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Barium-Strontium-Titanat-Dickschichten für steuerbare ... · 1 Einführung Moderne Kommunikations-...

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Barium-Strontium-Titanat-Dickschichten für steuerbare Mikrowellenkomponenten: Prozesseinflüsse und Gefüge- Eigenschaftsbeziehungen A. Friederich 1 , C. Kohler 1,2 , X. Zhou 1,2 , M. Sazegar 2 , R. Jakoby 2 , J.R. Binder 1 1 Institut für Angewandte Materialien – Werkstoffprozesstechnik, Karlsruher Institut für Technologie, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen 2 Institut für Mikrowellentechnik und Photonik, Technische Universität Darmstadt, Merckstraße 25, 64283 Darmstadt
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Barium-Strontium-Titanat-Dickschichten für

steuerbare Mikrowellenkomponenten:

Prozesseinflüsse und Gefüge-

Eigenschaftsbeziehungen

A. Friederich1, C. Kohler1,2, X. Zhou1,2, M. Sazegar2, R. Jakoby2, J.R. Binder1

1 Institut für Angewandte Materialien – Werkstoffprozesstechnik,

Karlsruher Institut für Technologie, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1,

76344 Eggenstein-Leopoldshafen

2 Institut für Mikrowellentechnik und Photonik, Technische Universität

Darmstadt, Merckstraße 25, 64283 Darmstadt

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Inhalt

1 Einführung.................................................................................................................... 3

2 Barium-Strontium-Titanat .................................................................................... 4

2.1 Struktur .............................................................................................................. 4

2.2 Dielektrische Eigenschaften ..................................................................... 6

2.3 Modellierung poröser BST-Dickschichten.......................................... 9

2.4 Dotierungseinflüsse ................................................................................... 11

3 Dickschichtprozessierung .................................................................................. 12

4 Eigenschaften von BST-Dickschichten .......................................................... 15

4.1 Undotierte BST-Dickschichten ............................................................. 15

4.2 Cobalt-Fluor-kodotierte BST-Dickschichten .................................. 19

5 Steuerbare Komponenten auf Basis von BST-Dickschichten ............. 23

6 Zusammenfassung ................................................................................................. 25

7 Literatur ..................................................................................................................... 27

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1 Einführung Moderne Kommunikations- und Informationssysteme basieren in immer

größerem Maße auf digitaler drahtloser Datenübertragung. Dabei

kommt es zu einer stetig wachsenden Multifunktionalisierung, vor allem

bei Consumer-Anwendungen. Exemplarisch kann hierfür ein

gewöhnliches Mobiltelefon betrachtet werden. Trotz der Bezeichnung ist

es heute in den meisten Fällen mehr als nur ein mobiles Telefon. Es

beinhaltet eine Vielfalt an zusätzlichen Funktionalitäten wie UMTS,

WLAN, GPS und NFC. Die zunehmenden Anforderungen an die drahtlose

Datenübertragung beschränken sich jedoch nicht nur auf den

Mobilfunkbereich, wenngleich sie hier von der Öffentlichkeit am

deutlichsten wahrgenommen werden. Zusätzlich lässt sich ein genereller

Trend der drahtlosen Datenübertragung zu immer größeren Frequenzen

feststellen, um höhere Übertragungsraten zu erreichen. Das Ziel vieler

Bemühungen der Nachrichtentechnik ist die Realisierung eines Systems,

das einen Multiband-Betrieb (d. h. Betrieb in mehreren

Frequenzbändern) ermöglicht. Zusätzlich wird eine hohe

Integrierbarkeit und Flexibilität der Hardware gefordert. Lösungen

hierfür bieten Komponenten, die in ihrer Funktion und Charakteristik an

die jeweilige Anwendung adaptierbar sind. Beispiele hierfür sind

steuerbare Filter, Phasenschieber und frequenzagile Antennen. Bei der

Realisierung dieser Komponenten zeichnen sich neben Halbleitern und

Mikro-Elektro-Mechanischen Systemen (MEMS) vor allem Ferroelektrika

durch ihr großes Potential aus. Für Mikrowellenanwendungen sind diese

allerdings nur in der paraelektrischen Phase interessant, da sie dort eine

fast leistungslose und schnelle Ansteuerung mit sehr niedrigen Verlusten

garantieren. Als typischer Vertreter dieser Materialklasse ist Barium-

Strontium-Titanat (BaxSr1-xTiO3; BST) zu nennen. Basierend auf diesem

Material konnten bereits Phasenschieber, steuerbare Anpassnetzwerke,

Filter und Antennen sowie Modulatoren realisiert werden [1-5].

