Date post: | 12-Aug-2019 |
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Prof. Dr. Reinhold Kosfeld
Universität Kassel
Institut für Volkswirtschaftslehre
Aufgaben und Lösungen zu
Grundlagen der Regionalökonomik:
Kap. 3: Theorie der Regionalökonomik
3.1 Was versteht man unter Standort, Standortwahl und Standortfaktoren?
Standort: Ein von Menschen für bestimmte Nutzungen,
insbesondere für die Produktion von Gütern und
Dienstleistungen, ausgewählter Raumpunkt.
Standortwahl: Entscheidung zwischen mehreren Raumpunkten, die um
eine bestimmte Nutzung im Wettbewerb miteinander stehen.
unterschiedliche Aspekte der Standortwahl:
- normativer (=neoklassischer) vs. positiver (=behavioristischer) Ansatz
- regionale Ebenen: großräumige, nationale, regionale, kleinräumige oder innerbetriebli-
che Standortwahl
- Standortanforderungen unterschiedlicher Unternehmen (im Hinblick auf Sektoren,
Funktionen, Betriebsgrößenklassen und rechtlichem Status zu differenzieren)
- Zeitpunkt der Standortentscheidung
Standortfaktoren: Ökonomische und außerökonomische Größen, die die
Standortwahl beeinflussen und bestimmen.
„harte“ Standortfaktoren:
z. B. Erreichbarkeit von Input- und Outputmärkten,
Agglomerationsvorteile, unternehmensnahe Infrastruk-
tur, Humankapital, regionale Steuern
„weiche“ Standortfaktoren:
z. B. Image, Wohnumfeld, wirtschaftliches Klima,
kulturelles Angebot, gutes schulisches Angebot, gute
ärztliche Versorgung
weitere Differenzierungen der Standortfaktoren:
- allgemeine vs. spezielle/spezifische Standortfaktoren
- lokalisierte vs. ubiquitäre Standortfaktoren
- Position der Standortfaktoren in Wertschöpfungskette
Schlagen sich direkt in
Kosten- und
Erlösrechnung nieder
Schlagen sich nur
indirekt in Kosten- und
Erlösrechnung nieder
2
3.2 Zwei konkurrierende Anbieter A und B haben ihren Standort in SA = 0 und SB = 1.
X X
SA=0 SB=1
Wovon hängt es ab, wo ihr gegenseitiger Einzugsbereich endet?
Einzugsbereiche der Anbieter A und B:
Der Einzugsbereich von A (B)
t2
tpp AB
t2
tpp BA
ist umso größer, je höher pB (pA) und je geringer PA (pB) sind. Bei einer homogenen
Fläche ist der Transportkostensatz t für beide Anbieter gleich und hat keine Auswirkung
auf die gemeinsame Grenze.
Für pA = pB sind die Einzugsbereiche der beiden Anbieter gleich groß:
5,0t2
t
t2
t)pp(p ABA
Die Grenze SG zwischen ihren Einzugsbereichen liegt dann bei 0,5.
3.3 Sie das Konzept der Thünenschen Ringe!
Die Thünenschen Ringe geben eine ringförmige Flächennutzung für den Anbau landwirt-
schaftlicher Produkte um ein Zentrum (Stadt) S an. Bei einer homogenen Fläche ist das
Zentrum von konzentrischen Kreisen umgeben, aus denen die Thünenschen Ringe gebildet
werden, innerhalb derer gleichwertige Produkte (z.B. Obst, Gemüse, Getreide, Holz)
angebaut werden. Die günstigste Flächennutzung in den Ringen ergibt sich aus dem Ertrag
sowie den Produktions- und Transportkosten der einzelnen Produkte.
t2
tpp BA
3
3.4 Was versteht man unter einer Lagerente? Wie lässt sich die optimale Lagerentenfunktion
bei einem Gut beschreiben?
Die Lagerente (Bodenrente) LR gibt für eine bestimmte Entfernung d von einem Markt
(Zentrum) den Gewinn je Flächeneinheit an, der sich aus dem Bruttoerlös unter Abzug der
Produktionskosten (=Nettoerlös) und der Transportkosten ergibt. Sie ist produktspezifisch
zu ermitteln.
Man erhält die optimale Lagerentenfunktion LR* unter Verwendung der optimalen
Inputmengen der Produktionsfaktoren und damit des optimalen Outputs je Flächeneinheit.
