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Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931

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Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 48. Jahrg., H. 2 (1931), pp. 171-186 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40907132 . Accessed: 10/06/2014 16:31 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.72.16 on Tue, 10 Jun 2014 16:31:02 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931

Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 48. Jahrg., H. 2 (1931), pp. 171-186Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40907132 .

Accessed: 10/06/2014 16:31

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

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Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 21. April 1931 1).

Bisher war es üblich, die Haushaltsrede mit einem Überblick über die Ein- nahmen und Ausgaben und über die Schuldenbewegungen des abgelaufenen Jahres zu eröffnen. In diesem Jahre habe ich an Stelle dieses mündlichen Berichts die entsprechenden Darlegungen drucken lassen und den geehrten Herren Mitgliedern bereits zugänglich gemacht. Für diese Änderung sprechen eine Reihe wichtiger Gründe, die allgemeine Anerkennung finden dürften. Für alle Beteiligten bedeutet diese Neuerung eine Erleichterung. (Der Vorsitzende stimmt der Änderung zu, jedoch mit dem Vorbehalt, daß damit kein Präzedenzfall geschaffen sein solle.)

Überblick über das Finanzjahr 1930/31 (nach dem gedruckten Bericht). Die ordentlichen Einnahmen, einschließlich der Summe von 16 000 000 £ aus dem Schwebenden Fonds für Zwecke der Lokalsteuerbefreiung (Rating Relief Suspense Account), beziffern sich auf 775 895 000 £, und sie übersteigen somit diejenigen des Vorjahres um ... 41 706 000 £, während sie hinter dem Voranschlage um 13 550 000 £ zurückbleiben. Nachtragsbewilligungen und genehmigte Über- schreitungen von Etatspositionen belaufen sich insgesamt auf . 14 889 000 £, denen jedoch als das Ergebnis von Ersparungen an Schulden- zinsen und Schuldenverwaltungskosten sowie an kleineren Er- sparnissen auf anderen Gebieten 11 430 000 £ zugunsten des letzten Finanzjahres gegenüberstehen, so daß die ordentlichen Ausgaben den Voranschlag nur um rund . . 532 000 £ übersteigen. Gemäß des für den festen Schuldendienst maßgeben- den Gesetzes sind die auf dem Gebiete der Schuldenverwaltung erzielten Ersparnisse dem Tilgungsfonds (Sinking Fund) zuge- führt worden. Dieser bietet sich uns wie folgt dar : im Haushalts- plan vorgesehen 2 236 000 £ Weniger ■ -

Zurückbleiben der Einnahmen 13 550 000 £ Mehrausgaben 532 000 £ Zuschuß zum Tilgungsfonds 11 430 000 £

25 512 000 £.

Fehlbetrag . . . 23 276 000 £.

*) Nach dem Official Report, Parliamentary Debates, House of Commons, V. 251, Nr. 102; übersetzt von Dr. Oskar Aus t. - Über die ungünstige Entwicklung seit der Aufstellung der Bud- getansätze vgl. Der Deutsche Volkswirt vom 7. August 1931, S. 1513. Siehe unten S. 185.

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172 Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931.

Der gesamte Tilgungsfonds belief sich auf 66 830 000 £, wovon diese 23 276 000 £ abgehen, so daß eine Summe von 43 554 000 £ zur Verminderung der Schulden aus den Einnahmen gebraucht wurde.

Einnahmen. Inlandseinnahmen. Die Gesamt- summe der Inlandseinnahmen stellt sich auf 430 967 000 £, die entsprechenden Voranschläge betragen 436 750 000 £, so daß hier der F e h 1 b e t r a g 5 783 000 £ ausmacht. Die große Mindereinnahme an Stempelabgaben im Zusammenhange mit dem Rückgange vor allem der Börsen- geschäfte übersteigt diesen Fehlbetrag sogar noch. Denn gegen- über einem Etatsansatz von 27 000 000 £ kamen hier nur 20 650 000 £ ein. Diese Art von Einkünften im Zusammenhange mit Börsengeschäften warf im Jahre 1930 gegen 4 Millionen £ weniger ab als im Jahre 1929, und sogar gegen 9 Millionen £ weniger als 1928.

Die Einkommensteuer - nach dem Standardsatz - erbrachte 256 047 000 £ und die Surtax 67 830 000 £, so daß sich insgesamt ergeben 323 877 000 £, wohingegen sich die entsprechenden Voranschläge auf 324 250 000 £ stellen. Das Ergebnis bleibt hier also nur wenig hinter den Erwartungen zurück. Im einzelnen betrachtet blieb die Einkommensteuer nach dem Standardsatz um 3 703 000 £ hinter dem Voranschlage zurück, während die Surtax über diesen um 3 330 000 £ hinausging. Jener Fehlbetrag ist auf Mindereinnahmen bei der Steuer- erhebung für das Vierteljahr zurückzuführen, das Ende März 1931 endete. Der erwähnte Überschuß bei der Surtax hängt mit dem Eingang von Steuerrückständen aus früheren Jahren zusammen; außerdem aber auch mit Mehreinnahmen ge- legentlich der Steuererhebung am 1. Januar 1931.

Die Zunahme der Einnahmen an Nachlaßsteuern entsprach nicht den Erwartungen, die bei Erlaß des Finanzgesetzes von 1930 nach dieser Richtung gehegt wurden. Hier belaufen sich die Gesamteinnahmen auf 82 610 000 £. Sie bleiben um 390 000 £ hinter den Voranschlägen zurück.

Die Einnahmen der Überschußgewinnabgabe (Excess Profits Duty) und der Körperschaftsgewinnsteuer (Corporations Profits Tax) beziffern sich auf 3 000 000 £. Es ergibt sich hier somit ein Überschuß über die Etatsansätze von 1 300 000 £. Das Ergebnis dieser aufgehobenen Steuern geht auf die Zahlung von Rückständen früherer Jahre sowie darauf zurück, daß die Summe der Rück- zahlungen, mit der für das letzte Jahr gerechnet worden war, in Wirklichkeit verhältnismäßig gering war.

Landsteuern und Abgaben von Mineralrechten ergaben im Einklang mit den Voranschlägen 830 000 £ ; hier liegt im großen und ganzen Stabi- lität vor.

Zölle und Verbrauchsabgaben. Die Voranschläge stellen sich hier auf 252 570 000 £. Die wirklichen Einnahmen betragen nur 245 401 000 £, so daß sich eine Mindereinnahme von 7 169 000 £

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ergibt, von der auf Zölle 1 309 000 £ und auf Verbrauchsabgaben 5 860 000 £ entfallen. Unter Berücksichtigung der Vorwegnahmen würde sich hier das Defizit sogar auf rund 10 000 000 £ stellen. Handelt es sich doch dabei um rund 3 Millionen £, wovon etwa zwei Drittel auf Tabak, ungefähr ein Viertel auf Spirituosen und der Rest auf Zucker, Wein und Kakao entfällt.

Die hier vorliegenden Mindereinnahmen sind hauptsächlich der Wirtschafts- krise zuzuschreiben. Bei Aufstellung der Voranschläge konnten deren Auswir- kungen nicht in vollem Umfange vorhergesehen werden. Die Einnahmerückgänge erstrecken sich sowohl auf Spirituosen als auch auf Bier und Wein, ungeachtet der Gewinne im Zusammenhange mit Spirituosen und Wein aus Vorauszahlungen für das folgende Jahr. Auch beim Zucker bleibt die Isteinnahme um mehr als 700 000 £ hinter den Voranschlägen zurück, was teilweise auf Konsumtionsrück- gänge zurückzuführen ist. Hinzu kommt aber noch, daß Zahlungsaufschübe den Ertrag des letzten Finanzjahres ungünstig beeinflußten. Die Einnahmen aus Ab- gaben für eingeführte Kraftwagen unterschritten die Etatsansätze um nahezu 1 200 000 £. Andererseits zeigten sich Mehreinnahmen aber beim Tabak, beim Öl und bei den Vergnügungen. Die Mehreinnahmen beim Tabak hängen jedoch mit Vorauszahlungen zusammen; der wirkliche Tabakverbrauch entspricht nicht den gehegten Erwartungen.

