AN-ERKENNEN UND ÜBERWINDEN:
THERAPIE DER DISSOZIATIVEN
STÖRUNGEN
URSULA GAST
4. GÖTTINGER SYMPOSIUM
TRAUMATHERAPIE
15.-16.5.2018
www.ursula-gast.de
Dissoziative StörungenGeschichtlicher Rückblick
Was sind Dissoziative Störungen?
Wie erkennen? Diagnosestellung
Behandlungsansätze
Phasen der Behandlung
Störungsspezifische Interventionen
Zusammenfassung
1
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Dissoziative Phänomene
Werden durch gesamte
Menschheitsgeschichte
hindurch beschrieben
fragmentierte Persönlichkeit
Trance und Besessenheit
primitiven Heilkünste der
Schamanen
Konzept der dämonischen
Besessenheit
Ellenberger HF (1996). Die
Entdeckung des Unbewußten.
Bern: Huber.
2
Dissoziative Störungen
Mit der Aufklärung erste
Falldarstellungen von
Multipler Persönlichkeit
Das Problem der
„gespaltenen“ oder
„multiplen Persönlichkeit“
war zwischen 1840 und
1880 eines der von
Psychiatern und
Philosophen am häufigsten
diskutierten Themen
Ellenberger HF (1996). Die
3
Pierre Janet (1859-1947)
Janet, P. (1889)
L'automatisme
Psychologique
Dissoziation der
Persönlichkeit
Dissoziation als eine
Struktur bzw.
Organisationsform der
Persö[email protected] 4
Sigmund Freud, 1912/1975, S.
32
Bewusstsein, von dem sein
Besitzer nichts weiß?
“Wenn Philosophen eine
Schwierigkeit darin finden, an die
Existenz eines unbewussten
Gedankens zu glauben, so
scheint mir die Existenz eines
unbewussten Bewusstseins noch
angreifbarer.”
Josef Breuer (1842 – 1925)
Breuer, J. (1895; 1970): Fräulein
Anna O. In : Freud, S.,
Breuer, J. (1970) Studien
über Hysterie. Fischer,
Frankfurt a.M. 20 - 40
Breuer, J. (1978). Die
Krankengeschichte Bertha
Papenheim. Hirschmüller, A.
(1978). Physiologie und
Psychoanalyse in Leben und
Werk von Josef Breuer.
Tübingen.
6
Die Multiple Persönlichkeit.....
….wurde früh als klinische Entitätanerkannt, Würdigung von 76 publizierten Fällen
Jedoch skeptische Grundhaltung:
Harriman PL. The experimental production of some phenomena related to multiple personality. J AbnormSoc Psychol 1942; 37: 244 – 55.
Taylor WS, Martin MF. Multiple personality. J AbnormSoc Psychol 1944; 39: 281 – 300
Sutcliffe JP, Jones J. Personal dentity, multiple personality, and hypnosis. Int J Clin Exp Hypn 1962; 10: 231 – 69.
„Sybil“ Shirley A. Mason
gilt als erste populäre Falldarstellung
der neueren Zeit, Therapeutin C.
Wilbur
Publikation wurde von medizinischen
Journalen abgelehnt
erfolgte in populärwissenschaftlicher
Romanform (Schreiber 1974/1977)
wurde zweimal (1976 und 2007) in
den USA für das Fernsehen verfilmt
8
„Sybil“ Shirley A. Mason
…… - möglicherweise gar nicht „multipel“ ?
SPIEGEL-Artikel „Floras Erzählungen“
(26.10.1998)
der Süddeutschen Zeitung „Multiple
Persönlichkeiten – Bin ich viele?“ (B.
Uhlmann 07.01.2012)
Posthum Dokumente, in denen „Sybil“ angibt,
alles nur vorgespielt zu haben
Hohe Ambivalenz auch bei validen Diagnosen!
Ich bin ein fake, ich spiele das nur, mein
Lügensystem verselbständigt sich u.s.w.
9
ICD-10 DSM-5
F44.0 Dissoziative Amnesie 300.12 Dissoziative Amnesie
F44.1 Dissoziative Fugue 300.13 Dissoziative Amnesie mit Dissoziativer
Fugue
F44.2 Dissoziativer Stupor
F44.3 Dissoziative Trance- u.