LR* gibt den maximalen Gewinn je Flächeneinheit an, der sich mit der Produktion eines
bestimmten Gutes in Abhängigkeit der Entfernung d von einem Markt (Zentrum) erzielen
lässt.
3.5 Ein Landwirt produziert zwei Produkte Obst (O) und Getreide (G) die er in der Stadt zu den
Preisen pO= 2 und pG= 3 je Mengeneinheit (ME) verkauft. Er hat 100 ME vom Produkt O, xO
= 100 und 80 ME vom Gut G, xG = 80, produziert. Die Transportkosten je Mengen- und
Entfernungseinheit betragen tO = 0,2 und tG = 0,1. Bei der Produktion der gegebenen Mengen
der beiden Güter fallen Kosten in Höhe von 100 (Gut O) und 160 (Gut G) an.
a) Geben Sie die Lagerentenfunktionen für die beide Produkte O und G an und zeichnen
Sie sie in separate Diagramme ein! Welche Gewinngrenzen haben die beiden Produkte?
Gut O (Obst):
OK
OOOO xdtpdLR 100)()(
100100)2,02( d
dd 2010010020200
Abb. 1: Lagerentenfkt. für Produkt O
Gut G (Getreide):
GK
GGGG xdtpdLR 160)()(
d880160d824016080)d1,03(
5
1001002)tan(
*
O
OOOO
d
Kxp
OO xt 20
020100)( ** ddLRO
10020 * d
Obst für zeGewinngren
5* Od
4
Abb. 2: Lagerentenfkt. für Produkt G
b) Zeichnen Sie ein Diagramm mit den Lagerenten der beiden Produkte O und G! In
welchen Bereichen wird der Landwirt die beiden Produkte anbauen, wenn er seinen Gewinn
maximieren will?
)()( dLRdLR GO )12
20(dLRO
160)(100)( GGGOOO xdtpxdtp 67,6612
2020100
dd 88020100 )12
20(dLRG
2012 d 67,6612
20880
10
160803)tan(
*
G
GGGG
d
Kxp
GG xt 810
80
0880)( ** ddLRG
808 * d
Getreide für zeGewinngren
10* Gd
5
67,112
20OGd
Anbau des Gutes O (Obst): Bereich )(67,10 GO LRLR
Anbau des Gutes G (Getreide): Bereich )(1067,1 OG LRLRd
3.6 Inwiefern lässt sich das Thünen-Modell auf die Verteilung der Geschäfts- und Büroflächen
in einer Stadt übertragen?
In einer Stadt stehen verschiedene Flächennutzungen mit unterschiedlichen Lagerentenfunk-
tionen (Gewinnpotenzial je Flächeneinheit in Abhängigkeit von der Distanz vom Zentrum
(CBD, central business district) in Konkurrenz miteinander. Nutzungen mit hohen
Agglomerationsverteilungen, hohen Handelsspannen, hohen Kaufwahrscheinlichkeiten (pro
Flächeneinheit) und hohen Transportkosten drängen ins Zentrum. Die Ersparnis von
Transportkosten kommt hierbei vor allem durch eine Ersparnis von Wegekosten durch hohe
Agglomerationsvorteile – eine Reihe von Anbietern gleicher und unterschiedlicher Güte
konzentriert sich auf enden Raum – zustande.
Aufgrund der hohen Bodenpreise findet im Zentrum eine intensive Flächennutzung statt. Im
Zentrenring werden sich insbesondere hochwertige Dienstleistungen ansiedeln, aber aufgrund
hoher Fühlungsvorteile auch gehobene Einzelhandelsgeschäfte und Büros mit einer hohen
Intensität der Flächennutzung. Es folgt ein konzentrischer Ring mit geringwertigem Wohnen
mit einer mittleren Flächennutzung. Daran schließt sich ein Ring mit hochwertigem Wohnen
sowie Park- und Grünflächen an. Um diesen Ring siedelt sich das Gewerbe mit mittlerem bis
hohem Flächenbedarf an. In dem äußeren Ring wird Landwirtschaft mit einem hohen
Flächenbedarf betrieben. Die Siedlungsfläche der Stadt endet dort, wo die vom Zentrum zum
Rand fallende Lagerente unter die Rente der landwirtschaftlichen Nutzung absinkt.
