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Bildgebung in der Neonatologie

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Der Pathologe 5•2000 | 339 Zusammenfassung Die Pathomorphologie des Frühgeborenen kann als Wechselspiel von Morphologie der Organunreife und Therapie sowie deren Folgen angesehen werden. Beispiele zur Pathomorphologie: Beispiele inkludieren den Wandel im morphologischen Bild des sog. Hyaline-Membranen-Syndroms und der bronchopulmonalen Dysplasie, die infolge moderner neonatologischer Therapie kaum mehr in ihrer ursprünglich definierten Form gesehen werden. Hämorrhagische und isch- ämisch-hypoxische Läsionen des ZNS weisen oft alters- und ursachenabhängige Vertei- lungsmuster auf, wobei subependymäre Blutungen und periventrikuläre Leukomala- zie mit ihren Spätfolgen die wichtigsten Beispiele darstellen. Das häufigste intestinale Krankheitsbild, die nekrotisierende Enteroko- litis, präsentiert sich mit segmentalen Läsio- nen, deren Morphologie in Abhängigkeit vom dominierenden auslösenden Faktor variieren kann. Hepatische Cholestase und Verfettung kommen als Folge von parentera- ler Ernährung, aber auch von Ischämie und Hypoxie vor.Lebernekrosen sind vorrangig mit letzterer, aber auch mit disseminierter in- travasaler Koagulation assoziiert. Als Beispie- le vaskulärer pathologischer Befunde werden thrombembolische Läsionen mit Extremitä- ten- und Organinfarkten genannt, die gleich- zeitig typische Therapiefolgen darstellen. Schlüsselwörter Pathologische Befunde · Frühgeburt · Therapiefolgen Aus pathophysiologischer Sicht han- delt es sich bei Frühgeborenen (eigent- lich „zu früh Geborenen“) um Kinder, deren Organfunktionen den Anforde- rungen eines extrauterinen Lebens, in Abhängigkeit vom Grad der Unreife, nicht vollständig gewachsen sind. Dar- aus ergibt sich die Notwendigkeit unter- stützender Maßnahmen, deren Auswir- kungen wiederum mit der zugrunde lie- genden organischen Unreife in direktem Zusammenhang stehen und dadurch in gewissem Sinn als frühgeborenenspezi- fisch angesehen werden können. Ent- scheidend ist dabei nicht nur die zellulä- re, sondern auch die architektonische Reife eines Organs, was am Beispiel der Lunge einer zunehmenden Reduktion des interstitiellen Bindegewebes mit ent- sprechender Näherung von Kapillaren und Alveolen entspricht. So lässt sich die spezielle Pathologie des Frühgeborenen als pathologisches Wechselspiel von Morphologie der Organunreife und Therapie sowie deren Primär- und Se- kundärfolgen definieren. Diese ange- deutete Teilung in Problematik der Or- ganunreife und Therapie soll auch die folgende pathomorphologische Bespre- chung der Organsysteme gliedern. Eine differenzialdiagnostische Pro- blematik kann sich manchmal aus der ähnlichen morphologischen Präsentati- on von Sekundärfolgen und Fehlent- wicklungen ergeben. Dementsprechend wichtig sind auch eine enge klinisch-pa- thologische Kooperation bzw. Kenntnis der klinischen Anamnese. Dazu können folgende Beispiele genannt werden: Darmstrikturen/-stenosen z. B. nach NEC, Ösophagus- oder Trachealstenose bzw. -striktur z. B. nach Intubation oder das Spektrum der histomorphologi- schen Leberbefunde bei parenteraler Er- nährung bei der Differenzialdiagnose von Stoffwechselerkrankungen. Respirationstrakt und Lungen RDS („respiratory distress syndrome“) des Frühgeborenen Diesem klinischen Begriff, der vielfach fälschlich mit dem Begriff der Hyaline- Membranen-Erkrankung (HMD) gleich- gesetzt wird, können u. a. folgende pa- thomorphologische Lungenbefunde zu- grunde liegen: Lungenunreife mit und ohne hyaline Membranen, massive Fruchtwasseraspiration, Blutungen, Fehl- bildungen (bzw. Lungenhypoplasie), Pneumonie. Für die Beziehung RDS- HMD gelten daher RDS-Präsentation ist nicht an Lun- genunreife gebunden, nicht jedes RDS hat hyaline Membra- nen, nicht alle Lungen mit HMD präsen- tieren klinisch als RDS. Übersicht Pathologe 2000 · 21:339–348 © Springer-Verlag 2000 Dr. G. Amann Institut für Klinische Pathologie,Universität Wien Spezielle Pathologie des Frühgeborenen Dr. G. Amann Institut für Klinische Pathologie, Universität Wien, AKH, Währinger Gürtel 18–20, A-1090 Wien, E-Mail: Gabriele. [email protected] Übernahme aus: Radiologe (2000) 40:8–17
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Page 1: Bildgebung in der Neonatologie

Der Pathologe 5•2000 | 339

Zusammenfassung

Die Pathomorphologie des Frühgeborenenkann als Wechselspiel von Morphologie derOrganunreife und Therapie sowie deren Folgen angesehen werden.Beispiele zurPathomorphologie: Beispiele inkludieren den Wandel im morphologischen Bild dessog.Hyaline-Membranen-Syndroms und derbronchopulmonalen Dysplasie, die infolgemoderner neonatologischer Therapie kaummehr in ihrer ursprünglich definierten Formgesehen werden.Hämorrhagische und isch-ämisch-hypoxische Läsionen des ZNS weisenoft alters- und ursachenabhängige Vertei-lungsmuster auf, wobei subependymäreBlutungen und periventrikuläre Leukomala-zie mit ihren Spätfolgen die wichtigsten Beispiele darstellen.Das häufigste intestinaleKrankheitsbild, die nekrotisierende Enteroko-litis, präsentiert sich mit segmentalen Läsio-nen, deren Morphologie in Abhängigkeitvom dominierenden auslösenden Faktor variieren kann.Hepatische Cholestase undVerfettung kommen als Folge von parentera-ler Ernährung, aber auch von Ischämie undHypoxie vor.Lebernekrosen sind vorrangigmit letzterer, aber auch mit disseminierter in-travasaler Koagulation assoziiert.Als Beispie-le vaskulärer pathologischer Befunde werdenthrombembolische Läsionen mit Extremitä-ten- und Organinfarkten genannt, die gleich-zeitig typische Therapiefolgen darstellen.

