechnungen für verdünnteLösungen benutzt werden (vgl. z.B. Versuch Molmassenbestimmung durch Messen derGefrierpunktserniedrigung):

BA

B

BA

B

A

BA

AA

MIcm

MInn

InInIn

InIx

⋅=

⋅==+

=

)(

)()()()(

)()(

*

Gleichung 5-5

für nB >> nA(I). Damit ergibt sich:

B

C

B

A

MMK

IcIcK

⋅=

=)()(

' *

*

Gleichung 5-6

Dieses Gleichgewicht wird beim Ausschütteln bzw. Extrahieren genutzt. Ausgehend voneiner bestimmten Stoffmenge m0 und Lösungsmittelvolumina VI und VII erhält man suk-zessiv folgende Konzentrationen in den beiden Phasen I und II:

Page 41: Physikalische Chemie anders

41

Tabelle 5-1: Schrittweise Extraktion

Schritt Phase I Phase II Gleichgewicht0

IVm0 0 -

1

IVm1

IIVmm 10 −

II

I

Vmm

Vm

K10

1

−=

i

I

i

Vm

II

ii

Vmm −− )1(

II

ii

I

i

Vmm

Vm

K −=− )1(

Daraus folgt durch Umformung der letzten Gleichung für die nach i-maliger Extraktionnoch in Phase I vorhandene Stoffmenge:

I

II

ii

VKV

mm

⋅+

= −

1

)1(

Gleichung 5-7oder mit dem Extraktionsfaktor:

0

)1(

1

1

mzm

mzmVK

Vz

ii

ii

II

II

⋅=

⋅=

⋅+=

Gleichung 5-8

5.1.2 Konzentrationsbestimmung über LichtabsorptionDie Bestimmung der Konzentration von Jod erfolgt über die Messung der Lichtabsorption derverschiedenen Jodlösungen. Der Zusammenhang zwischen Lichtabsorption und Konzentrationder absorbierenden Substanz in einer Lösung ist durch das Lambert-Beersche Gesetz gegeben.Seine Ableitung sei hier angedeutet:

Der Lambertscher Ansatz ist:

.)()()(

xxIxIxxII

δαδδ

⋅−=−+≡

Gleichung 5-9

Page 42: Physikalische Chemie anders

42

Da die Funktionen stetig differenzierbar ist, ist der Übergang zu den Differentialen erlaubt,also:

.)( dxxIdI α−=

Gleichung 5-10

Nach Integration durch Trennung der Variablen folgt:

d

dI

I

d

eIdI

dIdI

dxdII

⋅−⋅=

⋅−=

⋅−=

α

α

α

0

0

)(

0

)(

)(ln

1

0

Gleichung 5-11

Die Lichtintensität nimmt also exponentiell mit der Dicke der absorbierenden Schicht ab. DerAbsorptionskoeffizient α ist eine stoffspezifische Konstante6, deren Wert von der Wellenlängedes absorbierten Lichts abhängt. Der Beersche Teil des Gesetzes sagt aus, daß α proportionalzur Konzentration [A] der absorbierenden Teilchen A ist:

[ ]A⋅= 'εα

Gleichung 5-12

Insgesamt ergibt sich damit das Lambert-Beersche Gesetz:

[ ]

[ ] )'exp()(

0

'0

dAIeIdI dA

⋅⋅−⋅=⋅= ⋅⋅−

ε

ε

Gleichung 5-13

Es hat sich aus praktischen Gründen eingebürgert, Zehnerpotenzen zu verwenden:

[ ]

[ ] dAdI

I

IdI dA

⋅⋅=

⋅= ⋅⋅−

ε

ε

)(log

10)(

0

0

Gleichung 5-14

6 Vorsicht: In der Literatur wird sowohl der natürliche als auch der dekadische Logarithmus verwendet. Dement-sprechend ändert sich der Wert von α!

Page 43: Physikalische Chemie anders

43

ε ist der molare dekadische Extinktionskoeffizient, der normalerweise in den Einheiten1/(mol⋅cm) angegeben wird. Die normgerechte Bezeichnung für ε ist molare Absorptivität.Die Größe –log10 (I(d)/I0) bezeichnet man als Extinktion E, optische Dichte (O.D.) oder norm-gerecht Absorbanz. Streng gilt das Lambert-Beersche Gesetz nur für monochromatischeStrahlung, geringe Absorberkonzentrationen und niedrige Lichtintensitäten.

5.2 AufgabenstellungZiel des Versuchs ist es zu überprüfen, ob das Verhältnis der Konzentrationen von Jod inWasser [ ] )( 2 WasserJ und von Jod in Methylcyclohexan7 [ ] )( 2 MCHJ tatsächlich konstant undunabhängig von der Ausgangskonzentration von Jod [ ] 02J ist.

5.3 ApparaturGemessen wird mit einem Spektralphotometer. Informieren sie sich bitte selbständig über dieFunktionsweise eines Spektralphotometers.

5.4 Ausführung des VersuchesVon den drei ausstehenden Jod-MCH-Lösungen (5 g, 3 g und 1,5 g Jod auf 1000 cm³ MCH)werden je 20 cm³ abpipettiert, in einen Erlenmeyerkolben mit Schliff gegeben und mit je etwa70 cm³ Wasser versetzt. Die Gemische werden einige Minuten lang gut durchgeschüttelt undanschließend so lange stehen gelassen, bis die obere Phase völlig klar geworden ist. Die Tem-peratur soll sich dabei möglichst nicht ändern.

Eine Probe der unteren, wäßrigen Phase wird mit einer Pipette entnommen, in eine 20 mmlange Küvette beim Spektralphotometer gefüllt und die Extinktion bei 530 nm gemessen. Vonder oberen Phase wird ebenfalls eine Probe genommen, im Verhältnis 1 : 25 verdünnt (mit derPipette 10 cm entnehmen und in einen 250 cm³-Meßkolben mit MCH auffüllen), in eine10 mm Küvette beim Spektralphotometer gefüllt und die Extinktion bei 530 nm gemessen.Alle Ablesungen werden zehn Mal wiederholt. Bei der Auswertung ist die Verdünnung dereinen Phase zu berücksichtigen.

5.5 AuswertungDa Sie ε nicht kennen, erhalten Sie nicht direkt den Verteilungskoeffizienten K sondern

II

IKKεε⋅=' .

Berücksichtigen Sie die unterschiedlichen Küvettenlängen! Tragen Sie neben der rechneri-schen Auswertung die gemessenen Extinktionswerte für beide Phasen gegen die Anfangskon-zentration der Jodlösung auf (K‘ vs. c0). Durch die beiden Meßpunktreihen legen Sie zweiAusgleichsgeraden. Das Verhältnis der Steigung dieser beiden Geraden liefert K‘ (Nachprü-fen; Fehlerrechnung!).

7 im folgenden mit MCH abgekürzt

Page 44: Physikalische Chemie anders

44

5.6 StichwörterReale Mischung; Nernstscher Verteilungssatz; Extraktion; Lambert-Beersches Gesetz; Ex-tinktion; Absorption; Wirkungsweise eines Spektralphotometers.

