Die Einteilung des Ikterus in einen prähepatischen/hämoly-
tischen, einen hepatischen oder einen posthepatischen/
obstruktiven Ikterus grenzt die möglichen Differentialdiag-
nosen ein.
1.1.1 Prähepatische Hyperbilirubinämie
Bei einem prähepatischen Ikterus steht die Zerstörung von
Erythrozyten (intravaskuläre oder extravaskuläre Hämolyse) im
Vordergrund. Die Leber ist mit der Aufnahme und Verarbeitung
des vermehrt anfallenden Bilirubins überfordert. Ein Erythro-
zytenabbau, genügend akut, um eine Hyperbilirubinämie zu
verursachen, ist meistens mit einer deutlichen Anämie assoziiert
(Hämatokrit < 25 %). Die Anämie ist bei einer Hämolyse rege-
nerativ. Zu Beginn (in den ersten 2 - 4 Tagen) kann die Retikulo-
zytose mild sein. Obwohl bei einer Hämolyse das unkonjugierte
Bilirubin, welches nicht durch die glomeruläre Membran gehen
kann, erhöht ist, haben Hunde, die unter einer Hämolyse leiden,
oft eine Bilirubinurie. Der Grund dafür liegt in der Fähigkeit der
renalen Tubuli des Hundes, Bilirubin zu konjugieren. Ursachen
für einen prähepatischen Ikterus sind z. B. eine primäre oder
sekundäre immunhämolytische Anämie (sekundär durch Medi-
In diesem Teil des Diagnostic Updates werden Pathophysiologie
und Bedeutung von Abweichungen der Bilirubin-, Gallensäuren-
und Ammoniakwerte diskutiert.
Da die zyto- und histopathologischen Untersuchungen von Leber-
proben in der Frühentdeckung einer Hepatopathie wesentlich
sind, werden im Anschluss einige Prinzipien der Interpretation
von zytologischen und histologischen Befunden von Leberpro-
ben besprochen.
1 Physiologie und Pathologie von Bilirubin-, Gallensäuren- und Ammoniak- Stoffwechsel
1.1 Bilirubin
Bilirubin ist ein Abbauprodukt von Hämproteinen. Dabei ist das
Hämoglobin aus alten Erythrozyten die wichtigste Quelle. Im
retikuloendothelialen System entsteht zuerst das unkonjugierte
Bilirubin, welches im Plasma an Albumin gebunden transportiert
wird. Das Bilirubin wird in der Leber mit Glukuronsäure konjugiert,
in den Gallengängen mit anderen Komponenten der Galle trans-
portiert und in die Därme ausgeschieden. Im Ileum und Colon
wird das Bilirubin durch Bakterien zu Urobilinogen dekonjugiert.
80 - 90 % des Urobilinogens werden im Kot als Sterkobilin aus-
geschieden, während die übrigen 10 - 20 % reabsorbiert werden
(enterohepatische Zirkulation).
Ikterus ist ein Syndrom charakterisiert durch eine Hyperbilirubinä-
mie und eine Gelbfärbung von Haut, Schleimhäuten und Skleren
infolge einer Ablagerung von Gallenpigmenten. Übersteigt das
Serumbilirubin 1,5 - 2,0 mg/dl, dann ist das Plasma ikterisch.
Ein offensichtlicher Ikterus besteht, wenn das Serumbilirubin
höher als 4 - 5 mg/dl ist. Am deutlichsten ist die Gelbfärbung
bei natürlichem Licht und an folgenden Organen zu erkennen:
Skleren, Maulschleimhäuten, den Pinnae der Ohren, der Haut
um den Nabel und den Schleimhäuten von Penis und Vagina.
LABordiAGnostik Bei LeBererkrAnkunGenVon Hund, kAtze (TEiL 2/2) und Pferd
Diagnostic Update
August 08
Die Leber liegt strategisch zwischen dem Verdauungstrakt und der systemischen Zirkulation. Arterielles Blut fließt aus der
Aorta zur Leber und versorgt sie mit Sauerstoff. Durch die Pfortader (V. portae) bekommt die Leber venöses Blut, welches
aus den abdominalen Organen (Magen, Pankreas, Milz und Darm) stammt. Durch dieses venöse Blut bekommt die Leber
unter anderem Metabolite und Fremdstoffe zur Entgiftung oder Biotransformation. Auch beim Metabolismus von Gallen-
säuren, Ammoniak und Bilirubin spielen die Leber und die portale Zirkulation eine zentrale Rolle.