Schlüsselwörter

Pathologische Befunde · Frühgeburt · Therapiefolgen

Aus pathophysiologischer Sicht han-delt es sich bei Frühgeborenen (eigent-lich „zu früh Geborenen“) um Kinder,deren Organfunktionen den Anforde-rungen eines extrauterinen Lebens, inAbhängigkeit vom Grad der Unreife,nicht vollständig gewachsen sind. Dar-aus ergibt sich die Notwendigkeit unter-stützender Maßnahmen, deren Auswir-kungen wiederum mit der zugrunde lie-genden organischen Unreife in direktemZusammenhang stehen und dadurch ingewissem Sinn als frühgeborenenspezi-fisch angesehen werden können. Ent-scheidend ist dabei nicht nur die zellulä-re, sondern auch die architektonischeReife eines Organs, was am Beispiel derLunge einer zunehmenden Reduktiondes interstitiellen Bindegewebes mit ent-sprechender Näherung von Kapillarenund Alveolen entspricht. So lässt sich diespezielle Pathologie des Frühgeborenenals pathologisches Wechselspiel vonMorphologie der Organunreife undTherapie sowie deren Primär- und Se-kundärfolgen definieren. Diese ange-deutete Teilung in Problematik der Or-ganunreife und Therapie soll auch diefolgende pathomorphologische Bespre-chung der Organsysteme gliedern.

Eine differenzialdiagnostische Pro-blematik kann sich manchmal aus derähnlichen morphologischen Präsentati-on von Sekundärfolgen und Fehlent-wicklungen ergeben. Dementsprechendwichtig sind auch eine enge klinisch-pa-thologische Kooperation bzw. Kenntnisder klinischen Anamnese. Dazu könnenfolgende Beispiele genannt werden:

Darmstrikturen/-stenosen z. B. nachNEC, Ösophagus- oder Trachealstenosebzw. -striktur z. B. nach Intubation oderdas Spektrum der histomorphologi-schen Leberbefunde bei parenteraler Er-nährung bei der Differenzialdiagnosevon Stoffwechselerkrankungen.

Respirationstrakt und Lungen

RDS („respiratory distress syndrome“)des Frühgeborenen

Diesem klinischen Begriff, der vielfachfälschlich mit dem Begriff der Hyaline-Membranen-Erkrankung (HMD) gleich-gesetzt wird, können u. a. folgende pa-thomorphologische Lungenbefunde zu-grunde liegen: Lungenunreife mit undohne hyaline Membranen, massiveFruchtwasseraspiration,Blutungen,Fehl-bildungen (bzw. Lungenhypoplasie),Pneumonie. Für die Beziehung RDS-HMD gelten daher

● RDS-Präsentation ist nicht an Lun-genunreife gebunden,

● nicht jedes RDS hat hyaline Membra-nen,

● nicht alle Lungen mit HMD präsen-tieren klinisch als RDS.

ÜbersichtPathologe2000 · 21:339–348 © Springer-Verlag 2000

Dr. G. AmannInstitut für Klinische Pathologie, Universität Wien

Spezielle Pathologie des Frühgeborenen

Dr. G. AmannInstitut für Klinische Pathologie,Universität Wien, AKH,Währinger Gürtel 18–20, A-1090 Wien,E-Mail: Gabriele. [email protected]

Übernahme aus: Radiologe (2000) 40:8–17

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Übersicht

HMD (Hyaline-Membranen-Erkrankung)

Dieser pathomorphologische Begriff istdefiniert durch die Präsenz zumeistbandförmig die peripheren Luftwegeauskleidenden Materials von eosinophil-glasiger („hyaliner“) Qualität in Häma-tozylin-Eosin-Färbung. Der Nachweisdes Zusammenhangs zwischen hyalinenMembranen (HM) und Lungenunreifesowie Surfactantmangel bei Frühgebore-nen zog die Aufmerksamkeit zunächstauf diese Patientengruppe.Nicht nur derBefund von HM in Lungen ohne Surfac-tantmangel, sondern auch histochemi-sche und ultrastrukturelle Studien überihre Zusammensetzung veränderten diePerspektive: HM werden nunmehr alsunspezifische Folge einer Alteration der

Luft-Epithel-Grenzzone angesehen, wo-durch Plasmabestandteile in die periphe-ren Luftwege exsudieren und gemeinsammit Produkten degenerativer Epithelzel-len auch den Hauptbestandteil von HMausmachen. Fibrin stellt nur eine mini-male Komponente der HM bei Surfac-tantmangel dar, während es im Zusam-menhang mit blutungsassoziierten HMdominiert. Im morphologisch typischenFall einer unreifeassoziierten HMD mitsog. primären oder fetalen Atelektasender unreifen Alveolen kleiden die Mem-branen v. a. die respiratorischen Bron-chiolen aus (Abb. 1a). Die hohen Druck-werte, die durch Einatmungsanstren-gung bzw. mechanische Beatmung imHintergrund einer hohen Wandspan-nung (Surfactantmangel) auf den Bron-chiolen lasten, könnten eine Plasmaex-

sudation durchaus erklären.Auch direk-te O2-Toxizität wurde als ätiologischerFaktor bei der Entstehung von HM dis-kutiert.Die Einführung einer Surfactant-therapie als Prophylaxe oder Therapieführte zu einem signifikanten Rückgangder HMD-assoziierten Todesfälle. Diesbestätigt nicht nur die unbestrittene Vor-rangstellung des Surfactantmangels alsHMD-Auslöser bei Frühgeborenen,son-dern kann auch erklären, warum dasmorphologische Bild der typischen, iso-lierten HMD bei Obduktionen nunmehrbeinahe Seltenheitswert hat. Zusätzlichzu berücksichtigen ist dabei sicher auchdie Auswirkung der Hochfrequenzbeat-mung, deren zeitlich überlappende Ein-führung eine getrennte Beurteilung er-schwert.So präsentiert sich das morpho-logische Korrelat eines RDS nunmehrzwar mit Epithelverlust, jedoch ohne HM(s. Abb. 1b). Sind höhere Beatmungs-druckwerte erforderlich (z.B.bei zusätz-licher Fruchtwasseraspiration), findensich auch HM (s.Abb. 1c).