5.7 Anmerkungen zum Versuch und zum ProtokollBei der Ausführung des Versuchs und der Anfertigung des Protokolls sollten(mindestens) beachtet und behandelt werden:

Grundlagen: Nernstscher Verteilungssatz; Lambert-Beersches Gesetz; Ex-tinktion; Absorption; Wirkungsweise eines Spektralphotome-ters.

Experimentelles: Kurze Beschreibung der Apparatur und des Versuchsgangs.

Ergebnisse: Bestimmung der Extinktion der wäßrigen und der organischenPhase für alle Lösungen (jeweils zehn Mal); Bestimmung desVerteilungskoeffizienten und Überprüfung auf Unabhängigkeitvon der Ausgangskonzentration.

Fehlerbetrachtung: Bestimmung der Mittelwerte und der Standardabweichungenfür die Extinktion aller wäßrigen und organischen Lösungen.Bestimmung des absoluten Fehlers des Verteilungskoeffizien-ten K‘ mit Hilfe der Fehlerfortpflanzung.

Diskussion: Angabe der ermittelten Verteilungskoeffizienten K‘ mit demabsoluten Fehler und Überprüfung des Nernstschen Vertei-lungssatzes sowie eine Diskussion der Ergebnisse.

Meßergebnisse: Meßprotokoll (Original!) mit Vortestat; für das Vortestat istdie Bestimmung aller Verteilungskoeffizienten erforderlich.

Page 45: Physikalische Chemie anders

45

6 Leitfähigkeit wäßriger Elektrolyte

6.1 Grundlagen

6.1.1 Definitionen

1. Der elektrische Widerstand R eines Leiters ist das Verhältnis von der Potentialdiffe-renz über dem Leiter (Spannung U) zu der durch den Leiter pro Zeiteinheit geflossenenelektrischen Ladung (Stromstärke I):

IUR =

Gleichung 6-1

2. Für Elektrolytlösungen gilt das Ohmsche Gesetz:

.const

RI

U

=

=

Gleichung 6-2(Einheiten vgl. Tabelle 6-1)

3. Für einen zylindrischen Leiter (Länge l, Querschnitt A) ist der spezifische Widerstand:

lARρ ⋅=

Gleichung 6-34. Die elektrische Leitfähigkeit L ist definiert als:

RL= 1

Gleichung 6-45. Die spezifische Leitfähigkeit ist:

ZLρ

χ

⋅=

= 1,

Gleichung 6-5

wobei die Zellkonstante Z durch AlZ= gegeben ist.

Page 46: Physikalische Chemie anders

46

6. Ein wäßriger Elektrolyt Mν+Aν− ist ein Stoff, der in wäßriger Lösung in Ionen dissozi-iert, gemäß:

Mν+Aν− → ν+Mz+ + ν-Az-

Gleichung 6-6

ν+und ν- sind die stöchiometrischen Koeffizienten für die Dissoziationsreaktion(Gleichung 6-6). z+ bzw. z- ist die Anzahl der dabei entstandenen positiven bzw. nega-tiven Elementarladungen der Ionen.

7. Starke Elektrolyte sind vollständig und schwache Elektrolyte unvollständig dissoziiert.

8. Die molare Leitfähigkeit Λm ist definiert als:

cχΛm =

Gleichung 6-7(c ist die Konzentration in der üblichen Einheit mol/(Volumen Lösung) ).

9. Die Äquivalentleitfähigkeit Λeq ist definiert als:

czχ

eq⋅

Gleichung 6-8

z ist die Anzahl der pro Reaktionsschritt (Dissoziation) übertragenen Elementarladun-gen.

10. Die molare Leitfähigkeit der einzelnen Ionen ist gegeben durch:

±±

±

±±

⋅⋅=

=

uFzνΛλ

Gleichung 6-9

11. Die Faraday-Konstante F gibt die Ladung von einem Mol Elektronen (mit der Ele-mentarladung ) an:

eF=N L ⋅

Gleichung 6-10

Page 47: Physikalische Chemie anders

47

12. Die Beweglichkeit der Ionen ist definiert als

Evu ±

± =

Gleichung 6-11

E ist elektrische Feldstärke; v± ist die Driftgeschwindigkeit der Ionen.

13. Die Stromdichte j ist definiert als der Fluß von Ladung durch die Einheitsfläche proZeiteinheit:

2mssA[j]

⋅⋅= .

Tabelle 6-1: Elektrische Größen

Größe Einheit BezeichnungStromstärke I A Ampere (SI-Grundeinheit)Spannung U V J

A s=

⋅Volt

Widerstand R Ω = VA

Ohm

Leitfähigkeit L S = −Ω 1 Siemens

6.1.2 Ionenbildung, Erhaltungsgleichungen, MassenwirkungsgesetzEin Elektrolyt Mν+Aν− dissoziiert in wäßriger Lösung nach Gleichung 6-6 in positive und ne-gative Ionen. Sei n0 die Molzahl der eingesetzten Stoffmenge und nu die Molzahl der undisso-ziierten noch vorhandenen Stoffmenge, dann gibt der Dissoziationsgrad α den Bruchteil derdissoziierten Moleküle an:

0

0

nnn

α u−=

Gleichung 6-12

Wenn von n0 Mol der Bruchteil α dissoziiert, dann liegen ν+⋅α⋅ n0 Mol positive Ionen (Katio-nen) und ν-⋅α⋅ n0 Mol negative Ionen (Anionen) vor. Seien N+ und N- die Anzahl der Kationen

Page 48: Physikalische Chemie anders

48

und Anionen pro Volumen V und c+, c- sowie cu die Konzentrationen der positiven, negativenund undissoziierten Teilchen (mol/Volumen), so folgt mit der Loschmidt-Zahl NL:

VNnανN L⋅⋅⋅= ++ 0

VNnανN L

- ⋅⋅⋅= − 0

0cανc ⋅⋅= ++

0cανc ⋅⋅= −−

01 cα)(cu ⋅−=

Gleichung 6-13

(c0 ist die Einwaagekonzentration)

Außer dieser Massenerhaltung gilt das Gesetz der Elektroneutralität, das heißt, daß die Sum-me alle positiven und negativen Ladungen Null sein muß,

-+ zνzν ⋅=⋅ −+

und das Massenwirkungsgesetz:

u

νν

S c)(c)(cK−

−+

+ ⋅=

Gleichung 6-14

Für die Dissoziation der Essigsäure nach:

CH3COOH ⇔ CH3COO- + H+

Gleichung 6-15

ergibt sich mit Gleichung 6-12 und der Einwaagekonzentration c0:

.cα

αCOOH)(CHc

)(Hc)COO(CHcK S

0

23

3

1⋅

−=

⋅=

+−

Gleichung 6-16

Page 49: Physikalische Chemie anders

49

6.1.3 Elektrische LeitfähigkeitIn einem einfachen Modell der elektrischen Leitfähigkeit eines Elektrolyten wird vorausge-setzt:

1. Unter dem Einfluß eines konstanten elektrischen Feldes E bewegen sich die positivenbzw. negativen Ionen mit einer stationären Geschwindigkeit v+ bzw. v- im viskosen Medi-um entsprechend der Kraftbilanz, nach der die elektrische Kraft Fel gleich der Reibungs-kraft FReibung ist.

vrπηF

EezF

ibung

el

⋅⋅=

=⋅⋅=

6Re

Gleichung 6-17

(z ist die Anzahl der Elementarladungen e, E die elektrische Feldstärke, r der Radiusder Ionenwolke, η die Viskosität der Lösung und v= Driftgeschwindigkeit der Ionen.)