1.1.3 Posthepatische Hyperbilirubinämie
Durch intraluminale oder extraluminale Probleme kommt es beim
posthepatischen Ikterus zu einer mechanischen Behinderung der
Bilirubinexkretion. Ursachen dafür sind z. B. eine Pankreatitis, eine
Neoplasie (Gallengänge, Pankreas, Duodenum), Cholelithiasis,
Ruptur der Gallenblase oder eines Gallengangs mit Gallenperito-
nitis. Die Unterscheidung zwischen einem hepatischen und einem
posthepatischen Ikterus kann klinisch sehr schwierig sein. Sie ist
aber wichtig, da die therapeutischen Strategien bei den beiden
Krankheitsgeschehen unterschiedlich sind. Eine Ultraschall-
Untersuchung ist sehr hilfreich bei der Unterscheidung dieser
Ikterus-Formen.
1.2 Gallensäuren
Gallensäuren (GS) werden ausschließlich in der Leber aus
Cholesterol synthetisiert. Nach Konjugation mit Taurin oder Glycin
werden die GS in die Galle sezerniert und in der Gallenblase
konzentriert aufbewahrt. Nach einer Futteraufnahme bewirkt Cho-
lecystokinin die Kontraktion der Gallenblase und den Transport
der GS in die Därme. Dort spielen die GS eine wichtige Rolle bei
der Verdauung und Absorption von Fett. Im Ileum werden die GS
in die portale Zirkulation geführt und kehren so zur Leber zurück.
In der Leber werden die GS wieder aus der portalen Zirkulation
extrahiert. Obwohl die GS-Synthese bei Patienten mit schweren
Lebererkrankungen stark beeinträchtigt sein kann, führen
verschiedene Faktoren zu einer erhöhten GS-Konzentration im
Blut: Unter anderem sind dies eine veränderte enterohepatische
Zirkulation, ein portosystemischer Shunt (PSS), eine reduzierte
Extraktion der GS aus dem Blut durch die Leber oder eine Regur-
gitation der GS in die systemische Zirkulation durch eine Chole-
stase. So haben viele Tiere mit einer chronischen Hepatitis, einer
ausgeprägten hepatischen Nekrose oder einer Leberneoplasie
erhöhte GS-Werte. Insbesondere gehören die GS (zusammen mit
dem Ammoniak) zu den sensitivsten biochemischen Indikatoren
eines kongenitalen PSS. Die meisten Patienten mit einer kongeni-
talen portalen vaskulären Anomalie haben erhöhte postprandiale
Gallensäuren-Werte.
Bei einer sekundären Beteiligung der Leber durch eine nichthepa-
tische primäre Erkrankung oder durch Gabe von Glukokortikoiden
oder Antiepileptika sind die GS-Werte hingegen oft nicht stark
erhöht. Es gibt verschiedene Faktoren, welche zu erniedrigten
GS-Konzentrationen im Serum führen können: Anorexie von mehr
als 1-2 Tagen (Nüchtern-GS-Wert evtl. erniedrigt), verzögerte
Magenentleerung, Veränderungen in der intestinalen „Transit-
Zeit”, Malabsorption, schwere Erkrankungen oder Resektion
des Ileums sind einige Beispiele.
Eine Bestimmung der GS wird als Screening-Test für eine Leber-
funktionsstörung in der Kleintierpraxis routinemäßig durchgeführt,
da die Probengewinnung am Patienten und die Messung im
Labor sehr einfach sind. Das Maximum an Information erhält
man mit der Bestimmung eines 12-Stunden-nüchtern – und eines
2-Stunden-postprandialen Wertes. Als Futter für die Bestimmung
kamente, Infektionen, Neoplasien), Infektionen (FeLV, Myco-
plasma haemofelis, Herzwürmer, Babesien, Ehrlichien), oxidative
Schäden der Erythrozyten (Zwiebel, Zink, Hypophosphatämie)
oder die Resorption von Blut (große Hämatome). Besteht bei
einem Patienten eine Hyperbilirubinämie und gleichzeitig eine
Anämie, so sollte stets zuerst nach einer prähepatischen
Ursache für die Hyperbilirubinämie gesucht werden.