Massive Lungenblutung

Während kleinherdige interstitielle undalveoläre Blutungen bei fast allen pul-

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Abb. 1 � a Seltenes, klassisches Bild einer HMD mit breiter Auskleidung v. a. der erweiterten Bron-chiolen durch hyaline Membranen (Pfeil), dazwischen kompakte, primäre Atelektasen der Alveolen(HE-Färbung, Vergr.: 40:1). b Ebenfalls seltenes Vollbild einer BPD mit muskulärer und bindegewebi-ger Wandverbreiterung der Bronchiolen (Pfeilspitze) sowie Ersatz des respiratorischen Epithels durch(hier luminal abgeschilfertes) Plattenepithel (Pfeil; HE-Färbung, Vergr.: 100:1). c MorphologischesKorrelat eines RDS bei Surfactantprophylaxe und Hochfrequenzbeatmung mit denudierten Bron-chiolen ohne HM (Pfeil; HE-Färbung, Vergr.: 40:1). d Reichlich Fruchtwasserreste (Pfeilspitze) als Kor-relat einer massiven Fruchtwasseraspiration, HM im angrenzenden Läppchen (Pfeil) als Folge dernotwendigen Hochdruckbeatmung (HE-Färbung, Vergr.: 100:1)

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monalen Krankheitsbildern auftretenkönnen und nur bedingt klinische Rele-vanz haben, stellen massive Lungenblu-tungen ein lebensbedrohliches, ätiolo-gisch jedoch uneinheitliches Krank-heitsbild dar. Bei Frühgeborenen liegtzumeist eine Verbrauchskoagulopathieim Gefolge einer disseminierten intrava-salen Koagulation (DIC) oder HMD zu-grunde, wobei im Zusammenhang mitorganischer Unreife v. a. die insuffizien-te Bereitstellung von Gerinnungs- bzw.Lysefaktoren und/oder zusätzliche In-fektionen eine wesentliche Rolle spielen.Der pathomorphologische Beweis einerDIC gelingt zumeist durch den Nachweis

Der Pathologe 5•2000 | 341

Abb. 2 � a Unreifes Lungenparenchym mit erweiterten, luminal denudierten Bronchiolen (Pfeilspitze) und verbreitertem Interstitium nach mehrtägiger Hochfrequenzbeatmung, zusätzlichintravaskuläres Fibringerinnsel (Pfeil) und kleine Blutungsherde (Pfeilspitze) als Zeichen einer Gerinnungsstörung (HE-Färbung, Vergr.: 40:1). b Leberparenchymausschnitt, in dessen lobulären Sinus ein kleines Gerinnsel (Pfeilspitze) auf das Vorliegen einer DIC hinweist (Pfeil Portalfeld;HE-Färbung, Vergr.: 200:1)

Abb. 3 � a Makroskopischer Aspekt eines interstitiellen Lungenemphysems mit perlschnurartig angeordneten, teilweise bereits vergrößerten Luftbläschen. b Histologisches Korrelat eines intersti-tiellen Emphysems mit Parenchymdestruktion durch Luftblasen, „Skelettierung“ mittelkalibrigerLuftwege und Gefäße (Pfeil) sowie sekundären Einblutungen (Pfeilspitze; HE-Färbung, Vergr.: 20:1).c Pneumatoperikard mit flüssigkeitsfreiem, prall gespanntem Perikard. d Gelbe, chylusartige Flüssig-keitsansammlung im Herzbeutel entspricht einem Austritt von Nährlösung mit Herzbeuteltampona-de als Komplikation eines Schwemmkatheters

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Übersicht

kleiner Gerinnsel in Pulmonalgefäßenoder in hepatischen Sinusoiden (Abb. 2)kombiniert mit dem Bild „fibrinreicher“HM in allen Abschnitten der Luftwege.Pathogenetisch unterschiedlich sind Fäl-le, bei denen diese Art der Blutung eherals hämorrhagisches Lungenödem imZusammenhang mit akutem Linksherz-versagen anzusprechen ist.

Akutes interstitielles Lungenemphysem

Vor der Zeit moderner neonatologischerIntensivtherapie trat dieses Bild als Pri-märerkrankung hauptsächlich als Folgeeiner Mekoniumaspiration bei reif gebo-renen Kindern auf. Im Zusammenhangmit Frühgeburtlichkeit stellt es nunmehr

das typische Beispiel einer Sekundärer-krankung bei mechanischer Beatmungdar und wird als Folge einer Störung desDruckgleichgewichts zwischen alveolä-ren und vaskulären Lungenkompart-menten angesehen.Das morphologischeBild ist zunächst charakterisiert durchperlschnurartig im Bindegewebe der in-terlobulären Interstitien angeordnetekleine Bläschen (Abb. 3a). Vor allem beiweiterer Druckerhöhung folgt die Luftdiesem Weg des geringsten Widerstands,wodurch oberflächennah (subpleural)eine bullöse Überformung mit dem Ri-siko einer Ruptur und eines Pneumotho-rax entsteht.Ausgedehnte intraparenchy-matöse Destruktionen (s.Abb.3b) bewir-ken eine „Schweizer-Käse-artige“ Struk-tur der Lungenschnittfläche.

Pneumomediastinum, Pneumope-rikard (s.Abb. 3c) und Pneumoperitone-um können u. a. als Sekundärfolgen auf-treten und sind durch die Kontinuitätder Bindegewebsräume um Bronchienund Pulmonalgefäße mit diesen Kom-partments erklärbar.

Pneumonie

Die frühgeborenenassoziierten Pneu-monien können pathogenetisch grob in2 Gruppen unterteilt werden:

● primär als sog. kongenitale oder in-trauterine Pneumonie v. a. bei Chor-ioamnionitis,

● sekundär im weiteren und engerenSinn, als Folge unreifeassoziierterAbwehrschwäche und/oder Antibio-tikatherapie.

