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Campus Delciti - April

Date post: 21-Jul-2016
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Die April Ausgabe der Campus Delicti.
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1 Campus Delicti | Religiöse Studentenvereinigungen an der HHU Im Zentrum der Macht: EU-Praktikum in Brüssel Von der HHU zum Schlagertexter: Tobias Reitz im Porträt Paukenschlag im AStA: Kira Winkler tritt zurück
Transcript
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1Campus Delicti |

• ReligiöseStudentenvereinigungenanderHHU

• ImZentrumderMacht:EU-PraktikuminBrüssel

• VonderHHUzumSchlagertexter:TobiasReitzimPorträt

• PaukenschlagimAStA:KiraWinklertrittzurück

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2 | Campus Delicti

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3Campus Delicti |

Editorial |

Liebe Leserinnen und Leser!

Willkommen im Sommersemester 2015! Die Campus Delicti hofft, dass Eure vorlesungsfreie Zeit zwischen Klausuren, mündlichen Prüfungen und Hausarbeiten auch die ein oder andere erhol-same Minute enthalten hat... Wie ihr seht, sind auch wir nicht untätig geblieben.

Redakteur Gordon hat die Semesterferien glatt für ein Praktikum im fernen Brüssel genutzt und berichtet von seinen dortigen Erfahrungen im EU-Parlament. Abseits der großen politischen Bühne hat sich auch in der AStA-Politik so man-ches getan. Die 1. stellvertretende Vorsitzende Kira Winkler ist zurückgetreten und im SP strei-tet man sich (ähnlich hitzig wie auf unserer Face-book-Seite) über die neue AfD-Liste. Neben solch polarisierenden Gruppierungen gibt es an dieser

Hochschule aber auch solche, die sich für einen offenen Dialog und mehr Toleranz einsetzen - Malika stellt Euch die religiösen Hochschulgrup-pen der HHU vor.

Dass die Heinrich-Heine-Universität einiges an kulturellem Potenzial zu bieten hat, beweist die Geschichte von Tobias Reitz. Der HHU-Alumni ist heute erfolgreicher Schlagertexter und schreibt beispielsweise für Helene Fischer. Ganz andere Arten von Text entstehen an der HHU bei Noc-thene, die uns für diese Ausgabe „Out of the Box“ von Jonas Schnatmann zur Verfügung gestellt ha-ben.

Viel Spaß beim Lesen und guten Start!

Alina Konietzka (V.i.S.d.P.)

Editorial|

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4 | Campus Delicti

| Inhaltsverzeichnis

Inhalt|

• Editorial S. 3• Inhalt S. 4

• Campus-Köpfe S. 5

Hochschulpolitik• Paukenschlag im AStA: Kira Winkler tritt zurück S. 8• Faktencheck: Kurz-Interview mit Christoph Kurzawe S. 10• SP-Sitzung vom 18. Februar 2015 S. 11

Studentenleben• Religiöse Studentenvereinigungen an der HHU S. 12• Holzschnitt-Ausstellung an der HHU S. 15• HHU Wege ins Ausland: Malaysia S. 16• EU-Praktikum in Brüssel S. 19• Noten-Vergleich mit Grade View S. 22• Traumjob Social Media Management S. 23

Kultur• Veranstaltungstipps April 2015 S. 25• So gesehen S. 26• Film-Kritik: American Sniper S. 27• HHU-Alumni: Schlagertexter Tobias Reitz S. 29• Die Stimme des Wutbürgers: Thema Grexit S. 32

AllesundNichts• Geschichten aus der Matratzengruft S. 36• Karikatur S. 38• Out of the Box S. 39• Rätsel+Sudoku S. 40• 10 Anzeichen, dass… S. 41•• Impressum S. 42

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5Campus Delicti |

Campus Köpfe |

CampusKöpfe|

„Ich habe gerne Meister Eder und sein Pu-muckl geschaut. Da konnte ich mich gut mit identifizieren – denn Pumuckl hat den gan-zen Tag lang nur Mist gebaut!“

„Eine meiner absoluten Lieblingsserien aus den frühen 90ern ist Als die Tiere den Wald verließen! Keine besonders fröhliche Serie, aber ich fand sie toll. Ich hatte sogar ein Kle-bebuch mit Stickern von den ganzen Tieren und verschiedenen Hintergründen, wo man die Sticker immer wieder anders aufkleben konnte. Das war schön!“

Chrissie (24), Germanistik und Politik

Rebecca (25), Medienkulturanalyse

Ukraine-Krise,GräueltatendesIS,EuropaimClinchmitGriechenlandodereinfachDeutschlandsuchtdenSuperstar-dieMedienundbesondersdasFernsehenkonfrontierenunstagtäglichmitbeunruhigendenBildern.WirwolleneinmalkurzdurchatmenundunsmitEuchandieFernseh-bildererinnern,dieunsgutgetanhaben.WaswarenEureLieblingssendungeninderKindheit?!

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6 | Campus Delicti

| Campus Köpfe

„Ich mag dich, du magst mich... Bei dieser Melodie kommt Harmonie und Freude auf. Barney ist mein Held aus der Kindheit. Die Serie vermittelt freundliches Miteinander und Friede.“

„Sailormoon - so viele schöne Frauen auf ei-nem Schlag, wie kann ein kleiner Junge so eine Serie nicht lieben. Und dann auch noch Sailormoons Beine... “

Khaoula (22) Jura

Zaki (25, Pharmazie)

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7Campus Delicti |

Campus Köpfe |

„Die Palette ist lang: Von Kickers über Die tollen Fußballstars bis hin zu Gargoyles – da konnte man mich als Kind nicht vom Fern-seher kriegen. Doch unschlagbar, die Num-mer 1, der ewige Sieger bleibt: Dragon Ball!“

„Dragon Ball ist die Serie meiner Kindheit. Naja, gern habe ich aber auch Chip&Chap: Ritter des Rechts gesehen… Im Hinblick auf meine Studienwahl hatte diese Serie unter-bewusst mehr Einfluss, als ich als Kind ah-nen konnte.“

Safouan (25) Wirtschaftsingenieur

Marlon (24) Jura

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8 | Campus Delicti

| Hochschulpolitik

Von Alina Konietzka

Die 1. stellvertretende Vorsitze des Allgemei-nenStudierendenausschussesKiraWinkler istzum28.2.2015vonihremAmtzurückgetreten.Wieso? Auf der Homepage ihrer Liste RCDSlautetdiewortwörtlicheErklärung:

„Dies ist überwiegend dem Umstand geschuldet, dass eine vertrauensvolle und wertschätzende Zu-sammenarbeit im AStA nicht mehr garantiert ist. Darüber hinaus kümmerte sie sich nach Ihrer Auf-fassung überwiegend alleine um die allgemeinen administrativen Tätigkeiten neben dem ihre zuge-teilten speziellen Aufgabenbereiche. Des Weiteren führten die Ereignisse der letzten Monate im Stu-dierendenparlament und auch im Vorstand dazu, dass Kira diesen Entschluss fasste, dass es sinnvoll ist von der Stelle zurückzutreten. Insbesondere durch die vorherrschende Situation, die aktuell im Allgemeinen Studierendenausschuss herrscht, war es ihr nicht mehr möglich mit gutem Gewissen ihr Amt auszufüllen.“

Welche vorherrschende Situation hier genau herrscht, erläutert dieses extrem schwammig formulierte Statement nicht. In jedem Fall wird deutlich, dass es Differenzen im AStA gegeben haben muss. Leider war Kira nicht für eine Stel-lungnahme zu erreichen – dafür sprachen wir mit dem AStA-Vorstandsvorsitzenden Andreas Niegl.

CD:WieempfindetIhrimAStA-VorstanddenRücktrittvonKira?Niegl: Da gibt es sicherlich mehrere Ebenen. Zu-nächst kann ich nachvollziehen, dass es hart ist, sich gleichzeitig aufs Juraexamen vorzubereiten und im AStA tätig zu sein. Ich glaube, jede Per-son, die schon einmal im Vorstand war, würde zunächst von so etwas abraten. Nichtsdestotrotz hat Kira ihre Aufgaben sehr gewissenhaft erle-digt und wir sind dankbar für ihre Mitarbeit an diesem doch manchmal komplizierten Konstrukt namens AStA.

CD:Warumistsiezurückgetreten?Niegl: Wie gesagt sehen wir den Hauptgrund in dem übermäßigen Workload von Studienab-schluss und AStA-Arbeit. Kira hat, gemeinsam mit dem RCDS, auch einige politische und struk-turelle Gründe genannt, warum sie zurücktritt. Wir bedauern, dass Kira das Gefühl hatte, sie würde alle administrativen Arbeiten alleine ma-chen, effektiv war das aber nicht der Fall. Ebenso hat sie diese Bedenken uns gegenüber auch nicht angesprochen, wahrscheinlich, ohne zu sehr psy-chologisieren zu wollen, aus Konfliktscheuheit. Das ist schade, da wir in dem Fall natürlich ger-ne mit ihr über eine andere Aufgabenverteilung geredet hätten. Politische Differenzen sind in der jetzigen Situation im AStA wohl immer ein The-ma und ich nehme es Kira auch nicht persönlich übel, dass sie die Situation zu Gunsten ihrer Liste nutzt, um die Kitties zu diskreditieren. Das ist im Endeffekt der gleiche listenpolitische Kindergar-ten, mit dem wir immer wieder zu tun haben und für uns zählt eigentlich immer eher, was im Sinne der Studierendenschaft ist.

CD:WiegehtesnunfürEuchweiter-mussderPostenneubesetztwerden?Niegl: Einige Aufgaben von Kira müssen sicher-lich von uns aufgearbeitet werden (vor allem die Kommunikation mit D6), insgesamt wird das Tagesgeschäft aber weiterlaufen wie gehabt. Auf der nächsten SP-Sitzung wird der TOP "Wahl des AStA-Vorstands" in Bezug auf Kiras Stelle bespro-chen, formell muss diese Stelle schon besetzt wer-den. Ob es Kandidat*innen gibt, werden wir auf der Sitzung sehen. Unterstützung finden wir im AStA eigentlich immer gut, aber das liegt beim SP. Ich denke, wenn Kira zurücktreten möchte, wäre es auch unfair, wenn sie gegen ihren Willen kom-missarisch im Amt bleiben würde.

Wie es scheint, möchte niemand alle Gründe für den Rücktritt klar benennen. Es bleibt spannend, wie es im AStA weitergehen wird. Die Campus Delicti bleibt dran!

PaukenschlagimAStA:KiraWinklertrittzurück|

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9Campus Delicti |

Hochschulpolitik |

Die Lotsin geht von Bord: Kira Winkler ist vom AStA zurückgetreten

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10 | Campus Delicti

| Studentenleben

Faktencheck!Kurz-InterviewmitChristophKurzawe|

In unserer Rubrik „Die Stimme desWutbür-gers“beschäftigtenwirunsimJanuarmitdemAStAunddenQuerelen,diedasFinanzreferatdort verursachte. Die ehemals zuständige Fi-nanzreferentin sorgte durch ihreAbwesenheitfürChaosundeinensehrspätverabschiedetenHaushaltsplan.Zudemstelltesieineineröffent-lichen E-Mail Anschuldigungen hinsichtlichmissachteterSteuergesetzeauf.WirfragenbeiChristophKurzawenach.Der27-jährigeChe-mie-Studentistseitdem15.JanuarderneueFi-nanzreferent.

CD:Christoph,woherkennstDudichmitFi-nanzenaus?

Christoph: Ich war vor meinem Studium in der Chemiebranche berufstätig. Dort habe ich an ei-nigen Produktentwicklungs-Projekten mitgear-beitet, die immer eine gewisse Finanzplanung be-nötigten. Ansonsten kenne ich Buchhaltung, wie die meisten, aus dem privaten Bereich.

CD:WarstDuvorherschoninderHochschul-politikoderdemAStAengagiert?

Christoph: Ich bin Fachschaftsrat in Chemie, an-sonsten nein.

CD:HastDudasChaosumdasFinanzreferatmitbekommen?

Christoph: Zunächst wenig - allerdings ist mir als Fachschaftsrat aufgefallen, dass die Fachschaften nicht ihre Semestergelder bekamen. Deswegen habe ich mich verstärkt mit dem Thema beschäf-tigt und bin so auch schließlich auf die ausge-schriebene Stelle als Finanzreferent aufmerksam geworden.

CD:Gabesvielaufzuarbeiten,alsDuangefan-genhast?

