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Anders sein. Außenseiter in der Geschichte · 2015. 6. 26. · zum Beispiel den Besitz bzw. das...

Date post: 01-Oct-2020
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Anders sein. Außenseiter in der Geschichte Leistungssportler in der DDR Außenseiter, privilegierte Randgruppe oder staatsnahe Elite? Ein Beitrag von Sophie Czech, Schülerin am Christa-und-Peter-Scherpf-Gymnasium, Klasse 12 Betreuer: Jürgen Theil
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Anders sein. Außenseiter in der Geschichte

Leistungssportler in der DDR – Außenseiter, privilegierte Randgruppe

oder staatsnahe Elite?

Ein Beitrag von Sophie Czech,

Schülerin am Christa-und-Peter-Scherpf-Gymnasium, Klasse 12

Betreuer: Jürgen Theil

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ................................................................................................................. 3

2. Spitzensportler als mögliche Außenseiter - die gesellschaftliche Stellung des

Sports in der DDR ....................................................................................................... 4

3. Die Sportschule Neubrandenburg als Kaderschmiede in der DDR - Vorstellung von

Leistungsträgern .......................................................................................................... 5

4. Leistungssteigerung durch Doping in der DDR ....................................................... 8

4.1 Vorgehensweisen im Bereich Leistungssport.....................................................9

4.2 Folgen, Auswirkungen und Entschädigung des Dopingmissbrauchs ...............10

5. Bespitzlungen durch das MfS in der DDR ..........................................................12

5.1 DDR-Sportler als Opfer und Täter....................................................................1

5.2 Der Fall Andreas Beckurts ...............................................................................14

6. Schlussfolgerungen …...........................................................................................16

7. Anhang..................................................................................................................1

7.1 Beispielbrief an Spitzensportler - Brigitte Köhn ................................................1

7.2 Akte der Staatssicherheit - Andreas Beckurts ..................................................

8. Literatur- und Quellenverzeichnis..........................................................................4

9. Tätigkeitsbericht .................................................................................................... 51

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1. Einleitung

„Anders sein. Außenseiter in der Geschichte“ – so lautet das Thema des diesjährigen

Geschichtswettbewerbs der Körberstiftung auf den mich unser Geschichtslehrer,

Herr Jürgen Theil, aufmerksam machte. In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der

Randgruppe der „Leistungssportler“ in der DDR. Dabei werde ich mich besonders auf

den ehemaligen Bezirk Neubrandenburg beziehen, der sportlich gesehen bis heute

durch die ehemalige Kinder- und Jugendsportschule Neubrandenburg geprägt ist. Da

ich selbst in dieser Region wohne und aktive Sportlerin bin, interessiert mich dieses

Thema ganz besonders.

Sportler genossen in der DDR eine herausragende Stellung in der Gesellschaft. Sie

hoben sich in vielerlei Hinsicht von der übrigen Bevölkerung ab. So konnten sie

zumeist nicht die örtlichen Schulen mit ihren Freunden besuchen, sondern eine

Sportschule, die in der Regel nicht im Heimatort lag. Dort wohnten sie dann in einem

Internat, weit entfernt von ihrer Familie. An Nachmittagen blieb ihnen nicht viel Zeit

zur freien Verfügung, da diese mit sportlichen Aktivitäten ausgefüllt war. Doch es gab

auch genügend Vorteile für Sportler, die vor allem den „Älteren“ unter ihnen bewusst

waren. Beispielsweise mussten sie nicht jahrelang auf bestellte Autos warten, oder

kamen schneller an größere, günstige Wohnungen ran. Außerdem hatte das Reisen

ins Ausland einen besonderen Reiz, da das der restlichen DDR- Bevölkerung nur

bedingt möglich war. Die meisten Bürger konnten nur in Länder des damaligen

Ostblocks reisen. Der überwiegende Teil der Leistungssportler gab zwar zu, dass sie

oft nicht mehr zu Gesicht bekamen als Sporthallen oder Trainingsstätten, sie fühlten

sich aber trotzdem nicht eingesperrt oder benachteiligt. Der sportliche Erfolg stand

an erster Stelle. Man könnte also annehmen, dass das Leben eines

Leistungssportlers kaum schlechte Seiten mit sich brachte und ruhig und geordnet

ablief. Diese These möchte ich aber mit meiner Arbeit widerlegen, indem ich u. a. auf

das freiwillige und/oder unfreiwillige Einnehmen von Drogen und dessen

Auswirkungen eingehe sowie auf das Überwachungssystem der Staatssicherheit,

durch welches das damalige Privatleben eines fast jeden Spitzensportlers heute in

Akten nachgelesen werden kann. Zu diesem Punkt werde ich auch eine Akte über

Andreas Beckurts auswerten, der nicht nur dem erweiterten Leistungskader des

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Kanusports angehörte, sondern sich auch gleichzeitig als inoffizieller Mitarbeiter der

Staatssicherheit betätigte.

2. Spitzensportler als mögliche Außenseiter - die gesellschaftliche Stellung desSports in der DDR

In der DDR ging man stets von einer komplexen gesellschaftlichen Funktion des

Leistungssports aus. Er war aber nicht nur für die internationale Anerkennung der

DDR als eigenständiger Staat von Bedeutung, sondern erfüllte auch politische,

kulturelle und erzieherische Aufgaben. So leistete der Sport auch einen wichtigen

Beitrag zur kulturellen Lebensweise der Bevölkerung, da er vielen jungen Menschen

die Chance bot, das Bedürfnis nach hohen sportlichen Leistungen und Erfolg zu

stillen. Zusätzlich ist aber zu sagen, dass aus der gesellschaftlichen

Aufgabenstellung des Leistungssports nie ein Geheimnis gemacht wurde. So betonte

Hans Schuster1 1958 in einem Beitrag zu diesem Thema, dass durch hohe sportliche

Leistungen das Ansehen der DDR in der Welt erhöht werden könne.2 Andererseits

würden sportliche Höchstleistungen ganz entscheidend auf die Verbesserung des

Massensports einwirken. Der DDR-Sport war ein fester Bestandteil der weltweiten

Systemauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus, wurde also von

der SED dazu instrumentalisiert, die Überlegenheit des Sozialismus zu

demonstrieren.