1.1.2 Hepatische Hyperbilirubinämie
Bei einem hepatisch bedingten Ikterus ist einer der Schritte im he-
patozellulären Bilirubintransport gestört. So können z. B. entzünd-
liche Prozesse zum Anschwellen der Leberzellen und zur Behin-
derung des Gallenflusses führen und dadurch das intrahepatische
Gallengangsystem verstopfen (Cholestase). Das Serumbilirubin
ist jedoch ein wenig sensitiver Indikator für die hepatozelluläre
Funktion: Die Leber kann das Bilirubin noch lange, nachdem
andere Funktionen der Leber bereits gestört sind, metabolisieren.
Daher weist eine hepatisch bedingte Hyperbilirubinämie auf eine
mittelgradige bis starke Pathologie der Leber hin.
Häufige Ursachen für einen hepatischen Ikterus sind bei der Kat-
ze Cholangitis/Cholangiohepatitis, Lymphosarkom, hepatische
Lipidose und FIP. Beim Hund sind u. a. chronische Hepatitis
(idiopathisch, familiär), Lymphosarkom, akute hepatische Ne-
krose und/oder Zirrhose Auslöser für einen hepatischen Ikterus.
Medikamente (Antiepileptika, Trimethoprim/Sulfonamide, Carpro-
fen, Benzodiazepine) und systemische Erkrankungen mit einer
hepatischen Komponente können ebenfalls zu einem Ikterus
führen. Bakterielle Toxine und Antikörper gegen Komponenten
der bakteriellen Zellwände können auch eine Cholestase verur-
sachen (Cholestase durch Sepsis). Im Gegensatz dazu ist eine
hepatische Atrophie, wie sie oft bei Tieren mit einer kongenitalen
portosystemischen vaskulären Anomalie gesehen wird, normaler-
weise nicht mit einer Hyperbilirubinämie assoziiert, obwohl andere
Anzeichen für eine Leberfunktionsstörung (Hypoalbuminämie,
niedriger Harnstoffwert) vorhanden sind.
2 zytologie und Histologie von Leberproben
Eine Differenzierung der verschiedenen Lebererkrankungen ist
anhand der klinischen Symptome und der Laborveränderungen
allein meist nicht möglich. Zur weiteren Abklärung werden Leber-
proben für die zytologische und histologische Untersuchung ent-
nommen. Diese Entnahme ist nicht nur indiziert, um eine genaue
Diagnose zu stellen, sondern auch um Anhaltspunkte über das
Ansprechen auf die Therapie und die Progression der Erkrankung
zu gewinnen.
Die Untersuchung von Material, das mittels Feinnadelaspiration
gewonnen wurde (Zytologie), hat eindeutig weniger Aussagekraft
im Vergleich zu Material, das mittels Biopsie gewonnen wurde
(Histologie). Die Feinnadelaspiration besitzt jedoch auch Vorteile,
wie z. B. eine geringere Blutungsgefahr und eine einfachere
Durchführung. Zudem ist bei bestimmten, v. a. diffusen Erkran-
kungen eine Feinnadelaspiration häufig diagnostisch, z. B. bei
Lymphosarkom, Mastzelltumor, hepatischer Lipidose, kortikoste-
roid-induzierten Veränderungen, Amyloidose oder auch bei einem
hepatozellulären Karzinom.