3.7 Was versteht man unter der minimalen Reichweite eines Gutes und wovon hängt sie ab?
Die minimale Reichweite rmin eines Gutes gibt die Grenze des Mindestmarktgebiets eines
Produzenten wieder, das erforderlich ist, um – angesichts der Fixkosten – profitabel, d. h. ohne
Verlust (Nullgewinn) zu produzieren.
Bei gegebener Produktionsfunktion ist sie abhängig von
der Siedlungsdichte (SD): minrSD
dem Transportkostensatz (t) (bestimmt Nachfragefunktion):
min
)(
rNachfragept
x
3.8 Was versteht man unter der maximalen Reichweite eines Gutes und wovon hängt sie ab?
Die maximale Reichweite rmax eines Produkts beschränkt das Markgebiet eines Produzenten,
da der (effektive) Preis des angebotenen Gutes über die Transportrate t mit zunehmender
6
Entfernung von seinem Standort steigt. Die maximale Entfernung von Standort der Produktion,
bei der das Gut gerade noch nachgefragt wird, heißt maximale Reichweite des Gutes.
Bei gegebenem Grundpreis pAt ist rmax abhängig von
Dem Transportkostensatz (t)
max)( rxNachfragept
auch
wirdbilliger Produkt
da ,Entfernunggrößerer in
3.9 Erläutern Sie unterschiedliche K-Systeme im Modell von Christaller und legen Sie dar, wie
sie die Zentralität von Gemeinden bestimmen! Nutzen Sie hierzu die Begriffe Unter-, Mittel-
und Oberzentren!
Ein hierarchisches System von Marktgebieten ergibt sich in dem Modell von Christaller durch
Verknüpfung der Marktsysteme mit unterschiedlichen Maschenwerten. Der Faktor k gibt
hierbei an, wie viel Anbieterstandorte eines bestimmten Ranges auf einen Anbieterstandort des
nächsthöheren Ranges entfallen, d. h. der Faktor k bezeichnet die Stufen der zentralörtlichen
Hierarchie.
Häufig nachgefragte Güter des alltäglichen Bedarfs werden in jedem Ort angeboten. Orte der
niedrigsten Zentralität werden in der Raumplanung Unterzentren (Grundzentren) genannt. Es
handelt sich hierbei um die hilfszentralen Orte eines k=1-Systems im Christallerschen Modell.
Mittelzentren mit einem zusätzlichen Angebot an höherwertigen Gütern und Dienstleistungen
wie z. B. Kaufhaus, Allgemeinkrankenhaus, weiterbildende Schule sind in etwa vergleichbar
mit den Marktorten eines k=3-Systems im Modell von Christaller. In Oberzentren sind
zusätzlich spezialisierte höherwertige Dienstleistungen wie Spezialhandel, Unternehmenssitze,
Fernbahnhof, Hochschule verfügbar. Sie sind vergleichbar mit dem Konzept der Hauptorte von
k=9 oder höheren k-Systemen der Christallerschen Modells.
3.10 Erläutern Sie die Entstehung optimaler Marktgebiete im Modell von Christaller!
Produzenten, die versuchen ihre maximalen Gewinne zu realisieren, streben ihre
größtmöglichen Marktgebiete an. Sie sind durch die obere Grenze der Reichweite eines Gutes
begrenzt. Die oberen Grenzen der Reichweite berühren sich, wobei unversorgte Gebiete
verbleiben.
Hierin entdecken zusätzliche Anbieter profitable Produktionsmöglichkeiten. Sie können auch
diejenigen Nachfrager von Konkurrenten (=bisheriger Produzenten) gewinnen, die näher an
ihren Produktionsstandorten angesiedelt sind. Dadurch werden Produzenten Verluste erleiden
und aus dem Markt ausscheiden.
Ein stabiles Gleichgewicht ist erreicht wenn die verbliebenden Produzenten gerade die
Mindestnachfrage realisieren können, die erforderlich ist, um profitabel zu produzieren, d. h.
einen Nullgewinn erzielen und keine unversorgten Gebiete verbleiben. Auf diese Weise
entstehen wabenförmige (sechseckige) Marktgebiete, die die Fläche lückenlos füllen und zu
den geringsten Transportkosten versorgt werden.
