Information
Gleichstellung
BeruflicherWiedereinstiegnachder Familiengruumlndung
BeduumlrfnisseErfahrungenBarrieren
Seite 2 Vorwort
Vorwort
Die Politik hat in den letzten Jahren einiges getan um die Verein-
barkeit von Beruf und Familie zu verbessern Das Elterngeld und der
Ausbau der Kinderbetreuung folgen dem gleichen roten Faden
Frauen sollen sich um ihre Kinder kuumlmmern und gleichzeitig
berufstaumltig sein koumlnnen ohne aufgerieben zu werden Maumlnner
muumlssen die Chance haben sich aktiv an der Erziehung der Kinder
zu beteiligen Doch was ist mit den Frauen die fuumlr laumlngere Zeit ihre
Berufstaumltigkeit unterbrochen haben 80 Prozent von ihnen wollen
irgendwann wieder zuruumlck in den Beruf
Die vorliegende Studie zeigt welche Erfahrungen Frauen bei ihrem Wiedereinstieg in den
Beruf gemacht haben mit welchen Hindernissen sie kaumlmpfen mussten und was ihre Beduumlrf-
nisse waren So unterschiedlich die befragten Wiedereinsteigerinnen auch waren eines ist
bei allen deutlich geworden Der Wiedereinstieg ist ein langer Prozess mit vielen Huumlrden ndash
aber keine ist unuumlberwindbar
Das Aktionsprogramm Perspektive Wiedereinstieg das die Bundesregierung gemeinsam
mit der Agentur fuumlr Arbeit ins Leben gerufen hat will Frauen den Wiedereinstieg in den
Beruf erleichtern Dabei richtet sich das Aktionsprogramm mit seinen Projekten und Initiati-
ven nicht nur an die Wiedereinsteigerinnen sondern auch an die Lebenspartner der Frauen
und Personalverantwortliche in Unternehmen Denn auch das hat die Studie gezeigt Ohne
Unterstuumltzung aus der Familie und dem sozialen Umfeld ist der Wiedereinstieg nur schwer
zu schaffen
Dr Kristina Schroumlder
Bundesministerin fuumlr Familie Senioren
Frauen und Jugend
12121212121212
Seite 3 Inhalt
Inhalt
Vorwort 2
I Einfuumlhrung 6
II Zentrale Befunde 9
III Ein Thema fuumlr Maumlnner 16
IV Bedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen in verschiedenen Milieus 18
TRADITIONELLE (AumlLTERE) MILIEUS 22
41 Sinus A12 bdquoKonservativeldquo 22
Wertorientierung 22
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 23
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu
beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beide Geschlechter 23
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen 24
42 Sinus A23 bdquoTraditionsverwurzelteldquo 25
Wertorientierung 25
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 26
Sorge vor einem Ausverkauf der Familie zugunsten einseitiger
Karrierebestrebungen von Frauen 26
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen 27
43 Sinus AB2 bdquoDDR-Nostalgischeldquo 28
Wertorientierung 28
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 29
Verlust von Gleichstellung heute ndash Erfahrungshorizontist die
erlebte Gleichstellung in der DDRdurch weibliche Erwerbstaumltigkeit 29
Der bdquoWestenldquo wird in Bezug auf Erwerbstaumltigkeit und
Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt 30
MODERNE LEITMILIEUS 31
44 Sinus B1 bdquoEtablierteldquo 31
Wertorientierung 32
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 32
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash
gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen 33
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr 33
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation 33
45 Sinus B12 bdquoPostmaterielleldquo 34
Wertorientierung 34
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 35
Wunsch nach Balance von Familien-und Erwerbsarbeitndash
Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden 35
Seite 4 Inhalt
Berufsruumlckkehr und die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe 36
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur 37
Pro-aktive Vaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt 37
DER MODERNE MAINSTREAM 38
46 Sinus B2 bdquoBuumlrgerliche Mitteldquo 38
Wertorientierung 38
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 39
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer
gesellschaftlichen Abwertung von Familie und Familienarbeit 39
Sorge um das Wohlergehen der Kinder 40
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse von Familien ndash
nicht umgekehrt 41
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darf
Erziehungsarbeit nicht gefaumlhrden 42
POSTMODERNE MILIEUS 43
47 Sinus C12 bdquoModerne Performerldquo 43
Wertorientierung 43
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 44
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr
bei hoher Flexibilitaumlt in Bezug auf die praktische Gestaltung 44
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag
und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung 45
Einsatzund Innovationsbereit schaftals individuelle Anforderungen
zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr und Vereinbarkeit von
Familie und Beruf 46
48 Sinus C2 bdquoExperimentalistenldquo 46
Wertorientierung 47
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 47
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash
explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen 48
Bei aller Gelassenheit Wunsch nach offeneren Strukturen
in der Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung 49
MILIEUSAM UNTEREN RAND DER GESELLSCHAFT 49
49 Sinus B3 bdquoKonsum-Materialistenldquo 49
Wertorientierung 49
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 50
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash
nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr 51
Die berufliche Position nicht durch private Forderungen gefaumlhrden 51
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung
berufstaumltiger Muumltter 52
410 Sinus BC3 bdquoHedonistenldquo 52
Wertorientierung 52
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 53
Sehnsucht nach Autonomie ndash Forderung nach gerechter Verteilung
von Lasten und Pflichten privat wie beruflich 53
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr
von Muumlttern in das Berufsleben 54
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash
wenig Vertrauen in eine familienfreundliche Ausrichtung
von Unternehmen 55
V Anhang 57
Methodensteckbrief 57
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik 59
Seite 5 Inhalt
Seite 6 Kapitel I
I Einfuumlhrung
DerAnteilerwerbstaumltigerFrauenistnochimmer deutlichgeringeralsdervon Maumlnnern
WirdderBlickaufjeneFrauenundMaumlnnergerichtetdienichtmehrin Ausbildungsind
undnochnichtinRentePensiondannzeigtsichBerufstaumltigsindhellip
I 84 Prozentder Maumlnner(Vollzeit181) jedoch nur
I 66 Prozentder Frauen(Vollzeit34)
Damitistdas Lissabon-Zielder Frauenerwerbsquote(63)formal erreichtTrotzdemgibtes
inBezugaufdieErwerbssituationnoch erhebliche Desiderate
I 48 Prozentderin einem Beschaumlftigungsverhaumlltnis stehenden Frauen arbeitenmitredu-
zierter Stundenzahlin sogenanntenbdquoMini-Jobsldquo (400-Euro-Jobs)oderalsfreieMitarbeite-
rinnenhaumlufigprojektweiseunddiskontinuierlichBei Maumlnnernbetraumlgt dieserAnteilnur
4Prozent
I ImErwerbsalltag besteht somit immer noch eine groszligeDiskrepanz zwischen Frauen und
MaumlnnerninBezugaufdieZahlder BerufstaumltigenunddenUmfangder Beschaumlftigung2
Die Emanzipations-und Frauenbewegung sowie dieFamilien-undGleichstellungspolitik
habeninden vergangenen Dekaden erheblichdazu beigetragendassdie vormalsnoch
weitaus groumlszligere Kluftallmaumlhlich kleiner wird Frauen von heute haben das Selbstbewusst-
seindie QualifikationunddasBeduumlrfnissich beruflichzu engagierenEsgehtihnendar-
umerworbene fachliche Kompetenzen einzusetzenetwas zu leisten (fuumlr sich selbstfuumlr ein
Unternehmenfuumlr eine gute Sache) und natuumlrlich auch eigenesGeld zu verdienen und
damit ndash finanziell und zumindest emotional ndash nicht voumlllig abhaumlngig zu sein (auch Alters-
sicherung ist ein Motiv)
Dementgegenstehtdie alltaumlgliche Beobachtungdass berufstaumltigeFrauenin bestimmten
Lebensabschnitten ihreErwerbstaumltigkeit zumTeil erheblich reduzieren ndash und zwar bdquofreiwil-
ligldquo3SolchePassagen werden etwa ausgeloumlst durch den Umzug mit dem (berufstaumltigen)
PartneraneinenanderenOrtschwere KrankheitdereigenenElternuaDochderhaumlufigs-
tenormale und sozial-normative Anlass ist dieGeburteines Kindesdie ersten Jahre der
Familiengruumlndung
1Miteiner durchschnittlichenwoumlchentlichenArbeitszeitvonmehrals34Stunden(basierendaufderEigenaus-kunftinderstandardisierten sozialwissenschaftlichen Befragung)
2 Andere Ungleichheiten(und Ungerechtigkeiten)etwainBezugaufdie Bezahlung(bei gleicherTaumltigkeit) Aufstiegschancen und Leitungspositionen sollen hier nicht weiter vertieftwerden
3 Dabei vernachlaumlssigt werden eigene schwere KrankheitBerufsunfaumlhigkeit oder Arbeitslosigkeit
Seite 7
Vollzeitberufstaumltig
(mehr als 34 Stunden pro Woche)
100
80
60
40
20
0 ohne Kinder
Frauen
ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen
und nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 1064 Faumllle
Maumlnner
ab 18 Jahren die keine Rentner und
nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 969 Faumllle
mit Kindern
unter 18 J im HH
mit Kindern
unter 18 J im HH
ohne Kinder
46
16
75
90
Kapitel I
Dabeiisteineinteressante gegenlaumlufige Strukturzu beobachten
I Frauen mit Kindernunter18 Jahrensind deutlich weniger vollzeitberufstaumltigals Frauen
ohne Kinder(16versus46)
I Bei Maumlnnern dagegen gibt es den umgekehrtenTrendMaumlnner ohne Kinder (unter
18 Jahrenim Haushalt)sindzu75 Prozentvollzeitberufstaumltigbei Maumlnnern mit Kindernim
HaushaltistderAnteilmit90 Prozentsignifikanthoumlher
Waumlhrend ein Kind bei vielen Frauen zur Reduktion oder gar Einstellung der Berufstaumltigkeit
fuumlhrtsteigt bei Maumlnnern offenbar der Druck zu houmlherem EinkommenDaraus folgen ein
traditionelles Ernaumlhrermodellund eineTendenz zurRe-Traditionalisierung
Durchdie qualitativeund quantitativeUntersuchungdesBMFSFJbdquoWege zurGleichstellungldquo
im Jahr 20074ist bekanntdass die meisten Frauen heute nichtin das traditionelle Rollen-
muster bdquozuruumlckfallenldquo wollensondern ndash vor allem Frauen mit mittlerer oder houmlherer
Berufsausbildung ndashein gleichberechtigtesFamilien-undErwerbsleben anstreben
DieUntersuchungzeigtdasses innerhalbderGruppeder Frauen erheblicheUnterschiede
gibtinBezugaufMotivefuumlr BerufstaumltigkeitBeduumlrfnisseim BerufsalltagundAmbitionen in
der BerufsperspektiveDasgiltauchimVerhaltenundindermentalenVerarbeitungwenn
sieMutterwerden(SelbstverstaumlndnisRollenbildalsMutterErziehungszieleund-stile)aber
4bdquoWegezurGleichstellungheuteund morgenEine sozialwissenschaftlicheUntersuchungvordemHintergrund der Sinus-Milieusreg2007ldquo von Sinus Sociovision fuumlr dasBMFSFJ Abteilung4Gleichstellung
Seite 8 Kapitel I
ebenso fuumlr die Dauer des bdquoberuflichen Aussetzensldquo das Timing der Berufsruumlckkehrdie
Erwartungen an das BerufslebendieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf sowie den
Umgangmit innerenundaumluszligeren Widerstaumlnden
Vor diesem Hintergrund stellen sich konkrete Fragen
I Wannist Berufsruumlckkehrfuumlr Frauenein wichtiges ThemaUndwassinddie MotiveErwar-
tungen und Ziele
I Stellt die Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen ein Problem dar Auf welche moralischen sozialen
und strukturellen Widerstaumlnde treffensiendashinderFamilieundimUnternehmenMit
welchen Anforderungen kaumlmpfen sie
I W elche Rolle und welches Selbstverstaumlndnis hat dabei derPartnerUnterstuumltzt derPart-
ner die Berufsruumlckkehr seiner FrauWas sindGruumlnde dafuumlrdass manchePartner ihre Frau
nicht adaumlquat unterstuumltzen wollen oder koumlnnen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 2 Vorwort
Vorwort
Die Politik hat in den letzten Jahren einiges getan um die Verein-
barkeit von Beruf und Familie zu verbessern Das Elterngeld und der
Ausbau der Kinderbetreuung folgen dem gleichen roten Faden
Frauen sollen sich um ihre Kinder kuumlmmern und gleichzeitig
berufstaumltig sein koumlnnen ohne aufgerieben zu werden Maumlnner
muumlssen die Chance haben sich aktiv an der Erziehung der Kinder
zu beteiligen Doch was ist mit den Frauen die fuumlr laumlngere Zeit ihre
Berufstaumltigkeit unterbrochen haben 80 Prozent von ihnen wollen
irgendwann wieder zuruumlck in den Beruf
Die vorliegende Studie zeigt welche Erfahrungen Frauen bei ihrem Wiedereinstieg in den
Beruf gemacht haben mit welchen Hindernissen sie kaumlmpfen mussten und was ihre Beduumlrf-
nisse waren So unterschiedlich die befragten Wiedereinsteigerinnen auch waren eines ist
bei allen deutlich geworden Der Wiedereinstieg ist ein langer Prozess mit vielen Huumlrden ndash
aber keine ist unuumlberwindbar
Das Aktionsprogramm Perspektive Wiedereinstieg das die Bundesregierung gemeinsam
mit der Agentur fuumlr Arbeit ins Leben gerufen hat will Frauen den Wiedereinstieg in den
Beruf erleichtern Dabei richtet sich das Aktionsprogramm mit seinen Projekten und Initiati-
ven nicht nur an die Wiedereinsteigerinnen sondern auch an die Lebenspartner der Frauen
und Personalverantwortliche in Unternehmen Denn auch das hat die Studie gezeigt Ohne
Unterstuumltzung aus der Familie und dem sozialen Umfeld ist der Wiedereinstieg nur schwer
zu schaffen
Dr Kristina Schroumlder
Bundesministerin fuumlr Familie Senioren
Frauen und Jugend
12121212121212
Seite 3 Inhalt
Inhalt
Vorwort 2
I Einfuumlhrung 6
II Zentrale Befunde 9
III Ein Thema fuumlr Maumlnner 16
IV Bedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen in verschiedenen Milieus 18
TRADITIONELLE (AumlLTERE) MILIEUS 22
41 Sinus A12 bdquoKonservativeldquo 22
Wertorientierung 22
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 23
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu
beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beide Geschlechter 23
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen 24
42 Sinus A23 bdquoTraditionsverwurzelteldquo 25
Wertorientierung 25
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 26
Sorge vor einem Ausverkauf der Familie zugunsten einseitiger
Karrierebestrebungen von Frauen 26
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen 27
43 Sinus AB2 bdquoDDR-Nostalgischeldquo 28
Wertorientierung 28
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 29
Verlust von Gleichstellung heute ndash Erfahrungshorizontist die
erlebte Gleichstellung in der DDRdurch weibliche Erwerbstaumltigkeit 29
Der bdquoWestenldquo wird in Bezug auf Erwerbstaumltigkeit und
Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt 30
MODERNE LEITMILIEUS 31
44 Sinus B1 bdquoEtablierteldquo 31
Wertorientierung 32
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 32
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash
gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen 33
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr 33
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation 33
45 Sinus B12 bdquoPostmaterielleldquo 34
Wertorientierung 34
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 35
Wunsch nach Balance von Familien-und Erwerbsarbeitndash
Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden 35
Seite 4 Inhalt
Berufsruumlckkehr und die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe 36
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur 37
Pro-aktive Vaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt 37
DER MODERNE MAINSTREAM 38
46 Sinus B2 bdquoBuumlrgerliche Mitteldquo 38
Wertorientierung 38
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 39
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer
gesellschaftlichen Abwertung von Familie und Familienarbeit 39
Sorge um das Wohlergehen der Kinder 40
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse von Familien ndash
nicht umgekehrt 41
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darf
Erziehungsarbeit nicht gefaumlhrden 42
POSTMODERNE MILIEUS 43
47 Sinus C12 bdquoModerne Performerldquo 43
Wertorientierung 43
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 44
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr
bei hoher Flexibilitaumlt in Bezug auf die praktische Gestaltung 44
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag
und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung 45
Einsatzund Innovationsbereit schaftals individuelle Anforderungen
zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr und Vereinbarkeit von
Familie und Beruf 46
48 Sinus C2 bdquoExperimentalistenldquo 46
Wertorientierung 47
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 47
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash
explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen 48
Bei aller Gelassenheit Wunsch nach offeneren Strukturen
in der Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung 49
MILIEUSAM UNTEREN RAND DER GESELLSCHAFT 49
49 Sinus B3 bdquoKonsum-Materialistenldquo 49
Wertorientierung 49
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 50
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash
nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr 51
Die berufliche Position nicht durch private Forderungen gefaumlhrden 51
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung
berufstaumltiger Muumltter 52
410 Sinus BC3 bdquoHedonistenldquo 52
Wertorientierung 52
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 53
Sehnsucht nach Autonomie ndash Forderung nach gerechter Verteilung
von Lasten und Pflichten privat wie beruflich 53
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr
von Muumlttern in das Berufsleben 54
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash
wenig Vertrauen in eine familienfreundliche Ausrichtung
von Unternehmen 55
V Anhang 57
Methodensteckbrief 57
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik 59
Seite 5 Inhalt
Seite 6 Kapitel I
I Einfuumlhrung
DerAnteilerwerbstaumltigerFrauenistnochimmer deutlichgeringeralsdervon Maumlnnern
WirdderBlickaufjeneFrauenundMaumlnnergerichtetdienichtmehrin Ausbildungsind
undnochnichtinRentePensiondannzeigtsichBerufstaumltigsindhellip
I 84 Prozentder Maumlnner(Vollzeit181) jedoch nur
I 66 Prozentder Frauen(Vollzeit34)
Damitistdas Lissabon-Zielder Frauenerwerbsquote(63)formal erreichtTrotzdemgibtes
inBezugaufdieErwerbssituationnoch erhebliche Desiderate
I 48 Prozentderin einem Beschaumlftigungsverhaumlltnis stehenden Frauen arbeitenmitredu-
zierter Stundenzahlin sogenanntenbdquoMini-Jobsldquo (400-Euro-Jobs)oderalsfreieMitarbeite-
rinnenhaumlufigprojektweiseunddiskontinuierlichBei Maumlnnernbetraumlgt dieserAnteilnur
4Prozent
I ImErwerbsalltag besteht somit immer noch eine groszligeDiskrepanz zwischen Frauen und
MaumlnnerninBezugaufdieZahlder BerufstaumltigenunddenUmfangder Beschaumlftigung2
Die Emanzipations-und Frauenbewegung sowie dieFamilien-undGleichstellungspolitik
habeninden vergangenen Dekaden erheblichdazu beigetragendassdie vormalsnoch
weitaus groumlszligere Kluftallmaumlhlich kleiner wird Frauen von heute haben das Selbstbewusst-
seindie QualifikationunddasBeduumlrfnissich beruflichzu engagierenEsgehtihnendar-
umerworbene fachliche Kompetenzen einzusetzenetwas zu leisten (fuumlr sich selbstfuumlr ein
Unternehmenfuumlr eine gute Sache) und natuumlrlich auch eigenesGeld zu verdienen und
damit ndash finanziell und zumindest emotional ndash nicht voumlllig abhaumlngig zu sein (auch Alters-
sicherung ist ein Motiv)
Dementgegenstehtdie alltaumlgliche Beobachtungdass berufstaumltigeFrauenin bestimmten
Lebensabschnitten ihreErwerbstaumltigkeit zumTeil erheblich reduzieren ndash und zwar bdquofreiwil-
ligldquo3SolchePassagen werden etwa ausgeloumlst durch den Umzug mit dem (berufstaumltigen)
PartneraneinenanderenOrtschwere KrankheitdereigenenElternuaDochderhaumlufigs-
tenormale und sozial-normative Anlass ist dieGeburteines Kindesdie ersten Jahre der
Familiengruumlndung
1Miteiner durchschnittlichenwoumlchentlichenArbeitszeitvonmehrals34Stunden(basierendaufderEigenaus-kunftinderstandardisierten sozialwissenschaftlichen Befragung)
2 Andere Ungleichheiten(und Ungerechtigkeiten)etwainBezugaufdie Bezahlung(bei gleicherTaumltigkeit) Aufstiegschancen und Leitungspositionen sollen hier nicht weiter vertieftwerden
3 Dabei vernachlaumlssigt werden eigene schwere KrankheitBerufsunfaumlhigkeit oder Arbeitslosigkeit
Seite 7
Vollzeitberufstaumltig
(mehr als 34 Stunden pro Woche)
100
80
60
40
20
0 ohne Kinder
Frauen
ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen
und nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 1064 Faumllle
Maumlnner
ab 18 Jahren die keine Rentner und
nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 969 Faumllle
mit Kindern
unter 18 J im HH
mit Kindern
unter 18 J im HH
ohne Kinder
46
16
75
90
Kapitel I
Dabeiisteineinteressante gegenlaumlufige Strukturzu beobachten
I Frauen mit Kindernunter18 Jahrensind deutlich weniger vollzeitberufstaumltigals Frauen
ohne Kinder(16versus46)
I Bei Maumlnnern dagegen gibt es den umgekehrtenTrendMaumlnner ohne Kinder (unter
18 Jahrenim Haushalt)sindzu75 Prozentvollzeitberufstaumltigbei Maumlnnern mit Kindernim
HaushaltistderAnteilmit90 Prozentsignifikanthoumlher
Waumlhrend ein Kind bei vielen Frauen zur Reduktion oder gar Einstellung der Berufstaumltigkeit
fuumlhrtsteigt bei Maumlnnern offenbar der Druck zu houmlherem EinkommenDaraus folgen ein
traditionelles Ernaumlhrermodellund eineTendenz zurRe-Traditionalisierung
Durchdie qualitativeund quantitativeUntersuchungdesBMFSFJbdquoWege zurGleichstellungldquo
im Jahr 20074ist bekanntdass die meisten Frauen heute nichtin das traditionelle Rollen-
muster bdquozuruumlckfallenldquo wollensondern ndash vor allem Frauen mit mittlerer oder houmlherer
Berufsausbildung ndashein gleichberechtigtesFamilien-undErwerbsleben anstreben
DieUntersuchungzeigtdasses innerhalbderGruppeder Frauen erheblicheUnterschiede
gibtinBezugaufMotivefuumlr BerufstaumltigkeitBeduumlrfnisseim BerufsalltagundAmbitionen in
der BerufsperspektiveDasgiltauchimVerhaltenundindermentalenVerarbeitungwenn
sieMutterwerden(SelbstverstaumlndnisRollenbildalsMutterErziehungszieleund-stile)aber
4bdquoWegezurGleichstellungheuteund morgenEine sozialwissenschaftlicheUntersuchungvordemHintergrund der Sinus-Milieusreg2007ldquo von Sinus Sociovision fuumlr dasBMFSFJ Abteilung4Gleichstellung
Seite 8 Kapitel I
ebenso fuumlr die Dauer des bdquoberuflichen Aussetzensldquo das Timing der Berufsruumlckkehrdie
Erwartungen an das BerufslebendieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf sowie den
Umgangmit innerenundaumluszligeren Widerstaumlnden
Vor diesem Hintergrund stellen sich konkrete Fragen
I Wannist Berufsruumlckkehrfuumlr Frauenein wichtiges ThemaUndwassinddie MotiveErwar-
tungen und Ziele
I Stellt die Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen ein Problem dar Auf welche moralischen sozialen
und strukturellen Widerstaumlnde treffensiendashinderFamilieundimUnternehmenMit
welchen Anforderungen kaumlmpfen sie
I W elche Rolle und welches Selbstverstaumlndnis hat dabei derPartnerUnterstuumltzt derPart-
ner die Berufsruumlckkehr seiner FrauWas sindGruumlnde dafuumlrdass manchePartner ihre Frau
nicht adaumlquat unterstuumltzen wollen oder koumlnnen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
12121212121212
Seite 3 Inhalt
Inhalt
Vorwort 2
I Einfuumlhrung 6
II Zentrale Befunde 9
III Ein Thema fuumlr Maumlnner 16
IV Bedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen in verschiedenen Milieus 18
TRADITIONELLE (AumlLTERE) MILIEUS 22
41 Sinus A12 bdquoKonservativeldquo 22
Wertorientierung 22
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 23
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu
beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beide Geschlechter 23
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen 24
42 Sinus A23 bdquoTraditionsverwurzelteldquo 25
Wertorientierung 25
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 26
Sorge vor einem Ausverkauf der Familie zugunsten einseitiger
Karrierebestrebungen von Frauen 26
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen 27
43 Sinus AB2 bdquoDDR-Nostalgischeldquo 28
Wertorientierung 28
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 29
Verlust von Gleichstellung heute ndash Erfahrungshorizontist die
erlebte Gleichstellung in der DDRdurch weibliche Erwerbstaumltigkeit 29
Der bdquoWestenldquo wird in Bezug auf Erwerbstaumltigkeit und
Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt 30
MODERNE LEITMILIEUS 31
44 Sinus B1 bdquoEtablierteldquo 31
Wertorientierung 32
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 32
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash
gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen 33
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr 33
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation 33
45 Sinus B12 bdquoPostmaterielleldquo 34
Wertorientierung 34
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 35
Wunsch nach Balance von Familien-und Erwerbsarbeitndash
Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden 35
Seite 4 Inhalt
Berufsruumlckkehr und die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe 36
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur 37
Pro-aktive Vaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt 37
DER MODERNE MAINSTREAM 38
46 Sinus B2 bdquoBuumlrgerliche Mitteldquo 38
Wertorientierung 38
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 39
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer
gesellschaftlichen Abwertung von Familie und Familienarbeit 39
Sorge um das Wohlergehen der Kinder 40
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse von Familien ndash
nicht umgekehrt 41
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darf
Erziehungsarbeit nicht gefaumlhrden 42
POSTMODERNE MILIEUS 43
47 Sinus C12 bdquoModerne Performerldquo 43
Wertorientierung 43
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 44
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr
bei hoher Flexibilitaumlt in Bezug auf die praktische Gestaltung 44
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag
und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung 45
Einsatzund Innovationsbereit schaftals individuelle Anforderungen
zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr und Vereinbarkeit von
Familie und Beruf 46
48 Sinus C2 bdquoExperimentalistenldquo 46
Wertorientierung 47
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 47
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash
explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen 48
Bei aller Gelassenheit Wunsch nach offeneren Strukturen
in der Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung 49
MILIEUSAM UNTEREN RAND DER GESELLSCHAFT 49
49 Sinus B3 bdquoKonsum-Materialistenldquo 49
Wertorientierung 49
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 50
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash
nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr 51
Die berufliche Position nicht durch private Forderungen gefaumlhrden 51
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung
berufstaumltiger Muumltter 52
410 Sinus BC3 bdquoHedonistenldquo 52
Wertorientierung 52
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 53
Sehnsucht nach Autonomie ndash Forderung nach gerechter Verteilung
von Lasten und Pflichten privat wie beruflich 53
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr
von Muumlttern in das Berufsleben 54
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash
wenig Vertrauen in eine familienfreundliche Ausrichtung
von Unternehmen 55
V Anhang 57
Methodensteckbrief 57
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik 59
Seite 5 Inhalt
Seite 6 Kapitel I
I Einfuumlhrung
DerAnteilerwerbstaumltigerFrauenistnochimmer deutlichgeringeralsdervon Maumlnnern
WirdderBlickaufjeneFrauenundMaumlnnergerichtetdienichtmehrin Ausbildungsind
undnochnichtinRentePensiondannzeigtsichBerufstaumltigsindhellip
I 84 Prozentder Maumlnner(Vollzeit181) jedoch nur
I 66 Prozentder Frauen(Vollzeit34)
Damitistdas Lissabon-Zielder Frauenerwerbsquote(63)formal erreichtTrotzdemgibtes
inBezugaufdieErwerbssituationnoch erhebliche Desiderate
I 48 Prozentderin einem Beschaumlftigungsverhaumlltnis stehenden Frauen arbeitenmitredu-
zierter Stundenzahlin sogenanntenbdquoMini-Jobsldquo (400-Euro-Jobs)oderalsfreieMitarbeite-
rinnenhaumlufigprojektweiseunddiskontinuierlichBei Maumlnnernbetraumlgt dieserAnteilnur
4Prozent
I ImErwerbsalltag besteht somit immer noch eine groszligeDiskrepanz zwischen Frauen und
MaumlnnerninBezugaufdieZahlder BerufstaumltigenunddenUmfangder Beschaumlftigung2
Die Emanzipations-und Frauenbewegung sowie dieFamilien-undGleichstellungspolitik
habeninden vergangenen Dekaden erheblichdazu beigetragendassdie vormalsnoch
weitaus groumlszligere Kluftallmaumlhlich kleiner wird Frauen von heute haben das Selbstbewusst-
seindie QualifikationunddasBeduumlrfnissich beruflichzu engagierenEsgehtihnendar-
umerworbene fachliche Kompetenzen einzusetzenetwas zu leisten (fuumlr sich selbstfuumlr ein
Unternehmenfuumlr eine gute Sache) und natuumlrlich auch eigenesGeld zu verdienen und
damit ndash finanziell und zumindest emotional ndash nicht voumlllig abhaumlngig zu sein (auch Alters-
sicherung ist ein Motiv)
Dementgegenstehtdie alltaumlgliche Beobachtungdass berufstaumltigeFrauenin bestimmten
Lebensabschnitten ihreErwerbstaumltigkeit zumTeil erheblich reduzieren ndash und zwar bdquofreiwil-
ligldquo3SolchePassagen werden etwa ausgeloumlst durch den Umzug mit dem (berufstaumltigen)
PartneraneinenanderenOrtschwere KrankheitdereigenenElternuaDochderhaumlufigs-
tenormale und sozial-normative Anlass ist dieGeburteines Kindesdie ersten Jahre der
Familiengruumlndung
1Miteiner durchschnittlichenwoumlchentlichenArbeitszeitvonmehrals34Stunden(basierendaufderEigenaus-kunftinderstandardisierten sozialwissenschaftlichen Befragung)
2 Andere Ungleichheiten(und Ungerechtigkeiten)etwainBezugaufdie Bezahlung(bei gleicherTaumltigkeit) Aufstiegschancen und Leitungspositionen sollen hier nicht weiter vertieftwerden
3 Dabei vernachlaumlssigt werden eigene schwere KrankheitBerufsunfaumlhigkeit oder Arbeitslosigkeit
Seite 7
Vollzeitberufstaumltig
(mehr als 34 Stunden pro Woche)
100
80
60
40
20
0 ohne Kinder
Frauen
ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen
und nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 1064 Faumllle
Maumlnner
ab 18 Jahren die keine Rentner und
nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 969 Faumllle
mit Kindern
unter 18 J im HH
mit Kindern
unter 18 J im HH
ohne Kinder
46
16
75
90
Kapitel I
Dabeiisteineinteressante gegenlaumlufige Strukturzu beobachten
I Frauen mit Kindernunter18 Jahrensind deutlich weniger vollzeitberufstaumltigals Frauen
ohne Kinder(16versus46)
I Bei Maumlnnern dagegen gibt es den umgekehrtenTrendMaumlnner ohne Kinder (unter
18 Jahrenim Haushalt)sindzu75 Prozentvollzeitberufstaumltigbei Maumlnnern mit Kindernim
HaushaltistderAnteilmit90 Prozentsignifikanthoumlher
Waumlhrend ein Kind bei vielen Frauen zur Reduktion oder gar Einstellung der Berufstaumltigkeit
fuumlhrtsteigt bei Maumlnnern offenbar der Druck zu houmlherem EinkommenDaraus folgen ein
traditionelles Ernaumlhrermodellund eineTendenz zurRe-Traditionalisierung
Durchdie qualitativeund quantitativeUntersuchungdesBMFSFJbdquoWege zurGleichstellungldquo
im Jahr 20074ist bekanntdass die meisten Frauen heute nichtin das traditionelle Rollen-
muster bdquozuruumlckfallenldquo wollensondern ndash vor allem Frauen mit mittlerer oder houmlherer
Berufsausbildung ndashein gleichberechtigtesFamilien-undErwerbsleben anstreben
DieUntersuchungzeigtdasses innerhalbderGruppeder Frauen erheblicheUnterschiede
gibtinBezugaufMotivefuumlr BerufstaumltigkeitBeduumlrfnisseim BerufsalltagundAmbitionen in
der BerufsperspektiveDasgiltauchimVerhaltenundindermentalenVerarbeitungwenn
sieMutterwerden(SelbstverstaumlndnisRollenbildalsMutterErziehungszieleund-stile)aber
4bdquoWegezurGleichstellungheuteund morgenEine sozialwissenschaftlicheUntersuchungvordemHintergrund der Sinus-Milieusreg2007ldquo von Sinus Sociovision fuumlr dasBMFSFJ Abteilung4Gleichstellung
Seite 8 Kapitel I
ebenso fuumlr die Dauer des bdquoberuflichen Aussetzensldquo das Timing der Berufsruumlckkehrdie
Erwartungen an das BerufslebendieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf sowie den
Umgangmit innerenundaumluszligeren Widerstaumlnden
Vor diesem Hintergrund stellen sich konkrete Fragen
I Wannist Berufsruumlckkehrfuumlr Frauenein wichtiges ThemaUndwassinddie MotiveErwar-
tungen und Ziele
I Stellt die Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen ein Problem dar Auf welche moralischen sozialen
und strukturellen Widerstaumlnde treffensiendashinderFamilieundimUnternehmenMit
welchen Anforderungen kaumlmpfen sie
I W elche Rolle und welches Selbstverstaumlndnis hat dabei derPartnerUnterstuumltzt derPart-
ner die Berufsruumlckkehr seiner FrauWas sindGruumlnde dafuumlrdass manchePartner ihre Frau
nicht adaumlquat unterstuumltzen wollen oder koumlnnen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 4 Inhalt
Berufsruumlckkehr und die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe 36
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur 37
Pro-aktive Vaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt 37
DER MODERNE MAINSTREAM 38
46 Sinus B2 bdquoBuumlrgerliche Mitteldquo 38
Wertorientierung 38
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 39
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer
gesellschaftlichen Abwertung von Familie und Familienarbeit 39
Sorge um das Wohlergehen der Kinder 40
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse von Familien ndash
nicht umgekehrt 41
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darf
Erziehungsarbeit nicht gefaumlhrden 42
POSTMODERNE MILIEUS 43
47 Sinus C12 bdquoModerne Performerldquo 43
Wertorientierung 43
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 44
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr
bei hoher Flexibilitaumlt in Bezug auf die praktische Gestaltung 44
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag
und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung 45
Einsatzund Innovationsbereit schaftals individuelle Anforderungen
zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr und Vereinbarkeit von
Familie und Beruf 46
48 Sinus C2 bdquoExperimentalistenldquo 46
Wertorientierung 47
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 47
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash
explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen 48
Bei aller Gelassenheit Wunsch nach offeneren Strukturen
in der Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung 49
MILIEUSAM UNTEREN RAND DER GESELLSCHAFT 49
49 Sinus B3 bdquoKonsum-Materialistenldquo 49
Wertorientierung 49
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 50
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash
nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr 51
Die berufliche Position nicht durch private Forderungen gefaumlhrden 51
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung
berufstaumltiger Muumltter 52
410 Sinus BC3 bdquoHedonistenldquo 52
Wertorientierung 52
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 53
Sehnsucht nach Autonomie ndash Forderung nach gerechter Verteilung
von Lasten und Pflichten privat wie beruflich 53
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr
von Muumlttern in das Berufsleben 54
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash
wenig Vertrauen in eine familienfreundliche Ausrichtung
von Unternehmen 55
V Anhang 57
Methodensteckbrief 57
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik 59
Seite 5 Inhalt
Seite 6 Kapitel I
I Einfuumlhrung
DerAnteilerwerbstaumltigerFrauenistnochimmer deutlichgeringeralsdervon Maumlnnern
WirdderBlickaufjeneFrauenundMaumlnnergerichtetdienichtmehrin Ausbildungsind
undnochnichtinRentePensiondannzeigtsichBerufstaumltigsindhellip
I 84 Prozentder Maumlnner(Vollzeit181) jedoch nur
I 66 Prozentder Frauen(Vollzeit34)
Damitistdas Lissabon-Zielder Frauenerwerbsquote(63)formal erreichtTrotzdemgibtes
inBezugaufdieErwerbssituationnoch erhebliche Desiderate
I 48 Prozentderin einem Beschaumlftigungsverhaumlltnis stehenden Frauen arbeitenmitredu-
zierter Stundenzahlin sogenanntenbdquoMini-Jobsldquo (400-Euro-Jobs)oderalsfreieMitarbeite-
rinnenhaumlufigprojektweiseunddiskontinuierlichBei Maumlnnernbetraumlgt dieserAnteilnur
4Prozent
I ImErwerbsalltag besteht somit immer noch eine groszligeDiskrepanz zwischen Frauen und
MaumlnnerninBezugaufdieZahlder BerufstaumltigenunddenUmfangder Beschaumlftigung2
Die Emanzipations-und Frauenbewegung sowie dieFamilien-undGleichstellungspolitik
habeninden vergangenen Dekaden erheblichdazu beigetragendassdie vormalsnoch
weitaus groumlszligere Kluftallmaumlhlich kleiner wird Frauen von heute haben das Selbstbewusst-
seindie QualifikationunddasBeduumlrfnissich beruflichzu engagierenEsgehtihnendar-
umerworbene fachliche Kompetenzen einzusetzenetwas zu leisten (fuumlr sich selbstfuumlr ein
Unternehmenfuumlr eine gute Sache) und natuumlrlich auch eigenesGeld zu verdienen und
damit ndash finanziell und zumindest emotional ndash nicht voumlllig abhaumlngig zu sein (auch Alters-
sicherung ist ein Motiv)
Dementgegenstehtdie alltaumlgliche Beobachtungdass berufstaumltigeFrauenin bestimmten
Lebensabschnitten ihreErwerbstaumltigkeit zumTeil erheblich reduzieren ndash und zwar bdquofreiwil-
ligldquo3SolchePassagen werden etwa ausgeloumlst durch den Umzug mit dem (berufstaumltigen)
PartneraneinenanderenOrtschwere KrankheitdereigenenElternuaDochderhaumlufigs-
tenormale und sozial-normative Anlass ist dieGeburteines Kindesdie ersten Jahre der
Familiengruumlndung
1Miteiner durchschnittlichenwoumlchentlichenArbeitszeitvonmehrals34Stunden(basierendaufderEigenaus-kunftinderstandardisierten sozialwissenschaftlichen Befragung)
2 Andere Ungleichheiten(und Ungerechtigkeiten)etwainBezugaufdie Bezahlung(bei gleicherTaumltigkeit) Aufstiegschancen und Leitungspositionen sollen hier nicht weiter vertieftwerden
3 Dabei vernachlaumlssigt werden eigene schwere KrankheitBerufsunfaumlhigkeit oder Arbeitslosigkeit
Seite 7
Vollzeitberufstaumltig
(mehr als 34 Stunden pro Woche)
100
80
60
40
20
0 ohne Kinder
Frauen
ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen
und nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 1064 Faumllle
Maumlnner
ab 18 Jahren die keine Rentner und
nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 969 Faumllle
mit Kindern
unter 18 J im HH
mit Kindern
unter 18 J im HH
ohne Kinder
46
16
75
90
Kapitel I
Dabeiisteineinteressante gegenlaumlufige Strukturzu beobachten
I Frauen mit Kindernunter18 Jahrensind deutlich weniger vollzeitberufstaumltigals Frauen
ohne Kinder(16versus46)
I Bei Maumlnnern dagegen gibt es den umgekehrtenTrendMaumlnner ohne Kinder (unter
18 Jahrenim Haushalt)sindzu75 Prozentvollzeitberufstaumltigbei Maumlnnern mit Kindernim
HaushaltistderAnteilmit90 Prozentsignifikanthoumlher
Waumlhrend ein Kind bei vielen Frauen zur Reduktion oder gar Einstellung der Berufstaumltigkeit
fuumlhrtsteigt bei Maumlnnern offenbar der Druck zu houmlherem EinkommenDaraus folgen ein
traditionelles Ernaumlhrermodellund eineTendenz zurRe-Traditionalisierung
Durchdie qualitativeund quantitativeUntersuchungdesBMFSFJbdquoWege zurGleichstellungldquo
im Jahr 20074ist bekanntdass die meisten Frauen heute nichtin das traditionelle Rollen-
muster bdquozuruumlckfallenldquo wollensondern ndash vor allem Frauen mit mittlerer oder houmlherer
Berufsausbildung ndashein gleichberechtigtesFamilien-undErwerbsleben anstreben
DieUntersuchungzeigtdasses innerhalbderGruppeder Frauen erheblicheUnterschiede
gibtinBezugaufMotivefuumlr BerufstaumltigkeitBeduumlrfnisseim BerufsalltagundAmbitionen in
der BerufsperspektiveDasgiltauchimVerhaltenundindermentalenVerarbeitungwenn
sieMutterwerden(SelbstverstaumlndnisRollenbildalsMutterErziehungszieleund-stile)aber
4bdquoWegezurGleichstellungheuteund morgenEine sozialwissenschaftlicheUntersuchungvordemHintergrund der Sinus-Milieusreg2007ldquo von Sinus Sociovision fuumlr dasBMFSFJ Abteilung4Gleichstellung
Seite 8 Kapitel I
ebenso fuumlr die Dauer des bdquoberuflichen Aussetzensldquo das Timing der Berufsruumlckkehrdie
Erwartungen an das BerufslebendieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf sowie den
Umgangmit innerenundaumluszligeren Widerstaumlnden
Vor diesem Hintergrund stellen sich konkrete Fragen
I Wannist Berufsruumlckkehrfuumlr Frauenein wichtiges ThemaUndwassinddie MotiveErwar-
tungen und Ziele
I Stellt die Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen ein Problem dar Auf welche moralischen sozialen
und strukturellen Widerstaumlnde treffensiendashinderFamilieundimUnternehmenMit