Je nach Intensität finden sich bei der kon-genitalen Form lediglich aspirierte neu-trophile Granulozyten mit Fruchtwasser-bestandteilen in den peripheren Luftwe-gen (Abb. 4a) oder auch Anzeichen einerfetalen pneumonischen Reaktion im In-terstitium. Im Zusammenhang v. a. mitder nicht kongenitalen Pneumonie vor-

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Abb. 4 � a Histologisches Bild einer sog. kongenitalen Pneumonie bei Chorioamnionitis mit teilweisefragmentierten Granulozyten und Fruchtwasserepithelien (Pfeil) in alveolaren Lumina (HE-Färbung,Vergr.: 200:1). b Periphere Luftwege entsprechend einer bakteriellen Pneumonie mit Zelldetritusund neutrophilen Granulozyten (in dieser Vergrößerung nicht identifizierbar) erfüllt (Pfeilspitze); zu-sätzlich nach einer Embolie durch Granulationsgewebe obliterierter Pulmonalarterienast (Pfeil), In-farktareal (linke Bildhälfte) enthält dunkle Bakterienkolonien (Pfeilspitze; HE-Färbung, Vergr.: 40:1). cTrachealwandausschnitt mit Druckläsion nach Intubation, k Knorpelspange, Epithel in Bildmittedurch Granulationsgewebe und Fibrin ersetzt (Pfeil; HE-Färbung, Vergr.: 20:1). d Stärkere Vergröße-rung des Areals aus c. Invasion durch Candida albicans, zarte Fäden im Gewebe (Pfeil) entsprechen in-vasiven Pseudohyphen (HE-Färbung, Vergr.: 200:1)

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kommende erregerspezifische pathomor-phologische Unterschiede können durchÜberlagerung anderer Krankheitsbilder(z.B.HMD),aber auch durch die reduzier-te Reaktionsfähigkeit bei Abwehrschwä-che überlagert bzw. verfälscht werden.Grundsätzlich sind starke Reaktionen mitneutrophilen Granulozyten eher beigrampositiven Erregern (v. a. β-hämo-lysierende Streptokokken und besondersStaphylococcus aureus) anzutreffen(s. Abb. 4b). Gramnegative Erreger (z. B.E. coli, Klebsiella und Pseudomonasaeruginosa) verursachen häufig das Bildeiner hämorrhagisch/nekrotisierendenPneumonie. Virale und Pilzpneumonien(v. a. Candida und Aspergillus) treten beiFrühgeborenen v.a.als Folge von Immun-inkompetenz/Erschöpfung und Antibio-tikatherapie häufig im Rahmen einer ge-

neralisierten Infektion auf, wobei intuba-tionsbedingte Trachealläsionen als Ein-trittspforten dienen können (s.Abb.4c,d).

Sekundärfolgen

● Die bronchopulmonale Dysplasie(BPD) ist in ihrem pathomorpholo-gisch reinen Vollbild ebenso wie dieHMD bereits relativ selten geworden(s.Abb. 1d). Charakteristisch sind einherdförmiges Verteilungsmuster mitatelektatischen und belüfteten bzw.emphysematösen Abschnitten (imSinn eines „air trappings“, interstitielleBindegewebsvermehrung, degenerati-ve und reaktive Epithelveränderungenbis hin zur Plattenepithelmetaplasie inBronchien und Bronchiolen sowiehäufig Reste hyaliner Membranen.

● Das chronisch persistierende inter-stitielle Lungenemphysem ist cha-rakterisiert durch bindegewebigeUmscheidung („Stabilisierung“) derinterstitiellen großen „Lufträume“,kombiniert mit Fremdkörperreak-tionen an der luminalen Seite mitdem Auftreten zahlreicher mehrker-niger histiozytärer Riesenzellen. Inseiner lokalisierten Form als multi-zystisches Areal betrifft es zu 50%den linken Oberlappen.

● Als managementassoziierte patholo-gische Veränderungen sind v. a. Intu-bationsfolgen mit trachealen Ulzera-tionen und Lazerationen und derSpätfolge einer Trachealstenose so-wie das sog. Lungen-Kebab-Phäno-men zu nennen. Letzteres bezeichnetdas An- bzw. Aufspießen eines Lun-

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Abb. 5 � a Histologisches Bild eines Myokardareals mit einem homogeni-sierten, weitgehend strukturlosen ischämischem Nekroseherd (Pfeilspitze;HE-Färbung, Vergr.: 40:1). b Riss eines mitralen Papillarmuskels (Pfeil) als Folge einer ausgedehnteren Nekrose, hellerer Farbton Nekrosegebiet.c Aortaler Thrombus mit Verschluss der linken A. renalis und Niereninfarkt(deutlich hellere linke Niere) als Komplikation eines Nabelarterienkathe-ters. d Vorwiegend zentrale Lebernekrosen (helle Zonen) als Komplikationeines Nabelvenenkatheters

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Übersicht

genparenchymteiles durch Drains,wozu besonders die erhöhte Vulnera-bilität des alterierten Lungenparen-chyms prädisponiert.

Kardiovaskuläres System

Ductus arteriosus Botaill (DAB) und sein Offenbleiben (PDA)

Beim Reifgeborenen sind die Lamina elas-tica des DAB partiell unterbrochen, diemuskulären Media durch Einlagerungmyxoider Grundsubstanz aufgelockertund seine luminale Seite durch intimalePölster „aufgeraut“. Sein physiologischerVerschluss wird durch die endogene Pro-duktion von Prostaglandin-E-Komponen-ten kontrolliert und ist damit zumindestteilweise Folge der erhöhten postpartalenSauerstoffspannung in der Pulmonalarte-rie.Der Prozess schreitet vom Mittelpunktausgehend pulmonalarterienwärts fortund ist mit dem Verschluss des aortalenAnteils um den 10. Tag abgeschlossen.