Sonstige Einnahmen. Hier entsprachen die Isteinnahmen im großen und ganzen nahezu den gehegten Erwartungen. Die ordentlichen Einnahmen betragen hier - außer den Inlandseinnahmen, den Zöllen und Verbrauchsabgaben also - 99 527 000 £, gegenüber einer veranschlagten Summe von 99 875 000 £.

Ausgaben. Dienst der konsolidierten Schuld. Zinsen und Verwaltungskosten der Schulden erforderten 293 170 000 £. An Zinsen für Schatzamtswechsel wurden rund 12 475 000 £ und für Kriegssparscheine (Savings Certificates) gegen 16 054 000 £ aufgewendet. Diese beiden letzteren Beträge sind verhältnismäßig niedrig. Sie unterschreiten die entsprechenden Ausgaben des vorhergehenden Jahres beträchtlich und ebenso die Etatsansätze für 1930. Dar- auf vor allem ist es zurückzuführen, daß sich die zur Schuldentilgung verfüg- bare Summe auf 66 830 000 £ erhob.

Die Zahlungen an das Nordirische Schatzamt überstiegen die Voranschläge um 425 000 £; mit der Arbeitslosigkeit dieses Gebietes hängt dieser Mehraufwand hauptsächlich zusammen. Andere Posten des Dienstes der konsolidierten Schuld zeigten eine Ersparnis von insgesamt 404 000 £, welcher Betrag sich auf ver- schiedene Teile des Haushaltsplanes erstreckt.

Allgemeine Verwaltung. Die wichtigsten Nachtragsbewilligungen erfolgten im Zusammenhange mit dem Arbeitsministerium 10 500 000 £ mit Rübenzuckerbeihilfen 600 000 £ mit Beihilfen zur Durchführung von Plänen über die Bekämpfung

der Arbeitslosigkeit 500 000 £ mit den Haushaltsplänen über die Kolonien und den Mittelosten . 400 000 £.

Die Nachtragsbewilligungen für das Arbeitsministerium erklären sich an- gesichts der gestiegenen Kosten aus Anlaß der außergewöhnlichen Arbeitslosigkeit.

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174 Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931.

Die gesamten Nachtragsbewilligungen und die Überschreitungsgenehmi- gungen beziffern sich auf rund 14 889 000 £, welcher Summe Ersparnisse innerhalb der Etatsansätze der Allgemeinen Verwaltung von insgesamt 4 223 000 £ gegen- überstehen, so daß sich hier eine wirkliche Mehrausgabe von 10 666 000 £ ergibt.

Nationaler Schuldendienst. Der Überschuß der ordentlichen Einnahmen über die ordentlichen Ausgaben, der Betrag also, der aus ordent- lichen Staatseinkünften zur Verminderung der Nationalschuld verwendet worden ist, stellte sich, wie schon einmal angedeutet, auf 43 554 000 £. Außerdem sind für den gleichen Zweck 9 057 000 £ außerhalb des ordentlichen Etats verwendet worden, und zwar aus den Einkünften der Mobilisierungsanleihe der deutschen Regierung.

Die gesamte nationale Schuldenlast stellte sich am 31. März 1931 auf 7 413 278 000 £, womit eine Verringerung des Betrages gegenüber dem Stand vor einem Jahre um 55 761 000 £ angezeigt ist.

Als Wichtigstes auf diesem Gebiete während des letzten Jahres sei das Fol- gende besonders hervorgehoben:

1. die Tilgung von 24 568 000 £ 5 %prozentiger Schatzamtsscheine (Treasury Bonds) aus den Einkünften der ausgegebenen 4 %prozentigen Konvertierungs- anleihe gemäß dem Prospekt vom Februar 1930, und

2. die Tilgung von 75 100 000 £ 4prozentiger Kriegsanleihe und von 1 1 037 000 £ 4 y2prozentiger Schatzamtsscheinen aus den Einkünften der ausgegebenen 4pro- zentigen Schatzamtsscheinen zu einem Durchschnittspreis von 100 £ Ils 6 d.

Die jährliche Ersparnis infolge dieser Operationen stellt sich auf annähernd 900 000 £. An Gewinnen auf dem Gebiete des Einkommensteueraufkommens sind hierbei überschläglich 650 000 £ eingeschlossen. Diese Gewinne ergeben sich daraus, daß eine steuerpflichtige Anleihe an die Stelle einer steuerfreien tritt.

Der Marktpreis wichtigster Staatspapiere stieg im letzten Jahre wie folgt: am am

31. März 1930 31. März 1931 3%proz. Konvertierungsanleihe 78% I^U 4proz. Konsols 885/8 90V8 5proz. Kriegsanleihe (War Loan) .... 103 104% 4proz. Fundierungsanleihe (Funding Loan) . 91% 91% 3proz. Lokalanleihen (Local Loans) . . . 65% ß^Vs

Schuldenstand. Es soll das letzte Jahr nun näher ins Auge gefaßt werden. Der Fehlbetrag in diesem Jahre aus dem Zurückbleiben der ordentlichen Einnahmen gegenüber den ordentlichen Ausgaben stellte sich, wie gesagt, auf 23 250 000 £. Da jedoch die gesamten Ausgaben die sehr beträchtliche Summe von 66 830 431 £ für den Tilgungsfonds mit einschließen, ergibt das letzte Jahr einen zur Schuldentilgung zur Verfügung stehenden Betrag von mehr als 43 500 000 £. Abgesehen hiervon floß uns noch aus der Mobilisierungsanleihe Deutschlands eine Summe von mehr als 9 000 000 £ zu, und dies wurde außerhalb des Budgets zur Schuldentilgung verwendet. Der sichtbare Fehlbetrag von 23 000 000 £ tritt dank mißgeleiteter öffentlicher Meinung so scharf hervor. Auf der Basis von Vergleichen mit fremden Budgets und mit dem, was im Geschäftsleben üblich ist, würde sich nicht ein Fehlbetrag von 23 000 000 £, sondern für das letzte Jahr ein Überschuß von 43 500 000 £ zeigen. Der zur Schuldentilgung verwendete Nettobetrag stellt

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in Wirklichkeit den Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben dar. Es zeugt von der Gesundheit unseres Finanzsystems, daß wir in einem Jahr ganz außer- gewöhnlicher wirtschaftlicher Depression nicht nur alle unsere Verpflichtungen und staatlichen Obliegenheiten erfüllen konnten, nein, sogar darüber hinaus noch eine so beträchtliche Summe zur Schuldentilgung zur Verfügung stellen konnten. Ich will davon absehen, in nähere Vergleiche zu Budgets anderer Länder einzu- treten, jedoch wäre ich auf alle Fälle überrascht, zu erfahren, daß irgendein Land in einer Zeit tiefgreifender Weltwirtschaftskrise ein gleiches gutes Ergebnis auf- zuweisen vermöchte - wie hoch auch sein himmelstürmender Wall von Schutz- zöllen sein möge.

Es dürfte noch in allgemeiner Erinnerung sein, daß im Jahre 1928 der feste jährliche Schuldendienst auf 355 000 000 £ festgesetzt worden war, und daß durch das letzt jährige Finanzgesetz diese Summe um weitere 5 000 000 £ erhöht wurde, bzw. um 4 500 000 £ für die Jahre 1930/31, 1931/32 und 1932/33. Diese Erhöhung bezweckte ja die Abtragung des Fehlbetrages von 14 500 000 £ aus dem Jahre 1929/30. Seitdem wir uns hierzu entschlossen, flössen uns, wie schon gesagt, 9 000 000 £ aus der deutschen Mobilisierungsanleihe zu, die wir außerhalb des Bud- gets zur Schuldentilgung verwendeten. Somit stellt sich die, im letzten Jahre wirklich zur Schuldentilgung verwendete Summe, nach erfolgter Deckung des Fehlbetrages dieses Jahres von 23 000 000 £, auf 52 500 000 £. Die außergewöhn- lichen Umstände der gegenwärtigen Zeit berechtigen mich zu dem Vorschlag, daß der Rest des Defizits des Jahres 1929 von 9 500 000 £ angesichts jener unvorher- gesehenen Einnahme aus der deutschen Mobilisierungsanleihe als erledigt ange- sehen wird, und daß aus erwähntem Anlaß weder diesem noch den nächsten Jahren weitere Lasten erwachsen. Für die ersten 5 000 000 £ zur Deckung des Fehlbetrages von 1929 ist im abgelaufenen Jahre ordnungsmäßig vorgesorgt worden. Dieser Betrag stellt einen Teil des Defizits für 1930 in Höhe von insgesamt 23 000 000 £ dar. Es ist zu beachten, daß ich für das letzte Jahr 360 000 000 £ zur Schulden- tilgung vorsah. Ersparnisse an den vorgesehenen Ausgaben an Zinsen für Schatz- amtsscheine und für Kriegssparscheine ermöglichten es, der für die Schuldentilgung verfügbaren Summe einen Betrag von 1 1 500 000 £ hinzuzuschlagen. Auch für das laufende Jahr sind bei den Positionen, bei denen jene Ersparnisse erzielt worden sind, genügend hohe Ansätze gemacht worden. Es darf erwartet werden, daß sich hier somit wiederum Ersparnisse zeigen werden, die der Schuldentilgung zugute kommen würden. Jedoch läßt sich in der gegenwärtigen Zeit allgemeiner finan- zieller Unsicherheit naturgemäß Gewisses hierzu noch nicht sagen.

