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Auswirkungen der 5. IVG- Revision auf die Schaden- … · 2016. 2. 27. · 7 Abs. 2 IVG, wonach...

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5* revision delAl Auswirkungen der 5.IVG- Revision auf die Schaden- minderungspflicht Hardy Landolt" Die <Schadenminderungspflicht> ist ein allgemeiner' Rechtsgrundsatz und gilt sowohl im Haftungsrechtr als auch im Sozial-2 und dem Privatversicherungsrecht3. Die Schadenminderungspfl icht bez*'eckt eine Vermei - dung unnötiger Kosten, ist aber keine Rechtspflicht, die von den Behörden zwangsw'eise durchgesetzt wer- den kann. Die Schadenminderun-espflicht ist vielmehr eine Ohliegenheit, deren Verletzung zu einer Leis- tungsverweigerung führt bzw. die Behördeberechtigt, einen Aktenentscheid zu f,ällena. Adressat der Schaden- minderungspflicht ist primär der Ver'.sicht'rte!. Dritte tragen nur ausnahmsweise Obliegenhe itsIasten. Solche bestehen etwa für die anerkannten Leistuttg.sarbringer', den Arbeitgeber1 und die AngehörigeriN desVerletzten. Anderen Drittpersonen, z.B. den Arbeit.skollegen des Versicherten, ist die Erbringung von Geld- bzn. Dienst- leistungen zu Gunsten des Versicherten von r ornherein nicht zumutbare. Erscheinungsformen der Schadenminderungspflicht Die Schadenminderungspflicht weist r erschiedene Er- scheinungsformen auf. Jedeurteilsfähiger(' Person ist berechtigt, sich zu verletzen bzw. umzubringen. Das Selbstschädigungsrecht bedeutet jedoch nicht, dass Dritte, insbesonderePersonenversicherer, die finan- ziellen Folgen einer Selbstschädigung tragenmüssen. Die vorscitzliche Selbstschridigttng berechtigt den Ver- sicherer bzw. allf,ällige Haftpflichtige, ihre Ersatzleis- PD Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter ander Univer- sität St. Gallen. Vgl. Art. 44 Abs. I 0R. Vgl. z.B. Atl.21ATSG und BGE 117 V 278E.2b. Vgl. z.B. Art.61 VVG. Vgl. Art.21 ATSG und Art.73lVV. Die Schadenminderungspflicht gilt auch für Summenversicherte (BGE 128 ilr34 E.3bl. 6 Vgl. Art. 53 Abs. 3 und Art. 69a UVV sowie Art. 59KW. t Vgl.Art.53 Abs.3 und Art. 56 UW. 8 Angehörige sindverpflichtet, dem Versicherten in sozialüblicher Weise bei derErledigung vonHaushaltarbeiten mitzuhelfen (vgl. Ur- teile EVG vom 12.11.2001 il 4971011E.3b/bb, vom 11.6.2001 il 76/011E. 3a, vom 22.2.2001 il 51U001 E. 3dund vom 04.7.2000 il 294/991 E. 2b). t Vgl.Urteil EVG vom27.8.2004 (l 3/04) = SVR 2006 lV Nr.25 E.3.1 f. Siehe aber Urteil EVG vom 6.1.2004 (U 107i03) E.2.4lZumutbarkeit von Fahrgemeinschaften). 'o Vgl.dazu BGE 120 V 352 undferner Urteile EVG vom6.5.2002 (U 395/01) E. 1, vom 223.2002 (U 369100) E. 1b und vom 14.2.2002 (U 276101l E.lb. 3/2006 HAVE/REA
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Page 1: Auswirkungen der 5. IVG- Revision auf die Schaden- … · 2016. 2. 27. · 7 Abs. 2 IVG, wonach Taggelder und Hilflosenentschä-digung nicht gekürzt werden dürfen. Ob die in Art.