Ein prominentes Beispiel dafür ist die im Eiskunstlauf mehrfache Olympia-, Welt- und

Europameisterin gewordene Katarina Witt. Eine junge Ausnahmesportlerin als

Aushängeschild für die Propaganda des sozialistischen Staates, dessen sie sich

auch bewusst war. Sie nutzte ihre Stellung auch für private Wünsche und einen

gehobenen Lebensstandard aus. So forderte sie viele Privilegien für sich ein, wie

zum Beispiel den Besitz bzw. das Beschaffen lassen von Westautos, einem

Einfamilienhaus in Altenhof und dem Wiedererlangen ihrer verlorenen Fahrerlaubnis

nach Verstößen gegen die StVO. Witt lehnte dafür die Verbindung mit dem MfS nicht

ab, sondern vertraute sich ihm komplett an. Sie vertrat ihren Staat öffentlich mit viel

1 Hans Schuster: wirkte seit 1965 als Direktor der DHfK in Leipzig, vgl. Neues Deutschland vom 06.12.1965. 2 Vgl: http://www.sport-ddr-roeder.de/funktionen_ziele.html, 12.12.2014.

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Souveränität und Überzeugung und verkörperte das sozialistische Menschenbild der

DDR auch als FDJ-lerin. Demzufolge hatte sie eine erhöhte Vorbildfunktion für

andere Sportler und heranwachsende Jugendliche.

Diese Vorzüge waren jedoch nicht nur Katarina Witt vergönnt, sondern auch anderen

Spitzensportlern dieser Zeit. Im Gegenzug dazu mussten sie alle ihr Privatleben den

eigenen aber auch den staatlichen Zielen und Ansprüchen unterordnen. Sie durften

auf keinen Fall gegen den sozialistischen Staat kritische Aussagen treffen und

wurden aus diesem Grund sehr intensiv beobachtet und kontrolliert. Im Gegensatz

zur übrigen Bevölkerung der DDR war ihr Tagesablauf strikt geplant und kontrolliert.

Sie hatten sich an Freizeit- und Trainingszeiten zu halten. Des Weiteren galten für

sie auch spezielle, strikt einzuhaltende Ernährungspläne.

3. Die Sportschule Neubrandenburg als Kaderschmiede in der DDR -Vorstellung von Leistungsträgern

Das Politbüro des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands

(SED) verabschiedete im Juli 1954 eine Direktive "Zur weiteren raschen

Aufwärtsentwicklung von Körperkultur und Sport in der DDR"3. Daraufhin entstanden

die ersten Sportclubs in Jena, Leipzig und Berlin. Der Sportclub in Neubrandenburg

wurde auf Beschluss der Bezirksleitung der SED Neubrandenburg und des

Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport beim Ministerrat am 30.04.1962

offiziell gegründet.

In Vorbereitung dieser Gründung mussten die verschiedenen Betriebs-

sportgemeinschaften aus dem Umkreis zusammengeführt werden. Für den SCN gab

es den ersten Stellenplan, inklusive Gehaltsangaben bereits 1961. Im Kontrast zu

heute arbeiteten die Mitglieder des Vorstandes nicht ehrenamtlich, sondern

hauptberuflich, des Weiteren gab es neben den Trainern noch zusätzliche

Festangestellte. Mitglied eines SC konnte man nicht auf eigenen Wunsch werden,

hierfür war eine Delegierung notwendig.

3 Dittmer, Klaus/ Wendelstorf, Rainer: SCN Sportclub Neubrandenburg e. V. 50 Jahre 1962-2012, o.O.,o.J.,S.8.

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Die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) in Anklam gehörte dem Neubrandenburger

Sportclub an und wurde 1965 nach Neubrandenburg verlegt, da die zu überwindende

Distanz auf Dauer zu groß war.

Folgende hervorragende Sportlerinnen und Sportler aus meiner Heimatregion, dem

ehemaligen Bezirk Neubrandenburg, möchte ich in meiner Arbeit kurz vorstellen:

Brigitte Köhn, Detlef Wegner, Andreas Beckurts, Sabine Engel, Roland Fink,

Christiane Wartenberg und Carola Drechsler. Sie alle waren Spitzensportler, die in

ihrer Disziplin Olympia-, Welt-, Europa- oder DDR-Bestleitungen vollbrachten und

entsprechend geehrt wurden, nicht nur durch den Erhalt von Pokalen und Medaillen,

sondern auch durch Ehrungen ihrer Heimatorte. Erfolgreiche Sportler galten in der

DDR als Vorbilder für die heranwachsende Jugend. Sie sollten den Staat bei

internationalen Wettkämpfen vertreten und damit auch die Überlegenheit des

sozialistischen Systems verdeutlichen. Dazu gehörte natürlich auch, dass die

Sportlerinnen und Sportler den sozialistischen Staat mit ihrer eigenen Persönlichkeit

angemessen vertraten. Um dies abzusichern bediente sich der SED-Staat konkreter

Mittel und Methoden, auf die ich in meiner Arbeit ebenfalls noch eingehen werde.

Brigitte Köhn wurde am 08.10.1954 in Prenzlau geboren. Bereits im Jahr 1966 stand

sie in der Bestenliste des Bezirks Neubandenburg in der Disziplin 600 m-Lauf. Ihr

Trainer mit der Auszeichnung "Meister des Sports" von 1970 war der Prenzlauer

Dieter Stöcker. Schon sechs Jahre später hielt sie den A-Jugendrekord und erreichte

die europäische Juniorenbestleistung (400m-52,1s) – und ihre Karrierelaufbahn stieg

weiterhin steil an. Ihre Bestleistung und neue Weltrekordzeit erzielte sie während der

Olympiade 1976 in der DDR-Staffel.4

Detlef Wegner wurde am 30.12.1950 in Prenzlau geboren und wuchs anschließend

in Kleptow auf. Er erlernte den Beruf des Werkzeugmachers. Sein

Langstreckentraining begann er im Alter von 14 Jahren und seine ersten

Wettkampferfahrungen sammelte er bei Post Pasewalk. 1970/71 belegte er

Spitzenplätze in der DDR-Bestenliste. Anschließend wurde er zwei Jahre später

Mitglied bei Motor Prenzlau. Seinen ersten Marathon lief er erst mit 26 Jahren, doch

schon vier Jahre später war er der erste DDR-Läufer, der unter einer Zeit von sieben

Stunden bei einem 100km-Lauf blieb. Des Weiteren siegte er bei den

4 Erfolge des Trainings 1972-1981. Leichtathletik im Bezirk Neubrandenburg, o.J., S. 4f.

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Rennsteigläufen über 75 km in den Jahren 1984, 1986, 1988 und 1999. Für seine

