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Bandbreitenberechnungen in VoIP- · PDF filedem Codec G.711, in VoIP gibt es keine...

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Ein Arbeitspapier des VAF Bundesverband Telekommunikation e.V. Bandbreitenberechnungen in VoIP-Systemen
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Ein Arbeitspapier des VAF Bundesverband Telekommunikation e.V.

Bandbreitenberechnungen in VoIP-Systemen

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Impressum

Bandbreitenberechnungen in VoIP-SystemenEin Arbeitspapier des VAF Bundesverband Telekommunikation e.V.

Stand: Januar 2012

Autor: Prof. Dr. Gerd Siegmund, Stuttgart

Titelseitengestaltung: Uwe Klenner, Passau

Bildnachweis Titelseite: shutterstock

Herausgeber:VAF Bundesverband Telekommunikation e.V.Otto-Hahn-Str. 1640721 HildenTel.: 02103 700-250Fax: 02103 [email protected]

Copyright: VAF 2012

Alle Rechte, auch das der auszugsweisen Vervielfältigung, liegen beim VAF Bundesver-band Telekommunikation e.V.

Die Publikation wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Es wird aber ausgeschlossen, dass der Herausgeber Haftung für sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernimmt. Insbesondere liegt die Anwendung der in dieser Publikation enthaltenen Handlungsempfehlungen ausschließlich in der Verantwortung des Lesers beziehungs-weise Anwenders. Es wird darauf hingewiesen, dass immer die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2 Der klassische Ansatz im Zeitmultiplexsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.1 TDM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.2 Verkehrsberechnungen (Erlang) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52.3 Berechnung des Verkehrsangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

3 Auslegung in VoIP-Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.1 Berechnung der erforderlichen Bandbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.2 Mischungen zwischen VoIP und der Datenkommunikation . . . . . . . . . . . 93.3 Wartezeitsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103.4 Die Strecke transportiert nur RTP-Pakete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123.5 RTP wird priorisiert übertragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153.6 QoS wird durch Überdimensionierung des Systems realisiert . . . . . . . . 173.7 Geschwindigkeitswechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234.1 Was zeigen die Ergebnisse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234.2 Was passiert, wenn ...? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

5 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275.1 QoS-Maßnahmen bei VLAN, ATM und MPLS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275.2 Jitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305.3 Die genaueren Berechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315.4 Quellen, Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

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Einführung

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1 Einführung

Private Kommunikationssysteme bzw. Telekommunikationsanlagen (TK-Anlagen, TK-Systeme)neuerer Bauart basieren auf dem Internetprotokoll (IP). Diese Systeme werden oft in bereitsvorhandene Kundennetze integriert, deren Eigenschaften mit wenigen Angaben als „VoIP-Ready“ deklariert werden. Mit den TK-Systemen werden jedoch erhöhte Anforderungen andiese Netze gestellt, um eine gewisse Dienstqualität (Quality of Service – QoS) sicherzustellen.Zugleich wird die Belastung dieser Netze deutlich erhöht, hervorgerufen durch die Echtzeit-kommunikation und die dadurch erzeugten sehr vielen kleinen zusätzlichen IP-Pakete. DieNetzbelastung beeinflusst die Qualität der Sprachübertragung.Viele Netze verfügen daher über spezielle QoS-Maßnahmen. Eine dieser Maßnahmen ist diePriorisierung der Echtzeitinformationen gegenüber den anderen IP-Paketen, ein Beispiel hier-für ist Differentiated Services (DiffServ). Eine andere Möglichkeit im Bereich der Standortver-netzung ist der Einsatz von MPLS-Systemen (MPLS: Multiprotocol Label Switching). Mituntertrifft man auch auf die Ansicht, dass eine Überdimensionierung der Netze völlig ausreichendsei für die Unterstützung von Echtzeitdiensten.Welche Maßnahmen im Netz ergriffen wurden, ist für den Anbieter bzw. den Integrator derTK-Systeme häufig nicht ersichtlich. Dies zeigen auch Beispiele von aktuellen Ausschreibungs-texten, die der VAF dem Autor im Frühsommer 2011 zur Begutachtung vorgelegt hatte. In Aus-schreibungen heißt es mitunter sogar nur „Das Netz ist VoIP-Ready“. Diese Aussage kannbedeuten, dass eine Priorisierung des VoIP-Verkehrs vorgenommen wird, dass MPLS-Systemeeingesetzt werden oder dass Überkapazitäten im Netz für den zusätzlichen VoIP-Verkehr vor-handen sind. Diese Maßnahmen sind aber nicht gleichwertig. In den folgenden Berechnungenwird gezeigt, dass eine vorhandene 2,048-Mbit/s-Strecke mit einer durchschnittlichen Belas-tung von 5 % für die klassische Datenkommunikation zwischen 7 und 24 VoIP-Kanäle transpor-tieren kann, je nachdem, welche Maßnahmen im Netz ergriffen wurden. Dieses weite Spektrum zeigt, dass ohne Kenntnis der jeweiligen QoS-Maßnahmen oder ohneBeachtung der spezifischen Eigenschaften des Netzes Vorhersagen über die zu erwartendenEigenschaften der VoIP-Installation bzw. Verkehrsberechnungen für den konkreten Fallunmöglich sind. Dies gilt auch, obwohl selbst Installationen ohne QoS-Maßnahmen oft rechtgut funktionieren. Denn im laufenden Betrieb dieser Systeme sind „unerwartet“ auftretendeStörungen in den Gesprächen durch stark verzögerte oder fehlende VoIP-Pakete vorpro-grammiert. Allein die Überdimensionierung eines Netzwerks kann keinen reibungslosen Be-trieb garantieren. Etwas besser sieht es in Systemen mit einer strikten Bevorrechtigung derVoIP-Pakete aus. Idealerweise sollten aber MPLS oder VLAN mit QoS-Maßnahmen auf Hard-warebasis als Transportnetz eingesetzt werden. Für den Transport der VoIP- und der Daten-Pakete werden hier getrennte logische Kanäle verwendet. Durch den Einsatz dieser virtuelleKanäle kann die größte Anzahl von VoIP-Kanälen in einem gegebenen System unterstützt wer-den. Zudem zeigen die Berechnungen, dass nur mit dieser Technik geringe Verzögerungszeitenbei Pakettransport zuverlässig eingehalten werden können.

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TDM

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2 Der klassische Ansatz im Zeitmultiplexsystem

2.1 TDMSeit der Einführung der digitalen Vermittlungstechnik werden 64-kbit/s-Kanäle für die Über-tragung der Sprachinformationen im klassischen Fernsprechnetz verwendet. Die Sprach-signale werden mit dem Pulscodemodulationsverfahren alle 125 µs abgetastet und mit jeweils8 Bit dargestellt. Durch die Abtastung im 8-kHz-Raster und die Darstellung mit 8 Bit mit einemCodec ergibt sich eine Übermittlungsgeschwindigkeit von 64 kbit/s. In der digitalen Vermitt-lungstechnik wird dieser Kanal, im ISDN auch als B-Kanal bezeichnet, den beiden Kommunika-tionspartnern für die Dauer der Kommunikation exklusiv zur Verfügung gestellt.Die Übertragung der Sprachinformation erfolgt mit Zeitmultiplexsystemen (Time DivisionMultiplex – TDM), bei denen mehrere 64-kbit/s-Kanäle gleichzeitig übertragen werden. Beidem Primärmultiplexsystem bilden beispielsweise 30 solcher 64-kbit/s-Kanäle plus einenKanal für die Synchronisierung und ein Kanal zur Übertragung der Signalisierung (beide jeweilsmit 64 kbit/s, zusammen also 32 Kanäle mit jeweils 64 kbit/s) einen Übertragungsrahmen.

In diesem Multiplex hat jeder einzelne Kanal einen festen Zeitbereich mit konstanter Wieder-holrate. Andere Kanäle können diesen nicht stören oder beeinträchtigen. Der Nutzen der Mul-tiplextechnik liegt in der gemeinsamen Verwendung einer Übertragungsstrecke. Für jede derverschiedenen Übertragungen in einem Multiplex verhält es sich, als ob sie eine eigene Lei-tung (mit einer begrenzten Bandbreite) für die Übertragung exklusiv hätte.

2.2 Verkehrsberechnungen (Erlang)Das klassische Kommunikationsnetz arbeitet nach dem Prinzip eines Verlustsystems: Sindnoch genügend Leitungen oder Kanäle vorhanden, können diese Verbindungen zugeordnetwerden. Wenn alle Kanäle belegt sind, kommt es zu Verlust, d. h., der Verbindungswunschkann nicht erfüllt werden.

Call Handling

Call Handling

Call Handling

Vermittlungsstelle

Vermittlungsstelle

Vermittlungsstelle

Session Control

RessourcenZuordnung

Nutzkanäle im ISDN

belegte Kanäle

freie Kanäle

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Der klassische Ansatz im Zeitmultiplexsystem

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In der folgenden Abbildung ist dieses Verhalten der TDM-Systeme dargestellt. Solange nochfreie Kanäle zur Verfügung stehen, können diese auf Anfrage vergeben werden – derDurchsatz kann entsprechend gesteigert werden. Wenn alle Kanäle vergeben sind (die nor-malisierte Belastung ist dann genau 1), wird auch der maximal mögliche Durchsatz erreicht(der normalisierte Durchsatz ist ebenfalls gleich 1). Eine weitere Steigerung der Belastungführt nicht zur einer weiteren Durchsatzsteigerung [Sie09].

Die Verkehrstheorie ermöglicht mithilfe der Statistik die Berechnung der notwendigen Kanäleoder Leitungen, die für eine bestimmte Verkehrsbelastung (das Verkehrsangebot) und einenbestimmten, akzeptablen Verlust (z. B. < 1 %) notwendig sind. Als Beispiel ein Ausschnitt aus einem Ausschreibungstext:Für ein TK-System mit 1000 Telefonen und einem Verkehrswert von 0,025 Erl (80 % intern, 20% extern) und 1000 Telefonen mit einem Verkehrswert von 0,030 Erl (50 % intern, 50 % extern)soll die Auslegung der externen Leitungen betrachtet werden. Machen Sie einen Vorschlag fürdie externe Anbindung für einen maximalen Verlust von 1 %. Das Netz ist VoIP-Ready.

2.3 Berechnung des VerkehrsangebotsZuerst kann das Verkehrsangebot durch die Teilnehmeranschlüsse ermittelt werden:1000 · 0,025 Erl = 25 Erl und 1000 · 0,030 Erl = 30 Erl, das macht für die externe Kommunikationdann: 25 Erl · 0,2 = 5 Erl und 30 Erl · 0,5 = 15 Erl. Zusammen sind dies 20 Erl für die externeKommunikation.Dieses Verkehrsangebot ist unabhängig davon, ob ein TDM- oder VoIP-System ausgelegt wer-den soll.

Nor

mal

isie

rter

Normalisierte Belastung

0 0,5 1,0 1,5

1,0

0,5

0

Dur

chsa

tz

TK-System

Netz-Betreiber

1

2

3

4

2000

Bündel

Wie viele Kanäle bzw. Bandbreite sind/ist erforderlich?