Es dürfte kaum jemand erwarten, daß ich zur Abdeckung des Fehlbetrages des letzten Jahres von 23 000 000 £ den Vorschlag mache, nun etwa die Ausgaben des Schuldendienstes zu erhöhen, was praktisch auf Steuererhöhungen hinaus- laufen würde. Eine Abdeckung dieses Fehlbetrages aus gegenwärtigen Einkünften kann nicht in Frage kommen. Immerhin vertraue ich zuversichtlich darauf, daß eine Beschränkung der Ausgaben zu dem gleichen Ergebnis führen wird. Den Emp- fehlungen des Wirtschaftsausschusses folgend, an dem alle Parteien beteiligt sind, werden in der Tat beträchtliche Ausgabekürzungen stattfinden. Es ist auch mög- lich, daß innerhalb des neuen Jahres Ereignisse eintreten, die uns dem gleichen Ziele näher zu bringen vermögen, dem Ziele insbesondere, uns dem Schuldendienst und der Schuldentilgung immer entschiedener zu widmen. Heute vermag ich

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besondere Bereitstellungen hierfür nicht zu machen, jedoch sehe ich Ersparnissen entgegen, die schon innerhalb des laufenden Jahres das Defizit des letzten Jahres von 23 000 000 £ zu einem beträchtlichen Teil zum Schwinden bringen dürften. Sollten sich diese Erwartungen nicht erfüllen, so wird es Aufgabe des Parlaments sein, sich nach Wiederkehr besserer Zeiten mit diesen Dingen näher zu befassen. Obzwar ich nichts unterlassen habe, um alles Mögliche zugunsten der Schulden- tilgung zu tun, stand ich doch jederzeit mit der Auffassung von Mr. Gladstone im Einklänge, daß es in Zeiten wirtschaftlicher Depression und Arbeitslosigkeit besser sei, unsere Einkünfte zur Belebung der Wirtschaft zu verwenden als für Opfer im Interesse der Herabdrückung unserer Schulden. Die Zeiten wirtschaftlicher Prosperität, reichlicher Staatseinkünfte und von Haushaltsüberschüssen sind ge- eignet dafür, wirksame Anstrengungen in der Richtung der Schuldentilgung zu unternehmen. In solchen Zeiten können auch angemessene Summen aus laufenden Mitteln zur Ingangbringung und Durchführung wirtschaftlicher und sozialer Re- formen bereitgestellt werden. Im laufenden Jahre werden somit für den festen Schuldendienst 355 000 000 £ zur Verfügung stehen, wie es das Finanzgesetz von 1928 vorschrieb.

Voranschläge für Einnahmen und Ausgaben. Das Ge- samtaufkommen der Inlandeinnahmen veranschlage ich für das kommende Jahr auf 437 000 000 £, worin enthalten sind an Einkommensteuer 248 000 000 £,

an Surtax 72 000 000 £, an Nachlaßsteuern 90 000 000 £, an Stempelabgaben 24 000 000 £ und an Sonstigem 3 000 000 £

Die Einkommensteuer erbrachte im letzten Jahr 256 000 000 £. Normalerweise hätte ich für dieses Jahr einer Mehreinnahme von 3 000 000 £ entgegensehen dürfen. Aus der zuletzt erfolgten Erhöhung des Steuersatzes hätte sich diese Mehrein- nahme ergeben müssen, ganz abgesehen aus allgemeinen Erhöhungen des Steuer- aufkommens. Jedoch das Absinken der Einkommen und der geschäftlichen Ge- winne als Folge des wirtschaftlichen Niederganges hat zu einer Entwicklung auch auf steuerlichem Gebiete geführt, die mit unseren Erwartungen im Widerspruche steht. Die Voranschläge des abgelaufenen Jahres gründeten sich auf die Erträge zu damaliger Zeit (1930), und anstatt einer Einnahmeerhöhung habe ich nun Un- günstiges zu berichten. Die Einnahmen der Surtax sind von diesen ungünstigen Einwirkungen nicht so betroffen wie die der allgemeinen Einkommensteuer, was mit deren ganzem Aufbau zusammenhängt. Wir können hier somit damit rechnen, daß sich die durch das letzte Finanzgesetz vorgenommenen Erhöhungen der Steuer- sätze voll auswirken werden.

Was die Nachlaßsteuern anlangt, so sehe ich einem vollen Gewinn aus den durch das letzte Finanzgesetz getroffenen Steuererhöhungen entgegen. Bei Berücksichtigung aller hier in Betracht kommenden Umstände fühle ich mich zu einem Voranschlag von 90 000 000 £ berechtigt.

Die übrigen Inlandseinnahmen machen besondere Ausführungen nicht not- wendig, außer vielleicht der Bemerkung, daß die Stempelabgaben im letzten Jahre den geringsten Ertrag seit dem Jahre 1921 abwarfen. Für das laufende Jahr erwarte ich 24 000 000 £, wobei ich einem Aufschwung der Börsentätigkeit

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entgegensehe. Ist doch hauptsächlich auf deren Stagnation der Rückgang der Stempelabgaben im letzten Jahre zurückzuführen.

Ich komme nun zu den Zöllen und Verbrauchsabgaben. Ich hoffe, daß die wirtschaftliche Depression ihren Höhepunkt erreicht hat, und daß durch sie nicht weiter unsere Berechnungen durchkreuzt werden. Ich rechne damit, daß der Hereinbruch besserer Zeiten bevorsteht. Jedoch wird es auf alle Fälle geraume Zeit erfordern, bis die Nachwirkungen der Wirtschaftskrise überwunden sein werden und sich die Steuereinnahmen heben. Deshalb muß ich bei meinen Voranschlägen einen weiteren Niedergang der Einkünfte aus Zöllen und Ver- brauchsabgaben für die nahe Zukunft in Rechnung stellen. Diese Voranschläge bemesse ich somit auf 238 000 000 £, und zwar f ür Z ö 1 1 e auf 118 150 000 £ und für Ver brauch sa bga b en auf 119 850 000 £. Insgesamt bleiben diese Ansätze um nahezu 7 500 000 £ hinter den Isteinnahmen des letzten Jahres zurück. Jedoch enthalten ja diese Isteinnahmen beträchtliche Vorauszahlungen für das neue Jahr hinsichtlich gewisser Waren, Tabak beispiels- weise. Um rund 3 000 000 £ erhöhten sich aus diesem Anlaß die entsprechenden Einnahmen des letzten Jahres, welcher Betrag hier doppelt zu rechnen ist. Wenn dies alles berücksichtigt wird, so bleibt mein Voranschlag in Wirklichkeit nur um rund 1 500 000 £ hinter dem entsprechenden Aufkommen des letzten Jahres zurück.

Die Konsumtion alkoholischer Getränke sank im letzten Jahr, und ich muß ein weiteres Sinken der entsprechenden Steuereinnahmen für das laufende Jahr ins Auge fassen. Jene Verbrauchssenkung scheint eine dauernde soziale Erschei- nung zu sein, begrüßenswert vom Gesichtspunkt nationaler und sozialer Wohl- fahrt, wenn auch für das Schatzamt schmerzlich.