Christoph: Nun ja, was heißt viel? Erst einmal musste ich mich natürlich einarbeiten und dann habe ich mich zuerst um die Gelder der Fach-schaften gekümmert. Mittlerweile wurde alles, was liegen geblieben ist, aufgearbeitet und wir können mit dem Tagesgeschäft fortfahren.

CD: Was sagst Du zu den AnschuldigungenDeiner Vorgängerin bezüglich missachteterSteuergesetze?

Christoph: Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass es schlicht Behauptungen sind. Der AStA nimmt seine Steuerpflicht sehr ernst und auch wahr.

CD:AberirgendwowirdsieihreBehauptungenwohlhergenommenhaben?

Christoph: Ich habe mich auch gefragt, wo sie die-se Anschuldigungen hernimmt, habe aber keine Antwort gefunden. Es gibt keine Anhaltspunkte. Vorwürfe bezüglich hinterzogener Steuern sei-tens des AStA und ehemaliger AStA-Referenten sind definitiv haltlos.

CD:VielenDankfürdasGespräch!

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11Campus Delicti |

Studentenleben |

Hochschulpolitik:SP–Sitzung|…wennderZirkuswiederauftritt.

von Malika Fachrou

ZwischenwaghalsigenJongleurenderPolemikund Löwen bändigenden Feministinnen ver-suchteamMittwoch,den18.FebruarderZir-kusdirektor SP-Präsidium Ruhe einkehren zulassen–Betonunghierauf„Versuch“.

Ein verzankter AStA Vorstand, Referenten, die sich diffamiert fühlen, und ein Präsidium, das kurz davor ist, das komplette Studierendenparla-ment für Ruhestörung zu verwarnen – eine ganz normale SP Sitzung eben. Hauptthematik der ver-gangenen SP Sitzung war die Steigung der VRR Preise und die beantragte Verwarnung der Hoch-schulpolitik-Referenten. AStA Vorstand Rai-mund Haas und der RCDS stellten einen Antrag bezüglich nicht ausreichender Arbeit der neuen Hochschulpolitik-Referenten…

EhekrachimAStA

Das Präsidium reagierte auf den Antrag mit einer klaren Ansage an Raimund: „Diesen Schlangen-haufen brauchst Du uns hier nicht vor die Füße werfen.“ Im AStA Vorstand herrscht dicke Kluft. Zu wenig Kommunikation miteinander, zu viel Gespräch über einander. Probleme, die intern geklärt wer-den sollten, werden als Topic in die SP-Sitzungen verschoben und dies völlig deplatziert. Auch ist die Beschwerde über die Referenten „ein Hinter-gehen“. Denn die Kompetenz der Referenten und ihre Sorgfalt hinsichtlich ihrer Aufgaben sollte zwischen dem Vorstand und den Referenten ge-klärt werden - und nicht zu Lasten des SP fallen.So fiel Raimunds Beschwerde auf ihn zurück und schließlich war auch dieser Themenpunkt geges-sen, zumindest für den Abend.

Zwischen Versammlungsfreiheit und Rassis-mus-Anschuldigungen

Für Trubel sorgte die Gründung der neuen AfD Hochschulgruppe. Diese beantragte ein Sch-reiben von Seiten des AStA zu ihrer Anerken-nung. Der Rede wert war dieser Punkt nicht, da es kein offizielles Schreiben des AStA gibt, denn die Gründung von Hochschulgruppen und Lis-ten erfolgt im Studierendensekretariat. Dennoch sorgte dieser Agenda-Punkt für explosiven Dis-kussionsstoff. Von Seiten der Kitty Hooligans und Studierenden, die der SP-Sitzung beiwohn-ten, kam harsche Kritik zur Existenz einer AfD Hochschulliste. Die LHG und der RCDS sorgten für starken Beifall, als AStA Vorstandsmitglied Raimund zur Verteidigung der AfD einräumte, es dürfe sich aufgrund der Versammlungsfreiheit „jede Studentengemeinschaft formieren, die auf demokratischen Prinzipien basiert. Ungeachtet einer Bewertung, bin ich für alle Studierende da.“

ObsichderAStAwiederversöhnt?ObdieVRRindenVerhandlungenkooperiert?

Ob die AfD tatsächlich nur eine „demokrati-scheStudentenvereinigung“ist?

DieseundweitereFragenwerdenunshoffent-lich beantwortet, wenn es mal wieder heißt:ManegefreifürdenZirkusSP–Sitzung.

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| Studentenleben

Von Malika Fachrou

FälltdasSchlagwort „Gleichstellung“ istdieerste Assoziation das Schwulenreferat oderdas LesBi-Referat. Doch auch religiöse Stu-dentenvereinigungen setzen sich für mehrGleichheitundgegenDiskriminierungein.

Die EvangelischeStudentenvereinigung(ESG) ist eine Initiative der Diakonie, um das Leben an der Hochschule zum einen durch christliche Werte zu bereichern, zum anderen jedoch um Studierenden in Not eine Anlaufstelle zu bieten. Um diese Ziele zu realisieren, veranstaltet die ESG regelmäßig Gottesdienste und Themen-abende, zu denen aber auch Studierende ande-rer Konfessionen eingeladen sind. Für Studen-ten in finanzieller Notlage bietet die ESG eine Unterstützung u.a. in Form der Wohnanlagen. Im Sinne der christlichen Nächstenliebe macht die ESG keinen Unterschied zwischen evangeli-schen und Studenten mit einem anderen religi-ösen Hintergrund. Hilfsbedürftige werden nicht abgewiesen, nur weil sie andersgläubig sind.

„AnmeinerdamaligenHochschulehabe ichfeststellen können, wie viel Nutzen die Stu-denten von religiösen Studentenvereinigun-genhaben…“

Martin Püschel (24) ist Sozialarbeiter und ab-solviert derzeit sein Praktikum bei der ESG. Nach seinem Bachelor-Abschluss wollte er sich nicht am „typischen Sozialarbeiter-Werdegang“ orientieren und suchte die Nähe zur Hoch-schule. So fand er seinen Weg zur ESG – und ist mehr als zufrieden. Vor allem auf mensch-licher Ebene erfährt er durch die Arbeit im „Café Atempause“ tagtäglich Glückserlebnisse. Sein persönliches Highlight des vergangenen Semesters? Ganz eindeutig der Themenabend.

ReligiöseStudentenvereinigungenTeil1:DieEvangelischeStudentengemeinschaftunddieMuslimischeHochschulgruppestellensichvor

Jedes Semester bietet die ESG im Rahmen ih-res Veranstaltungsplanes einen Themenabend an, bei dem ein Mitglied der Runde etwas über seine/ihre Herkunft erzählt. Der besagte The-menabend thematisierte Indien, die indische Kultur und Christen in Indien. Anlässlich zu Aschermittwoch gab es einen Themenabend zur angebrochenen Fastenzeit. Hierzu wurde ein Islamlehrer eingeladen, um einen Austausch zwischen muslimischer und christlicher Fas-tenzeit anzuregen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen. Auch dieser Abend konnte von Martin „als voller Erfolg“ verbucht werden. Nach der angenehmen Gesprächsrun-de anlässlich zu Aschermittwoch wünscht sich die ESG eine Kooperation mit dem neu gegrün-deten Vorstand der Muslimischen Hochschul-gemeinde (MHG).

…AusmitdemfriedlichenZusammenleben?

Vor allem nach der Gründung der AfD befürch-tet Martin Püschel, dass ein friedliches Neben-einander gestört werden kann, da eine aufkom-mende Angst und Xenophobie zwischen den Studenten nicht auszuschließen ist.

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Studentenleben |

MuslimischeHochschulgemeinde: „dieNischezwischen interkulturellemDialog undVertre-tungderRechtemuslimischerStudierender“

Der im Februar neu gewählte Vorstand der MHG hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl als Sprachrohr für Muslime zu fungieren, als auch Anlaufstelle zu sein, um Vorurteile abzubauen. Safouan Zim-mermann (25, Wirtschaftsingenieurwesen); Kha-oula Jahyaoui (22, Jura) und Mihriban Kayaci (20, Germanistik und Informationswissenschaften) bilden den neuen Vorstand der MHG. Ursprungsmotiv für die Gründung der MHG war jedoch das Bedürfnis nach einer Gebetsstätte. Zu den Pflichten der Muslime gehört es, die fünf täg-lichen Gebete einzuhalten. So formierte sich die MHG und von der Universität wurde ein „Raum der Stille“ zur Verfügung gestellt. Dieser Raum dient als konfessionsneutraler Ort, in dem un-geachtet der Religionszugehörigkeit Gebete ver-richtet werden können – so ist die Raumnutzung sowohl Christen, Juden, Muslime oder Anders-gläubigen gleich zugänglich.

„EineFormvonVandalismus...“

Was als friedlicher Ort zur Verfügung gestellt wur-de, wird für den Vandalismus missbraucht. Wäh-rend der Gebetszeiten stehen im Raum Trenn-wände zur Verfügung. Diese wurden in jüngster Zeit mehrere Male zerstört vorgefunden. Wer die-se aggressive Tat verübt hat und aus welchen Mo-tiven hier gehandelt wurde, ist noch unklar. Was jedoch klar ist: der/die Übeltäter wollten ein klares Statement setzen. Um hier gegen die Entstehung von Stereotypen anzusetzen, lädt die MHG im kommenden Se-mester zum „gemeinsamen Fastenbrechen“ ein. Im kommenden Ramadan (Fastenzeit) möchte die MHG zum Essen einladen. Intention ist hier-bei, die anfallenden Pflichten eines Muslim in den Hochschulalltag zu integrieren. So soll klar werden, dass diese religiöse Pflichten keine Un-terscheidung zu Studenten mit keiner oder einer anderen Konfession bilden. Gerne würde sich die

MHG an dieser Stelle freuen, wenn Studenten mit den unterschiedlichsten Weltanschauungen die-sem Abend beiwohnen. Das noch in den Startlö-chern stehende Team sitzt derzeit an der Ausar-beitung eines Semesterprogramms und wir freuen uns schon auf kommende Veranstaltungen.

Everybody complains about society, not kno-wing:wearesociety

Tagtäglich kritisieren wir Zustände und beschwe-ren uns über herrschende Konditionen. Vor-standsmitglied Safouans‘ Devise lautet „nicht nur meckern, sondern machen“. Um eine bestehende Problematik zu lösen, sind stundenlange Kritiken nicht produktiv, wenn sie nicht in die Realität um-gesetzt werden. Khaoula und Mihriban plädieren hier auf die Wichtigkeit des Dialogs. Zwischen Aufklärungsarbeit durch Projekte und der Arti-kulation relevanter Themen hat der neu gewählte Vorstand eine Waage der Balance geschaffen.

DergemeinsameNenner

Zwei unterschiedliche Studentenvereinigungen, mit unterschiedlichen Strukturen und Program-men, doch die Quintessenz ist dieselbe. Beide die-nen zur Bereicherung des Hochschullebens und versuchen, Studierende über Diskriminierung aufzuklären.Sowohl die ESG, als auch die MHG begrüßt neue Mitglieder und steht für spezifisch religiöse Fra-gen und über die Arbeit der Vereinigungen jeder-zeit zur Verfügung.

Für Interessenten an der MHG, findet die Kon-taktdaten auf der Seite:http://mhg-duesseldorf.de/Für Interessenten der ESG, findet ihr Kontaktda-ten und Programme auf:http://www.esg-duesseldorf.de/

In der nächsten Ausgabe geht es dann weiter mit dem zweiten Teil zum Thema Studentenvereini-gungen.

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| Studentenleben

DerMHG-Vorstandstelltsichvor|

Safouan:„Ich war schon in meiner Schulzeit in der SV als Schulsprecher aktiv. Mit Vorstandsarbeit bin ich mehr als vertraut. Ausschlaggebender Faktor war die aufkeimende Angst durch Pe-gida und andere Bewegungen - ich wollte zei-gen, dass eine Konfessionszugehörigkeit kei-nen Unterschied zwischen Menschen schafft.“

Mihriban:„... Brücken bauen. Das ist mein Lebensmot-to und das hat mich zu meinem Weg in den MHG Vorstand geführt. Der erste Schritt, um Barrieren zu überwinden, sind kleine Projek-te, die großes bewirken.“

Khaoula:„Offenheit ist die Devise. Man muss miteinan-der reden, nur so lösen sich Probleme. Ohne Kommunikation kommt man nicht voran. Das ist MHG für mich eine Community, die zum Dialog anregt.“

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15Campus Delicti |

Studentenleben |

WennStudierendezuKünstlernwerdenSeminar„Holzschnitt/Linoldruck“stelltWerkeaus

von Alina Konietzka

HolzschnittundLinoldruck?Istdasnichtdas,wasmanimKunstunterrichtinderGrundschu-lemacht?Auch.Dozent undKünstler RobertButzelarwill seinenStudierendenbewussteinSeminar bieten, das Interesse undErinnerun-genweckt.