Eine Leberbiopsie wird unter Ultraschall-Kontrolle oder im
Rahmen einer Probelaparotomie entnommen. Vor der Durchfüh-
rung ist ein Gerinnungstest empfehlenswert, da Tiere mit einer
Hepatopathie zu Koagulopathien neigen. Eine parenterale Vitamin
K1-Gabe 24 Stunden vor der Biopsieentnahme kann prophylak-
tisch erfolgen. Ist eine Biopsie trotz vorhandener Koagulopathie
unumgänglich, kann eine Plasma-Gabe von Nutzen sein. Inter-
pretationsschwierigkeiten der histologischen Befunde entstehen,
wenn die Probe zu klein oder nicht repräsentativ für die Läsion
ist. Zudem bestehen häufig Diskrepanzen bezüglich der Inter-
pretation ein- und derselben Probe durch verschiedene Patholo-
gen. Es ist daher entscheidend, dass die histomorphologische
Diagnose auch zu den klinischen Befunden passt. Auch wenn die
histologische Untersuchung einer Leberprobe nicht immer eine
ätiologische Diagnose gewährleistet, so sind dagegen folgende
Aussagen in der Regel möglich:
1. Kategorie der Erkrankung: entzündlich/nekrotisch,
neoplastisch, vakuolär und vaskulär
2. Ausdehnung der Erkrankung: mild/mittelgradig/schwer
3. Chronizität der Läsion: akut versus chronisch
Chronische entzündliche Läsionen stellen für den Pathologen
eine besondere Herausforderung dar, da die Leber auf verschie-
dene chronische Insulte (sei es durch Toxine, Infektionen oder
Immunstimulation bedingt) eine ähnliche histologische Reaktion
zeigt. Degenerative Veränderungen der Leberzellen, entzündliche
Infiltrate, Fibrose und Nekrose sind mögliche Manifestationen
eines entzündlichen Geschehens. Bei der Beurteilung entzünd-
licher Veränderungen sollte auf die Art der Entzündungszellen
des postprandialen Wertes eignet sich Nassfutter mit moderatem
Fettgehalt für Hunde bzw. Katzen: zwei Teelöffel Futter für Tiere
unter 5 kg KG bzw. zwei Suppenlöffel Futter für schwerere Tiere.
Bei Tieren mit Vomitus oder Anorexie kann alternativ zur Fütterung
Takus® (Pharmacia) in der Dosierung 0,3 mg/kg i.m. gegeben
werden. Die zweite Blutentnahme erfolgt dann 20 Minuten nach
der Applikation. Falsch positive Ergebnisse können vorkommen.
Wenn nur präprandiale Werte bestimmt wurden und diese im
Normbereich liegen, sollten noch postprandiale Werte bestimmt
werden. Sporadisch misst man höhere Nüchtern-GS-Werte als
postprandiale Werte. Ursachen hierfür sind interdigestive Gallen-
blasen-Kontraktionen während des Fastens vor der Testdurch-
führung sowie individuelle Variationen in der Magenentleerung,
im Ansprechen an die Cholecystokinin-Ausschüttung oder in der
intestinalen „Transit-Zeit“.
Bei ikterischen Patienten mit hepatobiliärer Erkrankung ist die
Bestimmung der GS nicht indiziert, da sie keine zusätzlichen
Informationen liefert. Eine schwere Hämolyse oder eine schwere
Lipämie können falsch erniedrigte Resultate liefern. Zu beachten
ist als Besonderheit, dass Malteser erhöhte postprandiale Werte
haben können ohne an einer hepatobiliären Erkrankung zu leiden.
Einschränkend sind zwei Punkte bei der Interpretation der GS-
Werte zu berücksichtigen. Erstens können verschiedene hepato-
biliäre Erkrankungen anhand von GS-Bestimmungen nicht von-
einander unterschieden werden. Zweitens gibt es praktisch keine
Korrelation zwischen der Schwere von histologischen Läsionen
oder dem Grad eines PSS und dem Ausmaß der GS-Erhöhung.
Wenn man bei einem Patienten mehrere GS-Bestimmungen
durchführt um das Fortschreiten der Erkrankung oder das An-
sprechen auf die Therapie zu beurteilen, dann ist nur die Rück-
kehr zu Normalwerten ein zuverlässiger Indikator für eine
klinische Remission.