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Berechnung der erforderlichen Bandbreite

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Als Vergleichswert werden zuerst die benötigten Leitungen/Kanäle für ein TDM-System ermit-telt. Für ein Verkehrsangebot von 20 Erl sind 30 Leitungen (Kanäle) erforderlich, dann bleibtder Verlust unter 1 % (s. folgende Tabelle, [Sie10]). Damit reicht für die externe Anbindung inTDM-Technik genau ein Primärmultiplexsystem mit 30 Nutzkanälen.

3 Auslegung in VoIP-SystemenDie Anforderungen, d. h. die Verkehrswerte der Teilnehmer und das von diesen erzeugte Ver-kehrsangebot bleibt! Für die externe Kommunikation ist ein Angebot von 20 Erl zu verarbeiten,die Frage in VoIP-Systemen ist: Wie viel Bandbreite ist hierfür erforderlich?

3.1 Berechnung der erforderlichen Bandbreite

3.1.1 Der CodecUnterschiedliche Codecs verwenden verschiedene Übertragungsraten (ISDN, G.711: 64 kbit/s,GSM: 13 kbit/s, AMR-Codec: 4,75 bis 12,2 kbit/s) und arbeiten ggf. mit einer unterschiedlichenSampling-Rate (8 kHz, 16 kHz ...). In TDM-Systemen ist die Basis immer der 64-kbit/s-Kanal mitdem Codec G.711, in VoIP gibt es keine „eingeprägte“ Bandbreite oder festgelegten Codec. DieAusschreibung sagte hierzu nichts aus, es ist kein Codec vorgegeben. Daher für die weiterenBetrachtungen hier die Annahme: Es wird der ISDN-Codec, G.711 verwendet.

A in Erlang

N B = 0,1 % B = 0,2 % B = 0,5 % B = 1 % B = 5 % B = 10 % B = 20 %

17 7,38 7,95 8,83 9,65 12,5 14,5 18,0

18 8,05 8,64 9,58 10,4 13,4 15,5 19,2

19 8,72 9,35 10,3 11,2 14,3 16,6 20,4

20 9,41 10,1 11,1 12,0 15,2 17,6 21,6

21 10,1 10,8 11,9 12,8 16,2 18,7 22,8

22 10,8 11,5 12,6 13,7 17,1 19,7 24,1

23 11,5 12,3 13,4 14,5 18,1 20,7 25,3

24 12,2 13,0 14,2 15,3 19,0 21,8 26,5

25 13,0 13,8 15,0 16,1 20,0 22,8 27,7

26 13,7 14,5 15,8 17,0 20,9 23,9 28,9

27 14,4 15,3 16,6 17,8 21,9 24,9 30,2

28 15,2 16,1 17,4 18,6 22,9 26,0 31,4

29 15,9 16,8 18,2 19,5 23,8 27,1 32,6

30 16,7 17,6 19,0 20,3 24,8 28,1 33,8

31 17,4 18,4 19,9 21,2 25,8 29,2 35,1

32 18,2 19,2 20,7 22,0 26,7 30,2 36,3

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Auslegung in VoIP-Systemen

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3.1.2 RTP-ParameterDie codierten Sprachinformationen werden mit dem Real-Time-Transport Protocol (RTP)übertragen. Hierbei werden mehrere Sprachproben zu einem Paket zusammengefasst:

Wie viele Sprachproben ein RTP-Paket bilden, ist nicht festgelegt und kann im System konfigu-riert werden. In der Beispielausschreibung gibt es hierzu keinen Hinweis. Welcher Wert wird für die Größe des RTP-Pakets gewählt?

• Mit 80 Sprachproben je RTP-Paket und mit dem Codec G.711 wird alle 10 ms ein RTP-Paket von der Quelle gesendet.

• Werden 160 Sprachproben mit dem Codec G.711 übertragen, wird alle 20 ms ein RTP-Paket gesendet.

• Mit 240 Sprachproben und G.711 wird alle 30 ms ein RTP-Paket erzeugt.

• Mit 320 Sprachproben und G.711 wird alle 40 ms ein RTP-Paket gesendet.

Ist das für die Auslegung der Bandbreite wirklich wichtig? Hat diese Festlegung Auswirkungenauf die Leistungsfähigkeit des Systems?

3.1.3 Gewählte AnnahmenFür die weitere Berechnung wurde der Codec G.711 gewählt, und die RTP werden alle 20 msgesendet. Eine weitere Annahme: Um die Berechnungen vergleichbar zu machen, werden zurÜbertragung die 2,048-Mbit/s-Systeme (aber ohne Kanaleinteilungen) verwendet.

3.1.4 Erste NäherungIn der ersten Näherung kann man die Belastung berechnen, indem man die Codec-Daten unddie zusätzlichen Overheads berücksichtigt: 64 kbit/s + Overhead (RTP, UDP, IP, Layer 2, Layer1), bei G.711 und alle 20 ms ein RTP-Paket macht das: 160 Byte (RTP) + 70 Byte (RTP 12, UDP8, IP 20 und Ethernet VLAN 30 Byte) = 230 Byte alle 20 ms. Übermittlungsrate ist dann (230 Byte · 8 bit)/0,02s = 92 kbit/s.Also trägt unsere 2,048-Mbit/s-Leitung jetzt nur noch 2048 kbit/s/92 kbit/s = 22,3 also 22 Ka-näle. Für die oben geforderten 30 Kanäle braucht man also mit VoIP 1,4 Systeme mit jeweils2,048-Mbit/s.Diese einfache Berechnung ist für den ersten Ansatz ganz brauchbar, aber Vorsicht! Eigentlichkann man so nicht rechnen! Diese Berechnung kann man nur anstellen wenn keine weiterenDatenpakete mit der gleichen Leitung transportiert werden oder durchgängig exklusive, virtu-elle Kanäle mit VLAN oder MPLS auf der Leitung zur Verfügung gestellt werden.

RTP-Paket

t

=125 s

kontinuierlicher Datenstrom

Signalamplitude

Abtastung mit 125 s

TD = xx ms (10, 20, 30, 40 ms)

t

Codec G.711

[Sie09]

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Mischungen zwischen VoIP und der Datenkommunikation

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Grundsätzlich kann man nicht einfach die Bandbreiten mit der Anzahl der VoIP-Kanäle mul-tiplizieren, um die erforderliche Gesamtbandbreite zu berechnen, denn: Die einzelnen Über-tragungen mischen sich nicht auf Bit-, sondern auf Paketebene! Bit-Multiplex:

Bei der paketorientierten Übertragung wird ein RTP-Paket nach dem anderen übertragen. Fürdie Übertragung eines Pakets wird eine bestimmte Zeit benötigt (abhängig von der Über-tragungsrate). In dieser Zeit ist die Leitung durch den Pakettransport belegt. Einige Paketemüssen daher warten, bis die Leitung zur Übertragung wieder frei ist, d. h., es kommenWartespeicher hinzu:

3.2 Mischungen zwischen VoIP und der DatenkommunikationDie Übertragung von RTP-Paketen in einer Mischung mit klassischen Datenpaketen ist etwaskomplexer. Der erzeugte Verkehr der VoIP-Systeme kann immer noch nach Erlang ausgewie-sen werden. Aber schon bei der Zusammenfassung muss man aufpassen: Wird über die Leis-tungen nur VoIP-Verkehr ohne einen Datenanteil übertragen, kann man die Verkehrswerte(die Erlang-Werte) der einzelnen Teilnehmer zusammenfassen. Bei einer Verkehrsmischungmit klassischem Datenverkehr ist das nicht möglich.Die Belastung einer Leitung hängt von sehr vielen Faktoren ab: Welcher Codec wird ver-wendet, wie viele Sprachproben bilden ein RTP-Paket, wie wird QoS in dem Netz realisiert (Pri-orisierung, virtuelle Kanäle mit MPLS oder Überdimensionierung)? Ohne diese detailliertenAngaben kann man keine verlässlichen Aussagen zu der erzielbaren Qualität der Übertragungmachen.

Woran liegt das?Die Formeln von Erlang stellen gewisse Bedingungen, um sie anwenden zu können. Unteranderem muss der Verkehr aus einer großen Anzahl von Verkehrsquellen erzeugt werden, dievoneinander unabhängig sein müssen. Des Weiteren muss die Wahrscheinlichkeit für das Auf-treten einer neuen Belegung konstant sein, und die Wahrscheinlichkeit für das Auslösen einerVerbindung muss ebenso konstant sein.

Multiplexer

MUXstatistisches Multiplex (Bit-Ebene)

Router

MUXstatistisches Multiplex (Paket-Ebene)

Wartespeicher!

Nur RTP-Pakete (alle gleich lang)

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Auslegung in VoIP-Systemen

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Unter diesen Voraussetzungen zeigt der beobachtete Verkehr klare Mittelwerte für die mitt-lere Paketankunftsrate und die mittlere Belegungsdauer. Diese Mittelwerte verfügen übereine begrenzte Varianz. Für den Datenverkehr, wie er beim Surfen im Internet vorkommt, giltdas nicht, weil die Verkehrsaktivitäten nicht voneinander unabhängig sind. Ein „Klick“ auf einekomplexe Homepage verursacht eine Anzahl von Verbindungen (nicht nur eine). Formell darf man also bei einer Mischung von klassischem Datenverkehr mit VoIP-Verkehrnicht mit den Erlang-Formeln rechnen. Die Voraussetzungen zur Anwendung der Formeln sindnicht gegeben. Dies gilt auch für priorisierten VoIP-Verkehr.

VoIP und Datenkommunikation gemeinsam übertragenWerden mit einer Leitung sowohl Datenpakete als auch RTP-Pakete übertragen, können we-niger VoIP-Kanäle realisiert werden. Ist beispielsweise eine 2,048 Mbit/s-Verbindungsleitungim Durchschnitt mit einem Datenverkehr von 15 % belastet, verbleiben 2,048 Mbit/s – 307,2kbit/s = 1,7408 Mbit/s für Sprache. Mit ca. 92 kbit/s macht das dann 18 Sprachkanäle -> diesevereinfachte Rechnung ist falsch!Der Datenverkehr wird den Durchschnittswert nur bei einer sehr langen Beobachtungsdauererreichen. Durch die bei diesem Verkehr häufig vorkommenden Spitzen oder Bursts ist dieAugenblicksbelastung deutlich höher als die mittlere Belastung.Zudem erfolgt die Verkehrsmischung auf der Ebene der IP-Pakete. Für die Bewertung derBelastung einer Leitung sind zwei Werte sehr wichtig. Zum einen die Anzahl der Pakete proSekunde, die über diese Leitung transportiert werden sollen (die sog. Ankunftsrate), und zumanderen die Anzahl der Pakete, die von dieser Leitung transportiert werden können (dieBedienrate; dieser Wert hängt von der Paketgröße und der Übertragungsgeschwindigkeit derLeitung ab).

