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ABB technik ABB Konzerns · 2018. 5. 10. · ABB Technik zeigt das Yas-Hotel in Abu Dhabi. Während...

Date post: 03-Oct-2020
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Die technische Zeitschrift des ABB Konzerns technik ABB Ein Jahr der Innovationen 6 Energy Harvesting 47 Funkenfreie Motoren 52 Datenaustausch in Schaltanlagen 73 Innovation 1 | 11
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Die technischeZeitschrift desABB Konzernstechnik

ABB

Ein Jahr der Innovationen 6 Energy Harvesting 47Funkenfreie Motoren 52 Datenaustausch in Schaltanlagen 73

Innovation

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Das Titelbild dieser Ausgabe der ABB Technik zeigt das Yas-Hotel in Abu Dhabi. Während sich Besucher dem faszinierenden Design des Gebäudes kaum entziehen können, bleibt eine andere Innovation, die ebenfalls zum Komfort des Hotels beiträgt, nahezu verborgen: Die i-bus® KNX-Gebäudesystem-technik von ABB.

Die Produkte und Dienstleistungen von morgen basieren auf dem Zusam-menspiel zahlreicher Innovationen aus verschiedenen Bereichen der Forschung und Entwicklung. Diese Ausgabe der ABB Technik stellt einige der jüngsten Errungenschaften des Unternehmens vor.

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Innovations-HighlightsDie elf besten Innovationen für 2011Innovation durch KooperationWie die Forschungs- und Entwicklungsarbeit von ABB durch Kooperationen unterstützt wird

Die intelligente eVolutionDer eVD4 sorgt für mehr Einfachheit und Zuverlässigkeit in Mittelspannungs-VerteilnetzenErdbebensichere SchalterZertifizierte Schaltanlagen für Kernkraftwerke

Der Antrieb macht‘sFortschrittliche Zahnkranz-Mühlenantriebe von ABB (Teil 1)Steckdosen für SchiffeLand- und schiffsseitige Technologien für die Landstrom-versorgung von Schiffen und deren StandardisierungDer Fünf-Stufen-UmrichterDie ANPC-5L-Technologie und der Frequenzumrichter ACS 2000

ErntezeitEnergy Harvesting ermöglicht die Entwicklung vollstän-dig autonomer Geräte für industrielle ProzesseMit Sicherheit funkenfreiSynchron- und Asynchronmotoren und -generatoren für einen garantiert funkenfreien BetriebMotoren mit ZukunftFrequenzumrichtergespeiste Synchronmotoren sorgen für höhere Effizienz und Kompaktheit in industriellen Anwendungen

Die andere alternative EnergiequelleEnergieeffizienz als entscheidender Bestandteil einer nachhaltigen Energiepolitik für KraftwerkeKeine Angst vor BlitzenSchutz von Verteiltransformatoren gegen schnelle SpannungstransientenWerte gemeinsam nutzenABB implementiert den ersten kommerziellen Prozess-bus gemäß IEC 61850-9-2 LE

Die Ergebnisse liegen vorABB Technik Leserumfrage

Produktivität

Energie

Leserumfrage

Antriebe & Stromrichter

Schaltanlagen

Innovationen

Inhalt 3

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Peter Terwiesch Chief Technology Officer ABB Ltd.

In Prozessanlagen kommen Zigtausende von Sensoren und Aktuatoren zum Einsatz. Viele davon benötigen zwar nur geringe Energie-mengen, um zu funktionieren, doch eine kontinuierliche Versorgung sicherzustellen, kann eine große Herausforderung darstellen. Eine Alternative zu Kabeln und Batterien ist die Gewinnung von Energie aus der unmittel-baren Umgebung z. B. mithilfe thermoelek-trischer Effekte oder Vibrationen. Dieses sogenannte Energy Harvesting wird ebenfalls in einem Artikel beleuchtet.

Im Bereich der elektrischen Energieübertra-gung und -verteilung spielt ABB nach wie vor eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der Norm IEC 61850 zur Schaltanlagenautomati-sierung. Hier ist ABB zurzeit dabei, im Rahmen der Modernisierung einiger Schaltanlagen in Australien mit der ersten kommerziellen Implementierung der IEC 61850-9-2 LE einen bedeutenden Meilenstein zu setzen. Dieser Teil der Norm stellt einen wichtigen Schritt in der digitalen Schaltanlagenkommunikation dar. Weitere Artikel befassen sich mit verschiede-nen Arten von Schaltanlagen und dem Schutz von Transformatoren gegen Blitzschläge.

Ich hoffe, diese Ausgabe der ABB Technik vermittelt einen Eindruck vom Potenzial der vorgestellten Innovationen und inspiriert Sie dazu, nutzbringende Einsatzmöglichkeiten für sie zu finden.

Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen

Peter TerwieschChief Technology OfficerABB Ltd.

Liebe Leserin, lieber Leser,Technologie ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Gesellschaft. Wie abhängig wir von einzelnen Technologien sind, zeigt sich bereits bei einem Blick auf unsere Fertigungs-prozesse oder unsere Stromversorgung. Inwieweit sich die Welt von morgen von unserer heutigen Welt unterscheiden wird, hängt zu einem großen Teil vom technischen Fortschritt und den bahnbrechenden Entwick-lungen ab, die bis dahin erzielt werden. Wir bei ABB sind stolz darauf, mit unseren Forschungs- und Entwicklungslaboren eine zentrale, wenn nicht gar führende Rolle bei der Entwicklung einiger maßgeblicher Technologien zu spielen.

In dieser Ausgabe der ABB Technik stellen wir elf ausgewählte Innovationen aus unseren Laboren rund um die Welt in kurzen Artikeln vor. Einige davon werden in diesem Heft oder in einer der vergangenen bzw. zukünftigen Ausgaben näher behandelt.

Ein Bereich, der in den letzten Jahrzehnten zu bedeutenden Veränderungen geführt hat, ist die Leistungselektronik. Kompakte und zuverlässige Halbleiterelemente ermöglichen die Umwandlung von elektrischer Energie mit einer beispiellosen Flexibilität, Effizienz und Regelbarkeit. Insgesamt drei Artikel in diesem Heft sind dem Thema Antriebe und Stromrich-ter gewidmet. Einer davon befasst sich mit dem ACS 2000, dem ersten transformatorlosen Mittelspannungsantriebssystem von ABB.

Elektromotoren spielen in nahezu allen Fertigungsprozessen eine wichtige Rolle und werden an zahlreiche Anwendungen ange-passt. Wir befassen uns unter anderem mit funkenfreien Motoren von ABB und ihrer besonderen Bedeutung für den Explosions-schutz sowie mit den verlustarmen synchro-nen Reluktanzmotoren von ABB.

Ein weiterer Artikel stellt die These auf, dass die Steigerung der Energieeffizienz im Bereich der Stromerzeugung mit einer „alternativenEnergiequelle“ vergleichbar ist, und zeigt, wie dies mithilfe von ABB-Produkten erreicht werden kann.

Editorial

Innovationen

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Innovations-HighlightsABB ist bestrebt, ihr Produktangebot kontinuierlich zu verstärken und zu erweitern. In den Forschungs- und Entwicklungslabors rund um die Welt wird emsig an der Entwicklung neuer Technologien, Produkte und Lösungen gearbeitet, die unseren Kunden dabei helfen, ihre Produktivität, Effizienz und Flexibilität zu verbes-sern. Dabei werden jedes Jahr zahlreiche Erfolge

erzielt, und davon die bedeutendsten auszuwählen, ist keine leichte Aufgabe. Auf den folgenden Seiten präsentieren wir einen Querschnitt der jüngsten Entwicklungen. Viele davon und andere technologische Errungenschaften werden in dieser und in kommenden Ausgaben der ABB Technik ausführlicher vorgestellt.

ABB hat die Familie der Mittelklasse-Industrieroboter IRB 2600 um ein neues Modell erweitert: den IRB 2600ID. ID steht für „Integrated Dressing“ und bedeutet, dass alle Leitungen und Kabel im Inneren des Oberarms und Handgelenks geführt werden.

Beim Integrated Dressing geht es um mehr als nur gutes Aussehen. Da keine frei schwingenden Kabel mehr berück-sichtigt werden müssen, ist die Bewe-gung des Roboters genau vorhersehbar. Dadurch wird die Programmierung erleichtert, und schnellere Bewegungen werden ermöglicht. Mit seinem schlan-ken Arm und Handgelenk kann der Roboter in enge Öffnungen gelangen und anspruchsvolle Schweißaufgaben wie Rundschweißungen ohne Beein-trächtigung der Qualität oder Geschwin-digkeit ausführen.

Die innenliegende Führung der Schläu-che und Kabel sorgt für einen besseren Schutz vor Schweißspritzern, was die Lebensdauer erheblich verlängert. Die Anschaffungs- und Wartungskosten reduzieren sich um bis zu 75 %, und bis zu drei Produktionsstopps für Wartungs-zwecke können im Jahr eingespart werden. Komplettes, speziell auf den IRB 2600ID zugeschnittenes Schweiß-zubehör ist von mehreren führenden Prozessausrüstungsanbietern wie Fronis, Esab, Binzel und SKS erhältlich.

Mit einem Störradius von nur 337 mm und einer Standfläche von 676 x 511 mm benötigt der IRB 2600ID sehr wenig Platz. Bei Lichtbogenschweißanwen-dungen sind durch die geringere Gefahr der gegenseitigen Behinderung Installa-tionen mit 50 % mehr Robotern und einer bis zu 50 % höheren Produktions-leistung in einer Zelle möglich.

Weitere Informationen über die Roboterlösungen von ABB erhalten Sie unter www.abb.com/robotics.

Ein schlanker Schweißer

Die elf besten Innovationen für 2011

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(z. B. Schutz- und Steuergeräten) eines Stationsautomatisierungssystems dar, über das analoge Daten (z. B. Strom- und Spannungswerte), binäre Daten (z. B. die Stellung von Schaltgeräten) sowie Auslöse- und Schließbefehle (zum Betrieb der Leistungs- und Trennschalter) übertragen werden können. Vor Einführung der neuen Norm war für diese Art der Kommuni-kation eine aufwändige Verdrahtung mit Kupferkabeln erforderlich.

Die IEC 61850-9-2 LE bietet eine Vielzahl von Vorteilen. Durch den optischen Bus werden zum einen die mit hohen Spannungen verbundenen Risiken reduziert. Zum anderen wird die Wartung vereinfacht, da die elektronischen Komponenten aus-getauscht werden können, ohne dass das gesamte System abgeschaltet werden muss. Darüber hinaus wird die

Die IEC 61850 ist eine Norm für die Kommunikation zwischen Geräten und den Austausch von Daten in der Stationsautomatisierung. Die Teil-norm IEC 61850-9-2 LE beschreibt die gemeinsame Nutzung von analogen Werten über den Prozess-bus. Zurzeit ist ABB dabei, die weltweit erste Implementierung eines Prozessbusses gemäß dieser Norm zu realisieren.

Ein Prozessbus stellt das Kommunika-tionsnetz zwischen der Primärtechnik (z. B. Leistungsschaltern und Mess-wandlern) und der Sekundärtechnik

Einführung der IEC 61850-9-2 LE von der Einführung einer Reihe leistungs- starker Prüf- und Diagnosewerkzeuge begleitet.

Mehr hierüber erfahren Sie im Artikel „Werte gemeinsam nutzen“ auf Seite 73 dieses Hefts.

ABB hat die Technologien ihrer kompakten und robusten Vakuum-schaltkammer und dem schnellsten Schaltgerät der Welt, dem IS-Begren-zer, auf innovative Weise zu einem ultraschnellen Störlichtbogen-Schutz-system für neue (störlichtbogenquali-fizierte) und ältere Mittelspannungs-Schaltanlagen kombiniert.

Das System arbeitet nach dem Prinzip der dreiphasigen Kurzschlusserdung. Durch die so erzeugte niederohmige Impedanz kommutiert der Fehlerstrom eines Störlichtbogens sofort auf den innovativen Erdungsschalter, wodurch die unkontrollierte Freisetzung von Energie effektiv verhindert wird.

Der neue ultraschnelle Erdungsschal-ter (UFES) besteht aus drei Primär-schaltelementen (mit jeweils einer in Epoxidharz eingebetteten Doppel-Vakuumschaltkammer) und einer

elektronischen Erfassungs- und Aus- löseeinheit zur schnellen und zuverläs-sigen Erfassung des Fehlerstroms und der Lichtintensität im Schottraum. Mit einer extrem kurzen Schaltzeit von weniger als 1,5 ms sorgt das System für ein nahezu sofortiges Verlöschen von Störlichtbogen.

Aus technischer Sicht bedeutet dies eine deutliche Verbesserung der Systemverfügbarkeit und Personen-sicherheit für Bemessungsspannun-gen bis 40,5 kV und Bemessungs-Kurzzeitströme (1 s) bis 63 kA und

Schneller Störlichtbogenschutz

Erste kommerzielle Implementierung der IEC 61850-9-2 LE

Vakuum- schaltkammer

Antrieb

Epoxidharz-Isolation

Festkontakt

Keramikisolator

Membran

Beweglicher Kontakt

Sollbruchstelle

Kolben

Zylinder

Bewegliches Kontaktsystem

Mikro-Gasgenerator (SMGG)

aus ökonomischer Sicht eine dras- tische Reduzierung der störungsbe-dingten Ausfallzeiten und Reparatur-kosten.

Mehr über den ultraschnellen Erdungsschalter von ABB erfahren Sie im Artikel „S3 –Speed, Safety & Savings“ auf den Seiten 84–87 der ABB Technik 2/2010.

7Innovations-Highlights

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Mit den gasisolierten Schaltanlagen (GIS) vom Typ ENK für 72,5 kV präsentiert ABB eine neue Reihe von Schaltanlagen mit einer um 25 % kleineren Stellfläche im Vergleich zu anderen Produkten ähnlicher Leistung und einer um 50 % redu-zierten Menge an SF6-Gas.

Die Schaltanlagen der ENK-Serie zeichnen sich durch ihre fortschrittliche Steck- und Schalttechnologie sowie eine intelligente Sekundärtechnologie zur Erfüllung zukünftiger Anforderun-gen von intelligenten Netzen aus. Weitere neue Merkmale sind eine größere Benutzerfreundlichkeit durch die vom Bediengang aus zugänglichen Antriebe und die außerhalb des Gas- raums angeordneten Stromwandler.

Darüber hinaus bietet ABB GIS für Offshore- und mobile Anwendungen. 1965 entwickelte ABB die erste gas- isolierte Hochspannungs-Schaltanlage und ist heute mit über 20.000 installier-ten und in Betrieb befindlichen Schalt-feldern weltweit führend auf dem Gebiet der Hochspannungs-GIS-Technologie.

Kompakte und umweltschonende GIS

Steckbare Sammel-schienenverbindun-gen und die Lieferung von kompletten fabrikgeprüften Schaltfeldern ermöglichen eine einfache und schnelle Installation der ENK GIS vor Ort. Die Schalt-anlagen sind für Bemessungsspan-nungen bis 72,5 kV, Bemessungsströ-me bis 2.500 A und Bemessungs-Kurzschlussströme bis 40 kA ausgelegt und in IEC- und IEEE-konformen Versionen erhältlich.

Dank ihrer Kompaktheit und Modularität eignet sich die GIS ideal für Standorte mit begrenztem Platzangebot, wie es z. B. in Städten der Fall ist. Eine Innen-raumaufstellung ist ebenfalls möglich.

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umgewandelt. Typische Energiequellen sind heiße und kalte Prozesse, Sonnen-strahlung, Vibrationen und die kinetische Energie von fließenden Medien oder sich bewegenden Teilen.

Energy Harvesting kann diskontinuier-lich erfolgen, es kann aber auch Zeiten geben, in denen das EH-System mehr Energie liefert, als tatsächlich benötigt wird. In jedem Fall sind Puffer (z. B. spezielle Kondensatoren, Primär- oder Sekundärzellen) erforderlich, um Zeiten zu überbrücken, in denen das EH-Gerät nicht genügend Energie für den Sensorknoten liefert. Für eine wirklich autonome Stromversorgung ist außer-dem ein geeignetes Energiemanage-mentsystem erforderlich.

Die ABB-Forschung hat einen komplett autonomen Temperatur-Messumformer mit einem vollständig integrierten EH-System entwickelt. Das Gerät verfügt über integrierte thermoelektrische Generatoren sowie eine intelligente Energiemanagementlösung, die die

Versorgung sicherstellt, wenn die Prozesstemperatur nicht ausreicht, um genügend Energie zu erzeugen.