welchen Anforderungen kaumlmpfen sie
I W elche Rolle und welches Selbstverstaumlndnis hat dabei derPartnerUnterstuumltzt derPart-
ner die Berufsruumlckkehr seiner FrauWas sindGruumlnde dafuumlrdass manchePartner ihre Frau
nicht adaumlquat unterstuumltzen wollen oder koumlnnen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
410 Sinus BC3 bdquoHedonistenldquo 52
Wertorientierung 52
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit 53
Sehnsucht nach Autonomie ndash Forderung nach gerechter Verteilung
von Lasten und Pflichten privat wie beruflich 53
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr
von Muumlttern in das Berufsleben 54
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash
wenig Vertrauen in eine familienfreundliche Ausrichtung
von Unternehmen 55
V Anhang 57
Methodensteckbrief 57
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik 59
Seite 5 Inhalt
Seite 6 Kapitel I
I Einfuumlhrung
DerAnteilerwerbstaumltigerFrauenistnochimmer deutlichgeringeralsdervon Maumlnnern
WirdderBlickaufjeneFrauenundMaumlnnergerichtetdienichtmehrin Ausbildungsind
undnochnichtinRentePensiondannzeigtsichBerufstaumltigsindhellip
I 84 Prozentder Maumlnner(Vollzeit181) jedoch nur
I 66 Prozentder Frauen(Vollzeit34)
Damitistdas Lissabon-Zielder Frauenerwerbsquote(63)formal erreichtTrotzdemgibtes
inBezugaufdieErwerbssituationnoch erhebliche Desiderate
I 48 Prozentderin einem Beschaumlftigungsverhaumlltnis stehenden Frauen arbeitenmitredu-
zierter Stundenzahlin sogenanntenbdquoMini-Jobsldquo (400-Euro-Jobs)oderalsfreieMitarbeite-
rinnenhaumlufigprojektweiseunddiskontinuierlichBei Maumlnnernbetraumlgt dieserAnteilnur
4Prozent
I ImErwerbsalltag besteht somit immer noch eine groszligeDiskrepanz zwischen Frauen und
MaumlnnerninBezugaufdieZahlder BerufstaumltigenunddenUmfangder Beschaumlftigung2
Die Emanzipations-und Frauenbewegung sowie dieFamilien-undGleichstellungspolitik
habeninden vergangenen Dekaden erheblichdazu beigetragendassdie vormalsnoch
weitaus groumlszligere Kluftallmaumlhlich kleiner wird Frauen von heute haben das Selbstbewusst-
seindie QualifikationunddasBeduumlrfnissich beruflichzu engagierenEsgehtihnendar-
umerworbene fachliche Kompetenzen einzusetzenetwas zu leisten (fuumlr sich selbstfuumlr ein
Unternehmenfuumlr eine gute Sache) und natuumlrlich auch eigenesGeld zu verdienen und
damit ndash finanziell und zumindest emotional ndash nicht voumlllig abhaumlngig zu sein (auch Alters-
sicherung ist ein Motiv)
Dementgegenstehtdie alltaumlgliche Beobachtungdass berufstaumltigeFrauenin bestimmten
Lebensabschnitten ihreErwerbstaumltigkeit zumTeil erheblich reduzieren ndash und zwar bdquofreiwil-
ligldquo3SolchePassagen werden etwa ausgeloumlst durch den Umzug mit dem (berufstaumltigen)
PartneraneinenanderenOrtschwere KrankheitdereigenenElternuaDochderhaumlufigs-
tenormale und sozial-normative Anlass ist dieGeburteines Kindesdie ersten Jahre der
Familiengruumlndung
1Miteiner durchschnittlichenwoumlchentlichenArbeitszeitvonmehrals34Stunden(basierendaufderEigenaus-kunftinderstandardisierten sozialwissenschaftlichen Befragung)
2 Andere Ungleichheiten(und Ungerechtigkeiten)etwainBezugaufdie Bezahlung(bei gleicherTaumltigkeit) Aufstiegschancen und Leitungspositionen sollen hier nicht weiter vertieftwerden
3 Dabei vernachlaumlssigt werden eigene schwere KrankheitBerufsunfaumlhigkeit oder Arbeitslosigkeit
Seite 7
Vollzeitberufstaumltig
(mehr als 34 Stunden pro Woche)
100
80
60
40
20
0 ohne Kinder
Frauen
ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen
und nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 1064 Faumllle
Maumlnner
ab 18 Jahren die keine Rentner und
nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 969 Faumllle
mit Kindern
unter 18 J im HH
mit Kindern
unter 18 J im HH
ohne Kinder
46
16
75
90
Kapitel I
Dabeiisteineinteressante gegenlaumlufige Strukturzu beobachten
I Frauen mit Kindernunter18 Jahrensind deutlich weniger vollzeitberufstaumltigals Frauen
ohne Kinder(16versus46)
I Bei Maumlnnern dagegen gibt es den umgekehrtenTrendMaumlnner ohne Kinder (unter
18 Jahrenim Haushalt)sindzu75 Prozentvollzeitberufstaumltigbei Maumlnnern mit Kindernim
HaushaltistderAnteilmit90 Prozentsignifikanthoumlher
Waumlhrend ein Kind bei vielen Frauen zur Reduktion oder gar Einstellung der Berufstaumltigkeit
fuumlhrtsteigt bei Maumlnnern offenbar der Druck zu houmlherem EinkommenDaraus folgen ein
traditionelles Ernaumlhrermodellund eineTendenz zurRe-Traditionalisierung
Durchdie qualitativeund quantitativeUntersuchungdesBMFSFJbdquoWege zurGleichstellungldquo
im Jahr 20074ist bekanntdass die meisten Frauen heute nichtin das traditionelle Rollen-
muster bdquozuruumlckfallenldquo wollensondern ndash vor allem Frauen mit mittlerer oder houmlherer
Berufsausbildung ndashein gleichberechtigtesFamilien-undErwerbsleben anstreben
DieUntersuchungzeigtdasses innerhalbderGruppeder Frauen erheblicheUnterschiede
gibtinBezugaufMotivefuumlr BerufstaumltigkeitBeduumlrfnisseim BerufsalltagundAmbitionen in
der BerufsperspektiveDasgiltauchimVerhaltenundindermentalenVerarbeitungwenn
sieMutterwerden(SelbstverstaumlndnisRollenbildalsMutterErziehungszieleund-stile)aber
4bdquoWegezurGleichstellungheuteund morgenEine sozialwissenschaftlicheUntersuchungvordemHintergrund der Sinus-Milieusreg2007ldquo von Sinus Sociovision fuumlr dasBMFSFJ Abteilung4Gleichstellung
Seite 8 Kapitel I
ebenso fuumlr die Dauer des bdquoberuflichen Aussetzensldquo das Timing der Berufsruumlckkehrdie
Erwartungen an das BerufslebendieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf sowie den
Umgangmit innerenundaumluszligeren Widerstaumlnden
Vor diesem Hintergrund stellen sich konkrete Fragen
I Wannist Berufsruumlckkehrfuumlr Frauenein wichtiges ThemaUndwassinddie MotiveErwar-
tungen und Ziele
I Stellt die Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen ein Problem dar Auf welche moralischen sozialen
und strukturellen Widerstaumlnde treffensiendashinderFamilieundimUnternehmenMit
welchen Anforderungen kaumlmpfen sie
I W elche Rolle und welches Selbstverstaumlndnis hat dabei derPartnerUnterstuumltzt derPart-
ner die Berufsruumlckkehr seiner FrauWas sindGruumlnde dafuumlrdass manchePartner ihre Frau
nicht adaumlquat unterstuumltzen wollen oder koumlnnen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 6 Kapitel I
I Einfuumlhrung
DerAnteilerwerbstaumltigerFrauenistnochimmer deutlichgeringeralsdervon Maumlnnern
WirdderBlickaufjeneFrauenundMaumlnnergerichtetdienichtmehrin Ausbildungsind
undnochnichtinRentePensiondannzeigtsichBerufstaumltigsindhellip
I 84 Prozentder Maumlnner(Vollzeit181) jedoch nur
I 66 Prozentder Frauen(Vollzeit34)
Damitistdas Lissabon-Zielder Frauenerwerbsquote(63)formal erreichtTrotzdemgibtes
inBezugaufdieErwerbssituationnoch erhebliche Desiderate
I 48 Prozentderin einem Beschaumlftigungsverhaumlltnis stehenden Frauen arbeitenmitredu-
zierter Stundenzahlin sogenanntenbdquoMini-Jobsldquo (400-Euro-Jobs)oderalsfreieMitarbeite-
rinnenhaumlufigprojektweiseunddiskontinuierlichBei Maumlnnernbetraumlgt dieserAnteilnur
4Prozent
I ImErwerbsalltag besteht somit immer noch eine groszligeDiskrepanz zwischen Frauen und
MaumlnnerninBezugaufdieZahlder BerufstaumltigenunddenUmfangder Beschaumlftigung2
Die Emanzipations-und Frauenbewegung sowie dieFamilien-undGleichstellungspolitik
habeninden vergangenen Dekaden erheblichdazu beigetragendassdie vormalsnoch
weitaus groumlszligere Kluftallmaumlhlich kleiner wird Frauen von heute haben das Selbstbewusst-
seindie QualifikationunddasBeduumlrfnissich beruflichzu engagierenEsgehtihnendar-
umerworbene fachliche Kompetenzen einzusetzenetwas zu leisten (fuumlr sich selbstfuumlr ein
Unternehmenfuumlr eine gute Sache) und natuumlrlich auch eigenesGeld zu verdienen und
damit ndash finanziell und zumindest emotional ndash nicht voumlllig abhaumlngig zu sein (auch Alters-
sicherung ist ein Motiv)
Dementgegenstehtdie alltaumlgliche Beobachtungdass berufstaumltigeFrauenin bestimmten
Lebensabschnitten ihreErwerbstaumltigkeit zumTeil erheblich reduzieren ndash und zwar bdquofreiwil-
ligldquo3SolchePassagen werden etwa ausgeloumlst durch den Umzug mit dem (berufstaumltigen)
PartneraneinenanderenOrtschwere KrankheitdereigenenElternuaDochderhaumlufigs-
tenormale und sozial-normative Anlass ist dieGeburteines Kindesdie ersten Jahre der
Familiengruumlndung
1Miteiner durchschnittlichenwoumlchentlichenArbeitszeitvonmehrals34Stunden(basierendaufderEigenaus-kunftinderstandardisierten sozialwissenschaftlichen Befragung)
2 Andere Ungleichheiten(und Ungerechtigkeiten)etwainBezugaufdie Bezahlung(bei gleicherTaumltigkeit) Aufstiegschancen und Leitungspositionen sollen hier nicht weiter vertieftwerden
3 Dabei vernachlaumlssigt werden eigene schwere KrankheitBerufsunfaumlhigkeit oder Arbeitslosigkeit
Seite 7
Vollzeitberufstaumltig
(mehr als 34 Stunden pro Woche)
100
80
60
40
20
0 ohne Kinder
Frauen
ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen
und nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 1064 Faumllle
Maumlnner
ab 18 Jahren die keine Rentner und
nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 969 Faumllle
mit Kindern
unter 18 J im HH
mit Kindern
unter 18 J im HH
ohne Kinder
46
16
75
90
Kapitel I
Dabeiisteineinteressante gegenlaumlufige Strukturzu beobachten
I Frauen mit Kindernunter18 Jahrensind deutlich weniger vollzeitberufstaumltigals Frauen
ohne Kinder(16versus46)
I Bei Maumlnnern dagegen gibt es den umgekehrtenTrendMaumlnner ohne Kinder (unter
18 Jahrenim Haushalt)sindzu75 Prozentvollzeitberufstaumltigbei Maumlnnern mit Kindernim
HaushaltistderAnteilmit90 Prozentsignifikanthoumlher
Waumlhrend ein Kind bei vielen Frauen zur Reduktion oder gar Einstellung der Berufstaumltigkeit
fuumlhrtsteigt bei Maumlnnern offenbar der Druck zu houmlherem EinkommenDaraus folgen ein
traditionelles Ernaumlhrermodellund eineTendenz zurRe-Traditionalisierung
Durchdie qualitativeund quantitativeUntersuchungdesBMFSFJbdquoWege zurGleichstellungldquo
im Jahr 20074ist bekanntdass die meisten Frauen heute nichtin das traditionelle Rollen-
muster bdquozuruumlckfallenldquo wollensondern ndash vor allem Frauen mit mittlerer oder houmlherer
Berufsausbildung ndashein gleichberechtigtesFamilien-undErwerbsleben anstreben
DieUntersuchungzeigtdasses innerhalbderGruppeder Frauen erheblicheUnterschiede
gibtinBezugaufMotivefuumlr BerufstaumltigkeitBeduumlrfnisseim BerufsalltagundAmbitionen in
der BerufsperspektiveDasgiltauchimVerhaltenundindermentalenVerarbeitungwenn
sieMutterwerden(SelbstverstaumlndnisRollenbildalsMutterErziehungszieleund-stile)aber
4bdquoWegezurGleichstellungheuteund morgenEine sozialwissenschaftlicheUntersuchungvordemHintergrund der Sinus-Milieusreg2007ldquo von Sinus Sociovision fuumlr dasBMFSFJ Abteilung4Gleichstellung
Seite 8 Kapitel I
ebenso fuumlr die Dauer des bdquoberuflichen Aussetzensldquo das Timing der Berufsruumlckkehrdie
Erwartungen an das BerufslebendieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf sowie den
Umgangmit innerenundaumluszligeren Widerstaumlnden
Vor diesem Hintergrund stellen sich konkrete Fragen
I Wannist Berufsruumlckkehrfuumlr Frauenein wichtiges ThemaUndwassinddie MotiveErwar-
tungen und Ziele
I Stellt die Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen ein Problem dar Auf welche moralischen sozialen
und strukturellen Widerstaumlnde treffensiendashinderFamilieundimUnternehmenMit
welchen Anforderungen kaumlmpfen sie
I W elche Rolle und welches Selbstverstaumlndnis hat dabei derPartnerUnterstuumltzt derPart-
ner die Berufsruumlckkehr seiner FrauWas sindGruumlnde dafuumlrdass manchePartner ihre Frau
nicht adaumlquat unterstuumltzen wollen oder koumlnnen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 7
Vollzeitberufstaumltig
(mehr als 34 Stunden pro Woche)
100
80
60
40
20
0 ohne Kinder
Frauen
ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen
und nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 1064 Faumllle
Maumlnner
ab 18 Jahren die keine Rentner und
nicht mehr in der Ausbildung sind
n = 969 Faumllle
mit Kindern
unter 18 J im HH
mit Kindern
unter 18 J im HH
ohne Kinder
46
16
75
90
Kapitel I
Dabeiisteineinteressante gegenlaumlufige Strukturzu beobachten
I Frauen mit Kindernunter18 Jahrensind deutlich weniger vollzeitberufstaumltigals Frauen
ohne Kinder(16versus46)
I Bei Maumlnnern dagegen gibt es den umgekehrtenTrendMaumlnner ohne Kinder (unter
18 Jahrenim Haushalt)sindzu75 Prozentvollzeitberufstaumltigbei Maumlnnern mit Kindernim
HaushaltistderAnteilmit90 Prozentsignifikanthoumlher
Waumlhrend ein Kind bei vielen Frauen zur Reduktion oder gar Einstellung der Berufstaumltigkeit
fuumlhrtsteigt bei Maumlnnern offenbar der Druck zu houmlherem EinkommenDaraus folgen ein
traditionelles Ernaumlhrermodellund eineTendenz zurRe-Traditionalisierung
Durchdie qualitativeund quantitativeUntersuchungdesBMFSFJbdquoWege zurGleichstellungldquo
im Jahr 20074ist bekanntdass die meisten Frauen heute nichtin das traditionelle Rollen-
muster bdquozuruumlckfallenldquo wollensondern ndash vor allem Frauen mit mittlerer oder houmlherer
Berufsausbildung ndashein gleichberechtigtesFamilien-undErwerbsleben anstreben
DieUntersuchungzeigtdasses innerhalbderGruppeder Frauen erheblicheUnterschiede
gibtinBezugaufMotivefuumlr BerufstaumltigkeitBeduumlrfnisseim BerufsalltagundAmbitionen in
der BerufsperspektiveDasgiltauchimVerhaltenundindermentalenVerarbeitungwenn
sieMutterwerden(SelbstverstaumlndnisRollenbildalsMutterErziehungszieleund-stile)aber
4bdquoWegezurGleichstellungheuteund morgenEine sozialwissenschaftlicheUntersuchungvordemHintergrund der Sinus-Milieusreg2007ldquo von Sinus Sociovision fuumlr dasBMFSFJ Abteilung4Gleichstellung
Seite 8 Kapitel I
ebenso fuumlr die Dauer des bdquoberuflichen Aussetzensldquo das Timing der Berufsruumlckkehrdie
Erwartungen an das BerufslebendieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf sowie den
Umgangmit innerenundaumluszligeren Widerstaumlnden
Vor diesem Hintergrund stellen sich konkrete Fragen
I Wannist Berufsruumlckkehrfuumlr Frauenein wichtiges ThemaUndwassinddie MotiveErwar-
tungen und Ziele
I Stellt die Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen ein Problem dar Auf welche moralischen sozialen
und strukturellen Widerstaumlnde treffensiendashinderFamilieundimUnternehmenMit
welchen Anforderungen kaumlmpfen sie
I W elche Rolle und welches Selbstverstaumlndnis hat dabei derPartnerUnterstuumltzt derPart-
ner die Berufsruumlckkehr seiner FrauWas sindGruumlnde dafuumlrdass manchePartner ihre Frau
nicht adaumlquat unterstuumltzen wollen oder koumlnnen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 8 Kapitel I
ebenso fuumlr die Dauer des bdquoberuflichen Aussetzensldquo das Timing der Berufsruumlckkehrdie
Erwartungen an das BerufslebendieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf sowie den
Umgangmit innerenundaumluszligeren Widerstaumlnden
Vor diesem Hintergrund stellen sich konkrete Fragen
I Wannist Berufsruumlckkehrfuumlr Frauenein wichtiges ThemaUndwassinddie MotiveErwar-
tungen und Ziele
I Stellt die Berufsruumlckkehr fuumlr Frauen ein Problem dar Auf welche moralischen sozialen
und strukturellen Widerstaumlnde treffensiendashinderFamilieundimUnternehmenMit
welchen Anforderungen kaumlmpfen sie
I W elche Rolle und welches Selbstverstaumlndnis hat dabei derPartnerUnterstuumltzt derPart-
ner die Berufsruumlckkehr seiner FrauWas sindGruumlnde dafuumlrdass manchePartner ihre Frau
nicht adaumlquat unterstuumltzen wollen oder koumlnnen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 9 Kapitel II
II Zentrale Befunde
Das Thema bdquoBerufsruumlckkehrldquo ist fuumlr Frauen aufs Engste verknuumlpftmit der Frage der bdquoVerein-
barkeit von Beruf und Familieldquo Denn die Berufsruumlckkehr stellt vor allem Frauen vor kom-
plexe organisatorische Anforderungen Damit ist die Berufsruumlckkehr in vielen Partner-
schaften auch eine Frage der bdquoGleichstellungldquo
Wie lange nach der Geburtsoll (und sozial-normativ bdquodarfldquo)die berufliche Auszeit dauern
In welchem Umfang soll eine Ruumlckkehr in den Beruf geschehen Und vor allemWer kuumlm-
mertsich um den Nachwuchswaumlhrend die Eltern ihrer Erwerbstaumltigkeit nachgehen All
dies sind Fragenmit denen sich berufstaumltige Frauen intensiv beschaumlftigen Es ist ihnen
wichtigdie Rahmenbedingungen fuumlr ihre Berufsruumlckkehr fruumlhzeitig zu klaumlren und mit
relativ stabilen und bezahlbaren ndash privaten und oumlffentlichen ndash Infrastrukturen zu sichern
I Frauen geringer und mittlerer Bildung betrachten ihre Familienplanung weitgehend
abgekoppelt von der BerufsplanungIm Zentrum ihrer Familienplanung steht nicht der
Beruf und steht nicht die Frageob es fuumlr sie zu einem Zeitpunkt opportun istein Kind zu
bekommen Fuumlr die Berufsruumlckkehr bedeutet diesdass sie damit oftkeine Selbstverwirk-
lichungs-und Karriere-Ambitionen verbinden Sie wollen wieder im gelernten Beruf taumltig
seinbdquorauskommenldquo und eigenes Geld verdienen Viele sind bdquozufriedenldquo wenn sie halb-
tags arbeiten oder einen Mini-Job habenum auch fuumlr ihre Familie da zu sein
I Dagegen steht fuumlr viele Frauen mit houmlherer formaler Bildung der berufliche Kontext im
Zentrum Sie richten vor der Geburtdes ersten Kindes ihre private Familienplanung varia-
bel an ihren beruflichen Bedingungen und Chancen aus Zwingend gehoumlrtfuumlr houmlher
gebildete Frauen heute die zeitlich und organisatorisch gut vorbereitete Berufsruumlckkehr
dazu Im Anschluss geht es ihnen darumeine Balance zu finden zwischen den ihnen
gleich wichtigen Saumlulen bdquoFamilieldquo und bdquoBerufldquo Sie wollen dabei von ihrem Partner und
vom Arbeitgeber unterstuumltzt werden ndash doch das ist meist nur unzureichend oder gar nicht
der Fall
Fuumlr Frauen gilt heute immer nochdass Kinder und Karriere sich eher ausschlieszligen als ver-
einbaren lassen ndash aber nicht aufgrund eigener subjektiver Ambivalenzen sondern aufgrund
struktureller aumluszligerer Widerstaumlnde
Vor allem fuumlr Frauen mit abgeschlossenem Studium ist es ndash aus ihrer subjektiven Sicht ndash
selbstverstaumlndlichrational und vernuumlnftigdie Familiengruumlndung relativ genau zu planen
und auf die berufliche Orientierung abzustimmen Das Timing muss stimmensonst drohen
Verlust von Chancen und Perspektiven Gerade weil in der (post)modernenglobalisierten
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 10 Kapitel II
GesellschaftdieAnforderungenimBerufslebeninBezugaufFlexibilitaumltMobilitaumltVerfuumlg-
barkeitundLeistungsehrhochsind(undweitersteigen)schiebenvieledieserFrauendie
Familiengruumlndungnachhintenndash odergebensiemanchmalganzauf Gutausgebildete
beruflichambitionierteFrauen(uumlberwiegendausdenMilieusEtabliertePostmaterielle
ModernePerformer)sehensichimDilemmadasseineFamiliengruumlndungNachteilefuumlrihre
beruflicheKarriereundfuumlrihrefinanzielleVersorgungimAltermitsichbringt Dieheute
gleichsamammentalenReiszligbrettentworfeneBiografiehatfuumlrvieledieArchitektur
(1)NachdemStudiumunmittelbarderBerufseinstiegmitvielEngagement (2)EinigeJahre
BerufserfahrungsammelnsicheineguteBasisfuumlreineKarriereerarbeitenundaufein
attraktivesGehaltsniveaukommen (3)ErstdannsichmitderOptionbdquoKindldquo auseinander-
setzen(4)WennmaneinKindbekommenwillundschwangeristsichdieOptionoffenhal-
tenwielangemanzuHausebleibenundwannmaninwelchemUmfangzuruumlckkehrenwill
Junge Muumltter sind heute sehr selbstbewusst und haben auch in Bezug auf ihre Berufsruumlck-
kehr die Einstellung von Multioptionalitaumlt Sie wollen weder in die traditionelle Rollentei-
lung gepresst werden und die naumlchsten 20 Jahre Hausfrau und Mutter seinnoch wollen sie
sich draumlngen und vorschreiben lassendass und wann sie in den Beruf zuruumlckkehren
Wenn sie sich fuumlr eine Berufsruumlckkehr entscheidendann ist das eineUmbruchphase fuumlr die
ganze Familie Vor allem ist die Berufsruumlckkehr nicht ein Schrittsondern fuumlr viele Frauen
ein Hindernislauf uumlber mehrere Jahre Frauen begreifen den Alltag zwischen Beruf und
FamiliealsJonglageBeruf und Familie sind jeweils allein schon komplex genugbrauchen
ein hohes Maszligan AufmerksamkeitFlexibilitaumlt und Organisation Frauen muumlssen die ver-
schiedenen Baumllle aus beiden Sphaumlren jederzeit in der Lufthalten und duumlrfen keinen fallen-