Butzelar selbst hat eine Ausbildung als Drucker an der Kunstakademie von Florenz abgeschlossen und stellt einige seiner Werke im Goethe-Muse-um am Schloss Jägerhof aus. Nun sollen auch sei-ne Studierenden die Möglichkeit bekommen, ihre Werke zu präsentieren: Franziska Hoppe (22) und Benjamin Johl (27) organisieren eine Ausstellung. Die beiden Studierenden der Medien- und Kul-turwissenschaft entschieden sich im Zuge des Moduls „Projektmanagement“ dazu, eine Aus-stellung zu organisieren – mit Werken, die an der HHU entstanden sind. Bei Dozent und Künstler Robert Butzelar hatte Franziska bereits ein Semi-nar zu Aquarellmalerei absolviert und stieß so auf das Seminar „Holzschnitt/Linoldruck“. Nun un-terstützen die beiden Butzelar in der Durchfüh-

rung des Seminars und stehen den Teilnehmer/innen als Ansprechpartner zur Seite.Romanistik-Studentin Anna ist Teilnehmerin des Seminars und genießt vor allem die Freiheit: „Es ist schön, dass man nicht in bestimmte Richtlini-en gezwungen wird oder irgendein Thema verfol-gen muss, sondern sich einfach ausleben darf.“ Auch Sozialwissenschaften-Studentin Hanne sieht das Seminar als willkommene Abwechslung zum theorielastigen Studium: „Neben Kopfarbeit finde ich es auch ganz toll, mal etwas Kreatives zu machen.“

Während die Studierenden an ihren Werken arbeiten, planen Franziska und Benjamin die Ausstellung: Wie viele Werke sollen wie lange ausgestellt werden, wie wird die dazugehörige Vernissage ablaufen und wie soll die Ausstellung überhaupt heißen?

Was bereits feststeht, ist das Datum: Am15.04.2015startetdieAusstellungimGebäude23.01derHeinrich-Heine-Universität.

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| Studentenleben

von Malika Fachrou

KanndasGehirndreiMonateà fünfStun-denSchlafunterHochleistungenarbeiten?Diesem Experiment hat sich Khalid Ou-amaar (24) während seinem Auslandsse-mester gestellt.WelcheAuswirkungenundLehren er gezogen und was Beweggründefürdieses„StudiumderExtrema“gewesensind, berichtet uns Khalid in unserer Ko-lumne.

Kuala Lumpur: Weiße Strände, ultramarin blauer Ozean, klarer Himmel. Der perfekte Ort zum Urlaub machen – nicht doch für Kha-lid Ouamaar mit neun Prüfungen in einem Semester. Khalid studiert im siebten Semester Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Maschinenbau an der Universität Duisburg - Essen. Im Rahmen des Studiums entschloss

er sich sein Auslandssemester an der Univer-siti Kebangsaan (UKM) in Malaysia zu ver-bringen. Die Hürde Finanzierung wurde ihm hier durch sein Stipendium bei der Stiftung für Wirtschaft (SdW) abgenommen.

„London,Kalifornien,NewYork...Momentmal,stehtdaMalaysia?“

Was den angehenden Wirtschaftsingenieur in das untypische Studienziel Malaysia gezogen hat? Neben der guten Lehre an der Universität und der kulturellen Neuerkundung, kommt der ausschlaggebende Faktor Karrierepers-pektiven hier ins Spiel. Reguläre Auslands-ziele für den Großteil der Studenten sind die USA und Großbritannien, wobei Südostasien hingegen eher aus dem Raster fällt. So erhoffte sich Khalid durch sein Semester an der UKM einen Vorteil am globalen Arbeitsmarkt ge-

WegeinsAusland-EinSemesterinMalaysia|…wenndermenschlicheKörperanseineGrenzenstößt.

flickr.com/photos/stuckincustoms/

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Studentenleben |

genüber anderen Bewerbern zu verschaffen. Geschickt gewählter Zug von Khalid, zumal er auf diesem Wege an sein Praktikum bei Bosch in Kuala Lumpur gekommen ist. Nach seinem absolvierten Auslandsaufenthalt im vergangenen Semester folgt nun ein weiteres Semester in Kuala Lumpur. Im Rahmen sei-ner Bachelor Thesis macht Khalid ein sechs-monatiges Praktikum bei Bosch und schreibt parallel seine letzte Klausur an der UKM: dies verschafft ihm eine Zusatzqualifikation von zwei angerechneten Auslandssemestern plus einem Auslandspraktikum – ein Lebenslauf, der Herrn Max Mustermann gehören konnte.

Lernaufwand:150%.vs.Schwierigkeitsgrad:50%

Ungleich dem deutschen Hochschulsystem wird an malayischen Universitäten für die Absolvierung eines Moduls eine Projektarbeit mit den „local Students“, ein Experiment, un-angekündigte Tests während der Vorlesungs-zeit, abzugebende Assignments wie wir sie als Hausaufgaben kennen, eine Zwischen-Se-mester Prüfung und eine finale Endsemester Klausur verlangt. So ist der zeitliche Aufwand im Vergleich zu unseren Semester-Wochen-stunden immens höher. „Der Arbeitsaufwand war vielleicht vom zeitlichen Pensum höher, doch war die Fragestellung und die Lösung der Aufgaben um einiges simpler, was den Weg zu einer guten Note leichter und schwe-rer zugleich macht.“ Der immense Lernstoff gestaltete für Khalid Ouamaar seinen Aufent-halt zur „arbeitsintensivsten Zeit seines Le-ben“. Den dreifachen Aufwand à neun konnte er letztendlich nur meistern, indem er sich einen strikten Lernplan erstellte – und die-sen ohne Entschuldigungen erbarmungslos durchzog.

Khalid OuaamarKhalid Ouaamar (*06.01.1991 in Düsseldorf) stu-diert Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrich-tung Maschinenbau an der Universität Duisburg-Essen (UDE) und absolvierte ein Auslandssemester an der Universiti Kebangsaan Malaysia (UKM) in Kuala Lumpur. Er absolvierte diverse Praktika in mittelständischen und DAX-Konzernen und wird im folgenden Semester seine Bachelorthesis ebenfalls in Kuala Lumpur in einem deutschen renommierten Technologiekonzern schreiben und gleichzeitig weite-re Fächer an der UKM belegen. Er ist Stipendiat der Stiftung der Deutschen Wirschaft.

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| Studentenleben

Was man beachten muss bei einemAuslandssemesterinSüdostasien:

FinanzielleSicherheit:Die Lebenserhaltungskosten sind zwar gerin-ger als in Deutschland, dennoch sollte man, um die kulturellen Möglichkeiten völlig aus-kosten zu können, mit monatlich 1000 Euro rechnen.

AnrechnungvonKlausuren:Welche Klausuren angerechnet werden kön-nen und inwiefern diese mit den Modulen an der Universität übereinstimmen, sollte vor dem Beginn des Semesters geklärt werden.

Stipendium:Das Stipendien-Programm des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes DAAD oder andere in Frage kommende Stipendien sollten rechtzeitig beantragt werden, d.h. rund ein Jahr vor dem Auslandsaufenthalt.

„EswareinAufenthaltderExtreme...“Auf die Frage wie Khalid sein Auslandssemes-ter an der Universiti Kebangsaan beurteilt, konnte er sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. „Es war ein Aufenthalt der Extre-me. Ich habe mehr gearbeitet, als ich es mir vorgestellt habe – und zugleich mehr Urlaub gemacht, als ich es mir vorstellen konnte.“

You never know how strong you are, untilbeingstrongistheonlychoiceleftAuch wenn Khalid einem harten Arbeitspen-sum ausgesetzt war, so kann er im Nachhinein auch dies nur als positive Erfahrung verbu-chen. Durch das richtige Zeitmanagement ist fast alles machbar. Auch ist die Belastbarkeit der menschlichen Psyche weitaus unterschätzt – die Kernerkenntnis seines Auslandssemes-ter.

„AufdieDisziplinkommtesan...“

Der reguläre Alltag fing mit Beginn der Uni um acht Uhr an, um 17 Uhr ging es nach Hause für ein kleines Nickerchen, dann wurde ausnahms-los jeden Werktag bis ca. 3h morgens gelernt. Obwohl der Aufwand für ein Modul höher ist als in Deutschland bewertet Khalid das malay-ische System als „in seiner Theorie brilliant“. Durch die Aufteilung der Note in Projektarbeit und Klausur, ist es für den Studenten leichter den Stoff zu verinnerlichen. Auch die Betreu-ung von Seiten der Dozierenden sei den deut-schen Universitäten eine Elle voraus. So kam es vor, dass bei Problematiken von Hausaufgaben oder bevorstehenden Prüfungen dem Dozenten auch gerne mal eine Whatsapp Nachricht sch-reiben und um Hilfe bitten konnte.

Durch die nahe Lage zu angrenzenden Ländern und die verhältnismäßigen günstigen Preise, waren die Urlaubsmöglichkeiten vielseitig. So konnten Khalid und seine Kommilitonen wäh-rend ihres Auslandssemester in Kuala Lumpur auch Thailand, Kambodscha, Singapur, Indo-nesien und Hong Kong sehen. Die strahlende Sonne, die gut gelaunten Menschen und die kulturelle Begegnungsstätte gaben ihm Antrieb, um seinen straffen Lernplan mit Elan und Mo-tivation zu meistern. Äffchen am Strand und Meere, von denen man glaubt, sie wären mit Ölfarben gezeichnet, sorgten für einen Alltag, der Khalid in seiner Erinnerung schon fast sur-real vor kommt.

Studierende, die die Reiselust gepackt hat, und die es nach Südostasien verschlägt, können sich für nähere Informationen gerne an Khalid via Email wenden: [email protected]

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Studentenleben |

von Gordon Worthmann…

…überGordonWorthmann.AlsRedakteurbe-richte ich aus der Egoperspektive über meineErfahrungenausdemZentrumderMacht,überinternationale Konferenzen, über Abbau vonVorurteilenundeinerhoffnungsvollenPerspek-tivefürdieVereinigtenStaatenvonEuropa.Soerlebt im Büro des Europaabgeordneten Karl-HeinzFlorenz.

Da ich Vitamin B nur aus der Apotheke kenne und auch nicht Mitglied einer Partei bin, muss man nicht zwangsweise über Kontakte verfügen, um bei EU-Institutionen tätig zu werden. Es wird wohl kaum jemandem entgangen sein, dass der einflussreichste Staatenverbund der Welt in den letzten Jahren massiver Verleumdungen ausge-setzt war, die auch an mir nicht spurlos vorüber gegangen sind. Schon weil ich Journalist bin und vor meiner Tätigkeit bei der Campus Delicti kri-tisch über Politik berichtet habe, war ich nicht frei von Vorurteilen gegen die Europäische Union. Dennoch wird mich nichts davon abhalten, jeden Tag ein wenig mehr dazu zu lernen, und dies trifft auch explizit auf meine Hospitanz beim Europä-ischen Parlament in Brüssel zu. Ich war stets ein

politisch – aber kein parteipolitisch – denkender Mensch, dennoch war meine Einstellung zur EU während der Schulzeit äußerst skeptisch. Ich ver-trat damals patriotisch ein Europa der Vaterländer, in dem die EU nur das Allernötigste klären soll-te. Über die Zeit setzte ich mich jedoch mit dem von mir betitelten Bürokratiemonster aus Brüssel auseinander und wurde offener für die gesamteu-ropäische Idee – zu dieser Zeit noch ausschließlich aus Vernunftgründen; eine Herzensangelegenheit war es noch nicht. Ich glaubte, dass die Vertiefung der europäischen Einigung die einzige Möglichkeit sei, auch Deutschlands Status in der Welt gegen-über der Konkurrenz aus Amerika und vor allem Asien zu sichern. Je mehr ich jedoch (dazu-)lern-te, umso mehr erwärmte ich mich für die Idee ei-nes europäischen Bundesstaats. Patriotisch bin ich noch immer, aber mittlerweile weiß ich, dass dies überhaupt kein Widerspruch zur europäischen Ei-nigung ist.