1.3 Ammoniak
Das im Eiweißstoffwechsel entstandene Ammoniak (NH3) wird
in den Mitochondrien der Leberzellen zur Entgiftung in Harnstoff
überführt (Harnstoffzyklus). Bei einer Leberinsuffizienz, wenn
die Leber das Ammoniak nicht mehr entgiften kann, oder wenn
das portale Blut nicht durch die Leber fließt (PSS), kann es zu
erhöhten Ammoniakwerten kommen. Die Aussagekraft der
Ammoniakbestimmung ist ähnlich wie diejenige der Gallensäu-
renbestimmung. Kürzlich wurde sogar gezeigt, dass Nüchtern –
Ammoniakwerte etwas sensitiver und v. a. spezifischer als Gallen-
säurenwerte in der Diagnose eines kongenitalen oder erworbenen
PSS sind. Zwei Nachteile der Ammoniak-Analyse verglichen zur
Gallensäurenanalyse sind jedoch die schwierigere Handhabung
der Probe bis sie im Labor ist (falls die Analyse nicht in der Praxis
durchgeführt werden kann) sowie die Tatsache, dass die Durch-
führung eines Ammoniumchlorid-Toleranztests bei Tieren mit einer
Enzephalopathie zu einer Verschlimmerung der neurologischen
Symptome führen kann.
geachtet werden: Zu Beginn einer Entzündung sind häufig neu-
trophile Granulozyten vorhanden („akut”), während später Lym-
phozyten und Makrophagen hinzukommen. Das Vorhandensein
einer Fibrose ist ein Zeichen für ein „chronisches” Geschehen.
Der Grad der Fibrose korreliert mit der Überlebenszeit: So ist eine
„bridging Fibrose” (Bindegewebsverbindungen zwischen portalen
Triaden oder portalen Triaden und Zentralvene) ein prognostisch
ungünstiges Zeichen. Eosinophile Granulozyten deuten oft auf
ein allergisches oder parasitäres Geschehen hin.
Obwohl die histologische Analyse nicht immer eine definitive
ätiologische Diagnose erlaubt, so liefert sie doch in der Regel
Hinweise auf eine mögliche Ätiologie. So hat man bei einer
passiven Kongestion der Leber zentrolobuläre Läsionen, während
Infektionen wie eine Salmonellose oder Toxoplasmose zu (multi-)
fokalen Läsionen führen. Vakuoläre Läsionen sind ein Hinweis
auf Lipid- oder Glykogen-Akkumulation und PSS haben ebenfalls
charakteristische histologische Merkmale. Nach Bedarf können
weiterführende Untersuchungen veranlasst werden: Spezial-
färbungen können z. B. bei der Identifikation gewisser Infektions-
erreger helfen oder erlauben den Kupfergehalt einer Leberprobe
zu schätzen. Außerdem können Proben für eine aerobe und
anaerobe bakterielle Kultur gewonnen werden.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass trotz der Limitationen
zytologischer und histologischer Untersuchungen von Leber-
proben diese für die Aufarbeitung von Patienten mit einer Hepato-
pathie eine sehr wichtige Funktion haben.
LeBerdiAGnostik BeiM Pferd
Die Leber ist als Hauptstoffwechselorgan zwischen Verdauungstrakt und systemischer Zirkulation gelegen.
Die Mehrzahl der aus dem Gastrointestinaltrakt absorbierten Stoffe gelangt über den Portalkreislauf direkt
in die Leber. Hier findet die Regelung des Kohlenhydrat-, Protein- und Fettstoffwechsels statt.
Weiterhin ist die Leber Exkretionsorgan (Galle zur Fettverdauung),
Speicherorgan (Glykogen, Vitamine, Spurenelemente), Synthese-
organ (Albumin, Fibrinogen, Prothrombin) und an der Immunre-
gulation (Kupffer’sche Zellen) beteiligt. Die Leberfunktion ist erst
beeinträchtigt, wenn mehr als 80% der Leber geschädigt sind.
Allerdings besitzt sie die einzigartige Fähigkeit, ihre spezifische
Funktion aufrecht zu erhalten und gleichzeitig das Lebergewebe
zu reparieren und zu regenerieren.
Ätiologie
Die Erkrankungen der Leber sind beim Pferd relativ häufig, laufen
aber meist ohne eindeutige klinische Symptomatik ab. Leber-
erkrankungen treten oft sekundär, d. h. in Folge anderer Erkran-
kungen (virale, bakterielle, parasitäre Infektionskrankheiten, innere
Erkrankungen, Fettleber) auf. Sie können aber auch direkt durch
belastete Futtermittel (Mykotoxine) oder Giftpflanzen hervorge-
rufen werden. Der begleitenden Anamneseerhebung kommt
hinsichtlich der Therapie demzufolge eine wichtige Bedeutung zu.