Verdienste wurde ihm 1992 den Preis der Stadt Prenzlau überreicht.5

Andreas Beckurts, Kanute in der B-Nationalmannschaft, wurde am 26.03.1957 in

Prenzlau geboren und wuchs in Neubrandenburg auf, wo er die dortige Kinder- und

Jugendsportschule besuchte. Mit 20 Jahren verpflichtete er sich als inoffizieller

Mitarbeiter für das MfS. Im späteren Verlauf meiner Arbeit werde ich noch einmal

gezielt auf ihn eingehen.6

Sabine Engel, in Prenzlau am 21.04.1954 geboren, führte bereits 1967, mit zwölf

Jahren, die Bestenliste des Bezirks Neubrandenburg in den Disziplinen Diskus- und

Ballwerfen an. Nachdem sie zur Jugendsportschule delegiert wurde, erhielt sie 1969

ihren ersten DDR-Meistertitel im Kugelstoßen. 1975 spezialisierte sie sich auf das

Diskuswerfen und erzielte bei einer Meisterschaft in Erfurt einen neuen DDR-

Rekord.7

Roland Fink wurde am 18.06.1942 in Stettin geboren. Nachdem er von seinem

Sportlehrer entdeckt wurde, begann er ab 1955 mit regelmäßigem

Hochsprungtraining. Seit 1958 trainierte er im Uckerstadion als Mitglied der BSG

Einheit Prenzlau. Er wurde mehrmaliger Bezirksmeister und gewann 1963 die

Bronzemedaille bei den DDR-Meisterschaften. Noch im selben Jahr wurde er nach

Berlin delegiert.8

Christiane Wartenberg wurde am 27.10.1956 in Prenzlau geboren. Sie wurde zur

Kinder- und Jugendsportschule Neubandenburg delegiert und erzielte 1972 in der

Staffel den B-Jugendtitel der DDR und stellte gleichzeitig einen neuen Rekord auf.

Noch im selben Jahr gelang ihr das Erringen eines weiteren DDR-Rekords und sie

wurde 1975 DDR-Meisterin in der Halle. Nachdem sie bei den Olympischen Spielen

den achten Platz errang, startete sie aus privaten Gründen für den SC Chemie Halle.

Anschließend erreichte sie bei dem Europacup-Finale den vierten Platz in Turin. Bald

5 Pfeffer, Bruno: Zweiter über 75 km. Beinahe eine Sportreportage, in: Heimatkalender der Stadt Prenzlau 1980, S. 45f. 6 http://www.ndr.de/regional/mecklenburg-vorpommern/stasi_doping/scnbeckurts101.html, 23.11.2014. 7 Erfolge des Trainings 1972-1981. Leichtathletik im Bezirk Neubrandenburg, o.J., S. 9f. 8 Brandenburger Almanach. Kreis Uckermark, Berlin 1994, S. 126f.

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darauf wurde sie beim Weltcup in Montreal zweite und stand schließlich auf dem

Siegertreppchen bei den Olympischen Spielen in Moskau 1980.9

Carola Drechsler, geboren am 15.09.1954 in Prenzlau, errang einen Weltmeistertitel

in Mexiko-Stadt in der Disziplin des Viererkajaks. Sie trainierte viele Jahre in

Neubrandenburg, was sich 1972 und 1974 mit der Erlangung des DDR- Meistertitels

im Zweier-Kajak auszahlte. 1975 wurde sie Weltmeisterin im Zweier-, wie auch

Viererkajak und in Montreal bei den Olympischen Spielen gewann sie den "Kajak-

Einer" über 500m.10 In einem Interview berichtete sie, dass die DDR-Sportler direkt

nach der offiziellen Abschlussrede der Olympischen Spiele die Veranstaltung zu

verlassen hatten und nicht am Abschlussball teilnehmen durften. Auch während der

Wettkämpfe gab es keine Gelegenheit sich mit Sportlern aus aller Welt

auszutauschen. Sie beteuert: "Mir hat meine aktive leistungssportliche Zeit riesigen

Spaß gemacht, und ich fand mich beim SC Neubrandenburg mit meinem Trainer und

mit meinen Trainingskollegen gut aufgehoben."11 Außerdem habe sie keine Ahnung

von den Tätigkeiten des MfS gehabt. Sie musste ihre Karriere 1976 beenden, da sie

mit einem italienischen Kanuten befreundet war.

Den oben genannten ehemaligen Spitzensportlern schickte ich einen Brief mit

meinem Fragekatalog, der im Anhang zu finden ist. Doch nur von Detlef Wegner

erhielt ich telefonisch eine Rückmeldung, in der er mir jedoch keine Antworten geben

konnte, da er sich an nichts mehr erinnern könne bzw. er nicht mitbekommen habe,

inwieweit die Stasi Leistungssportler kontrollierte. Auf dieses Verhalten der

ehemaligen Spitzensportler werde ich in meinen Schlussfolgerungen noch

zurückkommen.

4. Leistungssteigerung durch Doping in der DDR

Der Begriff Doping wird allgemein wie folgt definiert: "[…] unerlaubte Steigerung der

Leistungsfähigkeit durch Zuführung von Stimulanzien, Narkotika, Anabolika u.a.;

9 Erfolge des Trainings 1972-1981. Leichtathletik im Bezirk Neubrandenburg, o.J., S.9f. 10Reimann, Olaf W.: Wer war wer in der DDR? Berlin 2000/2001, S. 952. 11 http://www.mv-schlagzeilen.de/zwischen-muenchen-1972-und-peking-2008, 16.11.2014.

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nachgewiesen durch D.-Kontrollen […]"12. Diese Erklärung wirkt meiner Meinung

nach zu einfach, da das Thema sehr weit gefächert ist und die Auswirkungen sich

enorm auf den menschlichen Körper und Geist auswirken können. Im Folgenden

werde ich versuchen, diese Problematik darzustellen.