Andere Positionen des Etats zeigen gegenüber dem Vorjahr nur geringe Ver- änderungen. Den Anteil des Schatzamtes an der Kraftwagensteuer setze ich fest auf 5 000 000 £, die Nettoeinnahmen der Postverwaltung auf .... 12 200 000 £, die Einnahmen aus Kronländereien auf 1 300 000 £, die Einnahmen aus verschiedenen Darlehen auf . . 33 500 000 £, und verschiedene Einnahmen auf 35 000 000 £. Die Einnahmevoranschläge erreichen so die Höhe von 762 000 000 £, und sie sind somit nahezu um 2 000 000 £ höher als die entsprechenden wirklichen Ziffern des Vorjahres, obzwar sie um 11 000 000 £ unterhalb der Voranschläge des letzten Jahres liegen. Es bleibt zu beachten, daß die Einnahmen des Vorjahres einen Betrag von 16 000 000 £ aus dem Schwebenden Fonds zur Durchführung der Lokalsteuerreform enthalten. Aus dieser Quelle sind für das laufende Jahr lediglich 4 000 000 £ verfügbar und nichts mehr in Zukunft. Bei Hinzufügung des letzteren Betrages komme ich für die Einnahmen des laufenden Jahres zu einer Gesamtsumme von 766 000 000 £.

Was die Ausgaben anlangt, so beziffern sich die Voranschläge der all- gemeinen Verwaltung für das laufende Jahr auf 439 016 000 £. An- gesichts der Forderungen des parlamentarischen Wirtschaftsausschusses rechne ich damit, daß die wirklichen Ausgaben beträchtlich hinter dieser Etatssumme zurückbleiben werden. Von der festen Summe des Schuldendienstes von 355 000 000 £ entfallen auf Zinsen und Verwaltungskosten

Finanzarchiv. XLVIII. Jahrg. 641 12

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302 900 000 £, so daß über 52 000 000 £ für den T i 1 g u n g s f o n d s verbleiben. Die Ziffern für Zinsen und Schuldenverwaltungskosten sind höher als die tat- sächlichen Aufwendungen dieser Art während des letzten Jahres. Jedoch besteht kein Verlaß darauf, wie ich bereits bemerkt habe, daß der außerordentlich niedrige Stand der Schatzamtswechsel usw. anhält. Mit den Zahlungen für das Nordirische Schatzamt von 6 350 000 £ und für die sonstige Verwaltung der konsolidier-

te n F o n d s von 3 000 000 £ erreichen die gesamten Ausgabe Voranschläge . . 803 366 000 £. Bei Vergleichung dieser Summe mit den Einnahme voran-

schläge n von insgesamt 766 000 000 £, verbleibt uns noch eine Spanne von 37 366 000 £ zu überbrücken. Dieses Defizit ist um rund 14 000 000 £ höher als das des Vorjahres von 23 276 000 £.

Letzterwähnte Tatsache ist hauptsächlich auf die Erfordernisse zurückzufüh- ren, die sich aus der Durchführung des Lokalsteuerbefreiungsplanes ergeben. Die mir von meinem Herrn Amts Vorgänger überlassenen Verbindlich- keiten erfordern jetzt 12 000 000 £. Beachtung verdient es, daß der Fonds für diese Zwecke praktisch erschöpft ist, wie ich es schon darlegte. Fernerhin habe ich an Übergangsmitteln für 30 000 000 £ vorzusorgen. Die ursprünglichen Vor- anschläge des letzten Jahres für diese Aufgaben beliefen sich auf 10 500 000 £. Durch Nachtragsbewilligungen trat eine Erhöhung ein auf 22 000 000 £. Die Er- fordernisse des laufenden Jahres sind noch höher, und zwar um 8 000 000 £. Diese beiden Posten - die genannten 12 000 000 £ und diese 8 000 000 £ - machen zusammen mehr als die Hälfte des voraussichtlichen, oben errechneten Fehlbetrages des laufenden Jahres aus: jener Summe von 37 366 000 £. Diese Summe also stellt den voraussichtlichen Fehlbetrag des laufenden Jahres dar. Damit bereite ich denjenigen Schwarzsehern eine schwere Enttäuschung, die ein Defizit von mindestens 70 000 000 £ vorhergesagt haben.

Kriegssparscheine (Savings Certificates). Bevor ich zu Vorschlägen auf dem Gebiete der Besteuerung übergehe, möchte ich einige andere Fragen be- handeln, deren sich das Finanzgesetz annimmt. Die vorzeitige Ausgabe von Kriegs- sparscheinen geht auf Rückzahlungen zu bestimmten Daten, vom 1. April 1932 bis zum 30. September 1933, zurück. Gegenwärtig haben wir keine Möglichkeit, ihren Umlauf zu erweitern. Ich bemühe mich, derartige Möglichkeiten ausfindig zu machen, damit wir in den Stand gesetzt würden, den gegenwärtigen Inhabern eine Erweiterung in der Ausnutzung dieser Anlagen darzubieten. Unsere Ent- schließung wird jedoch auf keinen Fall die Rechte der Inhaber schmälern, zu irgend- einer Zeit Rückzahlung zu fordern.

Wegefonds. Es ergibt für das Schatzamt die Notwendigkeit, in diesem Jahre in dem Wegefonds eine Stütze zu finden, um die Kosten sowohl der Durch- führung von Wegebauplänen als auch der Aufwendungen für Arbeiten im Zu- sammenhange mit dem gegenwärtigen Stand der Arbeitslosigkeit decken zu kön- nen. Die erforderliche Ermächtigung, und zwar zur Aufnahme einer Anleihe, wird im Finanzgesetz zu finden sein.

Motorfahrräder. Um die Herstellung eines neuen Typs leichter Motor- fahrräder anzuregen, deren Fabrikation auf dem Kontinent sich lebhaft entwickelt

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Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931. J79

hat, schlage ich die Einführung eines besonderen Steuersatzes für Motorfahrräder vor, und zwar für solche, deren Maschinen eine Zylinderkapazität von nicht mehr als 150 Kubikzentimetern haben. Für die hierunter fallenden Motorfahrräder wird sich künftig der jährliche Steuersatz auf 15 Schillinge an Stelle des bisherigen Satzes von 30 Schilling stellen. Dieser Nachlaß wird am 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten, so daß die Steuereinkünfte des laufenden Jahres davon im wesent- lichen kaum berührt werden.

Abzüge der Einkommensteuer von Dividenden. Einer langen Praxis folgend, haben Gesellschaften Einkommensteuern von der vollen Summe von Dividenden irgendwelcher Art in Abzug gebracht, die von ihnen aus erzielten Gewinnen zur Auszahlung gelangen. Der volle Betrag der Dividenden ist hierbei als das Einkommen der Aktionäre betrachtet worden. Es haben bereits Versuche nach der Richtung stattgefunden, hierin eine Änderung eintreten zu lassen. Obzwar in einem der letzten solcher Fälle die Gerichte sich für Aufrecht- erhaltung des gegenwärtigen Zustandes aussprachen, gibt es doch gewisse Um- stände, wo der gegenwärtige Zustand nicht frei von Zweifeln erscheint. Dieser Gegenstand ist von größter Bedeutung, und zwar einmal für die Gesellschaften, welche sich zu jenen Abzügen berechtigt glauben, das andere Mal für die kleinen Aktionäre, welche für sich das Recht auf Einkorn mensteuer Zurückzahlungen in An- spruch nehmen, und drittens für das Schatzamt hinsichtlich der Steuereinkünfte. Es ist nicht angängig, hier dem blinden Zufall ausgesetzt zu sein. Deshalb werde ich mich an das Parlament wenden, um hier klare Verhältnisse herbeizuführen und künftigen Widersprüchen den Boden zu entziehen.