7
3.11 Welche Faktoren bestimmen die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen?
In der regionalökonomischen Literatur werden die Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit und
damit das Wachstum der Regionen bestimmen, in dem naturräumlichen Potenzial, der
Wirtschaftsstruktur, der Infrastruktur und der Siedlungsstruktur gesehen.
Im Hinblick auf das naturräumliche Potenzial werden eine gute Lage und Erreichbarkeit, eine
hohe Umweltqualität sowie Rohstoffvorkommen als positiv herausgestellt.
Der Einfluss der Wirtschaftsstruktur auf die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen ergibt sich
zum einen über eine günstige Sektoralstruktur, die durch innovative, wachstumsstarke
Branchen gekennzeichnet ist und zum anderen über eine gesunde Mischung unterschiedlicher
Betriebsgrößenklassen.
Der Einfluss der Infrastruktur auf die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum der Regionen
ergibt sich aus ihrem Charakter als öffentlicher Kaptalstock und ihrem Vorleistungscharakter.
Hierbei wird zwischen der materiellen Infrastruktur (z. B. Verkehrsnetze, Ver- und
Entsorgungseinrichtungen, Bildungseinrichtungen), der institutionellen Infrastruktur
(Rechtsordnung, Wirtschaftsordnung, Beratungsstellen, Vernetzung regionaler Akteure) und
der personellen Infrastruktur (Fähigkeit und Leistungsbereitschaft der Menschen, innovative
Milieus) unterschieden. Eine gute Infrastruktur erhöht die Effizienz der im Produktionsprozess
eingesetzten Faktoren Arbeit und Kapital und wirkt dadurch kostensenkend.
Leistungsfähige Zentren und eine Vernetzung von Orten führen zu Agglomerationsvorteilen
sowie einer Schaffung und Adaption von neuem Wissen. Auf diese Weise beeinflusst auch die
durch die Größe und räumliche Verteilung der Orte gekennzeichnete Siedlungsstruktur das
Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen.
3.12 Grenzen Sie neoklassische und postkeynesianische regionale Wachstumstheorien
voneinander ab!
Während die neoklassische regionale Wachstumstheorie angebotsorientiert ist und von einer
Vollbeschäftigung der Produktionsfaktoren ausgeht, wird bei der nachfrageorientierten
postkeynesianischen regionalen Wachstumstheorie die Beschäftigung nicht explizit analysiert.
Entspricht die Wachstumsrate der Produktion jedoch nicht dem Verhältnis aus Sparquote s und
Kapitalkoeffizient v, liegt eine Diskrepanz zwischen Output und Produktionspotenzial vor, die
eine Unter- oder Überbeschäftigung impliziert. In der postkeynesianischen Wachstumstheorie
gibt es keine Kräfte, die in Richtung einer gleichgewichtigen Entwicklung wirken, sondern die
Ungleichgewichte verstärken sich immer mehr ohne staatliche Interventionen. Dagegen
beinhaltet die Annahme einer vollständigen Mobilität der Produktionsfaktoren in der
neoklassischen regionalen Wachstumstheorie einen Ausgleichsmechanismus, der bei
Gleichgewichtsstörungen wirksam ist. Aufgrund der Entlohnung nach der
Grenzproduktivitätstheorie wandert das Kapital (die Arbeit) von Regionen mit einer hohen
(niedrigen) Kapitalintensität in Regionen mit einer niedrigen (hohen) Kapitalausstattung der
Arbeitsplätze, d.h. von Regionen mit einer relativ niedrigen Entlohnung der
Produktionsfaktoren in Regionen mit einer hohen Kapitalverzinsung bzw. einem hohen
Lohnsatz. Durch diese marktimmanenten Kräfte tendiert das regionale System zu einer
gleichgewichtigen Entwicklung ohne dass staatliche Eingriffe in den Wirtschaftsprozess
erforderlich sind.
3.13 Wie funktioniert der Ausgleichsmechanismus im neoklassischen Modell!
8
Im neoklassischen regionalen Wachstumsmodell führen Faktorwanderungen bei einer Störung
zu einer Wiederherstellung des interregionalen Gleichgewichts. Der Ausgleich erfolgt aufgrund
der vollständigen Mobilität der Produktionsfaktoren.