Mehr hierüber erfahren Sie im Artikel „Erntezeit“ auf Seite 47 dieses Hefts.

In der Prozessindustrie liefern Sensoren wichtige Informationen, die dabei helfen, die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Prozessanlagen zu maximieren. Damit diese kommuni-zieren und mit Energie versorgt werden können, müssen sie verdrah-tet werden, was zusätzlichen Auf-wand und höhere Installationskosten bedeutet. Zwar werden vielfach batteriebetriebene drahtlose Geräte eingesetzt, doch durch den regel-mäßigen Austausch der Batterien können sich die anfänglichen Einsparungen schnell relativieren. Eine mögliche Lösung bietet das sogenannte Energy Harvesting (EH).

Beim Energy Harvesting wird Energie aus der Prozessumgebung gewonnen und in elektrische Energie zur Versor-gung verbrauchsarmer Elektronik

Drahtlos und autonom

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Seit der Einführung im Jahr 2004 haben sich über 6.000 Kunden für das Extended Automation System 800xA von ABB entschieden. Das System trägt nicht nur zur Steigerung der Bedienereffektivität bei, sondern ermöglicht auch die Realisierung nahtloser Leittechniklösungen und die Integration verschiedener, normalerweise voneinander getrenn-ter Systeme. Die im Jahr 2010 eingeführte Version 5.1 bietet weitere Verbesserungen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Benutzerfreund-lichkeit und Bedienereffektivität.

Besondere Vorteile bietet die Version 5.1 im Bereich Engineering und Change Management. Das Task Analysis Tool ermöglicht die Evaluierung einer Anwendung vor dem Herunterladen und zeigt unter anderem mögliche Zeit- verzögerungen und Konflikte auf. Der sogenannte Detailed Difference Report liefert eine Übersicht über vorgenom-

mene Änderungen an Steuerungsan-wendungen und Grafiken.

Außerdem umfasst die neue Version ein neues Mitglied der Controllerfamilie AC800M: den PM891. Mit ungefähr der dreifachen Taktfrequenz (450 MHz) und der vierfachen Speicherkapazität seines Vorgängers ist der PM891 der leis-tungsstärkste Controller seiner Klasse. Durch Virtualisierung wird zudem die Anzahl der erforderlichen PCs um 75 % reduziert. Der deutlich geringere Platz- bedarf ist wiederum mit einem geringe-ren Energieverbrauch und geringeren Wartungsanforderungen verbunden.

Zu den Verbesserungen im Bereich Alarmmanagement gehören neue Funktionen zum Alarm-Shelving und zur Alarmanalyse. Die Sicherheit und Konnektivität des Systems wurden ebenfalls verbessert. Dies sind nur einige der vielen Verbesserungen, die mit der Version 5.1 von System 800xA zur Verfügung stehen.

Eine ausführlichere Beschreibung der System 800xA Version 5.1 lesen Sie in einer der kommenden Ausgaben der ABB Technik.

System 800xA Version 5.1

Neue, fortschrittliche Technologien ermöglichen die Entwicklung hoch-integrierter und vielseitiger Produkte. Ein solches Gerät ist der automati-sche Leistungsschalter eVD4, der die Realisierung einfacher, flexibler und zuverlässiger Mittelspannungs-Schaltanlagenprojekte ermöglicht. Der eVD4 besteht aus wenigen, äußerst zuverlässigen Komponenten und kann durch vielfältiges Zubehör schnell und einfach an individuelle Anforderungen angepasst werden. Damit stellt der Schalter einen bedeutenden Fortschritt in puncto Leistungsfähigkeit, Einfachheit, Zuverlässigkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit dar.

schienensysteme in Verteilnetzstationen und eignet sich für alle radialen Verteil-netze. Dank der bei der Entwicklung der Sensoren eingesetzten Technologie konnte die Größe des Geräts verkleinert, die Leistungsfähigkeit verbessert und eine höhere Standardisierung erreicht werden. Die Kombination aus modernen Sensoren und intelligenter Elektronik ermöglicht die präzise und zuverlässige Überwachung und Aufzeichnung von Netzparametern und bietet gleichzeitig einen besseren Schutz für das Bedien-personal und die Stationsausrüstung.Der Leistungsschalter eVD4 ist vollstän-dig IEC-61850- und GOOSE-kompa-tibel, was die Kompatibilität mit neuen Schaltanlagenkommunikationssystemen gewährleistet.

Mehr über den Leistungsschalter eVD4 erfahren Sie im Artikel „Intelligente eVolution“ auf Seite 18 dieses Hefts.

Leistungsschalter-eVolution

Der neue Leistungsschalter basiert auf dem Mittelspannungs-Vakuumleistungs-schalter VD4 mit mechanischem Antrieb und ist mit dem speziell entwickelten, intelligenten Feldsteuer- und Schutzgerät RBX615 auf Basis der ABB Relion®-Technologie sowie modernen Strom- und Spannungssensoren ausgestattet. Das RBX615 bietet allgemeinen Schutz für Frei- und Kabelleitungen und Sammel-

9Innovations-Highlights

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ABB hat sich bereits als Anbieter von Wechselrichtern zur Anbindung großer Photovoltaikanlagen an das Stromnetz etabliert. Doch was ist mit kleineren Anlagen, wie sie auf den Dächern von Wohn- und Gewerbe-gebäuden zu finden sind? Der neue Strangwechselrichter von ABB verfügt über eine benutzerfreundliche Bedienschnittstelle, ist einfach zu installieren und zeichnet sich durch eine hohe Leistungsfähigkeit und moderne Schutzfunktionen aus. Dabei bietet er nicht nur die Möglich-keit, den eigenen Strombedarf zu decken, sondern auch Strom in das Netz einzuspeisen.

Ein im Eigenheim installierter Wechsel-richter muss so einfach sein, dass ihn alle Mitglieder des Haushalts verstehen können. Der Strangwechselrichter von ABB verfügt über eine intuitive Fernan-zeige, die z. B. mit einem einfachen Sonnensymbol die Helligkeit der Sonne anzeigt (je mehr Strahlen desto heller), sodass jederzeit die Aktivität des Wechselrichters überprüft werden kann. Der interessierte Nutzer kann sich

zusätzlich Informationen über die Strom- erzeugung in Form von Histogrammen anzeigen lassen. Eine dritte, komplexere Ebene ist für Techniker vorgesehen und liefert zahlreiche technische Detailinfor-mationen. Der Strangwechselrichter ist äußerst kompakt gebaut und mit einem Überspannungsschutz modernster Art ausgerüstet.Mehr über den Strangwechselrichter von ABB erfahren Sie in einer kommenden Ausgabe der ABB Technik.

Das Kraftwerk für zu Hause

Gleichstrom-Schnellladestationen gelten als Schlüsselelemente für die E-Mobilität. Anders als bei der Aufladung mit Wechselstrom, bei der das Auto über einen kleinen Stromrichter im Auto über Nacht geladen werden kann, ist der Stromrichter bei DC-Schnellladesta-tionen Teil der Ladeinfrastruktur und kann von vielen Fahrzeugen genutzt werden. So kann nicht nur eine hohe Ladeleistung erzielt werden, son-dern auch das Gewicht und die Kosten für die einzelnen Fahrzeuge können reduziert werden. Darüber hinaus bietet die Lösung mehrere Möglichkeiten zur Steuerung der Auswirkungen auf das Stromnetz.

Die Aktivitäten von ABB im Bereich Infrastrukturlösungen für die E-Mobilität haben mit der erfolgreichen Zertifizie-rung der CHAdeMO-kompatiblen DC-Schnellladestation Anfang Novem-ber 2010 und der anschließenden Installation der ersten Pilotanlage im Science and Technology Park in

Hongkong in Zusammenarbeit mit dem Energieversorger China Light and Power einen bedeutenden Fortschritt erzielt.

CHAdeMO ist der am weitesten ver- breitete Standard für die Gleichstrom-aufladung von Elektrofahrzeugen und wird von vielen großen Fahrzeugherstel-lern unterstützt. Die ersten auf diesem Standard basierenden, schnellladefähi-gen Fahrzeuge sind seit Ende 2010 auf dem Markt. 2011 und 2012 sollen weitere Modelle folgen.Dank der engen Zusammenarbeit mit Zertifizierungsingenieuren der Tokyo Electric Power Corporation ist es ABB

Schnelle Aufladung

gelungen, die Zertifizierung in Rekord-zeit zu erreichen. Nur zwei Tage später wurde die Pilotanlage fertiggestellt.Die neue DC-Schnellladestation konnte ihre Leistungsfähigkeit sofort unter Beweis stellen, als im Rahmen der Hong Kong EV-Parade, die im An-schluss an die EVS-25 (World Electric Vehicle Symposium and Exposition) in Shenzen stattfand, sieben der Mitsubi-shi „i MiEV“ von China Light and Power nacheinander geladen wurden.

Mehr über Ladestationen für Elektrofahrzeuge lesen Sie im Artikel „Beginn eines neuen Zeitalters“ auf Seite 77 der ABB Technik 2/2010.

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So, wie sich die Beleuchtung auf ein Foto auswirkt, kann sie auch die Stimmung eines Raumes beeinflus-sen. In Zusammenarbeit mit dem bekannten Architekten und Designer Hadi Teherani hat Busch-Jaeger ein neues Beleuchtungssystem für Wohn- und Bürogebäude entwickelt, das sich durch innovative LED-Tech-nik und eine Vielzahl von Optionen für unterschiedliche Lichtrichtungen und -intensitäten, Farbtemperaturen und Wirkungen auszeichnet.

Busch-iceLight ist ein modulares, vielseitiges Beleuchtungssystem, das als Informations- bzw. Orientierungslicht oder zur Schaffung eines bestimmten Raumambientes eingesetzt werden kann. Das System ist so klein wie ein Lichtschalter, und da es die gleichen Designblenden wie Lichtschalter und Steckdosen verwendet, kann es dem

Erscheinungsbild vorhandener Elektro-installationen angepasst werden.

Der Lichtstrahl des Beleuchtungsele-ments lässt sich in fünf verschiedene Richtungen einstellen. Für die Farbtem-peratur des Lichts stehen zwei Einstel-lungen zur Verfügung: warmweiß oder neutralweiß. Die Lichtintensität kann mithilfe eines 350-mA/5-W-Converters oder eines 40-mA/0,15-W-Nachtlicht-converters auf 100 % oder 25 %

Busch-iceLight

Die optimierte Rotorstruktur der synchronen Reluktanzmotoren von ABB beseitigt Käfigverluste, was den Wirkungsgrad und die Kom-paktheit der Motoren erhöht. Dadurch, dass normale Leistungen und Drehmomente mit einer geringe-ren Erwärmung (entsprechend der Wärmeklasse A, 60 K) erreicht werden können, verlängert sich die Lebensdauer der Isolierung und die Lebensdauer bzw. die Schmierinter-valle der Lager.

Frequenzumrichtergespeiste Synchron-motoren sorgen in vielen industriellen Anwendungen für eine höhere Effizienz. Bei den meisten dieser Anwendungen ist eine möglichst hohe Effizienz und lange Lebensdauer der Motoren gefragt, ohne dass sich dadurch die

Wartungsanforderungen oder das Ausfallrisiko erhöhen. Die synchronen Reluktanzmotoren (SynRM) von ABB basieren auf dem Prinzip der magneti-schen Reluktanz. Durch ihre geringere Größe helfen sie Maschinenbauern dabei, kleinere, leichtere und effizien-tere Geräte zu entwickeln. Der Motor ist eigensicher im Betrieb, da durch die fehlenden Magnete keine elektro-motorische Gegenspannung induziert wird. Ein Überspannungsschutz des Umrichters ist ebenfalls überflüssig. Da der Motor mit hohen Drehzahlen betrieben werden kann, können mechanische Kraftübertragungs- komponenten wie Getriebe häufig entfallen, was eine Integration des Motors und der angetriebenen Ausrüstung ermöglicht.

Siehe auch „Motoren mit Zukunft“ auf Seite 56 dieses Hefts.

Verlustarme Motoren

eingestellt werden. Ob als Orientie-rungslicht oder beleuchtetes Gebäude-informationssystem, Busch-iceLight sorgt für Komfort und Sicherheit. Zahlreiche hochwertige Designblenden und spezielle Piktogramme ermöglichen eine Anpassung des Systems an individuelle Bedürfnisse.

Busch-Jaeger ist ein Unternehmen der ABB Gruppe.

11Innovations-Highlights

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JUKKA TOLVANEN, TERO AHONEN, JUHA VIHOLAINEN – In der Vergangenheit wurden Innovationen wie die Glühbirne und das Telefon häufig von einzel-nen Personen wie Thomas Alva Edison und Alexander Graham Bell ent-wickelt. Auch heute noch bedarf es innovativer Geister, doch statt einzelner Personen sind es häufig Kooperationen und Zusammenschlüsse verschie-dener Kompetenzen, die die Entwicklung neuer Ideen ermöglichen. Inner-halb des ABB-Konzerns steht ein hohes Maß an technischer Kompetenz verbunden mit einer globalen Präsenz und einer genauen Kenntnis der Bedürfnisse der weltweiten Kundschaft zur Verfügung. Darüber hinaus profitiert ABB von Kooperationen mit Unternehmen und Hochschulen bei der Entwicklung neuer Technologien und Dienstleistungen.

Wie die Forschungs- und Entwicklungsarbeit von ABB durch Koope-rationen unterstützt wird

Innovation durch Kooperation

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13Innovation durch Kooperation

die finnische Regierung sechs Zentren für strategische Wissenschaft, Technologie und Innovation ins Leben gerufen, die sich ausschließlich im Besitz von Industrieun-ternehmen und Hochschulen befinden und von diesen betrieben werden. CLEEN ist das Zentrum mit den Schwerpunkten Energie und Umwelt.

Laut Tommy Jacobsen, CEO von CLEEN, ist das Zentrum bestrebt, die offene Inno-vation zwischen Unternehmen, Hochschu-len und Forschungseinrichtungen zu för-dern. Dabei fungiert es als Netzwerk, das es den beteiligten internationalen Unter-nehmen ermöglicht, gemeinsame F&E- Arbeit zu betreiben und sich neues und Wissen schneller und fundierter anzueig-nen als es im Alleingang möglich wäre.

Laut Jacobsen ist der strategische Nutzen der Kooperation für die beteiligten Unter-nehmen größer, wenn sie ihre eigenen F&E-Kräfte für mehrere Jahre zur Verfü-gung stellen und bereit sind, ihre Ergeb-nisse zu teilen, als wenn sie nur die finanzi-ellen Mittel für die Fremdvergabe ihrer F&E bereitstellen. Durch eine solche Beteiligung der Industrie bieten sich zudem breit ge-fächerte Schnittstellen für den Wissen-

stransfer, Innovationen und die Beratung.Die Entwicklung der Programme erfolgt nach einem wirksamen Verfahren: Zu-nächst definiert das Unternehmen das Thema, das für sein zukünftiges Geschäft von Bedeutung sein könnte, und für das es bereit wäre, eigene Ressourcen zur Verfü-gung zu stellen und die Ergebnisse zu tei-len. Auf diesen „Markt-Pull“ reagieren die Hochschulen und Forschungsinstitute dann mit ihren Forschungsinitiativen und erzeugen so einen entgegengesetzten „Wissenschafts-Push“. Laut Jacobsen spart dies auch Ressourcen an den Hoch-schulen, da keine Zeit für die Erstellung von Forschungsanträgen verloren geht, die typischerweise wenig Aussicht auf Erfolg haben. Stattdessen erhalten sie un-mittelbare, interaktive und wiederholte Rückmeldung.

fang an geklärt sein, um eine nachhaltige, für beide Seiten nutzbringende Koopera-tion zu gewährleisten.

Eine Lösung ist der Betrieb eines gemein-samen Forschungszentrums oder einer ge-meinsamen Gesellschaft zur Lenkung der F&E-Aktivitäten. In Finnland wurde das stra-tegische Zentrum für Wissenschaft, Techno-logie und Innovation für den Energie- und Umweltsektor (CLEEN Ltd.) gegründet, um die internationale und branchenübergreifen-de Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Energie- und Umwelttechnik zu katalysie-ren. Als eine „Limited Company“, die sich im Besitz von globalen Unternehmen und den bedeutendsten nationalen Forschungsinsti-tuten und Hochschulen befindet, erleichtert CLEEN den kooperativen Wissensaufbau und die Entwicklung innovativer Lösungen, Technologien und Dienstleistungen, die über die F&E-Möglichkeiten eines einzelnen Un-ternehmens oder Industriezweigs hinausge-hen [1]. Zwei Drittel der 44 Eigentümer von CLEEN sind private Unternehmen, zu denen mehrere globale Technologie- und Markt-führer wie ABB, Metco und Wärtsilä gehö-ren. Als einer der Gründer ist ABB aktiv an den Vorhaben von CLEEN beteiligt und hat zur Schaffung neuer Möglichkeiten für kooperative For-schungsvorhaben mit anderen Unter-nehmen, Organisa-tionen und For-schungseinrichtun-gen beigetragen.