3.3 WartezeitsystemDie Übertragung von IP-Paketen kann durch ein sog. „Wartezeitsystem“ modelliert werden. InWartezeitsystemen wird die Systemauslastung als Verhältnis zwischen der mittleren An-kunftsrate und der mittleren Bedienrate definiert. Diese kann man aber nicht zu 100 % aus-lasten, weil sowohl die Ankunftsrate als auch die Bedienrate jeweils Durchschnittswerte sind,die vom Datenverkehr nur sehr schlecht erreicht werden, bzw. bei einer sehr langen Beobach-tungsdauer erreicht werden.

Mathematisch können solche Wartezeitsysteme beschrieben werden. Der „Auslastungs-faktor“ () ist dabei das Verhältnis von Ankunftsrate () zu Bedienrate (µ):

Ankünfte

Bedienstation

Warteschlange Bedieneinheit

=

mittlere Ankunftsrate (Last)mittlere Bedienrate (Leistung des Systems)

= = mittlere Auslastung (Durchsatz)

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Wartezeitsystem

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Die Wartezeit, bis ein Paket auf der Leitung übertragen wird, hängt von der augenblicklichenAuslastung, dem ab. Mit zunehmender Auslastung nimmt die Wartezeit durch eine kleineAuslastungserhöhung überproportional zu [Kle75].

Die Berechnung der Wartezeit hängt von sehr vielen Faktoren ab:

• der augenblicklichen Systemauslastung (nicht der mittleren Systemauslastung),

• der Größe der Pakete (sowohl die Größe der RTP-Pakete als auch die der IP-Datenpa-kete),

• der Art, wie QoS in dem System realisiert wird (ein System mit Priorisierung, z. B. Diff-Serv, verhält sich anders als ein System mit VLAN).

Noch einmal das TDM-SystemDie 2,048-Mbit/s-Strecke ist das Primärmultiplexsystem der TDM-Technik. Von den 32 Kanä-len mit jeweils 64 kbit/s können 30 Nutzkanäle verwendet werden. Solange ein Kanal frei ist,wird dieser auf Anfrage einer bestimmten Kommunikation zugeordnet. Wenn alle Kanäle ver-geben sind (gassenbesetzt), erhalten die weiteren Anfragen das Besetztzeichen. Die Anfragengehen zu Verlust, das Ganze wird auch als Verlustsystem bezeichnet. Die Übertragung ist kanalorientiert, d. h., jeder Verbindung ist eine bestimmte Kanalnummerzugeordnet. Das System transportiert alle 125 µs 8 Bit vom Sender, dies entspricht genau derÜbertragungsrate des Codecs, 64 kbit/s. Für VoIP-Systeme werden im Folgenden verschiedene Ansätze genauer betrachtet. Im erstenAnsatz werden nur RTP-Pakete und keine anderen Datenpakete übertragen. Im zweitenAnsatz werden die Echtzeitdaten der RTP-Pakete gegenüber den Datenpaketen bevorzugtübertragen (Priorisierung). Im dritten Ansatz wird einfach davon ausgegangen, dass eine2,048-Mbit/s-Strecke nur gering mit Datenpaketen belastet ist – der Ansatz der Überdimen-sionierung.Für alle drei Ansätze wird jeweils betrachtet, wie viele VoIP-Kanäle übertragen werden könnenund welche durchschnittliche Verzögerungszeit bei der Übertragung entsteht.

8

6

4

2

00,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Auslastung (

Durchschnittliche Anzahl N(bzw. Wartezeit, tW = N/)

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Auslegung in VoIP-Systemen

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3.4 Die Strecke transportiert nur RTP-Pakete

3.4.1 Exklusive NutzungDie 2,048-Mbit/s-Strecke wird im ersten VoIP-Beispiel für die Übertragung von RTP-Paketenverwendet. Hier werden nur RTP-Pakete übertragen, dies entspricht einer exklusiven Nutzung,wie sie für eigene Leitungen oder die Verwendung von VLAN bzw. mit einem MPLS-System zurVerfügung gestellt wird. In diesem Beispiel werden die Nutzdaten (64 kbit/s) vom Codec noch zusätzlich mit den sog.Overhead-Informationen der Transportprotokolle RTP, UDP, IP und der verwendeten Schicht2 (z. B. Ethernet, VLAN) versehen. Wie oben bereits betrachtet, erhöht sich die erforderlicheÜbertragungsrate für einen Sprachkanal dadurch auf ca. 92 kbit/s.Die Rechnung:

Teilt man die 2,048 Mbit/s durch die 92 kbit/s des einzelnen VoIP-Kanals, kann man die ma-ximale Anzahl von VoIP-Kanälen berechnen. N = 22 Kanäle je Übertragungsrichtung ist die ma-ximale Last, die eine 2,048-Mbit/s-Strecke übertragen könnte. Diese Annahme gilt auch nur,wenn die RTP-Pakete alle 20 ms übertragen werden.Wie immer bei der RTP-Übertragung werden erst ein paar Sprachproben gesammelt, bevor einRTP-Paket mit UDP und IP transportiert wird. Wie viele Sprachproben je RTP-Paket übertragenwerden, kann in den Kommunikationssystemen konfiguriert werden (z. B. 10 ms, 20 ms oder30 ms). Diese Zeit sollte nicht zu groß gewählt werden, da die erste Sprachprobe diese Zeitwarten muss, bis das RTP-Paket abgesendet wird. Auf der anderen Seite erhöhen sehr kleineRTP-Pakete die Paketrate im System (Ankunftsrate) und erhöhen damit die Systemauslastunginsgesamt. Die RTP-Pakete sind dann aber alle gleich groß. (Wichtig für die Bedienrate: Wieviele RTP-Pakete können von der Leitung übertragen werden?).

Da die Gespräche völlig unabhängig voneinander beginnen, müssen unter Umständen eineAnzahl von RTP-Paketen gleichzeitig übertragen werden – dies bedeutet Wartezeit. Da hier dieMischung der verschiedenen Kommunikationen nicht kanalbezogen ist (alle 8 Bit wird derKanal gewechselt), sondern erst eine Anzahl von Sprachproben gesammelt wird, bis ein RTP-Paket erzeugt wird, können deutlich größere Wartezeiten entstehen. Da (theoretisch) alle Ver-bindungen zur selben Zeit begonnen wurden, müssen die RTP-Pakete vor dem Transport

N 2,048 Mbit/s92 kbit/s

-------------------------------- 22,3 Kanäle= =

Router

MUXMultiplex (Paket-Ebene)

Nur RTP-Pakete (alle gleich lang)

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Die Strecke transportiert nur RTP-Pakete

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warten (Paketmultiplex statt Bitmultiplex). Die RTP-Paketgröße ist allerdings immer gleichgroß, daher muss ein RTP-Paket ein, zwei, drei usw. andere RTP-Pakete abwarten, bis estransportiert werden kann.

3.4.2 Berechnung der mittleren Wartezeit für ein RTP-PaketDie Paketgröße ist für alle VoIP-Kommunikationen immer gleich. Ein RTP-Paket besteht ausden Real-Time-Daten (den digitalisierten Sprachinformationen) plus den Overheads von RTP,UDP, IP und den unterliegenden Schichten.

Die Größe der Sprachinformationen hängt auch vom verwendeten Codec ab. Mit dem CodecG.711 (der Standard-ISDN-Codec) werden 80 Byte je RTP-Paket alle 10 ms übertragen. Wirdalle 20 ms ein RTP-Paket erzeugt, werden 160 Byte je RTP-Paket übertragen. Bei 30 ms Pa-ketabstand sind es 240 Byte und bei 40 ms 320 Byte je RTP-Paket. Kleinere und größere RTP-Pakete sind für diese Betrachtungen nicht sinnvoll. Zu diesen Größen der RTP-Nutzlast kom-men jeweils noch die Overheads für die verschiedenen unterliegenden Protokolle hinzu. Die Wartezeit für ein RTP-Paket hängt damit von der gewählten RTP-Größe, der Übertragungs-geschwindigkeit und von der Anzahl der laufenden Verbindungen ab. Werden die RTP-Paketealle 20 ms übertragen, ist die Zeit für den Transport eines RTP-Pakets 230 · 8 bit/2,048 Mbit/s= 0,898 ms. Für zwei RTP-Pakete ist die Zeit 2 · 0,898 ms = 1,796 ms, für drei RTP-Pakete ist dieZeit 3 · 0,898 ms = 2,694 ms usw. Die maximale Wartezeit wird erreicht, wenn zufällig allelaufenden Verbindungen genau gleich begonnen wurden. Mit dem Start der Verbindung wer-den die RTP-Pakete in einem festen Raster erzeugt. Die mittlere Wartezeit bei N gleichzeitigenVerbindungen liegt dann zwischen 0 und N mal die jeweilige Paketlaufzeit. Mehr dazu und zuden weiteren Berechnungen ist im Anhang zu finden. Dieser Ansatz wird auch für die logische Trennung mit virtuellen Kanälen wie MPLS- und VLAN-Systemen verwendet, auch wenn es für diese ein idealisierter Ansatz ist. In der Realität sinddie Verhältnisse etwas komplexer. Die vereinfachte Übernahme der Berechnungen mit exklu-siven Leitungen auf die MPLS- bzw. VLAN-Verhältnisse ist für diese Betrachtungen aber aus-reichend genau, da ja nur die grundsätzlichen Verhaltensweisen verdeutlicht werden sollen –exakte Berechnungen in diesen Systemen sind komplizierter.

Real-Time-Daten 20 – 320 Byte

12 Byte Header

8 Byte Header

20 Byte Header

IP

UDP

RTP

RTP

?360 Byte

60 Byte

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Auslegung in VoIP-Systemen

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3.4.3 Die ErgebnisseIn Abhängigkeit von der RTP-Paketgröße ergeben sich damit die folgenden maximalenÜbertragungskapazitäten:

• Wird alle 10 ms ein RTP-Paket erzeugt, können 17 Sprachkanäle übertragen werden.Setzt man diese 17 Kanäle dem N in der Erlang‘schen Verlustformel gleich, entsprechendie 17 Sprachkanäle, bei einem Verlust von B < 0,1 %, 9,65 Erl. Die mittlere Wartezeit tWfür ein RTP-Paket beträgt im Durchschnitt 2,3 ms.

• Wenn alle 20 ms ein RTP-Paket erzeugt wird, können 22 Sprachkanäle oder 13,7 Erl miteiner mittleren Wartedauer von 4,7 ms, unterstützt werden.

• Beträgt der Abstand zwischen zwei RTP-Paketen 40 ms, können sogar 26 Sprachkanäleoder 17,0 Erl, mit einem tw von 9,5 ms, unterstützt werden.

Je größer die RTP-Pakete gewählt werden, umso mehr Sprachkanäle können mit der gleichenÜbertragungskapazität realisiert werden. Automatisch steigt aber auch die Gesamtlaufzeit,weil die erste Sprachprobe beispielsweise fast 40 ms (genau 40 ms – 125 µs = 39,875 ms)warten muss, bis sie mit RTP transportiert wird. Je größer das RTP-Paket gewählt wird, umsoweniger Overhead-Informationen durch die zusätzlichen Protokolle (RTP, UDP, IP und Ether-net) müssen anteilig zur Nutzinformation übertragen werden. Kleinere Pakete erhöhen zudemdie Ankunftsrate des Systems, damit steigt automatisch die Belastung – insgesamt können we-niger Verbindungen realisiert werden.