lassen Diese Metapher einer Mutter illustriertdie andauernde AnspannungSelbst-und
Auszligenkontrolle der Frauen mit dem Drucknicht ausfallen zu duumlrfen
Ein wesentlicher Stressfaktor fuumlr Frauen in der Berufsruumlckkehrphase sind nicht die einzel-
nen Aufgabensondern ist estaumlglich mehrmals zwischen diesen Welten zu pendeln
Nicht wenige Frauen (oftmit mittlerer Bildung und qualifizierter Berufsausbildung) been-
den nach ihrer Berufsruumlckkehr bereitsnach 1bis 3Jahren ihre Erwerbstaumltigkeit Sie wuumlrden
zwar gern weiter eigenes Geld verdienendoch die aumluszligeren Widerstaumlnde und der innere
Stress fuumlhren bei ihnen zu der Einstellungdass es fuumlr sie persoumlnlichden Partner und die
Kinder emotional besser istwenn sie zu Hause bleiben Zumal daswas vom Verdienst uumlbrig
bleibtunter dem Strich nicht uumlppig ist Das gilt besonders bei Mini-Jobsaber auch bei
freiberuflicher Taumltigkeit Steuerneigene KrankenversicherungFahrtkostenPutzhilfe (die
man sich leisten will und mussweil die eigenen Kraumlfte und Zeit nicht reichen) Frauen aus
der Buumlrgerlichen Mitte wollen zum Teil den Druck nicht laumlnger aushalten und koumlnnen sich
auf ihren Partner als Hauptverdiener verlassenFrauen aus der modernen Unterschicht
(Konsum-Materialisten) sind oftaus finanzieller Not dazu bdquoverurteiltldquo Geld zu verdienen Da
in diesen Familien ofteine hierarchisch-traditionelle Rollenteilung herrschtist die Verein-
barkeit von Beruf und Familie allein die Aufgabe der Frau
Ganz anders sind die Problemlagen von houmlher gebildeten Frauen die ein langes Studium
absolvierthaben und im Beruf einige Jahre (erfolgreich) taumltig waren (EtabliertePostmate-
rielleModerne Performer) Sie erleben nach der der Geburtder Kinder und der anschlieszligen-
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 11 Kapitel II
den Ruumlckkehr in den Beruf haumlufigdass ihre avisierte Planung und Organisation des Alltags
mit Kind und Beruf in der Praxis oftnicht so funktioniertwie es noumltig waumlre
I Die ElternSchwiegereltern leben (meist) nicht in der Naumlhe und koumlnnen im Betreuungs-
notfall nicht einspringen
I Die Kinderkrippenplaumltze haben nicht die flexiblen und langen Oumlffnungszeitendie not-
wendig sindweil man z B in einem modernen Dienstleistungsunternehmen arbeitetin
dem man abends laumlnger im Buumlro bleiben oder auch auf mehrtaumlgige Dienstreisen muss Vor
allem muumlssen sie kurzfristig (von heute auf morgen) umdisponieren koumlnnen weil das der
Beruf erfordert Das gilt nicht nur fuumlr Akademikerinnen Auch Angestellte im Schichtbe-
triebim Dienstleistungssektor und z B im Einzelhandel wissen aufgrund der verlaumlnger-
ten Ladenoumlffnungszeiten oftnichtwie sie ihre Familie organisieren und ihre Kinder bdquogut
unterbringenldquo sollen
I Berufskollegen begegnen Muumlttern mit jungen Kindern oftmit der Erwartungdass diese
unflexibel sindnicht mobilabends gar nicht einsetzbar und grundsaumltzlich nicht ganz bei
der Sacheweil sie im Kopf immer beim Kind sind Das ist fuumlr sie verstaumlndlichaber in einem
Unternehmendas im harten Wettbewerb stehtauch eine Last Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter muumlssen auch uumlber die uumlblichen Grenzen belastet werden koumlnnenist vielfach
die sachlich begruumlndete Maxime Wenn Berufsruumlckkehrerinnen aufgrund ihrer Kinder
weniger flexibel sindmuumlssen die Kolleginnen und Kollegen ohne Kinder eine houmlhere
Flexibilitaumlt zeigen ndash das erzeugt auf beiden Seiten Unmut und Unbehagen Signifikante
Ereignisse wie der Anruf aus der Kinderkrippedem Kindergartender Grundschuledass es
dem Kind nicht gut geht und die Mutter sofortkommen sollstellen diese vor ein Dilem-
maEgalwie sich diese entscheidetsie macht einen Fehler
I In den Kindertagesstaumltten gibt es die Kultur bzw den Reflexdass im Notfall (Kind ist
krank) nicht der Vatersondern die Mutter angerufen wirdDas symbolisiertder Fraudass
sie die primaumlr Zustaumlndige ist
I Vaumlterdie bereit sindsich wie ihre Frau um das Kind zu kuumlmmernstoszligen im Unterneh-
men oftauf kein Verstaumlndniswenn sie eine Besprechungeine Praumlsentationeine Dienst-
reise zu einem wichtigen Kunden absagenweil das Kind krank geworden ist Es gilt noch
immer die Unternehmenskulturdass im Ernstfall die Frau beruflich zuruumlcksteckt Fuumlr den
Mann werden bdquoZwaumlngeldquo geltend gemacht fuumlr die Frau ist es lediglich ein bdquoDilemmaldquo
deren Loumlsung aber voreingestellt ist
I Nach der Geburtdes ersten Kindes und der Berufsruumlckkehr sind Frauen sehr sensibel in der
Wahrnehmung der ihnen zugeschriebenen Kompetenzen und Rolle Das Fazit ist fuumlr viele
Frauensich ernsthaftzu fragenob sie bald oder uumlberhaupt ein zweites Kind wollen
I Sind die Huumlrden fuumlr die Berufsruumlckkehr bereitsbei einem Kind hochso potenzieren sich
Probleme mit der Geburtweiterer Kinder Sollen Geschwisterkinder altersmaumlszligignicht zu
weit auseinander seinbedeutet dies in der Praxisdass Frauen schnell mehrere Jahre am
Stuumlck zu Hause bleiben Je laumlnger aber die Erziehungszeit istumso geringer ist die Wahr-
scheinlichkeitdass die Frau wieder in ihren fruumlheren Beruf zuruumlckkehrt Auch die moumlg-
lichen Fehlzeiten von Muumlttern im Beruf potenzieren sich durch das Vorhandensein mehre-
rer Kinder durch Krankheitenanstehende Arzt-oder Schulbesuche Das traumlgt nicht nur
zur Schwaumlchung der zugeschriebenen Kompetenz und Leistung im Unternehmen bei
sondern setzt die Muumltter zusaumltzlich unter Druck und erzeugt ein schlechtes Gewissen ndash
dem Kind gegenuumlberaber auch gegenuumlber dem Unternehmen und den Arbeitskolle-
ginnen und Arbeitskollegen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
0
20
40
60
646 616
497
395
80
1 Kind 2 Kinder 3 Kinder 4 oder mehr Kinder
Zahl der Kinder unter 18 Jahren im Haushalt
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 12 Kapitel II
Unternehmen geheninBezugaufihreMitarbeiterinnenundMitarbeiter(sofern diese
Eltern sind) heute immer noch implizit und selbstverstaumlndlich von einer lokalentraditio-
nellenFamilien-undVerwandtschaftsstruktur ausEsgibtaber auchFaumlllein denendie
obersteUnternehmensleitung expliziteineUnternehmenskultur proklamiertdiedem
FamilienbedarfgerechtwirdEs reichtabernichtndashsodieErfahrungvon Frauenndashwenndas
Unternehmen ein Home-office etc anbietetEs ist nicht nur eine Frage der technischen
Infrastruktursondern auch eine der Unternehmenskultur
AberauchsozialeInfrastrukturenwieKindertagesstaumltten undSchulen habenndashinstitutionell
inBezugaufOumlffnungszeitenaberauchindenKoumlpfenderMitarbeiterinnenundMitarbeiterndash
dieVorstellungvoneinerjederzeitverfuumlgbarenMutterSymptomatischbeispielsweiseistdie
SchwierigkeitberufstaumltigerMuumlttereinenGespraumlchsterminmitderLehrerinoderdemLehrer
ihresKindeszuvereinbarenDiemeistangebotenenZeitensindvormittagsodermittagsndash
aberaufkeinenFallnach1700UhrDurchsolcheRoutinenundRitualewirdberufstaumltigen
MuumltternsignalisiertdasssieihrerRollealsMutterunbedingtenVorrangeinraumlumenmuumlssen
derBerufdafuumlrzuruumlckstehenmussundMuumlttersichderUnflexibilitaumltandererBerufss phaumlren
anpassenmuumlssen
Insgesamt gilt der ndash zu erwartende ndash Zusammenhang
I Je groumlszligerdieZahlderKinderunter18Jahrenim HaushaltumsogeringeristderAnteilder
berufstaumltigen Muumltter
I Mit zunehmendemAlterdesjuumlngstenKindessteigtderAnteilder berufstaumltigenMuumltter
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
0
20
40
60
VollzeitshyBerufstaumltigkeit von Muumlt tern 80
78
1 Jahr
70
2 Jahre
178
3ndash6 Jahre
202
11ndash17 Jahre
156
7ndash10 Jahre
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Berufstaumltigkeit von Muumlttern
(Vollzeit oder Teilzeit oder MinishyJob)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
0
20
40
60
80
260
1 Jahr
373
2 Jahre
521
3ndash6 Jahre
768
11ndash17 Jahre
664
7ndash10 Jahre
Seite 13 Kapitel II
Es besteht offenbar ein starkernahezu linearer Zusammenhang zwischen dem Alter des
juumlngsten Kindesundder BerufstaumltigkeitderMutter26derMuumlttermit einjaumlhrigemKind
sind berufstaumltigvonMuumltternderenjuumlngstesKindimHaushaltuumlber10Jahrealtistsind
bereits77berufstaumltigDasistein deutlicherBelegfuumlrdasBeduumlrfnisvonFrauenzurBerufs-
taumltigkeitaber auch fuumlr den sozialen und finanziellen Druck
MandarfsichvondiesenZahlenabernicht taumluschenlassenInderRegelhatnureingerin-
gerTeilderMuumlttereineVollzeitbeschaumlftigungndashunddieserAnteilwirdmit zunehmendem
AlterdesKindesebennicht erheblichgroumlszligerImAltervon1ndash2JahrenliegtderAnteilbei7
wenndasjuumlngsteKindaumllteriststagniertderWertzwischen15und20
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
0
20
40
60
80
111
1 Jahr
182
2 Jahre
305
3ndash6 Jahre
490
11ndash17 Jahre
425
7ndash10 Jahre
Teilweise Berufstaumltigkeit von Muumlttern
unter 20 StundenWoche (inkl bdquoMinishyJobsldquo)
Alter des juumlngsten Kindes
Basis Frauen ab 18 Jahren die keine Rentnerinnen und nicht mehr in Ausbildung sind
und eigene Kinder unter 18 Jahren im Haushalt haben n = 422 Faumllle
Seite 14 Kapitel II
Signifikantundkontinuierlichabersteigtmit zunehmendemAlterdesKindesderAnteilder
Berufstaumltigkeit von FraueninTeilzeitjobsundin sogenannten bdquoMini-Jobsldquo
Zusammenfassend lassen sich folgende Huumlrden vor und waumlhrend der Berufsruumlckkehr von
Frauen identifizieren
Huumlrden seitens des Partners a)DerberuflichstarkeingespanntePartnerderseinerFrau
denRuumlckenfuumlreinenWiedereinstiegnichtfreihaltenkannb)derPartnerderwenigoder
keinVerstaumlndnisfuumlrdieWiedereinstiegsbemuumlhungenseinerFrauzeigtundihrdieUnterstuumlt-
zungverweigertc)diealleinelebendeFrauundMutterdiekeinerleiprivateRuumlckendeckung
hatd)dasfehlendefamiliaumlreNetzwerkvorOrt(betrifftinsbesondereAkademikerinnen)
Huumlrden der Kinderbetreuung a)Zuwenige Kinderbetreuungsplaumltzefuumlr Kinderunter
3Jahrenb)zuhoheKostender Kinderbetreuung(haumlufigmitderFragebdquoLohntsichdie
Erwerbstaumltigkeit dann uumlberhauptldquoc)Ferienzeiteninsbesondereinder Schuledie nicht
kongruentsind mit den Urlaubstagen der Elternd)fehlende Kinderbetreuungim Krank-
heitsfallder Kindere)Wahrnehmung von mangelnder Qualitaumltder Kinderbetreuung ndash
auch durch zu groszligeGruppen
Berufliche Huumlrden a)Forderung von selbstverstaumlndlicher Flexibilitaumlt und Mobilitaumlt
b)Muumltterdieaufgrund mehrererKinderfuumlrmehrereJahrenichterwerbstaumltig warenste-
henvordemProblemdassdie fachlicheund technische(IT-)EntwicklungamArbeitsplatz
(besonders deutlichim Bereich Medizinetc)soweitfortgeschrittenistdasssieWettbe-
werbsnachteile haben undin kurzer Zeit viel aufholen muumlssenc)Positionen werden waumlh-
rendder ErziehungszeitanderweitigimUnternehmenvergebendieFraukannnureine
andereihrnichtentsprechendePositionwieder einnehmend)aufgrundvonlangjaumlhrigen
Ausfallzeiten kommtdie Fraugar nicht mehrin ihren einstmals erlernten Berufund muss
sich komplettanders orientieren
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 15 Kapitel II
Gesellschaftliche Huumlrden a)Die soziale Norm dertreu sorgenden guten Mutterdiein
ersterLiniedafuumlrSorgetragenmussdassihr(e)Kind(er)gutversorgtsindb)die emotionale
Entlastungder MaumlnnerbeiderFrageder Berufstaumltigkeitder Frauenc)mangelndesVer-
staumlndnisfuumlrdie BerufswuumlnschevonFrauenwenndieseraschnachderGeburtwiederinden
Beruf zuruumlckkehren wollen (bdquoRabenmuttersyndromldquo)
Emotionale Huumlrden a)Sorgeder Frauenumihre KinderwenndieseindereigenenWahr-
nehmungzufruumlhauszligerhaumluslich betreut werdenb)Sorgedassgeradebeider Kleinkindbe-
treuungdie Qualitaumlt(noch)zu schlechtistsodassdasKindnurbdquoverwahrtldquowirdc)Sorgevor
einer moumlglichenEntfremdung zwischenMutterundKind aufgrundzulanger taumlglicher
Betreuungszeitenin den ersten Jahrend)Sorgeals Mutter am Arbeitsplatzweniger akzep-
tiertzuwerdenkeineinteressantenAufgabenmehruumlbertragenzu bekommen
Finanzielle Huumlrden a)Steuerliche Rahmenbedingungen foumlrdern nach wie vor das tradi-
tionelle Alleinverdienermodellb)haumlufig arbeiten gerade Frauen nachderGeburtnurin
reduzierter Stundenzahlhaben dann meist die schlechtere Steuerklassesodass der Netto-
erloumlsderErwerbstaumltigkeitgering erscheintc)die Kostender Kinderbetreuungsindndashvor
allemindenerstenJahrenndashsohochdasssicheineErwerbstaumltigkeitoftmalsrein finanziell
bdquogarnichtlohntldquod)dieFrauerleidetdannmassive finanzielleEinbuszligenwennsienachder
Ruumlckkehrin den Beruf ihre Arbeitszeit reduziert
bdquoEsistdochsodassheuteimmernochdie Frauensichentscheidenmuumlssenobsie
Karriere machen wollen oder Kinder haben wollenDa besteht noch Handlungsbedar fldquo
(Etablierte)
bdquoDieStrukturensinddochsoausgerichtetdassdasKindmittagsbekochtwirddasses
empfangenundbegleitetwirdndashabernichtdaraufdassdieFrauarbeitetldquo(Postmaterielle)
bdquoFlexible Jobs erfordern flexible Arbeitnehmerund meistens ist es die Fraudie zuruumlck-
stecktldquo(Postmaterielle)
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 16 Kapitel III
III Ein Thema fuumlr Maumlnner
Inwieweit unterstuumltzen Maumlnner ihre Partnerin bei der Berufsruumlckkehr moralisch-normativ
und praktischetwa durch eigene Reduktion der Arbeitszeitdamit die Familienorganisa-
tion nicht allein auf den Schultern der Frauen liegt
Der zentrale Befund istdass Maumlnner ndash bis auf wenige Ausnahmen ndash nicht bereit sind ihre
Vollzeitbeschaumlf tigung auf ein geringeres Stundenkontingentzu reduzierenauch wenn ihre
Partnerin den Anspruch hatberuflich nicht nur in einem Mini-Jobsondern 20 Stunden
oder auch mehr zu arbeiten
I Ein geringer Teil der Maumlnner (vorwiegend Traditionelle) orientiertsich moralisch noch
immer am traditionellen Ernaumlhrermodell Fuumlr sie ist der Mann der Haupternaumlhrer und die
Frau kann ndash und sollte heute ndash auch etwas zum Haushalt dazuverdienen Der richtige
Zeitpunkt ist fuumlr sie dann gekommenwenn die Kinder aus dem Groumlbsten raus sind (ab
ca 10 Jahren bzw nach der Grundschule) und die Frau bdquowieder mehr Zeit hatldquo Zum Teil
werden die Frauen von ihrem Partner zum Zuverdienst gedraumlngt und sind weitgehend auf
sich gestellt bei der Vereinbarkeit von (Mini-)Beruf und Familie
I Die meisten Maumlnner mit moderner Wertorientierung und Rollenvorstellung wollen ihre
Lebenspartnerin bei der Berufsruumlckkehr unterstuumltzendoch es scheitertoftan zwei
Momenten
(1) Der intuitivenlatenten Haltungdass die Berufsruumlckkehr der Frau eine Frage der
professionellen Organisation ist Warum sollten sie selbst beruflich reduzieren in einer
Phasewenn die Kinder allmaumlhlich selbststaumlndiger werden Das scheintihnen para-
dox In der vorbewussten Einstellung der meisten Maumlnner ist verankertdass eine
Reduzierung als Option vor der Geburtdes Kindes relevantist ndash aber nichtwenn das
Kind bereits2Jahre oder aumllter ist
(2) Die Erwartungdurch eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit berufliche Nachteile
in Kauf nehmen zu muumlssen Im Kollegenkreis erzeugt es ndash so die subjektiv-projizierte
Wahrnehmung vieler Maumlnner ndash noch immer bdquoBefremdenldquo wenn ein Mann weniger
arbeitetum sich um seine Familie zu kuumlmmern oder um seiner Frau den Berufsein-
stieg zu erleichtern Man fuumlrchtet auchdamit ein bdquofalsches Signalldquo an die Unterneh-
mensleitung zu geben ndash denn das Motiv fuumlr eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit
scheintjanicht nur kurzfristig und voruumlbergehend sondern gleich fuumlr mehrere Jahre
zu bedeutendass man nicht bdquovoll einsetzbar und belastbarldquo ist
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 17 Kapitel III
Maumlnner beobachten in ihrem Berufsalltagdass es massive negative Folgen und Nebenfol-
gen hatwenn Muumltter aufgrund von familiaumlren Aufgaben eine Zeitlang dem Unternehmen
fernbleiben und dann ndash meist in reduziertem Umfang ndash zuruumlckkehren
I Frauen sind nicht mehr so flexibel und mobil (Arbeitszeitenkurzfristiges Umdisponieren
Reisen) wie zur Zeit vor der Geburtals sie noch unabhaumlngig waren
I Sie werden fuumlr bestimmte Aufgaben haumlufig nicht mehr selbstverstaumlndlich eingesetztda
man ihnen mangelnde Flexibilitaumlt unterstellt
I Ihre Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf den Beruf allein fokussiertsondern geteilt und
gilt auch der bdquoOrganisationldquo der Kinder
Die Sorge um ihre Position im Unternehmen laumlsst viele Maumlnner heute davor zuruumlckschre-
ckenselbst in Erziehungszeit zu gehenWerden wichtige Projekte oder Aufgabenbereiche
an andere Kollegen vergeben Gibt es uumlberhaupt jemandender mich voruumlbergehend
vertrittund nach meiner Ruumlckkehr den Platzwieder raumlumt Wird meine Karriere nachhal-
tig gefaumlhrdetweil Vorgesetzte annehmendass im Zweifelsfall die Familie wichtiger ist als
Aufgaben im Unternehmen Aumlchten mich andere Kollegen und nutzen sie meine Abwesen-
heitum mir Kompetenzen streitig zu machen
Gleichzeitig nehmen Maumlnner auch wahrdass es in der Bevoumllkerung zunehmend Akzeptanz
und auch Attraktivitaumlt findetwenn Maumlnner Elternzeit nehmen Das neue ndash insgesamt noch
weitgehend diffuse ndash Rollenbild vom bdquoneuen Mannldquo wird aus Sicht der Bevoumllkerung in der
praktischen Bereitschaftzur Elternzeit kristallin und symbolisches Vorbild Maumlnner spuumlren
diesen sanften Einstellungswandel Der Wunsch von Frauen in den gehobenen modernen
Milieus dazu besteht schon lange Es steigt aber auch die Akzeptanz und (latenteverbor-
gene) Bewunderung bei vielen Maumlnnern in den gehobenen Milieusva bei Postmateriellen
Sinnvoll ist Elternzeit fuumlr Maumlnner (nicht nur im gehobenen Milieusondern auch bei Arbei-
tern) vor allem dannwenn es nicht zu einer Berufs-Ruumlckkehr kommtweil sie beruflich gar
nicht erst aussteigensondern z B einen Tag pro Woche zu Hause bleibenum sich um ihr
Kind zu kuumlmmernDas ist aus Sicht vieler Maumlnner im oumlffentlichen Dienst leichter als in
privatwirtschaftlichen Unternehmen zu organisieren und im Kollegenkreis zu legitimieren
Weiterhin ist das Label bdquoRuumlckkehrldquo bei Maumlnnern negativ besetztweil es mit bdquoweg-gewesen-
seinldquo konnotiertist
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Die Sinus-Milieusreg in Deutschland 2007
Soziale Lage und Grundorientierung
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14
Sinus B3 Konsumshy
Materialisten 12
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
Sinus C12
copy Sinus Sociovision 2007
Sinus AB2
DDRshy Nostalgische
5
Moderne Performer
10
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus A12 Konservative
5
Sinus B12 Postmaterielle
10
Seite 18 Kapitel IV
IVBedeutung von Berufsruumlckkehr fuumlr Frauenin verschiedenen Milieus
Das Thema Berufsruumlckkehr hat bei nahezu allen Frauen (und Muumlttern) eine ausgesprochen
hohe persoumlnlicherationaleund emotionale RelevanzEsgibtjedochjenachdemogra-
fischer Lebenslage und der soziokulturellenWertorientierung erheblicheUnterschiede
zwischen Frauenaus verschiedenen MilieusinBezugaufdie Bedeutung der Berufsruumlck-
kehr den Umgang mit Huumlrdendas ndash mehr oder weniger konsequente und zielstrebigendash
Suchen von Chancen die Erwartungen an diese Orientierungs- und Uumlbergangsphase
sowiein Bezug auf die Verarbeitung und Bewertung von Erfahrungen in dem Prozess
Die folgendeGrafik stellt das sozialwissenschaftliche Modell der Sinus-Milieus dardas
signifikanteUnterschiede zwischen Frauen zum Thema BerufsruumlckkehrandenTag bringt
In den traditionellen Milieus hat das Thema Berufsruumlckkehr aufgrund des demografisch
hohen Altersdurchschnit tsoftkeine persoumlnliche Relevanz (mehr) Allerdingsisthierdie
Wahrnehmung und das (durchaus moderne)Verstaumlndnis fuumlr die Probleme derToumlchter
SchwiegertoumlchterinBezugaufdie berufliche RuumlckkehrunddieVereinbarkeitsehrgroszlig
I V or allemkonservative Frauen sehendass Muumltter heute ndash aufgrund von persoumlnlichem
Beduumlrfnis und hoher Ausbildungaufgrund finanziellerGruumlnde und auch aufgrund der
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 19 Kapitel IV
gesellschaftlichen Norm zur Berufstaumltigkeit ndash in einem kraumlftezehrenden Spagat zwischen
Familie und Beruf stecken Fuumlr konservative Frauen sind zentrale Loumlsungsansaumltze fuumlr
Eltern heute die groumlszligere Partizipation der Ehepartner auf der einen Seiteder Ausbau der
Kinderbetreuung sowie familienfreundliche Arbeitsstrukturen andererseits5