Bei Frühgeborenen (v. a. <32. SSW)sind die endothelialen Polster unterent-wickelt und der Verschluss wird vorwie-gend durch muskuläre Kontraktionenmit konsekutivem Abfangen und Orga-nisieren von Koageln erreicht bzw.durchdie Administration von Prostaglandin-synthetaseinhibitoren, wie Indometha-zin, unterstützt. Neben der unreifen Ar-chitektur führen prolongierte Hypoxieund Azidose zum PDA. Die Situationkann durch Flüssigkeitsüberlastung ag-graviert werden und ist interessanter-weise im Zusammenhang mit bestimm-ten Arten künstlichen Surfactants unge-wöhnlich häufig beobachtet worden. Zu

bemerken ist hier, dass bei einem Todes-fall innerhalb der 1. Lebenswoche dieFunktionalität eines morphologisch of-fenen DAB vom Pathologen nicht be-stimmt werden kann, da die terminaleHypoxie zumeist eine Erschlaffung undÖffnung hervorruft. Andererseits kannein funktioneller und weit offener DABdas Bild einer („relativen“) Aortenisth-musstenose vortäuschen, wenn nicht ge-nügend auf die Präsenz der für dieseDiagnose einer Fehlbildung ausschlag-gebenden, posterioren Ring- bzw. Fal-tenbildung geachtet wird.

Die persistierte fetale Zirkulationbeschreibt ein klinisches Bild, bei demdie postpartale Senkung des pulmona-len Gefäßwiderstands ausbleibt und beioffenem Foramen ovale sowie PDA einRechts-links-Shunt resultiert. Nebenschwerer Asphyxie, die v. a. bei Frühge-borenen relevant ist, findet sich diesesBild z. B. im Zusammenhang mit Vitien,hohem Hämatokrit oder Lungenhypop-lasie. Pathomorphologisch ist die Unter-scheidung dieser kontrahierten, grund-sätzlich normalen Pulmonalgefäße mitprominenter Adventitia von solchen mitgenuiner Mediahypertrophie bei präna-taler pulmonaler Hypertension von Be-deutung.

Myokardiale Ischämie

Die morphologische Beurteilungischämischer Myokardschäden wirdbeim Frühgeborenen durch die Strukturder unreifen Herzmuskelzellen (relativhelles, vakuolisiertes Zytoplasma, klei-ne, dunkle Kerne) erschwert, sodass erstzu einem späteren Zeitpunkt als beim

Erwachsenen von nachweislichen Läsio-nen gesprochen werden kann. Zumeistliegen diese in Form kleiner, dissemi-nierter Herde im Zusammenhang v. a.mit schwerer Hypoxie, aber auch mitDIC bzw. Verbrauchskoagulopathie vor(Abb. 5a). Größere Infarktareale betref-fen relativ oft die Papillarmuskelkom-plexe und können in seltenen Fällen ei-nen Ausriss zur Folge haben (s.Abb. 5b).

Perikardiale Effusionen und Blutungen

Perikardergüsse kommen bei Frühgebo-renen v. a. im Zusammenhang mitLinksherzinsuffizienz bzw. Anasarkavor. Das Hämatoperikard ist ein seltenesZustandsbild, wobei spontanes Auftre-ten zwar beschrieben wurde,häufiger je-doch Traumen im Zusammenhang mitKatheterisierung und Vorhofseptosto-mie zugrunde liegen.Eine Management-folge stellt auch das Auftreten makro-morphologisch chylusartiger Nährlö-sungsergüsse dar, die im Zusammen-hang mit Schwemmkathetern beschrie-ben wurden (s. Abb. 3d).

Thrombosen und Embolien

Als spontanes Geschehen könnenThrombosen und Embolien praktischjedes Gefäß betreffen. Besonders häufigfinden sich Thrombosen kleiner Pulmo-nalgefäße (s. Abb. 2b) im Zusammen-hang sowohl mit DIC als auch mit HMD.Selten sind davon größere Gefäße derExtremitäten oder der inneren Organe(s. Abb. 4b) mit konsekutivem Infarktbetroffen.

Beim Frühgeborenen stehen diemanagementassoziierten Thrombosenund Embolien im Vordergrund. Mura-le Thromben der abdominalen Aortaund der Iliakalarterien sind häufigauch noch nach Entfernen des Nabel-arterienkatheters nachweisbar und

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Abb. 6 � a Histologisches Korrelat einer SEB ohne Ventrikeleinbruch, V Ventrikellumen, mit Blutungs-herden (Pfeil) im Bereich der zellreichen, aus unreifen Neuroblasten bestehenden germinalen Matrix(HE-Färbung, Vergr.: 20:1). b Hämatocephalus internus nach Ventrikeleinbruch einer SEB. c Teilweiseresorbierte, ältere SEB-Herde (grünlicher Farbton) und ischämische Läsionen in Form kleiner leu-kom-alazischer Zysten (Pfeil)

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können Thrombembolien mit v. a. Ze-hengangrän zur Folge haben. Bei ho-her Position sind auch entsprechendeVerschlüsse renaler (s. Abb. 5c), undseltener, mesenterialer Gefäße mög-lich. Komplikationen der Nabelvenen-katheter betreffen eher die Leber(s. Abb. 5d) und das Intestinum.Thrombosen der Halsgefäße mit ent-sprechenden zerebralen Läsionen wer-den nunmehr v. a. im Zusammenhangmit ECMO gesehen.

ZNS

Hämorrhagische Läsionen

Obwohl nicht traumatische zerebraleBlutungen grundsätzlich überall im Ge-hirn auftreten können, lassen sich z. T.

charakteristische und pathogenetischspezifische Verteilungsmuster erkennen.

Primäre Subarachnoidalblutung

Die primäre Subarachnoidalblutung prä-sentiert sich als generalisierte Form mitmultiplen Petechien bis hin zu Suffusio-nen und umschriebenen Hämatoman-sammlungen. Diese Form stellt eine typi-sche Hypoxie- bzw.Anoxiefolge bei Früh-geborenen dar. In ihrer massivsten Formentspricht sie einer Manifestation einerGerinnungsstörung.Das lokalisierte suba-rachnoidale Hämatom der Konvexität istzumeist über den Temporalpolen lokali-siert, fest koaguliert und mit einer Erwei-chung der darunter liegenden Hirnsub-stanz assoziiert. Die Entstehung dieserBlutungsform ist noch weitgehend unge-

klärt.Sie stellt zumeist eine lediglich post-mortale Diagnose im Hintergrund einerVerbrauchskoagulopathie dar. In man-chen Fällen konnte ein subpialer Ursprungnachgewiesen werden, wodurch zumin-dest die Solidität dieser Gerinnsel überden Mechanismus einer Thromboplastin-freisetzung aus der alterierten Hirnsub-stanz erklärbar wäre.