4.1 Vorgehensweisen im Bereich Leistungssport

Im Kampf um immer höhere und bessere sportliche Leistungen bei internationalen

Wettkämpfen gab es in der DDR eine Verordnung über unterstützende Mittel für

Leistungssportler. Es war Vorschrift, dass die Verabreichungen von diesen

Medikamenten nur bei ausgewählten Sportlern aus den Kaderkreisen 1-3

stattzufinden hatten. Diese sollten eigentlich auch ein Mindestalter von 18 Jahren

erreicht haben. In Ausnahmefällen wurden jedoch auch schon Jugendliche ab 16

Jahren mit einbezogen. Dies betraf Disziplinen, bei denen das Sportalter generell

niedriger war, wie zum Beispiel das Sportschwimmen oder Turnen. Man muss aber

dazu sagen, dass es Abweichungen gab und auch Sportler außerhalb der

Vorschriften gedopt wurden. Die ehemaligen verantwortlichen Sportfunktionäre

geben dafür verschiedene Gründe vor. Zum einen wollte die DDR nur die

Chancengleichheit auf Wettkämpfen aufrechterhalten, denn es ist nachgewiesen,

dass Länder wie die USA aber auch die ehemalige BRD schon seit Anfang der

1960er-Jahre ihre Leistungssportler durch Verabreichungen unerlaubter Mittel

unterstützen. Zum anderen gab der Mediziner Dr. Manfred Höppner13 bekannt, dass

er verhindern wollte, dass es zu einer „ausufernden Selbstbehandlung“ der Sportler

komme.14

In den sozialistischen Ländern spielte Doping im Sport erst Ende der 1960er-Jahre

eine größere Rolle. Die Anwendung von Anabolika war bis 1974/75 weder durch das

IOC (Internationales Olympisches Komitee) noch durch die Internationalen

Sportverbände verboten. Aus diesem Grund war es legal, dass 1972 während der

12 Der Brockhaus in einem Band, 2006, S.202. 13 Dr. Manfred Höppner: 1967-1990 Stellvertretender Chef des Sportmedizinischen Dienstes der DDR aus http://www.tagesspiegel.de/sport/ausgerechnet-chef-doper-manfred-hoeppner-war-der-wichtigste-informant-der-kriminalpolizei/138404.html, 23.11.2014. 14 Vgl.: Neues Deutschland vom 6./7.5.2000, S.23.

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Olympiade in München 86 Prozent der befragten Leichtathleten unter dem Einfluss

von Anabolika standen.15 In der DDR wurden in den 1970er-Jahren im VEB

Jenapharm Anabolika hergestellt für die auf den Beipackzetteln keine Angaben zu

auftretenden Nebenwirkungen enthalten waren. Der Betrieb stand in engem Kontakt

mit dem Sportmedizinischen Dienst der DDR und belieferte somit verschiedene

Sportcentren. Für die Dopingforschung wurden etwa 5 Millionen Mark investiert.16

Insgesamt waren bis zu 10.000 Sportler von Doping betroffen gewesen.17

Dr. Manfred Höppner sowie verschiedene andere Ärzte bestätigten, dass es zu DDR-

Zeiten im SCN auch ein Dopingprogramm gab. Der Trainer der Leichtathleten

Thomas Springstein18, der seinen Sportlerinnen Clenbuterol verabreichte, ist jedoch

bis heute nicht der Meinung, dass dieser Vorgang dem Doping entspreche. 2002

wurde er noch zum Trainer des Jahres gewählt und 2006 dann wegen Doping

verurteilt.

Seit dem Jahr 2000 sind alle Straftaten von Sportfunktionären, Trainern und

Medizinern verjährt und können somit nicht mehr angeklagt werden.

4.2 Folgen, Auswirkungen und Entschädigung des Dopingmissbrauchs

Durch die Weiterentwicklung der medizinischen Kenntnisse ist es heute möglich, die

Auswirkung des DDR-Dopings nachzuweisen. Auf einer Veranstaltung in Potsdam

am 26. Mai 2014 fand eine "Diskussionsrunde zu Doping in Ost und West: Die Lage

der Dopingopfer heute." statt, an der ich teilgenommen habe. Dort lernte ich Ines

Geipel kennen, die zu DDR-Zeiten Spitzenläuferin war, ihre Karriere aber aus

politischen Gründen abbrechen musste, da das MfS erfuhr, dass sie eine Flucht aus

der DDR plante, was ihr 1989 auch gelang. Sie selbst war damals unwissend gedopt

worden, weswegen sie sich unter anderem heute intensiv für Dopingopfer einsetzt.

Sie ist Vorsitzende des „Doping-Opfer-Hilfe e.V.“ und somit neben vielen weiteren

15 http://www.sport-ddr-roeder.de/fragen_antworten_emails.html. 16 Vgl. Müller, Uwe/Hartmann, Grit: Vergeben und Vergessen! Berlin 2009, S. 203–222. 17 http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/kontraste/42507/ddr-doping-und-die-folgen, 27.11.2014. 18 Der 1958 in Leipzig geborene Trainer Thomas Springstein trainierte u.a. Grit Breuer und Katrin Krabbe. Er begann seine Trainerkarriere 1984 im SC Neubrandenburg.

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Personen (insbesondere Journalisten) der Grund für die fortschreitende Aufklärung

dieser Problematik. Bis zum Zeitpunkt der Konferenz im Landtag hatten sich seit

Oktober 2013 bereits 420 ehemalige geschädigte DDR-Sportler gemeldet und es

kommen täglich neue dazu. Sie leiden an Herzerkrankungen (20), Kreislauf- und

Stoffwechselstörungen (15), Organerkrankungen, wie an Lunge, Leber, Niere (40),

gynäkologischen Erkrankungen, vor allem Fehlgeburten und Eierstockerkrankungen

(34), Tumorerkrankungen (22), Skelettschäden durch mögliche Extrembelastungen

(90) und psychische Erkrankungen (90). Aber auch ein Ansteigen der Todeszahlen

sei nachzuweisen. So wären allein in der Beantragungszeit, was in etwa einem

halben Jahr entspreche, vier von 196 Personen gestorben. Bevorzugte Dopingmittel

waren Anabolika und Steroide, welche den Muskelaufbau förderten; sowie

Testosteron, was vor allem bei Frauen angewendet wurde und deren Körper

vermännlichte. In einem Artikel des Journalisten Andre Keil vom 18.10.2014 wird

berichtet, dass den Athleten Steroide getarnt untergeschoben wurden. Der

Leichtathlet Frank Wodars erkrankte an Hodenkrebs und richtete aus diesem Grund

ein Schreiben an den SCN, in welchem er um Aufklärung bat. Als Antwort bekam er

unter anderem „Wir bedauern die Auswirkungen der damaligen Handlungen und

bitten Sie, Täter zu benennen und Anzeige zu erstatten. Allgemeine Unterstellungen

sind hier wenig hilfreich.“19 Das zeigt, dass der SCN offensichtlich nicht ausreichend

an einer Aufklärung interessiert ist.