Les deux Chambres se sont ögalement intöress6esaux modalitös permettant d'associer plus directementles employeurs ä la prövention de I'invaliditd et ä lad6marche de r6adaptation. Elles ont öcart6 les mesuresde contrainte (comme I'introduction de quotas), touten soulignant que les employeurs joueront un röleimportant dans la r6ussite de la mise en Guvre de la5"r6vision de I'AL A la suite de ces dölibörations, leConseil des Etats a adoptö un article suppl6mentaireintroduisant, vis ä vis des employeurs, une obligationde collaborer activement avec les offices AI afinde < contribuer ä la mise en Guvre d'une solutionappropri6e s'inscrivant dans les limites du raisonnable >.Le l6gislateur a par ailleurs accordö de I'importanceaux incitations et a ajoutö un article prövoyant que l'AIpeut accorder un soutien financier aux employeursqui gardent des employ6s pendant les mesures der6insertion. I-iassurance pourra de plus verser uneindemnitÖ pour les augmentations des cotisationsvers6es ä I'assurance d'indemnit6s journaliöres encas de maladie et ä la pr6voyance professionnelleobligatoire lorsque ces augmentations sont dues äune ((rechute>> pour cause de maladie survenue aprösle placement de I'assur6. Ces deux nouveaut6s sont ärapprocher de la possibilit6 d6jä prövue par le messagede verser des allocations pendant les pöriodes de miseau courant et d'initiation au travail.

Enfin, les Chambres ont ajournö la partie du projet de5" r6vision de I'AI qui porte sur les recettes. Elles ont eneffet d6cid6 de d6battre des questions de financementaprös la votation du24septembre sur I'initiative COSA<B6n6fices de la Banque nationale pour I'AVS).Si le peuple et les cantons rejettent I'initiative, lesTmilliards du produit de la vente de I'or de la Banquenationale qui reviennent ä la Conföd6ration pourraientötre vers6s au Fonds de compensation de I'AVS quisupporte actuellement des dettes de l'AI d'un montantapproximativement 6gal.

Les divergences qui subsistent entre les deux Conseilsdevraient ötre 6liminöes lors de la session d'automneä Flims.

5* revis ion de lAl

Auswirkungen der 5. IVG-Revis ion auf die Schaden-minderungspf l ichtHardy Landolt"

Die <Schadenminderungspflicht> ist ein allgemeiner'Rechtsgrundsatz und gilt sowohl im Haftungsrechtr alsauch im Sozial-2 und dem Privatversicherungsrecht3.Die Schadenminderungspfl icht bez*'eckt eine Vermei -dung unnötiger Kosten, ist aber keine Rechtspflicht,die von den Behörden zwangsw'eise durchgesetzt wer-den kann. Die Schadenminderun-espflicht ist vielmehreine Ohliegenheit, deren Verletzung zu einer Leis-tungsverweigerung führt bzw. die Behörde berechtigt,einen Aktenentscheid zu f,ällena. Adressat der Schaden-minderungspflicht ist primär der Ver'.sicht'rte!. Drittetragen nur ausnahmsweise Obliegenhe i ts I a sten. Solchebestehen etwa für die anerkannten Leistuttg.sarbringer',den Arbeitgeber1 und die AngehörigeriN des Verletzten.Anderen Drittpersonen, z.B. den Arbeit.skollegen desVersicherten, ist die Erbringung von Geld- bzn. Dienst-leistungen zu Gunsten des Versicherten von r ornhereinnicht zumutbare.

Erscheinungsformen der Schadenminderungspflicht

Die Schadenminderungspflicht weist r erschiedene Er-scheinungsformen auf. Jede urteilsfähiger(' Person istberechtigt, sich zu verletzen bzw. umzubringen. DasSelbstschädigungsrecht bedeutet jedoch nicht, dassDritte, insbesondere Personenversicherer, die finan-ziellen Folgen einer Selbstschädigung tragen müssen.Die vorscitzliche Selbstschridigttng berechtigt den Ver-sicherer bzw. allf,ällige Haftpflichtige, ihre Ersatzleis-

PD Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter an der Univer-sität St. Gallen.Vgl. Art. 44 Abs. I 0R.Vgl . z.B. At l .21ATSG und BGE 117 V 278E.2b.Vgl. z.B. Art.61 VVG.Vgl. Art.21 ATSG und Art.73lVV.Die Schadenminderungspfl icht gi l t auch für Summenversicherte(BGE 128 i l r34 E.3bl .