Sekundäre Subarachnoidalblutungen

Sekundäre Subarachnoidalblutungenentstehen durch Übertreten von Ventri-kelblut bei intraventrikulären Blutungenüber die Foramina von Luschka und Ma-gendie.

Intrazerebrale Blutungen

Intrazerebrale Blutungen können, ent-sprechend ihrer Häufigkeit bei Frühge-borenen,

● subependymär (SEB),● in der weißen Substanz und● in der Hirnrinde lokalisiert sein.

Der SEB liegt pathogenetisch eine Rup-tur der kapillaren/kapillarvenösen Mi-

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Abb. 7 � a Ileozäkaler Darmanteil, dessen oraler Abschnitt (Pfeilspitze) durch eingedicktes Mekonium(Mekoniumpfropfsyndrom) deutlich dilatiert und makroskopisch vom Bild eines Morbus Hirsch-sprung nicht zu unterscheiden ist. b Invagination mit fehlender peritonealer und mesenterialer Reaktion (glänzendes Peritoneum), Zufallsbefund einer agonalen Form. c Histologisches Bild einerNEC mit partieller, reaktionsloser Nekrose der Schleimhaut (Pfeil) und Gasblasen in der Submukosa(Pfeilspitze; HE-Färbung, Vergr. 40:1). d Thymusanteil, Morphologie entspricht sekundärer Abwehr-schwäche: Läppchen in vermehrtes Bindegewebe eingebettet, enthalten Lymphozyten nur noch inzentralen Markanteilen (dunklere Zonen), Rindenanteile infolge lymphozytärer Depletion hell, (Pfeil)Hassal-Körper in Markanteilen (HE-Färbung, Vergr.: 40:1)

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Übersicht

krozirkulation im Bereich der germina-len Matrix zugrunde (Abb. 6a). Bei derHauptlokalisation in der Region desNucleus caudatus lassen sich altersasso-ziierte Unterschiede erkennen: Währendbei etwas reiferen Kindern die Kopflo-kalisation überwiegt, liegen die Blutun-gen bei Kindern <28. SSW eher überdem Körper des Nucleus caudatus.

Blutungen der weißen Substanz sindmeist in Assoziation oder als Folge einerSEB nachweisbar.

Kortikale Blutungen finden sicheher bei reifen Kindern mit schwererGeburtsasphyxie als sog. sekundäre hä-morrhagisch arterielle Infarkte. Als ve-nöse Infarkte können sie bei Sinus-thrombosen im Zusammenhang mit De-hydratation auftreten.

Intraventrikuläre Blutung

Die intraventrikuläre Blutung (s.Abb.6b)ist vorwiegend als Folge einer SEB anzu-sehen, wobei die Ausbreitung des Blutsim Ventrikelsystem sehr variabel seinkann.Einseitige Ventrikelblutungen wer-den durch den Verschluss des Monro-Foramens durch große SEB erklärt. Sel-tener brechen Blutungen des Plexus cho-reoideus ins Ventrikelsystem ein, was beiFrühgeborenen meist mit einer SEB as-soziiert ist und als isoliertes Geschehenhäufiger bei reifen Kindern (<36. SSW)beobachtet wird. Intraventrikuläre Ein-brüche bei venösen Thrombosen sindebenfalls zumeist Folge einer SEB,die ve-nöse Gefäße (z. B.V. terminalis und Äste)komprimiert.

Folgen von zerebralen Blutungen

Die Folgen zerebraler Blutungen stehengrundsätzlich in direktem Zusammen-hang mit der Lokalisation und der Grö-ße der Blutung. Kleine SEB können biszu 3 Wochen weitgehend unverändertbestehen bleiben und durch reaktiveGliose organisiert werden. Als Resultatgrößerer SEB bleiben Zysten mit Pig-mentresten in ihrer Wandauskleidungzurück.Auch eine alte intraventrikuläreBlutung kann im günstigsten Fall nachResorption nicht mehr als bräunlichgrünliche Pigmentkörner in der ependy-mären Wand hinterlassen (s. Abb. 6c).Der posthämorrhagische Hydrozepha-lus kann bereits nach 2 Wochen auftre-ten und stellt sicher die bedeutungsvoll-ste Langzeitkomplikation dar. In seiner

schwersten Ausprägung hinterlässt erdas Bild einer durch multiple, kommu-nizierende Zysten weitgehend reduzier-ten weißen Substanz mit Pseudo-mikropolygyrie des darüber liegendenKortex.

Ischämische Läsionen

Periventrikuläre Leukomalazie

Die periventrikuläre Leukomalazie isttypischerweise an Grenzzonen ventriku-lopetaler und ventrikulofugaler Arteri-en lokalisiert. Ursächlich spielen hypo-tensive Episoden eine wesentliche Rolle,wobei die mangelhafte Entwicklung derventrikulofugalen Arterien zur Erklä-rung der Prädisposition von Frühgebo-renen herangezogen wird. Morpholo-gisch entspricht die Läsion einem In-farkt der weißen Substanz, der durchGanglienzelluntergang mit Kolliquati-onsnekrosen repräsentiert ist und demspäter axonale Degeneration folgt. In-nerhalb weniger Tage etabliert sich einegliale Reaktion, wobei die zentralenAreale durch Liquifizierung kleine Zy-sten hinterlassen. Bei lokalem Blut-druckanstieg können diese Läsionen hä-morrhagisch verändert werden und evtl.als SEB imponieren. Die subkortikaleLeukomalazie betrifft die periphere wei-ße Substanz und wird generell seltenerbeobachtet, zumeist bei etwas älterenFrühgeborenen.