Diese Art von Joint-Venture verbessert auch die Chancen für den Erhalt von Drittmitteln, was für breit gefächerte Konsortien, die langfristige Forschungen (z. B. über drei bis fünf Jahre) betreiben, häufig unverzichtbar ist. Der größte öffentliche Geldgeber in Finnland ist die finnische Förderagentur für Techno-logie und Innovation (Tekes). Tekes unter-stützt eine Reihe von Unternehmen und Forschungsinstituten mit ihrem neuen Innovationsprogramm. Diese Art der Un-terstützung begünstigt einen Wandel der Innovationskultur von Einzelinitiativen zu einer netzwerkbasierten offenen Innova-tion.

Moderne Kooperation zwischen Unternehmen und HochschulenCLEEN ist Teil einer umfassenden „Über-arbeitung“ des finnischen Innovationssys-tems. Um dieses Ziel voranzutreiben, hat

L aut einem bekannten Sprichwort sind zwei Köpfe besser als einer. Im Bereich der Technik kann für die Entwicklung neuer Ideen viel-

fältiges Know-how und somit die Zusam-menarbeit zwischen verschiedenen Unter-nehmen und Organisationen erforderlich sein. So wird für die Entwicklung neuer und realisierbarer Produkte und Dienstleis-tungen zur Verbesserung der Energieeffi-zienz von elektrischen Systemen nicht nur technisches Know-how, sondern auch wirtschaftliches und soziales Wissen be-nötigt.

Entsprechend kann auch in der Technik Fachwissen auf verschiedenen Gebieten und somit die Beteiligung mehrerer Unter-nehmen erforderlich sein. Da ein Unter-nehmen meist nur in bestimmten Berei-chen führend ist, ist die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Firmen und Orga-nisationen häufig die praktikabelste Mög-lichkeit zur Entwicklung neuer Ideen und Innovationen, die verschiedene Geschäfts-felder umfassen.

Ein Konsortium als Basis für die ForschungAuch wenn einer Kooperation nichts im Wege steht, müssen im Vorfeld bestimmte Regeln festgelegt werden. So müssen etwa Fragen hinsichtlich des geistigen Eigentums und finanzielle Aspekte von An-

CLEEN Ltd. wurde gegründet, um die internationale und branchen-übergreifende Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Energie- und Umwelttechnik zu katalysieren.

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– Entwicklung von neuen Methoden, die erhebliche Verbesserungen der Energieeffizienz mit geringen Investi-tionen ermöglichen

– Schaffung eines nationalen F&E-Netz-werks zur Förderung der Energie-effizienz

Aufgrund der bereichsübergreifenden Natur des Themas ist das Fachwissen und die aktive Beteiligung verschiedener Parteien – z. B. Unternehmen aus der Fer-tigungsindustrie, Gerätehersteller, Dienst-leistungsunternehmen, Engineering-Unter- nehmen, Hochschulen und Forschungsor-ganisationen – erforderlich. Der Zeitrahmen für die Forschungsarbeiten beträgt drei bis 10 Jahre vor der Produkt- bzw. Dienstleis-tungsentwicklungsphase. Hauptergebnisse der Forschungsarbeit sollen innovative Systemkonzepte, Dimensionierungsregeln, Methoden zur Messung und Evaluierung der Energieeffizienz von Systemen sowie energieeffizienzbezogene Lösungen und Services sein. Die Forschungsideen werden zunächst in Pilotsystemen demonstriert und später in die stärker anwendungsorien-tierte Entwicklungsarbeit übertragen.

Innovationen durch akademische ForschungNeben Konsortienprogrammen kann auch die direkte Zusammenarbeit zwischen der Industrie und Hochschulen eine fruchtbare Quelle für Innovationen und neue Techno-logien sein. Häufig ergeben sich aus der Kooperation zwischen Hochschulen und der Industrie Synergien für beide Seiten:

Das Ziel des SGEM-Forschungskonsor- tiums ist die Entwicklung internationaler Smart-Grid-Lösungen und deren Demons-tration in einer realen Umgebung mithilfe der finnischen F&E- und Innovationsinfra-struktur. Gleichzeitig bietet die interaktive, internationale Forschungsumgebung die Möglichkeit, das Know-how der weltweit führenden Anbieter von Informations- und Kommunikationstechnologie und Smart-Grid-Technologie zu bündeln. Zu den Teil-nehmern des Programms gehören ver-schiedene Unternehmen aus der Industrie sowie Forschungsinstitute und Hochschu-len ➔ 1. Die Teilnehmer aus der Industrie kommen aus den Bereichen Energieerzeu-gung und -verteilung, Telekommunikation und Informationstechnik. Forschungspart-ner sind fünf finnische Universitäten und zwei Forschungsinstitute (MIKES, VTT). Das Projekt ist auf eine Laufzeit von fünf Jahren ausgelegt.

Effiziente EnergienutzungSchwerpunkt des Efficient Energy Use (EFEU) Programms ist die Entwicklung von Methoden zur Verbesserung der Energie-effizienz von Geräten und Systemen. Ziel-branchen sind die Industrien und Dienst-leistungsbereiche, in denen ungefähr 60 % der erzeugten Gesamtenergie verbraucht wird. Die Hauptziele des Forschungspro-gramms sind:– Entwicklung neuer Methoden,

Geschäftsprozesse und Systeme, die zu einer radikalen Verbesserung der Energieeffizienz beitragen

1 Industrie- und Forschungspartner des SGEM-Programms

ABB Oy 6,3 %

Aidon Oy 0,1 %

Areva T&D Oy 1,4 %

Empower Oy 4,5 %

Emtele Oy 1,5 %

Fingrid Oy 2 %

Fortum Sähkönsiirto Oy 5,1 %

Helsinki University of Technology 5,0 %

University of Kuopio 1,0 %

Lappeenranta University of Technology 8,4 %

MIKES 0,4 %

Tampere University of Technology 12,5 %

University of Vaasa 2,8 %

VTT 9,2 %

Helen Sähköverkko Oy 1,8 %

Nokia Siemens Networks Oy 29,9 %

Tekla Oyj 3,7 %

The Switch Engineering Oy 1,9 %

Vantaan Energia Sähköverkot

Oy 0,9 %

Vattenfall Verkko Oy 1,8 %

Industriepartner 60,8%

Forschungspartner 39,2 %

Industriepartner60,8 %

Forschungspartner 39,2 %

Ein wichtiger Forschungsbereich sind Energiemärkte und intelligente Stromnetze (sog. Smart Grids). Hier sind die Hauptmit-wirkenden Nokia Siemens Networks und ABB. Weitere Bereiche sind die effiziente Energienutzung und dezentrale Energie-systeme.

Intelligente Netze und EnergiemärkteEin intelligentes Stromnetz liefert Elek- trizität von vielen Erzeugern an die Ver- braucher mithilfe bidirektionaler digitaler Technik und eines intelligenten Überwa-chungssystems, das die Stromflüsse inner-halb des Netzes verfolgt. In intelligenten Netzen sind kontrollierbare mehrdirektiona-le Leistungsflüsse sowohl auf lokaler Ebene als auch über große Entfernungen möglich. Im Vergleich zu traditionellen Stromnetzen ermöglichen Smart Grids eine effizientere Nutzung und Steuerung von dezentralen Erzeugungsanlagen und die intelligente Nutzung der Batterien von Elektrofahr- zeugen als Teil des elektrischen Stromver-teilungssystems. Forschungsthemen des Smart Grids and Energy Markets (SGEM) Programms sind:– Infrastruktur zukünftiger Energie-

systeme– intelligentes Management und Betrieb

von Smart Grids– Kundenschnittstellen (sog. Customer

Gateways)– Entwicklung von Energie- und

Emissionsdiensten im Rahmen der Smart-Grid-Technologie

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15Innovation durch Kooperation

Gebiet der Energieeffizienz von Elektromo-toren, drehzahlgeregelten Antrieben und rotierenden Maschinen dar. Durch die Zusammenarbeit haben Mitarbeiter des CDMC die Möglichkeit, direkt am For-schungs- und Entwicklungsprozess für neue Produkte und Dienstleistungen teil-zuhaben. Je nach Projekt können die Ergebnisse der Forschungen auch in Form von Doktorarbeiten, Fachartikeln oder Patentanmeldungen veröffentlicht werden. Bisherige Forschungsprojekte befassten sich mit den Regelungsmethoden von drehzahlgeregelten Antrieben, Effizienzver-besserungen von Elektromotoren sowie der Steuerung und Diagnose von rotieren-den Maschinen wie Pumpen.

Die Zusammenarbeit mit anderen Unter-nehmen und Hochschulen bringt häufig neue und innovative Ideen hervor. Ein Bei-spiel hierfür wird im nachfolgenden Artikel „Hilfreiche Audits“ beschrieben. Die Be-deutung von F&E-Kooperationen ist also nicht zu unterschätzen, denn sie bieten die Möglichkeit, umfangreichere Forschungs-projekte zu realisieren und Fachwissen aus verschiedenen Bereichen für die For-schung zu nutzen. Ganz gleich, ob dies im Rahmen von Forschungskonsortien oder durch direkte Zusammenarbeit mit Hoch-schulen oder Forschungseinrichtungen geschieht – Kooperationen dieser Art bieten Vorteile für alle Beteiligten.

Jukka Tolvanen

ABB Drives

Helsinki, Finnland

[email protected]

Tero Ahonen

Juha Viholainen

Lappeenranta University of Technology

Lappeenranta, Finnland

[email protected]

[email protected]

Literaturhinweise[1] „CLEEN Ltd. The Finnish Cluster for Energy and

Environment“. Abgerufen am 24. 7. 2010 unter http://www.cleen.fi

[2] „Introduction of Lappeenranta University of Technology“. Abgerufen am 24. 7. 2010 unter http://www.lut.fi/en/lut/introduction/

[3] Luukko, J. (2000): „Direct torque control of permanent magnet synchronous machines – analysis and implementation“. Dissertation, Lappeenranta University of Technology

[4] Ahonen, T., Tamminen, J., Ahola, J., Viholainen, J., Aranto, N., Kestilä, J. (2010): „Estimation of pump operational state with model-based methods“. Energy Conversion and Manage-ment, 51: 1319–1325

gieeffizienz dieser Geräte verfügt, ist sie in der Lage, entsprechende Forschungen durchzuführen, die auch bei der Forschung und Entwicklung für neue ABB-Produkte geholfen haben. Sowohl die direkte Dreh-momentregelung (Direct Torque Control, DTC) von Permanentmagnet-Synchron-maschinen (PMSM) als auch die geberlose Durchflussberechnung für Kreiselpumpen wurden an der LUT erforscht ➔ 2 [3, 4].

Diese Forschungsarbeiten haben zu meh-reren Patentanmeldungen, wissenschaft-lichen Veröffentlichungen und direkten Rück-meldungen an das für elektrische Antriebe zuständige F&E-Team von ABB geführt.Somit bietet die Forschungskompetenz der LUT eine gute Basis für die Zusam-menarbeit mit ABB im Bereich Elektromo-toren und drehzahlgeregelte Antriebe. In der Praxis findet die Zusammenarbeit im

Carelian Drives and Motor Center (CDMC) statt, das zum Fachbereich Elektrotechnik der LUT gehört. Dies bietet ABB die Möglichkeit, inno-vative Ideen mit Forschern aus

dem Hochschulbereich zu entwickeln und zukünftige Produkte zu testen.

Für das CDMC stellt die Kooperation eine hervorragende Quelle für neue Forschungs-themen und eine gute Möglichkeit zur Er-weiterung seiner Kompetenzen auf dem

Hochschulen haben häufig interessante Forschungsthemen zu bieten, während Produkthersteller von einer innovativen F&E und der Erprobung neuer Ideen mit-hilfe der hochschuleigenen Prüfeinrichtun-gen profitieren können. Diese Art von Ko-operation findet erfolgreich zwischen ABB und der Technischen Universität Lappeen-ranta (LUT) in Finnland auf dem Gebiet der Elektromotoren und drehzahlgeregelten Antrieben statt, die eine wichtige Lösung zur Verbesserung der Energieeffizienz von rotierenden Maschinen darstellen.Die 1969 gegründete LUT betreibt Ausbil-dung und Forschung in den Bereichen Technik und Wirtschaft. Die Stärken der Universität liegen in den Bereichen Ener-gieeffizienz und Energiemarkt, strategi-sches Business- und Technologiemanage-ment, wissenschaftliches Rechnen und

Modellierung industrieller Prozesse sowie in besonderen Kenntnissen der russischen Wirtschaft und Industrie in den genannten Bereichen [2].Da die Universität über Prüfanlagen für Pumpsysteme und Elektromotoren sowie über fundiertes Fachwissen über die Ener-

2 Forschungsanlage für Pumpsysteme an der LUT

Die direkte Zusammenarbeit zwischen der Industrie und Hochschulen kann eine fruchtbare Quelle für Innova- tionen und neue Technologien sein.

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Hilfreiche Audits

ABB und die Technische Universität Lappeenranta arbeiten zusammen an einem Energieaudit-Projekt für effizientere und langlebigere Pump-systeme.

Das Energieaudit-Projekt (EAP) der Technischen Universität Lappeenranta (LUT) begann im Herbst 2008. Ein Energieaudit ist eine Analyse des Energieverbrauchs eines bestimmten Prozesses oder Systems ➔ 1. Der Auditprozess richtet sich in erster Linie an industrielle Verbraucher und konzen- triert sich auf das Aufspüren von ineffizient arbeitenden Anwendungen mit rotierenden Maschinen. Ein Großteil hiervon sind Pumpanwendungen.Das EAP wird von ABB finanziert und vom Institut für Energietechnik der LUT durchgeführt [1]. Das Projekt ist das Ergebnis einer langjährigen Kooperation zwischen ABB und der LUT, insbeson-dere in der Erforschung der Effizienz von Pumpsystemen. Im Rahmen des Projekts wurden besondere Erkenntnis-se über die Energieeffizienz von Pump- anwendungen gewonnen und spezielle Simulationswerkzeuge zur Bestimmung der Energieeffizienz von Pumpsystemen entwickelt.

Audit der industriellen EnergienutzungHauptziel des Projekts war die Ent-wicklung einer einfachen Auditme-thode, von der alle Beteiligten profitie-ren können. Ziel des Audits ist die Gewinnung von Informationen über den Energieverbrauch eines Systems in seinem aktuellen Zustand und die Identifizierung der Faktoren, die diesen beeinflussen. Der zweite Schritt ist die Identifizierung der wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Verbesserung der Effizienz des Systems und zur Reduzie-rung der Kosten. Das Endprodukt des Audits ist ein Aktionsplan zur Umset-zung der verbesserten Energieeffizienz.

Bedeutende Forschungs- ergebnisse und Entwicklungen für PumpanwendungenDer Einsatz von drehzahlgeregelten Antrieben (Variable Speed Drives, VSDs)

bei der Diagnose von Kreiselpumpen wird seit 2005 an der LUT untersucht, als die Genauigkeit der geberlosen Durch-flussmessfunktion der ABB Industrial Drives im Labor getestet wurde. Die Ergebnisse der Tests wurden 2005 und 2006 im World Pumps Magazine veröffentlicht.Da VSDs in der Lage sind, den Betriebs-zustand eines Motors ohne Geber an der Motorwelle näherungsweise zu bestim-men, können sie auch zur Bestimmung des Betriebszustands von Pumpen oder anderen Motorlasten eingesetzt werden. So ist die in den ABB Industrial Drives verfügbare geberlose Durchflussberech-nungsfunktion in der Lage, den Durch-fluss einer angeschlossenen Pumpe anhand der geschätzten internen Dreh- zahl und der Wellenleistung des Frequenz- umrichters zu bestimmen, ohne dass zusätzliche Geber an der Pumpe erforder- lich sind. Diese Funktion kann in Anwen- dungen eingesetzt werden, in denen der Durchfluss zu Informations- aber nicht zu Abrechnungszwecken benötigt wird.Außerdem wurden Projekte zur Erfor-schung neuer Möglichkeiten der Kavitationserkennung und zur energie-effizienten Steuerung von parallelen Pumpen durchgeführt. Diese Studien helfen dabei, die Hauptursachen für Pumpenausfälle zu beseitigen und den Gesamtenergieverbrauch von Pump-systemen nachhaltig zu reduzieren.