Bessesenheitszustände
F44.4 Dissoziative Bewegungsstörung 300.11 Konversionsstörung
F44.5 Dissoziative Krampanfälle
F44.6 Dissoziative Sensibilität- u. Empfindung
F44.7 Dissoziative Störungen, gemischt
F44.8 Sonstige dissoziative Störungen
F44.80 Ganser-Syndrom
F44.81 Multiple Persönlichkeit 300.14 Dissoziative Identitätsstörung
F44.89 Sonstige näher bezeichnete dissoziative
Störungen
300.15 Andere spezifische Dissoziative Störungen
F44.9 Nicht näher bezeichnete dissoziative
Störung
300.15 Andere unspezifische Dissoziative
Störungen
F48.1 Depersonalisationsstörung (gehört zu den
neurotischen Störungen)
300.60 Depersonalisations/Derealisationsstörung
Dissoziative Störungen:
ICD-10 und DSM-5 im Vergleich (Gast und Wabnitz 2014)
„Retractors“
Insgesamt kam es zu ca. 200
Gerichtsverfahren in den USA von
sogenannten Widerrufern (retractors) gegen
ihre ehemaligen Therapeuten (Brown,
Sheflin & Hammond 1998)
1995 Fernsehreportage »Der Riss im Kopf«
Protagonistin beschreibt sexuellen Missbrauch
und Symptome einer Dissoziativen
Identitätsstörung
2003 Widerruf in Reportage »Multiple
Persönlichkeiten – Wahn der Therapeuten?« (Kuballa 2003)
11
Fallbeispiel: Taras Welten
40 J., Juristin, verheiratet, Tochter 3 J.
Depression, Deperson-/Derealisation
Intrusionen: bedrängende Gedanken –
Gefühle – Impulse – Handlungen – mit
Amnesien
„gehören nicht zu mir- kann ich nicht steuern - wie eine
andere Person – will so nicht sein erinnere mich nicht
mehr“
Im Streit provokantes, unangemessen aggressives
Verhalten
droht sozial schädigende sexuelle Kontakte einzugehen
ab 3. Lj. schwere innerfamiliäre sexuelle
Dissoziative Störung (nach DSM-
5)
Unterbrechung und /oder fehlendeKontinuität in der normalenIntegrationsfähigkeit von Bewusstsein, Gedächtnis, Identität, Emotionen, Wahrnehmung, Körpervorstellung, motorischer Kontrolle und Verhalten
Symptome können potentiell alle Bereichepsychologischen Funktionierens betreffen
(APA 2013, S. 291)
13
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Phänomenologische
Manifestation
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14
Negative Symptome: funktionelle Verluste wie Amnesie oder Lähmungen - oder
Positive Symptome: Intrusionen, Flashbacks, Stimmen hören
Psychoforme Symptome: Amnesie oder Stimmen hören - oder
Somatoforme Symptome: Anästhesie, Tics, Anfälle
DSM-5; Nijenhuis & van der Hart 2011
Dissoziative Störung (nach DSM-5)
Sie werden in der Regel als Folge von Traumatisierungen gefunden, und vieleSymptome, einschließlich der mit ihneneinhergehenden Scham, Verwirrung und der Neigung die Symptome zu verbergen, sind durch die Assoziation zu den Traumatisierungen beinflusst (APA 2013 S. 291)
Präsentation der Symptome entspricht derTrauma-Dynamik (Herman 1992)
15
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ICD 10 (WHO 1991)
Multiple Persönlichkeit:
„Diese Störung ist selten, und es wird
kontrovers diskutiert, in welchem Ausmaß
sie iatrogen oder kultur-spezifisch ist“
(Dilling, Mombour & Schmidt, 1993, S. 182).