I Dagegen betonen Traditionsverwurzelte die Bedeutung der Familie als Keimzelle unserer
Gesellschaftund die Notwendigkeit der Mutter fuumlr ein physisch und psychisch gesundes
Aufwachsen der Kinder Die Berufstaumltigkeit der Mutter muss sich in dieser Logik den Anfor-
derungen der Familie unterordnendarfden Familienbetrieb und die Harmonie in der
Familie nicht belasten
Die meist hoch qualifizierten Frauen in den modernen Leitmilieus haben konkrete Vorstel-
lungen vom gelingenden Berufswiedereinstieg und von der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ndash und verbinden diese mit unbedingten Forderungen an eine moderne oumlffentliche
Infrastruktur und ein Umdenken in der Unternehmenskultur
I Etablierte verfuumlgen uumlber groszligefinanzielle Ressourcenmachen weniger das Problem der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Themasondern kritisieren primaumlrdass Frauen
in Bezug auf Fuumlhrungspositionen noch immer benachteiligt sind Damit sind Frauen nicht
gleichgestellt und wird das Potenzial von Frauen in WirtschaftPolitik und Administration
nicht oder nur unzureichend genutzt Frauen mit beruflichen Ambitionen muumlssen relativ
schnell nach der Geburtdes Kindes (allerspaumltestens nach einem Jahr) wieder zuruumlck in den
Beruf und auf ihre fruumlhere Stelle ndash sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele
Jahre nach hinten Gleichzeitig ist eine baldige Berufsruumlckkehr gekoppelt an eine profes-
sionell organisierte und flexible Kinderbetreuungwas eigentlich nur durch private Kin-
dertagesstaumltten und Tagesmuumltter geht
I Postmaterielle kritisieren vor allemdass Unternehmenskulturen und Arbeitsstrukturen
heute weitgehend familienfeindlich sindsodass vor allem akademisch hoch qualifizierte
Frauen vor der Alternative bdquoKind oder Karriereldquo stehen Postmaterielle fordern hier ein
gesellschaftliches Umdenkenbreitere Akzeptanz fuumlr arbeitende Elternauch groumlszligere
Partizipationsmoumlglichkeiten fuumlr Maumlnner sowie eine groumlszligere Flexibilitaumlt hinsichtlich
Arbeitszeit und -ort Anders als etablierte Frauen nehmen postmaterielle Frauen ihre
Partner in die Pflicht zu aktiver Mitarbeit an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
draumlngen ihre Maumlnner auchernsthaftuumlber eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit
nachzudenkendamit sie selbst uumlberhaupt bzw etwas mehr als in einem Mini-Job arbeiten
koumlnnen Wichtig ist ihnendass die Familie unter ihrer eigenen Berufstaumltigkeit nicht lei-
detdie Kinder nicht verwahrlosen und es insgesamt eine Balance von Beruf und Familie
gibt Sie werden dabei von ihren Partnern in jedem Fall moralisch und emotional unter-
stuumltzt ndash doch oftsehen sich postmaterielle Maumlnner selbst in beruflichen Zwaumlngen in
denen sie keine Moumlglichkeit der Reduktion ihrer Wochenarbeitszeit sehen (im Gegenteil
kaumlmpfen sie damitkeine Uumlberstunden zu machen und mehr fuumlr die Familie da zu sein)
Frauen aus den soziokulturell und demografisch bdquojungenldquo postmodernen Milieus zeigen
einen flexiblen und optimistischen Umgang mit dem Thema
I Moderne Performerinnen erleben berufliche Gleichstellung und sind hier sehr selbst-
bewusst ndash bis zur Geburtdes ersten Kindes Dann sehen siedass sie die Anforderungen der
5 Hier unterscheiden sich konservative Frauen imUumlbrigen stark von konservativen Maumlnnerndie das traditionelle Ernaumlhrermodell favorisieren und der Berufstaumltigkeit der Frau weniger Bedeutung zumessen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 20 Kapitel IV
Arbeitswelt hinsichtlich FlexibilitaumltMobilitaumlt und Verfuumlgbarkeit vor allem aufgrund der
starren Kinderbetreuungszeiten nicht mehr erfuumlllen koumlnnen und damit attraktive Positi-
onen im Unternehmen in die Ferne ruumlcken Aumlhnlich wie Etablierte kritisieren sie die Ver-
schwendung weiblicher Potenziale ndash sehen und akzeptieren aber auch die oumlkonomischen
Zwaumlnge der Unternehmen Ihre Forderungen richten sich zum einen in Richtung einer
Flexibilisierung der Arbeitswelt (zB Job-SharingTeilzeitarbeitsplaumltze) vor allem aber in
Richtung eines professionellen und innovativen Ausbaus der Kinderbetreuung (von
Abend-Betreuung bis zur Uumlber-Nacht-Betreuung) die es Familien erleichtertden Anforde-
rungen der Berufswelt besser zu entsprechen
I Experimen talistinnen stellen den Beruf in der spannenden Phase des Mutterwerdens
zunaumlchst bewusst in den Hintergrund und lassen sich voll und ganz auf das Abenteuer
Kind ein Berufliche Biografien werden entspanntangegangendaher ist auch die Ruumlck-
kehr in den (fruumlheren oder auch gern in einen anderen) Beruf fuumlr sie subjektiv keine zen-
trale Weichenstellung (wie etwa bei Modernen Performerinnen) Arbeits-und Betreuungs-
kultur wuumlnschen sie sich moumlglichst lebendig und flexibelJob-SharingMoumlglichkeit fuumlr
den Partner zur Reduzierung seiner Stelle zwecks besserer und aktiver Partizipation an der
KindererziehungKinderkrippen und Kindergaumlrten mit moumlglichst offenen Hol-und Bring-
zeitenBetreuung auch mal am fruumlhen Morgen oder spaumlten Abendwenn die kreativen
Eltern uumlber einem Projekt sitzen
Die Frauen der modernen Mitte befinden sich im Spagat zwischen dem persoumlnlichen
Wunsch zur Berufstaumltigkeit sowie dem gesellschaftlichen Druck zu baldiger Berufsruumlckkehr
einerseitsund dem gesellschaf tlichen Normbild bdquoder guten Mutterldquo andererseits
I Frauen aus dem Milieu der Buumlrgerlichen Mitte moumlchten ihre Kinder moumlglichst lange
zuhause selbst betreuenihnen emotionale Naumlhe der Eltern mitgeben auf dem rauen Weg
des Lebens Eine familienfreundliche Arbeitswelt ist ihr groumlszligtes Desiderat Ihre groumlszligte
Sorge istdass genau dies in Zukunftimmer mehr in den Hintergrund geraumlt zugunsten
einer einseitigen wirtschaftlichen Ausrichtung Ihr Ideal istdass sich die Arbeitswelt an
die Beduumlrfnisse von Familien anpasstdass rechtliche Grundlagen den Frauen einen Wie-
dereinstieg in Unternehmen garantieren und Muumltter wie Vaumlter Ruumlcksicht im Arbeitsleben
erfahren (zB durch die Moumlglichkeitim Krankheitsfall der Kinder von zu Hause zu arbei-
ten) Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung stellt fuumlr dieses familienfreundliche
Milieu eine groszligeemotionale Beruhigung dar
Ein wichtiges Motiv fuumlr die Berufsruumlckkehr darfnicht unterschaumltzt werdenIn der Buumlrger-
lichen Mitte gibt es erhebliche Bestrebungen zur Distinktion von der sozialen Unter-
schicht Um dem eigenen Kind den teuren Musik- Sport- Nachhilfeunterricht sowie even-
tuell eine bezahlbare konfessionelle oder private Schule zu ermoumlglichen muss die Frau
einerseitsGeld verdienenandererseitsdas zeitlich komplexe Alltagsprogramm der Kin-
der organisieren Dieses Dilemma verschaumlrftden Spagatin dem sich diese Muumltter aus der
Buumlrgerlichen Mitte befinden
Die Frauen der modernen Unterschicht kaumlmpfen primaumlr mit der Angstuumlberhaupt als Frau
und Mutter einen Arbeitsplatzzu bekommen Arbeit ist hier keine Frage des Wollensson-
dern wesentlicher Beitrag zur finanziellen Grundsicherung der Familie
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 21 Kapitel IV
I V or allemdie Frauenim sozialen MilieuderKonsum-Materialisten stellen daher nur
wenig AnspruumlcheinBezugauf BerufsruumlckkehrundVereinbarkeitvonFamilieundBeruf
Sie haben aufgrund familiaumlrer Auszeiten sowie meist geringer beruflicher Qualifikation
massiveProblemeuumlberhauptwiederindenJob einzusteigenbzweineneueAnstellung
zu finden (oftTeilzeitarbeit oder Mini-Job mit geringer Bezahlung) Eine verlaumlssliche und
kostenguumlnstige Kinderbetreuung ist fuumlr sie eine groszligepraktische Hilfezumal viele Frauen
desMilieusvonihremPartnerkeinepraktischeoder emotionaleUnterstuumltzungbeiihrer
Berufstaumltigkeit und den anfallenden familiaumlren Aufgaben erhalten
I Hedonistinnen fuumlrchtenbeim WiedereinstiegindenBerufinhohemMaszligeumihreAuto-
nomieDieKinderdiendashmeiststarrenndashArbeitszeitenimbdquoJobldquostarre Abholzeiteninder
KinderbetreuungseinrichtungSpaszligund Freiheit bleiben hier fuumlr die meisten Hedonistin-
nenaufder StreckeFeindbildin diesem Milieuistdie einseitigauf Leistung fixierteWirt-
schaftdie den Menschen ihre Freiheit nimmt Mehr Rechte fuumlr Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmerinsbesondere fuumlr Elternwuumlrdenin ihren Augen dieWelt gerechter
machen und dieLasten besser verteilenDazu gehoumlrtunabdingbar ein verbesserter Kuumlndi-
gungsschutzfuumlr Muumlttermehr zeitliche und raumlumliche Freiheiten fuumlr Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmerdie Eltern sind (zB Home-officeErhoumlhung der gesetzlich erlaubten
Fehltage durch Krankheiten der Kinderflexible Arbeitszeiten auch mal abends oder am
Wochenende)
Anhand des Milieus der DDR-Nostalgischen zeigen sich die spezifischen Einstellungen und
Erfahrungen zum Thema Berufsruumlckkehr im Osten Deutschlands6Erwerbstaumltigkeit von
MuumltternwarinderDDR-Staatsideologieder SchluumlsselfuumlrdieGleichberechtigungvonFrau-
enund Maumlnnern Selbstverstaumlndliche BerufsruumlckkehrunddasVorhandenseinvon Struktu-
renamArbeitsplatzsowieinderKinderbetreuung wareneineunhinterfragte Normalitaumlts-
erfahrung DieTatsachedass Frauenim wiedervereinigten Deutschland heute ihren Beruf
oftjahrelang oder ganz zugunsten vonFamilie aufgebendass beruflicher Wiedereinstieg
haumlufiginUnternehmen nicht gefoumlrdertwird und auch die Kinderbetreuungszeiten sich
nicht an den Arbeitszeiten der Menschen orientieren (sondern umgekehrt) bedeutet fuumlr
diesesMilieueinenklaren Ruumlckschrittund verhindertinihrenAugendieechteGleichstel-
lung von Frauen und Maumlnnern
6InganzDeutschlandhatdasMilieueinen Bevoumllkerungsanteilvon5Klarer SchwerpunktdiesesMilieussinddie Neuen BundeslaumlnderHier umfasstdas MilieubdquoDDR-Nostalgischeldquo18der Bevoumllkerungab18 Jahrenundist damitin Ostdeutschland(nachderder BuumlrgerlichenMitte)das zweitgroumlszligte Milieu
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 22 Kapitel IV
Traditionelle (aumlltere) Milieus
41 SinusA12 bdquoKonservativeldquo
Wertorientierung
I Bewahren derWerteTraditionen und bewaumlhrten Institutionen (zBFamilie mit klas-
sischer RollenteilungHoumlflichkeitEtikette) ndash aber keineim eigentlichen Sinne nostalgische
Grundorientierung
I Bildungsbuumlrgerliches Selbstverstaumlndnishumanistisch gepraumlgtesPflichtethos und gesell-
schaftlichesVerantwortungsgefuumlhldasunterdembdquoVerfallderWerteund gutenSittenldquo
leidet
I Betonen einer gehobenen StellunginderGesellschaftStandesbewusstsein(bdquodie feinen
Unterschiedeldquo) teilweise rechtskonservativeGrundhaltung und autoritaumlres Denken
I Hohe Wertschaumltzung von Kultur und Kunst (Hochkultur)Pflege des familiaumlrenkultu-
rellen und nationalen Erbes sowie der sozialenVeran twortung (viele ehrenamtliche Enga-
gements)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre 0
5
10
15
25
20 Median 63 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
495 945000
Berufstaumltig 47 uumlber 34 Stunden pro Woche 6 20ndash34 StundenWoche 30 weniger als 20 StundenWoche 3 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 8 Arbeitslos in Ausbildung 9 nicht berufstaumltig 44
Seite 23 Kapitel IV
Forderung nach gleichberechtigtem Zugang zu beruflicher Selbstverwirklichung fuumlr beideGeschlechter
Konservative sind aufgewachsenin der Normalitaumlt der traditionellen Rollenteilung undin
einerZeitinderdie beruflichenEntfaltungsmoumlglichkeiten fuumlrFrauenaumluszligerstgering
waren Dennoch gehoumlrte fuumlr viele Frauen des Milieus eine Berufstaumltigkeit ndash nachdem die
Kinder groumlszliger waren ndash zu einem erfuumlllten Leben dazu
In derPhase ihrer eigenenFamiliengruumlndung haben viele dieser Frauen erlebtdass ihnen
die Ruumlckkehrin den einst erlernten Beruf schwermanchmal sogar unmoumlglich gemacht
wurdeDie Anerkennung fuumlr berufstaumltige Frauen war eher geringteilweise gab es zu dieser
ZeitnochkeineKindergaumlrtensodassdieKindererstabdem Schulaltervormittagsauszliger
HauswarenwenndannschlossenKindergaumlrtenmeistum1200UhrInvielen Haushalten
existierte nur ein Autodas der Ehemann fuumlr dieFahrtzur Arbeit nutzte Auch verwehrten
viele ArbeitgeberihnenalsFrau bewusstdenZugangzuinteressantenPositionen Struktu-
ren und Einstellungen machten es den Frauen damals schwersich aktiv fuumlr eine Berufstaumltig-
keit und eineFamilie zu entscheiden
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 24 Kapitel IV
bdquoEs hat einen doch keiner ernstgenommen als Frau Als ich damals eine Arbeit gesucht
habeich hatte super Zeugnisse ndash genommen hat man einen Mannldquo
Heute nehmen diese Frauen wahrdass ihre meist gut ausgebildetenhaumlufig studierten eige-
nenToumlchter oder Schwiegertoumlchter selbstverstaumlndlich Familie und Berufstaumltigkeit anstre-
benSiesehendasssichdieseGenerationjungerFrauenindem schwierigenSpagatbefin-
detaufdereinenSeitefuumlrdieFamiliedaseinzu wollenaufder anderenSeitedieeigenen
beruflichenWuumlnsche nicht zu vernachlaumlssigen oder aus dem Auge zu verlierenGleichzeitig
stellen sie festdass diese jungeGeneration von Frauen auf diesemWeg zwar potenziell
ungleich mehr Moumlglichkeiten hatals sie selbst fruumlherdass es aber dabei noch allzu viele
Huumlrden gibt Der Kindergarten schlieszligt mittags um 1400 UhrdieFerienzeiten der Kinder
lassen sich mit den Urlaubstagen nicht vereinbarenim Beruf werden Uumlberstunden oder
Dienstreisen gefordertetc
Aus diesemGrund stehen aumlltere konservative Frauen weitaus aufgeschlossener der Diskus-
sion um den Ausbau der Krippenplaumltze gegenuumlber als ihre MaumlnnerFrauendie heute das
WagnisFamilie eingehengleichzeitig einen Beruf ausuumlben wollenbenoumltigenin ihren
Augen dabei eine umfassendeUnterstuumltzungdamitsie beides zufriedenstellenderfuumlllen
koumlnnen
bdquoWenn ich sehewie sich meineTochter aufreibtwie viel Kraftdas kostetden Beruf und
dieKinderuntereinenHutzu bekommendasistimmensDableibtkaumnochZeitfuumlr
sie selbst ndash ich sehe schondass es ein hoher Preis istden die Frauen heute bezahlenldquo
Wunsch nach familienfreundlichen Strukturen
Berufliche Selbstverwirklichung muss heute beidenGeschlechtern gleichermaszligenund
gleichberechtigt zustehenlautet dieForderung konservativer Frauen Damit aberFamilie
ihre einzigartige und wichtige Aufgabe als Keimzelle derGesellschaftund HortderVermitt-
lung zentralerWerte auch weiterhin erfuumlllen kannist es unabdingbarfamilienfreundliche
und flexible StruktureninWirtschaftundim oumlffentlichen Dienstzu foumlrdernNurwennes
Frauen leichter gemachtwirdBerufundFamiliezu vereinbarenwirdesin ihrenAugen
auch wieder mehr Kinderin Deutschland geben
bdquoDiePolitik weiszligdochdass heute hoch qualifizierte Frauen fehlenweil sie zu Hause
aufdie Kinder aufpassenmuumlssenundkeine Betreuungdaistldquo
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditions
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 25 Kapitel IV
42 SinusA23bdquoTraditionsverwurzelteldquo
Wertorientierung
I Bescheidenheit und Anpassung an die Notwendigkeiten als Lebensprinzipkeine
hochgesteckten Ziele ndashim Osten dennoch haumlufigVerbitterung uumlber die bdquoungerechtenldquo
Nachwendeverhaumlltnisse
I Status-quo-OrientierungIn geordnetenVerhaumlltnissen lebenden harterarbeiteten
Lebensst andard bewahrenein gutes Auskommen habenAbsicherungim Alter (den
Ruhestandgenieszligensich ausruhen)entsprechendstarkeAumlngsteim Zusammenhang mit
den derzeitigen Sozialstaatsreformen
I Festhalten an traditionellenWerten wiePflichter fuumlllungAnstandSparsamkeitOrdnung
und DisziplinKritik des Sittenverfalls und der Uumlberfremdung
I SozialeIntegration und AnpassungAnerkanntsein bei FreundenKollegenNachbarn
Geborgenheit im traditionellenFamilienverband
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 70 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
252 1393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
40 12 21 3 6 3
57
100
Seite 26 Kapitel IV
Sorge vor einem Ausverkauf derFamilie zugunsten einseitiger Karrierebestrebungen von Frauen
Fuumlr traditionsverwurzelte Frauenistesndash aufgrundderihnen biografisch normalentradi-
tionellen Arbeitsteilung und aufgrund ihrer bdquobiologistischenldquoPerspektive ndash die selbstver-
staumlndliche und ureigene Aufgabe der Frausich voll und ganz um die Kinder zu kuumlmmern
waumlhrend dem Mann die Rolle des Ernaumlhrers zukommt Selbstverwirklichungswuumlnsche ndash
privatwie beruflich ndash muumlssenim Rahmender bestehenden familiaumlrenPflichten bleiben
Vor diesem Hintergrund hat sich fuumlr denGroszligteil der aumllteren Frauen dieses Milieus die Frage
nacheiner BerufsruumlckkehrniegestelltSiewurdenerzogenindemWissendasssiespaumlter
einmal heiraten und sich um Kinder und Haushalt kuumlmmern werden Houmlhere Berufsab-
schluumlsse warenin dieserLogikuumlberfluumlssig SpaumltestensmitderGeburtdes ersten Kindes
wurdedieeigene Berufstaumltigkeit aufgegebenundnurineinigenFaumlllenundineinemklei-
nen zeitlichen Umfang wieder aufgenommenwenn die Kinder aumllter oder schon aus dem
Haus waren
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 27 Kapitel IV
bdquoIchfandeswichtigdassichdawaralsdie KindermittagsnachHausekamenEswaumlre
fuumlr mich ganz schrecklich gewesenwenn ich gewusst haumlttemein Kind lerntdie Dinge
bei anderen und nicht bei mirldquo
Der Beruf von Muumlttern darfnicht zulasten der Kinder gehen
Heute akzeptieren diese aumllteren Frauen vordergruumlndig eine Berufstaumltigkeit derTochter
Schwiegertochterdabdquodiesebenso uumlblichistldquoDiese Berufstaumltigkeitwirdaberunter anderen
Aspekten als die von Maumlnnern gesehenSie ist nicht fuumlr die finanzielleGrundsicherung der
Familie notwendig Die Frau darfmuss aber nicht arbeiten UndDieFamilie und der Haus-
haltmuumlssenbeiallen beruflichen AmbitionenimZentrumstehenWirdeinKindkrank
kommt das zweite oder gar dritte Kindist eine Berufstaumltigkeit eben nicht mehr vereinbar
mit den Anforderungen derFamilie Berufliche Selbstverwirklichungswuumlnsche muumlssen sich
den Anforderungen derFamilie unterordnenWenn die Frau schon arbeiten gehen will
danndarfdieFamilienichtdarunterleidenIm bestenFall bekommtdieFamilievonder
Berufstaumltigkeit der Frau nicht einmal etwas mit Ihre Berufstaumltigkeit soll so bdquogeraumluschlosldquo
wiemoumlglichgeschehenDerRahmenfuumlrdie BerufstaumltigkeitvonMuumltternistindieserPer-
spektive eng abgesteckt Einzige Ausnahme dabei sind finanzielleGruumlndedh dass die
Familie auf den Zuverdienst der Frau angewiesen ist
bdquoWenn man Kinder willdann muss man auch bereit seinsich um sie zu kuumlmmernldquo
bdquoKinderundBerufuntereinenHutzubringenistganzschwerEsgeht vielleichtnoch
mit einer Halbtagstaumltigkeit Eine Karriere muss man als Frau abhakenwenn man Kin-
der haben moumlchteldquo
bdquoMaumlnner koumlnnen keine Auszeit von der Arbeit nehmenum sich um die Kinder zu kuumlm-
merndie sind dann weg vomFensterldquo
Das Thema Berufsruumlckkehrhatfuumlr traditionsverwurzelte Frauen heuteeine indirekteRele-
vanzSieerlebenbeiihrenToumlchternbzwSchwiegertoumlchterndassfuumlrdieseeine Berufstaumltig-
keitzumLebendazugehoumlrtdassdie RuumlckkehrindenBerufnachderFamiliengruumlndung
abermit emotionalenund praktischen Huumlrden verbundenistDie Anforderungeninder
Arbeitswelt aumlndern sich rasantman ist gezwungenauch waumlhrend der Erziehungszeit bdquoam
Ball zu bleibenldquo Die Arbeitszeiten der Frau sind unflexibelder Kindergarten hat bereits
geschlossenwenn die Arbeitszeit der Mutter endetetc Haumlufig sind es dann dieGroszligmuumlt-
terdiehier einspringenDiemeistentundiesgerneundvoralleminderfestenUumlberzeu-
gungdass es ihren Enkelkindern bei ihnen selbst besser gehtals bei einer fremdenPerson
Dazu kommt eine ausgepraumlgte SparsamkeitWenn man die Betreuung der Enkel uumlberneh-
men kannmuss nicht noch das verdienteGeld ausgegeben werden Dennoch beaumlugen sie
die BerufstaumltigkeitderMutterstetskritischund uumlberpruumlfenobundwiediesesichmitden
Anforderungen derFamilie und des Haushaltsverbinden laumlsstIn ihren Augen ist sie die
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDR Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 28 Kapitel IV
Hauptverantwortliche fuumlr das familiaumlreWohlergehenEin Ausbau der Kinderbetreuung ndash
