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Berufs- oder Allgemeinbildung

Date post: 09-Jan-2017
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Berufs- oder Allgemeinbildung Source: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 6, No. 1 (Jan., 1905), pp. 21-25 Published by: University of Wisconsin Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/30170962 . Accessed: 14/05/2014 16:36 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly. http://www.jstor.org This content downloaded from 194.29.185.173 on Wed, 14 May 2014 16:36:01 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Berufs- oder AllgemeinbildungSource: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 6, No. 1 (Jan., 1905), pp. 21-25Published by: University of Wisconsin PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/30170962 .

Accessed: 14/05/2014 16:36

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

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University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toPädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly.

http://www.jstor.org

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Berufs- oder Allgemeinbildung.

2. Sprecht und schreibt die Hauptwtrter in der Mehrzahd: Halm, Wald, Korn, Korb, Horn, Garten.

Sagt gelb und hart von passenden Dingen aus. (Der Halm ist gelb, das Horn ist hart.)

D i k t a t. Wo ist das Korn ? Das Korn ist auf dem Felde. Wie ist der Halm ? Er ist gelb. Wie sind die Kirner? Sie sind hart. Wo ist der Hirte mit den Schafen ? Er ist auf der Wiese. (Fortsetzung folgt).

Berufs- oder Aligemeinbildung.

(Aus ,,aus der Schule-fiir die Schule".)

,,Narrenspossen sind Eure allgemeine Bildung und alle Anstalten dazu. Dass ein Mensch etwas ganz entschieden verstehe, vorziiglich leiste, wie nicht leicht ein anderer in der niichsten Umgebung, darauf komnmt es an!" In diesen Worten, die er in den Wanderjahren Jarno in den Mund legt, spricht Goethe einen auch an an- dern Stellen 5fters von ihm wiederholten Gedanken aus, an den ich lebhaft bei der Lektiire eines vorziiglichen Aufsatzes erinnert wurde, den der Miinchener Stadt- schulrat Dr. Kerschensteiner fiir das erste Heft der P i d ago g i- s chen Re form (s. Pad. BJ. 1904, S. 141, 227) beigesteuert hat.

Als das Ideal der Bildung gilt es, wie der Verfasser sagt, vielfach, ,,dass der Mensch in alien Wissensgebieten und Wissensschitzen, welche die menschliche Kultur im Laufe von sechstausend Jahren aufgespeichert hat, zu Hause sein muss, und nicht etwa der alte, reife, im harten Leben geschulte Mann, nein, bereits der kaum den kurzen Hosen entwachsene Knabe". Hahere Schulen und Volksschulen iiberfiittern den Schiiler mit Wissensstoff. Aber ,,wohl wenig Menschen im Deutschen Reiche haben ein klares Bild von den Erfolgen unsrer unter tausend Miihen und Sorgen ungezihlter, wackerer Lehrer aufgewendeten Bildungs- arbeit". In Bayern ist ein soldier Einblick m6glich, da hier auf die sieben- jiihrige Werktagsschulpflicht eine dreijiihrige Sonntagsschulpflicht und auf die Entlassungspriifung aus der Werktagsschule eine ebensolche aus der Sonn- tagsschule folgt. Der Einblick ist nach dem Urteil des Verfassers geradezu niederschmetternd, wenigatens was den Wissensinhalt betrifft. ,,Als ich vor neun Jahren zum erstenmal bei den Entlassungspriifungen diesen grellen Gegensatz zwischen den Ergebnissen beider Schulen bemerkte, als ich sah, wie selbst die besten Lehrkriifte mit Schmerz und Wlehmut nach den entschwundenen Friichten ihrer Lebensarbeit suchten, da wusste ich be- stimmt, dass unsre auf miglichst vielseitige Bildung oder, besser gesagt, auf miglichst reichhaltiges Wissen gerichtete Volksschularbeit eine Danaidenarbeit war."