Die Werte gelten aber nur, wenn ausschließlich RTP-Pakete über die Strecke transportiert wer-den (keine Datenpakete, auch keine Priorisierung wie DiffServ)! Dies ist (näherungsweise)auch der Fall für durchgängig (auch in der Anschaltung an den externen Netzbetreiber)getrennte und überwachte virtuelle Kanäle, wie sie bei ATM, MPLS oder VLAN mit QoS ver-wendet werden.

10

9

5

4

01

tW [ms]

2

VoIP-Kanäle1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

nur RTPRTP 40ms

nur RTPRTP 10ms

nur RTPRTP 20ms2

3

1

8

7

6

11

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RTP wird priorisiert übertragen

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3.5 RTP wird priorisiert übertragen

3.5.1 Der AnsatzIn vielen Netzen werden neben den Echtzeitinformationen auch Datenpakte übertragen. Diefolgenden Betrachtungen nehmen eine Bevorrechtigung der RTP-Pakete mit DiffServ an. Aufder Übertragungsstrecke werden dann sowohl RTP-Pakete mit einer festen Paketlänge alsauch Datenpakete mit einer variablen Paketlänge übertragen. Wie bei einem DiffServ-Routerwird bei der folgenden Betrachtung angenommen, dass ein eigener Wartespeicher für die be-vorrechtigten Pakete besteht. Für die weiteren Betrachtungen wird davon ausgegangen, dassder DiffServ-Router nach der vollständigen Bearbeitung eines Pakets immer in die bevorrech-tigte Warteschlange zuerst wieder adressiert wird (Strict Priority Routing). Um einen Vergleichzu dem exklusiven RTP-Transport zu erhalten, wird auch hier die Anzahl der möglichen VoIP-Kanäle berechnet, die unter der Annahme einer Belastung von 15 % erzielt werden können.

Das Verfahren DiffServ geht allerdings von einem geringen Anteil von vorberechtigten Paketenaus (ca. 5 – 15 %). Dieses Grundprinzip wird in dieser Betrachtung nicht eingehalten. Paketemit höherer Priorität werden gegenüber anderen Paketen bevorzugt, das bedeutet aber auch,dass die Datenpakete mit geringerer Priorität benachteiligt werden. Da die Warteschlange mitder höheren Priorität bevorzugt geleert wird, müssen die Pakete in den anderen War-teschlangen länger als ohne eigene Warteschlange für die bevorrechtigten Pakete warten[Tra05], [Her05].

Router

Routingstatistisches Multiplex

Priorität

Priorität

!

Bevorrechtigung von RTP-Paketen

ohne PrioritätPriorität 2

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 Systemauslastung

8

6

4

2

0

Nor

mal

isie

rtes

Del

ay

Priorität 1

[McDysan, Paw 2002]

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Auslegung in VoIP-Systemen

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3.5.2 ErgebnisseFür die Berechnung wird vereinfacht angenommen, dass die Ankunftsrate der Pakete der RTP-Rate entspricht (weil hierfür ein eigener Wartespeicher vorhanden ist). Für die Bedienrate istdie durchschnittliche Paketlänge wichtig, diese wird durch die transportierten Datenpaketegegenüber der ersten Betrachtung verändert. Die Datenpakete sind deutlich größer und wer-den, mit geringerer Priorität, auch auf der Strecke übertragen. Die Zeit, bis die Leitung dannwieder frei ist, um RTP-Pakete zu transportieren, hängt von der Paketgröße der Datenpaketeab und ist ggf. immer unterschiedlich. In der Berechnung wurde die mittlere Paketlänge an-teilig ermittelt (5 % bzw. 15 % Datenpaket mit bis zu 1518 Byte je Paket und der Rest mit derjeweiligen RTP-Paketgröße, einschließlich der Overheads).

Für den bevorrechtigten Transport bei einer Last von 15 % für die klassische Datenkommu-nikation ergeben sich die folgenden Werte:

• Alle 10 ms ein RTP-Paket: 6 Sprachkanäle und eine mittlere Wartezeit von 8,14 ms

• Alle 20 ms ein RTP-Paket: 9 Sprachkanäle mit tw = 13,9 ms

• Alle 40 ms ein RTP-Paket: 13 Sprachkanäle mit tw = 21,6 ms

Die Auslastung (RTP alle 20 ms) ist in der folgenden Darstellung zusammengefasst:

Bei den Berechnungen wurde das DiffServ-Verfahren nach dem Strict-Priority-Mechanismusangenommen. Bei diesem Verfahren wird nach der Bearbeitung eines Pakets wieder bei derWarteschlange mit der höchsten Priorität begonnen. Bei anderen Verfahren wie dem Weigh-ted Fair Queueing sind die Ergebnisse noch schlechter, weil, obwohl ein RTP-Paket in der War-teschlange mit der größten Priorität vorhanden ist, ggf. ein anderes Paket einer geringerenPriorität transportiert wird, d. h., das RTP-Paket muss länger warten. Damit können zwei odermehrere IP-Pakete übertragen werden, bevor das RTP-Paket transportiert wird.

4

3

2

1

01

tW / [ms]

2VoIP-Kanäle

1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

DiffServRTP 20ms

0,7

1,5

3,0

7,1

68,8

15 % Last13,9

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QoS wird durch Überdimensionierung des Systems realisiert

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3.6 QoS wird durch Überdimensionierung des Systems realisiert

3.6.1 Der AnsatzIn manchen Fällen wird angenommen, dass eine Belastung von 15 % durch vorhandenen Da-tenverkehr die Übertragung von Sprachinformationen mit RTP kaum beeinflusst. Das ist nichtder Fall. Eine einfache Überdimensionierung ist keine QoS-Maßnahme.

Als Grundlage für die folgende Berechnung wird von einer Verkehrsmischung von einer 15%-prozentigen Belastung der 2,048-Mbit/s-Strecke mit Datenverkehr und RTP-Paketen für denTransport der Sprachinformationen ausgegangen. Die Pakete werden in der Reihenfolge ihresEintreffens bearbeitet.Nach den ersten überschlägigen Überlegungen sollte eine 2,048-Mbit/s-Übertragungsstrecke,die zu 15 % mit Datenverkehr ausgelastet ist, nur mit 307,2 kbit/s belastet sein. Der Rest könn-te dann RTP-Pakete übertragen, das sind dann 2,048 Mbit/s – 307,2 kbit/s = 1,7408 Mbit/s fürSprache. Mit der Annahme oben, dass jeder VoIP-Kanal 92 kbit/s benötigt, macht das dann 18Sprachkanäle -> dieser Ansatz ist falsch!Die viel größeren Datenpakete (typisch: 1500 Byte) mischen sich mit den relativ kleinen RTP-Paketen (bei 20 ms Raster sind RTP-Pakete 230 Byte groß) der Echtzeitübertragung. Die Daten-pakete kommen häufig in Paketgruppen (Burst-artig) mit längeren Ruhephasen dazwischen.Da die RTP-Pakete hier nicht bevorzugt übertragen werden, können sich zwischen den RTP-Pa-keten immer wieder ein oder mehrere große Datenpakete mischen.Diese Systeme gehen viel früher in die Auslastungsphase, d. h., bereits bei geringen Belas-tungen kommt es hier zu langen Wartezeiten für den Transport der Pakete. Dies ist eine Eigen-schaft des Internetverkehrs, völlig unabhängig von der Übertragung von Echtzeitdaten. Für dieSprachübertragung ist dieses Verhalten sehr problematisch, solche Strecken weisen auch beirelativ geringen Auslastungen große Verzögerungen auf.Die Eigenschaften des Datenverkehrs sind völlig andere als die der Echtzeitkommunikation.Diese Systeme weisen einen selbstähnlichen Verkehr auf (sie sind nicht mehr gedächtnislos).Die Ankünfte der Pakete (oder Paket-Bursts) sind nicht mehr unabhängig voneinander. Manspricht in diesem Zusammenhang von einer Long-Range-Dependence (LRD). In diesen Sys-temen kann man kaum einen Mittelwert bestimmen, die Varianz -> . Wichtig: In Netzen mit einem gemischten Betrieb von VoIP und klassischer IP-Datenkommu-nikation (wie WWW) gelten der Erlang-Ansatz und seine Formeln nicht!Der Erlang-Ansatz gilt nicht, weil die von der Datenkommunikation erzeugten Verbindungennicht unabhängig voneinander sind (ein „Klick“ auf eine Seite erzeugt eine Anzahl vonabhängigen Verbindungen)!

Router

Routingstatistisches Multiplex

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Auslegung in VoIP-Systemen

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Die Verkehrskurven der klassischen Datenkommunikation weisen sehr starke Nutzungs-unterschiede auf, die Kurven sind sehr spitzig, haben viele sehr steile Peaks und ändern sichrasch von intensiver zu einer geringen Nutzung. In der Aktivitätsphase wird oft gleich eine An-zahl von Paketen zwischen beiden Endpunkten der Kommunikation übertragen. Diese zeitlichbegrenzten Schübe der Aktivität werden als „Bursts“ bezeichnet. Dieses Burst-artigen Ver-halten findet man sowohl in Verkehrskurven von sehr kleinen Zeitabschnitten als auch in denKurven von sehr langen Abschnitten. Man sagt, der Verkehr besitzt eine Selbstähnlichkeit. EinMaß für die Selbstähnlichkeit ist der sog. Hurst-Parameter H: 0,5 < H < 1 (0,5 kaum selbst-ähnlich, 1 sehr große Selbstähnlichkeit, typische Werte liegen zwischen 0,75 und 0,9) [Gri04].

3.6.2 Ergebnisse bei 15 % LastIn manchen Fällen wird vor der VoIP-Installation eine Verkehrsmessung durchgeführt. In denmeisten Fällen wird man feststellen, dass die Datennetze relativ gering belastet sind. Aus die-ser Tatsache wird manchmal geschlossen, dass die geringe Belastung durch die VoIP-Kommu-nikation ohne Probleme vom Netz getragen werden kann. Das ist falsch: Wird dieÜbertragungsstrecke mit nur 15 % der Kapazität im Durchschnitt durch Datenverkehr belastet,können nur noch wenige VoIP-Kanäle mit sehr großen Verzögerungszeiten unterstützt wer-den:

• Alle 10 ms ein RTP-Paket: 3 Sprachkanäle mit einer mittleren Wartezeit von tW = 16,7 ms

• Alle 20 ms ein RTP-Paket: 5 Sprachkanäle mit einer mittleren Wartezeit von tW = 19,2 ms

• Alle 40 ms ein RTP-Paket: 8 Sprachkanäle mit einer mittleren Wartezeit von tW = 33,7 ms

Statt der oben errechneten 18 Sprachkanäle sind es gerade einmal 5 mögliche VoIP-Kanäle mitakzeptablen Verzögerungszeiten.