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2 Barium-Strontium-Titanat

2.1 Struktur

Barium-Strontium-Titanat entsteht formal durch die vollständige

Mischkristallbildung von Bariumtitanat und Strontiumtitanat, welche

beide in einer Perowskitstruktur (vgl. Abb. 1(a)) vorliegen. Die

Gitterparameter des Mischkristalls sowie der Übergang von der

kubischen in die tetragonale Phase wurden von McQuarrie [6] und

Basmajian et al. [7] in Abhängigkeit vom Sr-Anteil untersucht und sind in

Abb. 1(b) dargestellt. Reines Bariumtitanat besitzt einen Curie-Punkt

(TC) von TC = 115 °C [8] und liegt bei Raumtemperatur folglich in

tetragonaler Phase vor. Im BaxSr1-xTiO3-Mischkristall bewirkt eine

Erhöhung des Sr-Gehalts eine Absenkung des Curie-Punkts. Dadurch

kann die kubische Phase bis zur jeweiligen Einsatztemperatur

stabilisiert werden, was einen hysteresefreien Verlauf der Permittivität

bei wechselndem elektrischen Feld ermöglicht. Diese Eigenschaft ist

grundlegend für einen verlustarmen Einsatz als

Mikrowellendielektrikum. Ab einem Anteil von ca. 30 mol-%

Strontiumtitanat ist die kubische Phase bis Raumtemperatur stabil (vgl.

Abb. 1(b)).

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(a)

(b)

Abb. 1: (a) Perowskitstruktur [9], (b) Gitterkonstanten von BaxSr1-xTiO3 in

Abhängigkeit des Sr-Gehalts bei Raumtemperatur (nach [6]).

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2.2 Dielektrische Eigenschaften

Barium-Strontium-Titanat weist eine ausgeprägte Abhängigkeit der

relativen Permittivität εr von der elektrischen Feldstärke E auf. Sie wird

als Steuerbarkeit τ bezeichnet und durch eine nichtlineare Abhängigkeit

der inneren Polarisation vom elektrischen Feld hervorgerufen. Sie ist

über das Verhältnis der Änderung der relativen Permittivität des

Materials im gesteuerten Zustand (E ≠ 0) zur relativen Permittivität im

ungesteuerten Zustand (E = 0) definiert:

),0(

),(),0(),(

fE

fEfEfE

r

rr

.

Der dielektrische Verlust tan δ von steuerbaren Dielektrika liegt

üblicherweise deutlich über dem von nichtsteuerbaren Dielektrika für

Mikrowellenanwendungen. Er setzt sich aus intrinsischen und

extrinsischen Verlusten zusammen. In ferroelektrischen Dickschichten

überwiegen die extrinsischen Verluste, hervorgerufen durch geladene

Defekte, gegenüber den intrinsischen Verlusten durch

Phononenstreuung (vgl. Abb. 2). Da die Defektkonzentration durch

Dotierungselemente maßgeblich beeinflusst werden kann, ist es möglich

den dielektrischen Verlust durch geeignete Dotierungselemente zu

verringern. Hierfür haben sich in der Vergangenheit vor allem Metall-

Akzeptor-Kodotierungen als geeignet erwiesen [10, 11].

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Abb. 2: Dielektrischer Verlust verschiedener Mikrowellendielektrika in

Abhängigkeit der Frequenz [10].

Um mehrere Materialien bezüglich ihrer Eignung als steuerbares

Mikrowellendielektrikum zu vergleichen, wird die Materialgüte η

verwendet [12]. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis der Steuerbarkeit des

Materials zum dielektrischen Verlust und ist wie folgt definiert:

),(tan

),(),(

fE

fEfE

.

Für Frequenzen im GHz-Bereich sinken in der paraelektrischen Phase

mit zunehmendem Abstand der Betriebstemperatur zum Curie-Punkt in

der Regel neben den Verlusten auch die Permittivität und die

Steuerbarkeit des Materials [13, 14]. Daher ist es sinnvoll, die

Materialzusammensetzung an den jeweiligen Fokus der Anforderungen

(hohe Steuerbarkeit oder niedrige Verluste) anzupassen. Um eine

möglichst hohe Steuerbarkeit zu erhalten, kann das Barium-zu-

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Strontium-Verhältnis so abgestimmt werden, dass die

Betriebstemperatur nur knapp oberhalb des Curie-Punktes liegt.