Ist z. B. die Kapitalintensität K/A in der Region 2 kleiner als in der Region 1, bringt der
Kapitaleinsatz aufgrund seiner höheren Grenzproduktivität in Region 2 eine höhere Rendite als
in Region 1. Umgekehrt ist die Grenzproduktivität der Arbeit in Region 2 und damit der
Reallohn in Region 2 geringer als in Region 1. Aufgrund dessen wandert Kapital von Region 1
in die Region 2 und Arbeit in die umgekehrte Richtung, wodurch die Kapitalintensität K/A in
der Region 2 steigt und in der Region 1 sinkt. Die Kapitalintensitäten beider Regionen nähern
sich auf diese Weise wieder an. Dieser Ausgleichsmechanismus ist solange wirksam bis sich
die Kapitalintensitäten und damit auch die Reallöhne und Zinssätze in beiden Regionen
angeglichen haben.
3.14 Erläutern Sie das Wachstumsgleichgewicht des neoklassischen Modells!
Im Wachstumsgleichgewicht des neoklassischen Modells müssen Output und Kapital in einer
Region mit derselben Rate wachsen. Technischer Fortschritt führt dazu, dass der Faktor Arbeit
im Gleichgewicht mit einer geringeren Rate wächst (arbeitssparender technischer Fortschritt).
Die gleichgewichtigen Raten müssen sich aufgrund derselben Produktionstechnologie in allen
Regionen einstellen. Voraussetzung hierzu ist eine gleiche Kapitalintensität die zu einer
gleichen Entlohnung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital führt, so dass
Faktorwanderungen zum Stillstand kommen.
3.15 Erläutern Sie das Wachstumsgleichgewicht der postkeynesianischen Wachstumstheorie!
In der postkeynesianischen Wachstumstheorie ergibt sich das dynamische GG aus der zu
fordernden Gleichheit des Einkommens- und Kapazitätseffekts der Investitionen. Der
Einkommenseffekt der Investitionen gibt über den Multiplikator sc
1
1
1
die durch eine
Veränderung der Investitionen ausgelöste Nachfrageveränderung wieder. Dagegen gibt der
Kapazitätseffekt der Investitionen die durch sie bedingte Erhöhung der Produktionskapazitäten
an. Bei gegebenem Kapitalkoeffizienten v (=Verhältnis von Kapitalstock zu Produktion) erhöht
sich die potentielle Produktion für jede getätigte Investitionseinheit um den Kehrwert v
1
(=Kapitalproduktivität).
Im dynamischen GG entspricht der Kapazitätseffekt dem Einkommenseffekt, so dass es keine
Überkapazitäten und auch keine unbefriedigte Nachfrage gibt, wodurch Anpassungseffekte
ausgelöst würden. Dies ist genau dann der Fall, wenn die Makrogrößen Output, Konsum und
Investitionen mit der Rate s/v wachsen. Weicht die Wachstumsrate der Produktion von der
gleichgewichtigen Rate s/v ab, werden keine Kräfte wirksam, die das dynamische
Gleichgewicht wieder herstellen. Aus diesem Grund spricht man von einem Wachstum auf des
Messers Schneide. Vielmehr verstärkt sich das Ungleichgewicht, wobei aus Sicht der
Postkeynesianer das Augenmerk vor allem auf der Rezession liegt, aus der die Volkswirtschaft
ohne staatliche Eingriffe nicht herauskommt.
9
3.16 Was versteht man unter der Exportbasistheorie?
Aufgrund des hohen Gewichts der regionalen Exporte an dem Regionaleinkommen, hat sich in
der Regionalökonomik die Exportbasistheorie als spezielle Variante der postkeynesianischen
Wachstumstheorie etabliert. Während die Exportquoten für die meisten Industrieländer
zwischen 10 und 30 Prozent liegen, erreichen Regionen häufig Exportquoten von weit mehr als
50%. Die erheblich höheren Exportquoten ergeben sich aus dem Hinzukommen der
interregionalen Exportströme, die sich auf der Länderebene saldieren.