Ich hatte bereits vorher auf Landesebene gearbeitet und als Trainee im Bundestag in Berlin einen Ein-blick in den aktiven Politikbetrieb erhalten. Solche Stationen sind jedoch keine Voraussetzung für eine Tätigkeit bei der EU. Ich hatte kein Stipendium, kein Erasmusprogramm, sondern habe mich wie

PraktikantbeimEuropäischenParlament|

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immer im Leben eigeninitiativ beim Büro des Eu-ropaabgeordneten Karl-Heinz Florenz gemeldet, der für den Wahlkreis Niederrhein im Parlament sitzt und sich für Umweltfragen, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit einsetzt. Er selbst ist mit 26 Jahren Mitgliedschaft einer der am längsten im Europaparlament vertretenen Abgeordneten, und wenn man ihn bei der Arbeit sieht, weiß man, wa-rum er so oft wieder gewählt wurde. Herr Florenz ist eigentlich gebürtiger Landwirt und versteht es, auch komplexe Sachverhalte wie das TTIP-Ab-kommen in einer für Otto-Normal-Verbraucher verständlichen und dennoch scharf ausdifferen-zierten Ausdrucksweise zu erläutern, ohne dabei wie ein gönnerhafter Schulpädagoge aufzutreten. Diese Position ist nicht gespielt, denn er kann auch einiges einstecken und spricht auch kritische Punk-te der europäischen Organisation selbst negativ an.

Sicher, es gibt Lobbyismus und eine Streitkultur, aber diese Interessenspolitik gibt es überall, gehört sogar zur Demokratie. Allerdings drücken sich diese Gegensätze auf europäischer Ebene noch weitaus weniger polar aus. So gibt es im EU-Parla-ment deutlich seltener Krach zwischen Fraktionen als z.B. im Bundestag. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass, je tiefer man in die politische Hier-archie hinabsteigt, die Umgangsformen immer ra-biater und undiplomatischer werden – gleich der wilden Stimmung bei einem Kreisligaspiel gegen-über einem Match in der Champions League. So werden Streitpunkte in der Hochschulpolitik an der Schnittbrötchenfront der Mensa oft aggressi-

ver ausgetragen als Sanktionen gegen Russland in der Europäischen Kommission. Wenn es Konflik-te gibt, so finden diese meistens gemäßigter statt und werden nicht immer zwischen Fraktionen, sondern können auch unter den Mitgliedsstaaten stattfinden.

Besonderer Stress herrscht immer, wenn Plenar-sitzungen in Straßburg anstehen. Die meisten Mit-glieder sind gegen diesen Turnus – Herr Florenz übrigens auch, da viel Geld, Benzin, Zeit und Ner-ven drauf gehen, wenn alle Abgeordneten und vie-le Mitarbeiter einmal im Monat 400 Kilometer von Brüssel nach Straßburg ins Elsass fahren müssen – nur um nach maximal vier Abstimmungstagen wieder nach Brüssel zu ziehen. Das ist genau so ein Punkt, an dem auch ich mich früher immer hoch-gezogen habe. Warum dieser ganze Wanderzirkus? Will man diesen jedoch abschaffen, stellen sich die Franzosen quer und würden in diesem Fall erst einmal den deutschen Abgeordneten auflisten, wie viele Tausende von Bundesbeamten täglich zwi-schen der Hauptstadt Berlin und der Bundesstadt Bonn hin und her fliegen. Und ein Spaß sind die Straßburg-Sitzungen auch nicht. So sind z.B. die Büros sehr eng und liegen unter dem Mindeststan-dard, der beispielsweise in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben ist. Gerade wegen solcher Umstän-de ist es eigentlich fast nie möglich einen Achtstun-dentag einzuhalten. Nicht selten ist es schon vorge-kommen, dass bis Mitternacht debattiert wurde. Es ist also nicht immer alles so simpel, wie es in den Medien dargestellt wird.

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Studentenleben |

Seit dem Terroranschlag von Paris am 11. Januar und vor allem den vereitelten Attentaten in Belgien herrscht in den EU-Institutionen Alarmstufe Gelb. So musste man immer ein wenig Zeit miteinkalku-lieren, wenn man die Gebäude betreten oder ver-lassen wollte. Zuerst musste man nämlich wie am Flughafen seine Metallgegenstände abgeben, durch einen Detektor laufen und schließlich zwei Schleu-sen passieren, die sich nur durchs Einscannen ei-nes Mitarbeiterausweises öffnen ließen. Auch wäh-rend des Tages musste man seinen Ausweis immer gut sichtbar auf Brusthöhe platzieren, wenn man sich keinen kritischen Blick vom hauseigenen Per-sonal einfangen wollte. Vor allem am Montagmor-gen kann man so etwas natürlich überhaupt nicht gebrauchen. Sicher fühlte man sich auf jeden Fall, vor allem weil man beim Essen in der Kantine aus dem Fenster zusehen konnte, wie Soldaten mit Ge-wehren und ernster Miene um die Gebäude pat-rouillierten.Am meisten genieße ich aber das internationale Flair. Bei den Plenarsitzungen gibt es Kopfhörer, um die Debatten in der eigenen Muttersprache mitverfolgen zu können, da die meisten Abgeord-neten in ihrer Landessprache sprechen. Natürlich beherrschen die deutschen Dolmetscher nicht alle europäischen Sprachen, weshalb sie öfter auf die englische Übersetzung zurückgreifen. Dies führt zuweilen zu einigen amüsanten Verzögerungen, wenn z.B. der bulgarische Sprecher einen Witz macht, lachen zunächst nur seine Landsleute, drei Sekunden später die Zuhörer von direkten Simul-tandolmetschern und nach weiteren zwei Sekun-den Verzögerung alle anderen, die auf die indirekte Übersetzung aus dem Englischen warten mussten. Eine wellenförmige Strömung der Euphorie, wenn man so will.

Neben den Ausschüssen, Abstimmungen und Plenardebatten (an denen ich auch ohne Begleit-schutz und in Eigenregie) teilnehmen durfte, wur-de mir auch jede Menge Raum für eigene Projekte gewährt. So musste ich für ein Lehrforschungspro-jekt an der HHU den Konsultationsprozess um das

Energie- und Klimapaket 2030 beleuchten. Da ich in Brüssel war, nutzte ich die Chance und interview-te Insider von ansässigen Stakeholdern und NGOs oder besuchte Seminare zu dem Thema. Allgemein hat die hohe Konzentration von Vertretungen al-ler Art dazu geführt, dass Brüssel aus allen Nähten platzt. Jeden Abend finden irgendwo Networking-Dinner, offene Debatten, Seminare und Konfe-renzen zu den unterschiedlichsten Themen statt. Wenn man ein normaler Bürger in der belgischen Hauptstadt ist, muss man wohl bis zur Straßburg-woche warten, um für seine Geburtstagsfeier einen freien Saal mieten zu können. Darüber hinaus ist aber auch immer wieder Zeit für Themen abseits der Politik aus dem menschlichen Alltag, z.B. als der Vizepräsident des Europäischen Parlaments Rainer Wieland uns während der Karnevalstage in sein Büro zu Kaffee und Fastnachtsküchle einlud und aus dem Nähkästchen plauderte. Man ist sich nämlich auch bei der EU der Vorurteile bewusst und bemüht sich, diese abzubauen durch mehr Transparenz, beispielsweise über die Einrichtung von Livestreams.

Abschließend kann ich festhalten, dass ich mich nicht nur sehr wohl gefühlt habe, sondern meine positive Grundeinstellung zu Europa noch weiter gefestigt wurde, da ich miterleben durfte, wie an-strengend der Tag der Abgeordneten und Ange-stellten ist. Ich denke, alle Schwarzmaler sollten ihren Blick nicht allein auf die Medienberichter-stattung forcieren, sondern sich auch selbst mit dem Thema Europa beschäftigen. Das zeigt zwar tatsächlich Probleme beim Prozess der Einigung auf (weil es viele gegensätzliche Interessen gibt), aber baut auch wiederum viele Vorurteile ab. Man merkt dann, dass hier auch nur ganz normale Menschen arbeiten. Ein direkter Einblick in den Arbeitsalltag des Parlaments zeichnet gar das Bild von einer Gemeinschaft, die trotz all der jüngsten Schwierigkeiten weiterhin zusammenwächst und an ihren Aufgaben wächst. Ein klares ‚Nein!‘ daher an all diejenigen, die unken, dass Europa ein sin-kendes Schiff sei.

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Alina Konietzka

In Zeiten vonTurbo-Abitur und straffenBa-chelor- undMasterstudiengängen wächst derDruck auf Heranwachsende und junge Er-wachsene. Höher, schneller, weiter: wie kannmandaüberhauptnochwissen,obmanwirk-lich gut genug ist? GradeView ermöglicht esseinenNutzern, ihreNotenzuverwaltenundmitanderenzuvergleichen.

Wer schon immer gerne wissen wollte, wie die eigenen Leistungen im Vergleich zu derer an-derer Menschen einzuschätzen sind, wird sich über GradeView freuen. Anonym und kosten-los kann man auf dem Internetportal seine Cre-ditpoints, Noten und Praktika mit Nutzern an seiner Hochschule, in seinem Bundesland oder gleich bundesweit vergleichen. Das 2013 ge-gründete Online-Portal möchte Studierenden so ermöglichen, leichter den Überblick über ihre Studienleistungen behalten und sich selbst bes-ser einzuschätzen zu können. Außerdem gibt es die Möglichkeit persönlich zugeschnittene Jo-bangebote von kooperierenden Unternehmen wie Amazon oder Henkel zu bekommen.

Die Idee für ein Leistungsvergleichsportal wie

OnlinePortalGradeView|DarfesnocheinbisschenmehrLeistungsdrucksein?

GradeView ist die logische Konsequenz unse-rer Zeit. Abiturnoten werden seit Jahren immer besser, eine 1,5 reicht längst nicht mehr immer für das Traumstudium und unter 3,0 hat man eigentlich eh verloren. Manch einer spricht da schon von einer Inflation – „gute“ Noten sind immer weniger wert, weil sie immer häufiger werden. Um auf dem Arbeitsmarkt später unter-zukommen, muss man sich dennoch irgendwie hervortun. Und so präsentiert man auf Portalen wie XING und LinkedIn lückenlose Lebensläufe, mindestens einen Auslandsaufenthalt und pro-fessionellere Kenntnisse, als man als Berufsein-steiger eigentlich haben kann. Die Krönung des-sen ist der hervorragende Studienabschluss. Die Konkurrenz schläft nicht. Bei GradeView kann man sich dies vor Augen führen. Aber Obacht: Da nicht ganz Deutschland bei diesem Portal angemeldet ist, sind die Ergebnisse nicht reprä-sentativ.

Hm! Nichtsdestotrotz bietet GradeView gute Möglichkeiten, seine Noten übersichtlich zu or-ganisieren. Die Plattform ist einfach zu bedienen, mittlerweile gibt es GradeView auch als App für IOS und Android. Wer Organisationshilfe und Stellenangebote sucht, wird hier fündig. Wer sei-nen Leistungsdruck erhöhen möchte, ebenfalls.

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Studentenleben |

AufderJagdnachKlicks|TraumjobSocialMediaManager

Von Alina Konietzka

JedenTagbeschäftigenwirunsmitdensozia-lenNetzwerken–obYoutube,FacebookoderInstagram,kaumeinerkannnochvonsichbe-haupten,nichtsdamitzutunzuhaben.Längsthaben auch Unternehmen das Potenzial die-serPlattformen für sich entdeckt. SocialMe-dia Management ist ein junger, spannenderBerufszweig – dochwie kommtman da hin?Wir sprachenmitLaraNeumann,SocialMe-diaManagerin beiMehr! Entertainment hierinDüsseldorf.

„Und was macht man dann damit?“ Geisteswis-senschaftler kennen diese Frage zu gut. Auch Lara musste sich immer wieder diese Frage stel-len lassen - schließlich legte sie eine Studien-karriere hin, die manch einem vielleicht nur ein Kopfschütteln entlocken konnte. Was sollte sie mit einem Niederlandistik-Studium werden?! Ursprünglich begann Lara Niederlandistik und Sozialwissenschaften im Bachelor zu studieren, weil sie sich im sprachlichen Bereich wohlfühlte und eine persönliche Leidenschaft für die Nie-derlande hegt. Das ging so weit, dass sie auch den Master im Fach Niederlande-Deutschland-Studien absolvierte. „Ich dachte, vielleicht ar-beite ich mal in den Niederlanden. Da bin ich vielleicht etwas naiv herangegangen“, lacht die 29-Jährige heute. Eigentlich wusste sie nie so genau, was sie einmal beruflich machen würde und stolperte der Nase nach zu Nebenjobs und Praktika, meist im Bereich Presse- und Öffent-lichkeitsarbeit, um sich im Berufsleben zu ori-entieren. „Für Außenstehende mag in meinem Lebenslauf oftmals der rote Faden fehlen, aber ich habe meine Schritte immer nach der Frage gemacht, wofür ich mich begeistern kann und habe diese sehr genau gewählt.“ Nach dem Mas-terstudium landete Lara als PR- und Social-Me-

Quelle: https://www.flickr.com/photos/emden09/

Lara Neumann, Social Media Managerin bei Mehr! Entertainment in Düsseldorf

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dia-Mitarbeiterin bei einem Start-Up-Unterneh-men, das sich mit Nachhaltigkeit beschäftigte. Hier begegnete sie erstmals beruflich dem The-ma Social Media – und plötzlich wusste sie, wo-hin ihr Berufsweg führen könnte. Heute arbeitet sie beim Düsseldorfer Live-Entertainment-An-bieter für Musicals und Shows Mehr! Entertain-ment als Social Media Managerin.