Es gilt also, dem jetzt herrachenden Bildungsideale ein anderes gegeniiberzu- stellen. Das Bild vom ganzen Menschen ist eine Abstraktion, geformt aus der An- schauung einer Zeit und eines Volkes. Der wahre Mensch ist ein nationales Pro- dukt, und zwar sowohl in der Idee wie in der Wirklichkeit. Die Tiefe seiner Ein- sicht und die Sicherheit seines Kiinnens, die zarte Empfiinglichkeit seines Ge-

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Piidagogische Monatshefte.

miites, die Featigkeit seines W;illens und die beihmte Kraft seiner physischen Natur kommen v-or allem in seinen Beziehungen zu seinen Volksgenossen zum Aus- druck. Auf der Grundlage dieser Anschauung ist es miaglich, den durchaus nicht innerlich begriindeten Streit zwischen Berufs- und Allgemeinbildung aufzuheben. .,Der Weg zum idea 1 en Menschen fiihrt nur iiber den brauchbaren Menschen. Der b r a u c Iib are Mensch ist aber derjenige, der sein und seines Volkes Arbeit erkennt und den Willen und die Kraft besitzt, sie zu tun. Nur in dem Masse, als ihm dies gelingt, kann eine Nation ihn als Menschen bewerten. Dabei kann, wie (oethe sagt, der geringste Mensch komplett sein, wenn er sich innerhalb seiner Fiihigkeiten und Fertigkeiten bewegt."

,,Dass der einzelne seine Arbeit erkenne, an ihr Einsicht, Wile und Kraft iibe und erstarken lasse, das ist die erste Aufgabe auf den Vege zur Bildung. Die Berufsbildung steht an der Pforte der Menschenbidung." Die heutige Berufsbildung wird irrtiimlicherweise auf die reine Technik beichriinkt. Man lIisst dabei die tausend und abertausend unsichtbaren Fiden unbeachtet, mit denen aile Berufe und Berufsinteressen zusammenhingen, und schiidigt dadurch sowohl die wahre Menschenbildung als auch die Berufsbildung. Es muss vielmehr ,,mit der Erziehung fiir die Berufsaufgaben jene Erziehung verbunden werden, die den einzelnen be- f~ihigt, auch die Aufgaben des Ganzen, dem er angehart, zu wiirdigen und an ihnen nach Massgabe des Platzes, an dem er steht, sich zu beteiligen; ja dieser Teil unsers Erziehungsproblems muss nicht nur mit dem ersten verbunden, er kann sogar nur durch ihn in richtiger Weise gelbst werden."

Das, was uns am wertvollsten ist am wahrhaft gebildeten Menschen, die Stirke, Kraft und Geschlossenheit des sittlichen und listhetischen Charakters, ent- wickelt sich zuniichst nur beimn wirklichen Handeln. Ja, auch unsere tiefsten Ein- sichten, unsre brauchbarsten, wertvollsten und vor allem dauerhaftesten Kenntnisse entspringen weit weniger aus Belehrung und Biicherstudium, als vielmehr aus dem praktischen Leben, aus einer selbstiindigen produktiven Arbeit... Die grosse Zahl der Ideen aber, die lediglich von aussen zufliegen, haben, wenn sie nicht eine tiefere, aus praktischer Erfahrung zuriickgelassene Empfindung vorfinden, mit der sie sich verschmelzen kinnen, nicht die geringste bildende Kraft fiir unser Wesen." Der Verfasser fiihrt als Zeugen fiir diese Anschauungen Goethe an und ruft dann aus: ,,Ach, wieviel tausendmal sind diese Dinge in andrer Form und in anderm Zusammenhang gesagt worden, in alien Zungen, zu alien Zeiten, von ganz grossen und ganz kleinen Geistern, von Dichtern, Philosophen, Staatsmiinnern und Erziehern! Sowie aber diese Lichtstrahlen auf das Medium der Wirklichkeit treffen, werden sie von ihm wie von einem phosphoreszierenden Krper umgewandelt, so dass man ihre alte Farbe und Leuchtkraft nicht wieder zu erkennen vermag."

So zahlreich auch die Griinde sein maigen, die diese Erscheinung begreiflich machen, so muss doch versucht werden, das theoretisch als wahr Erkannte in die Wirklichkeit umzusetzen.

,,Heute schon ist es trotz aller Schwierigkeiten, die in der Zeit und in den ge- wordenen Verhiitnissen liegen, mglich, auch an den bestehenden Volksschulen durch die produktive Arbeit hindurch den Weg zur Bildung zu nehmen. Wir tun es ja auch zum Teil, aber nicht planrnissig genug und nicht iiberall da, wo es maglich ware.