Um effiziente Komponenten zu realisieren, sollten

Mikrowellenkomponenten neben einer hohen Steuerbarkeit und

geringen dielektrischen Verlusten auch über eine geringe

Temperaturabhängigkeit der Eigenschaften verfügen. In diesem

Zusammenhang zeigt sich der Vorteil poröser Dickschichten gegenüber

einer Vollkeramik: Neben einer wesentlich geringeren Permittivität –

was für die Anwendung nicht nachteilig ist – weisen poröse Körper auch

eine geringere Temperaturabhängigkeit der Eigenschaften auf. Dies ist

bedingt durch einen diffusen Phasenübergang, der in Abb. 3 verdeutlicht

wird: Im Gegensatz zur dichten Vollkeramik zeigt der poröse BST-Körper

kein ausgeprägtes Maximum der Permittivität und keine signifikante

Änderung des dielektrischen Verlustes im Curie-Punkt. Die

Temperaturabhängigkeit ist also deutlich geringer.

Abb. 3: Relative Permittivität und dielektrischer Verlust von

undotierten dichten (BST60) bzw. porösen (RB20, P = 30-40%) BST-

Vollkörpern bei f = 1 kHz [15].

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2.3 Modellierung poröser BST-Dickschichten

Für die Beschreibung der Permittivität von Zweikomponentensystemen

(εr,1, εr,2) existieren verschiedene analytische Modelle. Diese basieren auf

der parallelen oder seriellen Anordnung der beiden Komponenten oder

der vollständigen Einbettung sphärischer Partikel / Poren einer

Komponente in der zweiten Komponente [16] und sind in Abb. 4

dargestellt. Im Fall einer poröser Struktur ist vor allem das sogenannte

Kugelmodell interessant. Die Randbedingung hierfür ist jedoch neben

einer Isolation der Poren, d. h. geschlossener Porosität, eine homogene

Permittivität innerhalb beider Komponenten (εr,1 = konst., εr,2 = konst.).

Beides ist im Fall poröser BST-Dickschichten im Allgemeinen nicht

gegeben. Zum einen liegt bei den Dickschichten zumeist eine offene

Porosität vor, zum anderen bewirkt eine Feldüberhöhung im

eingeschnürten Partikelkontakt eine größere Materialaussteuerung und

damit eine lokale Absenkung der Permittivität. Aus diesem Grund wurde

ein Modell entwickelt, das mit Hilfe der Finite-Differenzen-Methode im

Zeitbereich (Finite Difference Time Domain, FDTD) die effektiven

Schichteigenschaften in Abhängigkeit der Korn- und Sinterhalsgröße

sowie der nichtlinearen Materialeigenschaften beschreibt [17]. Es ist in

Abb. 5(a) dargestellt. Als Kenngröße zur Bewertung des Gefügeeinflusses

wird die Material-Steuerbarkeitseffizienz

),(

),(),(

fE

fEfE

bulk

meso

meso

eingeführt. Hierbei ist τmeso(E,f) die Steuerbarkeit der porösen Struktur

und τbulk(E,f) die Steuerbarkeit einer Vollkeramik mit denselben

Materialeigenschaften. Die Ergebnisse der Simulation zeigen, dass durch

ein möglichst kleines Verhältnis von Sinterhals- zu Korndurchmesser die

höchste Material-Steuerbarkeitseffizienz erreicht werden kann (vgl. Abb.

5(b) und (c)).

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Abb. 4: Verschiedene Modelle zur Beschreibung von Kompositen [13].

(a)

(b)

(c)

Abb. 5: (a) FDTD-Modell mit Querschnitt durch einen Partikelkontakt,

(b) Kondensatormodell zur Veranschaulichung des Sinterhalseinflusses,

(c) Material-Steuerbarkeitseffizienz in Abhängigkeit von Korn- und

Sinterhalsdurchmesser [13, 17].

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2.4 Dotierungseinflüsse

Da die Verluste in BST-Dickschichten maßgeblich durch geladene

Defekte entstehen, ist es möglich, die Materialeigenschaften durch eine

Dotierung zu verbessern. Im Fall von BST neigen große Kationen – unter

Berücksichtigung der Goldschmidt’schen Regel – zur Substitution des

Barium- bzw. Strontium- und kleine zur Substitution des Titan-Ions.

Anionen können nur auf dem O-Platz der Perowskitstruktur eingebaut

werden. Donator-Dotierungen können somit durch den Einbau von

höherwertigen Kationen auf dem A- bzw. B-Platz oder Anionen mit

geringerer negativer Ladung auf dem O-Platz erhalten werden.

Akzeptor-Dotierungen ergeben sich umgekehrt für Kationen bzw.

Anionen mit geringerer Oxidationsstufe.