2. Der Ladungstransport erfolgt unabhängig voneinander durch positive und negative Ionen(Kohlrausches Gesetz). Dann ergibt sich für die Stromdichte:

).zvνzv(νNeαc

ezvNezvNj

L

+−

−−+

++

−−−

++

⋅⋅+⋅⋅⋅⋅⋅⋅=

⋅⋅⋅+⋅⋅⋅=

0

Gleichung 6-18Mit der Definition für die Ionenbeweglichkeit:

Evu ±

± = ,

Gleichung 6-19

der Faraday-Konstanten und der Beziehung:

Ej ⋅= χ

Gleichung 6-20

folgt:

).zuνzu(νFα

cχΛm

−−

−++

+ ⋅⋅+⋅⋅⋅⋅=

=0

Gleichung 6-21

Page 50: Physikalische Chemie anders

50

Mit Gleichung 6-9 folgt dann:

).λνλ(ναΛm −−

++ ⋅+⋅⋅=

Gleichung 6-22

6.1.4 Grenzleitfähigkeit, Kohlrausches Quadratwurzel-GesetzExperimentell wird eine Konzentrationsabhängigkeit der molaren Leitfähigkeit auch bei voll-ständiger Dissoziation (α = 1) gefunden (Kohlrausches Quadratwurzel-Gesetz).

cAΛΛ ⋅−= ∞

Gleichung 6-23

Die Grenzleitfähigkeit Λ∞ (Λm∞,λ+

∞λ-∞ ) wird aus einer Extrapolation:

∞→Λ=Λ

0limc

Gleichung 6-24ermittelt, wobei für sehr kleine Konzentrationen die Dissoziation des Wassers in H+ und OH-

berücksichtigt werden muß:

=∞mΛ −

−+

+ ⋅+⋅ λνλν

Gleichung 6-25

6.1.5 Ostwaldsches Verdünnungsgesetz, unvollständige Dissoziation, Massenwir-kungsgesetz

Für einen schwachen Elektrolyten wie die Essigsäure kann der Dissoziationsgrad oder dieSäuredissoziationskonstante aus der Messung der molaren Leitfähigkeit Λm (für c0 → 0, α →1) und Λ(α<1) nach den vorangegangenen Abschnitten erfolgen:

=mΛ∞−

−∞+

+ ⋅+⋅ λνλν

Gleichung 6-26

)Λ(ΛΛΛc

αK

m

m

S

−⋅⋅

=

⋅−

=

∞∞

20

0

2

1mit:

∞ΛΛ

= mα

Gleichung 6-27

Man nennt Gleichung 6-26 und Gleichung 6-27 Ostwaldsches Verdünnungsgesetz.

Page 51: Physikalische Chemie anders

51

Die Bestimmung von K und Λ∞ aus den Messungen ergibt sich aus der Auftragung entspre-chend der umgestellten Gleichung:

2011

∞∞ ⋅⋅

+=ΛKΛc

ΛΛm

m

Gleichung 6-28

6.1.6 Messung von Widerstand, LeitfähigkeitDer Ohmsche Widerstand Rx einer mit der zu untersuchenden Lösung gefüllten Leitfähig-keitszelle (vgl. Abbildung 6-2) soll bestimmt werden. Die Messung erfolgt mit Hilfe einerBrückenschaltung; vgl. Abbildung 6-1. Die Widerstände R1 und R2 sind bekannt, der Wider-stand Rv ist regelbar und wird so eingestellt, daß das Galvanometer zwischen den Punkten Iund II keinen Strom anzeigt. Dann liegen die Punkte I und II auf gleichem Potential (es be-steht keine Spannungsdifferenz zwischen beiden). Das ist dann der Fall, wenn die äußereSpannung U im oberen und unteren Zweig der Brücke im gleichen Verhältnis geteilt wird, d.h.wenn gilt:

x

v

RR

RR=

2

1

Gleichung 6-29

Aus dieser Bedingung läßt sich Rx berechnen. (Bei den verwendeten Geräten wird der Wertvon Rx direkt auf der Skala abgelesen.) Bei der Messung der Leitfähigkeit von Elektrolytenverwendet man Wechselspannung, damit die Polarisation der Elektroden (durch Abscheidun-gen, Doppelschichtbildung usw.) der Leitfähigkeitszelle möglichst vermieden wird. Aus Rx

erhält man die spezifische Leitfähigkeit χ über die Zellkonstante Z, die im allgemeinen durchEichung mit einer Lösung bekannter Leitfähigkeit bestimmt werden muß. Die von Ihnen ver-wendeten Zellen sind bereits geeicht und die entsprechenden Zellkonstanten Z sind jeweilsangegeben. Notieren Sie die Zellkonstante Ihrer Meßanordnung im Meßprotokoll!

Abbildung 6-1: Wheatstonesche Brückenschaltung zur Widerstandsmessung

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52

6.2 Aufgabenstellung

Aus der Messung der Leitfähigkeit von starken und schwachen Elektrolyten soll die Grenzleit-fähigkeit von Kaliumchlorid und Essigsäure sowie die Dissoziationskonstante von Essigsäurebestimmt werden.

6.3 ApparaturGemessen wird die Leitfähigkeit der Elektrolytlösungen in einer elektrochemischen Zelle.

Abbildung 6-2 Zelle zur Messung der Leitfähigkeit

6.4 Ausführung des VersuchsSie sollen in diesem Versuch die Konzentrationsabhängigkeit der elektrischen Leitfähigkeitvon Kaliumchlorid- und Essigsäurelösungen bestimmen. Dazu verdünnen Sie (mit destillier-tem Wasser) die ausstehenden 0.1 n Lösungen von Kaliumchlorid und Essigsäure mit Hilfevon Vollpipetten und Meßkolben im Verhältnis 1 : 9. 25 ml dieser verdünnten Lösungen wer-den noch einmal 1 : 9 verdünnt, so daß Sie schließlich Essigsäure- bzw. Kaliumchloridlösun-gen der Konzentrationen 0.1 n, 0.01 n und 0.001 n zur Verfügung haben.