Auch Tommy Kersten, ein weiterer Teilnehmer der Konferenz in Potsdam,

ehemaliger Kanute aus Potsdam, bestätigte, dass er zunächst nicht wusste, an wen

er sich hätte wenden sollen, da er ebenfalls das Gefühl hatte, dass sich niemand mit

diesem Thema identifizieren möchte, da es ein "unbequemes Thema" sei. Die

ehemalige Bildungsministerin Brandenburgs, Dr. Martina Münch, sah ein, dass doch

noch mehr zu handeln sei und die Zusammenarbeit mit den Opfern verstärkt werden

müsse. Als Vorbild gelte das Projekt Thüringen zur Aufarbeitung des

Dopingmissbrauchs. Der Geschäftsführer des LSB (Landessportbund) Andreas

Gerlach gab zu, dass dieser Abend für ihn als verschwendet gelte, da es doch zu

keiner Einigung kommen und der LSB die Studie zur Aufarbeitung keines Falles

bezahlen würde. Diese Aussage stellte für die Opfer und die Befürworter der

Aufklärung einen Rückschlag dar. Seit längerem kämpft Ines Geipel mit ihrer

19 http://www.no-doping.org/wp-content/uploads/2014/10/Rede-Andre-Keil.pdf,S.3, 27.10.2014.

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Organisation für eine Opferrente in Höhe von 200 €, die rund 300 Opfern

zugutekommen solle, denn rund 80 Prozent der ehemaligen Sportler würden nach

Ines Geipel heute von Hartz IV leben.20

5. Bespitzlungen durch das MfS in der DDR

"Ohne ihre inoffiziellen Mitarbeiter (IM) wäre die Staatssicherheit nicht das geworden,

was sie war: ein fast überall anwesendes Monstrum. Die vielen kleinen und großen

Zuträger haben der Stasi den Mythos der Allgegenwärtigkeit und Unfehlbarkeit

verschafft und waren der wichtigste Pfeiler für das MfS."21

Ab 1992 war es allen DDR-Bürgern - und damit auch den Sportlern - möglich in ihre

Akten einzusehen, wovon viele Gebrauch machten. Später haben einige von ihnen

ihre eigenen Akten auch der Öffentlichkeit präsentiert, indem sie sie im Internet

veröffentlichten. Im Gegensatz dazu wollten jedoch viele ihre Akte nicht zeigen oder

sie sogar erst gar nicht selbst einsehen, da sie sich für ihre Vergangenheit schämten

oder aber die Befürchtung hatten, dass ihre hervorragenden sportlichen Leistungen

nicht mehr anerkannt werden könnten.

5.1 DDR-Sportler als Opfer und Täter

Nach der Wende wurde bekannt, dass im SC Neubrandenburg eine Vielzahl an

inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit tätig war. Ihre Zahl stieg bei einem der

kleinsten Sportclubs der DDR kontinuierlich an und bis zum Mauerfall sind insgesamt

53 Personen nachzuweisen, die eine Verpflichtungserklärung für das MfS

unterschrieben hatten. Unter ihnen waren Spitzenathleten, Trainer, Lehrer sowie

weitere Angestellte, wie Sekretärinnen und Hausmeister. Ihr Ziel war es, die Haltung

der Sportler gegenüber ihrem sozialistischen Staat und die Abgrenzung zum

kapitalistischen System zu überprüfen.

20 http://www.dw.de/geipel-ddr-dopingopfer-sterben-einfach/a-18045234, 26.10.2014. 21 Krone/Kukutz/Leide: Wenn wir unsere Akten lesen, 1992, S.17.

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So wie jede Bezirksverwaltung des MfS hatte auch der Bezirk Neubrandenburg ein

Referat XX, welches sich ausschließlich mit der Absicherung und Kontrolle des

Leistungssports auseinandersetzte. Im Internat der Kinder- und Jugendsportschule

Neubrandenburg wurde ein spezieller Dienstraum des MfS zu Zwecken der

Überwachung der jungen Sportler eingerichtet. Über jeden einzelnen von ihnen

wurde eine Akte geführt. Jedoch kann man zwei Gruppen unterscheiden. Zum einen

alle, die überwacht wurden, - also zu den Opfern zählten - und zum anderen,

diejenigen, die auch als Täter agierten, in dem sie ihre Kameraden ausspionierten

und entsprechende Berichte über deren Privatsphäre, ihre Tätigkeiten und ihr

Verhalten anfertigten. Das System der Bespitzlung war so gut ausgeprägt, dass es

keinem Sportler des SCN gelang, - auch nicht während der Wettkämpfe oder

Trainingslager - die DDR in Richtung Westdeutschland zu verlassen. Verdächtige

wurden entweder sofort aus dem Kader entfernt oder aber zur inoffiziellen Mitarbeit

gezwungen. Als Beispiel ist die zuvor schon genannte Brigitte Grießing zu nennen.

Da inoffizielle Mitarbeiter herausgefunden hatten, dass die Leichtathletin in stetigem

Briefkontakt mit einem ägyptischen Sportler stand, was allgemein verboten war, blieb

ihr keine andere Wahl als dem Drängen des MfS nachzugeben, wenn sie weiterhin

sportlich tätig sein wollte. Jedoch gab sie im Endeffekt keine schriftlichen Berichte

ab.

Die Mitarbeiter der Staatssicherheit suchten ihre Kontaktleute differenziert und nach

speziellen Kriterien aus. Nicht jeder Sportler kam für sie in Frage. Zum Beispiel

wussten sie, dass sie von Einzelgängern nicht viel über andere Sportler erfahren

würden. Weiterhin sollte ein gewisser Bildungsgrad zur Abfassung von Berichten

vorhanden sein und man überprüfte, ob man dem Druck der Geheimhaltung

standzuhalten vermag, was eine gewisse psychische Stärke und Loyalität

voraussetzte. Da es Ziel war, alle Leistungskader zu überprüfen, suchte man

inoffizielle Mitarbeiter in allen Sektionen. Die Treffen hatten geheim und unauffällig

stattzufinden. Oft wurden sie in konspirativen Wohnungen abgehalten, die von

anderen Bürgern, die auch als IM geführt wurden, für die Zeit der Treffen zur

Verfügung gestellt worden waren, oder sie fanden in PKWs statt. Auch "tote

Briefkästen" spielten in der Berichtserstattung eine Rolle. Sowohl Führungskräfte als

auch inoffizielle Mitarbeiter arbeiteten unter einem Decknamen, um ihre Anonymität

zu wahren. Über die Zusammenkünfte fertigten sie stets schriftliche Protokolle an,

die noch heute nachzulesen sind, falls nicht schon eine Vernichtung zur Wendezeit

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stattfand. Eine ausformulierte Verpflichtungserklärung hatten die IMs handschriftlich

abzugeben. Für ihre geheimen Tätigkeiten gab es von der Staatssicherheit

unterschiedliche Prämien, wie Sach- oder Geldgeschenke.