,,Zuv6rderst ist es naitig, dass wir uns mit dem Gedanken vertraut machen, nicht aile Stoffe eines grossen Wissensgebietes, wenn selbst mit entsprechender Auswahl gleichmissig durchzuarbeiten. Wer eine geschichtiiche Periode, eine geo- graphische Landschaft, eine Tier- oder Pflanzenklasse unter fleissigem Beobachten und mit einer der jeweiligen Reife entsprechenden Griindlichkeit wirklich verarbei-

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tet hat, der hat nicht nur die Kraft, sondern auch die unwiderstehliche Lust gewon- nen, andre Zeitperioden, andre geographische Landschaften, andre Tier- und Pflan- zenklassen zu durchforschen, und wird es tun, wenn ihm spi.ter die VerhJiltnisse solche Aufgaben nahelegen. Fiir die Erkenntnis des Gesetzmiissigen aber geniigt das Durchwandern eines kleinen Teilgebietes vollstiindig und ist auch weit frucht- barer als eine Fahrt durch das ganze grosse Reich. Denn die wenigen grossen Ge- setze, auf deren Erkenntnis es bei der Bildung ankommt, sind fiir alle Teilgebiete eines geschlossenen Wissensbereiches gleich. Wer das italienische Volk und seine alte Kunst kennen lernen will, tut besser, sich in Florenz und Umgebung aufzu- halten, als eine Stangenshe Rundreise durch das ganze Land zu machen.

Zum zweiten ist es n6tig, und nach Erfiilung der ersten Forderung auch mig- lich, in alien Unterrichtsgebieten fiir vielseitige, grindliche Beobachtung zu sorgen, zun chst durch Ankniipfung and die Erscheinungen ausserhalb der Schule und dann systenmatisch durch Laboratorien, Werkstiitten, Schulgiirten, Aquarien und Ter- rarien, Volieren in der Schule selbst. Ununterbrochene Beobachtungsreihen durch das ganze Schuljahr hindurch, Schitzen, Messen, Wiigen in allen Rechen- und Physikstunden, Herstellung von Karten, Profilen und Reliefs, Anpflanzen und Kul- tivieren, Modellieren und Schnitzen im Anschluss an die Aufgaben des theoretischen Unterrichts, einfach physikalische Untersuchungen, alles von den Schiilern selbst ausgefiihrt, muss in den meisten Schulen, selbst der gr6ssten Sti.dte, m6glich ge- macht werden kiinnen. Schon haben wir in Minchen in alien Schulen, die wenigen alten, zentral gelegenen ausgenommen, einfache, aber doch wertvolle Einrichtungen fiir Beobachtungen und Versuche in sonnig gelegenen Schulgrten, in Terrarien und Aquarien mit laufendem Wasser, in Volieren und Raupenkisten. Schon verbreiten sich langsam die Werkstiitten fiir Holz- und Metallbearbeitungen, sowie die Schul- kiichen iiber die Schulgebiiude der Stadt, und es ist vielleicht nur eine Frage der Zeit und der entsprechenden Lehrervorbildung, dass jedes Schulhaus neben seinem geriiumigen Zeichensaal auch sein kleines physikalisehes Laboratorium besitzt, worin die Schiiler ihre Versuche machen k6nnen. Mit diesem Beobachtungsunter- richt, der mit den ersten Schultag des Schulrekruten einsetzt und acht Jahre spiter mit dem letzten Schultag endet, werden wir zwar weniger Wissensstoff be- wijltigen kinnen, aber wir werden vielleicht das eine Ziel erreichen, das einzig und allein Aufgabe der Volksschule sein kann: dass der Knabe und das Miidchen nach dem Austritt aus der Schule befiihigt sind, nunmehr das Lernen zu beginnen.

Zum dritten ist eine durchwegs stiirkere Betonung des Zeichnens nmglich. Es erscheint unbegreiflich, dass der Wert dieser Fiihigkeit heute noch nicht geniigend gewiirdigt wird. Und doch machte ich dem Schlagworte: ,,Jede Stunde eine Sprach- stunde," ein andres zur Seite setzen: ,,Jedes Sachgebiet ein Zeichengebiet." - Ganz abgesehen davon, dass das Zeichnen eine vorziigliche Schule des Beobachtens wer- den kann und stets eine sichere Kontrolle fiir die Richtigkeit der Beobachtung ist, existiert kaum eine Tiitigkeit, fiir welche die Kinder fast ohne Ausnahme soviel angeborene Lust mitbringen, wie das Zeithnen. Insbesondere ist das Zeichnen aus dem Gediichtnis eine Sache, die wir heute fast noch vSllig ignorieren, wihrend es doch geradezu ein Hauptgebiet fiir die gestaltende Kraft des Kindes wiire und eine nie versiegende Quelle wahrer Arbeitsfreude. Gliicklicherweise sind wir in Deutsch- land durch den Vorgang der Hamburger und darch das Beispiel Preussens auf dem besten Wege, bier einem Mittel zur Bildung jene Bahn frei zu machen, die es liingst verdient hat.