Die (wie auch immer) gemessenen 15 % durchschnittliche Belastung durch Datenkommunika-tion ist keine kontinuierliche Belastung. IP-Pakete treten häufig Burst-artig in Paketschüben

4

3

2

1

01

tW / [ms]

2VoIP-Kanäle

1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

ohne QoSRTP 20ms

1,4

15 % Last54,6

19,2

189

7,5

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QoS wird durch Überdimensionierung des Systems realisiert

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auf. Die kurzen RTP-Pakete müssen dann sehr lange warten, bis sie transportiert werdenkönnen. Durch eine Anpassung der Paketlänge (Maximum Transmission Unit – MTU) kann man die Aus-wirkungen auf die RTP-Pakete beeinflussen. Die MTU bezeichnet die Summe aller Byte, diemittels IP (inklusive aller Protokollanteile der höheren Schichten) in einem Schicht-2-Blockübertragen können. Für Ethernet sind dies im Allgemeinen 1500 Byte für IP und alle höherenProtokolle plus 18 Byte für die Schicht 2, zusammen sind dies 1518 Byte. Die MTU-Size ist invielen Systemen konfigurierbar. Eine kleinere MTU-Size ist für eine Verkehrsmischung mitRTP-Paketen vorteilhaft, weil dann keine langen, durchgängigen Belegungszeiten für denTransport großer IP-Pakete auftreten – oder anders ausgedrückt: Die RTP-Pakete können sichimmer wieder zwischen zwei kleinere IP-Pakete schieben. Größere IP-Pakete (Jumbo Frames,bis 9000 Byte), wie sie in Gigabit-Ethernet verwendet werden, bewirken genau das Gegenteil,d. h., die Verzögerungszeiten nehmen stark zu. Das gleiche trifft auch auf die Laufzeit-schwankungen, den Jitter, zu: Je größer die MTU, umso größer werden die Laufzeit-schwankungen.Auf der anderen Seite bringen VoIP-Anwendungen eine sehr große zusätzliche Belastung indas vorhandene Netz. Die relativ kleinen, aber sehr häufig übertragenen RTP-Pakete erhöhendie Paketlast sehr stark. Als Folge davon treten zusätzliche Verzögerungen für alle Pakete imNetz auf. Die zusätzlichen Verzögerungen führen zu Paketverlust, weil die Pakete für die VoIP-Anwendungen zu spät das Ziel erreichen.

3.6.3 Ergebnisse bei 5 % LastAuch bei einer Reduzierung der durchschnittlichen Datenbelastung auf nur 5 % der Kapazitätder Übertragungsstrecke sind die erzielten Ergebnisse (s. Bild) ernüchternd:

• Alle 10 ms ein RTP-Paket: 7 Sprachkanäle mit einer mittleren Wartezeit von tW = 28,6 ms.

• Alle 20 ms ein RTP-Paket: 10 Sprachkanäle mit einer mittleren Wartezeit von tW = 28,7 ms.

• Alle 40 ms ein RTP-Paket: 12 Sprachkanäle mit einer mittleren Wartezeit von tW = 22,8 ms.

4

3

2

1

01

tW / [ms]

2VoIP-Kanäle

0,1

1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

ohne QoSRTP 20ms

5 % Last

0,6

29

14

2,1

1,1

3,9

7,2

160

64

0,3

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Auslegung in VoIP-Systemen

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Alle errechneten Werte sind Durchschnittswerte, die in realen Netzen um ein Vielfaches über-schritten werden können. Die Maßnahme der Überdimensionierung ist als Basis für eine Über-tragung von Echtzeitinformationen, wie Sprache mit RTP-Paketen, ungeeignet.

3.6.4 Ein neuer Ansatz mit VLAN und 5 % LastWerden für die Übertragungsstrecke zwei virtuelle Kanäle (mit VLAN oder MPLS) eingerichtetund die Daten- (5 % der Gesamtkapazität) von der Echtzeitkommunikation so getrennt,können deutlich mehr VoIP-Kanäle mit viel geringeren Verzögerungszeiten übertragen wer-den.

• Wird alle 10 ms ein RTP-Paket erzeugt, können 16 Sprachkanäle übertragen werden miteiner mittleren Wartezeit tw = 2,3 ms für jedes RTP-Paket.

• Wenn alle 20 ms ein RTP-Paket erzeugt wird, können 21 Sprachkanäle mit einer mittle-ren Wartezeit von 4,7 ms übertragen werden.

• Beträgt der Abstand zwischen zwei RTP-Paketen 40 ms, können sogar 24 Sprachkanälemit einem tw von 9,2 ms unterstützt werden.

Das folgende Bild zeigt die Auslastung des virtuellen Kanals für die Echtzeitkommunikation,wenn für 5 % der Übermittlungsrate ein eigener virtueller Kanal für die Datenkommunikationangelegt wurde (hier für RTP alle 20 ms):

Die Trennung der beiden Verkehrsarten durch unterschiedliche virtuelle Kanäle ermöglicht die3- bis 4-fache Übertragungskapazität für die Echtzeitkommunikation. Die Eigenschaften derDatenkommunikation werden dabei nicht wesentlich beschnitten. Neben der Zuordnung zueinem virtuellen Kanal ist die Überwachung und Regulierung der verwendeten Übermittlungs-raten ein wichtiges Element, um dies zu ermöglichen.

10

8

5

1

01

tW [ms]

2

VoIP-Kanäle1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

der Rest nur RTP (MPLS, VLAN)RTP 20ms

5 % Last im eigenen, virtuellen Kanal

6

4

3

2

9

7

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Geschwindigkeitswechsel

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3.7 GeschwindigkeitswechselEin kritischer Punkt für die Leistungsfähigkeit eines Systems und die Entstehung größerer Ver-zögerungszeiten sind Stoßstellen, an denen Netze und Leitungen mit unterschiedlichen Ge-schwindigkeiten aufeinanderstoßen. Dies ist beispielsweise bei einer Kopplung zweierStandorte über eine gemietete Festverbindung der Fall. Während die Pakete aus dem lokalenNetz mit einer hohen Geschwindigkeit (Dauer der Paketübertragung mit der lokalen Ge-schwindigkeit: t1) und großer Paketrate transportiert werden, bietet die gemietete Festver-bindung meist nur eine deutlich geringere Geschwindigkeit. Die Pakete werden über dieseSchnittstelle deutlich langsamer transportiert (t2) und es ist nur eine deutlich geringere Pa-ketrate erzielbar. An der Stoßstelle, wo beide Systeme zusammentreffen, müssen Zwischen-speicher (Buffer) vorgesehen werden, die Pakete in schneller Folge vom lokalen Netzaufnehmen und sie mit einer geringeren Geschwindigkeit über die Mietleitung transportieren.Dieser Vorgang führt für den Pakettransport zu einer Verzögerungszeit, die in Abhängigkeitvon der Verkehrsdichte stark schwanken kann (Jitter). Da die Zwischenspeicher immer aucheine begrenzte Größe haben, kann es auch zu einem zusätzlichen Paketverlust kommen.

GE

GE: Gigabit Ethernet

GE

GE

GE

GE

GE

öffentliches Netz

Gigabit Ethernet (1000 Mbit/s)Lokales Netz Standort A

GE

GE

GE

GE

Mietleitung (10 Mbit/s)t2

t1

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Auslegung in VoIP-Systemen

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3.8 ZusammenfassungVerschiedene QoS-Maßnahmen für die Übertragung von Sprachinformationen in einem VoIP-System wurden durch die vereinfachte Berechnung verglichen. In der folgenden Tabelle sinddie Ergebnisse für die verschiedenen QoS-Ansätze zusammenfassend dargestellt. Bei denWerten der Tabelle wurde in allen Fällen eine durchschnittliche Grundlast von 5 % für die klas-sische Datenkommunikation (H = 0,8) angenommen. Je nach gewählten QoS-Maßnahmen undgewählten RTP-Parametern können 7 bis 24 VoIP-Kanäle je 2,048-Mbit/s-Strecke unterstütztwerden, ohne QoS-Maßnahmen sind es nur 7 bis 12.

Die Trennung von VoIP-Paketen (RTP-Pakete) und der klassischen Datenkommunikation ist aufjeden Fall die bevorzugte Lösung. Mit der Trennung können am meisten VoIP-Kanäle über einegegebene Strecke übertragen werden. Die Trennung kann physikalisch durch eigene Leitungenoder logisch durch eigene virtuelle Kanäle wie bei MPLS, ATM oder VLAN mit QoS-Maßnahmenerfolgen. Diese Trennung muss dann durchgängig in der externen Anschaltung durchgehaltenwerden. VLAN und MPLS im eigenen Netz ist nur ein Teil, wenn dann doch wieder ver-schiedene Verkehrsarten mit einer Leitung an das externe Netz gegeben werden, hebt sich diesaubere Trennung auf und die guten Werte für die Paketlaufzeiten und den Jitter können fürdie externe Kommunikation nicht erreicht werden.Die Priorisierung der RTP-Pakete (DiffServ, Strict-Priority-Mechanismus) ist deutlich besser, alskeine QoS-Maßnahmen zu ergreifen. DiffServ ist jedoch nicht mit der Trennung von Spracheund Daten vergleichbar, es können deutlich weniger VoIP-Kanäle übertragen werden.Völlig ohne QoS-Maßnahmen werden die kurzen RTP-Pakete immer wieder durch längere IP-Pakete verzögert. Die durchschnittlichen Laufzeiten und die zu erwartenden Jitter werdendeutlich größer.

max. NMPLS oder

DiffServ ohne QoSVLAN

RTP 10ms

RTP 20ms

RTP 40ms

16

21

24

11

16

21

7

10

12

Datenlast: 5 % Last

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Was zeigen die Ergebnisse?

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4 Fazit

4.1 Was zeigen die Ergebnisse?Gehen wir zurück zur Anfangsfrage: Wie viel Bandbreite ist zur externen Anschaltung des Sys-tems erforderlich? Die Ausschreibung war hier nicht sehr präzise, allein die Aussage „Das Netzist VoIP-Ready“ ist sehr dehnbar! Angaben zum Codec und zur RTP-Größe fehlten in derAngebotsaufforderung. Um 20 Erl zu bedienen, braucht man von 1,5 (MPLS oder VLAN) bis 5Systeme (ohne QoS, mit RTP alle 10 ms) mit jeweils 2,048-Mbit/s. In TDM war genau eine2,048-Mbit/s-Strecke erforderlich.Die Aussage „Das Netz ist VoIP-Ready“ sagt nichts! Hier muss man viel genauer nachfragen, obund wenn ja wie QoS-Maßnahmen auf welcher Basis ergriffen werden. Die Auswirkungen derverschiedenen Maßnahmen schlagen sich drastisch auf die Leistungsfähigkeit des Systems,VoIP-Kanäle mit geringen Verzögerungszeiten transportieren zu können.Ohne QoS-Maßnahmen wird VoIP auch das vorhandene Netz beeinflussen. Die neue, sehr gro-ße Last durch die vielen, sehr kurzen RTP-Pakete führt zu einer deutlichen Erhöhung der Netz-belastung. Die Laufzeiten werden für alle Anwendungen deutlich größer werden.