Steuereinziehung. Ich komme fernerhin zu einem Vorschlag, der die Änderung der Steuereinziehungsmaschinerie bezweckt. Die Steuer einzieher haben seit langem gefordert, daß ihre Dienstverhältnisse nach Maßgabe derjenigen der Zivilverwaltungsbeamten neu geregelt werden sollen. Wie ich es bereits vor sieben Jahren im Parlament betonte, liegt eine durchgreifende Reform solcher Art sowohl im Interesse des Staates wie der Beamten. Die letzteren sind im Recht, wenn sie sagen, daß zugunsten erwünschter Zustände der Steuereinziehungsdienst einer einheitlichen Kontrollstelle unterstellt werden müsse. Ich bestreite es ganz ent- schieden, daß eine Reform nach dieser Richtung in irgendeiner Weise die Inter- essen der Steuerzahler, der großen wie der kleinen, benachteiligen würde. Die Royal Commission of Income Tax schlug eine zentralisierte Steuererhebung unter dem Amt für Inlandseinnahmen vor. Dieser Vorschlag ist bereits in ganz Schott- land und Nordirland praktisch durchgeführt, und ebenso in siebzehn großen Steuer- bezirken von England und Wales. Zu den letzteren gehören das aristokratische Bournemouth und das industrielle Bradford, Bristol, Cardiff, Hull, Halifax, Leeds, Liverpool, Manchester, Newcastle und Southhampton. In keinem dieser Bezirke sind irgendwelche Klagen der Steuerzahler laut geworden. Das Finanzgesetz wird deshalb Bestimmungen enthalten, die jener Forderung der Steuererheber ent- gegenkommen.

Erschließung neuer Staatseinnahmen. Ich komme nun zu dem Problem, die notwendigen zusätzlichen Mittel zu finden, um den voraus- sichtlichen Fehlbetrag des laufenden Jahres in Höhe v o n 37 366 000 £ zu decken. Solch ein Problem schließt an sich schon eine sorgen- volle Aufgabe für den Finanzminister in sich, geschweige erst in der heutigen Zeit

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180 Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931.

allgemeiner wirtschaftlicher Depression, die ja das Haushaltsproblem in seiner heutigen Form erst zur Folge hatte. Das größte Hindernis für irgendwelche Er- höhungen der Steuern liegt hierin mit eingeschlossen. An Ratschlägen fehlt es nicht zur Überwindung solcher Schwierigkeiten. Die Oppositionspartei würde eine leichte Lösung darin finden, alles, was faßbar ist, unter schärfsten Steuerdruck zu setzen, so daß, gleichwie es damals Manna vom Himmel regnete, sich eine Summe von 50 oder 100 Millionen £ wie durch eine gütige Vorsehung über das Schatzamt ergießen würde. Jedoch ist niemand bereit dazu, diese Steuern auch wirklich zu zahlen, so daß man versuchen würde, sie auf Waren zu legen, denen es jedoch die Schutzzollmauer verbietet, in unser Land zu gelangen. So tritt man also für Zoll- erhöhungen zur Schonung des Zahlers direkter Steuern ein. Wenn in dem gleichen Maße nicht auch Erhöhung der heimischen Verbrauchsabgaben stattfände, würde den Nutzen nicht das Schatzamt haben, sondern die heimischen Produzenten aus Preiserhöhungen entsprechend der Zollsteigerungen.

Es wird uns hier also empfohlen, zu Methoden zurückzukehren, die vor einem Jahrhundert geübt wurden und über die uns William Pitt sagt:

„Es gibt ein Mittel, den letzten Fetzen vom Buckel hinwegzusteuern und den letzten Bissen vom Munde, ohne daß eine Klage über zu hohe Steuern laut werden kann: das ist nämlich die Besteuerung zahlreicher Gegenstände des allgemeinen Gebrauchs und Verbrauchs. Diese Steuern werden in die Warenpreise eingehen, und das Volk wird über hohe Preise und harte Zeiten klagen, jedoch keiner wird daran denken, daß diese harten Zeiten durch eine drückende Besteuerung verur- sacht sind."

Ein Finanztarif, unabhängig von seinem Zweck des Schutzes heimischer Pro- duktion, stellt ein Mittel dafür dar, die Allgemeinheit auf Kosten der Unbemittel- ten zu entlasten. Um eine indirekte Methode des Lohndrucks handelt es sich hierbei. An derartigen Maßnahmen will ich nie Anteil haben. Steuern, die die Konsumtions- kraft der breiten Massen verringern, müssen sich für die Volkswirtschaft verderb- lich auswirken, ganz abgesehen von sonstigen, allgemeineren Erwägungen. Bei verschiedenen anderen Gelegenheiten habe ich meinen Standpunkt in diesen Fragen näher gekennzeichnet. Jedenfalls werde ich alles tun, um Steuern zu verhüten, die irgendeinen nachteiligen Einfluß auf das Wirtschaftsleben ausüben und dessen Erholung aufzuhalten vermögen. Immerhin liegt es ja nur allzu klar auf der Hand, daß alles, was wir auf diesem Gebiete jetzt zu tun vermögen, nur geringe Aus- sichten eröffnet auf beträchtliche neue Einnahmequellen. Nun ist aber auch ganz offenbar, daß ich nun einmal nicht umhin kann, Erhöhungen von Steuern vor- zuschlagen. Andererseits haben wir es ja aber auch gegenwärtig mit einem zeit- lich begrenzten, aus der heutigen Situation geborenen Problem zu tun. Das gegen- wärtige Budget betrachte ich ähnlich wie einen Haushaltsplan in Kriegszeiten, als ein Budget, man kann sagen, des Zufalls und der Not, das aus sich selbst her- aus Maßnahmen rechtfertigt, die sich aus der außergewöhnlichen Zeitlage zwingend ergeben. Eine Wiederbelebung der Wirtschaft wird, wenn sie eintritt, von einem Ansteigen der Staatseinnahmen begleitet sein und fernerhin eine beträchtliche Verminderung der heutigen Staatsausgaben zur Folge haben, vor allem durch Fortfall der Aufwendungen im Zusammenhange mit der Massenarbeitslosigkeit.

Wechselkonto (Exchange Account). Mitten in eine Wirtschaftskrise und deren vielseitige Auswirkungen hineingestellt, befinde ich mich in der wenig

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Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931. ] gj

beneidenswerten Lage, von einer Keine von Übeln das geringste auszuwählen. Schwierigkeiten, über deren Ausmaß es unserer Generation an jeglichen Vergleichen fehlt, rechtfertigen die Wahl eines Ausweges, vor dessen Beschreitung ich in nor- malen Zeiten selbst warnen würde. Die Heranziehung von Hilfsquellen erschien jedoch unabweisbar angesichts der Unmöglichkeit, die heutigen Lasten laufenden Einnahmequellen aufzubürden. Schade nur, daß mein Herr Amtsvorgänger mir nach dieser Richtung hin nur eine geringe Bewegungsfreiheit überließ. Zwei Quel- len sind es noch, die ich berechtigtermaßen und ohne damit Härten zu verursachen, für mich hierbei heranziehen kann. Aus Kreditbewilligungen während der Kriegs- zeit besteht noch ein sogenanntes Wechselkonto (Exchange Account) mit einem Bestand von 33 000 000 £ für die Ausgabe des Schatzamtes, fremde Wechsel zu dem Zweck anzukaufen, damit eigene Verpflichtungen anderen Ländern gegen- über zu begleichen. Es handelt sich hierbei nicht um einen Fonds, aus dem end- gültig Zahlungen geleistet werden sollen, sondern seiner ganzen Natur nach nur um einen „revolving fund". Dieser Fonds ermöglichte es uns, in günstigen Zeiten fremde Zahlungsmittel im voraus zu erwerben, um sie dann zu dem bestimmten Zahlungstermin bereit zu haben. Wenn die hier in Betracht kommenden Ver- hältnisse für uns ungünstig waren, blieben wir dem Geldmarkte fern und unter- ließen den Ankauf fremder Zahlunsgmittel, und zwar so lange, bis diese wieder billig wurden. Die Vorzüge dieses Kontos liegen so klar auf der Hand, daß es sich erübrigt, diese Einrichtungen noch besonders zu verteidigen. Bis vor kurzem be- stand auch gar keine Möglichkeit, den Bestand dieses Kontos von gegenwärtig 33 000 000 £ herabzusetzen. Jedoch hat sich mit den Haager Verein- barungen und der Gründung der Bank für Internatio- nalen Zahlungsausgleich in Basel die bisherige Lage wesentlich verändert. Früher erhielten wir wohl auch Zahlungen an Reparationen und Rückzahlungen auf Kriegsanleihen von Frankreich und Italien in Sterling, jedoch wir vermochten diese Summen nicht in ähnlicher Weise, wie es heute durch Vermittelung der Internationalen Bank in Basel möglich ist, in Dollars zur Ab- tragung unserer eigenen Verpflichtungen gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika umzuwandeln. Seit nahezu einem Jahre hat sich die neue Art der hier in Frage kommenden Regelung durchaus bewährt.