Untersuchungen von Paul et al. [14, 18] zeigen, dass die dielektrischen

Verluste von BST-Dickschichten durch die Substitution von 0,01

Formeleinheiten Titan durch Eisen im Mikrowellenbereich drastisch

reduziert werden können. Wird Titan durch Eisen ersetzt, so bildet der

Akzeptordefekt Fe’Ti mit der entstandenen Sauerstoffleerstelle V◦◦

O ein

einfach geladenes Defektassoziat [Fe’Ti - V◦◦

O]◦, das zur Ausbildung eines

inneren Feldes führt. Dies bewirkt eine Verringerung der Steuerbarkeit

im Vergleich zu undotiertem BST. Der Ansatz, mit einer Akzeptor-

Donator-Kodotierung die entstehenden Sauerstoffleerstellen durch

Fluoridionen zu besetzen, um so das innere Feld zu schwächen, erlaubt

eine leichte Verbesserung der Steuerbarkeit im Vergleich zu rein

akzeptordotiertem BST. Dies wurde zuerst von Paul et al. [18] mit einer

Eisen-Fluor-Kodotierung untersucht. Zhou et al. [11] konnten mit Hilfe

anderer Dotierungselemente BST-Dickschichten mit sehr geringen

Verlusten und guten Steuerbarkeiten erhalten.

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3 Dickschichtprozessierung Steuerbare Mikrowellenbauteile auf BST-Basis können durch den Einbau

von steuerbaren Kondensatoren (Varaktoren) realisiert werden. Die

Steuerbarkeit der Varaktoren beruht auf dem Einsatz von BST-

Dickschichten. Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Schritte von

der Pulversynthese von BST, über das Siebdruckverfahren der

Dickschichten sowie die lithographische Prozessierung bis hin zur

finalen Teststruktur bzw. zum fertigen Bauteil näher erläutert.

Die Ausgangspulver für die Dickschichten werden über einen

modifizierten Sol-Gel Prozess hergestellt. Dieser Prozess, der zu den

nasschemischen Verfahren zählt, erlaubt im Gegensatz zum klassischen

Mischoxidverfahren die Herstellung keramischer Pulver, die geringe

Primärpartikelgrößen und eine homogene Verteilung der Elemente auf

atomarer Ebene aufweisen. Dies ist insbesondere bei der Verwendung

von Dotierungen vorteilhaft.

Für die Sol-Synthese werden bei undotiertem BST Barium(II)-Acetat,

Strontium(II)-Acetat sowie Titan(IV)-Isopropanolat in wässriger

Essigsäure gelöst. Bei gewünschter Akzeptor-Donator-Kodotierung

werden zudem entsprechend der empirischen Formel

Ba0,6Sr0,4Ti0,99M0,01O3−xF0,09 (M = Fe, Co, Ni, Cu) stöchiometrisch die

jeweiligen metallorganischen Verbindungen sowie Trifluoressigsäure

hinzugegeben. Das entstandene Sol wird anschließend sprühgetrocknet

und der resultierende Precursor bei Temperaturen von 900 oder 1150°C

kalziniert. Es ist bekannt, dass BST bei der Herstellung über einen Sol-

Gel-Prozess ab einer Temperatur von ca. 550°C kristallisiert [14]. Mit

höherer Kalzinationstemperatur und -dauer ergeben sich dabei größere

Primärpartikel in den keramischen Sprühgranulaten. Um eventuelle

Agglomerate aufzubrechen, schließt sich daran eine Mahlung des Pulvers

in einer Planetenkugelmühle bzw. einem Attritor an. Daraufhin erfolgt

die Pastenherstellung mit Terpineol als Dispergiermedium. Der

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Feststoffgehalt der jeweiligen BST-Siebdruckpasten wird auf 17 Vol.-%

festgesetzt.

Die Pasten werden über Siebdruck auf polykristalline

Aluminiumoxidsubstrate aufgebracht. Nach der Trocknung werden die

Grünschichten kaltisostatisch bei 300 MPa verdichtet. Die Sinterung der

Proben erfolgt in einem Rohrofen unter trockener Atmosphäre bei einer

Sintertemperatur von 1150 bzw. 1200°C. Die Haltezeit wird dabei

zwischen 1 und 10 Stunden variiert. Die Sintertemperatur auf Al2O3-

Substraten ist nach oben auf ca. 1200°C begrenzt, da es bei höheren

Temperaturen vermehrt zu Reaktionen zwischen Substrat und Schicht

kommt [14], die eine Entmischung des BST-Mischkristalls und somit eine

Änderung der Stöchiometrie zur Folge haben. Die Temperatur, bei der

BST drucklos dicht sintert, liegt allerdings oberhalb von 1400°C. Folglich

können auf Al2O3-Substraten ohne Zusatz von Sinteradditiven über einen

konventionellen Sinterprozess nur poröse BST-Dickschichten hergestellt

werden.