4.1.1 Bewertung der QoS-MaßnahmenWie können die verschiedenen Maßnahmen bewertet werden?

• Exklusive Nutzung für VoIP: Durch (durchgängig) MPLS, VLAN (hardwarebasiert) oderdurch eigene Leitungen kann man eine Mischung zwischen Paketen der Echtzeitkommu-nikation und des klassischen Datenverkehrs vermeiden. Unabhängig von dem Codecund der RTP-Rate zeigen diese Leitungen die größte Leistungsfähigkeit, sie transportie-ren bei vergleichbaren Werten am meisten VoIP-Kanäle mit geringen Wartezeiten. Diesestrikte Trennung von Sprache und Daten ist auf jeden Fall zu bevorzugen.

• Priorisierung: DiffServ (Strict Priority Queueing) ermöglicht einen bevorzugtenTransport der Echtzeitinformation. Für kleinere Verhältnisse und einen geringen VoIP-Anteil kann dies ein möglicher Weg sein. Gegenüber der exklusiven Nutzung wird abermehr Bandbreite für die gleiche Anzahl von VoIP-Kanälen benötigt.

• Überdimensionierung: Das Argument, die Strecke sei ja nur gering mit Daten ausgelas-tet, trägt nicht. Ohne QoS-Maßnahmen können nur sehr wenige Kanäle mit sehr großenVerzögerungszeiten realisiert werden. Zudem kann man sich durch eine ungenügendeVerkehrstrennung Sicherheitsprobleme einhandeln, weil die Sprach- und Datenkommu-nikation im gleichen Netz stattfindet. Mit MPLS oder VLAN kann man beide logisch von-einander trennen. Der Transport von VoIP-Paketen ohne QoS-Maßnahmen erscheintdamit insgesamt nicht empfehlenswert. Wie das letzte Beispiel zeigt, bringt eine Tren-nung durch VLAN oder MPLS deutlich mehr VoIP-Verkehr mit geringeren Verzögerungs-zeiten durch das Netz, und die Datenkommunikation wird dabei kaum beeinträchtigt(ggf. geringe Verzögerungen durch Traffic Shaping).

• Eine kleinere MTU-Size ist für eine Verkehrsmischung mit RTP-Paketen vorteilhaft. Jekleiner die IP-Pakete sind, umso kleiner sind die Belegungszeiten durch diese Pakete.Die kleinen RTP-Pakete können sich dann eher zwischen zwei kleinere IP-Pakete über-tragen. In Netzen mit großen Jumbo-Frames ist mit sehr großen Paketlaufzeiten undeinem großen Jitter zu rechnen.

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Fazit

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4.1.2 Wie viele VoIP können je 2,048-Mbit/s-Strecke übertragen werden?Wie drastisch sich die unterschiedlichen Maßnahmen auswirken, zeigt die folgende Dar-stellung. Im ersten Fall wird eine 2,048-Mbit/s-Strecke mit TDM-Technik betrieben. Durch diefesten Zeitkanäle und die genaue Anpassung dieser Technik an die Übertragung vonSprachinformationen können hier 30 Kanäle übertragen werden. Ohne eine Belastung durcheine parallel laufende Datenkommunikation können bei der gleichen Übertragungsstrecke mitVLAN bzw. MPLS bis zu 26 Kanäle unterstützt werden (abhängig von der Wahl der RTP-Paket-größe).Mit einer (über die gleiche Strecke übertragen) Last durch Datenkommunikation von 5 % sindes nur noch max. 24 Kanäle (bei 40 ms je RTP-Paket) bzw. 21 (20 ms je RTP-Paket) oder 16(10 ms je RTP-Paket). Mit DiffServ sind es bei der gleichen Datenlast von 5 % nur noch 11 bis21 VoIP-Kanäle, ohne QoS sind es nur 7 bis 12 VoIP-Kanäle (H = 0,8).

4.2 Was passiert, wenn ...?

4.2.1 Wie stellt sich ein Netz ohne QoS-Maßnahmen dar?Was passiert, wenn man das spezifische Netzverhalten nicht beachtet und einfach die Band-breitenanforderungen addiert und keine QoS-Maßnahmen ergreift?

• Meistens geht es gut. Die meisten LAN sind kräftig überdimensioniert, und diewirklichen Belastungsfälle treten selten auf.

• Manchmal ist dann die Verständigung in diesen Systemen sehr schlecht. Wenn dieBelastungsfälle eintreten, wirken sie sich unmittelbar auf die Echtzeitkommunikationaus, viel früher als auf die klassische Datenkommunikation.

TDM

nutzbarer VoIP-Kanal mit 10 ms je RTP-Paket

nutzbarer VoIP-Kanal mit 20 ms je RTP-Paket

nutzbarer VoIP-Kanal mit 40 ms je RTP-Paket

nicht nutzbar für VoIP

n

Anzahl der verfügbaren

VoIP (DiffServ,

VoIP (MPLS, VLAN)

VoIP (MPLS, VLAN)

VoIP (ohne QoS,

ohne Daten-Last

mit 5 % Last

VoIP-Kanäle

5 10 15 20 25 300

5 % Last)

5 % Last)

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Was passiert, wenn ...?

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• Viele VoIP-Telefone gleichen einen Paketverlust durch einen eingebauten Mechanismusbesser als andere Terminals aus. Obwohl die Pakete tatsächlich fehlen, ist es für dieBenutzer kaum zu merken.

• Die klassische Datenkommunikation wird durch die vielen RTP-Pakete beeinträchtigt.Die Netzlast steigt durch VoIP signifikant an. Hierfür sind die vielen zusätzlichen kurzenRTP-Pakete verantwortlich, nicht die zusätzlich erforderliche Datenrate. Mit derPaketrate (Ankunftsrate ) steigt die Netzauslastung .

• Diese Fälle, in denen die Qualität der Sprachkommunikation sehr schlecht wird, lassensich kaum reproduzieren. Um solche Belastungen zu rekonstruieren, müsste man einegroße Belastung im Bereich der Sprachkommunikation und auch im Bereich derDatenkommunikation erzeugen.

• Netzmessungen sind hier nur dann aussagefähig, wenn gleichzeitig die Belastungsfälledurch spezielle Generatoren hervorgerufen werden.

• In Netzen, die ursprünglich über sauber getrennte Bereiche für die Sprach- undDatenkommunikation verfügten, können unsachgemäße „Umsteckaktionen“ diese Tren-nung aufheben und doch wieder zu einer Mischung von Sprach- und Datenkommunika-tion führen.

4.2.2 Was kann man dagegen tun?Meist ist das Netz, in dem die Installationen vorgenommen werden, unbekannt. Man kann esdurch Messungen kennenlernen, aber dies sind immer nur wenig aussagefähige Augenblicks-werte. Besser sind provozierende Tests mit bekannten Testverkehrsquellen, die einen vorherbestimmten Verkehr erzeugen. Mit dieser Testlast können dann Messungen in Grenzbe-reichen der Netzbelastung durchgeführt werden. Mit diesen Aussagen ist das Netzverhaltenetwas besser vorauszusagen.Auch wenn Informationen zur Realisierung des QoS vorliegen, ist das Verhalten des Trägernet-zes dadurch nicht vollständig beschrieben. Die Verhältnisse können sich auch ändern. Einsauber mit VLAN logisch getrenntes Netz für die Sprachübertragung kann durch einunachtsames Umstecken einer Ethernetleitung drastisch verschlechtert werden. Oft ist diesaber nicht sofort bemerkbar, weil die Netzauslastung der Datenkommunikation sehr starkschwankt. Hieraus resultieren dann Aussagen wie: „Letzte Woche Dienstag hatten wir einesehr schlechte Verständlichkeit im Netz.“ In Zeiten mit einem geringen Datenverkehr bleibtder Fehler unentdeckt, in Zeiten mit großer Last kommt es zu sehr großen Paketlaufzeiten undeinem erhöhten Paketverlust. Das gilt auch für die Datenkommunikation, VoIP-Anwendungenbringen mit ihren RTP-Paketen, die in kurzen Abständen gesendet werden, eine hohe Last inein Datennetz. Werden beide Anwendungen nicht durch eigene, virtuelle Kanäle getrennt,kommt es zu Übergriffen („Seitdem die TK-Anwendung im Netz ist, ist es viel schlechtergeworden.“). Die Priorisierung von Echtzeitkommunikation wirkt sich benachteiligend auf dieDatenkommunikation aus. Solange der Anteil der bevorrechtigten Pakete klein bleibt, geht dasohne Probleme, bei einem größeren Anteil von bevorrechtigtem Verkehr „leidet“ die klassi-sche Datenkommunikation merklich.

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Fazit

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Wie sieht ein sauberes Vorgehen aus? Um Problemen mit „Manchmal-Effekten“ aus dem Wegzu gehen und Problemen mit der Beweislast zu begegnen, ist ein relativ großer Messaufwandnotwendig:

• Am besten sollte vor Angebotsabgabe eine Netzmessung beim Kunden durchgeführtwerden. (Wird die versprochene Verkehrstrennung vorgesehen und auch eingehalten?)Dazu ist auch eine künstlich herbeigeführte Überlastmessung notwendig, die den „Ist-Zustand“ der Netze aufnimmt. Dabei muss die Verkehrslast nicht nur in den VoIP-Anteildes Netzes, sondern auch in das verbleibende Datennetz eingebracht werden. Mit Lastgeneratoren sollen typische Daten, wie sie im späteren Betrieb des VoIP-Sys-tems vorkommen, als Lastproben in das vorhandene Netz des Kunden gespeist werden.Dieser Test erfolgt in Absprache mit dem Kunden zu verkehrsschwachen Zeiten, um Stö-rungen im Netzbetrieb zu begrenzen. Im Verlauf der Messungen sollen die netztypi-schen Parameter (mittlere und maximale Paketlaufzeit, mittlerer und maximalgemessener Jitter, Paketverlust ggf. MOS, R-Faktor oder PESQ usw.) unter verschiedenenBedingungen (Einzelmessung ohne Stresslast, mit einer durchschnittlichen Netzbelas-tung und einer Stressbelastung) gemessen werden. Diese erste Messung soll Auskunftüber die gegenwärtige Auslastung und Auslegung des Netzes beim Kunden liefern.

• Nach der Installation und bei der Übergabe ist die Messung zu wiederholen. Hiermitwird die gesicherte Funktion und die Einhaltung von Grenzwerten (Delay, Jitter undPaketverlust) dem Kunden gegenüber nachgewiesen. Gleichzeitig können die gegensei-tigen Einflüsse auf die jeweils andere Kommunikation untersucht und belegt werden. Diese Messungen sollen Auskunft über die Robustheit des eingerichteten, virtuellenNetzes als Basis für das VoIP-System geben.

• Für eine dauerhafte Sicherung der Qualität müssten in die Systeme permanent eigeneMess-Clients eingebaut werden, die regelmäßig (oder immer) Probeverbindungenunterhalten. Diese Testverbindungen werden dann sehr genau gemessen und beobach-tet, die Messergebnisse werden gesammelt und verdichtet. Änderungen an der Netz-konfiguration können so frühzeitig entdeckt und ggf. in einem Managementsystemangezeigt werden. Alternativ können die Daten der durchgeführten Verbindungen ausgewertet werden.Während eines VoIP-Gesprächs werden neben den RTP-Daten auch sog. RTCP-Datenausgetauscht, die Informationen über die Eigenschaften der Übertragung enthalten. MitRTCP werden während der Verbindung Rückkopplungen zur Übertragungsqualität anden Sender gegeben.