auchindie Richtung einer tendenziell fruumlheren Betreuung von Kindernunter drei Jahren ndash
gehtfuumlrdiesesMilieuindie falsche Richtungdahierdie ElternvonihrerVerpflichtungfuumlr
die Kinder entbunden und die Erziehungsarbeit auf eine externe Institution abgewaumllzt wird
bdquoIch habe auf mein Enkelkind aufgepasstwenn meineTochter arbeiten war Das war
doch dann eigentlich mehr mein Kind als ihresldquo
43 SinusAB2bdquoDDR-Nostalgischeldquo
Wertorientierung
I SelbstwahrnehmungalsVerliererderWende(vierFuumlnftelderMilieua ngehoumlrigenlebenim
Osten)VerklaumlrungdersozialistischenVergang enheithaumlufiggepaartmitfinanziellerUnzu-
friedenheitOrientierungsproblemenAumlngstenundVerbitterunguumlberdieGegenwart
I Betonung der altenWerte des Sozialismus (soziale GerechtigkeitSolidaritaumlt) und Kritik
desbdquoTurbo-KapitalismusldquoderGlobalisierungunddes westlichen (amerikanischen)
Lebensstils
I Festhalten an den Sekundaumlr-Tugenden DisziplinFleiszligOrdnungSauberkeitPuumlnktlichkeit
undUnterordnungteilweise auchLawampOrder-Denken
I MeistRuumlckzuginnereEmigrationundAbs chottungdesPrivatlebensalsReaktionaufdenin
derNachwendezeiterlittenensozialenAbstieg(bdquoman hat uns praktisch Berufsverbot
erteiltldquo)
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 55 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
623 1163000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
60 37 16 1 6 31
9
100
Seite 29 Kapitel IV
I Bei den juumlngeren Milieuangehoumlrigen verstaumlrkte Anpassungsbemuumlhungen und derVer-
suchdenErwartungennach LeistungsbereitschaftZielstrebigkeit und Flexibilitaumltinder
modernenGesellschaftgerecht zu werden
VerlustvonGleichstellungheutendashErfahrungshorizontistdie erlebte GleichstellunginderDDRdurch weiblicheErwerbstaumltigkeit
EinedualistischeWeltsichtkennzeichnetdiesesnahezuausschlieszliglichimOstenDeutschlands
anzutreffendeMilieuDievergangenebdquoguteldquoAlltagskulturundInfrastrukturderDDRim
VergleichzuderaktuellenbdquoschlechtenldquoAlltagskulturdesWestensInderDDRwarGleich-
stellungerlebteRealitaumltndashheuteimWestenistsiefuumlrvieleFrauennunmehreineIllusion
Grundlage und Schluumlssel fuumlr dieGleichberechtigung von Frauen und Maumlnnern war die
ErwerbstaumltigkeitderFrauenEinenBerufndashinden allermeistenFaumllleninVollzeitndashauszu-
uumlbenwar selbstverstaumlndliche Normalitaumlt Nach derGeburteines Kindes kehrten die Frauen
meistnachderstaatlich vorgesehenen ErziehungszeitvoneinemJahrwiederinihrealte
PositionimBetriebzuruumlckEineFraudiezuHausebeimKindbliebwardie Ausnahme
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 30 Kapitel IV
Aufdiese weiblicheVollerwerbstaumltigkeit warendie Struktureninder Berufsweltsowiein
der Kinderbetreuung ausgerichtet Angebote der staatlichen Kinderbetreuung orientierten
sich nach den Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ndash nicht umgekehrt
wie Frauen aus dem Milieu es heute wahrnehmen
bdquoWir wurden gebraucht als Frauenin der Wirtschaftund in der Familieldquo
DerbdquoWestenldquowirdinBezugaufErwerbstaumltigkeitund Berufsruumlckkehr von Frauen als ruumlckschrittig erlebt
DieTatsachedassjunge Frauen heutevorderEntscheidungentwederBerufoderKind
stehenempfindenDDR-Nostalgische als weiteres Indiz dafuumlrdassim bdquogoldenenWestenldquo
laumlngst nicht alles fortschrittlich ist Frauen sind gezwungenin Zeitenin denen Stellen
sowieso rar sindsich den Bedingungenin der Arbeitswelt anzupassen und muumlssen selbst
dafuumlr sorgendass und wie Beruf undFamilie vereinbar sind Dies wird vor dem Hintergrund
derErfahrungeninderDDRals massiver RuumlckschritterlebtSo begreifensiedie Frauenals
die wirklichenVerliererinnen derWendeIhr Selbstbewusstseinihre emotionale und finan-
zielle Eigenstaumlndigkeit sind verloren gegangen Fraueninsbesondere aber Muumltterwerden
auf dem Arbeitsmarkt massiv benachteiligt Infrastrukturen wie Kinderkrippe und Hortsind
auf eine weiblicheErwerbstaumltigkeit nur noch unzureichend ausgerichtetprivate Kitas sind
nahezu unbezahlbar
bdquoDas war fruumlher einfach besserDa konnte man die Kinder das ganze Jahr uumlber bringen
von morgens sechs Uhr bis abends um siebenldquo
bdquoWirhabenunsehergetrautKinderindieWeltzusetzenwir wusstendochdasklappt
alles Ich kann die heutigen Frauen verstehendie ihre Chancen und Aussichten nicht
mehr habendie entweder gar keine Kinder bekommenweil sie sonst ihren Job verlie-
ren oder einen schlechteren uumlbernehmen muumlssen Und diedie sagensie bleiben ganz
zu Hauseweil sie ihr Kind nicht unterbringen koumlnnenldquo
Dramatisch ist die Situation aus diesemGrund auch bei den RentenFrauendie aufgrund
mangelnder Strukturen und mangelnder BereitschaftinUnternehmen lange Zeit gar nicht
oder nurin reduziertem Umfang arbeitenbekommen auch weniger Rentenbezuumlge und
tragen so doppelteLast Einst kuumlmmerten sie sich um dieFamiliewerden dafuumlr aber spaumlter
bdquobestraftldquo Finanziellsinddiese FrauenvonihremEhepartner abhaumlngigdasiekeineeige-
nen Bezuumlge haben Eine etwaigeTrennung koumlnnen sich viele Frauen daher gar nicht leisten
da sieim Alter dann nicht versorgt sind
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 31 Kapitel IV
DDR-Nostalgische Frauen haben wenig Hoffnungin eine zeitnahe Aumlnderung dieser Zustaumln-
de zugunsten der Frauen Ihr groumlszligtes Desiderat ist der gleichberechtigte Zugang von Frauen
zum Arbeitsmarktdas selbstverstaumlndliche Ermoumlglichen einer Ruumlckkehrin den eigenen
Beruf undin die alte Stelle nach derGeburteines oder mehrer Kinderdie Ruumlcksichtnahme
vonUnternehmenaufBelangevonFamilienDassindfuumlrsiedie relevanten Stellschrauben
die eineGleichstellung von Frauen und Maumlnnern ndash wieder ndash ermoumlglichen wuumlrden
bdquoFrauen sind dieVerlierer derWendeldquo
bdquoHier hat sich das Rad wieder ruumlckwaumlrtsgedrehtldquo
Insofern reproduziertdie Ungleichbehandlung von Frauenim Berufslebenund vor allem
von Muumlttern beimVersuch der Berufsruumlckkehr die nostalgischen Erinnerungen an bdquofruumlherldquo
und fuumlhrtzur posthumen Stilisierung derDDR
Moderne Leitmilieus
44 SinusB1bdquoEtablierteldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2339000
Berufstaumltig 68 uumlber 34 Stunden pro Woche 34 20ndash34 StundenWoche 27 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 2 Arbeitslos in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 28
100
Seite 32 Kapitel IV
Wertorientierung
I Selbstbewusst seinals gesellschaftliche EliteErfolg durch Leistungund Zielstrebigkeit
Uumlbernahme von Fuumlhrungsfunktionen undVerantwortungklare Karrierestrategien gut
situierteVerhaumlltnisse
I Flexibilitaumlt und Reagibilitaumlt angesichtsdes schnellenWandelsEinen Schrittvoraus sein
bei technologischen und wirtschaftlichen Neuerungen
I Streben nach beruflichemErfolgundhohemLebensst andardintaktesFamilienlebenals
wichtiges Lebenszielneuerdings staumlrkere Clanning-und Cocooning-Tendenzen
I Pragmatisch -rationale Lebensphilosophie und Machbarkeit sdenkenErfolgs-Ethikklas-
sische Achievement-OrientierungRisikobereitschaftund grundsaumltzlicherFortschritts-
Optimismus
I F ortschrittals unaufhaltsames RaumlderwerkVertrauenindenNutzentechnologischer
Innovationen fuumlr die Menschheit bei negativenFolgen und Missbrauch muumlssen entspre-
chende technisch-wissenschaftlicheVorkehrungen getroffen werden
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 33 Kapitel IV
Privates Praktizieren von individuellen Loumlsungen ndash gesellschaftliche Forderung nach Ausbau von Betreuungsstrukturen
FuumlretablierteFrauenbestehtmeistkeinefinanzielleNotwendigkeitnachderGeburtderKinder
einerberuflichenTaumltigkeitnachzugehenVorallemaumlltereFrauendesMilieus(Generation50
plus)habenihreBerufstaumltigkeitoftganzzugunstenderFamilieaufgegebenDagegenstreben
vieleJuumlngereunbedingtdieRuumlckkehrinsBerufslebenanFuumlrdiesemodernenundgutausgebil-
detenFrauenstelltdieeigeneBerufstaumltigkeiteinwichtigesIdentitaumltsmerkmaldarSiehaben
meistleitendePositionenodersindSelbststaumlndigemithohemBildungshintergrundundmit
einerentsprechendenfinanziellenVerguumltungwiezBAumlrztinRechtsanwaumlltinoderManagerin
In diesem Milieu gibt es eine eindeutige Tendenz nach der Geburteine berufliche Auszeit
zu nehmenbis fuumlr das Kind im Alter von drei Jahren die regulaumlre Kindergartenzeit beginnt
Hier zeigt sich auch bei juumlngeren Etablierten noch stark die traditionelle Einstellungdass
Kinder eine zentrale Ansprechperson brauchen und dass die Mutter diejenige istdie Erzie-
hung am besten leisten kann Zuwendung fuumlr die Kinder spielt in diesem Milieu bei der
Frage der Berufsruumlckkehr eine zentrale Rolleda Etablierte bestrebt sindErziehung in die
bdquorichtigenldquo Bahnen zu lenken und sich mit Erziehung und bei der Wahl der richtigen Umge-
bung fuumlr ihr Kind nach unten abzugrenzen Dies bedeutet nichtdass etablierte Frauen
aufgrund dieser Priorisierung per se ihre eigene Berufstaumltigkeit aufgeben oder zuruumlckfah-
ren Dennoch ist die Suche nach kompatiblen und qualitativ hochwertigen Loumlsungenum
die Kinder nicht nur bdquobetreuenldquo zu lassenvon groszliger Bedeutung
Vorhandene finanzielle Ressourcen erleichtern die berufliche Ruumlckkehr
Die Berufsruumlckkehr wird dabei nicht in Hinsicht auf Defizite (fehlende Betreuungsangebote
moumlgliche Aufgabe von Karrierezielen der Frau etc)gesehensondern loumlsungsorientiert
bdquoWas muss geschehen damit beides ndash Beruf und Familie ndash gelingen kannldquo Die in der
Regel vorhandenen materiellen Voraussetzungen erleichtern die Ruumlckkehr in den alten
Beruf oder den Aufbau einer voumlllig neuen Berufskarriere nach dieser ersten Familienphase
(etwa die Eroumlffnung einer Galerie etc) Privateindividuelle Betreuungsmoumlglichkeitenwie
zum Beispiel eine eigene Kinderfrausind in diesem Milieu keine Ausnahme
Loumlsungsorientierte Perspektive und professionelle Organisation
Wie lange die Mutter dann schlieszliglich arbeiten geht ndash ob 15 Stunden in der Woche oder
Vollzeit ndash betrachten Etablierte als individuelle Entscheidungdie nicht moralisch bewertet
werden sollte Voraussetzung fuumlr eine gelingende Berufsruumlckkehr und eine gute Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ist eine moumlglichst professionelle Familienorganisation sowie das
Bewusstseindass die Eltern-Kind-Beziehung nicht primaumlr von der Quantitaumlt der Zeit
bestimmt wirddie man zusammen verbringtsondern von der Qualitaumlt
So werden am Wochenende Plaumlne fuumlr die kommende Woche erarbeitet Wer hat wichtige
berufliche Termine Wer hat Freiraumlumeum die Kinder abzuholen oder zu ihren Freizeitak-
tivitaumlten zu bringen Diese Organisationsaufgabe ist Grundlage und Preis dafuumlrdass beide
Ehepartner einen Beruf ausuumlben koumlnnen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 34 Kapitel IV
Etablierte Frauen sehendass sie aufgrund ihrer finanziellen Mittel die Freiheit habendie
Kinderbetreuungsozugestaltendasssiea)qualitativ hochwertigundb)zeitlich flexibelist
und sich daher optimal (bdquoperfektldquo) an die eigene Berufstaumltigkeit anpassen laumlsst Dies ist ein
wesentlicherGarantdafuumlrdass die Frauen mit gutemGefuumlhl und mit ihrer ungeteilten
AufmerksamkeitindenBeruf zuruumlckkehrenkoumlnnenSiesehenjedochauchdassdieswei-
tenTeilen der Bevoumllkerung nicht moumlglich ist und fordern hier von Seiten derPolitik den
weiteren Ausbauder Kinderbetreuungdamitesmehr Frauen gelingtin ihren Beruf
zuruumlckzukehrenwenn sie dies wollen und sie diesen auch ausfuumlllen koumlnnen
45 SinusB12bdquoPostmaterielleldquo
Wertorientierung
I LiberaleGrundhaltungWeltoffenheitToleranzkosmopolitischeWeltsichtkritische
Auseina ndersetzungmitUumlbertechnisierungundGlobalisierung(PrimatderLebensqualitaumlt)
I Postmateriell gepraumlgter IndividualismusFreiraumlume fuumlr sich selbst schaffen (auch gegen
Sachzwaumlnge) ZeitsouveraumlnitaumltundEntschleunigungeigene Ideen realisierengegen
starre Ablaumlufe und BuumlrokratieAnti-Fundamentalismus
I GroszligesVertrauenindieeigenenFaumlhigkeitensouveraumlnerUmgangmitberuflichen und
familiaumlren HerausforderungenLeistungsbereitschaftund Durchhaltevermoumlgenmate-
riellerErfolgaber keine klassische Karriereorientierung
I Weltoffenheit und Bildung als humanistischeTugendgrundsaumltzliche (aber nicht bedin-
gungslose)Toleranz anderer Lebensauffassungen und Lebensweisenallerdings ideolo-
gische und stilistische Ablehnung von krudem Hedonismus und oberflaumlchlichem Konsum-
MaterialismusDistanz zu bdquoeindimensionalenldquo Lebensweisen und Lebensentwuumlrfen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 44 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
81 2860000
Berufstaumltig 73 uumlber 34 Stunden pro Woche 27 20ndash34 StundenWoche 36 weniger als 20 StundenWoche 4 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 6 Arbeitslos 3 in Ausbildung 2 nicht berufstaumltig 22
100
Seite 35 Kapitel IV
I Ungebrochene EmanzipationsorientierungPartnerschaf tlichkeitinEheundFamilie
Zuruumlckweisung der traditionellen RollenklischeesAvantgarde der Frauenbewegung und
treibende KraftvonbdquoFeminisierungldquoundGleichstellunginGesellschaftundWirtschaft
Wunschnach BalancevonFamilien-undErwerbsarbeitndash Wahrnehmung groszliger struktureller Huumlrden
Balance zwischenFamilie und Beruf ist ein ausgepraumlgterWunsch postmaterieller Frauen
Arbeit und Selbstverwirklichungin der Arbeit sindin diesem Milieu sinnstiftendes Lebens-
element Aufgrund der vergleichsweise hohen Relevanz eigener beruflicher Ambitionen
bedeutetdieEntscheidungfuumlr Kinder haumlufig nur einen zeitlich befristetenVerzichtauf
eigene berufliche BelangePostmaterielleMuumltter stecken selbstverstaumlndlichund gerne
zuruumlckwenn ein Kind kommtsehnen sich aber mehrheitlich (zuruumlck) ins Berufsleben Sie
verstehen sich als Lebensphasen-Begleiterin des Kindes DiesePhase ist fuumlr sie wichtig und
zentralwird aberals zeitlich begrenzter Abschnittin ihrem Leben wahrgenommenuumlber
den es hinauszublicken gilt
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 36 Kapitel IV
bdquoIch bin leidenschaftlich Mamaaber ich bin eben auch gerne berufstaumltigldquo
Berufsruumlckkehr und dieVereinbarkeit vonFamilie und Beruf als gesellschaftlichenicht primaumlr als individuelle Aufgabe
Das Streben nach einerVereinbarkeit vonFamilieund Beruf stellt postmaterielle Frauenoft
vor groszligeHerausforderungen Aktuell beobachten sie eine massive gesellschaftliche Schief-
lageDieVoraussetzungenfuumlr FrauennachderGeburteines Kindes wiederndashineinersie
ausfuumlllendenbefriedigendenPosition ndashzu arbeiten sind haumlufig schlecht Allzuoftmuumlssen
Frauen ihreEntscheidungen fuumlrFamilie oder fuumlr den Beruf moralisch verteidigen Zudem
wirdes Maumlnnern schwer gemachtsich staumlrkeranderFamilienarbeitzu beteiligenSo kriti-
sierenPostmaterielle massivdass Frauen heute immer nochofteineEntweder-oder-Ent-
scheidung zwischen Beruf oder Kindern treffen muumlssen
bdquoManmusssichentscheidenWennichrichtig hochkommenwillimJobdannmussich
aufFamilie verzichtenldquo
bdquoMaumlnner muumlssen nicht daruumlber nachdenkenwannsie Kinder wollenundobdaszu
ihren beruflichenWuumlnschen passt Die stehen nicht unter diesem Zwangldquo
Viele Frauen dieses Milieus zeigen daher eine ausgepraumlgte Frustration ndash oder haben eine
Phase dieser Frustration erlebtals die Kinder kleiner waren ndash angesichtsder als unzurei-
chend empfundenen familien-und arbeitsmarktpolitischen StrukturenDieErfahrungist
dass es vor allem Frauen sinddie persoumlnlich wie beruflich zuruumlckstecken Berufsruumlckkehr
gelingtindiesemMilieu befriedigendvorallemdannwennderPartnereinenBerufausuumlbt
dergutmitden AnforderungeninderFamiliezu vereinbarenist LehrerSelbststaumlndigeetc
Zwar wissen postmaterielle FrauendassErwerbsbiografien heute nur nochin Ausnahme-
faumlllen linear verlaufenGleichzeitig aber ist derWunsch groszligdaswas sie erlernthaben
auch beruflich auszuuumlben Sie sind dann frustriertwenn sie aufgrund ihrer familiaumlren
Situation dauerhaftkeinen adaumlquaten und ausfuumlllenden Beruf habeneinen bdquoJobldquo anneh-
men muumlssenbdquonur um irgendetwas zu habenldquo oder wenn sie aufgrund von Umzuumlgen ihr
altes Berufsumfeld verlassenundkaum Chancenaufeineentsprechende Stelleinder neuen
Stadt haben
Als Ungerechtigkeit empfindensieesdass FrauenauchundvoralleminBezugaufihre
Rente haumlufig dieVerliererinnen sindWenn sie ndash auch aufgrund mangelnder Betreuungs-
moumlglichkeitenndasheinigeJahrekomplettausdemErwerbsleben aussteigenwennsiendashauch
aufgrund der vielfach nicht vorhandenenGanztagsschulen oder Schulbetreuung ndash langjaumlh-
rig mit deutlich reduziertem Stundenumfang arbeitenLetztlich wird ihnen dieser Einsatz
nicht gedankt Frauen koumlnnen heuteVollzeiterwerbstaumltigkeit undFamilie aufgrund der
Struktureninder Kinderbetreuungnur seltenverwirklichen ndash gleichzeitig bedeutetdiesfuumlr
sie aber massive Renteneinbuszligen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 37 Kapitel IV
Familienfeindliche Arbeits(un)kultur
Aktuell sind es vor allem der enge Arbeitsmarkt und die dortherrschenden Anforderungen
und Einstellungendiees Frauen erschwerena)inden Beruf zuruumlckzukehrenundb)Familie
und Beruf dauerhaftund fuumlr alle Betroffenen befriedigend zu vereinbaren Der weitere
Ausbau der Kinderbetreuung ist hier ein wichtiger SchrittFrauen fruumlherflexibler eine
Ruumlckkehrindas Berufslebenzu ermoumlglichenWennsichdieArbeitskulturaber weiterhin
als (so) familienfeindlich erweistwiePostmaterielle sie derzeit wahrnehmenetwa durch
die selbstverstaumlndlicheForderung von Arbeitszeiten jenseitsvon bdquonineto fiveldquo durch zeit-
licheund raumlumliche Flexibilitaumltsanforderungendurch selbstverstaumlndliche Uumlberstunden
Arbeit anWochenendenGeschaumlftsreisen etc dann ist der Ausbau der Kinderbetreuung
nureinTropfenaufdemheiszligenSteinfuumlrFamilienSo fordernPostmaterielleeine gesell-
schaftliche Diskussiondamit die groszligeRelevanz von Kindern und die Bedeutung von
Familienleben wieder staumlrkerin denFokus ruumlcktdamitinUnternehmen eine groumlszligere
Akzeptanz fuumlr Arbeitnehmer beiderleiGeschlechtsmit Kindern und eine familienfreund-
liche Arbeitskulturerwachsenkann
bdquoWir braucheninderGesellschaftein anderes Bewusstseinsonst bleiben Loumlsungsvor-
schlaumlge steckenldquo
Pro-aktiveVaterrolle ndash Huumlrde ist der Arbeitsmarkt
Dieses UmdenkeninderWirtschaftistauchGrundlagedafuumlrdassVaumlterheuteihreRollebei
der Erziehung und Betreuung der Kinder aktiver und selbstbestimmter ausfuumlllen koumlnnen
Eine Berufstaumltigkeit beider Eltern darfnicht bedeutendassFamilienarbeit einseitig auf
einen Elternteil abgewaumllztwirdwiediesheutenachwievoroftderFallistPostmaterielle
Frauen fordern hier dieTeilhabe ihrerPartner und die gleichberechtigte Aufteilung der
anfallenden familiaumlrenund haumluslichenPflichten(hohe Praumlferenzin diesem Milieufuumlrein
gleichgestelltesFamilienmodellinderMannundFrauetwagleichviel arbeitenundsich
gleichvielum Haushaltund Kind(er) kuumlmmern)Sie erlebenaberdassdiesoftmalsnichtan
der echten Bereitschaftder Maumlnner scheitertsondern an deren permanentsteigenden
beruflichen AnforderungenDiesepartnerschaftlich-gleichberechtigteLoumlsungwirdaktuell
durchdie strukturellenVoraussetzungenim Arbeitsmarktund durch Selbstverstaumlndnisse
und KultureninUnternehmen (noch) verhindert
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 38 Kapitel IV
Der moderne Mainstream
46 SinusB2 bdquoBuumlrgerlicheMitteldquo
Wertorientierung
I Einen angemessenenStatusinderGesellschaf t(inder wohlsituiertenMitte) erreichenund
aufrechterhaltendurch LeistungZielstrebigkeit undVorsorgetrotzlatenter Aumlngste vor
sozialem Abstieg haumlufig demonstrative Anhaumlnger neoliberaler Ideen undForderungen
I Zur Erfuumlllungim LebengehoumlrtberuflicherErfolg(eine gesichertePosition)und privates
Gluumlck(Geborgenheitin derFamilie undim sozialen Umfeld)
I Beachtung sozialer Normen und KonventionenAnpassungsbereitschaftund Sicherheits-
strebenTendenz zur Abgrenzung nach unten sowie gegenuumlber den sozialen Raumlndern
I Sehnsuchtnach Schoumlnheitund Harmonieim Privatenund AusgleichinderGesellschaft
(geordneteVerhaumlltnisseRuumlcksichtFairness) CocooninginFamilie und Freundeskreis
I Das Leben so angenehm wie moumlglich gestalten sich leisten koumlnnenwas einem gefaumlllt