Langlebigere und energie- effizientere PumpsystemeDie geberlose Kavitationserkennung basiert auf einer intelligenten Analyse

Durch eine fort-schrittliche Dreh-zahlregelung lassen sich im Zusammenhang mit parallelen Pumpen erheb-liche Einsparun-gen erzielen.

16 ABB technik 1|11

Fußnote1 Kavitation ist die Bildung von Gasblasen in

einer strömenden Flüssigkeit, wenn der Druck der Flüssigkeit unter ihren Dampfdruck fällt. Durch den plötzlichen Kollaps dieser Blasen entstehen Stoßwellen, die Oberflächen beschädigen können.

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der vom Umrichter ermittelten Schät-zungen zur Erkennung eines unge-wöhnlichen Betriebsverhaltens der Pumpe. Bei Kreiselpumpen ist Kavita-tion eine der bekanntesten Ursachen für eine verminderte Pumpeffizienz und Pumpenausfälle. Es wurden bereits mehrere Methoden zur Kavitations-erkennung entwickelt, für die aber typischerweise zusätzliche Messungen erforderlich sind, was in vielen Fällen schlecht machbar ist. So kann die Installation von Sensoren kostspielig

sein, und die Anzahl der zu überwa-chenden Pumpen kann so groß sein, dass der Einsatz eines Zustandsüber-wachungssystems für nur wenige Pumpenantriebe sinnvoll ist. Die geberlose Kavitationserkennung kann somit echte Vorteile für den Nutzer bieten, da keine zusätzlichen Sensoren und Installationen erforderlich sind [2].

Bei parallel geschalteten Pumpen können der Energieverbrauch und somit auch die Kosten durch eine intelligente Regelung mit VSDs erheblich reduziert werden. Da parallel geschaltete Pumpen häufig durch Ein- und Ausschalten reguliert werden, können durch den Betrieb der erforderlichen Anzahl von Pumpen mit einer geringeren Drehzahl erhebliche Einsparungen erzielt werden. Dies wurde durch Messungen am LUT bestätigt.Auch mehrere reale Forschungsfälle wurden z. B. in industriellen Rohwasser-Pumpanwendungen, Kraftwerken und Wasserwerken untersucht. Die Ergeb-nisse zeigen, dass sich durch eine fortschrittliche Drehzahlregelung im Zusammenhang mit parallelen Pumpen erhebliche Einsparungen erzielen lassen. Ein Beispiel dafür, wie ein VSD den spezifischen Energieverbrauch von zwei parallel betriebenen Kreiselpumpen senken kann, ist in ➔ 2 dargestellt. Durch Drehzahlregelung beider Pumpen kann der spezifische Energieverbrauch bei geringeren Durchflussraten minimiert werden [3].Die Ergebnisse dieser Forschungspro-jekte unterstreichen die Vorteile einer

kollaborativen Forschung und Entwick-lung: Durch Kombination des Know-hows aller Projektbeteiligten lassen sich neue effizienzsteigernde und kosten-sparende Lösungen leichter entwickeln als im Alleingang.

Jukka Tolvanen

ABB Drives

Helsinki, Finnland

[email protected]

Tero Ahonen

Niina Aranto

Lappeenranta University of Technology

Lappeenranta, Finnland

[email protected]

[email protected]

Literaturhinweise[1] Aranto, N., Ahonen, T., Viholainen, J. (2009):

„Energy audits: University approach with ABB“. Proceedings of the 6th International Conference on Energy Efficiency in Motor Driven Systems (EEMODS ’09). European Commission Joint Research Centre, Institute for Energy

[2] Ahonen, T., Tamminen, J., Ahola, J., Kestilä, J. (2010): „Novel method for detecting cavita-tion in centrifugal pump with frequency converter“. Proceedings of the 7th Internatio-nal Conference on Condition Monitoring and Machinery Failure Prevention Technologies (CM and MFPT 2010). The British Institute of Non-Destructive Testing and Coxmoor Publishing Company

[3] Viholainen, J., Kortelainen, J., Ahonen, T., Aranto, N., Kestilä, J. (2009): „Energy efficiency in variable speed drive (VSD) controlled parallel pumping“. Proceedings of the 6th International Conference on Energy Efficiency in Motor Driven Systems (EEMODS ’09). European Commission Joint Research Centre, Institute for Energy

Da VSDs in der Lage sind, den Betriebszustand eines Motors ohne Geber an der Motorwelle näherungsweise zu bestimmten, können sie auch zur Bestimmung des Betriebszu-stands von Pum-pen oder anderen Motorlasten ein-gesetzt werden.

17Innovation durch Kooperation

1 Ablauf des LUT-Energieaudits

Treffen mit dem Kunden

Erfassen der Ausgangsdaten

Arbeit vor Ort

Energieanalyse

Berichterstellung

Präsentation und Handhabung des Berichts

2 Spezifischer Energieverbrauch von zwei unterschiedlichen Durchflussregelungs- methoden für zwei parallel geschaltete Kreiselpumpen

0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400

Sp

ezifi

sche

Ene

rgie

(kW

h/m

3 )

Durchfluss (l/s)

0,50

0,40

0,30

0,20

0,10

0,00

2 Pumpen,

1. Pumpe stabil

2. Pumpe Dreh-

zahlregelung

2 Pumpen,

1. & 2. Pumpe

Drehzahlregelung

2 Pumpen,

Ventilregelung

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18 ABB technik 1|11

CALOGERO SAELI, CALLISTO GATTI, CARLO GEMME, EMILIA DANERI, CARLO

CEREDA – Die kontinuierliche technische Entwicklung hat in den letzten zehn Jahren zu bedeutenden Veränderungen im Bereich der Mittelspan-nungs-Verteilnetze geführt. Mit der Entwicklung neuer Produkte wie den Schutz- und Steuergeräten der Relion®-Serie, Strom- und Spannungs-sensoren und Vakuum-Leistungsschaltern mit Eingießpolteilen spielt ABB bei dieser Evolution eine führende Rolle. Auf der Grundlage dieser Technologien hat ABB nun einen automatischen Leistungsschalter entwickelt, der mit integrierten Sensoren und dem Feldsteuer- und Schutzgerät RBX615 ausgestattet ist. Der eVD4 vereinfacht das Design und die Spezifikation von Schaltfeldern und ermöglicht eine schnelle Installation und eine höhere Zuverlässigkeit bei gleichzeitiger Senkung der Wartungsanforderungen und Lebenszykluskosten.

Der eVD4 sorgt für mehr Einfachheit und Zuver-lässigkeit in Mittelspan-nungs-Verteilnetzen

Intelligente eVolution

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19Intelligente eVolution

vorragende Zuverlässigkeit und Vielseitig-keit in zahlreichen Anwendungen aus-zeichnet.

Das Feldsteuer- und Schutzgerät RBX615 auf der Basis der ABB Relion®-Technologie

ist ein intelligentes elektronisches Gerät (Intelligent Electronic Device, IED) für den Schutz und die Steuerung, Messung und Überwachung von Versorgungsnetz-Unter-stationen und industriellen Schaltanlagen. Das Gerät wird als Steckmodul über eine Docking-Einheit im Chassis des eVD4 installiert.

bung, das Engineering und die Produktion bis zur Installation, Inbetriebnahme, Prü-fung und Instandhaltung zu ermöglichen.

Die eVD4-Reihe vereint innovative Techno-logien von ABB aus den Bereichen Mecha-nik, Elektronik und Sensorik miteinan-der. Das Ergebnis ist ein hochintegriertes Gerät, das Mess-, Schutz- und Steue-rungsfunktionen mit primärer Trenn-, Schalt- und Unter-brechungstechnolo-gie kombiniert.

Innovation und eine solide Basis aus bewährter TechnikDer eVD4 basiert auf dem mechanisch an-getriebenen MS-Vakuumleistungsschalter VD4 von ABB, der neuen Relion® Techno-logie und modernen Sensoren  ➔ 1. Seit seiner Einführung im Jahr 2003 wurden weltweit über 250.000 Einheiten vom Typ VD4 installiert, der sich durch seine her-

A uf dem Mittelspannungssektor (MS-Sektor) ist in letzter Zeit ein verstärkter Trend zur Entwick-lung neuer Technologien zu be-

obachten, die ihrerseits die Realisierung neuer Lösungen zur Erfüllung der aktuellen und zukünftigen Anforderungen von Ener-gieverteilungsnetzen ermöglichen. Eine Triebfeder für Innovationen im Bereich der Energieverteilungssysteme ist zum Beispiel die Norm IEC 61850, die neue Funktiona-litäten und Architekturen von MS-Schalt-anlagen und eine stärkere Standardisierung ermöglicht. So sind heute Produkte auf dem Markt erhältlich, die sich durch ein höheres Maß an Integration, standardisierte Komponenten und eine größere Vielseitig-keit auszeichnen. Diese Produkte tragen nicht nur zur Verbesserung der Zuverlässig-keit bei, sondern helfen auch dabei, den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Installation und Instandhaltung zu reduzieren.

In ihren Bemühungen, neue Produkte und Produktserien für die MS-Primärverteilung zu entwickeln, hat ABB viele dieser neuen Technologien maßgeblich geprägt.

Eine dieser Produktserien, die innova- tive automatische Leistungsschalterfamilie eVD4 (Titelbild), wurde eigens entwickelt, um die Realisierung einfacher, flexibler und zuverlässiger MS-Schaltanlagenprojekte von der Spezifikation über die Ausschrei-

Die innovative automatische Leistungsschalterfamilie eVD4 ermöglicht die Realisierung ein-facher, flexibler und zuverlässiger MS-Schaltanlagenprojekte.

1 Komponenten des Leistungsschalters eVD4 (Ansicht mit und ohne Frontabdeckung)

a

b

c

d

j

e

f

g

h

i

k

l

m

n

o p q

o Getriebemotor zum Einschieben/Ausfahren (nur ausfahrbarer Leistungsschalter)p Näherungssensor Leistungsschalter ein/ausq Näherungssensor Einschaltfedern gespannt/entspannt

a Polteil mit Vakuumschaltkammerb Relaissignalec Sensor: Rogowskispule oder Kombisensord Einschub für den ausfahrbaren Leistungsschaltere Steuerungs- und Schutzrelais RBX615f Einschalt-Tasteg Manueller Spannhebel für die Einschaltfedernh Mechanische Anzeige Leistungsschalter ein/ausi Getriebemotor zum Spannen der Einschaltfedernj Stecker für Hilfsstromkreise (nur ausfahrbarer Leistungsschalter)k Ausschalt-Tastel Mechanische Anzeige Einschaltfedern gespannt/entspanntm Mechanischer Schaltspielzählern Mechanischer Antrieb

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20 ABB technik 1|11

besseren Schutz für das Bedienpersonal und die Stationsausrüstung.

Die Vorteile des vollautomatischen Leis-tungsschalters eVD4 gegenüber einem herkömmlichen MS-Leistungsschalter in allen Phasen des Produktlebenszyklus sind in  ➔ 2 aufgeführt.

Mit Bemessungsspannungen bis 17,5 kV, Bemessungsströmen bis 2.500 A und einem Ausschaltvermögen bis 40 kA deckt die eVD4-Reihe die gängigsten Bemes-sungswerte von MS-Leistungsschaltern ab. Das RBX615-Relais ist mit fünf ver-schiedenen Schutzprofilen erhältlich, die jeweils eine bestimmte Reihe von Schutz-funktionen beinhalten, für die sowohl Strom- als auch Spannungsmessungen erforderlich sind. Da das RBX615 in den eVD4 integriert ist, wurde das Design des Relais so optimiert, dass es in der Lage ist, die Überwachungs-, Steuerungs- und Dia-gnosefunktionen des eVD4 auszuführen.

Aufbau des eVD4Das Design des neuen Vakuum-Leis-tungsschalters eVD4 wird den Anforde-rungen in puncto Einfachheit (er zeichnet sich durch eine geringe Anzahl äußerst zuverlässiger Komponenten aus und kann durch eine breite Palette einfach und schnell installierbaren Zubehörs an spezi-elle Anforderungen angepasst werden) und Sicherheit (die Polteile und der Antrieb sind an einem robusten Metall-rahmen befestigt) mehr als gerecht.

Antrieb

Der Antrieb beinhaltet eine Feder, in der die für die mechanischen Auslöser und Verriegelungen erforderliche Energiege-speichert wird. Für den korrekten Betrieb muss die gespeicherte Energie sofort zur Verfügung stehen, doch reicht im Falle des eVD4 aufgrund der geringen Masse der Schaltkammerkontakte und des reduzier-ten Hubs für die Betätigung eine geringe Energiemenge aus. Dies mindert den Verschleiß im System und macht den Leistungsschalter praktisch wartungsfrei. Über die Lebensdauer des eVD4 hinweg sind bis zu 30.000 Schaltspiele möglich.

Näherungssensoren

Mithilfe von Näherungssensoren ist der eVD4 in der Lage, den Zustand seiner be-weglichen Teile mit hoher Zuverlässigkeit zu bestimmen. Die Sensoren erkennen zum Beispiel den Schaltzustand (offen/ge-schlossen) des Leistungsschalters, den

Das Feldsteuer- und Schutzgerät RBX615 ist in den eVD4 integriert und führt die Über- wachungs-, Steue-rungs- und Diag-nosefunktionen aus.

Das RBX615 bietet allgemeinen Schutz für Freileitungen, Kabelleitungen und Sam-melschienensysteme in Verteilnetzstatio-nen und eignet sich unabhängig vom Er-dungsprinzip für alle radialen Verteilnetze. Die digitalen Ein- und Ausgänge (E/As) und die Kommunikationskanäle, die in der Niederspannungszelle der Schaltanlage zur Verfügung stehen, können über den Leistungsschalterstecker genutzt werden, der an die Steckdose der NS-Zelle ange-schlossen wird.

Die an den Polteilen des Leistungsschal-ters angeordneten Sensoren liefern die für den Schutz und die Steuerung in MS- Netzen erforderlichen Strom- und Span-nungsmessungen. Dank der bei der Ent-wicklung der Sensoren eingesetzten Technologie konnte die Größe des Geräts verkleinert, die Leistungsfähigkeit verbes-sert und eine höhere Standardisierung erreicht werden. Die Kombination aus modernen Sensoren und intelligenter Elektronik (in Form des RBX615) ermög-licht eine präzise und zuverlässige Über-wachung und Aufzeichnung von Netz- parametern und bietet gleichzeitig einen

2 Vergleich eines vollautomatischen eVD4-Leistungsschalters mit einem herkömmlichen MS-Leistungsschalter in allen Phasen des Produktlebenszyklus

SpezifikationDie hohe Flexibilität des eVD4 vereinfacht die Spezifikationsanforderungen. Mit anderen Worten:– Es müssen keine Sensorparameter definiert

werden. Die Bemessungswerte der Sensoren ergeben sich aus den Bemessungsdaten des Leistungsschalters, während sich die Art der Sensoren (nur Strom- oder kombinierte Strom- und Spannungssensoren) nach dem Schutzprofil richtet.

– Die gesamte Vorkonfiguration des RBX615 kann kundenspezifisch erfolgen, um eine optimale Anpassung an die Netzanforderungen zu gewährleisten.

BeschaffungsmanagementStatt mehrerer Einzelbestellungen sind zur Bereit- stellung einer kompletten MS-Schaltanlagenlösung nur eine einzige Bestellung und eine einmalige Referenz erforderlich.

Schnelle LieferungDank einer hochtechnisierten Produktionslinie und einer hohen Standardisierung der Komponenten ist ABB in der Lage, für den eVD4 die gleichen Lieferzeiten wie für herkömmliche Leistungsschal-ter zu garantieren.

InstallationDer eVD4 ist eine einbaufertige Lösung. Da die Sensoren in die Einheit integriert sind, ist keinerlei Verdrahtung oder zusätzliche Arbeit erforderlich. Die gesamte Relaisverdrahtung wird über den Leistungsschalterstecker angeschlossen.