Ischämische Läsionen der grauen Substanz

Bei ischämischen Läsionen der grauenSubstanz kann pathogenetisch zwischenLäsionen

● der Hirnrinde im Bereich der Grenz-zonen arterieller Versorgungsgebieteund

● der tiefen Kerngebiete (s. Abb. 6c)

unterschieden werden.Während die Ersteren mit Hypoten-

sion und zerebraler Hypoperfusion inZusammenhang gebracht werden, liegenden Zweiteren meist schwere anoxischeEpisoden zugrunde, wie z. B. als Folge ei-ner Nabelschnurumschlingung.Morpho-logische Veränderungen wie Schrumpfender Neuronen, Pyknose oder Karyorrhe-xis sind erst 36–48 h nach der anoxisch-ischämischen Schädigung nachweisbar.

Mikrogliale Reaktionen folgen 2–3 undastrogliale Reaktionen etwa 3–5 Tagenach der Schädigung.

Bezüglich der Verteilungsmusterkann grundsätzlich festgehalten werden,dass Schäden der weißen Substanz undder Hirnrinde dann im Vordergrundstehen, wenn der zirkulatorischen De-kompensation eine prolongierte Asphy-xie voranging, während Läsionen inStammganglien, Thalamus und Hirn-stamm eher die Folge einer fehlendenPerfusion der metabolisch aktiven Kern-gebiete darstellen.

Alimentationstrakt

Frühgeborenenspezifische Krankheits-bilder lassen sich ursächlich im Wesent-lichen auf folgende 3 Komponenten zu-rückführen: Hypoxie/Anoxie bzw. Isch-ämie, unreifeassoziierte Motilitätsstö-rung und Abwehrschwäche sowie neo-natologisches Management. Häufig han-delt es sich um kausalgenetische Misch-bilder mit dem Zusammenspiel vonmehreren dieser Faktoren.

Magen

Magenschleimhauterosionen sind in denmeisten Fällen ischämieassoziiert(s. NEC) und kommen als unterschied-lich große, relativ flache Schleimhautlä-sionen vor.Das Bild der Magenperforati-on wird fast ausschließlich als Komplika-tion neonatologischen Managements ge-sehen, wobei v. a. Druckläsionen durchdie Spitze von Magensonden, aber auchÜberdehnung im Rahmen von Reanima-tionsmaßnahmen zu nennen sind.

Intestinum

Intestinale Obstruktionen werden v. a.bei kleinen Frühgeborenen im Rahmeneines sog. Mekoniumpfropfsyndromsbeobachtet. In solchen Fällen findet sich,nach primär postpartal reguläremMekoniumabgang, zähes Mekonium zu-meist im aboralen Dünn- und oralenDickdarm (Abb. 7a). Klinisch ist davonder typische „Mekoniumileus“ bei Mu-koviszidose abzugrenzen, wobei sowohldas lokale makro- als auch histomor-phologische Bild in beiden Fällen iden-tisch imponieren. Vor allem beim Feh-len der für Mukoviszidose typischen zu-sätzlichen histologischen Veränderun-gen in Drüsen, Pankreas und Leber sind

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anamnestische und laborchemische Da-ten zur definitiven Abgrenzung erfor-derlich. Mekoniumpfröpfe im aboralenDickdarm können klinisch das Bild ei-nes Morbus Hirschsprung vortäuschen,was histomorphologisch durch denNachweis regulärer neuraler Einheitenleicht auszuschließen ist. Beim sog.Milchpfropfsyndrom wird das Darmlu-men v. a. im aboralen Dünndarm durchweißlich gelbliche, oft kalkhart inkru-stierte Gebilde verschlossen. Diese Ver-änderungen werden im Zusammenhangmit früher hochkalorischer Milchnah-rung beschrieben.

Die Mekoniumperitonitis ist als ste-rile Peritonitis bei intrauteriner Darm-ruptur definiert und stellt durch ihrevorrangige Assoziation mit Mukoviszi-dose, aber auch intrauteriner lokalerIschämie, keine typische Frühgebore-nenproblematik dar. Pathomorpholo-gisch finden sich meist Fremdkörperre-aktionen um Verkalkungen sowie Pig-mentdepositionen an der peritonealenOberfläche.

Invagination und Volvulus könnenbeim Frühgeborenen wohl auch mit un-reifeassoziierter Störung der Peristaltikin Zusammenhang gebracht werden.Faktoren wie Meckel-Divertikel, Malro-tation oder freies Colon ascendens spie-len bei der Volvulusentstehung eine we-sentliche Rolle. Die intravital wirksameInvagination ist durch peritoneale undmurale Reaktionen mit entsprechender,makroskopisch deutlich erkennbarerRötung von der terminalen, am ehestenagonieassoziierten Form zu unterschei-den (s. Abb. 7b).

Die nekrotisierende Enterokolitis(NEC) ist ein typisches frühgeborenen-assoziiertes Krankheitsbild, für dessenEntstehung 3 Faktoren als wesentlich an-gesehen werden, nämlich Ischämie, In-fektion und Schleimhautschädigung.Makroskopisch findet sich ein multifo-kales bzw. segmentales Schädigungsmu-ster,dessen Morphologie sowohl von derArt des dominierenden pathogeneti-schen Faktors als auch von der Dauerder Entwicklung sowie des Bestehensder Erkrankung abhängt. In manchenFällen findet sich lediglich ein dilatier-tes Segment mit submukösen oder sub-serösen „Gasbläschen“. Häufiger ist dasbetroffene Segment massiv gestaut bzw.hämorrhagisch-nekrotisch. In derschwersten Form imponieren die jewei-ligen Darmabschnitte gangränös mit

Wanddefekten, die vorwiegend antime-senterial liegen. Histologisch ist in Fäl-len mit schwerer und rascher Ischämie-entwicklung eine hämorrhagische Ne-krosezone bis in äußere Darmwand-schichten ohne entsprechende Entzün-dungsreaktion nachweisbar. Gasblasen-bildungen in der Wand (s.Abb. 7c) müs-sen von Artefakten und ektatischenLymphspalten unterschieden werdenund sind zumeist mit nachweislichenbakteriellen Kolonien assoziiert. Bei we-niger und lokalisierter Ischämie ist dieentzündliche Reaktion im Zusammen-hang mit Schleimhaut und Darmwand-nekrosen deutlicher entwickelt.