Um die dielektrischen Eigenschaften der jeweiligen Dickschichten im

Hochfrequenzbereich zu erfassen, werden über ein lithographisches

Strukturierungsverfahren koplanare Welleneiter (engl.: coplanar

waveguides, CPW) als Teststrukturen auf die BST-Dickschichten

aufgebracht. Zuerst wird als Haftvermittler eine dünne Schicht Chrom

aufgedampft sowie im Anschluss eine dickere Goldschicht, die die

Grundlage der leitenden Schicht darstellt. Über Spincoating wird ein

Posititv-Photolack aufgetragen, welcher über eine Maske mit UV-

Strahlung belichtet und letztendlich in einem Entwicklerbad

ausgewaschen wird. Auf die belichteten Bereiche wird in einem

Galvanik-Bad eine mehrere µm dicke Goldschicht abgeschieden, die als

Wellenleiter fungiert. Zuletzt wird der noch vorhandene Photolack

entfernt sowie die Chrom-/Gold-Startmetallisierung zwischen den

Leiterbahnen weggeätzt. Der daraus resultierende koplanare

Wellenleiter wird dieleketrisch über einen Netzwerkanalysator

charakterisiert. Die Herstellung von Mikrowellenbauteilen erfolgt analog

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zur Herstellung der Teststrukturen. Der gesamte Prozessverlauf ist in

Abb. 6 illustriert.

Sol

Precursor

kalziniertes Pulver

Sprühtrocknung

Kalzinierung

Paste

Mahlen

Dispergieren

Dickschicht (grün)

Siebdruck, Trocknen

Sintern

Edukte:(Ba / Sr)-Acetate

Ti(IV)- Isopropanolat

in Essigsäure + WasserBei Dotierung:

(Co/Cu/Ni)-AcetateFe-Nitrat, Trifluoressigsäure

gemahlenes Pulver

Dickschicht

Teststrukturen / Bauteile

Metallisierung

≈ 10 µm

Abb. 6: Prozessverlauf der Herstellung und Strukturierung von BST-

Dickschichten für Mikrowellenkomponenten.

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4 Eigenschaften von BST-Dickschichten

4.1 Undotierte BST-Dickschichten

BST-Dickschichten zeigen eine Mikrostruktur, die stark von der

thermischen Prozessführung abhängt. Dies betrifft neben dem

Sintervorgang der siebgedruckten Schichten vor allem die Kalzination

des Precursors. Abb. 7 zeigt rasterelektronenmikroskopische

Aufnahmen zweier undotierter BST-Pulver, die bei unterschiedlicher

Temperatur kalziniert wurden, sowie daraus hergestellte Dickschichten,

die bei unterschiedlichen Temperaturprofilen gesintert wurden. Die

Aufnahmen der Pulver zeigen die starke Abhängigkeit der

Primärpartikelgröße von der Kalzinierungstemperatur. Die Aufnahmen

der Dickschichtgefüge verdeutlichen, dass dieser Einfluss trotz

zwischenzeitlicher Mahlprozesse auch die Korngröße der Dickschichten

maßgeblich beeinflusst. Die mittleren Korngrößen wurden aus mehreren

REM-Aufnahmen mittels Bildanalyse bestimmt. Die erhaltenen Werte

sind in Abb. 8 in Abhängigkeit von dem verwendeten Ausgangspulver

und den Sinterbedingungen dargestellt. Mit zunehmender

Sintertemperatur und -zeit ist hier ein leichtes Kornwachstum zu

erkennen.

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(a)

(b)

(c)

(d)

(e)

(f)

(g)

(h)

(i)

(j)

Abb. 7: Gefüge verschiedener undotierter BST-Pulver und Dickschichten.

Kalzinierte Pulver: (a) Tkal = 900°C, (f) Tkal = 1150°C. Dickschichten: (b)

bis (e) aus 900°C kalziniertem Pulver, (g) bis (j) aus 1150°C

kalziniertem Pulver. Sinterbedingungen: (b,g) 1h @ 1150°C, (c,h) 1h @

1200°C, (d,i) 10h @ 1150°C, (e,j) 10h @ 1200°C.

Abb. 8: Mittlerer Korndurchmesser der undotierten BST-Dickschichten

in Abhängigkeit von der Kalzinierungstemperatur (TKal), der

Sintertemperatur und der Sinterzeit [19].