6 Vgl. Art. 53 Abs. 3 und Art. 69a UVV sowie Art. 59 KW.t Vgl.Art.53 Abs.3 und Art. 56 UW.8 Angehörige sind verpfl ichtet, dem Versicherten in sozialübl icher

Weise bei der Erledigung von Haushaltarbeiten mitzuhelfen (vgl. Ur-tei le EVG vom 12.11.2001 i l 4971011E.3b/bb, vom 11.6.2001 i l 76/011E.3a, vom 22.2.2001 il 51U001 E. 3d und vom 04.7.2000 il 294/991 E. 2b).

t Vgl. Urteil EVG vom 27.8.2004 (l 3/04) = SVR 2006 lV Nr. 25 E. 3.1 f.Siehe aber Urtei l EVG vom 6.1.2004 (U 107i03) E.2.4lZumutbarkeitvon Fahrgemeinschaften).

'o Vgl.dazu BGE 120 V 352 und ferner Urtei le EVG vom 6.5.2002 (U395/01) E. 1, vom 223.2002 (U 369100) E. 1b und vom 14.2.2002 (U276101l E.lb.

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tlrngen (teilweise) zu verwei gern (Schadenverhütungs-pflicht)tt. Im Unfallversicherungsrecht besteht dasLeistungsverweigerungsrecht auch bei einer grobfahr-lcissigen Herbeiführung des |tlichtbetriebsunfallest2und bei der Selbstschädigung im Ztsammenhang mitder Ausübung von aussergewöhnlich gefthrlichen Tci-tigkeiten oder der Eingehttng von Wagnissent3.

Der Geschädigte ist - unabhängig, ob er selbst oderu'ine andere Ursache für die Verletzung verantwortlichist - verpflichtet, die Folgen einer einmal eingetretenenGesundheitsbeeinträchtigung soweit als möglich undzumutbar zu mindern. Die Mitwirkungspflicht umfasstdie aktive Hilfe bei der Abklärung der Anspruchsvor-aussetzungen, z.B. durch Auskunfterteilung oder dasDulden von ärztlichen oder anderen Untersuchungenra,sowie die Teilnahme an Schadenminderungsmassnah-men, die vom Versicherer angeordnet werdenl5. DerGeschädigte ist darüber hinaus aber generell gehalten,von sich aus das ihm Zumutbare vorzukehren, damitdie Folgen der Verletzung gemildert werden können( sog. Selö s t ein gli e d erungspfl i cht'1t o .

Die Schadenminderungspflicht gilt nicht uneinge-schränkt. Der Geschädigte muss zunächst die Möglich-keit besitzen, die fragliche Massnahme auszuüben. Istdie Ausübung von Schadenminderungsmassnahmenmöglich, sind nur zumutbare Massnahmen zulässigr7.Die Zumutbarkeit ist grundsdtzhch im Hinblick aufdie gesamten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen(s ubj e ktiv e Zumutb arkeit s grenze) I 8. Die Zumutbarkeithängt zudem vom mutmasslichen Erfolg der Mass-nahme ab; der Versicherte ist nur verpflichtet, sichMassnahmen zv unterzeiehen, die eine <wesentlicheVerbesserung der Erwerbsftihigkeit oder eine neueErwerbsmöglichkeit>> zur Folge habenre. Unzumutbarsind medizinische Massnahmen, die eine Gefahr fürLeben und Gesundheit des Versicherten darstellen2o.

rr Für das Sozialversicherungsrecht s iehe z.B. Art . 21 Abs. 1 und 2ATSG.

' ' Vgl .Art .37 UVG.'' Vgl. Art. 39 UVG und Art. 49 f. UVV.'o Vgl. Art. 43 Abs. 2 ATSG.'u Vgl.Art. 21 Abs. 4 ATSG und z.B. Urtei l EVG vom 22j22004 ( l 136/04)

E.3.1'u Vgl .Art .21 Abs.4 ATSG und BGE 129 V 460 E.4.'t Vgl. Art. 21 Abs. 4 ATSG und Art. 55 Abs. 2 UVV.18 Siehe den Wort laut von Art. 21 Abs. 4 ATSG {udas ihr Zumutbarer)." Vgl. Art. 21 Abs. 4 ATSG.to Vgl.Art. 55 Abs. 2 UVV.