Page 53: Physikalische Chemie anders

53

Ihre Messungen beginnen Sie mit der Lösung geringster Konzentration8. Spülen Sie dazu dasBecherglas, die Tauchelektrode und das Thermometer mit destilliertem Wasser und anschlie-ßend einmal mit der zu messenden Lösung. Danach wird das Becherglas soweit mit der Meß-lösung gefüllt, daß die Tauchglocke Ihrer Elektrode vollständig bedeckt ist. Die Leitfähigkeitder Lösung messen Sie mindestens 5 mal durch Abgleichen der Meßbrücke auf den Zeiger-ausschlag 0. Zu jeder Messung muß die Temperatur am eingetauchten Thermometer abgele-sen werden. Diese Messung machen Sie für jede der Lösungen (3 Kaliumchlorid-Lösungenund 3 Essigsäure-Lösungen). Zusätzlich sollten Sie noch die Leitfähigkeit des zum Verdünnenbenutzten Wassers messen. Damit können Sie abschätzen, wie die Eigenleitfähigkeit desWassers Ihre Meßergebnisse beeinflußt. Ihre Meßwerte rechnen Sie mit der unten angegebe-nen Formel (Gleichung 6-30) auf eine Bezugstemperatur von 25 °C um.

Bei den Messungen ist zu beachten:

1. Beginnen Sie mit der Bestimmung der Leitfähigkeit des verwendeten destilliertenWassers. Messen Sie danach zunächst die verdünnten Lösungen.

2. Spülen Sie zwischen den einzelnen Messungen die Elektroden ihrer Leitfähigkeits-zelle mit destilliertem Wasser.

3. Jede Messung wird fünfmal wiederholt.

6.5 AuswertungZur Auswertung bestimmen Sie die Mittelwerte der gemessenen Leitfähigkeiten und berech-nen aus diesen mit Hilfe der Zellkonstanten für Ihre Elektrode die spezifischen Leitfähigkeitenχ. Diese tragen Sie gegen die Konzentration auf. Danach berechnen Sie die molare Leitfähig-keit Λm (Äquivalentleitfähigkeit).

Für die Kaliumchloridwerte tragen Sie Λ gegen c auf und bestimmen durch Extrapolationauf c = 0 die Grenzleitfähigkeit Λ∞ von Kaliumchlorid. Für Essigsäure tragen sie Λ-1 gegenc0⋅Λ auf. Λ∞ bestimmen Sie aus dem Ordinatenabschnitt und KS, die Dissoziationskonstanteder Essigsäure, aus der Steigung. Sollte Ihr Wert für Λ∞ zu ungenau sein, so verwenden Sieden Literaturwert:

Λ∞(CH3COOH, 25°C)= 393.4 S cm2⋅mol-1.

Für die Umrechnung von Λ von der Meßtemperatur auf 25 °C benutzen Sie:

Λ(25°C) = Λt⋅[1 + m(25 - Θ)].

Gleichung 6-30

Λ(25°C) ist die Leitfähigkeit bei der Temperatur 25°C, Θ die Temperatur der Lösung in GradCelsius; die Koeffizienten haben die Werte:

mKCl = 2.31⋅10-2 für 0.1 n ≥ cS ≥ 0.001 n.

mS = 1.44⋅10-2 für 0.1 n ≥ cS ≥ 0.001 n.

8 Warum?

Page 54: Physikalische Chemie anders

54

6.6 StichwörterElektrische Leitfähigkeit; Grenzleitfähigkeit; Kohlrausches Quadratwurzel-Gesetz; spezifi-sche Leitfähigkeit; Äquivalentleitfähigkeit; Ostwaldsches Verdünnungsgesetz; Massenwir-kungsgesetz; Dissoziationsgrad; Messung von elektrischen Widerständen; WheatstonescheBrückenschaltung.

6.7 Anmerkungen zu Versuch und ProtokollBei der Ausführung des Versuches und der Anfertigung des Protokolls sollten (mindestens)beachtet und behandelt werden:

Grundlagen: Starke und schwache Elektrolyte, Konzentrationsabhängigkeitder Leitfähigkeit und der Äquivalentleitfähigkeit für starke undschwache Elektrolyte, Dissoziationsgrad, Kohlrausches Quad-ratwurzel-Gesetz, Ostwaldsches Verdünnungsgesetz.

Experimentelles: Kurze Beschreibung von Apparatur und Versuchsgang.

Ergebnisse: Bestimmung von ΛΘ und Λm(25°C), Wertetabelle für die graphi-schen Darstellungen, Bestimmung der Grenzleitfähigkeiten Λ∞für Kaliumchlorid und Essigsäure mit Hilfe der graphischenDarstellungen. Bestimmung der Dissoziationskonstanten KS fürdie Essigsäuredissoziation.

Fehlerbetrachtung: Bestimmung der absoluten Standardabweichung für die Leitfä-

higkeiten L= 1R

.

Abschätzung und Berücksichtigung der absoluten Fehler beimPipettieren, Verdünnen und Messen der Temperatur, Fehlerfort-pflanzung für den absoluten Fehler von Λm (Herleitung aus demDifferential), Bestimmung des absoluten Fehlers von KS für dieEssigsäure mit Hilfe von Grenzgeraden.

Diskussion: Angabe der Äquivalentleitfähigkeiten bei unendlicher Verdün-nung für Kaliumchlorid und Essigsäure, sowie von KS mit ab-solutem Fehler. Vergleich mit Literaturwerten (Temperatur be-achten!).

Meßergebnisse: Meßprotokoll (Original!) mit Vortestat. Für das Vortestat ist dieBestimmung der Grenzleitfähigkeiten von Kaliumchlorid undEssigsäure, sowie die Bestimmung von KS erforderlich.

Page 55: Physikalische Chemie anders

55

7 Dissoziationskonstante einer schwachen Säure

7.1 Grundlagen

7.1.1 Definitionen

1. Der stoffliche, chemische Gleichgewichtszustand für ein isoliertes homogenes Systemmit den Komponenten i ist der Zustand, der sich nach unendlich langer Zeit (oder:nach allen denkbaren Störungen) mit den Gleichgewichtskonzentrationen ci eingestellthat.

2. Die Gleichgewichtskonstante Kc, für ein chemisches Gleichgewicht

(νi - stöchiometrischer Koeffizient) ist definiert durch:

Gleichung 7-1

Die Gleichgewichtskonstante KC, ist eine Konstante für konstante äußere Bedingungenwie Temperatur, Druck, Lösungsmittel.