Ursula Gast
16
Diagnose- Kriterien DIS (DSM-5)
A: Zwei oder mehr unterscheidbare
Persönlichkeitszustände - von Anderen
beobachtet oder von der Person selbst
berichtet
B: Lücken bei der Erinnerung alltäglicher
Ereignisse, wichtiger persönlicher
Informationen und/oder traumatischer
Ereignisse, die nicht als gewöhnliche
Vergesslichkeit zu werten sind
C: Klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen
17
Diagnose- Kriterien DIS (DSM-5)
Persönlichkeitszustände (bzw.
abgespaltene Anteile der
Gesamtpersönlichkeit)
können sich in Alter, Geschlecht, Sprache,
speziellen Fähigkeiten, Wissen oder im
vorherrschenden Affekt unterscheiden
Werden als nicht zur eigenen
Persönlichkeit gehörend wahrgenommen
übernehmen auf innere oder äußere
Auslösereize hin die Kontrolle über das
Erleben und Verhalten der Person.
18
Prävalenz Dissoziativer (Identitäts-) Störungen:
Allgemeinpsychiatrie: 5 – 15 % (1 – 6 %)(siehe Gast & Rodewald 2011; Wabnitz 2010, Gast und Wabnitz 2014)
21
Autor Land Instrument(e) N DD4 (%) DIS5 (%)Draijer & Langeland (1999) Niederlande DES1, SCID-D2 160 5
Friedl & Draijer (2000) Niederlande DES1, SCID-D2 122 8,2 1,6
Gast et al. (2001) Deutschland FDS, SCID-D-R4 115 4,3 0,9
Horen et al. (1995) Canada DES1, DDIS3 48 17 6
Latz et al. (1995) USA (nur Frauen) DES1, DDIS3 175 12
Modestin et al. (1996) Schweiz DES1, DDIS3 207 5 0,4
Rifkin et al. (1998) USA DES1, SCID-D2 100 1
Ross et al. (1991) Canada DES1, DDIS3 299 3,3
Saxe et al. (1993) USA (nur Frauen) DES1, DDIS3 110 15 4
Tutkun et al. (1998) Türkei DES1,DDIS3,
klinisch
166 10,2 5,4
Ross et al. (2002) USA SCID-D2, DDIS3,
klinisch
201 26,9 –
44,5
7,5 - 9,6
Lussier et al. (1997) USA Mini SCID-D 70 9 7
Foote et al. (2006) USA DDIS3 82 29 6
1DES= Dissociative Experience Scale, 2SCID-D= Structural clinical interview for DSM-IV-Dissociative Disorders, 3DDIS=
Dissociative Disorder Interview Schedule, 4DD= Dissociative Disorders, 5DIS= Dissociative Identity Disorder. 6Mini SCID-D
Ätiogenese
Bindungs- und Traumafolge-
Erkrankung
Bei komplexen Dissoziativen
Störungen (DIS und Subform) hohe
Angabe zu Traumatisierungen in der
Kindheit, insbesondere auch sexuelle
Gewalt ISSTD 2011; siehe Gast &Wirtz 2016
Dalenberg et al. 2012. Evaluation of the Evidence for the
Trauma and Fantasy Models of Dissociation. Psychological
Bulletin, 138, 3, 550–588.
Brand et al. 2016. Separating Fact from Fiction: An Empirical
Examination of Six Myths About Dissociative Identity Disorder.
22
Rutkofsky et al (2017)
Rutkofsky IH,
Khan AS, Sahito
S, Aqeel N,
Tohid H (2017)
The
Neuropsychiatry
of Dissociative
Identity Disorder:
Why Split
Personality
Patients Switch
Personalities
Intermittently?. J
Cell Sci Ther 8:
267.
Rutkofsky IH, Khan AS, Sahito
S, Aqeel N, Tohid H (2017) The
Neuropsychiatry of Dissociative
Identity Disorder: Why Split
Personality Patients Switch
Personalities Intermittently?. J
Cell Sci Ther 8: 267.
doi:10.4172/2157-7013.
1000267
23
Rutkofsky IH,
Khan AS, Sahito
S, Aqeel N,
Tohid H (2017)
The
Neuropsychiatry
of Dissociative
Identity Disorder:
Why Split
Personality
Patients Switch
Personalities
Intermittently?. J
Cell Sci Ther 8:
267.