5.2 Der Fall Andreas Beckurts

Über die Mitarbeiterin des BStU-Archivs, Frau Christiane Schröder, erhielt ich aus

Neubrandenburg eine Akte der Staatssicherheit, die sich mit der Anwerbung von

Andreas Beckurts bis zum Zeitpunkt seiner Einstellung als operativer Mitarbeiter

befasst. Er besuchte die Kinder- und Jugendsportschule Neubrandenburg und war

seit 1970 Mitglied des SCN, Sektion Kanurennsport. Der geborene Prenzlauer

studierte an der DHfK-Außenstelle Neubrandenburg. 1976 gehörte er der B-

Nationalmannschaft der DDR an und zählte 1980 zum erweiterten

Olympiakaderkreis.

Die Akte ist unter der Archivnummer 12180/81 zu finden. Das Deckblatt der Akte ist

unvollständig ausgeführt, es enthält keine Angaben zur Registriernummer, zum

Beginn und zum Ende der Aufzeichnungen und keine Bandnummer. Vermerkt ist,

dass eine Anzahl von mehr als 300 Blatt Papier nicht zu überschreiten ist. Die

meisten Berichte mussten unterschrieben bzw. gegengezeichnet werden. Der

Großteil der Akte ist handgeschrieben.

Der Führungsoffizier von Andreas Beckurts war der Leutnant Scheunemann aus der

Abteilung XX/3. Dieser verfasste den ersten Bericht, auf Grundlage der Aussagen

des FIM22 "Hans Berger", das war der Deckname des Lehrers, der ihn von der 8.

bis zur 13. Klasse unterrichtete. Er berichtet über das Auftreten Beckurts in seinem

Klassenkollektiv, wobei er von seinen Mitschülern anerkannt und geachtet worden

sei. Er hätte gute bis sehr gute Leistungen und habe aktiv am gesellschaftlichen

Leben teilgenommen. Diskussionen führe er parteilich und die Erziehung durch seine

Eltern lasse auf seine positive Persönlichkeitsentwicklung schließen. Die einzige

22 Führungs-IM – Inoffizieller Mitarbeiter, der inoffizielle Mitarbeiter führte; seit 1968, zitiert nach: Abkürzungsverzeichnis. Häufig verwendete Abkürzungen und Begriffe des Ministeriums für Staatssicherheit, hg. von der BStU, 8. Aufl. 2007, S. 33.

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negative Bemerkung beruht darauf, dass Beckurts teilweise zu ruhig sei. Seine

sportliche Leistung wurde in diesem ersten Bericht nicht berücksichtigt.

In weiteren Berichten werden die Fakten des eben beschriebenen bestätigt und

weitergehend wiederholt. Es seien keine Kontakte von Beckurts Seite aus in die

BRD, Westberlin bzw. in andere kapitalistische Staaten nachzuweisen. Außerdem

pflege er auch keine Verbindungen zu negativ oder feindlich eingestellten

Jugendlichen, er sei als mustergültiger Bürger bekannt. Für 1976 wurde er durch das

MfS als Reisekader bestätigt, was mit einer engen Zusammenarbeit mit der Stasi

verbunden war.

Es fanden geheime Treffen statt um Beckurts als IM zu werben, meistens in einem

Pkw zur Zeit der Mittagspausen, aber auch in der Wohnung des Betroffenen. 1977

gab er seine schriftliche Verpflichtung ab, um unter dem Decknamen "Hans Fuchs"

tätig zu werden. „Ich, Andreas Beckurt, geboren am 26.03.1957 zur Zeit tätig im SCN

als Leistungssportler erkläre mich bereit, auf freiwillige Basis mit dem Ministerium für

Staatssicherheit zusammenzuarbeiten.“ Zunächst bespitzelte er aber nicht selbst-

ständig, sondern seit 1978 in Zusammenarbeit mit dem KJS-Lehrer Harry Müller,

Deckname "Hans Berger", einem Führungs-IM. Anfangs fiel es ihm schwer

schriftliche Berichte zu verfassen, was ihm aber schnell beigebracht wurde. Schon

einige Monate später war er selbstständig bei der operativen Personenkontrolle

eingesetzt worden. Seine Hauptaufgabe bezog sich auf die Bespitzlung des

Olympiakaders. Durch eine Handverletzung 1979 reichten seine sportlichen

Leistungen nicht mehr aus, sodass es für ihn keine sportlichen Perspektiven mehr

gab. Aus diesem Grund trainierte er ab und konnte in Ruhe sein Studium fortsetzen.

Nun hatte er genügend Zeit die Olympiakader Rüdiger Helm und Bernd Olbricht,

(Kajak-Weltspitzeathleten) aus-zuspionieren. Er berichtete, dass Helm

Westfernsehen empfangen müsse, da er Äußerungen über ungesetzliches Verlassen

der DDR von Personen mit einem Ballon machte, davon jedoch in den DDR-

Massenmedien nichts zu erfahren war. Des Weiteren versorge er seine

Verwandtschaft mit PKWs und hätte auch das Zentral-organ der SED "Neues

Deutschland" abbestellt.

Beckurts habe schon früh seinen Wunsch geäußert, zu einem späteren Zeitpunkt

Mitarbeiter des MfS zu werden. Er empfände diese Zusammenarbeit als eine

besondere Ehre und Verpflichtung und erklärte sich bereit Stillschweigen zu

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bewahren. Seine politische Einstellung zum sozialistischen System sieht man auch

darin, dass er 1975 Kandidat und ein Jahr später Mitglied der SED in der

Grundorganisation des SC Neubrandenburg wurde.