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Die Hochfrequenzeigenschaften von BST-Dickschichten werden durch

die Mikrostruktur stark beeinflusst. Es ist bekannt, dass die Permittivität

von Ferroelektrika im Submikrometerbereich mit zunehmender

Korngröße steigt und durch die vorhandene Porosität stark beeinflusst

wird [15, 20, 21]. Die gemessenen relativen Permittivitäten zeigen eine

deutliche Abhängigkeit von den mittleren Korngrößen und liegen im

Bereich von 200 bis 380 (vgl. Abb. 9(b)). Die Verluste bei f = 10 GHz

liegen mit 0,058 bis 0,076 im typischen Bereich für undotierte

Ba0,6Sr0,4TiO3-Dickschichten [11, 18]. Es zeigt sich hierbei nur ein

geringer Einfluss der Mikrostruktur: Die grobkörnigeren Gefüge der

Dickschichten aus BST-Pulver, das für 1h bei 1150°C kalziniert wurde,

zeigen in allen Fällen leicht höhere Verluste (Abb. 9(b)). Die

Steuerbarkeit des Materials zeigt eine starke Abhängigkeit vom Gefüge

der Dickschichten. Dies wird in Abb. 9(c) deutlich: Die höchste

Steuerbarkeit mit 26,9 % wird bei großen Ausgangspartikeln und

geringer Sintertemperatur und –zeit erreicht. Dies ist durch die geringe

Sinteraktivität bedingt, die zu schwach ausgeprägten Sinterhälsen führt

und damit ein großes Verhältnis von Korn- zu Sinterhalsdurchmesser

bewirkt. Dies führt zu einer starken Feldeinschnürung im Kornkontakt,

die lokal eine stärkere Materialaussteuerung und damit insgesamt eine

höhere Steuerbarkeit bewirkt. Diese Ergebnisse decken sich sehr gut mit

der in Abschnitt 2.3 beschriebenen Simulation zu porösen steuerbaren

Materialien, die die maximale Steuerbarkeit bei möglichst großem

Verhältnis von Korn- zu Sinterhalsdurchmesser vorhersagt.

Trotz der guten Steuerbarkeiten zeigen die undotierten Schichten Werte

für die Materialgüte, die lediglich zwischen 3 und 4 liegen (Abb. 9(d)).

Dies ist auf die hohen Verluste zurückzuführen, die reziprok in die

Berechnung einfließen. Für eine Anwendung sind derartige Schichten

daher nur bedingt geeignet. Um die Verluste zu verringern, kann jedoch

die Defektchemie des Materials beeinflusst werden, was üblicherweise

durch die Einbringung von Dotierungselementen erreicht wird.

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Nachfolgend sind daher Untersuchungen zu Co-F-kodotierten BST-

Dickschichten dargestellt.

(a)

(b)

(c)

(d)

Abb. 9: Dielektrische Eigenschaften undotierter BST-Dickschichten bei

f = 10 GHz in Abhängigkeit der thermischen Prozessführung: relative

Permittivität (a) und dielektrischer Verlust (b) im ungesteuerten

Zustand (E = 0 V/µm) sowie Steuerbarkeit (c) und Materialgüte (d) bei

E = 6,67 V/µm [19].

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4.2 Cobalt-Fluor-kodotierte BST-Dickschichten

Metall-Fluor-kodotierte BST-Pulver zeigen im Vergleich zu undotierten

Pulvern größere Primärpartikel bei derselben thermischen Behandlung,

die sich in einer ca. 6- bis 10-mal geringeren spezifischen Oberfläche

äußern [11]. Im Fall von Co-F-kodotiertem BST-Pulver wurden bei 900°C

Kalzinationstemperatur spezifische Oberflächen von 2,2 bis 2,4 m2/g

erreicht. Nach der Kalzination wurden die Pulver unterschiedlichen

Mahlvorgängen unterzogen und dadurch Pulver mit unterschiedlicher

Feinheit zurückgewonnen. REM-Aufnahmen der Pulver zeigen den

Einfluss des Mahlprozesses sehr deutlich: Durch die Mahlung im Attritor

(vgl. Abb. 10(b)) konnte ein Pulver zurückgewonnen werden, das

wesentlich feiner ist als nach einer Mahlung in der Planetenkugelmühle

(vgl. Abb. 10(c)). Die Dickschichten, die aus den unterschiedlichen

Pulvern sowie aus einer Mischung der beiden hergestellt wurden, zeigen

wiederum einen deutlichen Einfluss vom verwendeten Pulver. Die

mittlere Korngröße der Dickschichten wurde mittels Bildauswertung

bestimmt. Die Werte liegen zwischen 0,26 µm und 0,48 µm. Die Porosität

der Dickschichten wurde mit Hilfe der Masse und der Geometrie der

Dickschichten bestimmt und zeigt Werte von 31% bzw. 32% für die

Schichten ohne Pulvermischung und 25% für die Schicht mit

Pulvermischung (Mischungsverhältnis: 30% attritorgemahlenes Pulver +

70% planetenmühlegemahlenes Pulver).