Zum vierten wilre der Empfindung ein gr6sseres Feld zu ffnen, nicht bloss der sittlichen, sondern auch der isthetischen. Das beste Mittel hierzu ist, soweit als es nur irgend ein geordneter Massenunterricht gestattet, auf alien Unterrichtsgebieten der alten Pestalozzischen Forderung nach Selbsttitigkeit des Schilers die Tore zu

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oiffnen. Je mehr wir den Schiler gingeln, je handgreiflicher wir ihn fiihren, um so geringer entwickelt sich in ihm der Schaffensdrang und die mit ihm verbundene Arbeitsfreude. Je weiter der Erzieher zuriicktritt (ohne natiirlich den Zigling aus dem Auge zu verlieren), je mehr es sich als Ferment betrachtet, das nur die gestal- tende Kraft im Schiller auszulisen und zu reguliesen hat, desto miichtiger wichst das Empfindungsleben, dass jede wirkliche selbstiindige Arbeit zu wecken imstande ist. Freilich werden sich dann die Schiilermassen nach ihren Anlagen und In- teressen gliedern und die Arbeiten des Unterrichts und der Erziehung sich ver- mehren; aber ebenso, ja noch mehr wird auch der innere Lohn fiir den Erzieher wachsen. Bei unsern gegenwiirtigen Schulverhiiltnissen im Deutschen Reich ist allerdings diese Forderung nur zum kleinsten Teile durchfiihrbar; aber gleichwohl sollte sie kein Lehrer und kein Lehrplan ganz ausser Auge lassen.

Das Fiinfte aber und sofort Durchfiihrbare witren Priifungsordnungen und Schulaufsichtsbeamte, die weniger darauf sehen, was behandelt wurde, als wie es behandelt wurde, die weniger nach vielem Wissen, als selbstiindigem Kinnen fragen, die orthographische, grammatikalische, ja selbst Rechenfehler iibersehen kinnen zugunsten einer selbstiindigen Auffassung, Darstellung und Ausdrucksweise des Kindes. Die deutsche Lehrerschaft, dieser festen tberzeugung bin ich, wird dann schon nachkommen und der durch Abschaffung der Dressur zweifellos schwieri- ger gewordenen Aufgabe der Schule gerecht zu werden suchen. Und wenn die heu- tige Lehrervorbildung hierzu nicht geniigen sollte, so wird gerade diese dem Urnm- fang nach kleinere, aber der Kunst nach wesentlich hihere Arbeit die Frage der z weckmlissigen Vorbildung von selbst in bessere Bahnen bringen."

In den Miinchener Volksschulen ist man noch einen Schritt weitergegangen und hat im letzten Schuljahr bereits Riicksicht genommen auf den zukiinftigen Beruf der Knaben als Handarbeiter und des Miidchens als Fiihrerin der hiiuslichen Wirtschaft. Aber auch wer diesen letzten Schritt noch nicht zu tun geneigt ist, wird jenen vier Kardinalpunkten, die der Verfasser als Grundforderung eines zweck- missigen Bildungsapparates bezeichnet, zustimmen miissen: Grsste Beschriinkung des Stoffes, ausgedehnte M6glichkeit zum selbstiindigen Beobachten und Schaffen, ausgiebige Verwendung der Fertigkeit im Zeichnen und miglichste FSrderung des Empfindungslebens. ,,Sie haben", wie der Verfasser zurn Schluss erklirt, ,,den starken Grund fiir sich, dass alle Berufbildung, soll sie entwicklungsfiihig sein, einer gewissen allgemeinen Bildung bedarf, welche fiir die Massen in der Volks- echule, fiir die Beamten und Gelehrten in der hiiheren Schule zu suchen ist. Aber man kann sehr dariiber streiten, bis zu welcher Hihe diese allgemeine Grundlage gehoben werden muss, ehe die Brufsbildung eintreten darf. Was man nicht niitzt, ist eine schwere Last, und aller blosse Kenntniserwerb, der nicht friiher oder spiiter Beziehung zum persiinlichen, praktischen und 6ffentlichen Leben des einzelnen ge- winnt, ist eine Danaidenarbeit."