Reduzierter Arbeits- und Zeitaufwand bei Verkabelung und EngineeringDa es sich um eine integrierte Lösung handelt, ist ein Großteil der Schaltanlagenverdrahtung in den Leistungsschalter integriert, was eine höhere Standardisierung ermöglicht. Der Verdrahtungsauf-wand für die Niederspannungszelle ist begrenzt, und das Risiko von Verdrahtungsfehlern wird erheblich reduziert. Dies wiederum beschleunigt und erleichtert das Engineering kompletter Schaltanla-genlösungen.

Reduzierter Aufwand für Werksabnahme-prüfungen (FAT) bei erhöhter Sicherheit und ZuverlässigkeitEine vollständig getestete und integrierte Lösung mit geringerer Verkabelung reduziert den erforder- lichen Aufwand für die vorgeschriebenen Werks- abnahmeprüfungen.

Einfache Instandhaltung, optimierte Ersatzteilhaltung und verkürzte mittlere Reparaturdauer (MTTR)Der eVD4 besteht aus Standardkomponenten, die in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden können. Außer einigen wenigen Varianten werden alle Leistungsschaltermodelle der eVD4- Familie abgedeckt, sodass nur eine geringe Zahl von Ersatzteilen vorgehalten werden muss. Sämtliches Zubehör ist problemlos verfügbar und einfach zu warten. Diese integrierte Lösung ermöglicht einen schnellen Netzwiederaufbau nach einem Ausfall, während durch den Austausch des eVD4 alle Kernkomponenten der Schaltanlage ersetzt werden.

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21Intelligente eVolution

RBX615 und MMS

Das RBX615 ist ein Mehrzweckrelais auf der Basis der ABB Relion®-Technologie und wurde eigens für den Einsatz im eVD4 konzipiert  ➔ 4. Die Form und Anschluss-belegung des Relais wurden optimiert, um eine einfache steckbare Schnittstelle zum Leistungsschalter über eine spezielle Docking-Einheit zu ermöglichen.

Das RBX615 ist mit fünf verschiedenen vorkonfigurierten Schutzprofilen erhältlich, von denen drei vornehmlich für den Ab-zweigschutz und zwei für den Motor-schutz vorgesehen sind  ➔ 5. Die vorkon-figurierten Einstellungen können mit- hilfe des Bedien- und Parametriertools PCM6001 für Schutz- und Steuergeräte von ABB und der grafischen Program-mieroberfläche ATC (Application Configu-ration Tool), die eine einfache Modifikation der Anwendungslogik ermöglicht, voll-ständig angepasst werden. Dabei stehen mehrere Logikblöcke zur Erfüllung aller schaltanlagenspezifischen Anforderungen zur Verfügung. Zusätzlich können die vor-konfigurierten Parameter für die Schutz- und Steuerlogik über eine Mensch- Maschine-Schnittstelle (MMS) an der Vor-derseite des Relais verändert werden  ➔ 6.

Diese Schnittstelle zeigt auf der linken Seite ein Übersichtsschaltbild und auf der rechten Seite das Relaismenü an. Das Schaltbild kann über den grafischen Editor des PCM600 bearbeitet werden. Die angezeigten Symbole sind dynamisch mit dem jeweiligen Objekt (z. B. Leistungs-schalter, Einschubsystem des Leistungs-schalters, Erdungsschalter, Leitungs-

Spannungszustand der Feder (gespannt/entspannt) und die Position des Ein-schubs. Diese Informationen werden dann über eine eigene Kabelverbindung an das RBX615 übertragen.

Optimierter Stecker für Hilfsstromkreise

Der Stecker des eVD4 muss eine zuver-lässige Verbindung für die Hilfsstromkreise des Leistungsschalters und die Relais-verbindungen, d. h. die Kommunikations- kanäle, die E/A-Signale und die Anschlüs-se des Reststromsensors bereitstel-len  ➔ 3. Dies wird durch einen optimierten Stecker mit 58 Stiften und separaten Kommunikationskanälen (zwei elektrische Ethernet-Anschlüsse sind rechts am Stecker zu sehen) gewährleistet.

Der eVD4 ist darauf ausgelegt, das volle Potenzial der IEC 61850 und der GOOSE-Technologie (Generic Object Oriented Substation Events) zu nutzen. Dies bein-haltet auch die horizontale Hochgeschwin-digkeitskommunikation zwischen Relais über einen Schaltanlagenbus. Bei Bedarf ist jedoch auch eine traditionelle, festver-drahtete Punkt-zu-Punkt-Verbindung zum RBX615 über 12 digitale Eingänge und acht digitale Ausgänge im Stecker möglich. Um die Installation des eVD4 zu verein-fachen, wurde eine spezielle Schaltfeld-steckdose entwickelt, die als Zubehör zur erhältlich ist.

Der eVD4 nutzt das volle Potenzial der IEC 61580 und der GOOSE-Technolo-gie. Dies beinhaltet auch die horizon- tale Hochgschwin- digkeitskommuni-kation zwischen mehreren Relais.

3 Optimierter Stecker für die Hilfsstromkreise des Leistungsschalters 4 Das Relais RBX615 basiert auf der Relion®-Technologie von ABB.

Fußnote1 Das PCM600 ist IEC-61850-konform. Dies

vereinfacht das IED-Engineering und ermöglicht den Informationsaustausch mit anderen IEC-61850-konformen Tools.

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22 ABB technik 1|11

– Primär- und Sekundärstromkreis voneinander zu isolieren,

– Sekundärsysteme gegen die schäd-lichen Einflüsse der hohen Ströme und Spannungen zu schützen, die bei einem Kurzschluss im Netz auf der Primärseite auftreten können.

Der gesamte Strom- und Spannungsbe-reich bis zum maximalen Bemessungs-strom bzw. bis zur maximalen Bemes-sungsspannung des Leistungsschalters wird mit nur drei Sensorgrößen abge-deckt. Ein defekter Stromkreis oder ein Kurzschluss im Signalkabel ist ungefähr-lich und führt zu keinerlei Schäden.

Der Stromsensor besteht aus einer Rogowskispule, d. h. einer gleichförmigen Wicklung auf einem geschlossenen, ring-förmigen Träger mit konstantem Quer-schnitt ohne ferromagnetischen Kern  ➔ 8. Die in der Wicklung induzierte Spannung (das übermittelte Signal) ist direkt propor-tional zur Ableitung des durchfließenden Stroms. Da die Rogowskispule keinerlei Eisen enthält, treten bei diesen Sensoren keine Sättigungs- und Hysteresephä- nomene auf, was eine ausgezeichnete Linearität garantiert. Die Sensoren zur Messung des Stroms am Ausgang des eVD4 sind bis zur höchsten einstellbaren Schutzschwelle linear.

Der Spannungssensor basiert auf einem kapazitiven Spannungsteiler  ➔ 9. Dieser besteht aus einer zylindrischen Metallelek-trode, die in den Sensor eingegossen ist und der Durchführung des Leistungs-schalters gegenüber liegt. Das Ausgangs-signal ist eine Spannung, die direkt pro-portional zur Primärspannung ist. Wie die Stromsensoren sind auch die Spannungs-

trenner) verknüpft, und ihr Status wird auf dem Display angezeigt. Außerdem kann der Status dieser Objekte einfach über die MMS gesteuert werden.

Der Ethernet-Anschluss an der MMS er-möglicht eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen dem Relais und einem PC. Bei einer solchen Verbindung wird die MMS automatisch im Webbrowser angezeigt, wo der Benutzer die Parameter der Schutzfunktionen modifizieren sowie Stö-rungsprotokolle und verschiedene andere Funktionen abrufen kann. Auf dem Client-PC ist für die Kommunikation mit dem Schutz- und Steuergerät keinerlei zusätz-liche Software erforderlich. Zwei Kommu-nikationskanäle ermöglichen den Daten-austausch zwischen Relais und Prozess- system. Obwohl das RBX615 IEC-61850- konform ist, unterstützt es zusätzlich die Kommunikation über Modbus®-TCP/IP. Weitere Kommunikationsprotokolle werden in Zukunft zur Verfügung stehen.

SensorenIn den automatischen Leistungsschaltern der eVD4-Familie kommt modernste Sen-sortechnologie zum Einsatz. Zwei Arten von Sensoren können im eVD4 installiert werden: Stromsensoren (basierend auf dem Prinzip der Rogowskispule) oder kombinierte Strom- und Spannungssen-soren (sogenannte Kombisensoren)  ➔ 7. Die Wahl der Sensoren ist abhängig vom Schutzprofil des RBX615.

Aufgabe der Sensoren ist es:– hohe Ströme und Spannungen im

Primärstromkreis des Netzes in ein für die Geräte im Sekundärstromkreis (d. h. das RBX615-Schutzrelais) geeignetes Signal umzuwandeln,

Im eVD4 werden zwei Arten von Sensoren ver- wendet: Stromsen-soren (basierend auf dem Prinzip der Rogowskispule) und kombinierte Strom- und Span-nungssensoren.

5 Das Relais RBX615 ist mit fünf verschiedenen vorkonfigurierten Schutzprofilen erhältlich.

Beschreibung Konfiguration

Ungerichteter Überstromschutz und ungerichteter Erdschlussschutz

Abzweig 1 (F1)

Ungerichteter Überstromschutz und gerichteter Erdschlussschutz auf Basis der gemessenen Phasenspannungen

Abzweig 2 (F2)

Gerichteter Überstromschutz, gerichteter Erdschlussschutz auf Basis der gemessenen Phasenspannungen sowie Unter- und Überspannungsschutz

Abzweig 3 (F3)

Motorschutz auf Basis des gemessenen Stroms

Motor 1 (M1)

Motorschutz auf Basis der Messung von Strom und Spannung

Motor 2 (M2)

6 Die Parameter der vorkonfigurierten Schutz- und Steuerungslogik können über die die MMS des Relais modifiziert werden.

a Funktionstasten/ Anwendungenb Einschaltenc Ausschaltend Escapee Nach linksf Nach unteng Nach obenh Nach rechtsi Passwortj Bestätigungk Lokal/Fernl Schlüssel LED-Seitenm Löschenn Übersichtsschaltbildo Menü

b

c

d e f g h i j k

a

l

m

no

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23Intelligente eVolution

mierung des gesamten Lebenszyklus der Schaltanlage bei. Angefangen von einer einfacheren Spezifikation und Beschaf-fung über die drastisch reduzierte Kom-plexität der Schaltanlage im Hinblick auf das Engineering, die Verkabelung und die Prüfung bis hin zur Inbetriebnahme und Instandhaltung des Schaltfelds stellt der eVD4 einen bedeutenden Fortschritt in puncto Leistungsfähigkeit, Einfachheit, Zuverlässigkeit, Sicherheit und Kosteneffi-zienz dar.

Calogero Saeli

Callisto Gatti

Carlo Gemme

Emilia Daneri

Carlo Cereda

ABB Power Products

Dalmine, Italien

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

Titelbild Das Titelbild zeigt den automatischen Leitungsschalter eVD4 von ABB für Mittelspannungs-Schaltanlagen mit der dazugehörigen MMS.

Sicherheit

Die Nennleistung des übermittelten Signals ist so niedrig, dass selbst bei höchsten Strömen und Spannungen auf der Primär-seite keinerlei Gefahr für Menschen oder Sekundärsysteme besteht. Ein Bruch oder Kurzschluss im Signalkabel stellt keine Gefahr dar und verursacht keinerlei Schäden.

Geringer Stromverbrauch

Sensoren sind im Vergleich zu Messwand-lern sehr effizient, und es treten keinerlei Verluste in der Sekundärverkabelung auf. Dies trägt zu einer längeren Lebensdauer der Geräte bei und ist für Energieversor-gungsunternehmen mit erheblichen Ein-sparungen verbunden.

Umweltverträglichkeit

Bei der Herstellung der Sensoren werden weniger Rohstoffe benötigt, und der Stromverbrauch ist äußerst gering.

MS-Schaltanlagen für die ZukunftDer neue automatische Leistungsschalter eVD4 von ABB stellt ein Schüsselelement für die Entwicklung einfacher, zuverläs- siger und sicherer MS-Schaltanlagen dar. Durch die Konformität mit der neuen IEC 61850 und die Unterstützung der GOOSE-Funktionalität ist die Kompatibili-tät mit neuen Schaltanlagen-Kommunika- tionssystemen gewährleistet. Darüber hin-aus trägt der Einsatz des eVD4 zur Opti-

sensoren frei von Ferroresonanzerschei-nungen und unempfindlich gegenüber den Auswirkungen der Gleichstromglieder.

Zu den Vorteilen der integrierten Sensoren gehören lineare Messungen und ein viel-seitiger Schutz, Sicherheit, ein geringer Stromverbrauch und eine hohe Umwelt-verträglichkeit.

Lineare Messungen und vielseitiger Schutz

Ohne Resonanz- und Hysteresephäno-mene weisen die Sensoren gute dynami-sche Eigenschaften auf und sind bis zu

den höchsten Strömen und Spannungen linear. Dadurch bieten sie eine hervorra-gende Schutzleistung und ermöglichen eine umfangreiche Störungsanalyse.

7 Die Wahl der Strom- oder Spannungssen-soren hängt vom Schutzprofil des Relais ab.

Der eVD4 stellt einen bedeutenden Fortschritt in puncto Leistungs-fähigkeit, Einfach-heit, Zuverlässig-keit, Sicherheit und Kosteneffizienz dar.

8 Die Stromsensoren basieren auf dem Prinzip der Rogowskispule.

Rogowskispule

Ip

Uout

Das übermittelte Signal ist eine Spannung:

Für einen sinusförmigen Strom beträgt die Spannung unter statischen Bedingungen:

Durch Integration des übermittelten Signals wird in jedem Fall (auch bei einem nicht sinusförmigen Primärstrom) ein Signal erzeugt, das die tatsäch- liche Wellenform des Primärstroms wiedergibt.

Das Signal ist eine sinusförmige, zum Strom proportionale Spannung mit einer Phasen-verschiebung von 90° (vorauseilend).

Uout = M diP

Uout = M· j ·w · Ip

dt

9 Die Spannungssensoren verwenden einen kapazitiven Spannungsteiler zur Spannungsanzeige.

Kapazitiver Spannungsteiler

C1

C2

Vp

Uout

Das vom Spannungsteiler übermittelte Signal ist:

Das übermittelte Signal gibt in jedem Fall die tatsächliche Wellenform der Primärspannung wieder.

(kapazitiver Spannungsteiler)Uout = C1 VpC1 +C2

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24 ABB technik 1|11

RENATO PICCARDO, ANNUNZIO REGANTINI, DAVIDE CATTANEO, LUCIANO

DI MAIO – Ein Kernkraftwerk muss in der Lage sein, unter äußerst sicheren Bedingungen eine riesige Menge an Energie zu bewältigen. Sämtliche Systemfunktionen müssen mit absoluter Zuverlässigkeit und garantierter Betriebssicherheit gesteuert werden. Die verwendete Ausrüstung muss extremen Umweltbedingungen wie Temperatur, Druck, Luftfeuchtigkeit, Strahlung und Erschütterungen einschließlich Erdbeben standhalten können. ABB hat die zertifizierten Mittelspannungsschaltanlagen vom Typ UniGear ZS1 entwickelt, um all diese kritischen Anforderungen zu erfüllen.

Zertifizierte Schalt-anlagen für Kernkraft-werke

Erdbebensichere Schalter

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25Erdbebensichere Schalter

– Analyse: Die Qualifizierung durch Analyse erfordert eine logische Bewer-tung oder ein gültiges mathematisches Modell der Ausrüstung.

Zeitliche Degradation und extreme Um-welteinflüsse im Hinblick auf Temperatur, Druck, Luftfeuchtigkeit, Strahlung und Er-schütterung können den Ausfall qualifi-zierter Ausrüstung infolge gemeinsamer Ursachen beschleunigen. Aus diesem Grund muss eine „qualifizierte Lebens-dauer“ für Ausrüstungen mit bedeuten-den Alterungsmechanismen festgelegt werden. Die qualifizierte Lebensdauer ist der Zeitraum vor dem Eintreten eines Auslegungsereignisses, für das die Aus-rüstung die Erfüllung der Auslegungs- anforderungen für die betreffenden Be-triebsbedingungen bewiesen hat [1].