Die Exportbasistheorie unterteilt die regionale Wirtschaft in einen Exportsektor (basic sector)
und einen lokalen Sektor (non-basic sector). Im Exportsektor werden Einkommen durch
Exportaktivitäten erwirtschaftet, während im lokalen Sektor Einkommen auf dem
intraregionalen Markt verdient werden. Während die Nachfrage nach Exportgütern exogen ist,
ist die Nachfrage nach lokalen Gütern durch das gesamte Regionaleinkommen unter
Berücksichtigung der marginalen Konsum- und Importquote bestimmt. Im regionalen
Gleichgewicht ist das Regionaleinkommen ein Vielfaches der regionalen Exporte. Im Hinblick
auf die Regionalpolitik ergibt sich aufgrund dessen ein Ansatzpunkt für die Förderung der
Exportaktivitäten z. B. eine Verbesserung der Anbindung an überregionale Märkte oder
Investitionszuschüsse im Exportsektor.
3.17 Eine Region i erwirtschaftet in ihrem Exportsektor (= Basissektor) ein Einkommen (=
Exporteinkommen) Yi,X von 50 GE. Die Konsumquote c beträgt 0,75 und die Importquote m
0,25,
a) Geben Sie die durch die Exportbasistheorie postulierte Beziehung zwischen dem in der
lokalen Wirtschaft (= Nicht-Basissektor) erwirtschaftete Einkommen Yi,L und dem
Regionaleinkommen Yi wieder!
Yi,L = (ci – mi)Yi
= (0,75 – 0,25)Yi
= 0,50Yi
b) Bestimmen Sie das gleichgewichtige Regionaleinkommen Yi*i und stellen Sie es in einem
Diagramm dar!
xi,ii
i Ymc1
1*Y
0525,0750,1
1
100052055,0
1
10
c) Geben Sie rechnerisch und grafisch den Effekt einer Erhöhung des Exporteinkommens Yi,X
um 20 GE wieder!
Yi,x = 20
)Y(Ymc1
1Y xi,xi,
_
ii
*neui,
)2005(25,0750,1
1
140072075,0
1
11
3.18 Auf welche Art und Weise wird im Modell der Neuen Ökonomischen Geografie (NÖG)
die Präferenz der Konsumenten für Produktvielfalt modelliert?
Die Präferenz der Konsumenten für Produktvielfalt wird in der NÖG über eine CES (constant
elasticity of substitution) Nutzenfunktion modelliert:
/1n
1iiM cC
Der Parameter , der die Intensität der Präferenz für die Vielfalt der Industriegüter angibt,
nimmt hierin mit zunehmender Substitutionselastizität σ zu: /1
Die Produktionsvielfalt erhöht sich mit zunehmender Anzahl n von Industriegütervarianten.
Teilt man eine gegebene Konsummenge auf eine unterschiedliche Anzahl von
Industriegütervarianten bei einer bestimmten Substitutionselastizität σ auf, lässt sich die
Präferenz für Produktvielfalt anhand eines höheren Nutzenindex CM bei größeren n erkennen.
Beispiel: 2
112
n=2 n=3
Gesamtkonsum: Gesamtkonsum:
35,15,121 CC 3111321 CCC
25,02
5,01 CCCM 25,0
35,0
25,0
1 CCCCM
25,05,0 5,15,1 25,05,05,0 111
2225,1225,1 93111 22
0025,645,2 2
12
3.19 Erläutern Sie den Einfluss der Substitutionselastizität auf die Subnutzenfunktion CM der
NÖG!
Die Subnutzenfunktion CM sinkt ceterus paribus mit zunehmender Substitutionselastizität σ (n
> 1).
Beispiel:
n = 2, c1 = c2 = 0,5
3
213
5
415
2
3
3
2
23
2
1
CCCM
4
5
5
4
25
4
1
CCCM
2
3
3
2
3
2
5,05,0
4
5
5
4
5
4
5,05,0
2/32
3
3
2
630,025,02
4/5
4
5
5
4
57435,025,02
414,1260,1 2
3
> 189,11487,1 4
5
Der Grund für den geringeren Nutzen bei einer höheren Substitutionselastizität liegt darin, dass
die Industriegutvarianten mit wachsendem σ als ähnlicher angesehen werden. Dies wird durch
die leichtere Substituierbarkeit angezeigt. Aus diesem Grund bringt eine Vielfalt des
Güterangebots bei hohem σ für die Konsumenten gegenüber der Situation einer einzigen
Industriegütervariante (n = 1 -> CM gleich für alle σ) nicht den Nutzenzuwachs mit sich, der
sich bei einer geringen Substitutionselastizität ergeben würde.