3. Der pH-Wert einer Lösung mit der Wasserstoffionenkonzentration [H+] ist definiertals:

Gleichung 7-2

4. Der pKS-Wert (pKa-Wert) einer Säure S (engl.: acid; a) mit der Gleichgewichtskonstanten KS

(Ka) für das chemische Gleichgewicht der Säuredissoziation ist definiert als:

Gleichung 7-3

7.1.2 VorbemerkungStellt sich für ein Stoffgemisch, wie die schwache Säure HR in Wasser, in homogener Phasedas chemische Gleichgewicht

−+ +⇔ RHHR

BA

DC

BADCKC νν

νν

][][][][

⋅⋅=

DCBA DCBA νννν +⇔+

⋅−=

+

3

][lgdmmol

HpH

⋅−= 3lg

dmmolKpK S

S

Page 56: Physikalische Chemie anders

56

ein, so gilt für die Konzentrationen c im Gleichgewicht das Massenwirkungsgesetz:

Gleichung 7-4

Die Gleichgewichtskonstante KC ist eine Funktion von Temperatur und Druck, wobei der In-dex c die verwendete Konzentrationseinheit (meist [c] = mol/dm³) kennzeichnet; bei Säure (S;engl. acid: a) / Base (B; b) Gleichgewichten wird häufig die Bezeichnung Ka, Kb verwendet.Bei wäßrigen Lösungen ist die Dissoziation des Wassers zu berücksichtigen. Für diesesGleichgewicht

−+ +⇔ OHHOH 2

Gleichung 7-5

gilt das Massenwirkungsgesetz in der speziellen Form

Gleichung 7-6 KW: Ionenprodukt des Wassers

Die Berechnung der Konzentrationen der Teilchen in der Lösung aus den Ausgangskonzent-rationen erfolgt unter der Benutzung von

1. Massenerhaltung, Stoffbilanz, Element-, Stoffgruppenerhaltung,

2. Elektroneutralität

3. Massenwirkungsgesetz für die Wasserdissoziation (KW) und

4. Massenwirkungsgesetz für die Säure / Base (KS, Ka, Kb)

7.1.3 Schwache SäurenFür eine schwache Säure HR mit der Einwaagekonzentration c1 inWasser gilt:

1. Massenerhaltung für den Säurerest R –:

1][][ cRHR =+ −

Gleichung 7-7

][][][

HRRHKC

−+ ⋅=

142 10][][][ −−+ =⋅=⋅= OHHOHKKW

= 30][dmmolHR

Page 57: Physikalische Chemie anders

57

2. Elektroneutralität:

][][][ −−+ += ROHH

Gleichung 7-8

3. lonenprodukt des Wassers:

WKOHH =⋅ −+ ][][

Gleichung 7-94. Massenwirkungsgesetz für die Säure:

SKHR

RH =⋅ −+

][][][

Gleichung 7-10

Die Anzahl der Gleichungen reicht aus, um alle Konzentrationen bei Kenntnis von ci, KW undKs auszurechnen. Als Beispiel ist dies für [H+] ausgeführt, wobei obige Beziehungen ange-wandt wurde.

Gleichung 7-11

Die implizite Gleichung 7-11 ist für [H+] vollständig und enthält folgende Spezialfälle:

1. Wenn [H+] >> [OH–] (insbesondere, wenn die Eigendissoziation des Wassers ver-nachlässigt wird [OH–] = 0):

1

2

1

2

42][

][][

cKKK

H

HcHK

SSS

S

⋅++−=

−=

+

+

+

Gleichung 7-122. Wenn c1 >> ([H+] – [OH–]), [H+] >> [OH–] folgt:

1][ cKH S ⋅=+

Gleichung 7-13

−−

−⋅=

++

++

+

][][

][][

][

1 HKHc

HKH

HKW

W

S

Page 58: Physikalische Chemie anders

58

und mit der Definition des pH-Werts:

)lg(21

21

1cpKpH S ⋅−⋅=

Gleichung 7-14

7.1.4 PufferlösungAls Pufferlösung wird eine Lösung aus einer schwachen Säure (Base) HR (Einwaagekonzent-ration c1) und ihrem Salz MeR (Einwaagekonzentration c2) bezeichnet, da bei der Zugabe ei-ner kleinen Menge starker Säure HX (Einwaagekonzentration c3) der pH-Wert der Lösung (ingewissen Bereichen) konstant ist.Nach dem allgemeinen Schema folgt für die Pufferlösung ohne Säurezugabe:

Gleichung 7-15

Aus Gleichung 7-15 folgt mit obigen Gleichung, daß

( )][][][][

][1

2−+

−++

−−−+

⋅=OHHcOHHcHK S

Gleichung 7-16

Für den Spezialfall c1, c2 >> ([H+] – [OH–]) folgt die Näherungslösung:

1

2][ccHK S ⋅= +

Gleichung 7-17

+=

1

2lgccpKpH S

Gleichung 7-18

(Henderson-Hasselbalch-Gleichung). Für den Fall c2 = c1 folgt, daß pH = pKS.

S

W

KHR

RHKOHH

ROHMeHcMe

ccRHR

=⋅

=⋅+=+

=

+=+

−+

−+

−−++

+

][][][

][][][][][][

][ ][][

2

21

Page 59: Physikalische Chemie anders

59

7.1.5 Pufferlösung und SäureMit dem allgemeinen Schema über: Massenerhaltung, Elektroneutralität, Eigendissoziationdes Wassers, Massenwirkungsgesetz für die Säure und den Definitionen der Konzentrationenvon (7.1.4) gilt:

Gleichung 7-19

Für die Berechnung der 6 unbekannten Konzentrationen stehen 6 unabhängige Gleichungenzu Verfügung:

( )][][][][

][3221

32−+

−++

−+−−+−+−

⋅=OHHcccc

OHHccHK S

Gleichung 7-20

Von praktischem Interesse ist der Spezialfall, wenn gilt:

c1, c2 >> c3, und (c2 – c3), (c1 + c2) >> ([H+] – [OH–])

Dann ist:

31

32 )(][

cccc

HK S +−

⋅= +

Gleichung 7-21

+−

+=31

32 )(lg

cccc

pKpH S

Gleichung 7-22

S

W

KHR

RHKOHH

XROHMeHcXcMe

ccRHR

=⋅

=⋅

++=+

=

=

+=+

−+

−+

−−−++

+

][][][

][][][][][][][

][][

][][

3

2

21

Page 60: Physikalische Chemie anders

60

7.2 AufgabenstellungGemessen werden soll die Dissoziationskonstante KS der schwachen Säure p-Nitrophenol fürdas Gleichgewicht in wäßriger Phase:

(gelb)Anion;lNitrophenoplNitrophenop

462462

2

−−−+⇔

+⇔+−

−+

HOHNCOOHHNCOOHHOH

Die Säurekonstante

][][][

HRRHK S

−+ ⋅=

Gleichung 7-23

läßt sich für die schwache Säure, die bei der Dissoziation gefärbte Anionen bildet, einfachbestimmen, indem man durch eine Pufferlösung einen bestimmten pH-Wert vorgibt(pH = –lg[H+]) und die sich einstellende Konzentration der Anionen [R–] photometrisch mißt.

7.3 ApparaturFür die Messung der Extinktion steht ein Spektralphotometer zur Verfügung. Informieren Siesich über die Funktionsweise des Spektrometers und die Bestimmung von Konzentrationenmittel Spektrometrie. Informationen hierzu finden Sie in Versuch 5.