Klimatische Qualifizierung

Die klimatische Qualifizierung dient dem Nachweis, dass die Schaltanlagen in der Lage sind, ihre Sicherheitsfunktion vor, während und nach einer Veränderung der Luftfeuchtigkeit und Temperatur am Instal-lationsort auszuüben. Die Prüfung be-stimmt die Eignung der Ausrüstung bei

Ein kritisches Szenario ist die Möglichkeit eines seismischen Ereignisses. Das Sys-tem muss in der Lage sein, während eines sogenannten Betriebserdbebens (Opera-ting Basic Earthquake, OBE) weiter zu funktionieren oder im Falle eines sehr star-ken Erdbebens den Reaktor abzuschal-ten. Letzteres wird als Sicherheitserd- beben (Safe Shutdown Earthquake, SSE) bezeichnet. Eine weitere Anforderung ist die Überprüfung der Funktionalität aller Komponenten unter extremen Umwelt-bedingungen im Hinblick auf Temperatur/Luftfeuchtigkeit und nach einem Wärme-/Strahlungsalterungsprozess.

Laut IEEE- und IEC-Normen können zur Qualifizierung von Systemkomponenten die folgenden Methoden (einzeln oder in Kombination) angewandt werden:– Typenprüfung: Hierbei wird ein reprä-

sentatives Muster der Ausrüstung einschließlich seiner Schnitt-stellen einer Reihe von Prüfungen unterzogen, die die Auswirkun-gen bedeutender Alterungsmecha-nismen im nor- malen Betrieb simulieren.

– Betriebserfahrung: Die Leistungsdaten der betreffenden Ausrüstung oder Aus- rüstung ähnlicher Bauart, die unter bekannten Betriebsbedingungen einge- setzt wurde, können zur Qualifizierung von Systemen herangezogen werden, die unter gleichen oder weniger extre-men Bedingungen eingesetzt werden.

W er an kerntechnischen Projekten arbeitet, weiß wie wichtig Sorgfalt im De-tail und die ausschließliche

Verwendung von zertifizierten Systemen ist. Unter keinen Umständen sollte ein Kernkraftwerk in Betrieb genommen werden, wenn nicht sicher ist, dass alle sicherheitsrelevanten Komponenten um-fassend geprüft und zertifiziert sind. Die Parameter für die Zertifizierung sind in den amerikanischen IEEE1- und den europäischen IEC2-Normen festgelegt.

Der QualifizierungsprozessJeder Anbieter von sicherheitsrelevanten Produkten für Kernkraftwerke (KKWs) muss einen speziellen Qualifizierungspro-zess durchlaufen, bei dem die vollständige Zuverlässigkeit der Systemkomponenten überprüft und zertifiziert wird.

Da einige Ausrüstungen von Kernkraft-werken auch unter extremen Bedingungen funktionieren müssen, besteht der Haupt-zweck des Qualifizierungsprozesses darin, die Betriebsfähigkeit der Ausrüstung unter verschiedenen, genau definierten Umge-bungsbedingen zu überprüfen.

Das System muss in der Lage sein, während eines soge-nannten Betriebserdbebens weiter zu funktionieren oder im Falle eines sehr starken Erdbebens den Reaktor ab-zuschalten.

Fußnoten1 Institute of Electrical and Electronics Engineers2 International Electrotechnical Commission

1 Beispiel eines Required Response Spectrum (RRS)

Frequenz (Hz)

10 20 30 40 50

3

2

1

0

Bes

chle

unig

ung

(g)

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26 ABB technik 1|11

Folgende Erdbebenarten werden bei der seismischen Prüfung simuliert:– OBE/S1: Ein Erdbeben, das Beschleu-

nigungen erzeugt, bei denen Merkmale, die für einen Weiterbetrieb ohne Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich sind, funktionsfähig bleiben müssen.

– SSE/S2: Ein Erdbeben, das Beschleu-nigungen erzeugt, bei denen bestimmte Bauten, Systeme und Komponenten, die zur Gewährleistung der Integrität des Reaktorprimärkreises sowie der Möglichkeit zur Abschaltung des Reaktors und Erhaltung eines sicheren Abschaltzustands funktionsfähig bleiben müssen.

EMV-Qualifizierung

Die Ausrüstung muss auch in der Lage sein, die Verfügbarkeit der Sicherheits-funktion bei hoher elektromagnetischer Belastung sicherzustellen, wie sie bei Stör-fällen auftreten kann. Zwei Arten von Prü-fungen, bei denen die tatsächliche Konfi-guration der in den Primärsystemen installierten Leittechnik einschließlich der Verdrahtung nachgebildet wird, werden an der gesamten Ausrüstung durchgeführt.

Immunitätsprüfungen: Um die Unempfind-lichkeit der Ausrüstung gegenüber elektro-magnetischen Störungen zu verifizieren, werden elektromagnetische Verträglich-keitsprüfungen (EMV-Prüfungen) über ein breites Frequenzspektrum hinweg durch-geführt.

Emissionsprüfungen: Hierbei wird die von jedem Teil der elektrischen Ausrüstung ab-gegebene und über die Verdrahtung über-tragene elektromagnetische Strahlung über ein breites Spektrum hinweg gemessen.

Sämtliche Leittechnikfunktionen wie Schutz- oder Steuerfunktionen, die in ein-zelne Geräte integriert sind, werden ein-gehenden Funktionstests unterzogen. Die Softwarequalifizierung erfolgt nach spezi-ell für KKWs entwickelten Standards, die in der IEC 60780 beschrieben sind [4].

Die Antwort von ABBABB verfügt über die Produkte, das Fach-wissen und die technischen Mittel, um die Erfüllung aller Anforderungen von KKWs zu gewährleisten. Das ABB-Kompetenzzent-rum im italienischen Dalmine kann mehrere jüngste Referenzen für die Bereitstellung von MS-Schaltanlagen für europäische KKWs, darunter Tihange und Doel in Belgien, Cernavoda in Rumänien, Oskars-

hoher Luftfeuchtigkeit in Verbindung mit zyklischen Temperaturveränderungen und Kondensation an der Oberfläche der ge-prüften Ausrüstung. Bei Mittelspannungs-schaltanlagen (MS-Schaltanlagen) kann die bei Feuchte-Wärme-Zyklen entstehen-de Kondensation zu einer Beeinträchti-gung der Isolationseigenschaften führen.

Seismische QualifizierungDie IEC 60980 [2] und IEEE 344 [3] sind die beiden wichtigsten Referenznormen für die seismische Qualifizierung von sicherheits-technischen elektrischen Systemen für Kernkraftwerke. Beide Normen definieren keine spezifischen Antwortspektren, da diese abhängig von der geografischen Re-gion und Gebäudestruktur unterschiedlich ausfallen können und daher normalerweise in den technischen Projektspezifikationen definiert werden.

Eine seismische Zeitverlaufsprüfung um-fasst normalerweise eine triaxiale Prüfung mehrerer unabhängiger Frequenzen auf der Basis von Zeitverläufen (Darstellungen der Beschleunigung in Abhängigkeit der Zeit), die aus einem vorgegebenen Anfor-derungs-Antwortspektrum (Required Res-ponse Spectrum, RRS) abgeleitet werden. Das RRS berücksichtigt die Eigenschaften des geografischen Standorts und der Tragkonstruktion bzw. des Gebäudes ➔ 1. Das Zeitverlaufsverfahren gilt als die beste Methode zur Simulation seismischer Be-lastungen für die Qualifizierung von Aus-rüstungen.

Das ABB-Kompe-tenzzentrum in Dalmine kann mehrere jüngste Referenzen für die Bereitstellung von MS-Schaltanlagen für europäische KKWs vorweisen, darunter Tihange und Doel in Belgien, Cernavoda in Rumänien, Oskars-hamn in Schweden und Liebstadt in der Schweiz.

2 Zyklus der Klimaprüfung bei der Qualifizierung des KKW Doel

Zyklus 6

Ta°C

/Ur%

100

95

90

85

80

75

70

65

60

55

50

45

40

35

30

25

20

3/2/

09 9

.10

AM

3/2/

09 1

0.10

AM

3/2/

09 1

1.10

AM

3/2/

09 1

2.10

AM

3/2/

09 1

.10

PM

3/2/

09 2

.10

PM

3/2/

09 3

.10

PM

3/2/

09 4

.10

PM

3/2/

09 5

.10

PM

3/2/

09 6

.10

PM

3/2/

09 7

.10

PM

3/2/

09 8

.10

PM

3/2/

09 9

.10

PM

3/2/

09 1

0.10

PM

3/2/

09 1

1.10

PM

4/2/

09 1

2.10

AM

4/2/

09 1

.10

AM

4/2/

09 2

.10

AM

4/2/

09 3

.10

AM

4/2/

09 4

.10

AM

4/2/

09 5

.10

AM

4/2/

09 6

.10

AM

4/2/

09 7

.10

AM

4/2/

09 8

.10

AM

4/2/

09 9

.10

AM

Ur% max

Ur% min

Ta

Ta

Zeit

Ur%

Ur% max

Ur% min

Ta

Ta max

Ta min

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27Erdbebensichere Schalter

haltete auch entsprechende klimatische und seismische Prüfungen ➔ 2. Dazu wur-de eine Musterschaltanlage bereitgestellt, die alle Eigenschaften der im Lieferumfang enthaltenen Anlage besaß. Diese Proto-typen wurden einem Qualifizierungspro-gramm unterzogen ➔ 3, das sie erfolgreich bewältigten.Das zweite in Betrieb befindliche Kern-kraftwerk in Belgien ist das KKW Tihange, das ebenfalls von Electrabel betrieben wird. Das Kraftwerk umfasst drei Druck-

wasserreaktoren und stellt mit einer Ge-samtleistung von 2.985 MWe etwa 52 % der gesamten nuklearen Erzeugungskapa-zität in Belgien.

Im Rahmen eines Retrofits hat ABB dort 344 Leistungsschalter von CEM Gardy durch SF6-Schalter vom Typ HD4 ersetzt. Die Anlage umfasst insgesamt 354 Leis-

UniGear ZS1 ist eine Kombination aus be-währten Lösungen und innovativen Kom-ponenten von ABB. Die MS-Schaltanlage ist für die Innenraumaufstellung geeignet. Die Einbauräume sind durch Metallwände voneinander abgeschottet, und die span-nungsführenden Teile sind luftisoliert. Für die Schaltanlagen vom Typ UniGear ZS1 steht die umfangreichste Palette an Schalt-geräten zu Verfügung, die auf dem Markt erhältlich ist. Dazu gehören gasisolierte und Vakuum-Leistungsschalter sowie Vakuumschütze mit Sicherungen.

Industrielle AnwendungenDoel ist eines von zwei in Betrieb be-findlichen KKWs in Belgien. Größter An-teilseigner ist der zur GDF SUEZ-Gruppe gehörige belgische E n e r g i e k o n z e r n Electrabel. Im Jahr 2009 lieferte ABB 18 MS-Schaltfelder vom Typ UniGear ZS1 für 12 kV/1.600 A/50 kA mit SF6-isolierten Leistungsschal-tern vom Typ ABB HD4. Die von ABB bereitgestellte Ausrüstung wird für die Verteilung des von den Diesel-Notstrom- generatoren erzeugten Stroms eingesetzt.Die gelieferte Ausrüstung wurde nach IEEE 323 und 344 sowie gemäß den Spezifika-tionen des Kunden qualifiziert. Dies bein-

hamn in Schweden und Liebstadt in der Schweiz, vorweisen. Für jedes dieser Pro-jekte mussten die Produkte von ABB ein strenges Qualifizierungsverfahren durch-laufen, bei dem die Funktionalität der Aus-rüstung im Falle von Erdbeben und extre-men Umweltbedingungen verifiziert wurde.

Neben ihren eigenen Produkten, Labors und ihrem Know-how kann ABB auf enga-gierte, hochmoderne Partnerlabors in un-mittelbarer Nähe des Werks zurückgreifen, die unter anderem über einen triaxialen Rütteltisch verfügen. Darüber hinaus steht ABB ein Team von Experten für erdbeben-sichere Strukturen zur Verfügung. Soft-waresimulationen von seismischen Ereig-nissen bieten viele Vorteile für kern- technische Projekte, da keine Prototypen erforderlich sind, was wiederum kürzere Planungszeiten und eine Reduzierung der Kosten ermöglicht.

Im Jahr 2009 bescheinigte Areva NP, ein führendes EPC-Unternehmen (Enginee-ring, Procurement, Construction) im KKW-Bereich dem ABB-Kompetenzzentrum, dass es die Bedingungen zur „Planung und Fertigung von Mittelspannungsschalt-anlagen für Kernkraftwerke“ erfüllt.

MS-Schaltanlagen vom Typ UniGear ZS1MS-Schaltanlagen stellen ein wichtiges Glied in der Energieverteilungskette dar. ABB hat die Schaltanlagen vom Typ Uni-Gear ZS1 mit dem Ziel entwickelt, den Anforderungen aller Nutzer zu genügen.

4 Numerische Evaluierung der für die analytische seismische Qualifizierung verwendeten Struktur

5 Beispiel einer verstärkten Verformung der UniGear ZS1-Struktur

3 UniGear ZS1 bei der seismischen Prüfung für das KKW Doel

MS-Schaltanlagen stellen ein wichtiges Glied in der Energieverteilungskette dar. Die ABB UniGear ZS1-Schalt-anlagen sind eine Kombina-tion aus bewährten Lösungen und innovativen Komponenten von ABB.

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28 ABB technik 1|11

Die seismische Qualifizierung der MS-Schaltanlagen erfolgte mithilfe analytischer Methoden und entsprechender Prüfungen. Beides wurde in Zusammenarbeit mit den Labors von CESI-ISMES durchgeführt, die nur wenige Kilometer vom ABB-Werk für MS-Schaltanlagen entfernt liegen ➔ 4, ➔ 5.

Modernisierung bestehender KKWsBei einem sogenannten Retrofit werden moderne Komponenten (Primärschaltge-räte und digitale Schutz-/Steuertechnik) in bestehende MS-Anlagen implementiert. Ziel dieser Modernisierung ist es, nur die Kom-ponenten auszutauschen, die aufgrund ihres Lebenszyklus ersetzt werden müssen.Da Leistungsschalter im Gegensatz zu anderen, statischen Schaltanlagenkompo-nenten geöffnet und geschlossen werden, um Ströme zu schalten, sind sie meist be-sonders alterungsanfällig und werden da-her für gewöhnlich nach einer bestimmten Zeit ausgetauscht.ABB hat solche Retrofits bereits an eigenen Leistungsschaltern und an Schaltern von Mitbewerbern durchgeführt. Der umfang-reichste Auftrag dieser Art war der Aus-tausch von 344 Leistungsschaltern von CEM Gardy gegen SF6-Leistungsschalter vom Typ ABB HD4 im KKW Tihange.

Renato Piccardo

Annunzio Regantini

Davide Cattaneo

Luciano Di Maio

ABB Power Products, Medium Voltage Products

Dalmine, Italien

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

Literaturhinweise[1] IEEE 323: IEEE standard for qualifying class 1E

equipment for nuclear power generating stations[2] IEEE 344: Recommended practices for seismic

qualification of class 1E equipment for nuclear power generating stations

[3] IEC 60780: Nuclear power plants – Electrical equipment of the safety system – Qualification

[4] IEC 60980: Recommended practices for seismic qualification of electrical equipment of the safety system for nuclear generating stations

Weiterführende LiteraturEN 61000-4: Electromagnetic compatibility – Testing and measurement techniques (DIN EN 61000-4: Elektromag-netische Verträglichkeit – Prüf- und Messverfahren)

Titelbild Seismographen werden sowohl zur Aufzeichnung von echten Erdbeben als auch zur Überwachung von Rütteltischversuchen eingesetzt.

tungsschalter (einschließlich 35 Reserve-schalter) und 34 Spannungswandler auf ausfahrbaren Einschüben (einschließlich sieben Reservewandler). Wie im Vertrag gefordert, wurde der Austausch der Leis-tungsschalter und Spannungswandlerein-schübe im Jahr 2010 abgeschlossen. Die Arbeiten vor Ort erfolgten innerhalb von zwei Jahren während der jährlichen routi-nemäßigen Wartungsstillstände.Der Qualifizierungsprozess umfasste zwei Schritte. Die industriellen und kerntechni-schen Qualifizierungen erfolgten auf der Grundlage der IEC- und IEEE-Normen für MS-Geräte und -Schaltanlagen sowie auf Grundlage der Kundenspezifikationen. Die seismischen Prüfungen wurden gemäß IEEE-Standards in den Labors von CESI-ISMES durchgeführt.Das KKW Oskarshamn ist eines von zehn in Betrieb befindlichen Kernkraftwerken in Schweden. Mit ihren drei Siedewasser- reaktoren deckt die Anlage rund 10 % des schwedischen Strombedarfs ab.Im Jahr 2009 lieferte ABB vier MS-Schalt-anlagen mit je sieben Schaltfeldern vom Typ UniGear ZS1 für 12 kV/1.600 A/50 kA und SF6-Leistungschaltern vom Typ ABB HD4. Wie in Doel dient die Anlage zur Ver-teilung des von den für Notfälle vorgehalte-nen Dieselgeneratoren erzeugten Stroms. Die Qualifizierung der Ausrüstung erfolgte nach den Normen IEEE 323 und IEEE 324 sowie gemäß den Spezifikationen des Kunden, was auch eine seismische Qualifi-zierung beinhaltete.