Daraus folgt nun keineswegs, daß nun etwa das Wechselkonto völlig auf- gehoben werden könnte. Denn die hier in Betracht kommenden Zahlungstermine zu unseren Gunsten und zu unseren Lasten fallen nicht so zusammen, daß sich bewußte Einrichtung erübrigen würde. Jedoch vermögen wir ohne Schädigung der allgemeinen Interessen den Bestand des Wechselkontos wesentlich zu ver- ringern. Um einen Betrag von 20 000 000 £ soll dies nun geschehen. Auf diese Weise ist es mir möglich, die verschiedenen Einnahmen des laufenden Jahres um diesen Betrag zu erhöhen.

Ich sprach bisher von diesem Wechselkonto als wie von einer festen Summe von 33 000 000 £, die das Schatzamt als „revolving fund" erhielt und bisher nicht zurückzahlte. Es gab jedoch Zeiten, in denen der Bestand dieses Fonds weit unter- halb dieser Summe lag. Nun liegt aber das Gegenteil vor, indem der Bestand des Wechselkontos den Normalstand um mehr als 3 000 000 £ übersteigt. Die hier liegenden Reserven werden in solcher Höhe nicht mehr benötigt, so daß ich die verschiedenen Einnahmen des laufenden Jahres daraus speisen konnte. Künftig-

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1 82 Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931.

hin, nach Kürzung um erwähnte 20 000 000 £ zugunsten des neuen Fehlbetrages im allgemeinen Haushalt, wird jenes Konto einen verminderten Bestand von 17 366 000 £ aufweisen.

Einkommensteuer (Änderung der Zahlungsfristen). Ich legte es bereits dar, daß das diesjährige Aufkommen der Einkommensteuer durch das Sinken der Gewinne des Jahres 1930 im Zusammenhange mit der Wirt- schaftskrise ungünstig beeinflußt werden wird. Jedoch handelt es sich hierbei lediglich um eine vorübergehende Erscheinung. Wir dürfen einer günstigeren Ent- wicklung entgegensehen mit dem Nachlassen der wirtschaftlichen Depression. Wie ich bereits sagte, wäre die psychologische Wirkung einer Einkommensteuer- erhöhung auf die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit von nachteiligen Folgen. Dies gilt ganz besonders für den jetzigen Zeitpunkt einer sich ankündigenden Erhebung des Geschäftslebens aus dem Zustand langandauernder Stagnation. Deshalb ent- schloß ich mich dazu, keine Einkommensteuererhöhung vorzuschlagen. Jedoch schlage ich eine Aufhebung gewisser Erleichterungen vor, wie sie das Finanzgesetz von 1915 in Kraft setzte, und zwar zu dem ausdrücklichen Zweck, die zeitweilige Ebbe in den Staatseinkünften möglichst zu überbrücken. Vor letzterwähntem Zeitpunkt war die Einkommensteuer in einer Summe am 1. Januar zahlbar. Das zweite Finanzgesetz von 1915 brachte für bestimmte Steuerzahler der Schedulen B, D und E die Erlaubnis der Steuerzahlung zu zwei Terminen, am 1. Januar und 1. Juli. Es dürfte noch in Erinnerung sein, daß mein Herr Amtsvorgänger den Staatshaushalt von 1927 dadurch ins Gleichgewicht brachte, daß er die gleichen Erleichterungen hinsichtlich der Schedula A aufhob und damit die gesamte Ein- kommensteuer unter Schedula A am 1. Januar zahlbar machte. Ich schlage nun nicht vor, soweit zu gehen, wie er es tat. Die Änderung, welche ich erbitte, besteht darin, daß die hier in Betracht kommenden Steuerzahler die Einkommensteuer für 1931 zu drei Vierteln am l! Januar 1932 und zu einem Viertel, dem Rest, am 1. Juli 1932 entrichten - anstatt je zur Hälfte an diesen beiden Terminen. Das Ergebnis, zugunsten der Einnahmen des laufenden Jahres, besteht nun darin, daß das Schatz- amt für 1931 in den Genuß der Steuereinnahmen eines weiteren Vierteljahrs tritt. Den Gewinn des laufenden Jahres hieraus veranschlage ich auf 10 000 000 £. Auf das Steueraufkommen des nächsten Jahres wird diese Änderung keinen Einfluß ausüben, da das, was dieses Jahr am 1. Juli 1932 verliert, am 1. Januar 1933 ein- kommen wird. Die von der Änderung berührten Steuerzahler sind zumeist Handels- und Geschäftsleute; Personen mit W'ochenlohn bleiben unberührt davon.

Die betroffenen Personenkreise werden gewiß von der Aufhebung der ihnen im Jahre 1915 zugebilligten Erleichterungen nicht angenehm berührt sein, jedoch vertraue ich darauf, daß sie in dieser Weise willig zur Überwindung unserer natio- nalen Schwierigkeiten beitragen werden. Sie haben 8 Monate Zeit, um sich auf die neue Zahlungsart einzurichten, und sie haben ja auch am 1. Juli nächsten Jahres eine entsprechend geringere Zahlung zu leisten. Die meisten von ihnen dürften diese Änderung einer Erhöhung der Steuersätze vorziehen. Mein Vorschlag bezieht sich nur auf einen kleinen Teil des gesamten Einkommensteueraufkommens. Der übergroße Anteil der Einkommensteuer wird entweder unmittelbar an der Quelle erhoben oder jetzt bereits am 1. Januar entrichtet. Die durch meinen Vor- schlag betroffenen Steuerzahler bleiben immerhin im Genuß des Vorteils, daß sie ein Viertel der Steuer erst am 1. Juli zu entrichten brauchen. Der voraussichtliche

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Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931. J 83

Fehlbetrag des laufenden Jahres ist nun um 30 000 000 £ vermindert, so daß noch 7 500 000 £ zu decken verbleiben.

Ölabgabe. Nach Durchprüfung aller Teile unseres Steuerwesens und nach sorgfältigen Erwägungen habe ich mich dazu entschließen müssen, die Ölabgabe zu erhöhen. Der gegenwärtige Steuersatz stellt sich auf 4 Pence für die Gallone. Ich schlage nun vor, mit Wirkung von morgen ab diesen Satz um 2 Pence, also auf 6 Pence zu erhöhen. Der Ölverbrauch ist seit der Einführung der Ölabgabe im Jahre 1928 fortgesetzt gestiegen, und zwar trotz der Erhöhung des Ölpreises um 4% Pence für die Gallone, die im Zusammenhange damit erfolgte, und un- geachtet einer weiteren Preiserhöhung um 2% Pence, die im März 1929 erfolgte. Nichtsdestoweniger ist im letzten September der Preis um 2 Pence für die Gallone gesenkt worden, und eine weitere ähnliche Preisermäßigung fand erst im letzten Monat statt. Ich bin darüber unterrichtet worden - mit Vorbehalt gebe ich es wieder - , daß der Handel nur darauf wartet, daß von unserer Seite vorgegangen werde, um eine weitere Preisherabsetzung folgen zu lassen, daß also die Ölabgabe zuvor erhöht werde. Die vorgeschlagene Steuererhöhung wird also im Vergleich zu den Preisen, die vor dem März galten, Öl nicht teurer werden lassen, ja, es wird auch nachher immer noch billiger sein, als es vor dem letzten September war. In der Tat wird auch dann noch der Preis ein klein wenig unter dem Stand zu der Zeit liegen, als mein Herr Amtsvorgänger ursprünglich die Ölabgabe von 4 Pence einführte. Unter diesen Umständen glaube ich nicht, daß die Steuererhöhung zu einer merklichen Verbrauchsbeschränkung führen wird, und ich darf den Mehr- ertrag für dieses Jahr auf 7 500 000 £ veranschlagen, also auf genau die Summe, die ich noch zur Abdeckung des Fehlbetrages des neuen Jahres benötige. In einem vollen Jahre dürften es 8 000 000 £ sein.