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QoS-Maßnahmen bei VLAN, ATM und MPLS

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A Anhang

A.1 QoS-Maßnahmen bei VLAN, ATM und MPLSDie Berechnungen haben gezeigt, dass eine strikte Trennung von Sprache und Daten (wiedurch MPLS und VLAN) bei den Vergleichen immer am besten abgeschnitten hat. Die Bereit-stellung eigener, virtueller Kanäle ermöglichte eine strikte Trennung zwischen den beiden Ver-kehrsarten und dadurch die meisten VoIP-Kanäle mit den geringsten Verzögerungen. Wie istes möglich, dass so viel mehr VoIP-Kanäle in VLAN/MPLS-Systemen übertragen werdenkönnen?

A.1.1 Grundprinzip von VLAN, ATM und MPLSVereinfacht dargestellt, ordnen VLAN, MPLS und ATM jeder virtuellen Verbindung ein Label(bzw. bei ATM eine virtuelle Kanalnummer) zu. Gleichzeitig werden für jede Verbindung dieVerkehrseigenschaften vorgegeben. Die Eigenschaften der virtuellen Verbindungen werdenlaufend überwacht (Policing). Diese Überwachung kann auch für einen Port mit allen virtuellenVerbindungen angewendet werden. Des Weiteren kann der gesamte Verkehr von einem be-stimmten Port einer bestimmten Verkehrsart zugeordnet werden (Port-based QoS). Über-schreitungen der vereinbarten Eigenschaften werden nicht zugelassen. Die Netzelementeüberwachen die tatsächlich verwendeten Verkehrsparameter (sog. Usage-Parameter) der ak-tiven Verbindungen. Die Missachtung der festgelegten Parameter durch eine bestimmteQuelle kann andere Verbindungen beispielsweise durch eine erhöhte Laufzeit dieser Zelleninnerhalb des Netzelements beeinflussen. Unter Umständen können diese Laufzeiten so großwerden, dass die Qualitätsanforderungen dieser Verbindung nicht mehr eingehalten werdenkönnen. Die Verkehrsparameter werden je virtuelle Verbindung (je Label) getrennt über-wacht. Bei der Verletzung der Verkehrsparameter werden von einer Kommunikationsquelle mehr Pa-kete gesendet, als beim Verbindungsaufbau vereinbart wurden. Die zu viel produzierten Zellenkönnen von Netzelementen

• verworfen werden – das bedeutet Paketverlust,

• verzögert werden, bis die Quelle weniger Pakete erzeugt (Traffic Shaping).

A.1.2 BeispielverkehrIn dem folgenden Beispiel werden von drei unterschiedlichen Datenquellen unabhängig von-einander Pakete gesendet (Quelle 1 bis 3). Parallel werden von einer VoIP-Quelle (Quelle 4) inregelmäßigen Abständen RTP-Pakete über die gleiche Schnittstelle gesendet.

Quelle 1

Quelle 2

Quelle 3

Quelle 4

t

t

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Anhang

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Wird der Verkehr der vier Quellen ohne QoS-Maßnahmen zusammengefasst, setzen sich vorallem die größeren Datenpakete durch. Die Verzögerungszeiten für die kleinen RTP-Paketesind sehr groß und variieren sehr stark.

A.1.3 DiffServWerden die RTP-Pakete vorrangig transportiert, z. B. durch DiffServ (Strict Priority), erfolgt dieReihenfolge beim Pakettransport nicht in der Reihenfolge des Eintreffens der Pakete. Diekleinen RTP-Pakete können sich hier etwas „vordrängeln“, allerdings müssen sie warten, wenngerade ein langes Datenpaket bearbeitet wird. Durch das Eintreffen eines bevorrechtigten Pa-kets wird der Bearbeitungsvorgang eines anderen Pakets nicht unterbrochen. Die Verzö-gerungszeiten sind hier bereits deutlich kürzer als ohne QoS-Maßnahmen.

1.3.1 Übertragung mit VLAN bzw. MPLSBei VLAN, ATM und MPLS werden den Verkehrsquellen bestimmte Verkehrseigenschaften zu-geordnet. Die Einhaltung dieser Eigenschaften wird ständig überwacht. Für den vorgegebenenBeispielverkehr bedeutet dies, dass die eintreffenden Datenpakete dem vereinbarten Verkehr

ohne QoS Quelle 1

Quelle 2

Quelle 3

Quelle 4

Multiplex

t

t

DiffServ Quelle 1

Quelle 2

Quelle 3

Quelle 4

Multiplex

t

t

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QoS-Maßnahmen bei VLAN, ATM und MPLS

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(in Pakete/s) angepasst werden. Pakete, die in sehr kurzem Abstand hintereinander ein-treffen, werden zeitlich auseinandergezogen. Mit einem Takt, der der vereinbarten Übermitt-lungsrate entspricht, werden die Pakete weitergeleitet. Die in unregelmäßigen (sehr kurzen)Abständen eintreffenden Datenpakete werden in regelmäßigen (der vereinbarten Datenrateentsprechenden) Abständen weitergeleitet, dies wird auch als Traffic Shaping (Verkehrsanpas-sung) bezeichnet. Dieser Mechanismus arbeitet in den hardwarebasierten MPLS- oder VLAN-Systemen sehr verlässlich. Diese strikte Trennung von VoIP- und Datenverkehr muss aberdurchgängig gewährleistet werden. Werden für die externe Anschaltung doch wieder unter-schiedliche Verkehre gemeinsam über eine Leitung bzw. einen logischen Kanal übertragen,können die guten Eigenschaften hierbei verloren gehen. Softwarebasierte Systeme sind vonder Realisierung der jeweiligen Hersteller und der Last im System abhängig. Hier wurden nurdie HW-basierten Systeme betrachtet. In dem ersten Bild wird der Verkehr der Quelle 2 ange-passt, im folgenden Bild der Quelle 3.

Werden nun die angepassten Verkehre zusammengefasst, entspannt sich die Situation für dieEchtzeitübertragung. Die Verzögerungszeiten sind bei diesem Verfahren deutlich geringer alsbei DiffServ oder einer Übertragung ohne Maßnahmen. Durch die zeitliche „Dehnung“ des Ein-treffens der Datenpakete sind die Paketabstände groß genug, dass die Pakete der Echtzeit-kommunikation sich durchsetzen. Häufig blockieren hier auch keine langen Datenpakete dieBearbeitung der RTP-Pakete.

Freigabe-Raster

Quelle 2

t

t

Freigabe-Raster

Quelle 3t

t

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Die Effekte der verschiedenen QoS-Mechanismen machen sich bereits bei diesem einfachenBeispiel bemerkbar. In der Realität sind die Datenpakete im Verhältnis zu den Paketen derEchtzeitkommunikation viel größer, d. h., die Behinderung der RTP-Pakete ist noch viel stärker,als hier darstellbar. Dieses zeigt sich in den vereinfachten Berechnungen im folgendenAbschnitt.

A.2 JitterDie Laufzeit eines RTP-Pakets schwankt von Paket zu Paket. Diese Varianz der Laufzeit eineseinzelnen RTP-Pakets wird als Jitter bezeichnet.

Werden auf einer Übertragungsstrecke nur RTP-Pakete übertragen, bleibt der Jitter relativklein. In einer Mischung mit den viel längeren IP-Paketen werden die mittlere Paketlaufzeitund der Jitter größer. Durchläuft das RTP-Paket mehrere Netzelemente, in denen eine Ver-

VLAN MPLS Quelle 1

Quelle 2

Quelle 3

Quelle 4

Multiplex

t

t

tS

t

Jitter

Paket 1 Paket 2

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Die genaueren Berechnungen

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kehrsmischung aus RTP-Paketen und Datenpaketen transportiert wird, wird der Jitter vonNetzelement zu Netzelement immer größer.

A.3 Die genaueren BerechnungenDie oben beschriebenen Zusammenhänge liegen in den Eigenschaften der Netze und dereingebrachten Verkehre begründet. Diesem Verhalten versucht man sich mit mathematischenModellen zu nähern, um diese besser verstehen und berechnen zu können. Die Berechnungs-grundlagen liegen in den Wartezeitmodellen begründet. Im Folgenden werden die ver-wendeten Formeln und Berechnungsansätze zusammenfassend dargestellt. In den Darstellungen oben und in der Berechnung wurden einige Vereinfachungen gemacht,um die Zusammenhänge und Systemeigenschaften zu verdeutlichen. Genauere Berech-nungen wären deutlich aufwendiger, deren Ergebnisse aber nicht unbedingt viel besser. Dasliegt insbesondere in den speziellen Eigenschaften des Internetverkehrs begründet. Der IP-Verkehr zeigt ein selbstähnliches Verhalten und eine Langzeitabhängigkeit. Mit diesenbeiden Eigenschaften ergeben sich Mittelwerte im beobachteten Verkehr erst nach sehrlangen Beobachtungszeiten. Diese Mittelwerte weisen zudem eine sehr große Varianz auf, dieunter bestimmten Umständen gegen unendlich strebt. Damit werden die ermittelten Werte(ob gemessen oder errechnet) sehr ungenau und erlauben kaum Vorhersagen auf ein zukünf-tiges Verhalten.

A.3.1 Wichtige Anmerkungen zu den BerechnungenDie Berechnungen wurden für diese Betrachtungen etwas vereinfacht:

• Für DiffServ wurde der Berechnungsweg etwas vereinfacht. Eigentlich ist das Verfahrenfür einen sehr geringen Anteil mit bevorrechtigtem Verkehr vorgesehen (ca. 5 %). Bei

Internet

RTP-Pakettransport

Jitter

Jitter am Eingang des Netzes Jitter am Ausgang des Netzes

Transport

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größeren Anteilen (die in diesen Berechnungen betrachtet wurden) wären die Berech-nungen dann viel komplexer – hier sollte nur der Trend dargestellt werden, daher wurdeauch bei größeren Anteilen vereinfacht gerechnet.Weiterhin wurde von einem „Strict Priority Queueing“ ausgegangen, d. h., dass die RTP-Pakete mit einem absoluten Vorrang bearbeitet werden. Für die RTP-Pakete existierteine eigene Warteschlange. Ist ein Paket in dieser Warteschlange vorhanden, wird es alsnächstes vom Router bearbeitet (DiffServ-Router). Ist kein Paket in dieser War-teschlange vorhanden, geht der Router zur Warteschlange mit der nächstniedrigerenPriorität über. Ist hier ein Paket vorhanden, wird es bearbeitet. Danach geht derMechanismus wieder in die bevorrechtigte Warteschlange zurück. Ist hier inzwischenwieder ein Paket vorhanden, wird es bearbeitet. Andere Mechanismen arbeiten mit bestimmten Vorgaben für die Bearbeitung (FairQueueing, Weighted Random Queueing usw.), in diesem Fall werden die Wartespeichermit den verschiedenen Prioritäten nach den Vorgaben bearbeitet. Für den Transportvon RTP-Paketen kann dies aber bedeuten, dass ein oder mehrere IP-Pakete mehr alsbei dem Strict-Priority-Verfahren zwischen den RTP-Paketen liegen können. Die Anzahlder übertragbaren VoIP-Kanäle läge bei diesen Verfahren zwischen den Ergebnissen vonDiffServ (Strict Priority) und der Übertragung ohne QoS-Maßnahmen (Überdimensio-nierung).