Neben ihren eigenen Produkten, Labors und ihrem Know-how kann ABB auf engagierte, hoch-moderne Partner-labors zurückgreifen.

Schaltanlage vom Typ UniGear ZS1

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29Der Antrieb macht’s

Fortschrittliche Zahnkranz-Mühlenantriebe von ABB (Teil 1)

MARCO RUFLI, MAARTEN VAN DE VIJFEIJKEN – Die neueste Generation von ABB Mittelspannungs-Frequenzumrichtern bietet hervorragende Möglichkeiten zur Verbesserung der Mahlprozesse in der Mineralstoffindustrie. Dank der Entwicklung verschiedener fortschrittlicher Funktionen für den Betrieb von Zahnkranzmühlen sorgen diese Antriebe für einen ruhigen, sicheren und zuverlässigen Betrieb bei

minimaler Belastung der mechanischen Teile und höchst-möglicher Verfügbarkeit der Mühle. Teil 1 dieser zwei- teiligen Reihe erläutert die betrieblichen Vorteile dieser Funktionen, während sich Teil 2 mit den praktischen Erfahrungen beschäftigen wird, die mit fortschrittlichen Zahnkranz-Mühlenantriebssystemen dieser Art gewonnen wurden.

Der Antrieb macht’s

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30 ABB technik 1|11

zwischen dem Ritzel und dem Zahnkranz (und in einigen Fällen auch dem Getriebe) von entscheidender Bedeutung. Da eine perfekte Ausrichtung erfahrungsgemäß schwer zu erreichen und zu erhalten ist, sollten besonders bei größeren Mühlen raues Anfahren und Drehmomentspitzen unbedingt vermieden werden. Hierzu ist ein System erforderlich, das die Mechanik unter allen Betriebsbedingungen (d. h. Start, normaler Mahlbetrieb und Stopp) schont.

Das in diesem Artikel vorgestellte elektri-sche Antriebssystem besteht aus einem Stromrichtertransformator, einem MS-Fre-quenzumrichter vom Typ ABB ACS 6000 MultiDrive und zwei vierpoligen Käfigläufer-Asynchronmotoren vom Typ ABB AMI630. Im Folgenden sollen die Start-, Betriebs- und Stoppsequenzen des Antriebssystems und deren Beitrag zur Verbesserung des Mühlenbetriebs beschrieben werden.

Prozessleitsystem (PLS). Die Antriebe ver-fügen über eine direkte Drehmomentrege-lung (Direct Torque Control, DTC) ➔ 2, bei der die Motorgrößen (Drehmoment und Fluss) direkt durch Schalten des Wechsel-richters geregelt werden. Eine Erweiterung des Systems um betriebs- und wartungs-bezogene Funktionen ist ausschließlich mit-hilfe von drehzahlgeregelten Antrieben und einer präzisen Regelung möglich. Außer-dem wirken sich die typischen Eigenschaf-ten von frequenzumrichterbasierten Antrie-ben positiv auf das System aus und bieten eine höhere Flexibilität bei der Regelung des gesamten Mahlprozesses. Zu diesen Vor-teilen gehören sehr genaue Messungen von Strom und Drehmoment, die Überbrückung von Spannungsabfällen sowie Erd- und Kurzschlussschutzfunktionen.

Bei größeren Zahnkranzmühlen mit zuneh-mender Länge der Zähne an Ritzel und Zahnkranz ist eine perfekte Ausrichtung

D ie Anforderungen von Mahlan-lagen lassen sich unterteilen in betriebliche Anforderungen, In-standhaltungsanforderungen

und Schutzanforderungen. Für einen gleichmäßigen und sicheren Betrieb ist es wichtig, dass kritische Situationen so weit wie möglich vermieden werden, Instand-haltungsarbeiten müssen schnell und ein-fach ausgeführt werden können, und der Schutz des Systems muss unter allen Be-triebsbedingungen gewährleistet sein.

Bei Zahnkranz-Mühlenantrieben und be-sonders bei Doppelritzelsystemen ➔ 1 kön-nen die Motoren erhebliche mechanische Belastungen verursachen. Daher ist ein schnelles und präzises Regelungskonzept zwischen den beiden Motoren erforderlich, um jede zusätzliche Belastung der Ritzel und des Zahnkranzes zu vermeiden.

Diese Anforderungen werden von der neu-esten Generation von ABB Mittelspan-nungs-(MS-)Frequenzumrichtern, die über neue, spezielle Funktionen für Mühlen ver-fügt, nicht nur erfüllt, sondern sogar über-troffen. Der Einsatz eines zusätzlichen „Mühlen-Controllers“ ermöglicht dabei nicht nur die Implementierung einer Vielzahl von anwendungsbezogenen Funktionalitäten und Schutzfunktionen, sondern vereinfacht auch die Schnittstelle zwischen dem Müh-lenantriebssystem und dem kundenseitigen

1 Doppelritzel-Mühlenantrieb für hohe und niedrige Drehzahlen

Mit Getriebe Ohne Getriebe

2 Vereinfachtes Schema eines Doppelritzel-Mühlenantriebs für hohe und niedrige Drehzahlen

Mit Getriebe Ohne Getriebe

Bis 36 kV, 50 oder 60 Hz Bis 36 kV, 50 oder 60 Hz

Teil des ABB-Angebots

Teil des ABB-Angebots

Gleich-richter 1

Gleich-richter 1

Gleich-richter 2

Gleich-richter 2

Wechselrichter 1 Wechselrichter 1

Elektrischer Teil

Elektrischer Teil

Asynchron-motoren

Asynchron-motoren

Getriebe Getriebe

Ritzel Ritzel

Mechani-scher Teil

Mechanischer Teil

Wechselrichter 2 Wechselrichter 2

ACS 6000 ACS 6000

Gemeinsame DC-Sammelschiene

Gemeinsame DC-Sammelschiene

AC

DC

AC

DC

DC

AC

DC

AC

DC

AC

DC

AC

AC

DC

AC

DC

Mühle Mühle

Umrichter Umrichter

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31Der Antrieb macht’s

Starten und Stoppen der MühleDie Startsequenz der Mühle wird vollständig durch das elektrische Antriebssystem ge-regelt. Es müssen lediglich ein Startbefehl und die gewünschte Solldrehzahl für den Betrieb über das kundenseitige PLS (oder eine von einem Anlagenfahrer bediente Steuertafel in der Nähe der Mühle) über-mittelt werden. Um ein sanftes und sicheres Anfahren zu ermöglichen, beschleunigt das Antriebssystem zunächst auf die voreinge-stellte Anfahrdrehzahl (typischerweise etwa 10 % der Nenndrehzahl) und behält diese Drehzahl bei, während das Drehmoment und der Rotationswinkel der Mühle über-wacht werden. Normalerweise beginnt das Material in der Mühle nach unten zu rutschen, bevor sich die Mühle um 90° ge-dreht hat. Wenn die Ladung jedoch blockiert oder verfestigt ist, fällt sie nach einer Rota-tion um 180° von oben herunter. Dies kann zu schweren Schäden an der Mühle und den Lagern und somit zu einer längeren ungeplanten Abschaltung der Mühle führen. Dies lässt sich mithilfe der fortschrittlichen Antriebstechnologie von ABB vermeiden, die den Antrieb erst dann für die Solldreh-zahl des kundenseitigen PLS freigibt, wenn der Mühlen-Controller anhand eines abneh-menden Drehmoments das Herunterrut-schen des Materials erkannt hat, bevor der kritische Winkel erreicht ist ➔ 3. Danach steht der Antrieb unter der Kontrolle des Kunden und folgt präzise jeder vom PLS an-geforderten Drehzahländerung.

Während des Anfahrens besteht die Ge-fahr, dass verfestigte Ladung herunterfällt und schwere Schäden an der Trommel, den Lagern und anderen Teilen der Aus-rüstung hervorruft. Der Mühlen-Controller von ABB schließt diese Gefahr vollständig aus, sodass vor der Erteilung eines Start-befehls selbst nach längeren Stillständen keine weiteren Maßnahmen wie ein Kriech-betrieb erforderlich sind. Falls sich in der Mühle tatsächlich verfestigte Ladung be-findet, erkennt dies der Antrieb und stoppt die Mühle, bevor der kritische Winkel er-reicht wird. Kurz gesagt, das Anfahren ver-läuft extrem schonend für die mechani-schen Komponenten wie Getriebe, Ritzel und Zahnkranz, da keine extremen Dreh-momentspitzen auftreten.

Ein Teil der in ➔ 3 gezeigten Startsequenz ist in ➔ 4 vergrößert dargestellt. Die erste kleine Drehmomentspitze (in violett) ent-spricht dem Losbrechmoment. Danach wird die Motordrehzahl langsam und gleich-mäßig erhöht, während das Drehmoment

mit dem Rotationswinkel der Mühle an-steigt. Bei einem Winkel von etwa 30° be-ginnt das Material zu rutschen, wobei die erste Drehmomentspitze etwa 94 % und die zweite, höchste Spitze etwa 113 % des Nenndrehmoments beträgt. Sobald das Rutschen des Materials erkannt wurde, wird die Mühle für den Betrieb mit niedriger Drehzahl freigegeben, bis sich ein durch-gehendes Rutschen einstellt. Dies ist in der Abbildung an dem konstanten Dreh-moment erkennbar. Bei einem Winkel von etwa 200° läuft die Anlage stabil, worauf-hin der Mühlen-Controller den Antrieb für die Solldrehzahl des PLS freigibt.

Das höchstmögliche Motordrehmoment kann im Antrieb mithilfe separater Stufen für das Anfahren (höherer Drehmoment-grenzwert, z. B. 130 % des Nenndrehmo-ments) und den Normalbetrieb nach dem Anfahren (niedrigerer Drehmomentgrenz-wert, z. B. 110 % des Nenndrehmoments) begrenzt werden.

Der Anfahrprozess ist nicht nur schonend für die Mechanik, sondern hat auch kaum Auswirkungen auf das elektrische Versor-

Bei Zahnkranz-Mühlenantrieben können die Moto-ren erhebliche mechanische Be- lastungen verur-sachen. Daher ist ein schnelles und präzises Re-gelungskonzept erforderlich.

3 Vollständige Start-Stopp-Sequenz

Starten: Zwischen 80 und 118 Sekunden Betrieb: Zwischen 118 und 550 Sekunden Stoppen: Zwischen 550 und 690 Sekunden

Zeit (s)

0

25

50

75

100

125

0

250

500

750

1000

12

50

1500

0 100 200 300 400 500 600 700

Motordrehzahl (U/min)

Motordrehmoment (%)

4 Anfahrsequenz mit Schutz gegen verfestigte Ladung

85 90 95 100 105 110 115 120 125 130

0

50

100

150

200

250

300

350

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

0

25

50

75

100

125

Zeit (s)

Motordrehzahl (U/min) Motordrehmoment (%) Mühlenwinkel (Grad)

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32 ABB technik 1|11

gungsnetz. Da der Motor durch den ACS6000 vom Netz entkoppelt ist, treten keine hohen Anfahrströme auf, wie sie bei direkt mit dem Stromnetz verbundenen Motoren typisch sind. Beim Starten be-trägt der aus dem Netz bezogene Strom (an der höchsten Spitze von 113 % des Nenndrehmoments) lediglich rund 12 % des Nennstroms.

Betriebsbereich

Sobald der Mühlen-Controller den Antrieb freigibt, kann die Drehzahl vom Anlagen-fahrer entsprechend den Prozessanforde-rungen angepasst werden. Das elektrische Antriebssystem ist in der Lage, über den gesamten Drehzahlbereich ein konstantes Drehmoment zu liefern. Ein Betrieb über der Nenndrehzahl ist ebenfalls möglich, allerdings mit verringertem Drehmoment (Betriebsbereich mit konstanter Leistung).

In ➔ 5 erhöht der Anlagenfahrer die Dreh-zahl langsam auf den Sollwert. Nachdem die Drehzahl über eine Minute lang auf 2/3 der Nenndrehzahl gehalten wurde, wird die Mühle auf eine Höchstdrehzahl von fast 1.500 U/min (Nenndrehzahl des Motors) beschleunigt. Obwohl das Dreh-moment bei der Drehzahlerhöhung leicht ansteigt (das Beschleunigungsmoment beträgt etwa 7 % des Nenndrehmo-ments), bleibt es über den gesamten Drehzahlbereich weitgehend konstant.

Stoppsequenz mit kontrolliertem Rücklauf

Wenn das PLS einen Stoppbefehl erteilt, übernimmt der Mühlen-Controller die volle Kontrolle über die Stoppsequenz. Um ein unnötiges und langes Vor- und Zurückpen-deln der Mühle beim Auslaufen zu vermei-den, hat ABB eine Funktion für einen kon-trollierten Rücklauf implementiert, mit der die Mühle auf kontrollierte Weise schnell in einen drehmomentfreien Zustand gebracht wird. Hierzu wird die Drehzahl zunächst auf null zurückgefahren. Danach arbeitet das Antriebssystem langsam in entgegenge-setzter Richtung, um die Mühle zurücklau-fen zu lassen, bis das System drehmoment-frei ist ➔ 6. Während dieses Vorgangs wirkt der Motor als Generator, der die Lageener-gie umwandelt, die das Material in der Mühle bei einem bestimmten Winkel besitzt.

Bei dieser Art von Antriebssystem – das über einen Dioden-Brückengleichrichter verfügt, der eine Rückspeisung von Ener-gie in das Netz verhindert – ist die negative Drehzahl, die für den Rücklauf der Mühle zur Verfügung steht, relativ niedrig. Dies

5 Normalbetrieb

150 200 250 300 350 400 450 500

0

50

100

150

200

250

300

350

0 25

0 50

0 75

0 10

00

1250

15

00

0

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20

30

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50

60

70

80

90

100

Zeit (s)

Motordrehzahl (U/min) Motordrehmoment (%) Mühlenwinkel (Grad)

6 Vollständige Stoppsequenz

575 600 625 650 675

0

50

100

150

200

250

300

350

0

250

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750

1000

12

50

1500

Zeit (s)

0

25

50

75

100

125

Motordrehzahl (U/min) Motordrehmoment (%) Mühlenwinkel (Grad)

7 Detailansicht kontrollierter Rücklauf

630 640 650 660 670 680

140

150

160

170

180

190

200

-25

0 25

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75

10

0 12

5 15

0

Zeit (s)

-10

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Motordrehzahl (U/min) Motordrehmoment (%) Mühlenwinkel (Grad)

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33Der Antrieb macht’s

liegt daran, dass die generatorische Leis-tung durch die Verluste im Antriebssystem (d. h. Motor und Wechselrichter/Gleich-strom-Zwischenkreis des Frequenzumrich-ters) begrenzt wird. ABB bietet optional auch ein echtes Vier-Quadranten-Antriebs-system mit aktivem Gleichrichter, das eine Rückspeisung der Bremsenergie in das Netz ermöglicht. Dadurch wird die Rück-laufzeit der Mühle erheblich verkürzt.

Der in ➔ 6 gezeigte kontrollierte Rücklauf ist in ➔ 7 vergrößert dargestellt. Nachdem die Drehzahl der Mühle auf null heruntergefah-ren wurde und eine Unwucht innerhalb der Mühle vorliegt, erzeugt der Motor zunächst ein positives Drehmoment, das die Mühle in dieser Stellung hält. Durch leichtes Senken des Drehmoments ändert sich nun die Drehrichtung, und die Mühle läuft langsam zurück, bis die Ladung im Gleichgewicht ist. Die Daten in ➔ 7 zeigen deutlich, dass während des gesamten Vorgangs aus-schließlich ein positives Drehmoment auf die Zähne des Ritzels wirkt, sodass ein ständiger Kontakt zwischen Ritzel und Zahnkranz besteht und keinerlei Spiel auf-tritt. Dies wäre andernfalls an einem plötz-lichen Abfall des Drehmoments auf null oder darunter erkennbar.