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Verschärfun g der Schadenmi nderun gspf I icht durchdie 5. IVG-Revision

Der Bundesrat hat am 22. Juni 2005 die Botschaft zur5. IVG-Revision verabschiedet2r. Ziel der Revision istdie finanzielle Konsolidierung der IV Diese soll durchdie Ddmpfung der Zunahme der lV-l"leuberentungen,die Korrektur von negativen Anreizen, Sparmassnah-men, eine Harmonisierung der Aufsichtspraxis, eineErhöhung des IV-Beitragssatzes und die Senkung desBundesbeitrags für die IV erfolgen. Die Dämpfungder Zunahme der lV-Neuberentungen soll durch Früh-erfassung von arbeitsunflähigen Personen zum Zweckder frühzeitigen Wiedereingliederung, Frühinterven-tion, eine Verstärkung der Mitwirkungspflichten, eineAnpassung des Invaliditätsbegriffs und eine Anderungdes Beginns des Anspruchs auf IV-Leistungen erfol-gen22. Der Bundesrat bemängelt insbesondere, dassdas heutige System der Schadenminderungspflichtunübersichtlich geregelt sei. Diese <Zersplitterung>führe dazu, dass eine versicherte Person kaum je voll-ständig überblicken könne, welchen Pflichten sie un-terliege und welches die Folgen einer ungenügendenSchadenminderung seien23. Zu diesem Zweckwird imEingliederungsbereich eine eigentliche Kodifizierungund zudem Verschdrfung der Schadenminderungs-pflicht angestrebt2a. Zu diesem Zweck sollen der beste-hende Art.7 IVG klarer formuliert und neu Art. JaundArt. 7b in das IVG eingefügt werden.

In Art. 7 Abs. I lVG-Entwurf wird der allgemeineRechtsgrundsatz der Schadenminderungspflicht bzw.die bereits nach geltendem Recht bestehende Pflichtdes Versicherten festgehalten, alles Zumutbare zu un-ternehmen, um eine Arbeitsunftihigkeit bzw. eine In-validität möglichst zu verhindern oder zu vermindern.Art. 7 Abs. 2 lVG-Entwurf konkretisiert die bis anhinnur sehr'allgemein in Art. 7 IVG und weiteren Bestim-mungen25 festgehaltenen Mitwirkungspflichten derversicherten Person in der IV Die versicherte Personist dazu angehalten, an allen Massnahmen, die ihrerEingliederung ins Erwerbsleben oder in den Aufga-benbereich dienen, aktiv mitzuwirken. Die einzelnenMassnahmen werden einerseits konkret atfgezählt,sind andererseits aber nicht abschliessend aufsefiihrt.

Botschaft über die 5. Revis ion des Bundesgesetzes über die Inva-l idenversicherung vom 22.6.2005 = BBI 2005, S. 923 ff . (nachfolgendrrBotschaft 5. IVG-Revis ionr) . Die eidgenössischen Räte haben vom20. bis 22.3.2006 (Nationalrat) bzw. am 22.6.2006 (Ständerat) über die5. IVG-Revision beraten und sind weitgehend dem Bundesrat gefolgt(s iehe AB 2006, S.317 f f . ) .Siehe Botschaft 5. IVG-Revision, S. 52 ff .Vgl. Botschaft 5. IVG-Revision, S. 67.Vgl. Art. 7 IVG-Entwurf.Siehe ferner Aft. 73 lVV.

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Nicht erwähnt ist z.B. die schulische Eingliederung.Die Schadenminderungspflicht gilt selbstverständlichauch in diesem Bereich26.

Eingliederungszumutbarkeit

ln Art. 7a lVG-Entwurf wird der bis anhin nur vonder Rechtsprechung näher definierte Begriff der Ein-gli ed erungs zumutbarkeit konkretisiert. lm ers t en Satzwird der Grundsatz festgehalten, dass jede Massnahme,die der Eingliederung einer versicherten Person dient,grundsätzlich als zumutbar gilt. Nach dem Willen desBundesrates soll damit eine Umkehr der Behauptungs-und Beweislast erfolgen. Der Versicherte hat nachdieser Vorstellung substantäert darzulegen und zu be-weisen, inwiefern eine von der IV beabsichtigte Mass-nahme unzumutbar sein soll. In der Botschaft wirdallerdings bemerkt, dass die IV-Stelle auf Grund desim Sozialversicherungsverfahrens geltenden Untersu-chungsgrundsatzes2T von Amtes wegen verpflichtet istzu prüfen, ob eine unzumutbare Massnahme vorliegt.lm zweiten Satz wird das Ermessen bei der Zumutbar-keitsprüfung eingeschränkt. Inskünftig soll nur nochder subjektive Umstand der Gesundheit, nicht aberandere Umstände die Unzumutbarkeit einer Eingliede-rungsmassnahme zur Folge haben28.