Ich bin nie ein Freund der Ölabgabe gewesen. Ich widerrufe nichts, was ich gegen diese Abgabe gesagt habe. Ich stehe jedoch der Tatsache gegenüber, daß diese Steuer vorhanden und ihr Aufkommen beträchtlich ist. Dies alles allein zwingt mich dazu, von den Möglichkeiten, die sie für mich eröffnet, Gebrauch zu machen. Die jetzige Erhöhung betrachte ich derart, daß mit ihr ein Anspruch verbunden ist, sie wieder zu beseitigen, sobald die allgemeine Finanzlage dies zu- läßt. Angesichts der Tatsache, daß eine Erhöhung von Zöllen und Verbrauchs- abgaben ungleich größere Härten verursachen würde, würde es mit Recht Er- staunen erregen, wenn ich die hiermit vorgeschlagene Erhöhung der Ölabgabe unterlassen würde.

Bilanz. Die drei Quellen: - Wechselkonto, Änderung der Zahlungs- termine der Einkommensteuer der Schedulen B, D und E und die Erhöhung der Ölabgabe - geben mir zusammen die Summe von 37 500 000 £, deren ich zum Ausgleich des Etats des laufenden Jahres bedarf. Es stellen sich hiernach die G e s a m t e i n n a h m e n auf 803 500 000 £, die Gesamtausgaben auf 803 366 000 £, so daß eine nominelle Mehreinnahme von 134 000 £ verbleibt.

Es sind keinerlei Beträge für zusätzliche Ausgaben bereitgestellt worden. Es müßte jeglicher Erfahrung widersprechen, wenn nicht eine Anzahl von Positionen Mehrausgaben erforderten, für die sich also Nachtragsbewilligungen als notwendig erweisen würden. Falls wirtschaftliche Prosperität wiederkehrt, würden gewiß

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1 84 Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931.

Mehreinnahmen an Steuern Ausgleichsmöglichkeiten hierfür schaffen. Abgesehen hiervon wird meine ernsthafte Sorge, entsprechend den Empfehlungen des parlamen- tarischen Wirtschaftsausschusses, darauf gerichtet sein, die größte Wirtschaftlich- keit auf allen Gebieten der Staatsverwaltung herrschen zu lassen.

Zusammenfassung. In meiner vorjährigen Budgetrede gab ich der Hoffnung Ausdruck, daß, das Ausbleiben ganz unvorhergesehener Unglücksfälle vorausgesetzt, weitere Steuererhöhungen vermeidbar bleiben mögen. Niemand konnte jedoch damals voraussehen, zu welch furchtbaren Folgen die allgemeine Wirtschaftskrise führen würde. Als später jedoch diese Auswirkungen immer deut- licher hervortraten, fehlte es nicht an düsteren Prophezeiungen im Hinblick auch auf die Staatsfinanzen. Niemand kann es bestreiten, daß wir ein geradezu ver- zweifelt schlechtes Jahr hinter uns haben, demgegenüber jedoch die Lasten gering erscheinen, die ich gezwungen war, dem Volk aufzuerlegen. Ich bestreite es nicht im geringsten, daß die Gesamtlage nach wie vor überaus ernst ist, und daß uns möglicherweise die Finanzen des nächsten Jahres die allerschwierigsten Probleme stellen werden. Weitestgehendste Einschränkung der Ausgaben dürften sich, falls die Wirtschaftsdepression nicht nachläßt, als der einzige Ausweg erweisen anstatt noch weiterer Steuererhöhungen. Aus diesen Erwägungen heraus dürfte es an- gebracht sein, daß sorgsame Vorkehrungen in der Richtung der Empfehlungen des parlamentarischen Wirtschaftsausschusses und der Kommission für Arbeits- losigkeit beizeiten getroffen werden.

Diejenigen, die einer düsteren Betrachtungsweise zuneigen, mögen immerhin sagen, daß ich die herangekommenen Schwierigkeiten lediglich hinaus- und für ein Jahr aufgeschoben habe. Jedoch dafür schon sollte man dankbar sein. Was auch das nächste Jahr bringen mag, es kann doch nicht bestritten werden, daß mächtige Kräfte am Werke sind, die uns auf eine Erleichterung unserer Lage hoffen lassen. Wenn wir in unserem Bestreben nach Wirtschaftlichkeit Fortschritte er- zielen und weiterhin die Wirtschaftsdepression nachläßt, sehe ich dem nächst- jährigen Haushalt mit Ruhe entgegen. Sollte ich mich darin irren, so dürften jedoch für das nächste Jahr beträchtliche Steuererhöhungen nicht zu umgehen sein, denen ich zu meiner Freude für dieses Jahr noch ausweichen konnte.

Landbewertung. Nun wende ich mich der wichtigsten Seite des dies- jährigen Budgets zu. Es dürfte noch in Erinnerung sein, daß ich im vorigen Jahre die Einführung eines Landbewertungsgesetzes (Land Valuation Bill) ankündigte, als den ersten Schritt zur Einführung einer Abgabe auf dieser Basis. Dieses Gesetz kam in der Tat zu einem späteren Jahr zur Vorlage, jedoch verhinderte es der Drang der allgemeinen Geschäftslage, daß wir uns näher damit beschäftigen konn- ten. In diesem Jahre sind wir daran, diesem Gegenstand Beachtung zu widmen. In der Zwischenzeit habe ich diese Frage aufs ernsthafteste erwogen, und ich schlage nun vor, in das diesjährige Finanzgesetz Bestimmungen für die Besteuerung der Landwerte aufzunehmen.

Die Bewertung stellt den ersten und wesentlichsten Schritt dar für Pläne irgendwelcher Art in der Richtung, für die Bedürfnisse der Allgemeinheit auf Land- werte irgendwelche Abgaben zu legen. Ich schlage vor, daß zunächst die Bewer- tung zu Ende geführt wird und man erst dann mit der Abgabenerhebung beginnt. Die Bewertung wird innerhalb zweier Jahre durchgeführt sein, gerechnet von der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes. Es wird damit eine, periodischer

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Page 16: Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931

Biidgetrede des englischen Finanzministerä Snowden vom 27. April 1931. 185-

Nachprüfung unterliegende Grundlage geschaffen werden, auf der vom Jahre 1933/34 ab jährliche Steuererhebungen werden erfolgen können. Diese Abgabe,, über die das Finanzgesetz Näheres bestimmen soll, wird ein Pence in das Pfund des durch die Bewertung ermittelten Kapitals betragen.

Da hier bestimmte Maßnahmen erforderlich sind, ist eine besondere Ent- schließung über diesen Gegenstand in Aussicht genommen.

Die Vorschläge, die hier und im einzelnen zu machen sein werden, dürften den weitesten Widerhall finden. Es findet allgemeine Zustimmung, daß die All- gemeinheit hier den Anspruch auf einen angemessenen Teil des Wertes besitzt,, den sie selbst erzeugt hat. Sozialisten, Liberale und selbst Konservative finden sich auf dieser Grundlage zu gemeinsamer Arbeit zusammen. Auch diese nehmen gegen die Ausbeutung der Öffentlichkeit durch private Landmonopolisten Stellung. Die gegenwärtigen Zustände auf diesem Gebiete stehen einem sozialen und wirtschaft- lichen Fortschritt ebenso entgegen, wie sie der Industrie drückende Lasten auf- bürden und die kommunale Entwicklung hemmen. Wenn wir dieses Werk hinter uns haben, wozu wir fest gewillt sind, so werden wir auf das Budget dieses Jahres als- einem Meilenstein sozialen und wirtschaftlichen Fortschrittes zurückblicken dürfen. Als eine weitere Stufe werden wir es betrachten können auf dem Wege der Befreiung des Volkes von der Tyrannei und Rechtswidrigkeit der privaten Landmonopole.

Das korrisrierte englische Budget1). Seit dem Krieg sind die englischen Finanzen sehr gespannt. Es hat sich die

Last der englischen Staatsschulden von 24 Mill. £ im Jahr 1913 auf 360 Mill. £ im Jahre 1931 gesteigert, also verfünf zehnfacht, außerdem ist eine Pensionslast von 100 Mill. £ entstanden.