Beckurts wurde 1981 operativer Mitarbeiter der Neubrandenburger MfS- Bezirks-

verwaltung. Seine IM-Akte kam jetzt ins Sperrarchiv der Staatssicherheit. Dort

qualifizierte man ihn kontinuierlich, dazu gehörte eine Fallschirmspringer- und

Kampfsportausbildung. Seine Leistung wurde als herausragend eingeschätzt und er

wurde letztlich 1987 Chef des Referates Auswertung/Information in der Abteilung XX.

Bis zum Fall der Mauer war er dort tätig.23

Heute ist Beckurts Versicherungsmakler und möchte sich zu seiner Vergangenheit

nicht äußern. Auch auf meinen Brief bekam ich keine Antwort von ihm.

6. Schlussfolgerungen

Anhand meiner Arbeit ist zu erkennen, dass es stimmt, dass Leistungssportler kein

durchschnittliches Leben führten. Sie standen unter permanentem Erfolgsdruck, was

heutige Sportler nicht anders empfinden werden. Doch zu DDR-Zeiten gab es noch

weitere äußere Einflüsse, die das Leben eines jeden Athleten erschwerten.

Insbesondere die Bespitzelung durch das Ministerium der Staatssicherheit, denn

durch diese standen sie, sowie auch weitere Familienangehörige, Freunde und

Bekannte unter ständiger Kontrolle und Überwachung. Erst nach der Wendezeit, mit

Öffnung der Stasiakten wurde vielen bewusst, wie tiefgründig diese Bespitzelungen

eigentlich waren. Carola Drechsler äußerte in einem Interview ihren Verdacht, dass

während der Olympiade in Montreal pro Spitzensportler ein inoffizielles Mitglied des

MfS dabei war.24

Das Thema Doping ist bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt worden und einem

Teil der Bevölkerung ist dieser illegale Vorgang in der DDR- Sportgeschichte nicht

bewusst bzw. scheinen sie zu versuchen es zu verdrängen. Selbst im

Regionalmuseum in Neubrandenburg, wo es eine Ausstellung zum SCN gibt, gab es

23 http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/stasi_doping/Andreas-Beckurts-IM-Hans-Fuchs,scnbeckurts101.html, 10.12.2014. 24 http://www.mv-schlagzeilen.de/zwischen-muenchen-1972-und-peking-2008/, 19.12.2014.

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noch keine Notizen zum Thema Doping oder Staatssicherheit. Des Weiteren findet

man auch in der erst vor drei Jahren erschienenen Broschüre25 zum 50. Jahrestag

des SCN keine Aussagen zu diesen Themen. Insgesamt erscheint diese

Veröffentlichung zu unkritisch, da eigentlich nur die Erfolge des SCN beschrieben

werden und man die Opfer des DDR-Sports ausspart.

Um auf den Schwerpunkt „Anders sein. Außenseiter in der Geschichte“

zurückzukommen, bin ich der Meinung, dass auch Spitzensportler zu DDR-Zeiten

dieser Gruppe eindeutig zuzuordnen sind. Jedoch heben sie sich nicht nur durch

ihren speziellen Tagesablauf und den bestimmten Privilegien von der restlichen

Bevölke-rung ab, wie am Anfang vermutet, sondern auch im Stellenwert der

Gesellschaft. So hatten sie unter anderem auch den Neid von Mitbürgern zu

erfahren, was unter bestimmten Gesichtspunkten auch nachvollziehbar ist, da es

ihnen zum Beispiel vergönnt war, zu Wettkämpfen oder Trainingslagern ins

nichtsozialistische Ausland zu reisen. Doch auch andere Vergünstigungen hielt man

für unfair, da ihre sportlichen Aktivitäten oft nicht als gleichwertige Anstrengungen

anerkannt wurden. Nach meiner Beschäftigung mit den Akten der BStU bin ich auch

zu der Einsicht gelangt, dass es auch Außenseiter unter den Sportlern selbst gab.

Spätestens nachdem nach der Wende aufgedeckt wurde, wer inoffiziell für die

Staatssicherheit gearbeitet und somit vermutete Freunde bespitzelt und vielleicht

sogar verraten hat, dürften auch die ehemaligen „Freunde“ und Trainingspartner zu

Außenseitern geworden sein. Oft führte das zu Isolierungen und Kontaktabbrüchen.

Viele der ehemaligen DDR-Sportler haben Angst vor einer Aberkennung ihrer

sportlichen bzw. gesellschaftlichen Erfolge, wenn sie sich zu diesen Themen äußern

und eventuell rauskäme, dass sie gedopt waren oder sie für die Stasi tätig gewesen

sind.

Aus diesen Gründen haben wahrscheinlich auch die sechs dieser sieben Sportler,

denen ich schrieb, nicht geantwortet. Ich befragte noch einen weiteren ehemaligen

Schüler des SCN, der jedoch auch keine Aussagen machte bzw. geben konnte, denn

er teilte mir mit, dass er vermute mit seinen damals 13 Jahren noch zu jung für diese

Vorgänge gewesen zu sein oder aber davon nichts mitbekommen habe.

25 Dittmer, Klaus/ Wendelstorf, Rainer: SCN Sportclub Neubrandenburg e. V. 50 Jahre 1962-2012.

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Durch meine Recherchen kam ich zu interessanten Einsichten über den

Leistungssport in der DDR, insbesondere im SCN, die auch helfen, das politische

und gesellschaftliche System der DDR besser zu verstehen. Besonders die Arbeit mit

der Stasiakte, aber auch die Diskussion im Landtag Brandenburg zum Thema

Aufarbeitung des Dopingkonsums beeindruckten mich, da ich mich vorher nie so

intensiv mit diesen Themen auseinander gesetzt hatte. Enttäuscht war ich über die

fehlende Gesprächsbereitschaft der Sportler, da ich mir von diesen eindeutig mehr

erhofft hatte. Aber letztendlich ist ja auch ihr Schweigen in gewisser Weise eine

Antwort auf meine Fragen.

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7. Anhang

7.1 Beispielbrief an Spitzensportler - Brigitte Köhn

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7.2 Akte der Staatssicherheit - Andreas Beckurts

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8. Literatur- und Quellenverzeichnis

Brandenburger Almanach. Kreis Uckermark, Berlin 1994.

Der Brockhaus in einem Band. 12. Auflage, Leipzig 2006.

Dittmer, Klaus/ Wendelstorf, Rainer: SCN Sportclub Neubrandenburg e. V. 50 Jahre

1962-2012.

Erfolge des Trainings 1972-1981. Leichtathletik im Bezirk Neubrandenburg, o.J.