24
Dissoziative Symptome
Meist diskretes Auftreten
Polysymptomatisch, komorbide
überlagert
Werden nicht spontan berichtet International Society for the Study of Trauma and Dissociation
Chu et al. (2011) Deutsche Bearbeitung Gast &Wirtz (2014)
müssen mit entsprechenden
(Screening)-Fragen aktiv ermittelt
werden
nach Amnesien und Intrusionen
fragen
27
Symptome gezielt erfragen, weil...
sich Patienten ihrer dissoziativen
Symptome nicht in vollem Umfang
bewusst sind
Dissoziation als chronischer
Normalzustand wahrgenommen wird
Symptome gezielt versteckt oder
bagatellisiert werden, auch
Aus Sorge, als „verrückt“ und
schizophren diagnostiziert zu werden
(Steinberg 1994; Putnam 2003, Dammann und
Overkamp 2004 )
28
Dissoziative Symptome
werden in der Regel dann mitgeteilt, wenn
eine vertrauensvolle Beziehung besteht
Hohe Schamschwelle, Symptome sind
peinlich
Häufig Vorgeschichte mit traumatischen
Beziehungserfahrungen
Entsprechend große Probleme, sich
überhaupt einem anderen Menschen in einer
Therapie anzuvertrauen
(Steinberg 1994; Putnam 2003, Dammann und
Overkamp 2004 )
29
Dissoziative Störungen…
Sind häufig -
Werden häufig übersehen
sollten stärker in den
diagnostischen Fokus genommen
werden
da gute
Behandlungsmöglichkeiten
Professionelle Akzeptanz ist
Vorraussetzung dafür, dass
Patienten davon profiteren
30
ISSTD-Expertenempfehlung
International Society for the Study of
Trauma and Dissociation (2011) Guidelines
for Treating Dissociative Identity Disorder
in Adults, Third Revision. Journal of
Trauma & Dissociation, 12:2, 115-187. [Chu, J. A., Dell, P. F., Van der Hart, O., Cardeña, E., Barach, P. M.,
Somer, E., Loewenstein, R. J., Brand, B., Golston, J. C., Courtois,
C. A., Bowman, E. S., Classen, C., Dorahy, M., Şar, V., Gelinas, D.
J., Fine, C. G., Paulsen, S., Kluft, R. P., Dalenberg, C. J., Jacobson-
Levy, M., Nijenhuis, E. R. S., Boon, S., Chefetz, R. A., Middleton,
W., Ross, C. A., Howell, E., Goodwin, G., Coons, P. M., Frankel, A.
S., Steele, K., Gold, S. N., Gast, U., Young, L. M. & Twombly, J.]
31
Evidenz:
Brand, B. L., Classen, C. C., Lanius, R.,
Loewenstein, R. J., McNary, S. W., Pain, C., &
Putnam, F. W. (2009). A naturalistic study of
dissociative identity disorder and dissociative
disorder not otherwise specified patients treated
by community clinicians. Psychological Trauma:
Theory, Research, Practice, & Policy, 1(2), 153–
171.
Brand, B. L., Classen, C. C., Zaveri, & McNary, S.
(2009). A review of dissociative disorders
treatment studies. Journal of Nervous and Mental
Disease, 197, 646–654.
32
Therapie Dissoziativer Störungen
Herangehensweise abhängig von
Art und Schwere der Dissoziation
Vorhandensein möglicher
komorbider Störungen
vorherrschendem
Funktionsniveau
Einbettung in
Gesamtbehandlungsplan
36
Art und Schwere der Dissoziation
Bei primärer struktureller Dissoziation:
Arbeit an den Auslösern
Affekt-Management
Konfliktlösung
37
Dissoziation
Kann sich zu gewohnheitsmäßigenMechanismus in Stresssituationen„einschleifen“.