Intestinale Ulzerationen, Nekrosenund Perforation können im Wesentli-chen im Zusammenhang mit allen ge-nannten Befunden auftreten. Besonderszu erwähnen ist hier auch noch die As-soziation mit Pilzinfektionen (z. B. Can-dida). Diese Läsionen können singulärauftreten, in seltenen Fällen auch multi-fokal, und dann das Bild einer NEC vor-täuschen.Allgemein wird angenommen,dass auch dabei eine ischämischeSchleimhautschädigung den prädispo-nierenden Faktor darstellt.

Leber und biliäres System

Schädigungen bzw. morphologischeVeränderungen der Leber treten beiFrühgeborenen im Zusammenhang mitanoxie- und hypoxiebedingtem Stressauf und sind als Verfettung, Nekroseund Cholestase morphologisch nach-weisbar. Grundsätzlich ist der intraute-rin von weniger stark oxygeniertemBlut versorgte rechte Leberlappen vonhypoxisch bedingten Schäden stärkerbetroffen.

Verfettung

Verfettung findet sich bei anoxischemStress häufig in zentrilobulären Zonen,wobei gleichzeitig auch eine entspre-chende Verarmung des intrazellulärenGlykogens durch PAS- und D-PAS-Fär-bungen nachweisbar ist. Häufig lassensich in Begleitung von Verfettung alsZeichen einer massiven Anoxie auch Ne-krosen nachweisen. Im Zusammenhangmit DIC treten diese Nekrosen kleinher-dig disseminiert auf, wobei die kleinenGerinnsel in den Sinus infolge gesteiger-ter fibrinolytischer Aktivität oft nichtmehr nachweisbar sind.

Cholestase und Ikterus

Cholestase und Ikterus können beiFrühgeborenen als multifaktoriellesPhänomen angesehen werden.Die wich-tigsten kausal synergistischen Effektesind durch das Aufeinandertreffen vonzellulär-enzymatischer Unreife undHypoxie und/oder blutungsassoziiertemvermehrtem Anfallen von Hb zu erwar-ten. Morphologisch stehen zelluläre undkanalikuläre Cholestase sowie „indirek-te Cholestasezeichen“ mit tubulärerTransformierung und fedriger Degene-ration der hepatozellulären Zytoplas-men zunächst im Vordergrund.Die duk-tale Cholestase der portalen Gallengän-ge ist meist etwas später zu beobachtenund findet sich gemeinsam mit einermarginalen Gallengangproliferation so-wie einer diskreten portalen Fibrose imSinn eines unspezifischen Reaktionsmu-sters. Unter Umständen zeigt sich in denlobulären Canaliculi und portalen Gän-gen besonders stark grün gefärbte, ein-gedickte Galleflüssigkeit, was mit einerDilatation der portalen Gangsystemeeinhergehen kann. Dieses sog. Sludge-Phänomen ist häufig mit einem gestei-gerten Erythrozytenumsatz assoziiertund kann an Biopsiepräparaten das Bildeiner kongenitalen extrahepatischenGallengangatresie vortäuschen.

Mögliche Veränderungen bei parenteraler Ernährung

Als wichtigster therapieassoziierter Se-kundärbefund sind die Veränderungenbei parenteraler Ernährung zu nennen,deren morphologisches Bild in Abhän-gigkeit von der Zusammensetzung derNährlösung gering variieren kann.Zelluläre sowie kanalikuläre Cholestaseund Verfettung sind die häufigsten mor-phologischen Veränderungen und kön-nen bereits nach 5 Tagen auftreten. Beiparenteraler Ernährung über mehrereWochen finden sich massive Cholestasemit portaler Fibrose und marginalerGallengangproliferation,kombiniert mitgeringer unspezifischer portaler ent-zündlicher Infiltration.

Lymphoretikuläres System

Folgen von Systemunreife und Stress beiFrühgeborenen lassen sich aus den ver-schiedenen histomorphologischen Bil-dern des Thymus förmlich ablesen. Die

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Erratum

Reaktionsmuster reichen vom sog.„Sternhimmelzellmuster“ (akutes Stress-äquivalent) bis zur massiven lymphozy-tären Depletion (s. Abb. 7d) mit deutli-cher Organverkleinerung. Dieses Bildweist auf eine sekundäre Inkompetenzhin und kann von den Veränderungen beiprimärer Immundefizienz u.U.nicht un-terschieden werden.

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31. Herbsttagung der DeutschenGesellschaft für Pathologie vom 24.-26.11.2000

Der Pathologe 4/2000, S. M328-329 (Mitteilungen)

Durch ein technisches Versehen ist das Programm der 31. Herbsttagung der DeutschenGesellschaft für Pathologie nur unvollständig abgedruckt worden. Das vollständige Programmlautet wie folgt:

Freitag:18.00-20.00 Freie Vorträge20.30 Begrüßungsabend mit Vortrag von Prof. Dr. G. Geiler (Leipzig):

„Das Jahr 1989 – eine Wende auf für die Pathologie an der UniversitätLeipzig

Sonnabend:8.00-13.00 Freie Vorträge8.00-13.00 Parallelveranstaltung der I. A. P.: „Biologische Grundlagen der

Molekularpathologie“ Vortragende: M. Atkinson (München),K. Klingel (Tübingen), R. Schneider-Stock (Magdeburg)

14.00-18.00 Freie Vorträge19.00-21.30 „Mit Professoren im Gespräch“: Gemeinsames Abendessen aller

Teilnehmer mit den Vortragenden und Referenten sowie den nachdrücklich eingeladenen Professoren

Sonntag8.00-10.00 Diagnostischer Kurs: „Aktuelles zur molekularpathologischen Diagnostik“

(Leitung: H. Höfler, München) mit Beiträgen von M.Werner (München), G. Ott (Würzburg), R. kandolf (Tübingen),B.-D. Bültmann (Tübingen)

10.30-12.30 Freie Vorträge12.30-13.00 Aktuelle Referat: M. L. Hansmann (Frankfurt/Main):

„Morbus Hodgkin: Zytogenese, Diagnose, Differentialdiagnose“

Prof. Dr. H. NitzeInstitut für Pathologie, Universität Rostock,Postfach 10 08 88, 18055 Rostock


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