Art 7b Abs. I lVG-EnmturfhäIt zunächst im Einklangmit der allgemeinen Regel von Art. 2l Abs. 4 ATSGfest, dass bei einer Verletzung der Schadenminderungs-pflicht nach Art. 7 IVG bzw. Art. 43 Abs. 2 ATSG eineKürzung oder Verweigerung der Leistungen der IVresultieren kann. Eine Leistungsverweigerung infolgeVerletzung der Mit- bzw. Selbsteingliederungswir-kungspflicht setzt zudem weiterhin grundsätzlich einMahn- und Bedenkzeitverfahren voraus. Art. 7b Abs. 2I VG - E n tw urf zählt di ej eni gen Pfl i chtverletzungen auf,deren Verletzung zu einer Leistungskürzung oder -ver-weigerung führen können, ohne dass das Mahn- undBedenkzeitverfahren durchgeführt werden muss. Dazuist die IV-Stelle berechtigt, wenn der Versicherte sichnicht zum Leistungsbezug angemeldet hat, obwohler im Rahmen der Fniherfassung dazu aufgefordertwurde2e, veränderte Verhältnisse nicht gemeldet hat30,unrechtmässig Leistungen der IV erwirkt bzw. zu er-wirken versucht hat3l oder Auskünfte verweigert32. In

Vgl. Botschaft 5. IVG-Revision, S. 101.Vgl. Art.43 Abs. 1 ATSG.Vgl. Botschaft 5. IVG-Revision, S. 101 f.Vgl. Art.7b Abs.2l i t . a i .V.m. Afi .3c Abs.6 IVG-Entwurf.Vgl. Art. 7b Abs. 2 lit. b IVG-Entwurf i.V.m. Art. 3l Abs. I ATSG.Vgl. Art.7b Abs.2l i t . c IVG-Entwurf.Vgl. Art. 7b Abs. 2 l i t . d |Vc-Entwurf (Fassung gemäss Beschluss desNR vom 21.3.2006 IAB 2006, S. 346]].

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Art. 7b Abs. 3 lVG-Entwurf wird geklärt, welche Um-stände im konkreten Fall bei der Festlegung der Kür-zungsquote zu berücksichtigen sind. Grundsätzlichsind alle Umstände zu berücksichtigen, doch erwähntder Entwurf insbesondere das Ausmass des Verschul-dens und die wirtschaftliche Lage des Versicherten3s.Art. 7b Abs. 4 lVG-Entwurf enthält den bisherigen Art.7 Abs. 2 IVG, wonach Taggelder und Hilflosenentschä-digung nicht gekürzt werden dürfen.

Ob die in Art. 7 ff. Ivc-Entwurf vorgesehene <<Ko-difikation> der Schadenminderungspflicht die ge-wünschte Transparenz schafft, ist zu bezweifeln. Art.7Abs. 2 IVG-Entwurf ist nicht abschliessend und er-wähnt explizit nur die Massnahmen der Frühinterven-tion (Art. 7c lVG-Entwurf), Integrationsmassnahmenzur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung(Art. 14a IVG-Entwurf), Massnahmen beruflicherArt (Art. 15-l8a IVG-Entwurf und medizinische Be-handlungen (Art. 25 KVG). Unerwähnt rverden diein Art. 73 IVV aufgeführten Abklörungsnrussnahmen,denen sich der Versicherte zu unterziehen hat (Er-scheinen vor der IV-Stelle, Auskünfte, ärztliche Unter-suchung und Begutachtung), und die schulischen Ein-gliederungsmassnqhmen. Die vorgesehene Regelungbeseitigt zwar die bisher in Bezug auf berufliche Ein-gliederungsmassnahmen bestehende Unklarheit, obMassnahmen mit einer geringftigigen Eingliederungs-wirl<samkeir verweigert werden dürfen. Inskünftig sindalle Eingliederungsmassnahmen grunds ätzlich zumut-bar. Die Eingliederungsunzumutbarkeit wird zudemverschärft, indem nur gesundheitliche Gründe eineUnzumutbarkeit zu begninden vermögen. Damit wer-den insbesondere grundrechtlich geschützte Lebens-bereiche, die nach der Praxis des EVG zu beachtensind ausgeklammert. Theoretisch könnte die IV demVersicherten eine Arbeitsstelle vermitteln, die einenWohnortswechsel erfordert. Da der Wohnortswechseldirekt keinen Bezug zur Gesundheit des Versichertenhat, wäre eingliederungsrechtlich von der Zumutbar-keit auszugehen, obwohl hilfsmittel- oder arbeitslosen-versicherungsrechtlich eine Unzumutbarkeit vorliegt.Wird Art. 7a IVG-Entwurf entgegen seinem ausdnick-lichen Wortl aut verfassungskonform aus ge legt, gelangtman zur bisherigen Zumutbarkeitsprüfung, womit diebeabsichtigte Verschärfung wegftillt.