ndash aber flexibelrealistisch und bodenstaumlndig bleiben (denWertdesGeldes weiszligman zu
schaumltzen)
I AusgepraumlgteStatusorientierunginBezugaufdie KinderKinderals Investitionsgut
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 45 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Frauen (ohne Rentnerinnen)
74 4235000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
58 32 18 4 4 8 11 23
100
Seite 39 Kapitel IV
Sozialer Druck zur Berufsruumlckkehr ndash Sorge vor einer gesellschaftlichen Abwertung vonFamilie undFamilienarbeit
Frauender BuumlrgerlichenMittesehensichheuteineinem wachsendeninneren KonfliktSie
wollenaufdereinenSeiteihreMutterrolle umfassend ausfuumlllenundgeradeindenersten
Jahren moumlglichst selbst fuumlr ihre Kinder sorgenGleichzeitig haben sie ein groszliges persoumln-
liches Beduumlrfnis zur Berufsruumlckkehr Frauen dieses Milieus nehmen aktuell wahrdass die
Rolle der bdquoNurhausfrau und Mutterldquo zunehmend gesellschaftlich diskreditiertist und es
einen wachsendenDruckzur fruumlhen RuumlckkehrindenBerufgibtIhregroszligeSorgeistdass
Berufund weiblicheErwerbstaumltigkeitinZukunfteineimmergroumlszligereRollespielenwerden
und die Prioritaumlt derFamilie verloren geht Bezogen auf die Berufsruumlckkehr bedeutet dies
dassder Zeitpunktdes Wiedereinstiegs heute keine individuelleprivateEntscheidung
mehr istdie sich an den Beduumlrfnissen der Kinder ausrichtetsondern zunehmend beein-
flusstistvonaumluszligeremDruckunddem gesellschaftlichenbdquoMussldquozurErwerbstaumltigkeit
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 40 Kapitel IV
Sorge um dasWohlergehen der Kinder
Frauender BuumlrgerlichenMitte stellendieFamilieunddie Beduumlrfnisse ihrer Kinderindas
Zentrum ihrer beruflichen Uumlberlegungen Eine Berufstaumltigkeit muss zu den Beduumlrfnissen
allerFamilienmitglieder passenGleichzeitig gibt es eine starke Abneigung gegen ein
bdquoZuvielldquoanauszligerhaumluslicher Betreuungseiesinder Kinderkrippeim Kindergartenoderim
Schulhort Dreh-und Angelpunkt der Uumlberlegungen von Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte
istdass bdquosie die Kinder nicht bekommen haben um sie dann von anderen betreuen zu
lassenldquo Vielfach wurde schon die Berufswahl unter dem Aspekt einerVereinbarkeit bzw
einer guten Ruumlckkehrmoumlglichkeit (auch mit reduzierter Stundenzahl) angegangenLehre-
rinnenApothekerinnenMTAsPTAsAngestellteim oumlffentlichen Dienst etc sind klassische
BerufeGleichzeitig erleben Frauendes Milieusdassdie Dauerder beruflichenUnter-
brechunginhohemMaszligeEinflusshataufeine WiedereingliederungindenBeruf
bdquoIchwillfuumlrmeinKindvollundganzdaseinndash sonst braumluchteichdochkeineFamiliezu
gruumlndenldquo
bdquoIch habe doch keine Kinder bekommenum sie dann von anderen erziehen zu lassenldquo
bdquoKinder wachsendochheutemehrimHortaufalsinderFamiliedasfindeichganz
schlimmldquo
bdquoIch habe (hellip)Grundschullehramt studiertzum einenweil ich den Beruf schoumln fand
zum anderenweil ich genau wusstedas kann ich mit eigenen Kindern gut verbindenldquo
Emotionalwirddie RuumlckkehrindenBerufinvielenFaumlllensolangewiemoumlglichndashmindes-
tensjedochbisdasKind bdquoregulaumlrldquomitdreiJahreninden Kindergartenkommtndashnachhin-
ten verschobenum ihm moumlglichst viel Mutternaumlhe und Zuwendung mitzugeben Nach
auszligenwirddiesgernemitlangenWartezeitenaufeinenKrippen-oder Kindergartenplatz
begruumlndet oder aber mit einer mangelnden altersgemaumlszligen Betreuung fuumlr unter Dreijaumlhrige
in den bestehenden Einrichtungen
bdquoFuumlrmichwardasselbstverstaumlndlichdassichzuHausebleibezumindestindenersten
Jahrenbisdie Kleineinden Kindergartenkamldquo
Die Buumlrgerliche Mitte begruumlszligt den Ausbau der Kinderbetreuung Aber dieser Ausbau darf
nicht primaumlr ein quantitativer sein Sehr sensibel schaut dieses Milieu auf paumldagogisch
wertvolle zeitgemaumlszlige Erziehungskonzepte und ist nur dann bereitihr Kindtatsaumlchlichin
eine Betreuung zu gebenwenn dasPersonal gut qualifiziertist und mit Selbstverstaumlndlich-
keitaktuellepaumldagogischeAnsaumltzeindie ErziehungsarbeitintegriertwennderBetreu-
ungsspiegel ausgewogen istWeil sie hier aktuell noch viele Defizite sehen wird der Wie-
dereinstiegindenBeruffuumlrvieleFrauenausder BuumlrgerlichenMittezum praktischenund
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 41 Kapitel IV
emotionalen Hindernislauf Muumltter aus diesem familienfreundlichen Milieu sind sehr vor-
sichtig und eher bereitlaumlnger mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu wartenals das Kind
zufruumlhindie bdquofalscheldquo Betreuungzugeben
Haumlufigistdie BerufsruumlckkehrinTeilzeitbis maximal20 Stundenoderauf400Euro-Basisein
Ausweg aus dem Dilemma Nach Moumlglichkeit kehren Muumltter der Buumlrgerlichen Mitte wieder
inihrealten Betaumltigungsfelderzuruumlckndashsieschaumltzendie Sicherheit(sozialemotional)in
vertraute StrukturenundNetzwerke zuruumlckzukehren Aktuell nehmensiewahrdassnurin
wenigen BerufenundUnternehmenzBim oumlffentlichen Dienstfamilien-und kinder-
freundliche Strukturen vergleichsweise guumlnstige Bedingungen fuumlr den Wiedereinstieg
schaffen (zB Moumlglichkeit der Ruumlckkehr auf die alte StellefamilienfreundlicheTeilzeitrege-
lungen)InZeitschriftenlesenFrauendesMilieusdasses durchausUnternehmengibtdie
in diesem Bereich Pionierarbeit leisten ndash daran gemessen erscheinen ihnen Huumlrden bei
ihrem Arbeitsplatzoftals hochGleichwohl haben solche bdquoPionierunternehmenldquo Leitbild-
charakterfuumlrdie BuumlrgerlicheMittedasieaufzeigendassesgrundsaumltzlichmoumlglichist
FamilienfreundlichkeitundUnternehmertumzu vereinen
Forderungen nach Anpassung der Arbeitswelt an Beduumlrfnisse vonFamilien ndash nicht umgekehrt
Forderungen von Frauen des Milieus gehen aus diesenGruumlndenin Richtung einer Qualitaumlts-
steigerunginder Kinderbetreuung(auchim Sinne einer zeitgemaumlszligen Fruumlhfoumlrderung)und
insbesonderein Richtung einer Flexibilisierungder Arbeitswelt zugunsten vonFamilien
Gleitzeitarbeit jenseitsder uumlblichen Buumlrozeiten von 8ndash17 UhrEinfuumlhrung von Arbeitszeit-
kontenMoumlglichkeitder Arbeit vonzu Hause ausim Krankheitsfall oderinFerienzeitender
Kinder (Home-office) Ein Desiderat der Muumltter dieses Milieus ist esselbst die Houmlhe ihres
Arbeitspensumsentscheidenundanden AnforderungenderFamilie ausrichtenzu koumlnnen
So koumlnnen Frauen sicherstellendass die Kinder die Berufstaumltigkeit der Mutter gar nicht
mitbekommendass sie keine Nachteile erleidendadurchdass die Mutter abwesend ist
Frauen aus der Buumlrgerlichen Mitte haben das Ideal einer Arbeitsweltdie sich an die Beduumlrf-
nisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anpasst ndash insbesondere jener Arbeitneh-
merinnen und ArbeitnehmerdieFamilie habenPolitik hat hierbei die FunktionAnreize zu
schaffendamitdiePositionvonMuumltternndashundVaumlternndashinderArbeitswelt gestaumlrktunddie
bdquokalteldquo tendenziell familienfeindliche Wirtschaftein Stuumlck lebensnaumlher wird
bdquoArbeitgeber muumlssen kinderfreundlich werdendamitesin Zukunftgenuumlgend Arbeit-
nehmer gibtldquo
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 42 Kapitel IV
Sanfter WiedereinstiegBerufstaumltigkeit darfErziehungsarbeit nicht gefaumlhrden
Sanfter Wiedereinstieg unter dem Aspekt der Ruumlcksichtnahme auf den BedarfvonFamilien
ist daher ihreForderung
I Das zeitliche Zusammenfallen der Berufsruumlckkehr nach den bdquoklassischenldquo drei Jahren
Erziehungszeit mit dem Beginn der Kindergar tenzeit stellt fuumlr viele Frauen des Milieus ein
groszliges emotionales Problem dar Hier wuumlnschen sich viele Frauen mehr Flexibilitaumlt seitens
derUnternehmenFrauen moumlchtenden Zeitpunkt selbst waumlhlenduumlrfenwannsieindas
Unternehmen zuruumlckkehren
I SchleichenderWiedereinstiegundRuumlcksichtaufdieRuumlckk ehrendenimUnternehmenDie
BerufsruumlckkehrsollimoptimalenFallnichtgleichmitderendguumlltigvereinbartenStunden-
zahlbeginnensondernistalsStufenmodellzuverstehenzunaumlchstmiteinernochmals
reduziertenStundenzahlsodassdieFraudieMoumlgl ichkeithatihreAnforderungenzuHause
(EinkaufKochenHaushaltKinderetc)anihreneueberuflicheSituationanzupassen
I Staumlrkere berufliche Flexibilitaumlt der Maumlnnerdamit die Berufsruumlckkehr nicht allein Angele-
genheit der Frau istsondern diePartner besser eingebunden werden koumlnnen und fami-
liaumlre Aufgaben besser zwischen beidenPartnern verteilt werden koumlnnen
bdquoWiedereinstieg ist doch heute nicht einfachallein vom Zeitpunkt heraber auchweil
indenUnternehmen heute vielmehrerwartet wirdldquo
bdquoEsmuumlsstevielsanftergehenManmusssichjaaucherst umstellennachdenJahrenzu
HauseEssindjawiedervoumllligneue Anforderungendasich meistensjaauchvielgetan
hatindenUnternehmen selberDa muumlsstees einfachmehrVerstaumlndnisgebenldquo
bdquoUnternehmen muumlssen mehrTeilzeitstellen fuumlr Frauen und Maumlnner einrichtendamit
man Kinder und Beruf besser unter einen Hut bringen kannldquo
bdquoEs solltefuumlr beideMaumlnnerund FrauenmehrUnterstuumltzungindenUnternehmen
gebenwenn die Kinder kleiner sinddann ist der Wiedereinstieg auch nicht mehr
alleine das Problem der Frauldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 43 Kapitel IV
Postmoderne Milieus
47 SinusC12 bdquoModernePerformerldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Leistungsehrgeiz verbunden mit Streben nach persoumlnlicher Selbstverwirk-
lichungundintensivemLebenMobilflexibelinnovativundkreativseinseineFaumlhig-
keiten erproben und seineGrenzen erfahren (sich beweisenwas man kann)
I Er folg habenwenn und wo sich Chancen auftun (Adaptive Achievement) viel Energie
und (spielerische) Risikobereitschaftbei derVerfolgung seiner Ziele
I Nach dem Ende des New Economy-Hype zunehmend Ernuumlchterung undFokussierung auf
das Machbare sowieauf Sicherheits-undStatusaspekte
I Einerseit sHinterfragen von Normen und Hierarchien andererseitsSehnsucht nach sozi-
aler AnerkennungAusgleich und eingebunden sein
I IdealeinerVerbindungvon materiellemErfolgundlustvollemLebenAufhebungder
traditionellen Widerspruumlche wiePflicht vsGenussBeruf vs Privatleben etc
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
25
20
15
10
5
0 14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59
Median 30 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
981 3393000
Berufstaumltig uumlber 34 Stunden pro Woche 20ndash34 StundenWoche weniger als 20 StundenWoche MinishyJob (400shyEuroshyJob) Arbeitslos in Ausbildung nicht berufstaumltig
60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
55 44 9 1 1 1 35 10
100
Seite 44 Kapitel IV
Ambitioniertezielgerichtete Planung der beruflichen Ruumlckkehr bei hoher FlexibilitaumltinBezugaufdie praktischeGestaltung
ModernePerformerinnen planen ihren beruflichenWerdegang zielorientiertziehendas
Studium mit Blick auf einen strategisch sinnvollen Berufseinstieg durch DerErfolgim Beruf
istihnenwichtigpersoumlnlichesEngagementundEinsatzsindselbstverstaumlndlichEineEnt-
scheidungfuumlr Kindererfolgtin diesem karriereorientierten Milieustark vordemHinter-
grund eines moumlglichen Karriereeinschnitts
bdquoMutter sein und einen guten Job haben das muss doch beides gehenldquoist daher die
zentraleForderung ModernerPerformerinnenAbergerade beruflichstarkengagierte
Frauendieses Milieus nehmenwahrdassdieEntscheidungfuumlreinKinddenZugangzu
einer ambitionierten Karriere deutlich erschwert Ihrer Ansicht nach haben es Frauen mit
Kindern ungleich schwerergehobenePositioneninUnternehmenzu erreichenals gleich
qualifizierte Maumlnner mit Kindern
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 45 Kapitel IV
Zeitlicheund raumlumliche FlexibilitaumltProfessionalitaumltundVerfuumlgbarkeitsindheuteGrund-
voraussetzungenfuumlrgutePositioneninUnternehmen Performerinnensind willensund
bereitalldieszu erbringenDefacto erlebensiewennsienachderhaumlufignurkurzenErzie-
hungszeitwiederindenBeruf einsteigenwollendassgenaudieseinegroszligeHuumlrdedar-
stellt Die Zeiten der Kinderbetreuung sind starr und mit ihren Arbeitszeiten meist nicht
kompatibelnachmittags und abends fehlt es meist voumlllig an geeigneten Betreuungsmoumlg-
lichkeitenDereigenePartneristselbstinderRegel beruflichso eingespanntdassernicht
einspringen kannwenn es der Beruf der Frau erfordert
UnzeitgemaumlszligeDiskrepanz zwischen Anforderungen im Berufsalltag und der Infrastruktur in der Kinderbetreuung
AndersetwaalsdieBuumlrgerlicheMitteunddiePostmateriellenkritisierenModernePerforme-
rinnenwenigerdietendenziellfamilienfeindlicheEinstellungvonArbeitgebernsonderndie
nachwievorzuschlechteInfrastrukturderKinderbetreuungSiesehendieoumlkonomischen
ZwaumlngevonUnternehmenundakzeptierendieseDieFlexibilitaumltdiediemoderneArbeits-
weltvonihrenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneinfordertfordernsiedaherwiederum
beiderKinderbetreuungeinZwarprangernModernePerformerinnendiegeringeBereit-
schaftinUnternehmenanaufBeduumlrfnissevonFamilieneinzugehendieUrsachederPro-
blemevonFrauenbeiderBerufsruumlckkehrliegtvorallemaberimschlechtausgebauten
SystemderKinderbetreuunginDeutschlandsowiederTatsachedassdieGesellschaftberufs-
taumltigeMuumltterheutenochalsbdquoRabenmuumltterldquoverurteilt
Die Steinedie Frauen heute beim beruflichen Wiedereinstiegin denWeg gelegt werden
sind ausPerspektive dieser Frauena)unnoumltig undb)voumlllig unzeitgemaumlszlig Sie sehenin ande-
renLaumlnderndass und wie es gut gelingen kannKinder und Berufstaumltigkeit zu vereinen
(prominente Beispiele sind Frankreichaber auch SchwedenNorwegen und Finnland)
Derzeit erleben sie die Arbeitswelt eindimensional auf Kinderlose ausgerichtet und die
Gesellschaftals feindlich eingestellt gegenuumlber weiblichen Karriereambitionen Ihrer
Ansicht nach fehlt es an der Bereitschaftumzudenken und Strukturen gezielt und vor allem
zeitnah zu veraumlndern
bdquoBei der Kinderbetreuung tut sich etwasaber insgesamt geht das immer noch viel zu
langsamldquo
bdquoHeute richtetman seinenJobkomplettnachdemKindmanistimmerinHetzeund
danndarfnichtsschiefgehenZu wissenmeinKindistgut versorgtunddaszujeder
Zeitdas waumlre ein gutesGefuumlhlldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 46 Kapitel IV
Einsatzund Innovationsbereitschaftals individuelle Anforderungen zur Bewaumlltigung von beruflicher Ruumlckkehr undVereinbarkeit von Familie und Beruf
Gerade aufgrund der Diskrepanz zwischen bestehenden Kinderbetreuungsangeboten und
den hohen zeitlichen Anforderungenim Beruf werden berufliche Auszeitenund beruflicher
Wiedereinstiegin diesem Milieu genauestens geplant Durch haumlufigeKontakte zur Firma
waumlhrendder Erziehungszeit versuchendieFrauenden AnschlussimBerufnichtzuverlie-
renDaskannauch einschlieszligenbereitswaumlhrenddesMutterschutzesbei flexiblenArbeits-
zeiten von zu Hause aus als bdquoFreelancerldquo fuumlr die Firma taumltig zu sein
Die fehlende Flexibilitaumlt der Kinderbetreuung machen ModernePerformerinnen durch
einen eigenen hohen organisatorischen Aufwand wett Fruumlhzeitig wird ein Netzvon Betreu-
ungsmoumlglichkeiten mitTagesmutterKinderkrippeHortetc aufgebaut
So resuumlmierenModernePerformerinnendassesheutefuumlrFrauenmoumlglichistmitKind
Karriere zu machenAllerdings sind Muumltter dabei weitgehend auf sich gestellterfahren nur
wenigUnterstuumltzungund muumlssensich daruumlber hinausnochgegen Anfechtungensieseien
bdquokarrieregeileldquo Muumltterdie ihre Karriere zulasten der eigenen Kinder eiskalt vorantreiben
verteidigen
Dennoch sind sie beim Thema bdquoWiedereinstiegldquo nicht frustriert ndash wie etwaPostmaterielle
haumlufig Elternschaftist fuumlr sie ein Projekt ndash so wie das Leben viele Projekte bereithaumllt Moder-
nePerformer setzen auf ihre eigenen Kompetenzen bei der Bewaumlltigung dieser Herausfor-
derungenSie besitzen dieFaumlhigkeitflexibel aufVeraumlnderungen zu reagieren sowie das
Leben gelassen und unter dem Aspekt von Selbstbestimmheit und Machbarkeit zu betrach-
tenIstder WiedereinstiegimaltenUnternehmenoderinderaltenPositionnichtmachbar
suchen sie nach Alternativen und anderen Beschaumlftigungsformen
48 SinusC2bdquoExperimentalistenldquo
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 34 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
900 1979000
Berufstaumltig 66 uumlber 34 Stunden pro Woche 46 20ndash34 StundenWoche 14 weniger als 20 StundenWoche 5 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 1 Arbeitslos 10 in Ausbildung 15 nicht berufstaumltig 9
100
Seite 47 Kapitel IV
Wertorientierung
I Pragmatisch -lockereGrundhaltungVeraumlnderungs- Lebens-und Experimentierfreude
grundsaumltzliche Neugier undToleranz gegenuumlber unterschiedlichen Lebensformen und
KulturenSuchenach vielfaumlltigenErfahrungenum herauszufindenwermanistwasman
kann und was zu einem passt Ausleben seinerGefuumlhleBegabungenSehnsuumlchte und
Phantasien (Escape als Lebensform)
I G eringschaumltzung vonaumluszligeren ZwaumlngenRollenRoutinenvon bdquolebenslangerldquoFestle-
gunghaumlufig unkonventionelle KarrierenPatchwork-BiografienmateriellerErfolgund
Status spielen eine untergeordnete Rolle
I Individualismusund ungehinderteSpontanitaumltals Programmintensives Lebenbishinzu
Grenzerfahrungen (ExtremsportEsoterikKunst und Kulturkreative Hobbys) Lust am
Risikokein Sicherheitsdenken
I DieWelt ist der Stoffum daraus was zu machenes geht nicht darumeinem vordefi-
nierten Programm zu genuumlgen oder fremde Ziele zu erreichen sondern um das explora-
tive Arbeiten an einer IdeeJeder tut dafuumlr daswas er am besten kann Dabei kann sich
unterwegs das Ziel aumlndernzentral ist neue eigeneWege zu gehen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 48 Kapitel IV
Entspannter und kreativer Umgang mit dem Thema Berufsruumlckkehr ndash explorative Suche nach einem individuellen Mix an Loumlsungsbausteinen
In diesem Milieu ist Abwechslung ein zentrales Element ndash privat und beruflich Berufliche
Biografien werden meist wenig zielgerichtet und kontinuierlich verfolgtSo empfinden
Experimentalistinnen es durchaus auch als angenehmeVorstellungeine gewisse Zeit lang
zu Hause zu bleiben und sich nach derGeburtum das Kind zu kuumlmmernDie begeisterte
Mutter entdeckt sich selbst neu Auch werden Beruf und Kind nicht grundsaumltzlich als kon-
kurrierende Sphaumlren erlebt ndash haumlufig sind Frauenin Berufen taumltig bei denen (weiterhin) von
zuHauseaus gearbeitetwerdenkannSiesehendietemporaumlreEntscheidungzuHause
beim Kind zu bleibendaher eher entspannt
In Bezug auf die Berufsruumlckkehrden Beruf selbst und denPartdesPartners dabei dominiert
die EinstellungdassessichschonbdquoirgendwieergebenwirdldquoInkeinemMilieuistder
Umgangmit diesem Themasoentspanntund unpraumltentioumlswiein diesemDa Elternschaft
alsPhase erlebtwirdundinBezugaufden Beruf keine zielgerichtete Karriereplanung
verfolgt wirdverspuumlren Experimentalistinnen ndash andersetwaals ModernePerformerinnen ndash
kaum Druck und zeigen auch nicht denWunschmoumlglichst alle relevantenWeichen fuumlr die
berufliche Zukunftrechtzeitig stellenzu muumlssen Viele lebeninPartnerschaftenin denen
auchdieMaumlnnerihreeigeneKarriereehergelassenangehensindin kreativenBerufen
taumltigwo ungewoumlhnliche Arbeitszeitenaber auch die Moumlglichkeitzu Hause zu arbeitenan
derTagesordnung sind Die Bereitschaftsichin der Lebensphasein der die Kinder noch
relativ klein sindfinanziell zu bescheidendafuumlr aber mehr private und persoumlnliche Frei-
heiten ndash mit dem Kind ndash zu genieszligenist sehr groszlig
bdquoIch denkejeder muss fuumlr sich schauenwas er moumlchte und wie er das regelt Der eine
meintvielleichter muumlsse jetzt mehr arbeitendamit er dieFamilie besser versorgen
kannder andere arbeitet vielleicht bewusst wenigerhat dann auch weniger Knete
erlebt aber dafuumlrwie seine Kinder groumlszliger werdenWas der eine gut findetmuss fuumlr
den anderen lange nicht passenldquo
bdquoEshaumlngtdochimmerdavonabwaswer arbeitetMeinFreundistselbststaumlndigund
hatseinBuumlrobeiunsimHausWennicheinenTerminhabepassteraufdie Kinderauf
Meistens laumlsst sich das gut handelnldquo
Das Selbstbewusstseindie kreative Avantgarde derGesellschaftzu seinbezieht den Bereich
Familie und Beruf einDie Suche nach individuellen Loumlsungen jenseitsder bdquokonventio-
nellenldquo Job-und Betreuungsangebote ist daher eine Herausforderung der manfrau sich
spielerisch stelltGibt es keine passende Kindergruppedie die Kinder auch mal am Abend