13
3.20 Erläutern Sie das Prinzip der zirkulären Verursachung in der Neuen Ökonomischen
Geografie (NÖG)!
Zirkuläre Verursachung liegt vor, wenn sich bei einer Störung eines Gleichgewichts Effekte
der Vorwärts- und Rückwärtskopplung verstärken. Verlegt ein Unternehmen seinen Sitz in die
Region 1 oder kommt es in der Region 1 zu einer Unternehmensgründung, so dass sich die
Produktvielfalt gegenüber der Region 2 erhöht, sinkt das Preisniveau in ersterer Region
aufgrund einer Ersparnis der Transportkosten, während es sich in letzterer Region erhöht.
Dadurch verbessert sich in Region 1 der Reallohn gegenüber der Region 2 (Realeinkommens-
effekt), so dass Industriearbeiter (Konsumenten) in die Region 1 wandern. Aufgrund der
höheren Nachfrage ziehen Unternehmen in diese Region (Nachfrageeffekt), um die Agglome-
rationsvorteile zu nutzen, was wiederum die Industrieproduktions ansteigen lässt und den
Konsumenten eine reichhaltigere Auswahl von Gütern bietet.
Dadurch entsteht erneut ein Realeinkommenseffekt in Region 1 aufgrund der Ersparnis von
Transportkosten. Aufgrund dessen wird die Region 1 für zusätzliche Industriearbeiter
(Konsumenten) und in der weiteren Folge auch für Unternehmen attraktiv, was die zirkuläre
Verursachung durch Kopplungseffekte begründet, die ohne gegensätzliche Kräfte einer Ballung
der Produktion in Region 1(=Zentrum) und einer Entleerung der Region 2 (=Peripherie) führt.
3.21 Welche Bedeutung haben der Break-Point (TB) und der Sustain-Point (TS) für die
potenziellen Gleichgewichte im Modell der Neuen Ökonomischen Geografie?
Sustain-Point TS
Der Sustain-Point gibt Aufschluss darüber, wann ein stabiles Konzentrationsgleichgewicht
(λ1 = 1 od. λ2 = 1) bei einer Erhöhung der Transportkosten in ein stabiles Gleichgewicht bei
gleichmäßiger Aufteilung der Industrieproduktion (Industriebeschäftigten) übergreift.
T niedrig: 1 = 1 oder 1 = 0
T , T < TS: 1 = 1 oder 1 = 0
T TS: 1 = 0,5
Erreichen die Transportkosten das Niveau TS, übersteigen die deglomerativen (dispersiven)
Kräfte die agglomerativen (konzentrierenden) Kräfte. Angesichts der hohen Transportkosten
für die Befriedigung der Nachfrage der Agrarbevölkerung nach industriellen Gütern in der
Peripherie siedeln sich dort Industrieunternehmen an, denen Industriearbeiter aufgrund des
positiven Reallohndifferentials folgen. Erst wenn in beiden Regionen eine gleiche Aufteilung
der Produktion von Industriegütern erreicht ist, wird das Reallohndifferential gleich 0, so dass
keinerlei Anreize mehr zu einer Migration bestehen.
Break-Point TB
Der Break-Point TB gibt an, wie lange eine gleiche Aufteilung der Industrieproduktion
(Industriebeschäftigten) auf beide Regionen stabil ist, wenn die Transportkosten von einem
hohen Niveau aus gesenkt werden.
T hoch: 1 = 0,5
T , T > TB: 1 = 0,5
T TB: 1 = 0,5 wird instabil, 1 = 1 oder 1 = 0 stabil (ergibt sich nach Störung)
Vor-
wärts-
kopplung
Rück-
wärts-
kopplung
14
Fallen sie Transportkosten auf das Niveau TB, übersteigen die agglomerativen (konzentrie-
renden) Effekte die deglomerativen (dispersiven) Kräfte. Konsumenten (Industriearbeiter)
können in der Region mit höherem Produktionsanteil Industriegüter günstiger erwerben, was
einen Realeinkommenseffekt begründet. Unternehmen finden hier eine höhere Nachfrage vor,
so dass sie steigende Skalenerträge realisieren können. Aufgrund der geringen Transportkos-
ten ist der dispersive Effekt aufgrund der Versorgung der Agrarbevölkerung mit Industriegü-
tern zu gering, um den Agglomerationsprozess umkehren zu können.