Mehr! Entertainment unterhält derzeit 5 Theater in ganz Deutschland, ein sechstes wird gerade in Hamburg gebaut. In Düsseldorf betreibt das Unternehmen das Capitol Theater. Laras Alltag besteht nun aus der Betreuung der Social Media Kanäle, die sich an die Kunden richten: sie be-treut u.a. 12 Facebook-Seiten, 2 Youtube-Kanäle und ein Instagram-Profil. Darunter gehören so-wohl die Seiten der jeweiligen Theater, als auch die einzelner Shows, wie beispielsweise die des Musicals STARLIGHT EXPRESS in Bochum. Zudem kümmert sich Lara um die Newsletter an die Kunden, pflegt Kontakte zu Bloggern und recherchiert die neuesten Online-Trends. Der gesamte Bereich der Online-Kommunikation ist dem Unternehmen wichtig: „Alle haben er-kannt, dass man mit Social Media sehr schnell, sehr kurzfristig Resonanz erzeugen kann. Man-che Ticket-Aktionen laufen fast nur noch über unsere Social Media Kanäle.“ Um Inhalte zu er-stellen, besucht Lara Foto-Termine oder führt selbst Interviews mit Darstellern, je nachdem, welche Produktion gerade gespielt wird. „Das ist das Besondere: Wir haben keine sachlichen Themen, sondern nur solche, an denen alle Spaß haben“, weiß Lara um die Vorzüge der Entertain-ment-Branche. Hier liefe man weniger Gefahr, mal in einen Shit-Storm zu geraten – anders als noch bei dem Nachhaltigkeits-Unternehmen, bei dem Lara zuvor war. „Dort bekam man auch viel Kritik, jetzt gibt es mehr Lob.“

„Alles,wasdumachst,wirdgesehen.“

Klingt, als wäre der Job ein einziges Paradies? „Es ist eine Arbeit, die unglaublich viel Spaß macht,

aber sie ist auch unheimlich intensiv.“ Als So-cial Media Manager sei man immer auf der Su-che nach den neuesten Trends und muss flexibel bleiben. Wenn, wie im vergangenen Sommer, Aktionen wie die Ice Bucket Challenge rumge-hen, wird schon mal der ganze Tagesablauf über den Haufen geworfen, um schnell mit auf den Zug aufzuspringen. So gleiche der Arbeitsalltag oftmals dem in einer Agentur: „Man ist in stän-diger Kommunikation. Alles, was du machst, wird gesehen. Alles, was du machst, soll Reakti-onen herausfordern.“ Hinter den Posts steckt je-doch noch viel mehr, als der gemeine Nutzer se-hen kann: Wie viele Klicks wurden diese Woche erreicht, wie hoch ist die Viralität, wie reichwei-tenstark sind die Werbeanzeigen? „Jeder glaubt, deinen Aufgabenbereich zu kennen, denn jeder ist privat auf Facebook - aber es geht auch um Statistiken. Social Media Management ist auch ein zahlenlastiger Beruf.“ Ist denn ein geistes-wissenschaftliches Studium dann überhaupt das Richtige, um in diesem Job Fuß zu fassen? Lara nickt: „Es geht hauptsächlich um Kommunikati-on und Kreativität: Wie kann man Inhalte gestal-ten? Ich denke, dazu habe ich bereits einiges im Studium gelernt. Letztlich geht es immer darum, Botschaften spannend zu verpacken.“ Nichts-destotrotz sei ein gewisses Verständnis für Zah-len nicht schlecht – auch Studiengänge wie BWL und Marketing können Grundlage für Social Media Management sein. Außerdem sprießen immer mehr Seminare rund um das Berufsfeld aus dem Boden. Lara findet diese Fortbildungen und Zertifikate nicht schlecht, um sich Grund-wissen anzueignen. „Das Allerwichtigste ist in jedem Fall das persönliche Interesse an den sozialen Netzwerken. So viele unterschiedliche Branchen strömen in das Berufsfeld – was eine tolle Chance gerade für Geisteswissenschaftler ist. Doch man muss sich Fachwissen zulegen, regelmäßig Blogs abklappern und immer aktu-ell bleiben – da diese Branche einfach nie stag-niert.“

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25Campus Delicti |

Kultur |

VeranstaltungstippsApril2015|

12.04.15Filmbörse im Stahlwerk„Auf unseren Filmbörsen erwarten die Besu-cher eine breit gefächerte Auswahl an preis-günstigen nationalen und internationalen DVDs und Blu-ray aus Deutschland, Hong Kong, Japan, Korea, Thailand, USA. Action, Horror, Bollywood, Manga & Anime ein erle-senes Erwachsenenprogramm sowie jegliche Art von Merchandisingartikel wie Magazine und Sammlerfiguren, Star Trek- und Star Wars Artikel, uvm.“

WO?StahlwerkWANN?11:00WIEVIEL?5Euro__________________________________________

12.04.15Fischmarkt DüsseldorfIm Jahr 2015 wird der Fischmarkt in Düsseldorf in die 16. Saison starten. Ab April 2015 ver-wandelt sich das Tonhallenufer unmittelbar am Rhein wieder achtmal in eine Gastromeile zum Einkaufen, Schlemmen und Genießen. An acht Sonntagen im Jahr 2015 präsentieren Händler aus ganz Deutschland ihrekulinarischen Köst-lichkeiten.

WO?DüsseldorferRheinterrasseWANN?11:00–18:00UhrWIEVIEL?Eintrittfrei

18.04.15Nacht der Museen Düsseldorf 2015Die Düsseldorfer Nacht der Museen lässt auch 2015 alle Kunstliebhaber und die, die es noch werden wollen, eine kunstvolle Frühlingsnacht erleben. Das Ticket dient zugleich als Eintritts-karte für alle Veranstaltungsorte und Fahrkarte für die Shuttle-Busse. Es ist ab März 2015 in allen teilnehmenden Häusern, den bekannten Vorverkaufsstellen, über d:ticket und am 18. April in allen Locations an der Abendkasse erhältlich.

WO?GrabbeplatzWANN?19:00–02:00UhrWIEVIEL?12Euro__________________________________________

19.04.15POESIESCHLACHTPUNKTACHTPoetry Slam im zakk: Moderation Pamela Gran-derath & Markim Pause. Erlaubt ist beim Poetry Slam, was gefällt - Hauptsache, die Texte sind selbst verfasst, dauern nicht länger als sechs Minuten, und die Teilnehmer/-innen kommen ohne Requisiten oder Musik aus.

WO?zakkWANN?20:00Uhr,Einlass19:00UhrWIEVIEL?3,50Euro

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| Kultur

26.04.15Düsseldorf-Marathon 2015Der Rhein ist der Dreh- und Angelpunkt des Düsseldorf-Marathons 2015. Neben Hamburg, Mainz und Hannover zählt der Düsseldorf-Ma-rathon zu den wichtigsten Frühjahrsmarathons in Deutschland. Meldeschluss: 12.04.15

WANN?Starzeit9:00UhrWO?DurchdieStadt...WIEVIEL?GuteAusdauer!__________________________________________

30.04.2015Tanz in den Mai im StahlwerkFür die Nacht vor dem „Tag der Arbeit“ liefert das Stahlwerk eine Party, die jeden Büro- und

Alltagsstress vergessen lässt! Mit den Hits der 80er Jahre, den besten Chartbreakern der 90er und aktuellen Hits im Gepäck, wird getanzt und gerockt, bis die dicken Wände der ehemaligen Industrie-Location wackeln und die Beats der durch die ganze Ronsdorfer Straße schallen. Stahlwerk und Treibgut garantieren im Doppel-pack einen perfekten Tanz in den Mai! Tickets gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

WANN?21:00UhrWO?Stahlwerk&Treibgut,RonsdorferStraße134,40233DüsseldorfWIEVIEL?VVK:9,00€zzgl.VVKs-Gebüh-ren

Sogesehen...|

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27Campus Delicti |

Kultur |

von Gordon Worthmann

Bei der Oscarverleihung geschwächelt, dochvomUS-Publikumhonoriert:„AmericanSni-per“ spaltet die USA und wird auch bei unskontroversaufgenommen.TrifftderneueFilmvonAltmeisterClintEastwoodinsSchwarze?

Ein bekanntes Showmotto lautet, dass es keine schlechte PR gibt. Egal ob positiv oder nega-tiv, jede Form der Kontroverse führt zu einer Überhöhung des eigentlichen Themas, Über-steigerung des Interesses und Überfrachtung der Neugier. So auch bei dem viel diskutierten Kriegsdrama „American Sniper“, welcher (infla-tionsbereinigt) der bisher erfolgreichste Kriegs-film aller Zeiten ist – zumindest in den USA, wo in Sachen Box-Office sogar „Apocalypse Now“ oder „Der Soldat James Ryan“ abgehängt wur-den. Dabei ist die große Aufmerksamkeit für den Streifen nicht etwa im vorauseilenden Kada-vergehorsam oder blindem Hurra-Patriotismus zu suchen, sondern schlicht dadurch erklärbar, dass man ihn in Amerika einfach gesehen haben muss, um bei der öffentlichen Debatte mitreden zu können. Denn auch in den USA teilt der Film die Gemüter; es ist ein Streifen, den man dort entweder nur lieben oder hassen kann. „Ame-rican Sniper“ stellt sich nämlich in eine Tradi-tion mit jüngsten Werken wie „Lone Survivor“ oder „The Hurt Locker“, die allesamt Amerikas umstrittenes Engagement im Irak thematisieren. Auf dem Regiestuhl hat kein anderer als Clint Eastwood Platz genommen, der es als Schau-spieler bereits zur Legende gebracht hat – in ein-

AmericanSniper|

prägsamen Rollen wie dem namenlosen Kopf-geldjäger in zahlreichen (Italo-)Western oder den vierschrötigen Cop (Dirty) Harry Callahan – und als Filmmacher mit Meisterwerken wie „Erbarmungslos“, „Die Brücken am Fluss“, „Mil-lion Dollar Baby“ oder „Letters from Iwo Jima“ ebenfalls Kinogeschichte geschrieben hat. Auch wenn das Profil seiner handwerklichen Arbeiten sich in den letzten Jahren immer weiter geschärft hat, so hat seine politische Positionierung doch für einige Irritation gesorgt. Genau wie bei der einstigen Filmlegende Charlton Heston hat nämlich auch Eastwood sich vom liberalen Be-teiligten zu einem rechtskonservativen Tromm-ler für das Lager der Republikaner gewandelt. Unvergessen sein Auftritt bei der Wahlkampf-veranstaltung von Mitt Romney, bei der er sich auf äußerst unagile Weise über US-Präsident Obama lustig machte. Unter diesem Wandel ist auch sein jetziger Film „American Sniper“ von tragischer Bedeutung, behandelt er doch die Vita des Scharfschützen Chris Kyle, der mit 160 verbrieften Kills der ‚erfolgreichste‘ Sniper in der amerikanischen Militärgeschichte ist.