Aus ehemaligen Schutzmechanismus wirdVermeidungsmechanismus
wird hinderlich, um eine Situation angemessen zu bewältigen
verhindert (z.B. in Form von Amnesie, Depersonalisation und Derealisation) Integration neuer emotionaler Erfahrungen
schmälert therapeutische Wirkung
38
Übungen zur Selbstbeobachtung
Was ist gerade passiert, bevor die Dissoziation begann? In welcher Situation war ichgerade?Was habe ich gerade gefühlt, körperlich und emotional?Was ist das letzte, an das ich micherinnern kann? (wichtige Frage beidissoziativen Amnesien)(Linehan 1996, Haddock 2001)
39
Übungen zur Selbstbeobachtung
Woran habe ich die Dissoziationbemerkt?Was habe ich versucht zuvermeiden (Auseinandersetzungim Gespräch, sich zur Wehrsetzen, sich abgrenzen, oder: Nähe zuzulassen).
Was hätte ich stattdessen tunkönnen? (Linehan 1996, Haddock 2001)
40
Art und Schwere der Dissoziation
Bei primärer struktureller Dissoziation:
Arbeit an den Auslösern
Affekt-Management
Konfliktlösung
Bei sekundärer und tertiärer
Dissoziation:
aktives Einbeziehung der abgespaltenen
Persönlichkeits-Anteile
Berücksichtigung eines “Systems”
41
Rebecca (Host)Mucki
Stimme „Ira“
“Groß-Kleine”
Patricia
Manuela
Manon
Moni I und II
Tertiäre Strukturelle Dissoziation der Persönlichkeit
Stumme
?
Viola (ANP1)
42
Patricia ANP2
Viola (ANP1)Mucki EP
Stimme „Ira“
Groß-Kleine EP
Manuela ANP
Manon
Moni I und II
Tertiäre Strukturelle Dissoziation der Persönlichkeit
Stumme EP
?
Ursula Gast 43
Behandlung in sequentiellen Phasen
Rangfolge der therapeutischen
Maßnahmen:
Sicherheit, Selbstkontrolle
Selbstfürsorge, Gefühle regulieren
Mentalisierung
Schonende Trauma-Bearbeitung
Schädliche Beziehungsmuster
korrigieren - konfliktzentrierte
Psychotherapie
1. Stabilisierung
2. Traumakonfrontation
3. Wideranknüpfen
44
Behandlung in sequentiellen Phasen
Rangfolge der therapeutischen Maßnahmen:
Wöller (2006): Trauma und
Persönlichkeitsstörungen. Stuttgart, New York:
Schattauer 2006,
Wöller et al. (2012): Psychodynamic
psychotherapy for posttraumatic stress disorder
related to childhood abuse—Principles for a
treatment manual. Bulletin of the Menninger
Clinic, 76[1], 69–93
(Siehe auch Nijenhuis et al. 2011 Huber 2010
Van der Hart et al. 2006/2008; Cloitre 2015)
45
Eingebettet in dieses basale
Phasenmodell, werden zusätzlich
Interventionen integriert, die darauf
abzielen, dissoziierte Persönlichkeits-
anteile wahrzunehmen, die damit
verbundenen Affekte und Ängste
auszuhalten und die Integration zu einem
einheitlichen Selbstempfinden zu
ermöglichen.
46
Arbeiten mit Anteilen der Persönlichkeit
Abgespaltene Anteile der
Persönlichkeit aktiv ansprechen
In die Therapie „einladen“
„Alle“ sind willkommen und wichtig
Nur durch die Mitarbeit „Aller“ ist die
Therapie sinnvoll und aussichtsreich
„Innere Landkarte“ erstellen (z.B. Kluft in Reddemann, Hofmann und Gast 2011)
Ursula Gast
47
Behandlungsziele und -ergebnisse
Integriertes Funktionieren
Der Kern des therapeutischen Prozesses
ist es, den Persönlichkeitsanteilen zu
helfen, sich gegenseitig als berechtigte
Teile des Selbst wahrzunehmen und ihre
Konflikte zu diskutieren und zu lösen.
Alle Persönlichkeitsanteile stehen für
Versuche mit früheren Problemen
umzugehen und diese zu lösen (ISSTD-
Guidelines 2011) [email protected]
48
Strategien, um interne
Kommunikation zu verbessern
Patient(in) wird ermutigt, die Diskussion
zwischen Persönlichkeitsanteilen zu fördern.