7.4 Ausführung des VersuchesZunächst werden drei Puffermischungen im Bereich von pH = 6.2 bis pH = 7.6 hergestellt.(Phosphatpuffer, Mischungen von 1/15 m KH2PO4 und 1/15 m Na2HPO4, siehe Tabelle 7-1).Mit diesen drei Pufferlösungen werden drei 10-4 molare p-Nitrophenol-Lösungen hergestellt,indem 5 cm³ der ausstehenden 10-3 molaren Lösung mit Puffer auf 50 cm³ aufgefüllt werden.Zur Bestimmung des Extinktionskoeffizienten des Anions werden außerdem 5 cm³ 10-3 mola-re p-Nitrophenol-Lösung mit n/10 NaOH auf 50 cm³ verdünnt. In dieser Lösung ist dasp-Nitrophenol praktisch vollständig dissoziiert. Sämtliche so hergestellten p-Nitrophenol-Lösungen werden bei 420 nm gegen reines destilliertes Wasser photometriert, Schichtdickeder Küvette 10 mm. Bei der mit Natriumhydroxid aufgefüllten Lösung zur Bestimmung vonE∞ wird eine 5 mm Küvette benutzt (bei einigen der verwendeten Spektrometer auch 10 mm).Die verwendeten Pufferlösungen sind Mischungen von (Lösung A) und (Lösung B). Die Mi-schungsvorschrift lautet: Man nehme das in Tabelle 7-1 angegebene Volumen an Lösung Bund fülle mit Lösung A auf 50 cm³ auf.

Page 61: Physikalische Chemie anders

61

Tabelle 7-1: Mischungsvorschrift für die Versuchslösungen

pH 6.2 6.4 6.6 6.8 7.0 7.2 7.4 7.6Menge B [cm³] 9.25 13.10 18.0 25.0 30.5 36.0 40.4 43.5

Anmerkung. Die Berechnung des pH-Werts der Pufferlösung nach dem Schema in Grundla-gen 7.1.4 ist ungenau, da für die reale Putfferlösung die Aktivität — und nicht die Konzentra-tion (unendliche Verdünnung!) — maßgebend ist.

Die Meßgrößen sind die Extinktion Ec, bei den drei Pufferlösungen, die Extinktion E∞ beiunendlicher Verdünnung, d.h. vollständiger Dissoziation, der pH-Wert der Pufferlösungen(Rechnungen). Für alle Lösungen wird die Extinktion jeweils 6-mal gemessen.

7.5 AuswertungFür die Auswertung wird der Dissoziationsgrad

−−

===EE

HRR

cR c

01 ][][][α

Gleichung 7-24

und

c

cS EE

EHHR

RHK−⋅=⋅=

+−+ ][][

][][

Gleichung 7-25

berechnet. KS wird aus einer Auftragung [H+] = f(α–1) ermittelt (Ableitung des Zusammen-hangs von [H+] und α–1).

Hinweis: Am Ende Ihrer Ableitung sollten Sie

SS KK −⋅=+

α1]H[

Gleichung 7-26

erhalten.

7.6 StichwörterChemisches Gleichgewicht; Massenwirkungsgesetz; Dissoziationskonstante; Extinktion; Puf-ferlösung: Wirkungsweise eines Puffers; Berechnung von pH- und pKS-Werten.

Page 62: Physikalische Chemie anders

62

7.7 Anmerkungen zu Versuch und ProtokollBei der Ausführung des Versuches und der Anfertigung des Protokolls sollten (mindestens)beachtet und behandelt werden:

Grundlagen: Voraussetzungen für die experimentelle Methode zur Bestim-mung einer Dissoziationskonstanten, Pufferlösungen, pH- undpKS-Werte.

Experimentelles: Kurze Beschreibung von Apparatur und Versuchsgang.

Ergebnisse: Berechnung des Dissoziationsgrads und der Dissoziati-onskonstanten Ks. Ermittlung von KS aus einer Auftragung[H+] = f(α-1).

Fehlerbetrachtung: Für die Fehlerrechnung sollte betrachtet werden:

a) Der absolute Fehler von ∆Ec und ∆E∞ nach dem statistischenFehler, ∆[H+] aus einer Abschätzung (∆pH = ±0.1),

b) der Fehler von KS nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz(Herleitung aus dem Differential),

e) der Fehler von KS aus der graphischen Darstellung (aus denGrenzgeraden).

Diskussion: Angabe von KS mit absolutem Fehler und Vergleich mit demLiteraturwert (Temperatur beachten).

Meßergebnisse: Meßprotokoll (Original!) mit Vortestat. Für das Vortestat ist dieBestimmung von α und eine graphische Auftragung mit der Be-stimmung von KS erforderlich.

Page 63: Physikalische Chemie anders

63

8 Neutralisationsenthalpie

8.1 Grundlagen

8.1.1 Definitionen

1. Eine Funktion Z heißt Zustandsfunktion, wenn dZ unabhängig vom Weg ist; dZ istein totales Differential .

2. Die Innere Energie U eines Systems ist die Gesamtenergie des Systems.

3. Die Enthalpie H ist definiert als H = U + p⋅V .

4. Die infinitesimale Volumenarbeit δWVol ist durch δWVol = -p⋅dV gegeben. Die infinite-simale Wärme δQ ist die über die Phasengrenze eines Systems ausgetauschte Energieohne Arbeitsverrichtung.

5. Die Reaktionsenthalpie ∆rH° für eine chemische Reaktion A → B ist die Differenz vonHB (Enthalpie des Systems B, unter den Bedingungen p0, T0) und HA (Enthalpie desSystems A, bei p´, T´ ).

6. Die Standardbildungsenthalpie H°f,i ist die dem Stoff i nach Konvention für die Stan-dardbildungsreaktion aus den Elementen im Standardzustand (reine Komponente, Ak-tivität = 1, Druck = p0 (105 Pa), Temperatur T0 (meist 298.15 K) zugeordnete Enthal-pie.

8.1.2 Energieerhaltung, 1. Hauptsatz der Thermodynamik, Innere Energie, Enthal-pie, spezifische Wärme

Die Grundlage der Messung von Energieänderungen ist der 1. Hauptsatz der Thermodynamik:

Es gibt eine Zustandsfunktion Innere Energie U. Für ein abgeschlossenes System istdie Innere Energie konstant; dU = 0.

Für die Änderung der Inneren Energie dU eines geschlossenen Systems, dem die Wärme δQzugeführt und an dem die Arbeit δW verrichtet wird, gilt:

dU = δQ + δW

Gleichung 8-1

dU totales DifferentialδQ, δW kein totales Differential

Page 64: Physikalische Chemie anders

64

Für den Spezialfall, daß nur Volumenarbeit δW = – p ⋅dV verrichtet wird, ist:

dU = δQ – p ⋅dV

Die Energiefunktion der Enthalpie H ist definiert durch:

H = U + p⋅V

woraus sich für den Spezialfall der reinen Volumenarbeit δW = p⋅ dV folgt:

Gleichung 8-2

Für den Spezialfall „geschlossenes System, Volumenarbeit δW = –p⋅dV, isobarer Prozeß(dp = 0)“ entspricht die Änderung der Zustandsfunktion H, dH, der ausgetauschten WärmeδQ:

dH(p =const) = δQ (p = const).

Die spezifische Wärme cp bzw. cV ist definiert als der Quotient von ausgetauschter Wärme beikonstantem Druck (dp = 0; isobar) bzw. konstantem Volumen (dV = 0; isochor) und der damitverbundenen Temperaturänderung dT des Systems.