Aber was ist es nun? Kriegsfilm oder Antikriegs-film? Das wird man wohl nie objektiv beantwor-ten können. Inszenatorisch bewegt „American Sniper“ sich aber in der Champions League von Hollywood. Sowohl die Darbietung von Haupt-darsteller Bradley Cooper als auch Kamera und Schnitt sind perfekt abgestimmt und erinnern ein wenig an Eastwoods Hintergrund als Wes-ternheld. Im Gegensatz zu anderen Kriegsfilmen aus jüngster Zeit ist hier mit keiner Wackelka-

Quelle: das-ding.de

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mera gedreht worden, sondern in langsamen Sequenzen und Schnittabfolgen sowie Panora-maaufnahmen, welche die Weitschweifigkeit der zerbombten Ruinenstädte wie eine Endzeitkulis-se wirken lassen. Und überhaupt zählen die Sze-nen im Kampfgebiet zu den stärksten des Films. Als Chris Kyle in die Staaten zurückkehrt, driftet der Streifen ein wenig in klischeehafte Vorher-sehbarkeiten ab. So ist es wie immer auch hier die Frau des ‚Helden‘, die nun fordert, dass er sich mehr um die Familie kümmern soll, aber zu keiner großen Überraschung ist Kyle nicht in der Lage, sich wieder in die zivile Gesellschaft zu integrieren. Alles, woran er denkt, ist nur wieder in den Krieg zu ziehen, das Gefühl zu bekom-men gebraucht zu werden, den Kick zu erleben, einen Menschen zu töten. In einer prickeln-den Szene sehen wir ihn vor der Glotze sitzen und hören Schießereien und Explosionen, die scheinbar aus dem Fernseher kommen. Doch als die Kamera die Perspektive wechselt, erkennen wir, dass das TV-Gerät ausgeschaltet ist und Kyle nur auf einen schwarzen Bildschirm stiert. Die Kriegsszenerie spielt sich demnach in seinem Kopf ab.

Nun wurde von vielen Kritikern moniert, dass die Figur des Chris Kyle zu eindimensional ge-raten sei, da er kein Mitgefühl für seine aus dem Hinterhalt erschossenen Opfer finde, zu denen auch Kinder gehörten. Allerdings ist es kein Ge-setz, welches fordert, dass der Hauptprotagonist stets ein Vorzeigestrahlemann sein muss oder jemand, der in sich plötzlich das Gute entdeckt. Immerhin ist es genau so interessant jeman-den zu beobachten, der einen Widerspruch in sich darstellt: Menschen aus dem Hinterhalt zu töten und dafür in der Heimat als großer Held gefeiert zu werden. Zudem war der echte Chris Kyle ebenfalls ein überzeugter amerikanischer Patriot, der seine Taten nie in Frage gestellt hat. In seinem Buch bezeichnete er Iraker gar als „Bestien“ und bereute es höchstens, nicht noch mehr von ihnen abgeknallt zu haben. Es mag hart klingen, aber ein Film kann auch gut sein,

wenn die Hauptfigur das Morbide verkörpert. Der Film leuchtet die Figur des Chris Kyle dem-nach nicht aus – was, wie gesagt, nicht schlimm ist – aber er versäumt es, den Protagonisten auf der anderen Seite entsprechend zu schattieren. So setzt das Drehbuch sehr unausgewogen die Gewichtung bei der Verfilmung von Kyles Au-tobiographie. Wäre es nicht interessant gewesen, wenn man mehr den persönlichen Werdegang authentischer gezeigt hätte, wie Chris Kyle solch ein doppelbödiger Söldner wurde? Stattdessen sehen wir, wie er schon als Kind in Texas das vermeintliche Talent zum Töten auf der Jagd mit seinem natürlich überstrengen Vater in sich ent-deckte. Der geborene Killer oder was? Dass der echte Kyle in Wahrheit von einem Veteranen in den USA niedergeschossen wurde, wird vor Ab-spann nur kurz erwähnt. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass das Drehbuch es mit der li-terarischen Vorlage nicht leicht hatte. Kyles Bio-graphie „Sniper: 160 tödliche Treffer – Der beste Scharfschütze des US-Militärs packt aus“ wurde nämlich bereits in vielen Abschnitten als Lügen-konvolut entlarvt, in welcher Kyle sich sein ei-genes Denkmal nachträglich setzen wollte. Da-her wurde auch der Film bereits im Vorfeld als „American Liar“ betitelt. Gleichzeitig werden Tatsachen hinzugedichtet, um der Handlung die nötige Normung zu verpassen; so gibt es z.B. ei-nen feindlichen Scharfschützen, mit welchem sich Kyle ein Duell wie in dem Film „Enemy at the Gates“ liefert. Ein Duell, das es so aber nie gegeben hat. Es ist also nur in Anführungszei-chen ‚nach einer wahren Geschichte‘, die nur so-lange wahr ist, wie sie ins patriotische Bild des konservativen Amerikas passt. Damit ist „Ame-rican Sniper“ die fiktionalisierte Version einer Fiktion von der Wirklichkeit. Wer sich dadurch nicht abschrecken lässt, wird einen soliden und spannenden Kriegsthriller vorfinden, der jedoch kaum als Zeugnis über das Recht und/oder Un-recht des Irakkrieges herhalten kann, sondern ausschließlich zum großen Hollywoodabenteuer taugt.

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Kultur |

ErstRilke,dannFischer:VonderUniindenSchlagerhimmel|HHU-AlumniundSongtexterTobiasReitzimPorträt

Von Alina Konietzka

„Keiner ist fehlerfrei, was ist denn schondabei? Spinner und Spieler, Träumer undFühler hat diese Welt doch nie genug“,singtHelene Fischer in ihremHit Fehler-frei,einerHommageandiekleinenSchwä-cheneinesjeden.Zeilen,diedieHörermit-nehmenundbeflügeln–dochsiestammennichtvonFrauFischer,sondernausderFe-dervonTobiasReitz.Der35-jährigeHHU-Alumni verdient seinGeldmit demText-dichtenfürSchlagersongs.

Tobias Reitz war schon immer Schlager-Fan. Was in der Schule noch als komisch ange-sehen wurde, war an der Heinrich-Heine-Universität unproblematisch – meist. „Man-che Dozenten, die das mitbekamen, haben durchaus unter dem Motto Aber dafür bilden wir Sie hier doch nicht aus reagiert. Da war schon so eine leicht kultur-elitäre Arroganz festzustellen“, erzählt Tobias von seiner Zeit an der Uni. Dort studierte der gebürtige Mar-burger Germanistik im Hauptfach und Me-dienwissenschaften im Nebenfach – mehr zufällig als gewollt. „Um ehrlich zu sein, ich habe mein Studium aufgenommen, weil ich nichts Besseres wusste. Ich wollte immer Mu-sik machen, konnte aber nur Sprache.“ Ob-wohl er sich anfangs nicht sicher war, ob er sein Studium überhaupt abschließen würde, folgten 12 glückliche Semester an der HHU.

Tobias sang im Uni-Chor und arbeitete im AStA als Schwulenreferent. Nebenbei machte er Praktika und jobbte, um sich über Wasser zu halten. Dass er einmal vom Songtexten würde leben können, sah er nicht kommen

Tobias Reitz, geboren am 4. Oktober 1979 in Mar-burg, schreibt nach seinem Studium an der HHU

Texte für Schlagersongs

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und liebäugelte stattdessen mit dem Journa-lismus. Schmunzelnd erinnert sich Tobias an Professor Welbers aus der Germanistik, der die Erstis damals darauf hinwies, dass die Wenigsten von ihnen einmal im Journalis-mus landen würden, sondern in der Wirt-schaft. Eine empörende Aussicht für den Stu-dienanfänger damals. „Doch natürlich ist es genau so gekommen! Aber es ist gut so, wie es ist“, kann Tobias heute sagen – denn er hat seine Leidenschaft zu seinem Beruf gemacht.

„Spatzel, du hast Talent“, schrieb ihm die Textdichterin Heike Fransecky, nachdem er ihr seine ersten Songtextversuche zum Le-sen geschickt hatte. Diese Worte seien wie ein Zauberspruch für Tobias gewesen, der sich daraufhin angespornt sah, sich an der Celler Schule zu bewerben. Die Stiftung der GEMA bietet jährlich ein umfangreiches Seminar für aufstrebende Songtexter. „Der Beruf Textdichter ist ja kein Ausbildungsbe-ruf, man steigt quer ein und versucht, sich zurecht zu finden. Die Celler Schule bringt einem alles bei, was man wissen muss: Reim- und Metriklehre, Schreiben nach Maß, Blo-ckaden-Bewältigung... Das spart Zeit, weil man sonst alles mühsam in freier Wildbahn lernen muss“, berichtet Tobias, der heute an der Seite von Edith Jeske an der Celler Schu-le als Dozent arbeitet. Als er 2001 selbst als Absolvent aus der Schule trat, brachte er sei-ne Texte recht schnell an die Künstler. Wie? „Durch Klinken putzen. Ich bin die Liste meiner Lieblingskomponisten von oben nach unten durchgegangen, habe sie angerufen, angeschrieben und versucht, mich nützlich zu machen.“ Der Produzent Jean Frankfurter hatte gerade Bedarf für einen neuen Songtex-ter – ein absoluter Glücksfall für Tobias. 2002 kam dann seine erste Veröffentlichung mit Fernando Express, ein Jahr später folgte ein Song für Andrea Berg. Im Alter von 28 Jah-ren schrieb Tobias hauptberuflich Songtexte.

Nur eine Auswahl von Interpreten, mit denen Tobi-as Reitz bereits zusammen gearbeitet hat Quelle: www.tobias-reitz.de

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Kultur |

BerufsbildSchlagertexter:LebenvonSehnsuchtundTrost

Die Entstehung eines Songtextes verläuft jedes Mal anders. Im Regelfall kommt ein Komponist oder ein Management auf To-bias zu und ersucht die Zusammenarbeit. Dann entsteht Mal zuerst die Melodie, Mal der Text und manchmal beginnt alles mit nur einer Zeile. Es kommt durchaus vor, dass die Künstler Einfluss auf die Texte nehmen – so habe beispielsweise Helene Fischer auf ih-rem jüngsten Album „Farbenspiel“ die Love-songs aufgrund eines Liebeslieder-Overkills reduzieren lassen. „Das war eine extrem kluge Entscheidung, da es das Künstlerbild ein wenig entkitscht hat und neue Themen ermöglichte. Das Album sollte jünger sein, energetischer und mehr nach vorne gehen. Treffer!“, findet Tobias, der selbst wieder vier Texte zu diesem Album beisteuerte. Das The-menspektrum ist im Schlager naturgemäß begrenzt. „Sehnsucht und Trost sind in mei-ner Arbeitsphilosophie die zentralen Begrif-fe“, sagt Tobias. Themen, die ihm auch stark in seiner Magisterarbeit begegneten, die sich mit Rainer Maria Rilke und seinen „Briefen an einen jungen Dichter“ beschäftigte. To-bias ist keiner, der Ballermann-Hits dichtet. „Ich glaube, die funktionieren anders. Es gibt Ideen, die finde ich total fantastisch - aber ich habe keine Ahnung, in welchen Hirnen solche Ideen entstehen. Wie kommt man auf Dicke Titten, Kartoffelsalat?!“

In Tobias’ Alltag ist das Songtexten an sich nur ein Bruchteil seiner Arbeit. Ein bis zwei Stunden am Tag verbringt er mit dem Dich-ten, ansonsten kümmert er sich um Organisa-tion, Akquise und Kommunikation. Neben-bei spielt er noch beim Improvisationstheater Phönixallee hier in Düsseldorf mit (www.phoenixallee.de). Überhaupt ist er der Stadt sehr verbunden, die Menschen im Rhein-land seien für ihn „eine Mischung aus me-

diterran und amerikanisch“, im charmanten Sinne. „Da kann mir jemand erzählen, was er will – wenn man einmal woanders gelebt hat, weiß man: Diese Gegend hier ist voll von unglaublicher Herzlichkeit.“ Kein schlechter Ort also, um unterhaltsame Songtexte voller Sehnsucht und Trost zu schreiben. Rund 500 Songs mit Texten von Tobias sind heute ver-öffentlicht. Über seinem Schreibtisch hängen Auszeichnungen – er gewann vier Mal Gold und zwei Mal Platin. Je nachdem, wie erfolg-reich ein Lied wird, variiert sein Verdienst zwischen ein paar Cents und tausenden von Euro. „Fehlerfrei lief gut an – und dann kam Atemlos und machte alles platt“, lacht Tobias. „Fehlerfrei ist kein Atemlos und auch kein Auf Uns oder An Tagen Wie Diesen. Diese Songs werden noch jahrelang ihre Nachwir-kungen haben. Die lohnen sich richtig.“ So einen Mega-Hit hat Tobias noch nicht zu verzeichnen – doch was nicht ist, kann ja noch werden. Für die Zukunft kann er sich auch vorstellen, mal ein Musical zu schrei-ben, oder auch ein weiteres Buch – das erste, „Handbuch für Songtexter“, erschien 2011. „Ich bin auf jeden Fall weit entfernt von satt.“ Nur eine eigene Gesangskarriere wird er wohl nicht noch einmal anstreben: „Da wurde mir schnell klar, dass das überhaupt nichts für mich ist. Ich wollte bloß, dass es ganz schnell wieder aufhört. Schreiben ist wohl das Einzi-ge, was ich wirklich machen kann und soll-te.“ Tja, wer ist schon fehlerfrei?! *Tusch*

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| Kultur

von Gordon Worthmann

Thema:Grexit.„EinstlehrtenunsdieGriechendasLesenundSchreiben.HeuteleerenSieunsdieGeldbeutel!“MitderGriechenlandkriseistdie Phase der friedvollen europäischen Eini-gungeinergereiztenAtmosphäregegenseitigerVorwürfe gewichen. Stimmen die Vorurteileoder hat das kleineHellasmehr zu bieten alsnurSchuldenundTzatziki?