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(a)

(b)

(c)

(d)

(e)

(f)

Abb. 10: Gefüge verschiedener Co-F-kodotierter BST-Pulver, die bei

900°C kalziniert (a) und mittels Attritor (b) bzw. Planetenmühle (c)

konditioniert wurden sowie verschiedene Dickschichten, die bei 1200°C

für 1h gesintert wurden: (d) P1-AT, (e) P2-AT/PM und (f) P3-PM.

P1-AT P2-AT/PM P3-PM

d50 / µm 0,26 0,40 0,48

P / % 30,9 ± 3,2 24,6 ± 1,4 31,6 ± 1,3

r 207 ± 11 260 ± 9 220 ± 7

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tan 0,028 ± 0,002 0,025 ± 0,002 0,019 ± 0,002

0,136 ± 0,001 0,200 ± 0,001 0,222 ± 0,002

η 5,01 ± 0,04 7,63 ± 0,11 12,36 ± 0,02

Tab. 1: Charakteristische Werte für die Mikrostruktur und die

Mikrowelleneigenschaften Co-F-kodotierter BST-Dickschichten bei f =

10 GHz [22]. Die angegebenen Werte für Permittivität und Verlustfaktor

wurden im ungesteuerten Zustand (E = 0 V/µm) und für die

Steuerbarkeit und die Materialgüte bei einem Steuerfeld von E = 10

V/µm ermittelt.

Die Co-F-kodotierten BST-Proben zeigen eine ähnliche Abhängigkeit der

dielektrischen Eigenschaften vom verwendeten Ausgangspulver wie die

undotierten Proben. Die Permittivität der Proben mit grobkörnigerem

Gefüge (P3-PM) liegt leicht über der der Probe mit feinkörnigerem

Gefüge (P1-AT). Die Probe mit Pulvermischung (P2-AT/PM) zeigt eine

Permittivität, die deutlich über der der übrigen Proben liegt, was auf die

geringere Porosität zurückzuführen ist. Der dielektrische Verlust zeigt

einen leichten Trend zu geringeren Werten mit steigender Korngröße.

Die Verluste bei einer Frequenz von f = 10 Ghz liegen um einen Faktor 2

bis 3 unter den Verlusten der undotierten Dickschichten. Die

Steuerbarkeit der Proben zeigt wie bei den undotierten Schichten eine

Zunahme bei der Verwendung von grobkörnigerem Ausgangspulver.

Durch die Verwendung von Pulver, das in der Planetenmühle

konditioniert wurde, konnte die Steuerbarkeit von 14% (P1-AT) auf

22% (P3-PM) gesteigert werden.

Trotz der etwas geringeren Steuerbarkeiten im Vergleich zu undotierten

Schichten, liegt durch die geringen Verluste der dotierten Schichten

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bereits das sehr feinkörnige Gefüge mit der Materialgüte von ca. 5 leicht

über den Materialgüten der undotierten Schichten (vgl. Abschnitt 4.1).

Bei Verwendung des gröberen Pulvers (P3-PM) führt die leichte

Absenkung des dielektrischen Verlustes bei gleichzeitiger Zunahme der

Steuerbarkeit zu einer signifikanten Steigerung der Materialgüte. Mit

optimierter Prozessführung konnte so eine Materialgüte von η = 12,4 für

die Co-F-kodotierten BST-Schichten erreicht werden.

(a)

(b)

(c)

Abb. 11: Dielektrische Eigenschaften Co-F-kodotierter BST-

Dickschichten: (a) relative Permittivität, (b) dielektrischer Verlust und

(c) Steuerbarkeit [22].

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5 Steuerbare Komponenten auf Basis von

BST-Dickschichten Auf Basis undotierter und dotierter BST-Dickschichten wurden bereits

verschiedenste Mikrowellenkomponenten realisiert. Dazu zählen

steuerbare Anpassnetzwerke [2], steuerbare Multibandantennen [5],

Phasenschieber [1] und steuerbare Varaktoren für Leistungsverstärker

[23].

Im Folgenden ist eine elektronisch schwenkbare Antenne, eine

sogenannte phasengesteuerte Gruppenantenne (engl. Phased-Array-

Antenna) näher dargestellt, die auf einer undotierten BST-Dickschicht

hergestellt wurde. Eine Phased-Array-Antenne ist eine Anordnung

mehrerer Einzelantennen, deren Abstrahlung phasenverschoben

erfolgen kann. Durch Interferenz der einzelnen Signale erfolgt dabei eine

verstärkte Abstrahlung entlang einer Vorzugsrichtung. Diese wird durch

die Phasenverschiebung der Einzelantennen gesteuert [24].