Aus Gleichung 8-1 und Gleichung 8-2 ergibt sich dann der Zusammenhang mit der EnthalpieH und der Inneren Energie U:

pVQ

ppHT

THH

nTnp

d

ddd,,

+=

∂∂+

∂∂=

δ

Gleichung 8-3

Gleichung 8-4Die molaren spezifischen Wärmen cp,m und cV,m sind:

ncc

nc

c VmV

pmp == ,, und

pVQpVVpVpQ

pVVpUpVUH

dddd

ddd)d(dd

+=++−=

++=+=

δδ

VV

pp T

UcTHc

∂∂=

∂∂= und

Page 65: Physikalische Chemie anders

65

woraus sich die massenbezogenen spezifischen Wärmen ergeben:

Die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärme ist für viele Stoffe tabelliert; für kleineTemperaturbereiche, wie die im Versuch Neutralisationsenthalpie, ist die Temperaturabhän-gigkeit zu vernachlässigen.

8.1.3 Prozesse mit Enthalpieänderungen: Reaktionsenthalpie, Standardbildungs-enthalpie, Thermochemie

Die chemische Reaktion Neutralisation

)(2)()( laqaq OHOHH =+ −+

besitzt nach der Definition die Reaktionsenthalpie

)Standard ,1Aktivität ,mol 1 ,mol 1(

)Standard ,1Aktivität ,mol 1(

)()(

)(2

°=°−

°=°=°∆−+aqaq

lr

OHHH

OHHH

Da im Versuch der Prozeß bei konstantem Druck ohne Phasenumwandlung im isoliertenSystem abläuft, führt die bei der chemischen Reaktion freiwerdende Energie zu einer Tempe-raturerhöhung von T0 auf T1 . Aus der allgemeinen Enthalpiebilanz

H(Anfang, T1) - H(Ende, T0) = 0 isoliertes System

folgt nach Aufteilung in Enthalpieänderung durch chemische Reaktion (Abnahme der Enthal-pie der Reaktanden, ∆rH) und Enthalpiezunahme des Systems (Wasser, Thermometer, Be-cherglas, ...), Temperaturzunahme von T0 → T1:

N

T

Tmp

iir

Q

TcnHi

∆−=

−=∆ d1

0

,

Gleichung 8-5

i Substanzen: Glas, Thermoelement, Wasser; dieser Zusammenhang sollte im Proto-koll ausformuliert werden.

Die Reaktionsenthalpie kann also aus der Temperaturerhöhung von T0 auf T1 und der Kennt-nis von cp,i und ni bestimmt werden. Bei der Reaktion „Säure + Base“ wird eine beachtlicheEnergie, die Neutralisationsenthalpie, frei. Da die Neutralisation einer starken (völlig dissozi-

mpmpp cM

mcnc ,,1 ⋅⋅=⋅=

Page 66: Physikalische Chemie anders

66

ierten) Säure durch eine starke Base lediglich in der Vereinigung von H+- und OH–-Ionen zuWasser besteht, stellt dies die Bildungsenthalpie des Wassers aus den genannten Ionen inwäßriger Phase dar und ist daher für verschiedene Säuren und Basen praktisch gleich groß.Dies gilt aber nur, wenn man die Messungen mit verdünnten Lösungen vornimmt; andernfallssind in der gemessenen Wärmetönung noch andere Energiebeträge, z. B. Dissoziations- undVerdünnungsenthalpien enthalten.

Da nur Enthalpieänderungen meßbar sind, wird für jede Substanz eine Bezugsreaktion, dieBildungsreaktion, definiert; dies ist die formale Reaktion der Bildung von 1 mol der Substanzaus den Elementen. Liegen die Elemente im Standardzustand (stabile Modifikation beip = 105 Pa) vor, so wird die Reaktion die Standardbildungsreaktion genannt. Die Reaktions-enthalpie dieser Bildungsreaktion wird entsprechend die Bildungsenthalpie ∆Hf(T) bzw. dieStandardbildungsenthalpie ∆Hf° (T) dieser Substanz genannt. Für die Elemente im Standard-zustand ist die Bildungsreaktion die Identitätsreaktion. Daher setzt man willkürlich die Stan-dardbildungsenthalpien der Elemente gleich Null.

Tabelle 8-1: Standardzustände einiger Elemente

Element Stabile Modifikation bei 105 PaKohlenstoff GraphitSauerstoff O2(g)Brom Br2(s) für T < TSchmelzen

Br2(l) für TSchmelzen < T < TSiedenBr2(g) für T > TSieden

8.1.4 Thermochemie (Hess‘scher Satz)Da die Innere Energie U und die Enthalpie H Zustandsfunktionen sind, ist die Änderung ∆Uund ∆H unabhängig vom Weg. Dies wird für die Berechnung von ∆U- und ∆H-Werten häufigverwendet und soll am folgenden Beispiel erläutert werden. Die Bildungsreaktion für Kohlen-dioxid lautet:

C(s) (Graphit) + O2(g) = CO2(g) mit ∆Hf,298 = –382 kJ/mol

und für Kohlenmonoxid:

C(s) (Graphit) + ½ O2(g) = CO(g) mit ∆Hf,298 = –101 kJ/mol

Aus dem Energieerhaltungssatz folgt dann, daß die Reaktionsenthalpie für die Reaktion

CO(g) + ½ O2(g) = CO2(g)

molkJ

HHH COCOr

281

298,298,298 2

−=

∆−∆=∆ist.

Page 67: Physikalische Chemie anders

67

8.2 AufgabenstellungGemessen werden soll die Reaktionsenthalpie für die Neutralisationsreaktion:

)(2)()( laqaq OHOHH =+ −+

8.3 Ausführung des Versuches

Abbildung 8-1: Der Versuchsaufbau: A - Becherglas 2000 cm3; B – Becherglas 400 cm3;C - Pipette zum Einblasen der Säure; D - Deckel mit Durchführungen;E - Beckmann-Thermometer; F - Rührer

Säure und Base sollen in einem Becherglas zur Reaktion gebracht werden. Die Einlaufpipettewird mit 20 ml Säure gefüllt und gewogen. Nach dem Einblasen der Säure wird sie mit Zell-stoff getrocknet und erneut gewogen, um die zur Neutralisation verbrauchte Säuremenge zubestimmen. Bei Wägung der Einlaufpipette soll diese in ein 150 ml Becherglas (hohe Form)gestellt werden. In das Reaktionsgefäß (400 ml Becherglas, hohe Form) sollen etwa 200 mlWasser und eine zur vollständigen Neutralisation ausreichende Menge festes Natriumhydro-xid (2.2 - 2.5 g) gefüllt werden. Diese Lösung ist auch vor Zugabe der Säure ständig zu rüh-ren. Die Temperatur soll etwa fünf Minuten vor und nach der Neutralisation in Zeitintervallen

Page 68: Physikalische Chemie anders

68

von 30 Sekunden gemessen werden. Der rasche Temperaturanstieg während der Neutralisati-on ist in Zeitintervallen von 5 Sekunden zu verfolgen. Der Temperaturverlauf mit der Zeitwird sofort auf Millimeterpapier aufgetragen. Die Temperaturdifferenz ∆T ist durch Extrapo-lation von Vor- und Nachperiode zu bestimmen (siehe Abbildung 8-2). Der Versuch wirdjeweils einmal mit Essigsäure und Salzsäure ausgeführt.