Therapeut(in) betont die die Bedeutung aller
Persönlichkeitsanteile und unterstützt
Patient(in) dabei, dies ebenfalls
anzuerkennen
Es werden Vereinbarungen aller
Persönlichkeitsanteile getroffen hinsichtlich
der inneren Sicherheit im Umgang mit
selbstverletzendem und/oder suizidalem
Verhalten (Kluft 1993b, Boon et al. 2011)
49
Regeln benennen
Es können z. B. nicht alle gleichzeitig zu
Wort kommen.
Sicherheit und Funktionalität der Patientin
Vorrang vor weiterer Exploration oder
Aufdeckung und Mitteilung von
traumatischen Erfahrungen.
Ein inneres Aushandeln dieser Wertigkeit
ist wichtig und das Bild einer inneren
Konferenz hilfreich; siehe Boon et al 2013)
50
Regeln benennen
Wichtig ist die Botschaft, dass alle
Persönlichkeitsanteile willkommen
sind und dass die Therapie nur
gelingen kann, wenn sich alle daran
beteiligen.
häufig hohe Abwehr bei „Täter-
imitierenden Persönlichkeiten“ oder
auch bei „Kontrollpersönlichkeiten“,
sich in der Therapie erkennen zu
geben.
51
Regeln benennen
Wenn es Anteile nicht möglich ist, sich
direkt in der Therapie mitzuteilen, können
diese ermutigt werden, es indirekt zu tun,
z. B. über den Anteil, der gerade vorne ist.
Diejenigen, die es nicht schaffen, sich in
der Stunde zu melden, können ermutigt
werden, im Tagebuch etwas
niederzuschreiben und es über die aktiven
Persönlichkeitsanteile in die nächste
Stunde mitzubringen.
52
Durch das Einbeziehen des
„Persönlichkeits-Systems“
zum Teil sehr rasche und verblüffende
Entlastungen der Symptome
Gleichzeitig durch Bewusstmachung des
Innensystems – verbunden mit dem
Gewahrwerden schwerer Traumatisierungen
im Kindesalter – in der Regel tiefe
Erschütterung
Erkenntnis, dass der Patientin eine
mehrjährige harte therapeutische Arbeit
bevorsteht, muss verarbeitet und in
Lebensplanung berücksichtigt werden.
53
Traumabearbeitung
Bei sehr komplexen Traumatisierungen,
wie bei der DIS kann die
Traumabearbeitung nur in kleinen Schritten
erfolgen und muss sehr gut vorbereitet
sein.
Fraktionierter Traumabearbeitung (Kluft 2011)
Traumasynthese (Steele, Boon, Van der Hart
2018)
Auch hier weiterhin Einbeziehung des
Persönlichkeitssystems
54
Ziele und Themen der
nachintegrativen Phase
Trauerarbeit um die zerstörte Kindheit
„Gewöhnen“ an völlig verändertes
Selbst- und Lebensgefühl im inneren
Erleben und sozialen Verhalten
neue Bewältigungsstrategien aufbauen
„Rest-Probleme“ der einzelnen Anteile
(z. B. Ess- oder Schlafstörungen, eine
Borderline-Persönlichkeitsstruktur etc.)
55
Zusammenfassung I
Dissoziative (Identitäts-)störungen sind
relativ häufig (5% -10 % in psychiatrischen
Poplationen) Gast et al. (2001), Johnson et al. (2006)
Bindungs- und TraumafolgeerkrankungAPA (2013), Gleaves DH (1996), Reinders, Nijenhuis et al. (2003)
In der Regel diskret vor polysymptomatischer
komorbider Matrix (ISSTD 2011)
Profitieren vom Phasenmodell und
störungsspezifischen Interventionen
(Ellason & Ross, 1997; Brand 2011, ISSTD 2011)
56
Ursula Gast
57
Zusammenfassung II
Bei primärer struktureller Dissoziation:
Arbeit an den Auslösern
Affekt-Management
Konfliktlösung (Haddock 2001, Linehan 1996)
Bei sekundärer und tertiärer Dissoziation:
aktives Einbeziehung der abgespaltenen
Persönlichkeits-Anteile,
Berücksichtigung des Systems (ISSTD 2011)