Was war das vergangene Jahrzehnt doch noch für eine unbeschwerte Zeit. Das einzig Unbeschwerte an der jetzigen Dekade ist, dass man auch sie ir-gendwann als die gute, alte Zeit bezeichnen wird. Umschwirrt lässt man die kleine Epoche Revue passieren und fragt sich, wie es um Griechenland zwischen 2000 bis 2010 bestellt war? Das war eine Zeit, wo Teutonen noch ohne Pickelhaube und Hitlerbart porträtiert wurden, stattdessen forder-

DieStimmedesWutbürgers|

ten die Hellenen gar eine abgebrochene Statue neben der Akropolis von dem großen Germa-nen Otto Rehagel (oder Otto Rehakles, wie die Einheimischen ihn nannten). 2004 wurde mit der Rio-Andirrio-Brücke die modernste Brücke Europas errichtet, welche sich über den gesam-ten Golf von Korinth erstreckt und lange Zeit als unmöglich zu bauen galt. Gleichzeitig richtete das Land logistisch und veranstaltungstechnisch perfekt die erfolgreichen Olympischen Spiele aus und erinnerte damit erneut daran, wo der Ur-sprung der Antike lag. Im gleichen Jahr hat es, völlig unerwartet, auch noch als absoluter Au-ßenseiter im Fußball-Europameisterschafts-Fi-nale Portugal im eigenen Land besiegt. Ein Jahr später auch noch den Eurovision Songcontest ge-wonnen, den man damit 2006 selbst ausrichten durfte. Und dann? Und dann…?

Dann...klappte 2008 die Großbank Lehman Brot-

Oh my God: Als Wolfgang Schäuble die Griechenrettung als „Herkulesaufgabe“ bezeichnete, hatte Zeus da wohl etwas missverstanden. Man solle seinen Sohn gefälligst da raus halten. (Quelle: http://spudcomics.com/comics/2010-07-21-zeus.png)

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Kultur |

hers wie ein Taschenmesser in sich zusammen. Die Folgen kennt jeder und heute bestimmt das Schicksal Griechenlands wie einst im Kampf ge-gen die Perser wieder ganz Europa – leider dies-mal nicht im positiven Sinne. Denn ein Staats-bankrott oder ein Hinauskicken der Hellenen aus der Eurozone würde eine unkontrollierte Ketten-reaktion zur Folge haben, die gleich einer Domi-noreihe nach und nach alle anderen Staaten der Eurozone umfallen lassen könnte. Und wenn ei-nem nichts Gescheites einfällt, pumpt man erst einmal einfach Geld in etwas hinein, denn Geld bedeutet nichts anderes als Leben. Dieses Geld jedoch wurde nicht verwendet, um etwa langfris-tige Inlandsinvestitionen zu finanzieren oder die marode Infrastruktur generalüberholen zu las-sen – nein, dieses Geld war von Anfang an dazu erdacht, sich Zeit zu erkaufen. Göttin Athene hält die Hand auf. Sie ist mittlerweile zur Göttin Nimm der EU geworden und lässt sich das Zeit-Kaufen seit 2010 Milliarden von Euros kosten. 2015 summiert sich der Preis für die gekaufte Zeit bereits auf 234 Milliarden Euro. Daher dreht man in Hellas jeden Groschen gleich dreimal um. Und nachdem die neue Regierung in Athen sich ein-fach mal von allen Abmachungen der Vorgänger-regierung verabschiedet hat, sucht Griechenland nun in jeder Couchritze nach noch so schmut-zigem Geld. Dabei sind gewagte Finanzspritzen aus dem despotischen Russland noch das prüdes-te Szenario. Schnell fordert man einen weiteren Schuldenschnitt nach Art der Londoner Schul-denkonferenz von 1953, wie es Deutschland dort einst gewährt wurde – oder man fordert gleich von Berlin Reparation für die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs. Doch das sind noch die harmlosesten Einfälle, obwohl schon aus ihnen die pure Verzweiflung spricht.

++Ironie-Modus: AN++ Zunächst wurde ge-scherzt, dass die Hellenen eine ihrer vielen In-sel verkaufen könnten, doch nun denken viele nicht nur ernsthaft darüber nach, einzelne Atolle tatsächlich zu verpachten, sondern gleich ganz Griechenland an die Türkei zu verhökern. Dieses

Vorhaben hätte nach einer jüngst veröffentlichen Studie der Europäischen Agentur für politische Informationsaufklärung gleich mehrere Vorteile:1. Diese Umsetzung wäre nicht neu, immerhin war Griechenland 200 Jahre lang Teil des Os-manischen Reiches und damit der Türkei. Selbst deren muslimischer Landesvater Mustafa Cemal Atatürk stammt aus Thessaloniki, dem heutigen Hellas. Man würde sich also gut verstehen.2. Anders als der befürchtete Grexit (also der Austritt Griechenlands aus der Eurozone) wäre dieser Schritt damit auch für die anderen Kri-senländer nicht so leicht wiederholbar, womit wiederum ein Zeichen an die Finanzmärkte ge-sendet werden würde, dass dieses Vorgehen eine einmalige Ausnahme darstellt. Immerhin wird man wohl schlecht Spanien und Portugal an Frankreich verscherbeln können oder Italien an Österreich und Deutschland - es sei denn man fordert ein Revival des Heiligen Römischen Rei-ches deutscher Nation.3. Gleichzeitig hätte man einen Schritt zur In-tegration der Türkei Richtung EU getan, da das Schlucken Griechenlands mit einem starken Schub hin zur westlich-abendländischen Gesell-schaft einhergehen würde. Außerdem bezeich-nete Präsident Erdoğan, dass nach Christoph Kolumbus und der Entdeckung Amerikas durch die Osmanen, auch Costa Cordalis schon immer Türke gewesen sei und ebenfalls der berühmte Marathonlauf nicht zur gleichnamigen Stadt Ma-rathon, sondern in Wahrheit nach Antalya ge-führt hätte.4. Das allerwichtigste Argument laut der Studie: Endlich wäre es keine undenkbare Alternative mehr, Döner mit Gyrosfleisch zu bestellen.

Und das Mitleid für Athen zieht weitere Krei-se. Nach Informationen der IFA (Internationa-les Forschungsinstitut für Auswärtiges) wurden nun sogar Spendenaufrufe in Afrika gestartet, um dem gebeutelten Griechenland zu helfen. In Mombasa fanden sich so z.B. im März tausende Einheimische zusammen, die ihren Beitrag zur Eurorettung in Form von Geld oder Kupfer- bzw.

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Federschmuck leisten wollten. So kamen schon nach rund einer Woche ganze 93,86€ zusammen. In einigen Berichten heißt es sogar, dass die Pi-raten in Somalia Teile ihrer Beute – in diesem Fall Lösegelderpressungen – spenden würden. ++Ironie-Modus:AUS++

Doch all diese sogenannten Lösungsansätze si-gnalisieren eigentlich nur, wie festgefahren die Lage ist. Für jeden Euro den die Griechen ver-dienen, geben sie durchschnittlich 1,21 Euro aus. Die Lücke füllt auch ein Übereinkommen nach Art der Londoner Schuldenkonferenz von 1953 nicht. Im Wesentlichen ging es nämlich 1953 um Zinssenkungen – nicht um das generelle „Streichen“ von rund 30 Milliarden Mark. Ein aus heutiger Sicht recht niedrig erscheinender Betrag – doch der Bundeshaushalt von 1952/53 umfasste damals insgesamt lediglich die Summe von 23 Milliarden Mark. Für damalige Verhält-nisse waren die Schulden also außerordentlich hoch. Die verbleibenden Schulden aus Tilgung, Zins- und Zinseszins trug Deutschland zügig ab – dank seiner sich ständig steigernden Export-stärke. Und genau das wird im Fall Griechen-lands nicht möglich sein: Die alte wie die neue griechische Regierung stecken geliehenes Kapital nicht in Anlagen, sondern in den Staatskonsum. Und die neue Regierung will dies sogar noch beschleunigen. Privatisierungen wurden bereits gestoppt, wichtige Industrien sollen verstaatlicht werden. Mindestlöhne werden erhöht, den Rent-nern ein Weihnachtsgeld versprochen. Damit kommt es zu einer Kubanisierung Hellas und zu einer sprunghaften Kapitalflucht. Die bisherigen 234 Milliarden Euro an Finanzhilfen für Grie-chenland entsprechen dem Dreifachen des heuti-gen griechischen Haushaltsvolumens – während Deutschland 1953 nur die Hälfte, gemessen am Haushaltsvolumen, in Form von Zinsnachläs-sen erhielt. So gerechnet ist die Finanzspritze schon jetzt für Griechenland rund sechsmal so groß wie die Hilfe, die damals Deutschland er-halten hat. Oder plakativ ausgedrückt: Man hat Griechenland das Londoner Schuldenabkom-

men bereits sechsmal gewährt – und soll es nun noch ein paarmal mehr tun. Natürlich kann man auch Schulden streichen, so man denn will – sie werden sich aber sofort wieder neu aufbauen. Der Kapitalstock des Landes ist allein im Jahr 2014 um 12% gefallen. Ein Schuldenschnitt kann Hellas nicht den Euro erhalten. Griechenland ist nach vier Jahren Rettung so pleite wie nie zuvor. Mit einem Unterschied: Statt die Verantwortung bei den Banken und Finanzmärkten zu suchen, ist die Verantwortung auf Deutschland abgescho-ben worden. Aber welche Alternativen haben wir? Sollen wir uns wirklich ins ruinöse Abenteu-er eines griechischen Euroaustritts wagen - mit all seinem unkalkulierbaren Folgen?

Die Diskussionen werden dabei nur noch ideolo-gisch und kaum noch rational geführt. So propa-gieren Konservative und Populisten das Bild vom faulen Griechen und dass der vermeintlich fleißi-ge, deutsche Steuerzahler nun für diese Schma-rotzer aufkommen solle. Dabei ist es einfach ein Mythos, dass der deutsche Steuerzahler mit seinem Geld direkt für die griechischen Schul-den haften würde. Überhaupt liegen die meisten Schuldtitel auch nicht mehr bei privaten Geld-gebern, sondern bei den EU-Mitgliedsstaaten selbst, was eine gute Nachricht ist. Die Banken und deren Elite haben ihr Geld bereits ins sichere Ausland gebracht; und es war auch stets die Elite einer Nation selbst, die Länder wie das Römische Reich bis hin zur DDR wirtschaftlich von Innen ruiniert haben. Das einfache Volk hingegen kann schlicht gar nicht so faul sein, dass es seinen ei-genen Staat in den Ruin reißt, weil die Menschen zwangsweise arbeiten müssen, so sie denn kon-sumieren und überleben wollen. Daher zielen die sogenannten Fakten von solchen Wirtschaftswei-sen mehr darauf ab, simple Menschen mit sim-plen Mustern einzulullen. Linke Politiker und naive Hohlwelttheoretiker präsentieren auf der anderen Seite das Bild von dem zwar hochver-schuldeten, aber völlig unschuldigen Griechen-land. Schuld an komplett allem sei mal wieder das eigene Vaterland, in diesem Fall Deutschland,

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welches durch sein Krisenmanagement erst Hel-las in diese Lage gebracht hätte. So beschwören Redner aus jenem Spektrum, Deutschland solle sich wie so häufig mal wieder seiner Schuld in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg bewusst wer-den und Griechenland nicht nur eine Entschädi-gung für die damalige Besatzung zahlen, sondern auch für jedes andere Anliegen springen. Da falle es nicht ins Gewicht, wenn dieses Handeln nicht ökonomischen Grundprinzipien entspreche, zu deren Einhaltung sich auch die Bundesrepublik verpflichtet habe; aber Linke und Autonome ha-ben im Verlauf der Weltgeschichte bereits mehr als einmal demonstriert, dass sie von Wirtschaft genauso viel verstehen wie der Papst von „Fifty Shades of Grey“. Zudem übersehen sie, dass trotz aller Armut der Lebensstandard der Griechen noch immer über dem der Balkanländer und so-gar von EU-Mitgliedsstaat Bulgarien liegt. Wenn die Idealisten also mit der Armut in Athen ko-kettieren, so müsste erst einmal den Slawen ge-holfen werden. Es ist also alles nicht so leicht zu durchschauen, wie man uns in Polit-Talks Glau-ben machen will.