Abbildung 8-2: Temperatur-Zeit-Profil der Neutralisationsreaktion. Zwischen demidealen und realen Verhalten besteht eine erheblicher Unterschied

Analog zu Versuch 4 wird parallel der Temperaturverlauf mit Hilfe einer elektronischen Meß-kette erfaßt. Es wird jedoch statt einem Eisbad eine Referenzstelle zu Zimmertemperatur ver-wendet. Informieren Sie sich dort über Aufbau und Funktionsweise.

8.4 AuswertungDer zeitliche Temperaturverlauf wird auf Millimeterpapier aufgetragen. Die Temperaturdiffe-renz ∆T ist durch lineare Extrapolation von Vor- und Nachperiode und einer Senkrechten, diedie beiden schraffierten Flächen gleicher Größe erzeugt, zu bestimmen (siehe Abbildung 8-2).Die berechneten Neutralisationsenthalpien sollen auf 1 mol bezogen werden. Diese Auswer-tung erfolgt sowohl für die Neutralisation von Essigsäure als auch von Salzsäure. Die Wär-mekapazitäten der entstehenden Salze und der überschüssigen Natronlauge sind nahezu Nullund sollen nicht berücksichtigt werden. Anstelle der spezifischen Wärme der Lösungen kannin guter Näherung die spezifische Wärme des reinen Wassers benutzt werden. Die spezifischeWärme des Glases beträgt 0.795 J/(g⋅K). Das Beckmann-Thermometer besitzt in dem Teil,der in die Lösung eintaucht, eine spezifische Wärme von 1.88 J/(cm³⋅K).

8.5 StichwörterErster Hauptsatz der Thermodynamik; Innere Energie; Enthalpie; Reaktionsenthalpie; Stan-dardbildungsenthalpie; Neutralisationsenthalpie; Hess‘scher Satz; spezifische Wärmen.

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69

8.6 Anmerkungen zu Versuch und ProtokollBei der Ausführung des Versuches und der Anfertigung des Protokolls sollten (mindestens)beachtet und behandelt werden:

Grundlagen: Erster Hauptsatz der Thermodynamik, Prozesse mit Enthalpie-änderung, spezifische Wärmen, Herleitung des Zusammenhangszwischen ∆rH und gemessener Neutralisationsenthalpie.

Experimentelles: Eigene Apparaturskizze (keine Kopie), kurze Beschreibung vonApparatur und Versuchsgang.

Ergebnisse: Graphische Bestimmung der Temperaturänderung ∆T, Berech-nung der Neutralisationsenthalpie von Essigsäure und Salzsäure.

Fehlerbetrachtung: Abschätzen der absoluten Fehler der Massen, Volumina undTemperaturänderung, absoluter Fehler der Neutralisations-enthalpie (Herleitung über Fehlerfortpflanzung).

Diskussion: Angabe der Neutralisationsenthalpie mit absolutem Fehler, Lite-raturwert, Begründen Sie den Unterschied in den Ergebnissenfür Essigsäure und Salzsäure.

Meßergebnisse: Meßprotokoll (Original!) mit Vortestat. Für das Vortestat mußdie Neutralisationsenthalpie für Essigsäure und Salzsäure be-stimmt werden.

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70

9 Verzeichnis der Symbole

a LängeA FlächeB 2. Virialkoeffizientc WärmekapazitätC 3. Virialkoeffizientd Schichtlängee ElementarladungE elektrische FeldstärkeF Kraft, Faradaykonstanteg Erdbeschleunigungh HöheH EnthalpieI Strom, Intensitätj Stromdichtek HenrykonstanteK Gleichgewichtskonstante, Verteilungskoeffizientl LängeL Leitfähigkeitm MasseM Molmassen StoffmengeNL Loschmidt-Zahl, Avogadro-Konstantep DruckQ Wärmemenger Radius, relative LuftfeuchteR WiderstandT Temperaturu IonenbeweglichkeitU Spannung, innere EnergieV VolumenδW Volumenarbeitx Stoffmengenanteilz AnzahlZ Kompressibilität, Zellkonstante

α Dissoziationsgradε Extinktionskoeffizientχ spez. Leitfähigkeit∆ Änderung, DifferenzΛm molare LeitfähigkeitΛeq Äquivalentleitfähigkeitν Driftgeschwindigkeitπ Kreiszahlρ Dichte, spez. WiderstandΘ Kryoskopische Konstante

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71

Indizes

0 Referenz, Eigenschaft der reinen Komponenteg Gasförmig, GefrierpunktHg Quecksilberi allgem. Indexl FlüssigL Luftmakro makroskopischmikro mikroskopischS Substanz, Schmelz~, SäureV Verdampfungs~W WasserZ Zimmer~Zyl Zylinder

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10 SI-Einheiten, abgeleitete Größen und Umrechnungsfaktoren

Tabelle 10-1: SI-Einheiten

Physikalische Größe Einheit SymbolLänge Meter mMasse Kilogramm kgZeit Sekunde sElektrischer Strom Ampére ATemperatur Kelvin KStoffmenge Mol molLichtstärke Candela cd

Tabelle 10-2: Abgeleitete Größen

Physikalische Größe Einheit Symbol DefinitionKraft Newton N kg m s–2

Energie Joule J N m kg m2 s–2

Druck Pascal Pa N m–2 kg m–1 s–2

Ladung Coulomb C A sElektrische Spannung Volt V J C–1 kg m2 A-1 s–3

Leistung Watt W J s-1 = V A kg m2 s–3

Tabelle 10-3: Umrechnungsfaktoren

Druck 1 atm 1.01325⋅105 Pa1 bar 1⋅105 Pa1 Torr 1.33322⋅102 Pa

Energie 1 cal 4.1868 J1 erg 1⋅10-7 J1 eV 1.6021892⋅10-19 J mol-1

Kraft 1 kp 9.80665 NTemperatur x °C (273.15 + x) K

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73

11 Physikalische Konstanten

Tabelle 11-1: Physikalische Konstanten

Größe Symbol Zahlenwert ⋅10x EinheitLichtgeschwindigkeit c 2.99792458 8 m s-1

Gravitationskonstante γ 6.67259 -11 m3 kg-1 s-2

Planck-Konstante h 6.6260755 -34 J sElementarladung e 1.60217733 -19 CElektronenmasse me 9.1093897 -31 kgProtonenmasse mp 1.6726231 -27 kgAvogadro-Konstante NA 6.02214199 23 mol-1

Faraday-Konstante F = NA e 9.64853415 4 C mol-1

Gas-Konstante R 8.314472 0 J mol-1 K-1

Boltzmann-Konstante k = R/NA 1.3806503 -23 J K-1

Der relative Fehler ist in [ppm] angegeben. Literatur: Handbook of Chemistry and Physics 71.Aufl. (1990) und CODATA 1986 (Committee on Data Science and Technology) inhttp://www.nist.gov.


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