Die Bedeutung der in Art. 7a IVG-Entwurf erfolgendenEinschränkung auf die gesundheitliche Unzumutbar-keit bzw. Unangemessenheit ist ferner in Bezug auf diemedizinischen Massnahmen unklar. Diese sind nicht26

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33 Siehe dazu auch Art. 65 Abs. 3 MVG.

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nur fiir die Eingliederung, sondern auch fiir andere Be-reiche (Taggeld Berentung, Hilfsmittel, Hilflosigkeitetc.) von Bedeutung, sofern sie die funktionelle Leis-tungsfühigkeit des Versicherten verbessern oder erhal-ten. Da Art,21 Abs. 4 ATSG und Art. 55 Abs. 2 UVVdie Unzumutbarkeit medizinischer Massnahmen vonder <Gefahr für Leben und Gesundheiu abhängigrnachen, ist letztlich nicht klar, ob medizinische Mass-nahmen, die eine wesentliche Eingliederungswirkungaufweisen, vom Versicherten neu auch dann durch-zuführen sind" wenn sie zwar eine Gefahr fiir Lebenund Gesundheit beinhalten, oder die Angemessenheitnur die Zumttbarkeitsschranke des geltenden Rechtswiederholt. Sollte eine Verschärfung bezweckt sein, istes sachlich nicht gerechtfertigt, dem Versicherten nurdie Behandlungskosten zu ersetzen, wenn sich die Ge-fahr verwirklicht und ein bleibender Schaden entsteht;der bisherige Art. I I IVG sollte insoweit erweitert undeine Billigkeitshaftung fiir Schädigungen im Zusam-menhang mit geftihrlichen Schadenminderungsmass-nahmen vorsesehen werden.

0bjektivierung des lnvaliditätsbegriffs

Der Invaliditätsbegriff soll nach den Vorstellungen desBundesrates präziser gefasst bzw. eingeengt werden3a.Vorgeschlagen wird eine Objektivierung des Erwerbs-l',-tr. Invaliditdtsbegrffi. Für die Beurteilung des Vor-lie_qens einer Erwerbsunfühigkeit sollen nach Art. 7\bs. 2 ATSG-Entwurf ausschliesslich die gesundheits-hedingte Einbusse des funktionellen Leistungsvermö-sens im erwerblichen bzw. nichterwerblichen Bereich,nicht aber andere Umstände, insbesondere invaliditäts-tiemde Gründe3s, massgeblich sein36. Nur Leistungs-cinbussen, die <aus objektiver Sicht nicht überwind-bar> sind rechtfertigen inskünftig die Annahme einerErwerbsunfühigkeit37. Die Beurteilung, ob und inwie-iveit eine objektiv unüberwindbare Leistungseinbussevorliegt, soll zudem den IV-Stellen gestützt auf die me-dizinischen Angaben der RAD obliegen3s. In Zukunftrvird in diesem Bereich den RAD eine zentrale Rollezukommen, indem diese die Zumutbarkeit der Arbeits-leistung Versicherter anhand von besonderen Anfor-derungs- und Leistungsprofilen beurteilen müssen3e.Zusammen mit den neuen Eingliederungsinstrumentenerhofft sich der Bundesrat eine Senkung der Anzahlvon Neuberentunsen um 20oÄ40.