Klinische Symptome
Die klinische Symptomatik einer Lebererkrankung ist häufig
unspezifisch oder kann auch völlig fehlen. Hinweise können
Apathie, Appetitstörungen, Gewichtsverlust, Leistungsdepressi-
on, stumpfes Haarkleid, Dermatosen, neurologische Symptome,
Ikterus, Photosensibilisierung, Abdominalschmerz sowie Blutge-
rinnungsstörungen sein. Als typische Symptomatik ausgeprägter
Lebererkrankungen sind Verhaltensstörungen anzusehen, die auf
ein Versagen der Ammoniakentgiftung durch die geschädigte
Leber zurückzuführen sind (hepatoenzephales Syndrom). Die
Schwere der klinischen Symptome und der Verlauf einer Leber-
erkrankung kann in Abhängigkeit von Verteilungsmuster, Loka-
lisation und Ausmaß des Leberschadens erheblich variieren.
Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen reversiblen
Erkrankungen (z. B. Schwellung, fettige Degeneration) und irre-
versiblen Schäden (Nekrose), die beide sowohl fokal (Abszess,
Neoplasie) als auch zonal (zentrilobulär) ausgedehnt sein kön-
nen. Eine akut generalisierte Hepatitis führt dabei zum Funk-
tionsverlust, der in der Regel mit einer Vergrößerung der Leber
einhergeht. Bei chronisch-generalisierter Fibrose (mit dem
Endstadium der Zirrhose) zeigen sich klinische Symptome erst
bei einer Schädigung von mehr als 80% der Leber. Diese ist
dann verkleinert.
Dr. med. vet. Cécile Rohrer KaiserDipl. ACVIM (Internal Medicine)und ECVIM-CA (Internal Medicine)
Autor:
Diagnose von LebererkrankungenBei vielen pathologischen Prozessen ist die Permeabilität der
Zellmembran gestört. Enzyme, die hauptsächlich intrazellulär
vorkommen, können so ins Blutplasma übertreten und dort
gemessen werden.
Leberspezifische Enzyme beim Pferd
γ-GT ist in Membranstrukturen v. a. des Gallengangsystems
lokalisiert. Die Halbwertzeit beträgt ca. 3 Tage. Sie wird bei
Lebererkrankungen frühzeitig freigesetzt und ist bei chronischen
Leberstoffwechselstörungen oft der einzige erhöhte Parameter.
γ-GT kann auch nach Beseitigung der auslösenden Ursache
noch für 1-2 Wochen weiter ansteigen. Während der Rekon-
valeszenz kann sie bei Belastung des Pferdes ebenfalls an-
steigen und somit zur Überwachung des Arbeitspensums
herangezogen werden.
GLDH (Glutamat-Dehydrogenase) ist ein an die Mitochondrien
der Leberzellen gebundenes Enzym. Die höchste Aktivität ist
zentrolobulär, d. h. sie reagiert sehr empfindlich bei sekundären
Hepatopathien (Cholestase, Hypoxämie). Eine Erhöhung auf
mehr als den 3fachen Normwert deutet auf eine akute Hepato-
pathie mit Leberzellnekrose hin. Leichtere Anstiege sieht man
bei Infektionen, Fieber oder Medikamentenapplikation. Die
Halbwertzeit beträgt ca. 3 Tage.
Weitere Enzyme
Die AP (Alkalische Phosphatase) ist ein an die Mitochondrien-
membran gebundenes Enzym, das in vielen Organen vorkommt
(Gallengangsepithelien, Osteoblasten). Ein Enzymanstieg wird
bei Cholestase, aber auch nach Applikation von Medikamenten
(Cortison) beobachtet. Durch den aktiveren Knochenstoffwechsel
bei Tieren im Wachstum ist die AP bei Jungtieren physiologi-
scherweise höher.
AST (Aspartat-Aminitransferase)/GOT (Glutamat-Oxalacetat-
Transaminase) kommt sowohl in den Mitochondrien als auch im
Zytoplasma von Leberzellen, aber auch in Muskelzellen vor und
ist somit nicht „leberspezifisch“. Besonders hohe Aktivitäten wer-
den im Verlauf von ausgeprägten Myopathien (Kreuzverschlag)
beobachtet.