Churchill hat in den 5 Budgets 1925 - 29 die Steuern stark herangezogen; auch Snowden, der im Sommer 1929 die Finanzen übernahm, sah sich genötigt, für 1930 den Einkommensteuersatz von 4 auf 4% s vom Pfund, außerdem die sur- tax, die nur die oberen Einkommenstufen trifft, und die Erbschaftssteuer für Nach- lässe, die 2 Mill. £ überschreiten, zu steigern 2). Gleichwohl schloß das Jahr 1930 mit einem Defizit von 23 Mill. £ ab. Dabei wurde seit einer Reihe von Jahren ein Teil der Ausgaben durch Schulden gedeckt, indem die Regierung vom Parlament sich ermächtigen ließ, Anleihen für den Road Fund und für den Unemployment Fund aufzunehmen; für den letzteren waren sie im Juli 1931 bis auf 90 Mill. £ angewachsen.

Das Budget von 1931/32 ist, wie aus der vorstehenden Rede von Snowden hervorgeht, unter optimistischen Voraussetzungen aufgestellt, er hoffte, daß die Konjunktur sich bessere, jedenfalls sich nicht verschlechtere. Bald zeigte sich aber, daß die Weltkrise sich enorm verschärfte und das Budget damit unhaltbar wurde. Man mußte damit rechnen, daß die Einnahmen des Budgets für 1931/32 erheblich zurückbleiben, die Ausgaben sich ohne Eingriffe erheblich steigern würden. Zwei bedeutsame Berichte, der des Macmillan Committee on finance and industry, der im Juni 1931 vorgelegt wurde, und der des May-Committee on national expenditure von Ende Juli 1931 verfehlten nicht ihren Eindruck.

Über die Wege, die einzuschlagen waren, gingen die Meinungen auseinander. Es kam darüber zu einer Regierungskrisis, die am 25. August 1931 damit endete, daß Macdonald, Snowden und Thomas von der Arbeiterpartei sich abwandten und mit den Konservativen eine neue Regierung bildeten, um das Budget zu sanieren. Am 10. September 1931 wurde dem Parlament ein neues Finanzgesetz vorgelegt. Da» Defizit war veranschlagt für 1931/32 auf 74,68 Mill. £, für 1932/33 auf 170 Mill. Pfund.

*) Vgl. Dr. Toni Stolper, Englands Finanznot (der Deutsche Volkswirt vom 18. Sept. 1931 r 8. 1716) und G. L. Schwartz, Das neue (englische) Budget und die Krise (Wirtschaftsdienst vom 13. Sept. 1931, S. 1609). 2) Finanzarchiv 47 (1931) S. 674.

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Page 17: Budgetrede des englischen Finanzministers Snowden vom 27. April 1931

186 Das korrigierte englische Budget.

Demgegenüber sind in den Haushaltsausgaben vorgesehen: Ersparnisse 22 bzw. 70 Mill. £, Verringerung der Schuldentilgung 13,7 bzw. 20 Mill. £ und neue Steuermittel 40,5 bzw. 81,5 Mill. £. Das sind zusammen 76,2 bzw. 171,5 Mill. £, so daß ein veranschlagter Überschuß von 1,52 bzw. 1,5 Mill. £ sich ergibt, ge- wissermaßen als Reserve für den Fall weiterer Verschlechterung.

Was zunächst die Ausgaben anlangt, so ist der Aufwand des Staates für die Arbeitslosenversicherung nun ganz in den ordentlichen Etat eingestellt; ebenso der für den Straßenbaufonds. Aber die Renten der Arbeitslosenversicherung sind um 10% gekürzt - die Regierung betonte, daß der Realwert der Unterstützung seit 1929 um 11%% gestiegen sei, weil der Lebenskostenindex sich nun um so viel verringert habe - , die Rente hört auch mit Ablauf von 26 Wochen auf, wenn nicht eine Prüfung die Bedürftigkeit erweist. Andererseits wurden die Versiche- rungsbeiträge der Arbeitgeber, der Arbeiter und des Staates auf 10 d wöchentlich erhöht, was für die Arbeiter eine Steigerung um 25% bedeutete. Die Ausgaben und ebenso Einnahmen der Arbeitslosenversicherung mindern sich für 1932/33 von 143 Mill. £ auf 117 Mill. £. Der Zuschuß für den Straßenbau wird von 28 Mill. £ auf 20 Mill. £ herabgesetzt. Unter den Haushaltsersparnissen spielen die im Unter- richtswesen eine große Rolle (10% Mill. £), die Lehrergehälter werden nämlich um 15% gekürzt 1). Bei der Armee und Flotte 1) soll die Löhnung um je 5 Mill. £ ge- mindert werden; auch die Minister-, Richter- und Abgeordnetengehälter erfahren Kürzungen.

An Steuererhöhungen sind vorgesehen für das Bier 30% (= 8 Pfennige auf den halben Liter), für Tabak 10% (= 9% s je Pfund), für Benzin 2 d je Gallon (= 4,5 Liter), nachdem schon das erste Budget pro 1931 den Satz von 4 auf 6 d erhöht hatte; man erwartet, daß die Preisermäßigung bei Benzin die Steuer- erhöhung wenig empfindlich mache. Endlich wird die 16%prozentige Vergnügungs- steuer auf die wohlfeilen Vergnügungen ausgedehnt. Der Mehrertrag für diese vier Steuern wird geschätzt in Mill. £ für 1931/32 bzw. 1932/33 bei Bier auf 4,5 bzw. 10, bei Tabak auf 2,1 bzw. 4, bei Benzin auf 3,9 bzw. 7,5, bei der Vergnügungs- steuer auf 1,2 bzw. 2,5, in Summa 11,5 bzw. 24 Mill. £.

Mehr wie das Doppelte dieser Summen sollen die Mehrerträge bei den direkten Steuern bringen. Der Steuersatz bei der Einkommensteuer wird von 4% auf 5 s je Pfund erhöht. Sehr bedeutsam ist weiterhin die Herabsetzung des steuerfreien Existenzminimums, das seit 1920 135 £ für Ledige und 225 £ für Verheiratete betrug, auf 100 £ bzw. 150 £; ferner die Minderung der Kinderabzüge; dadurch werden viele Personen, die steuerfrei waren, nun einkommensteuerpflichtig, die bisher Steuerpflichtigen, abgesehen von der Erhöhung des Steuersatzes, stärker belastet; bei den höheren Einkommen kommt noch dazu, daß die Surtax um 10% gesteigert wird. Eine Steuerbegünstigung für Investierungen wird dagegen in Aus- sicht gestellt, indem die Amortisationen in ausgedehntem Maße bei Errechnung des Einkommens abgezogen werden dürfen. Andererseits sind die Steuersätze für Arbeitseinkommen und Renteneinkommen stärker differenziert worden. Der Effekt der Steuererhöhungen wird in Mill. £ für die Jahre 1931/32 bzw. 1932/33 bei der Einkommensteuer auf 25 bzw. 51,5, bei der Surtax auf 4 bzw. 6 Mill.£ geschätzt.

War so das Budget in Ordnung gebracht, so waren doch die Zurückziehung der kurzfristigen, in England angelegten Kapitalien seitens des Auslandes und die englische Kapitalflucht selbst so stark - seit Mitte Juli 1931 hatte die Bank von England über 200 Mill. £ = über 4 Milliarden RM. verloren - , daß, obwohl die Bank von England im August von französisch-amerikanischer Seite einen Rediskont- kredit von 130 Mill. £ - die Kredite lauten auf Francs und Dollar! - erhalten hatte, ihre Goldreserve auf 130 Mill. £ sank, worauf, nachdem auch noch wegen der Löhnungskürzung am 15. September eine Meuterei der Flotte mit schwerer Kreditschädigung für England ausgebrochen war und die seit Monaten tätige Baissespekulation sich immer mehr verstärkte, am 20. September 1931 die Einlösung der Banknoten in Barren aufgegeben und dies durch Gesetz vom 21. September 1931 sanktioniert wurde. Das Pfund sank sofort um 20-30% ; am 30. September 1931 wurde in Berlin die Devise London mit 1 £ = 16 RM. (Pari 20,43 RM.) notiert.

x) Nachträglich modifiziert.

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