'o Vgl. Botschaft 5. IVG-Revision, S. 68 ff.35 Z.B, Al ter , mangelnde schul ische Ausbi ldung, sprachl iche Probleme,

sozio-kulturelle Fa ktoren, reines Suc htgesc hehen, Ag gravation usw.'u Vgl. Botschaft 5. IVG-Revision, S. 1 19.t ' Vgl.Art. 7 Abs. 2 ATSG-Entwurf.tt Vgl.Art. 59 |VG-Entwurf und Botschaft 5. IVG-Revision, S. 119." Vgl.Art. 59 Abs. 3 |VG-Entwurf.oo Vgl. Botschaft 5. IVG-Revision, S. 74

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Die Folgen der vorgesehenen Regelung sind nicht ab-sehbar und lassen zahkeiche Fragen offen. Die Ob-j ektivi erun g des Erwerb s unfdhigeit s b e grffi bezwecktden Ausschluss invaliditätsfremder Gründe. Diesenwird nach der heutigen Praxis zwar nicht beim Ge-sundheitsschaden, wohl aber bei der Festlegung des In-valideneinkommens insoweit Rechnung getragen, alsein Abzug vom Tabellenlohn bis 25 oÄ gewährt wird"wenn der Versicherte seine gesundheitsbedingte Leis-tungsfähigkeit aus invaliditätsfremden Gründen nichtvollumf,änglich umsetzen kann. Die Botschaft äussertsich nicht dazu, ob inskünftig der leidensbedingteAbzug wegfällt. Problematisch ist die Objektivierungferner insoweit, als nicht klar ist, welches beruflicheAnforderungsprofil der objektiven Leistungsfthigkeitgegenübergestellt wird. Wird mit der Reform von dergrundsätzlichen Eingliederungszumutbarkeit ausge-gangen, muss der Versicherte als Invalidenberuf dieberufliche Tätigkeit ausüben, welche die IV-Stelle alssinnvoll erachtet. Entsprechend bezieht sich die Schät-zvng des objektiven Leistungsvermögens durch denRAD auf diese Tätigkeit. Nach der bisherigen Praxismüssen bei der Bestimmung der zumutbaren Invaliden-tätigkeit auch subjektiven Gegebenheiten Rechnunggetragen werden. Entsprechend wird von der bisherausgeübten Tätigkeit ausgegangen; ein Berufswechselwird nur dann als geboten betrachtet, wenn die bishe-rige Tätigkeit vernünftigerweise nicht als sinnvolle In-validentätigkeit betrachtet werden kann. Ist das Anfor-derungsprofil des bisherigen Berufes anspruchsvoller,führt die Festlegung der objektiven Leistungseinbussezwangsläu fig zu einem höheren Erwerbsunfühigkeits-grad. Muss aber ausnahmslos auf den Beruf abge-stellt werden, der für den Versicherten vor dem Hin-tergrund seines objektiven Leistungsvermögens ambesten geeignet ist, nähert sich die Erwerbsunfthig-keit der Integritcitseinbusse. Diese bestimmt sich nachder objektiven Schwere der Verletzung und setzt eineBeeinträchtigung von 50lo vorausar. Das funktionelleLeistungsunvermögen ist für die Integritätsschadenbe-urteilung grundsätzlich nicht massgeblich. Zwischender objektiven Schwere und der objektiven Leistungs-einbusse einer bestimmten Verletzung besteht abergleichwohl eine Wechselbeziehung; je schwerer dieVerletzung desto weitreichender ist in der Regel dieLeistungseinbusse. Je objektiver die Erwerbsunftihig-keit begriffen wird, desto mehr nähert sie sich deshalbder Integritätsentschädigung an und entfernt sie sichvon der tatsächlichen Erwerbseinbusse.

Der Praktiker begrüsst an sich jede Regelung, welchedie m e diz ini s c h e B eur t e i lung der ge sundheitsbedingtenLeistungseinbusse vereinfacht. Es wäre insbesondere

o' Vgl. Art.24 Abs. 1 UVG, Art.36 UW und Anhang 3 UW.