oderWochenende betreutdann sucht manGleichgesinnte und gruumlndet diese
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
shy
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
Konsum Materialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 49 Kapitel IV
BeiallerGelassenheitWunschnach offeneren Struktureninder Arbeitswelt und Ausbau der Kinderbetreuung
InderPraxis erleben Experimentalistinnenvorallemjeneuumlber30Jahrendassder Wieder-
einstiegindenBerufund vielmehrnochdiendashlaumlngerfristigendashVereinbarkeitvonFamilieund
Beruf auchim eigenen Umfeld tendenziellein Frauenthema ist
I W esentlich fuumlr eine houmlhere Zufriedenheit von Frauen waumlren veraumlnderte Strukturen der
Kinderbetreuungdie auf die heutige flexibilisierte Arbeitswelt Bezug nehmenBetriebs-
kindergaumlrtenMittagstischinden SchulenAusbauderFerienbetreuungflexibleOumlff-
nungszeitenin Kinderkrippen und -gaumlrten bisin die Abendstunden hinein
I Wesentlich waumlre auch eine groumlszligere Flexibilisierung der Arbeitsweltdie auf die Eigenver-
antwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt flexible Arbeitszeiten
Home-officeundeine kinderfreundlicheUnternehmenskultur beidermanzurNotdas
Kind auch mal fuumlr einige Stunden an den Arbeitsplatzmitnehmen kann
Milieus am unteren Rand der Gesellschaft
49 SinusB3bdquoKonsum-Materialistenldquo
Wertorientierung
I Ausgepraumlgter Konsum-MaterialismusSichetwas leisten koumlnnenAnschluss haltenandie
Standardsder breitenMittelschicht(DVD-PlayerHandyAutoUrlaubKosmetikMode-
schmuck)
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 46 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
731 2512000
Berufstaumltig 57 uumlber 34 Stunden pro Woche 20 20ndash34 StundenWoche 26 weniger als 20 StundenWoche 2 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 9 Arbeitslos 14 in Ausbildung 4 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 50 Kapitel IV
I Man moumlchte anerkanntseinals bdquonormaler Durchschnittsbuumlrgerldquo dazugehoumlren (vor allem
im Osten) hat aber haumlufig dasGefuumlhl von Benachteiligung und ausgeschlossen sein ndash und
ist entsprechend haumlufig frustriertund unzufrieden
I T raumlumevom bdquobesonderenLebenldquo(GeldLuxusPrestige)vonploumltzlichauftauchenden
groszligen Chancen ndash als Reaktion auf die haumlufig prekaumlre finanzielleLage
I Die eingeschraumlnkten eigenen Moumlglichkeiten fuumlhrenoftauchzu Abgrenzungsbemuuml-
hungen gegenuumlber Randgruppen und Auslaumlndern (bdquodie noch tiefer stehenldquo)
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 51 Kapitel IV
Sehnsucht nach praktischer Alltags-und Lebenshilfe ndash nur geringe Anspruumlche an Unterstuumltzung bei der Berufsruumlckkehr
VorallemfuumlrKonsum-MaterialistischeFrauendieoftin traditionell-hierarchischenPart-
nerschaften lebenist der Beruf Mittel zur Distanz von Haushalt und Kindern und meist
einzigesFeldder SelbstbestaumltigungundderErfahrungvonWertschaumltzungFuumlrdie meisten
Frauen des Milieus ist der Beruf aber haumlufig keine Frage desWollenssondern eine finanziel-
leEntscheidungEin zweitesGehaltist unabdingbarfuumlrdieGrundsicherungderFamilieDie
RuumlckkehrindenBerufwirddaherhaumlufig pragmatischund nuumlchtern angegangenViele
Frauen kehren nicht mehrin ihren erlernten Beruf zuruumlcksondern suchen sich ndash nach einer
meist laumlngeren familienbedingten Auszeit ndash eine neue ArbeitOftmals war der einstige
Ausbildungsberufbereitsehereine NotloumlsungsodasseskaumdenWunschgibtindiealte
Position vor der Schwangerschaftzuruumlckzukehren
Die beruflichePosition nicht durch privateForderungen gefaumlhrden
BeiderSuchenacheinem geeignetenArbeitsplatzerlebenvieleFrauenindiesemMilieu
massive RuumlckschlaumlgeIhre Qualifizierung istoftmals nicht sehr hochmangelndeWeiterbil-
dunglaumlsstsiefuumlrdieUnternehmenwenigattraktiv erscheinenDaruumlberhinaussindsie
aufgrundderKinder zeitlichnurwenig flexibelLetztendlichsinddiemeistenfrohuumlber-
haupteineStellezufindenIm Idealfalllaumlsstsichdieseauchnochmitden Anforderungen
derFamilie vereinbaren Die Anspruumlche an eine gelingende Berufsruumlckkehr sind daher
ausgesprochen geringWer Arbeit hatwill diese nicht durchForderungen jedwederArt
gefaumlhrden Viele Frauen arbeiten dann auchinPositionenin denendie Arbeitszeit nicht
kompatibel ist zu den Oumlffnungszeiten von Krippe oder Kindergarten oder den Schulzeiten
DiesistjedochindiesemMilieudie Normalitaumltser fahrungManistesgewohntsichdurch
diese alltaumlglichen Hindernisse zu kaumlmpfen Denn dass ndash gerade auf demLand ndash eine Kinder-
krippeabendsbis2100UhrgeoumlffnethatderweildieMutterim SupermarktanderKasse
sitzt ndash das erscheintdiesen nuumlchternen Frauen doch allzu unrealistischSo bleiben die Kin-
der waumlhrend der Arbeitszeit der Muumltter auch mal alleineoder aber werden ndash wenn es gera-
de passt ndash von derGroszligmutter oder demVater betreut
bdquoSind wir doch mal ehrliches bleibt alles an der Frau haumlngenldquo
bdquoWenn jetzt dieGeschaumlfte bis abends um zehn aufhaben und ich sitze an der Kasse ndash wie
soll das denn uumlberhaupt gehenldquo
bdquoDieArbeitszeitensinddoch uumlberhauptnichtsodasssiezumFamilienalltagpassenJa
undwie soll ich das aumlndern Ich habe doch keinen Einfluss daraufich muss doch dank-
barseindassichmeineMutterinderNaumlhehabediemal aufpassenkannldquo
bdquoWichtig ist esam Ball zu bleibenden Anschluss nicht zu verlieren und nicht arbeitslos
zu werdenldquo
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Oberschicht Obere Mittelschicht
1
Untere Mittelschicht Unterschicht
Soziale Lage
Grundshy orientierung
3
Mittlere Mittelschicht 2
Traditionelle Werte Pflichterfuumlllung Ordnung
A Neuorientierung
MultishyOptionalitaumlt Experimenshytierfreude Leben in Paradoxien
C Modernisierung
Individualisierung Selbstverwirklichung Genuss
B
Sinus A12 Konservative
5
Sinus A23 Traditionsshy
verwurzelte 14 Sinus B3
KonsumshyMaterialisten
12
Sinus BC3 Hedonisten
11
Sinus C2 Experimentalisten
8
Sinus B12 Postmaterielle
10
Sinus B1 Etablierte
10
Sinus AB2
Sinus B2 Buumlrgerliche Mitte
15
DDRshy Nostalgische
5
Sinus C12
Moderne Performer
10
copy Sinus Sociovision 2007
Seite 52 Kapitel IV
Ausbau der Kinderbetreuung als wichtige Unterstuumltzung berufstaumltiger Muumltter
Forderungenkonsum-materialistischerFrauengehendaherprimaumlrinRichtungdesAusbaus
derKinderbetreuungDiesistumsowichtigeralsindiesemMilieudie(Wieder)Aufn ahme
einerBerufstaumltigkeitdurchdieFraunurseltenzueinerNeuverteilungderfamiliaumlrenAufga-
benfuumlhrtDassderPartnervermehrtHaushaltoderKindererziehunguumlbernimmtisteherdie
AusnahmedenndieRegelSoistesdieInstitutionKindergartenoderHortdiedenFrauenden
RuumlckenfuumlreineBerufstaumltigkeitoderandereTaumltigkeitenfreihaumlltundeineBetreuungzu
bestimmtenverlaumlsslichenZeitengarantiertHiererfahrendieseFrauenaucheineErzie-
hungsentlastungJemandanderes(deresgelernthat)schautnachdemNachwuchsfoumlrdert
dieKinderaltersgerechtndasheineAufgabedieKonsum-Materialistenhaumlufiguumlberfordert
410 SinusBC3 bdquoHedonistenldquo
Wertorientierung
I Suche nachSpaszligUnterhaltungKommunikation undBewegung(Funund ActionOnthe
road-sein) Ausbrechen aus den Zwaumlngen des Alltags (frei seinungebunden seinanders
sein als die bdquoSpieszligerldquo)
I G leichzeitigoftTraumlume von einem heilengeordneten Leben(intakteFamiliegeregeltes
Einkommenschoumlnes AutoMotorrad) ndashgespeist durch wachsende soziale Aumlngste
I Viele fuumlhren deshalb ein regelrechtes Doppelleben Angepasstim Berufsalltag (aber wenig
Identifikationmitder beruflichenTaumltigkeit)ndashinder FreizeitEintauchenin subkulturelle
Gegenwelten
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
25
20
15
10
5
0
Altersstruktur und Berufstaumltigkeit
Median 38 Jahre
14ndash19 20ndash24 25ndash29 30ndash34 35ndash39 40ndash44 45ndash49 50ndash54 55ndash59 60ndash64 65ndash69 70ndash74 75ndash79 80ndash84 85ndash89 90ndash94 95ndash99 Jahre
Frauen (ohne Rentnerinnen)
837 2409000
Berufstaumltig 61 uumlber 34 Stunden pro Woche 42 20ndash34 StundenWoche 13 weniger als 20 StundenWoche 1 MinishyJob (400shyEuroshyJob) 5 Arbeitslos 6 in Ausbildung 8 nicht berufstaumltig 25
100
Seite 53 Kapitel IV
I Haumlufig auch Underdog-Loser-Gefuumlhleaggressive Abgrenzung nach oben (bdquoBonzenldquo)und
nach unten (AuslaumlnderbdquoSozialschmarotzerldquo)
I Wachsende Frustration sowieGefuumlhlederUumlberforderungundEntfremdung aufgrundder
krisenhaftenEntwicklung unsererGesellschaftwachsendeGewaltbereitschaft
Sehnsucht nach Autonomie ndashForderung nach gerechterVerteilung von Lasten undPflichten privat wie beruflich
Hedonistische Frauen verstehen Arbeit als Mittel zum ZweckSie arbeitenum zu lebenum
finanziell einigermaszligen abgesichertzu sein und um sich ihre erlebnisorientierten Lebens-
wuumlnscheerfuumlllenzu koumlnnen Arbeithatindiesem Milieuaberkaumsinn-oderidentitaumlts-
stiftende Funktion
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 54 Kapitel IV
bdquoIch lebe nichtum zu arbeiten ndash ich arbeiteum zu lebenldquo
bdquoIch arbeiteum meine Miete zu bezahlenaber ich arbeite sicherlich nichtum mich
selbst zu verwirklichenldquo
In erster Linie erfordertArbeit Anpassung an Strukturen und Zeiten Diese Anpassungsleis-
tung erhoumlht sich exponentiellwenn Hedonistinnen nach derGeburteines Kindes wiederin
den Job zuruumlckkehrenNoch weniger als vorher sind sie nun Herrin ihrer eigenen Zeit
ArbeitgeberKrippe oder Kindergarten ndash sie alle machen zeitlicheVorgaben und zwingen
Hedonistinnenineinstarresundeinengendes KorsettDie RuumlckkehrindenBerufistfuumlr
viele Hedonistinnen daher mit ausgesprochen negativenGefuumlhlen besetzt Die Anspruumlche
anihrenPartnerbeiderUnterstuumltzungdieserAufgabeisthochDas IdealbildvonPartner-
schaftsieht vordass sich beidePartnerFamilien-und Hausarbeit teilensodass dies nicht
automatisch aufdieFrau abgewaumllztwirdInder Praxisistabergenaudieshaumlufignichtder
Fall ndash gerade bei jungenPaaren muss sich die Frau auch noch um dieVersorgung ihres
Partners kuumlmmernWenn die Frau arbeiten muss und sich um die bdquoKinderldquo (das eigene Kind
und ihrenPartner) kuumlmmern mussist sie mit dieser Mehrfachbelastungoftmals (heillos)
uumlberfordert
bdquoDasistdochsoBeimMannistesKoumlnnenbeiderFrauistesMuumlssenManmussdochfroh
seinwenneinMannsichderAufgabestelltAberdieFrauhateinfachmehrPflichtenldquo
Forderung nach Einbindung aller Beteiligten bei der Ruumlckkehr von Muumlttern in das Berufsleben
Hedonistinnen reagierensehr sensibelwennesumdie Einschraumlnkung derinihrerWahr-
nehmung ihnen zustehenden persoumlnlichen Freiheiten geht Bei der Berufsruumlckkehr fuumlhlen
siesichschnellungerecht behandeltInihrerWahrnehmungwaumllzenes ArbeitgeberKin-
derbetreuungsstaumlttenoftmalsauchdieeigenenPartner einseitigaufsieabBerufund
KinderuntereinenHutzubringenAuchderStaatunterstuumltztihrer AnsichtnachFamilien
(zu)wenigIn dieserLogiksindesauch mangelnde ZuschuumlssedieFamilienndash insbesondere
aber den Frauen ndash die Freiheit nehmenlaumlnger zu Hause bei den Kindern zu bleiben Dies
empfinden sie als unfair und altmodischUnternehmen stellenin ihren Augenoftuumlber-
houmlhte FlexibilitaumltsanforderungenansiealsMuumltterWennderStaatmehrKindermoumlchteist
diePolitikinderVerantwortunghier diese Ungerechtigkeiten abzubauenund Strukturen
zu foumlrderndiees Eltern(nichtnur Frauen) ermoumlglichenindenBeruf zuruumlckzukehrenund
dortauch mit Kind arbeiten koumlnnen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 55 Kapitel IV
bdquoEswaumlrenotwendigdassesmehr ZuschuumlssevomStaatfuumlrFamiliengibtEsfehltdoch
heute hinten und vorneldquo
Feindbild ist die eindimensional auf Leistung fokussierte Wirtschaftndash wenigVertrauenin eine familienfreundliche Ausrichtung von Unternehmen
Berufsruumlckkehr stellt eine sensible Orientierungsphase fuumlr Hedonistinnen darhier gilt es
die Moumlglichkeiten fuumlr eine dauerhafte und guteVereinbarkeit vonFamilie und Beruf abzu-
klaumlren DabeiistdasVertrauenindieFamilienfreundlichkeit vonUnternehmenaumluszligerst
geringGerne beklagen Hedonistinnenin der Arbeitswelt die einseitigeFokussierung auf
die Leistung Ihre HoffnungdassUnternehmen familienfreundlicher werdenist eher
geringEinIndizdafuumlrwaumlreinihrenAugender rechtlicheAnspruchaufeineRuumlckkehran
den alten Arbeitsplatz
DadasVertrauenindieFamilienfreundlichkeitderUnternehmen geringistkommtdem
Ausbauder KinderbetreuungindenAugenvon Hedonistinneneinegroszlige Bedeutungzu
Unabdingbar hier ist nicht nur die Aufnahme von Kindern unter drei Jahrensondern auch
die zeitliche Flexibilisierung von BetreuungsangebotenHat die Einrichtung flexible Oumlff-
nungszeitenbietet sie eine Betreuung auch an ungewoumlhnlichen Zeiten (amWochenende
fruumlhmorgens oder spaumltabendsauch mal uumlber Nacht) koumlnnen Frauen ihren beruflichen
Wiedereinstieg besser gestaltenkoumlnnen leichter die AnstrengungFamilie und Beruf zu
vereinbarenmeisternsehen sich nicht so stark unter Druck und behalten ihre Autonomie
Dazu kommtdass die auszligerhaumlusliche Betreuung der Frau verloren gegangene persoumlnliche
Freiraumlume schafft Zeit fuumlr sich selberwaumlhrend das Kind sicher untergebracht ist
Eine zentraleForderung von Hedonistinnen ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt ndash fuumlr
Muumltteraber auch fuumlrVaumlterDazu gehoumlrtfuumlr sie die Moumlglichkeitbei Krankheit der Kinder
oderinden SchulferienauchmalvonzuHausezu arbeitenDiesistheutebereitsmeist
technischmachbarscheitertinderPraxisaberoftamVertrauenderUnternehmendass
Arbeitnehmerinnenund ArbeitnehmertatsaumlchlichzuHauseihre Leistungqualitativund
quantitativ adaumlquat erbringen Wird Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ortzumStandard
kann auch derPartner die Betreuung der Kinder mal uumlbernehmen oder den Haushalt regeln
und die Frau somit nachhaltig entlasten
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 56 Kapitel IV
bdquoDer ArbeitgebernimmtdochdieWuumlnschevonFamiliengarnichternstWenndu
sagstduwillst AbstrichemachenfuumlrdieFamiliedannkriegstdudieKuumlndigungweil
dergenauweiszligdadrauszligensindvielediedenJobgernezuseinen Bedingungen
machen wollenldquo
bdquoWenn insgesamt mehr Kinder kommen sollendann hautdasmit dieserUnternehmer-
mentalitaumlt nicht mehr hinldquo
bdquoIch bin fuumlr vollkommene Flexibilitaumlt Der Arbeitnehmer bestimmt selberwann er zur
Arbeit gehtldquo
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 57 Kapitel V
V Anhang
Methodensteckbrief
Der vorliegende Bericht basiertauf einer umfangreichen Grundlagenstudie des BMFSFJ zur
Gleichstellung in Deutschland Titel der Studie istbdquoWege zur Gleichstellung heute und
morgen Eine sozialwissenschaf tliche Un tersuchung vor dem Hintergrund der Sinus-
Milieusreg 2007ldquo
Grundgesamtheit ist die deutschsprachige Wohnbevoumllkerung in Privathaushalten ab 18 Jah-
ren Methodisch wurden qualitative und quantitative Untersuchungsmethoden eingesetzt
um das Thema ganzheitlich und suffizientzu erfassen
Qualitativ-repraumlsentativ
I 20 kreative Gruppenwerkstaumltten mit typischen Vertreterinnen und Vertretern jeweils
eines Milieus mit einer Dauer von jeweils 3Stunden Es wurden 10 Gruppenwerkstaumltten
mit Maumlnnern und
10 Gruppenwerkstaumltten mit Frauen mit milieutypischer Soziodemografie aus unterschied -
lichen Regionen Deutschlands durchgefuumlhrt An den Gruppensit zungen nahmen jeweils 8
bis 10 Personen teil Die Gruppen fanden in Teststudios in verschiedenen Staumldten in Ost-
und Westdeutschland statt
I 4 0narrativeEinzelinterviewsmittypischenVertreterinnenundVertreternausallenMilieus
zurHaumllfteMaumlnnerundFrauenmiteinerDauervonjeweils2Stunden DieInterviewsfanden
indenPrivatwohnungenderBefragtenstatthattendenselbenThemenschwerpunktwiedie
kreativenGruppenwerkstaumlttenundbei nhaltetenzusaumltzlicheinenbiografischenTeilumdie
subjektiveRekons truktionundBewertungdeseigenenLebensverlaufsndash differenziertnach
Maumlnner-undFrauenperspektivendash zuerfassen
I Die qualitativen Daten wurden nach Verfahren der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
ausgewertet
Quantitativ-repraumlsentativ
I 3000 bevoumllkerungsrepraumlsentative Interviews Grundgesamtheit ist die deutschsprachige
Wohnbevoumllkerung ab 18 Jahren in Privathaushalten Die repraumlsentative Stichprobe wurde
bundesweit nach dem ADM-Mastersample gezogendie Befragung wurde durch geschul-
te Interviewerinnen und Interviewer in den Privatwohnungen der Befragten anhand eines
standardisierten Fragebogens durchgefuumlhrt Anschlieszligend wurden die Daten mit ver-
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Seite 58 Kapitel V
schiedenen statistischen Verfahren (Haumlufigkeitstabellierungenstatistische Zusammen-
hangsmaszligemultivariate Analysen via Faktoren- Korrespondenz-und Clusteranalysen
sowie lineare und non-lineare Regressionsanalysen ua)analysiertund interpretiert
I Zur demografischen Analyse und Uumlberpruumlfung der Milieuverteilung sowie fuumlr die Hoch-
rechnung wurde die bevoumllkerungsrepraumlsen tative Untersuchung bdquoTypologie der Wuumlnsche
Intermedia 200708ldquo herangezogen mit einem Stichprobenumfang von 19153 Faumlllen
(10095 Frauen9058 Maumlnner)
Methodologischer Hintergrund sind die Grounded Theory(GlaserStrauss) die Triangula-
tion (Denzin) sowie die rekonstruktive Hermeneutik der Ethnomethodologie
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
Gesellschaftliche Leitmilieus
Sinus B1 (Etablierte) 10 Das selbstbewusste Establishment Erfolgs-Ethik Machbarkeitsdenken und ausgepraumlgte
Exklusivitaumlt sanspruumlche
Sinus B12 (Postmaterielle) 10 Das aufgeklaumlrte Nach-68er-Milieu Liberale Grundhaltung postmaterielle Werte und
intellektuelle Interessen
Sinus C12 (Moderne Performer) 10 Die junge unkonventionelle Leistungselite intensives Leben ndash beruflich und privat Multioptionalitaumlt Flexibilitaumlt und Multimedia-Begeisterung
Traditionelle Milieus
Sinus A12 (Konservative) 5 Das alte deutsche Bildungsbuumlrgertum konservative Kulturkritik humanistisch gepraumlgte Pflicht-
auffassung und gepflegte Umgangsformen
Sinus A23 (Traditionsverwurzelte)
14 Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegsgeneration verwurzelt in der kleinbuumlrgerlichen Welt bzw in der traditio-
nellen Arbeiterkultur
Sinus AB2 (DDR-Nostalgische) 5 Die resignierten Wende-Verlierer Festhalten an preuszligischen Tugenden und altsozialistischen
Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidaritaumlt
Mainstream-Milieus
Sinus B2 (Buumlrgerliche Mitte) 15 Der statusorientierte moderne Mainstream Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung nach
gesicherten und harmonischen Verhaumlltnissen
Sinus B3 (Konsum-Materialisten)
12 Die stark materialistisch gepraumlgte Unterschicht Anschluss halten an die Konsum-Standards der
breiten Mitte als Kompensationsversuch sozialer Benachteili-gungen
Hedonistische Milieus
Sinus C2 8 Die extrem individualistische neue Bohegraveme (Experimentalistische) Ungehinderte Spontanitaumlt Leben in Widerspruumlchen
Selbstverstaumlndnis als Lifestyle-Avantgarde
Sinus BC3 (Hedonisten) 11 Die spaszligorientierte moderne Unterschichtuntere Mittelschicht
Verweigerung von Konventionen und Verhaltenser wartungen der Leistungsgesellschaft
Seite 59 Kapitel V
Sinus-Milieusreg2007 Kurzcharakteristik
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen
DiesesPDFistTeil der Oumlffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung
es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt
Herausgeber
Bundesministerium
fuumlrFamilieSeniorenFrauen
und Jugend
11018 Berlin
wwwbmfsfjde
Fuumlr weitere Fragen nutzen Sie unser
Servicetelefon01801907050
Fax030185554400
MontagndashDonnerstag 9ndash18 Uhr
E-Mailinfobmfsfjservicebundde
Einheitliche Behoumlrdennummer115
Stand April 2010
Gestaltung wwwavitaminde
Bildnachweis Fr Dr Schroumlder BMFSFJL Chaperon
39 CentMin aus dem dtFestnetz max 42 CentMin aus den Mobilfunknetzen Fuumlr allgemeine Fragen an alle Aumlmter und Behoumlrden steht Ihnen auch die einheitliche
Behoumlrdenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 800 und 1800 Uhr zurVerfuumlgung Diese erreichen Sie zur Zeit in ausgesuchten Modellregionen wie BerlinHamburgHessen Nordrhein-WestfalenuaWeitere Informationen dazu finden Sie unterwwwd115de 7CentMinausdemdtFestnetz max42CentMinausden Mobilfunknetzen