Die Ausfiihrungen Kerschensteiners haben fiir uns auch besonders deshalb Interesse, weil er wiederholt auf den Zusammenhang zu sprechen kommt, in dem seine Bestrebungen mit der Ausbildung der Lehrer stehen. Er findet sie ,,vielfach ungeniigend" und sagt, sie sei ,,fast noch mehr als die andrer Menschen auf ge- diichtnismissiges Wissen aufgebaut". Es mag dahingestellt bleiben, ob aus dem hier angedeuteten Vergleich das richtige Ergebnis gezogen ist, man braucht auch die in einer Fussnote angebrachte Mitteilung, der Verfasser kenne ,,Lehrerinnen- seminare, in denen ein ganzes Buch iiber Chemie auswendig gelernt werde, ohne dass auch nur ein einziges Experiment vom Lehrer, geschweige denn von den Schillern gemacht worden wiire", nicht als typisch fiir die Lehrerinnenbildung zu betrachten. Soviel ist aber sicher, dass auch der Seminarunterricht im grossen und

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Tagung des Lehrerbundes von Wisconsin.

ganzen dem Ziele nachjagt, ,,einen gedringten tberblick iiber den Wissensschatz der ganzen Menschheit geben zu miissen". Jede Erinnerung daran, dass dieses Ziel unfruchtbar sei, dass es vielmehr hier darauf ankomme, eine spezifisch deutsche, eine im beaten Sinne volkstiimliche praktische Bildung zu vermitten, wollen wir mit Dank annehmen.

ie verbendet erscheint aber im Lichte der Kerschensteinerschen Gedanken die von einem Teil der Lehrerschaft verfoctene Idee, die allgemeine Vorbildung der Volksschullehrer auf eine der vorhandenen h5heren Schulen zu verlegen! Wie wenig wiirde von dem dort angeeigneten Bildungsstoffen ,,friiher oder spiiter Be- ziehung zum pers6nlichen, praktischen und ffentlichen Leben des einzelnen" Leh- rers geinnen! So findetf gerade in den neuerdings vielfach gestellten Forderungen nach einer lebensvoll-praktischen Gestaltung des Volksschulunterrichts unsre uberzeugung eine Stiitze, dass es darauf ankomme, die Lehrerbildungsanstalten zu h~iheren Schulen mit spezifisch deutschem Charakter auszubauen, in denen die allgemeine Bildung in dem rechten Zusammenhang mit der Berufabildung gebracht ist. Natiirlich nicht in dem Sinne eines den geistigen Horizont einengenden Zu- schnitts der allgemeinen Bildung auf jede der kleinen Alltagsaufgaben des spiiteren Berufs, aber doch in dem eines grossen Zusammenklangs jener beiden Arten der Bildung.

Berichte und Notizen.

I. Tagung des Lehrerbundes von Wisconsin in flilwaukee vom 28,-30. Dezember 1904.

Alljihrlich in den Weihnachtsferien tagt unser Staatslehrerbund in der Metro- pole von Wisconsin, und so hatte sich denn auch dieses Jahr wieder eine stattliche Anzahl Lehrer, wohl an 14-1500 eingefunden, wozu natiirlich Milwaukee mit seinen 1000 und mehr Lehrern immer das gr6sste Kontingent stellt. Auch diesmal machte ich die Benerkung, dass die Zahl der miinnlichen Lehrer gegen die der weiblichen von Jahr zu Jahr zunimmt. Ein reichhaltiges Programm von Vortriigen iiber wichtige Gegenstinde, die teils die S c hu 1 e, teils die Lehr er betreffen, war aufgestellt und mit Referenten, deren Namen in der Piidagogik einen guten Kilang haben, versehen worden. Prinzipal H. K ru eger von Milwaukee, Vor- sitzer eines Komites ii ber Lehrerpensione n, berichtete folgendes:

,,Die Pensionierung der Lehrer, die in diesem Lande verhiiltnismitssig neu ist, finden wir schon seit langen Jahren in vielen europiiischen Liindern. In Deutschland besteht sie schon lange, und man kann wohl mit Recht behaupten, dass durch feste Anstellung und Pension der Lehrer es Deutschland dahin gebracht hat, dass seine Schulen die besten, und ebenso, dass seine Lehrer die am beaten ausgebildeten sind. Diese Begiinstigungen der Lehrer geben denselben ein Gefiihl der Sicherheit im Amte und ziehen die besten Kriifte an und erhalten sie im Amte, da sie vor Nahrungasorgen sicher gestellt sind. Dabei ist noch zu bemerken, dass Pensionen das Gehalt in keinerlei Weise herunter gedriickt haben, wie man hier oft glaubt, sondern es ist in einigen Liindern teilweise hiiher als hier. Einige Liinder in Deutschland bezablen den Lehrern beim Abgange aus dem Amte (gewihnlich nach 40 Dienstjahren) die Hiilfte oder zwei Drittel des letzten Gehalts, (das letztere

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