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wünschenswert, wenn eine neutrare Gutachtersteile füralle involvierten parteien (Geschädigteq Soziar- undPrivatversicherer sowie Haftpflichtige) innert nütz-licher Frist verbindlich feststeilen würde, ob und in-wieweit die medizinischen vorausset zungen der jewei-ligen Ersatzleistungen gegeben sind,. zurzeit muss inBezug aufjeden einzelnen beteiligten Ersatzpfl ichtigendas vorliegen der medizinischen Anspruchsvorausset-zungen - im schlimmsten Fall in einem jahrelangenVerfahren - nachgewiesen werden, wobei jeder Eriatz_pflichtige sich in der Reger die Freiheit nimmt, anders-I autende Ar ztgutachten de s Ge s chädi g ten b zw. andererVersicherer zu ignorieren. Wenn nun im Geltungsbe_reich der IV dem RAD die Funktion zukommen soll,die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen autori-tativ zu bestimmen, wird die aktuelle problematik eherverstärkt als gelöst. Der versicherte wird so nämlichim IV-Verfahren gezwungen, auf eigene Kosten (teure)Privatgutachten einzuholen und darauf zu hoffen, dieIV-Stelle bzw- nachfolgende Rechtsmittelinstanzenvon der unrichtigkeit der Einschätzung des RAD über-zeugen zu können. Eine Stärkung der Entscheidungs_kompetenz des RAD würde zudem eine Stcirkung i,verfahrensrechte des versicherten bei der ärztlichenBeurteilung durch den RAD bedingen. Schliesslich istnicht absehbar, nach welchen Kriterien die Beurteirungd e r fun kt i o n e I I e n L e i s t u n gsfci h i g ke i t im erwerbl ichenund nichterwerblichen Bereich vorzunehmen ist.

5* revis ion de lAf

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Der Umfang des Schadens hängt entscheidend auchvom verhalten der betroffenen person ab. Es ist daherselbstverständlich, dass von ihr

-eefordert wird, denSchaden möglichst krein zu halten. Die wurzel hatdiese Pflicht, Obliegenheit oder Last (die Einordnungkann hier getrost offen bleiben) im Grundsatz von Treuund Glauben, der das private wie das öffentriche Rechtdurchzieht.

Die Schadenminderungspflicht girt denn auch unbe-stritten als alrgemeiner Gruncrsatz int Hu/ipflicht- wieim Privat- und soziarversicherungsrecht. rrn vvG istsie seit langem ausdnicklich in Art. 6l und 70 geregelt.Im Haftpflichtrecht wird sie nicht ausdruckrich er-wähnt und im Sozialversicherungsrecht nur punktuell.Nun soll im Rahmen der 5. IV_Revision die Schaden_minderung konkretisiert werden, was zu begrüssen ist.Der Allerweltsbegriff der zumutbarkeit, der das Scha-denminderungsurteil in alren Rechtsgebieten regiert,liefert zwar keinen verlässlichen Massstab, macht aberimmerhin deutrich, dass nicht das objektiv Mögliche,sondern das subjektiv Angemessene die Richtschnursein muss. Auch wenn es zwischen dem Sozialversi_cherungs- und Haftpflichtrecht keine Wertungskongru_enz geben kann, blieben die Unterschiede dadurch inder Vergangenheit gering, was angesichts der Verflech_tung der Rechtsgebiete zubegnissen ist.Der Gleichlauf der Wertungen wird sich nun abermit der 5. IV-Revison ändern. Als zumutbar gilt nachneuIVG 7a jede Massnahme, <<die der Eingliederungder versicherten person dient. Ausgenommen sindMassnahmen, die dem Gesundheitszustand der versi_cherten Person nicht angemessen sind>. Damit öffnetsich das Spektrum möglicher Massnahmen sehr, sehrweit, denn es gibt punkto Beruf oder Domizilwahlkeine Schranken mehr. Der Umstand, dass der nochmögliche Beruf der bisherigen Tätigkeit nicht änse_messen ist, die Betroffenen die Tätigkeit nicht als siin-voll akzeptieren können, die Verankerung am Wohnortoder die Bindung an die Wohnung, sollen zukünftignicht mehr relevant sein? Es ist zweifelhaft, ob einesolch radikale Interpretation der neuen Bestimmungengrundrechtskonform wäre. Die neuen Bestimmunsenwerden aber die individuellen verhältnisse

-.h. ]ur-

blenden, als es in der bisherigen praxis geschah.Schrift leiter HAVE, Eglisau.

312006 HAVE/REAS

Hardy Landolt
Hardy Landolt
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