Beurteilung der Leberfunktion
Die Gallensäuren werden in den Hepatozyten aus Cholesterin
synthetisiert. Beim Pferd werden sie kontinuierlich ins Duodenum
abgegeben (ca. 3l/100kg KGW), ermöglichen dort die Fettverdau-
ung und werden dann zum Teil im enterohepatischen Kreislauf
rückresorbiert. Bei Lebererkrankungen können die Gallensäuren
nicht mehr ausreichend ausgeschieden werden und akkumulie-
ren. Somit erlaubt eine Bestimmung der Gallensäuren und deren
Anstieg eine Aussage über die Leberfunktion, nicht jedoch über
die Art der Lebererkrankung.
Ammoniak ist neurotoxisch und entsteht bei der Proteinverdau-
ung im Darm. Über die Pfortader gelangt er in die Leber, wo er zu
Harnstoff synthetisiert wird und so über die Niere ausgeschieden
werden kann. Bei Funktionsstörungen der Leber ist diese Syn-
theseleistung eingeschränkt und die Blutammoniakwerte steigen
an. Da Ammoniak neurotoxisch ist, kann die Funktion des ZNS
beeinträchtigt werden (hepatoenzephales Syndrom). Aufgrund
der Instabilität im Blut sollte eine Bestimmung nur aus unver-
züglich zentrifugiertem und gefrorenem EDTA-Plasma erfolgen.
Bilirubin ist ein wasserunlösliches Abbauprodukt des Hämoglo-
bins und wird an Albumin gebunden in die Leber transportiert.
Dort wird es in den Hepatozyten glukuronidiert und als wasser-
lösliche Form mit der Galle in den Darm sezerniert, von wo aus es
mit dem Kot ausgeschieden oder reabsorbiert (enterohepatischer
Kreislauf) wird. Bilirubin ist kein sensibler Indikator für Leberer-
krankungen, da es nicht nur bei Hepatopathien, sondern auch bei
Hämolyse (Babesiose, infekt. Anämie, neonataler Ikterus), Ano-
rexie (Inanitionsikterus) und Kolik erhöht sein kann. Beim Pferd
ist eine persistierende Hyperbilirubinämie ansonsten gesunder
Tiere beschrieben (Morbus Gilbert-Meulengracht, Crigler-Najjar-
Syndrom).
Die Plasmaproteine werden mit Ausnahme der Immunglobuline
vor allem in der Leber synthetisiert (Albumin ausschließlich dort).
Bei meist schweren und/oder chronischen Leberkrankheiten
ist die Synthese dieser Proteine eingeschränkt. Durch deren
Messung kann die Syntheseleistung der Leber beurteilt werden.
Die diagnostische Aussagekraft der Albuminkonzentration ist
nicht sehr groß, da es erst spät im Verlauf einer Lebererkrankung
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Diagnostic Update
zu einer verminderten Synthese kommt. Weiterhin kann die
Albuminkonzentration auch bei Nephropathien, Enteropathien,
Körperhöhlenergüssen sowie Mangelernährung verringert sein.
Bei hochgradigen Leberstörungen kann es zu einer verminderten
Synthese von Blutgerinnungsfaktoren kommen.
Weiterführende Untersuchungen
Nach klinischer Symptomatik und labordiagnostischer Beurtei-
lung können sonographische Untersuchungen und eine Leberbi-
opsie Informationen über die Schwere der Erkrankung und deren
Prognose geben. Die Ätiologie bleibt auch hier häufig unklar. Im
Vorfeld einer Leberbiopsie empfiehlt es sich, immer die Gerin-
nungsfaktoren zu überprüfen.
Bei Fragen stehen Ihnen die Mitarbeiter
unserer Pferde-Fachberatung gerne
zur Verfügung:
01802 – 838 633 (6 Cent/Anruf aus dem dt. Festnetz)
Diagnostische Möglichkeiten bei Lebererkrankungen
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Andrea Hille Dr. Susi Zintner Fachberatung Pferd FTÄ für Pferde, Key Account Manager, Medical Advisor
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