Abb. 12(a) zeigt eine Phased-Array-Antenne mit 4 Einzelantennen,

denen jeweils ein steuerbarer Phasenschieber vorgeschaltet ist. Die

Ansteuerung erfolgt über eine Gleichspannung, die am oberen Ende des

Substrats über einen Anschluss für jeden Phasenschieber getrennt

angelegt werden kann. Durch die Aussteuerung der BST-Dickschicht war

es im vorliegenden Fall möglich, bei einer Frequenz von f = 10 GHz die

Hauptabstrahlrichtung Θ in einem Bereich von Θ = -50° bis Θ = 50° zu

variieren [25].

Ein großer Vorteil dieser Antenne besteht darin, dass die komplette

Schaltung bestehend aus Leistungsverteiler, Phasenschieber,

Antennenelemente und Bias-Netzwerk auf einer einzigen Substratebene

realisiert ist. Die Herstellung erfolgt durch einen zweistufigen

Photolithografieprozess, wodurch die Kosten einer solchen Antenne sehr

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gering gehalten werden. Dies verdeutlicht das Potential steuerbarer

Komponenten auf Basis von BST-Dickschichten.

(a)

(b)

Abb. 12: (a) Phasengesteuerte Gruppenantenne auf Basis einer BST-

Dickschicht, (b) Abstrahlcharakteristik bei unterschiedlichen

Hauptabstrahlrichtungen [26].

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6 Zusammenfassung Das an sich hohe Potential von Barium-Strontium-Titanat-Dickschichten

als steuerbare Dielektrika für Mikrowellenkomponenten kann zusätzlich

durch eine gezielte Prozessführung beeinflusst werden. Neben einer

Dotierung des Materials hat vor allem die Mikrostruktur einen großen

Einfluss auf die dielektrischen Eigenschaften, insbesondere der

Steuerbarkeit. Für die Steuerbarkeit ist hierbei das Verhältnis von Korn-

zu Sinterhalsgröße in den porösen Dickschichten von großer Bedeutung.

Je größer dieses Verhältnis, desto höher ist die Steuerbarkeit. In

Übereinstimmung mit einer Simulation konnte dies für undotierte BST-

Dickschichten, welche thermisch unterschiedlich behandelt wurden,

experimentell nachgewiesen werden. So konnte die höchste

Steuerbarkeit für eine bei 1150°C, 1 h lang gesinterte BST-Dickschicht

erreicht werden, deren BST-Ausgangspulver bei 1150°C kalziniert

wurde.

Der bei undotierten Dickschichten beobachtete Zusammenhang

zwischen Mikrostruktur und dielektrischen Eigenschaften lässt sich gut

auf dotierte BST-Dickschichten übertragen. Am gezeigten Beispiel von

Co-F-kodotierten BST-Dickschichten wurde die resultierende

Mikrostruktur jedoch über unterschiedliche Vorkonditionierung der

Ausgangspulver bei gleicher thermischer Behandlung gesteuert.

Dickschichten, welche auf in Planetenkugelmühlen gemahlenen Pulvern

basierten, erreichten höhere mittlere Korngrößen (d50 = 0,48 µm) als

Dickschichten, welche aus feinerem, attritorgemahlenem Pulver

hergestellt wurden (d50 = 0,26 µm). Auf Grund der höheren Korngrößen

bei vergleichbaren Sinterhalsgrößen, wurden die höchsten

Steuerbarkeiten bei den grobkörnigeren Dickschichten erhalten. Obwohl

die Steuerbarkeiten der kodotierten Dickschichten insgesamt unterhalb

derer der undotierten Schichten lagen, konnten durch die geringeren

Verluste deutlich höhere Materialgüten erreicht werden.

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Die gesamte Prozesskette im Bereich der Herstellung von BST-

Dickschichten lässt demnach genügend Möglichkeiten zu (Dotierung,

Mahlprozess, thermische Behandlung), die Mikrostruktur und damit

verbunden die dielektrischen Eigenschaften der resultierenden

Dickschicht gezielt zu beeinflussen und somit bezüglich den spezifischen

Anforderungen einzelner Anwendungen zu optimieren. Dies ist

hinsichtlich des breiten potentiellen Anwendungsgebietes von BST und

der damit verbundenen Anforderungsvielfalt ein großer Vorteil dieses

Materialsystems.

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