Und wenn man in der Ukrainekrise von einer Rhetorik des Kalten Krieges spricht, so ist in Bezug auf die Griechenlandkrise Rhetorik aus

dem Ersten Weltkrieg erkennbar. Rezeptionen in der Medienlandschaft fallen dabei durch Pa-rallelen zum Versailler Vertrag auf. Nur ist es diesmal Deutschland, das scheinbar ein anderes Land in einem Knebelvertrag unterjochen wol-le. Dies wird die Suche nach einer langfristigen Kompromisslösung nur erschweren, wenn jeder Vorschlag wie eine Finte aussieht, um die ande-re Partei auszubooten. Statt an einem Strang zu ziehen, wird das Bild von einem Tauziehen sug-geriert. Europa ist demnach kein Team mehr und Russland hebelt die verbliebene Solidarität weiter aus. Die Folge wird eine Verhärtung der Fronten sein, an dessen Ende sich die Völker Europas ra-dikalisieren. Auch hier sind damit leider wieder Parallelen für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zu erkennen. Aber es gibt Hoffnung, denn die Antworten auf die großen Fragen der Zeit wur-den nie an den politischen Rändern oder auch nur durch ihre Summation entschieden, sondern stets in der gesellschaftlichen Mitte siegreich aus-gefochten. Es bleibt nur zu hoffen, dass uns diese nicht auch noch wegbricht.

PS.: Für den Fall, dass die Griechenlandkrise wirklich auf Deutschland übergreifen sollte, blät-tert auf Seite 41.

Nein, nein: Dies ist diesmal keine „Wutbürger“-Bildcollage und auch keine archäologische Ausgrabung, sondern tatsächlich das, was nach zehn Jahren noch von der hochmodernen Kajak-Wildwasseranlage übrig ist. Hoffnungslos verfallen wie alle anderen olympischen Sportstätten von 2004. Symbol für die einst große Nation? (Quelle: http://www.zeit.de/sport/2014-08/fs-athen-olympische-spiele-olympia/seite-10)

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von Heinrich Heine

DerFrühlingnahtundindenStudentenerwachtdasLebensgefühl.Nureiner istgenausototwieStudiVZ. In seinerWoyzeck-Essenz hat er sichmitderGeschichteunsererZeitungbeschäftigt.

Man kann nichts verlieren, wenn man weiß, wo ‚ir-gendwo‘ ist. Vielleicht trifft dies auch auf die Re-daktion der Campus Delicti zu. Denn wer sich die Ausgabe von Januar zu Gemüte geführt hat, wird in der äußerst unseriösen Rubrik „Die Stimme des Wutbürgers“ den Schmachartikel über den AStA-Haushalt gelesen haben. In diesem wurde ein Mäd-lein zitiert, die glaubte wissen zu müssen, dass der Studentenausschuss vorsätzlich Steuern hinterzie-hen würde, was schon eine Abqualifizierung an sich darstellt. Zur gleichen Zeit wird auf der Sei-te des Gesichtsbuchs rassistischen Vereinigungen wie der AfD eine Bühne geboten, sich zu präsen-tieren. Nun gibt es endlich auch offizielle Beweise

GeschichtenausderMatratzengruft|

dafür, dass die Rechercheure der Unizeitung genau so viel zu Journalisten taugen wie ein Blinder, der einen Vortrag über Farbenlehre halten soll. Daher habe ich mich selbst ins Archiv geschafft, um zu recherchieren, ob die Campus Delicti schon im-mer solch einen Schatten über die deutsche Presse-landschaft geworfen hat. Ein Schatten, unersättlich nach glanzvollen Erscheinungen, nach gefräßigen Wirklichkeiten; ein Schatten, der finsterer war als der Schatten der Nacht und prächtig gewandet in den Falten einer prunkvollen Beredsamkeit. Und freilich fiel mir die allererste Ausgabe der Cam-pus Delicti in die Hände, aus dem Jahr des Herrn 1898...merkwürdig, mich dünkt ein Gefühl der Kaltschnäuzigkeit. Mag die Universität nicht gera-de mal 50 Jahre jung sein?

Aber keine Zeit zu rasten, am Ende meines Artikels könnt ihr eine Photokopie der ersten Ausgabe se-hen. Zunächst habe ich versucht es mit einer alten Druckerwalze zu vervielfältigen, bis mir eine nette

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Alles und Nichts |

Dame eines dieser neuartigen Geräte zeigte, das sie selbst einen ‚Scanner‘ nannte. Seit knapp 120 Jah-ren ist die Unizeitung damit ein Zeuge und Bote der Studierendenschaft; so rühmte sie bereits in ihrer ersten Ausgabe die Verdienste für die schla-genden Studentencorps des Reichsgründers Otto von Bismarck, welcher kurz zuvor dahingeschieden war. Doch es gab auch Reibungspunkte, so etwa als die zuvor eingesetzte Begeisterung beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs einer Ernüchterung wich und die Campus Delicti die Pennäler dazu aufrief, sich nicht sinnlos an die Front zu melden, sondern ihren Geist und ihre Knochen für die Nachkriegs-zeit aufzusparen. Zur Strafe wurden die dafür ver-antwortlichen Redakteure selbst in Strafbataillone eingeteilt und fielen 1916 vor Verdun, als sie ihre Essensration (zu dieser Zeit das aus Ersatzstoffen wie Sägespäne hergestellte und ungenießbare Köl-ner Brot) auf einer Tellermine verdrücken wollten. Dabei kam es schon vorher zu Spannungen, da die Campus Delicti bereits vor dem Krieg den Kom-mandanten der Garnison Düsseldorf, Erich Luden-dorff, als einen Hasardeur bezeichnete, der aber im

Krieg zusammen mit Paul von Hindenburg zum obersten Heerführer der kaiserlichen Armee auf-stieg und die Schmähungen der CD nicht vergessen hatte. Zu einer kritischen Berichterstattung über den Zweiten Weltkrieg kam es erst gar nicht, da die Campus Delicti gleich als eines der ersten Ver-lagshäuser von den Nationalsozialisten geschlossen wurde. Während ein Großteil der Redakteure in sogenannte ‚Umerziehungslager‘ deportiert wurde, konnte ein kleiner Kern sich retten und publizierte im Untergrund Flugblätter, die sich besonders ge-gen den Gauleiter Düsseldorfs Friedrich Karl Flo-rian richteten (der jedoch ungeachtet seiner Taten unbehelligt bis zu seinem Tod 1975 in Mettmann leben konnte). In den Fünfziger Jahren kam es zur Neugründung der Campus Delicti und sie schmieg-te sich unmittelbar nach Gründung der Düssel-dorfer Universität (die sich damals noch nicht mit meinem schönen Namen zierte) an diese an. Doch es kam abermals zu einer kurzen Schließung, als die Redaktion im Zuge der Studentenrevolte 1968 auf Betreiben des Bundesfinanzministers Franz-Josef Strauß gestürmt wurde. Hintergrund war der

Die allererste Ausgabe der Campus Delicti, datiert auf Montag, den 1.August 1898

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Karikatur|

publizierte Artikel „Bedingt finanzierbereit“, wel-cher die schlechte Finanzlage westdeutscher Uni-versitäten schamlos offenlegte. Doch anders als im jüngsten Wutbürgerartikel war dieser Beitrag von demokratischer Legitimation und dem Willen be-flügelt, die Wahrheit zu jagen. Damals war dies ein Zeichen für die Pressefreiheit, doch die jüngste Ge-neration der Redakteure nutzt diese schamlos aus, um möglichst viele Ausgaben verkaufen zu können. Dafür schreckt sie auch nicht davor zurück, Fakten und Tatsachen zu verdrehen. Auch ihre offiziellen Kommentare zeugen mehr von Verbal-Kungfu, da sie mit ihren Aussagen Menschen verletzen. Doch wie kann man jene Sturheit, die mich so trunken macht, bändigen? Das fundamental Neue ist ja stets geprägt durch die Orchestrierung des Unerklärten, bei der erst die Gesamtbetrachtung der verspreng-ten Mosaikstücke den aggressiven Charakter eines Sinns entlarvt. Die Schuld ist nicht mehr bei einzel-nen Personen zu suchen. Meine treue Leserschaft,

ihr müsst akzeptieren, dass ihr eine Welt hinter euch gelassen habt, in der die Macht in Hierarchi-en beheimatet ist. Ihr steht am Übergang zu einer Welt, wo die Macht in Netzwerken liegt. Wenn ein Zombie wie ich es aufgenommen habe, dann müsst ihr, die jüngere Generation, das doch erst recht ver-stehen. Erhellend, was ich schreibe? Dass dies alles bei erster Lektüre für euch keinen Sinn ergibt, mag freilich der Fall sein, aber es ist doch die einzige Wahrheit, die mir beim Schreiben dieser Zeilen als makellos und rein erscheint. Dass dies zwar kei-ne süße Wahrheit ist, an der man an Diabetes er-kranken kann, ist mir offenkundig. Aber es ist eine Wahrheit die mich angeht, die Dich angeht, die uns angeht.

In diesem Sinne

Adé, Euer Harry

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OutoftheBox!|vonJonasSchnatmann

Jonas Schnatmann nahm zum ersten Mal im Wintersemester 2012 an der Schreibwerkstatt der Nocthene teil; seit dem Wintersemester 2013 ist er Redaktionsmitglied und Moderator. Wenn er mal nicht Kurzprosa oder an einem unfertigen Roman

schreibt, Lesungen besucht oder sich in Ideen ver-rennt, studiert er wahrscheinlich gerade Psycholo-gie. Ansonsten ist er der Meinung, dass Autoren in der Regel für interessanter gehalten werden, als sie tatsächlich sind.

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Rätsel&Sudoku|

Die Rätsel-Lösung von Februar/März: Germanist

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Alles und Nichts |

von Gordon Worthmann

Zum Abschluss haben wir auch in dieser Ausgabe wieder eine objektive und stichfeste Studie durchge-führt, um zu schauen, welches die häufigsten Anzeichen dafür sind, dass Deutschland in einer Rezes-sion steckt. Geht die Punkte bitte genau durch und tauscht euer Geld gegen harte Ware um, falls einige Punkte im Verlauf der Finanzkrise auf die Bundesrepublik zutreffen. Die Sachverhalte sind auch hier wieder aufsteigend nach ihrem Intensitätsgrad gelistet. Trifft nur einer der Punkte Drei bis Eins auf Deutschland zu – dann ist sich wohl jeder selbst der Nächste. Viel Glück!

Deutschland steckt tief in einer Wirtschaftskrise, wenn…

10. es Siemens-Aktien nur noch in einer 500-Blattrolle zum Abreißen gibt.9. auf Mallorca alle Deutschen nüchtern sind.8. Subway die Suppenwoche einführt.7. euer Lebensgefährte/eure Lebensgefährtin mit jemand anders durchbrennt, weil jener unter einer schöneren Brücke wohnt.6. die älteren Generationen nicht mehr von Euro in D-Mark, sondern gleich wieder in Bezug- scheine umrechnen.5. die Arbeitsagentur bloß noch zwei Jobs anbietet: Jäger und Sammler!4. auf euren Rechnern nur noch Windows 95 installiert ist.3. die Bundesregierung von den neuen Bundesländern wieder die Bananen zurückfordert.2. die NPD mit absoluter Mehrheit in den Bundestag einzieht.1. die HHU im deutschlandweiten Uniranking auf Platz 1 landet!

10empirischerwiesene,eindeutigeAnzeichenderHHU|

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Impressum|

RedaktionAlina Konietzka (V. i. S. d. P.)Malika FachrouGordon Worthmann

LayoutTorben Stichling

FotosTitelbild: www.acontinuouslean.com (Life-Magazin)Rückseite: flickr.com/photos/mathias-erhart/ (Änderungen: Transformation in s/w)

Freie MitarbeitHeinrich HeineStephan Liebsch

KontaktPressereferat der AStA derHeinrich-Heine-Universität DüsseldorfUniversitätsstraße 1Gebäude 25.23.U1.58

www.campusdelicti.defacebook.com/cd.hhu

E-Mail: [email protected]

[email protected]@[email protected]

Offene Sprechstunde:Montags 14:00-16:00 Uhr

Redaktionssitzung:Mittwochs 12:00-14:00 Uhr

Druckerei:Baecker + Häbel - Satz und Druck GmbHSiemensring 21a 47877 Willich

Auflage:800

DieCampusDelictierscheintmonatlich!

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