• Für den Transport mittels MPLS und VLAN wurde bei den Berechnungen von einer hard-warebasierten Lösung ausgegangen. Es sind auch softwarebasierte MPLS- oder VLAN-Lösungen auf dem Markt, die nicht über ein vergleichbares Verhalten verfügen. Softwa-rebasierte Lösungen sind in ihrer Leistungsfähigkeit von der Belastung und derjeweiligen Realisierung durch den Hersteller abhängig. Allgemeine Berechnungen sindhier nur schwer möglich. Die Ergebnisse wären Hersteller- und Lastabhängig.Die Berechnungen für MPLS- und VLAN-Systeme mit QoS und Policing-Funktionenwurden in die idealisierten Berechnungen für exklusive Leitungen übernommen. Dies isteine Vereinfachung der wahren Verhältnisse, die deutlich komplexer berechnet werdenmüssen. Hier sollten nur die grundsätzlichen, unterschiedlichen Eigenschaften der ver-schiedenen QoS-Maßnahmen dargestellt werden. Es ist kein Ansatz für eine exakteBerechnung der Verhältnisse.

• Die Berechnungen ohne QoS-Maßnahmen wurden ebenfalls vereinfacht. Bei genauerenBetrachtungen müsste der Hurst-Parameter mit steigender RTP-Last verringert werden– dies wurde hier vernachlässigt. Insgesamt werden die Berechnungen bei genauerenBetrachtungen sehr viel komplexer, aber nicht genauer. Aus diesem Grund wurde auchhier der vereinfachte Ansatz gewählt.

Alle Ergebnisse sind Durchschnittswerte, gerade bei der Verkehrsmischung können diese umein Vielfaches überschritten werden.

Auf den folgenden Seiten sind die grundsätzlichen mathematischen Ansätze und die ver-wendeten Formeln ohne weitere Erläuterungen zusammenfassend dargestellt.

A.3.2 Berechnung der mittleren Wartezeit für den exklusiven RTP-Transport [Klot11]Die mittlere Wartezeit für ein RTP-Paket hängt bei einer exklusiven Übertragung von RTP-Pa-keten nur von der gewählten RTP-Größe, der Übertragungsgeschwindigkeit und von der An-zahl der laufenden Verbindungen ab. Werden die RTP-Pakete alle 20 ms übertragen, ist die

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Die genaueren Berechnungen

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Zeit für den Transport tS eines RTP-Pakets: (230 · 8 bit)/2,048 Mbit/s = 0,898 ms. Für 2 RTP-Pakete ist die Zeit 2 · 0,898 ms = 1,796 ms, für 3 RTP-Pakete ist die Zeit 3 · 0,898 ms = 2,694 msusw. Allgemein ist ts:

Für ein Paket mit einem RTP-Abstand von 20 ms ist ein RTP-Paket 160 Byte groß. Zusammenmit dem Overhead von RTP und den der unterliegenden Protokolle (in Summe 70 Byte) machtdas 230 Byte. Die Zeit für den Pakettransport ist mit einer Übermittlungsrate von 2,048 Mbit/s:

In einem Zeitrahmen können N RTP-Pakete gesendet werden (hier N=10). Kommt ein zweitesGespräch dazu, passiert meistens nichts, da ja noch genügend freie Kapazität vorhanden ist.Allerdings könnte das erste Paket des zweiten Gesprächs während der Sendezeit eines Paketsdes ersten ankommen, dann muss es warten.

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/N muss das zweite Paket warten, die mittlere Wartezeit istdann tS/2. Das erste Paket wartet nicht (tW1=0), das zweite wartet:

Die mittlere Wartezeit bei zwei Gesprächen ist dann:

Bei 3 Gesprächen warten die Pakete des ersten nicht, die des zweiten tW2=1/N* tS/2 und diedes dritten tW3=2/N* tS/2, da die Wahrscheinlichkeit des Wartens für die Pakete des drittenGesprächs größer ist. Die mittlere Wartezeit ist jetzt

Allgemein ist die mittlere Wartezeit für n von N möglichen Verbindungen:

tSPaketgröße in Byte 8 bitÜbermittlungsrate in bit/s-------------------------------------------------------------------=

tS230 8 bit

2 048 106bit/s-----------------------------------------=

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 2mögliche Übertragungen N

Übertragung 1

Übertragung 2

tW

tW21N----

tS2----=

tW t W1 t+ W2 2 0 1N----+

tS2---- 2 1

N----

tS4---- == =

tW t W1 t+ W2 tW3+ 3 0 1N----+

tS2---- 1

N----

2 t S2

------------+ 3= =

tWtS

2 N n-------------------- i

i 1=

n 1–

tS

2 N n-------------------- n 1 n–

2---------------------

tS n 1 –4 N

----------------------------== =

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Anhang

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Werden die RTP-Pakete alle 10 ms erzeugt, ist die maximal mögliche Anzahl von VoIP-Kanälen(N) bei einer Übermittlungsrate von 2,048 Mbit/s:

Werden die RTP-Pakete alle 20 ms bzw. alle 40 ms gesendet, ist N:

Die maximale Wartezeit wird erreicht, wenn zufällig alle laufenden Verbindungen genau gleichbegonnen wurden.

N 2 048 106bit/s 0 01s,150 Byte 8 bit

-----------------------------------------------------------=

N 2 048 106bit/s 0 02s,230 Byte 8 bit

-----------------------------------------------------------= N 2 048 106bit/s 0 04s,390 Byte 8 bit

-----------------------------------------------------------=

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Die genaueren Berechnungen

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Exklusiver Zugriff (eigene Leitung, MPLS, ATM, VLAN mit QoS)

0,000

2,000

4,000

6,000

8,000

10,000

12,000

14,000

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25

tw 10ms 0,000

tw 20ms 0,528

tw 40ms 0,896

tw 40ms ms

Router

MUXMultiplex (Paket-Ebene)

Nur RTP-Pakete (alle gleich lang)

μnur RTP-Pakete

Feste Paket-RateBeginn aber zufällig

alle RTP-Pakete gleich langBearbeitungszeit ist immer gleich

D/D/1

Ankünfte

Warteschlange Bedieneinheit

Konfiguration

Modell

Auslastung

Formeln

tW in ms

Anzahl der VoIP-Kanäle

(mittlere Wartezeitfür ein Paket)

für 10 ms für 20 ms für 40 ms

tW = 150 · 8 bit

2048 · 103 bit/s · (n - 1)4 · N tW =

230 · 8 bit2048 · 103 bit/s ·

(n - 1)4 · N tW =

390 · 8 bit2048 · 103 bit/s ·

(n - 1)4 · N

für RTP mit 10 ms Abstand

für RTP mit 20 ms Abstand

für RTP mit 40 ms Abstand

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Anhang

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Priorisierung (DiffServ, strict priority queuing)

RTP-Pakete bevorrechtigt

Feste Paket-RateBeginn aber zufällig

RTP-Pakete + Bearbeitung der Datenpakete die mittlere Paketlänge

M/M/1

Poisson

8

6

4

2

00,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Anz

ahl d

er W

arte

spei

cher

plät

ze

Auslastung (

DiffServNQ

M/M/1

NQ = 2

1 -tW =

µ -

= µ

Router

Routingstatistisches Multiplex

Priorität

Priorität

!

Bevorrechtigung von RTP-Paketen

und die Bearbeitungszeit sind unterschiedlich

Ankünfte

bevorrechtigte

Bedieneinheit

Warteschlange (Daten)

Warteschlange

Konfiguration

Modell

Auslastung

Formeln

(vereinfacht)

Die hier verwendeten Formeln vereinfachen das DiffServ-Prinzip auf eine einfache M/M/1-Warteschlange, für einegenauere Berechnung sind eigene Formeln für die bevor-rechtigten Pakete und die benachteiligten Pakete zu ver-wenden [Tra05].

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Die genaueren Berechnungen

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Überdimensionierung (kein QoS)

μRTP- plus Daten-Pakete

Zufällige Pakete-RateM/M/1

8

6

4

2

00,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Anz

ahl d

er W

arte

spei

cher

plät

ze

Auslastung (

H=0,9

H=0,75

NQohne QoS

NQ = (1/(2*(1-H)))

(1 - ) H/(1-H)tW =

NQ

= µ

Router

Routingstatistisches Multiplex

H = 0,8(selbstähnlicher Verkehr)

RTP-Pakete + Bearbeitung der Datenpakete die mittlere Paketlängeund die Bearbeitungszeit sind unterschiedlich

Ankünfte

Warteschlange Bedieneinheit

Konfiguration

Modell

Auslastung

Formeln Die hier verwendeten Formeln vereinfachen die Berechnung, da mit zunehmenden VoIP-Verkehrder Hurst-Faktor kleiner wird.

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Anhang

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A.4 Quellen, Literatur

[Gri04]: Grimm, C., Schlüchtermann, G.: Verkehrstheorie in IP-Netzen, Modelle, Berech-nungen, statistische Methoden. Hüthig Verlag, Heidelberg, 2004. ISBN 3-8266-5047-6.

[Her08]: Herheuser, R.: Planung von Vermittlungsnetzen. Eine Einführung. vdf Hochschulver-lag AG, Zürich, 2008. UTB-ISBN 978-3-8252-8394-0.

[Kle75]: Kleinrock, L.: Queueing Systems, Volume I: Theory. John Wiley-Interscience Publica-tion, New York, Chichester, Brisbane, Toronto, 1975. ISBN 0-471-49110-1.

[Klot11]: Klotz, B.: Berechnung der mitteren Wartezeit, interne Aufzeichnungen. Stuttgart,2011.

[McDysan, Paw 2002]: McDysan, D. E. und Paw, D.: ATM & MPLS Theory & Application. Mc-Graw-Hill/Osborne, Berkeley, USA, 2002.

[Sie09]: Siegmund, G.: Technik der Netze, Band 2: Neue Ansätze: SIP in IMS und NGN. 6. Auf-lage. Hüthig Verlag, Heidelberg, 2009. ISBN 978-3-7785-4063-3.

[Sie10]: Siegmund, G.: Technik der Netze, Band 1: Grundlagen, Verkehrstheorie, ISDN/GSM/IN. 6. Auflage. VDE Verlag, Berlin, Offenbach, 2010. ISBN 978-3-8007-3219-7.

[Tra05]: Tran-Gia, P.: Einführung in die Leistungsbewertung und Verkehrstheorie. 2. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, 2005. ISBN 3-486-57882-0.

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Quellen, Literatur

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