Geipel, Ines: Seelenriss. Depressionen und Leistungsdruck, Stuttgart, 2010.

Gill/Schröter 1991: David Gill/ Ulrich Schröter: Das Ministerium für Staatssicherheit.

Anatomie des Mielke-Imperiums. Rowohlt, 1. Auflage, Berlin 1991.

Judt, Matthias (Hrsg.): DDR-Geschichte in Dokumenten, Bonn 1998.

Krone, Tina/ Kukutz, Irena/ Leide, Henry: Wenn wir unsere Akten lesen. Handbuch,

Berlin 1992.

Latzel, Klaus: Staatsdoping. Köln 2009.

Malycha, Andreas/ Winters, Peter Jochen: Die SED Geschichte einer deutschen

Partei. München 2009.

MfS Archiv-Nr. 12180/81. Zentralarchiv Neubrandenburg.

NADA: Anti-Doping-Regelwerk der Nationalen Anti-Doping-Agentur. Bonn November

2004.

NADA: Beispielliste zulässiger Medikamente. Bonn 2005.

Pfeffer, Bruno: Zweiter über 75 km. Beinahe eine Sportreportage, in: Heimatkalender

der Stadt Prenzlau 1980.

Reimann, Olaf W.: Wer war wer in der DDR? Berlin 2000/2001.

Theil, Jürgen: Das geteilte Deutschland 1961-1990. Quellen zur Geschichte und

Politik. Tempora. Stuttgart 2007.

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Ders.: Das geteilte Deutschland 1949-1961. Quellen zur Geschichte und Politik.

Tempora. Stuttgart 2014.

Ders.: Prenzlauer Stadtgeschichte und Geschichte in Daten, Eberswalde 2005.

Internetquellen:

http://www.deutschlandfunk.de/doping-in-der-ddr-keine-einsicht-in-der-

kaderschmiede.1346.de.html?dram:article_id=302645

http://www.mv-schlagzeilen.de/zwischen-muenchen-1972-und-peking-2008/

http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/stasi_doping/Andreas-

Beckurts-IM-Hans-Fuchs,scnbeckurts101.html

http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/stasi_doping/Andreas-

Beckurts-IM-Hans-Fuchs,scnbeckurts101.html

http://www.no-doping.org/der-doh-vorstand/

http://www.no-doping.org/wp-content/uploads/2014/10/Rede-Andre-Keil.pdf

www.sport-ddr-roeder.de

http://www.welt.de/print-wams/article603378/Die-Stasi-Akten-der-Katarina-Witt.html

http://zentrum-deutsche-sportgeschichte.de/26-mai-2014-diskussionsrunde-zu-

doping-in-ost-und-west-die-lage-der-dopingopfer-heute-im-landtag-des-landes-

brandenburg-alter-markt-1-14467-potsdam/

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9. Tätigkeitsbericht

Seit August 2013 besuche ich den von Herrn Theil geleiteten Seminarkurs

Geschichte, wo wir uns mit dem Rahmenthema „Brüche und Kontinuitäten in der

Geschichte des 20. Jahrhunderts“ beschäftigen. Hier arbeiten wir zu verschiedenen

zeitgeschichtlichen Themen und lernen wichtige Arbeitsmethoden der historischen

Forschungsarbeit kennen. Mehrere Schüler von uns, darunter auch ich selbst,

wählten Themen zur DDR-Geschichte aus. Nachdem ich mich bereits viel mit meinen

Eltern und Freunden über mein Thema unterhalten hatte, begann ich im Januar 2014

meine Recherche im Stadtarchiv Prenzlau. Dies blieb jedoch leider weitgehend

erfolglos, da ich hier kaum Materialien zum Leistungssport in der DDR bzw. zu

erfolgreichen Sportlern aus Prenzlau fand. In den darauf folgenden Monaten

arbeitete ich an meinen ersten Gliederungsentwürfen und stellte weitere Recherchen

im Internet an. Des Weiteren fing ich an, mich in die Fachliteratur einzulesen. Lektüre

fand ich vor allem in der Prenzlauer Stadtbibliothek. Aufgrund einer Krankheit war ich

verhindert, mit meinem Lehrer und weiteren Schülern das BStU-Archiv in

Neubrandenburg aufzusuchen. Jedoch erhielt auch ich Aktenmaterial zu meinem

Thema durch die freundliche Unterstützung der dortigen Mitarbeiterin, Frau

Schröder. Am 26. Mai 2014 nahm ich an einer Veranstaltung im Landtag

Brandenburg in Potsdam zum Thema "Diskussionsrunde zu Doping in Ost und West:

Die Lage der Dopingopfer heute" teil. Dort erhielt ich viele neue Informationen von

ehemaligen Leistungssportlern, die mich sehr mitnahmen. Es ist etwas anderes für

mich Opfer dieser Zeit selbst sprechen zu hören, als nur in einem Buch über sie zu

lesen. Im weiteren Verlauf des Abends, war ich enttäuscht, dass es zu keiner

Einigung in Hinsicht auf die geforderte Opferhilfe kam. Anschließend schickte ich

mehreren ehemaligen Spitzensportlern der DDR Briefe mit meinem Fragekatalog

(siehe Anhang) und telefonierte mit einem ehemaligen Bekannten meiner Eltern, der

auch die Sportschule in Neubrandenburg besuchte. Ab September 2014 begann ich

nun mit dem intensiven Schreiben meiner Arbeit. Dazu wertete ich nun die mir von

der BStU Neubrandenburg zur Verfügung gestellten Stasi-Akten und meine Notizen,

die ich mir im Laufe meiner Arbeit in einer gesonderten Mappe zusammengestellt

hatte, aus. Als dann etwa zeitgleich das Thema des Geschichtswettbewerbs

bekanntgegeben wurde, war für einige von uns klar, dass ihr Thema hervorragend

passt. Wir diskutierten in der Gruppe, welche Themen sich eignen und welche wir

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ausschließen können. Nun beschäftigte ich mich mit den Ausschreibungsunterlagen.

Dazu hatte ich von Herrn Theil das Heft „spurensuchen“ bekommen und mich auch

Internet informiert. Ich überarbeitete meine Gliederung und ging nun

schwerpunktmäßig der Frage nach, inwieweit man Leistungssportler in der DDR als

privilegierte Randgruppe betrachten kann. Dabei kam ich zu sehr interessanten

Ergebnissen, die ich in meinen Schlussfolgerungen zusammengefasst habe.


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