In dieser speziellen Konfiguration beträgt die Motordrehzahl beim kontrollierten Rücklauf lediglich 12,8 U/min, was etwa 0,85 % der Nenndrehzahl entspricht. Mit anderen Worten, die Mühle läuft sanft und auf kontrollierte Weise mit einer Drehzahl von lediglich 0,1 U/min zurück. Dass das System selbst bei dieser geringen Dreh-

zahl stabil läuft, ist der DTC-Technologie von ABB zuzuschreiben. Außerdem be-trägt die Zeit zwischen dem Herunter- fahren der Drehzahl auf null und dem

Die neueste Gene-ration von ABB MS-Frequenzumrichtern bietet hervorragen-de Möglichkeiten zur Verbesserung der Mahlprozesse in der Mineralstoff-industrie.

Erreichen des drehmomentfreien Zustands (d. h. Mühle angehalten und kein Über-schwingen) etwa 55 s. Dies ist bereits deutlich kürzer als beim Auslaufen der Mühle, könnte jedoch mithilfe eines Vier-Quadranten-Umrichtersystems noch wei-ter verkürzt werden.

Ein Blick auf den Verlauf des Mühlenwin-kels in ➔ 7 zeigt, dass die Mühle um 30° (von ca. 178° bis ca. 148°) zurückge- laufen ist (die Kurve fällt ab, sobald die Drehzahl bei etwa 630 Sekunden negativ wird). Dies passt genau zu dem gemes-senen Winkel, bei dem die Ladung wäh-rend der Startsequenz in ➔ 4 zu rutschen beginnt.

Auslaufen (pendelnde Mühle)Um die besonderen Vorteile eines dreh-zahlgeregelten Betriebs und damit auch eines kontrollierten Rücklaufs zu verdeut-lichen, wurde an derselben Mühle auch das normale Auslaufenlassen von der Nenndrehzahl getestet. Hierbei betrug die Zeit vom Stoppbefehl bis zum vollständi-gen Stillstand der Mühle (d. h. bis diese nicht mehr vor- und zurückpendelt) etwa 180 s ➔ 8.

Bei genauerer Betrachtung des Motordreh-zahlsignals (gemessen von einem Drehzahl-messer am Motor) in ➔ 9 sind Anzeichen für ein gewisses Spiel (siehe Pfeile) zwischen den Zähnen von Ritzel und Zahnkranz zu erkennen. Dies hat folgenden Grund: Der Zahnkranz treibt den Motor an, der auf-grund seiner Trägheit beschleunigt und verzögert werden muss. Beim Verzögern schlägt der Zahn des Zahnkranzes mehr-mals auf den Zahn des Ritzels, um den Motor abzubremsen. Dies führt nicht nur zu Spiel, sondern auch zu einer erheb- lichen Belastung der Zähne.

WartungsfunktionenUm eine schnelle, einfache und sichere Instandhaltung der Mühle zu ermöglichen, hat ABB den Mühlen-Controller mit speziel-len Wartungsfunktionen ausgestattet.

Kriechbetrieb

Der Kriechbetrieb, eine typische Wartungs-funktion für Mühlen, ist nichts anderes als der Betrieb der Mühle mit äußerst niedriger Drehzahl zu Instandhaltungszwecken, z. B. zur Sichtprüfung der Lager oder zur manu-ellen Positionierung der Mühle beim Aus-tausch der Mühlenauskleidung. Mühlen, die

8 Auslaufen (pendelnde Mühle)

Zeit (s)

-50

0 50

10

0 15

0 20

0

475 500 525 550 575 600 625 650

-250

0

250

500

750

1000

125

0 15

00

Motordrehzahl (U/min) Mühlenwinkel (Grad)

Zeit (s)

525.0 257.5 530.0 532.5 535.0 537.5 540.0 542.5 545.0

Motordrehzahl (U/min)

9 Spiel beim Auslaufen-2

00

-150

-1

00

-50

0 50

10

0 15

0 20

0

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34 ABB technik 1|11

Mühle mit dieser Drehzahl um 420° rotieren, bevor er einen Stoppbefehl initiiert. Darauf-hin fährt der Mühlen-Controller die Drehzahl auf null herab und führt einen kontrollierten Rücklauf aus, bis kein Drehmoment mehr anliegt und der Antrieb abgeschaltet wird.

Automatische Positionierungssequenz

Die automatische Positionierungsfunktion ermöglicht es dem Anlagenfahrer, die Mühle präzise um einen gewünschten Winkel oder eine gewünschte Anzahl von Reihen der Mühlenauskleidung zu drehen. Diese Funktion ist besonders hilfreich beim Austausch der Mühlenauskleidung, da sie dabei hilft, die Stillstandzeit zu verkürzen und die Verfügbarkeit zu erhöhen. Der Positionierungsmodus, die Rotationsrich-tung und der gewünschte Winkel bzw. die gewünschte Anzahl von Auskleidungs- reihen kann über ein lokales Bedienfeld oder das PLS angewählt werden.

Eine automatische Positionierungssequenz mit einer Winkelanforderung von 180° ist in ➔ 11 dargestellt. Das Material rutscht bei 27°; der Antrieb läuft für eine gewisse Zeit mit niedriger Drehzahl und senkt dann die Drehzahl auf null ab. Zu diesem Zeitpunkt hat sich die Mühle um 209° gedreht, und es liegt ein Drehmoment von 94 % des Nenn-drehmoments an (d. h. die Mühle ist voll be-laden). Dann läuft der Antrieb rückwärts und reduziert das Drehmoment langsam. Bei Stillstand des Antriebs (nach 101,6 s) hat sich die Mühle um 179,2° gedreht, was einer Ungenauigkeit von nur 0,5 % ent-spricht. Die optimale Positionierungsdreh-zahl war in diesem Beispiel mit 158 U/min vorgegeben, was 10,5 % (10 % sind typisch) der Nenndrehzahl entspricht. Bei dieser Drehzahl lagen die Winkelungenauig-keiten in allen Tests unter 1 %.

Schutz gegen Verformung

Der Verformungsschutz ist eine automa- tische Positionierungssequenz mit einem festen Winkelsollwert von 180°. Auch wenn Verformung bei Mühlen in der Mineralstoffindustrie kein ernsthaftes Problem darstellt, kann die Funktion bei längeren Stillständen (z. B. bei Wartun-gen) verwendet werden, um ein Fest- kleben der Ladung zu verhindern. Der Anlagefahrer muss lediglich den Verformungsschutzmodus sowie die ge-wünschte Rotationsrichtung auswählen und dann den Startbefehl erteilen. Daraufhin führt der Mühlen-Controller die Rotation um 180° genau wie in ➔ 11 dar-gestellt durch.

Mit der automa-tischen Positionie-rungsfunktion kann die Mühle präzise um einen gewünschten Winkel oder eine gewünschte Anzahl von Auskleidungs-reihen gedreht werden.

von Motoren mit konstanter Drehzahl ange-trieben werden, benötigen dafür in der Regel einen Hilfsmotor mit Untersetzungs-getriebe. Da die Mühlenantriebssysteme von ABB jedoch ein hohes Drehmoment bei niedriger Drehzahl erzeugen können, kann der Kriechbetrieb mit dem Hauptantrieb durchgeführt werden.

Der Kriechbefehl sollte vorzugsweise über ein lokales Bedienfeld in der Nähe der Mühle initiiert werden, er kann jedoch auch dezentral über das PLS aktiviert werden. Das Anfahren wird vollständig vom Müh-len-Controller geregelt, und der Schutz gegen verfestigte Ladung ist auch im Kriechmodus aktiv. Die Kriechdrehzahl be-trägt üblicherweise 5 % der Nenndrehzahl, kann jedoch nach erfolgreichem Start auf 1–10 % eingestellt werden.

Eine vollständige Kriechsequenz ist in ➔ 10 dargestellt. Die Kriechdrehzahl beträgt 48 U/min bzw. 3,2 % der Nenndrehzahl. Das Rutschen der Ladung wird bei einem Mühlenwinkel von 23,5° und einem Dreh-moment von 73 % des Nenndrehmoments registriert. Der Anlagenfahrer lässt die

10 Kriechroutine

-50

0

50

100

150

200

250

300

350

100 150 200 250 300Zeit (s)

-25

0 25

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75

10

0

-25

0 25

50

75

10

0

Motordrehzahl (U/min) Motordrehmoment (%) Mühlenwinkel (Grad)

11 Automatische Positionierungsroutine mit 180 Grad Sollwinkel

470 480 490 500 510 520 530 540 550 560

0 50

10

0 15

0 20

0

-25

0 25

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75

10

0 12

5 15

0 17

5

Zeit (s)

0 25

50

75

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0

Motordrehzahl (U/min) Motordrehmoment (%) Mühlenwinkel (Grad)

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35Der Antrieb macht’s

schritte, die sich auch in einer Veränderung der Drehzahl widerspiegeln, werden nach dem Anfahren der Mühle ausgeführt und bestehen aus einer Reihe von Beschleu- nigungs- und Verzögerungsphasen, mit denen die verfestigte Ladung gelöst werden soll. Die Amplitude der Schritte steht in einem festen Verhältnis zum momentanen Drehmoment des Systems und kann bei der Inbetriebnahme eingestellt werden.

Wie in ➔ 13 zu sehen ist, beträgt die maxi-male Amplitude des größten Drehmoment-schritts 19,2 % des Nenndrehmoments. Da Drehmoment und Drehzahl immer positiv sind und der Betrieb im gleichen (ersten) Quadranten stattfindet, tritt keinerlei Spiel zwischen Ritzeln und Zahnkranz auf.

Fortsetzung folgt . . .Die speziellen Mühlenfunktionen von ABB bieten Mühlenbetreibern einen erheblichen Mehrwert durch eine höhere Effizienz bei Betrieb und Wartung. Das Antriebssystem ist auch für Doppelritzel-Mühlenantriebe erhältlich, bei denen die Mühle von zwei über den Zahnkranz mechanisch miteinan-der verbundenen Motoren angetrieben wird, was eine präzise Lastverteilung erfor-dert. Der zweite Teil dieses Artikels zeigt anhand von Feldmessungen die erstaun-liche Präzision eines Doppelritzel-Mühlen-antriebs mit 2 x 5 MW.

Marco Rufli

Maarten van de Vijfeijken

ABB Schweiz

Baden-Dättwil, Schweiz

[email protected]

[email protected]

Literaturhinweise[1] Ravani von Ow, T., Bomvisinho, L. (2010):

„Use of the latest technology to overcome the demands of mill operation“. 42. Annual Canadian Mineral Processors Operators Conference. Ottawa, Kanada

[2] Ravani von Ow, T., Gerhard, B. (2010): „Ringgeared mills operated with frequency converter (much more than just variable speed)“. SME-Annual Meeting. Phoenix, Arizona, USA

Titelbild Die neueste Generation von ABB Mittelspannungs-Frequenzumrichtern im Einsatz in der Kupfer- konzentratanlage von Boliden in Aitik, Schweden

Lösen verfestigter Ladung

Ein Verfestigen der Ladung tritt vorwie-gend in Kugelmühlen auf. Nachdem ein solcher Zustand erkannt wurde, muss die verfestigte Ladung gelöst werden. Dies erfolgt üblicherweise per Hand und ist mit einem längeren Stillstand verbunden.

Die speziellen Mühlenfunktionen von ABB schützen die Mühle nicht nur gegen das Herunterfallen verfestigter Ladungen, son-dern beinhalten auch eine patentierte Funk-tion zum Lösen verfestigter Ladung, die im Mühlen-Controller zur Verfügung steht und nur manuell über ein lokales Bedienfeld oder über das PLS aktiviert werden kann. Bei dieser Funktion versucht der Antrieb, die verfestigte Ladung mithilfe von Drehmo-

mentschritten zu lösen. Die optimale Ampli-tude und Dauer dieser Schritte werden bei der Inbetriebnahme bestimmt und einge-stellt. Die Amplitude wird dabei so festge-legt, dass das momentane Drehmoment stets um einen bestimmten Prozentsatz er-höht wird, während die Schutzfunktionen

wie die Drehmo-ment- und die Strombegrenzung wie im normalen Mühlenbetrieb ar-beiten. Dadurch wird die mechani-sche Ausrüstung niemals höheren Belastungen ausge-setzt, als sie auch

im Normalbetrieb auftreten können. Die Funktion zum Lösen verfestigter Ladung kann sowohl in positiver als auch in nega-tiver Rotationsrichtung verwendet werden.

Eine vollständige Sequenz zum Lösen ver-festigter Ladung in positiver Richtung mit kontrolliertem Rücklauf ist in ➔ 12 dar- gestellt. ➔ 13 zeigt den Beginn der Sequenz in der Vergrößerung. Die Drehmoment-

Die speziellen Mühlenfunktionen von ABB bieten Mühlenbetrei-bern einen erheblichen Mehr-wert durch eine höhere Effizienz bei Betrieb und Wartung.

12 Lösen verfestigter Ladung mit kontrolliertem Rücklauf

0 50

10

0 15

0 20

0

4290 4295 4300 4305 4310 4315 4320 4325 4330 4335 4340 4345

Zeit (s)

-25

0 25

50

75

-25

0 25

50

75

Motordrehzahl (U/min) Motordrehmoment (%) Mühlenwinkel (Grad)

13 Drehmomentschritte beim Lösen verfestigter Ladung

4290,0 4292,5 4295,0 4297,5 4300,0 4302,5

0

50

100

150

200

250

0 10

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30

40

50

60

70

80

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10

0

0 10

20

30

40

50

60

70

Zeit (s)

Motordrehzahl (U/min) Motordrehmoment (%) Mühlenwinkel (Grad)

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36 ABB technik 1|11

Land- und schiffsseitige Technologien für die Landstromversorgung von Schiffen und deren Standardisierung

LUTZ THURM, ISMIR FAZLAGIC, THORSTEN HARDER, KNUT MARQUART –

Ein Bereich, der zurzeit kritisch beäugt wird, ist der ökologische Fußab-druck von Häfen. Regierungen, Hafenbehörden und Reedereien sondie-ren verschiedene Lösungen, um die Emissionen von Schiffen während ihres Aufenthalts im Hafen zu reduzieren. Eine mögliche Lösung besteht darin, die Schiffe an das Landstromnetz anzuschließen, um die von der Mannschaft, den Passagieren und für den Frachtumschlag benötigte Schiffsinfrastruktur zu versorgen. Angesichts einer bevorstehenden Standardisierung solcher Landanschlussanlagen wird eine verstärkte Realisierung entsprechender Lösungen erwartet, was Hafenbehörden und Reedereien dabei hilft, die Emissionen im Hafen zu reduzieren.

Steckdosen für Schiffe

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37Steckdosen für Schiffe

kette von der Einspeisestation einschließ-lich der Transformatoren und Umrichter zur Anpassung der Netzspannung- und Frequenz an das Bordstromnetz bis hin zu den Liegeplatzanschlüssen und -kabeln und ermöglichen die gleichzeitige Versorgung mehrerer Schiffe mit 50 und 60 Hz unabhängig von der Frequenz des lokalen Netzes.

Für jeden landseitigen Anschlusspunkt ist ein eigener Transformator erforderlich, der

zwei Aufgaben erfüllt: Zum einen stellt er die notwendige galvanische Trennung (d. h. eine nichtmetallische direkte Verbin-dung zwischen dem landseitigen Versor-gungsnetz und dem Bordnetz) bereit, die dafür sorgt, dass das Stromnetz im Hafen bei einem Erdschluss im elektrischen Sys-tem des Schiffs nicht gefährdet wird, und umgekehrt. Zum anderen setzt er die

Die Kosten für die Ausrüstung können ab-hängig von den jeweiligen Anforderungen des Hafens und der bereitgestellten Leis-tung stark variieren. Zusätzliche Investitio-nen sind für den Bau und die Installation der Anlagen am Kai und eine möglicher-weise notwendige Verstärkung des Hafenstromnetzes erforderlich.Die Stromversorgung in Häfen ist ver-gleichbar mit der einer kleinen Fabrik, wobei die Elektrizität in erster Linie für den Betrieb der landseitigen Be- und Ent-ladeinfrastruktur, d. h. Kräne, Förder-bänder, Kühlanla-gen, Heizungen und Nebeneinrich-tungen, benötigt wird. Den meisten Häfen steht genü-gend Leistung zur Verfügung, um die-sen Bedarf zu de-cken, plus 2–3 MW für sekundäre Ver-braucher. Geht man davon aus, dass ein Schiff bei seinem Aufenthalt im Hafen je nach Schiffstyp bis zu 10 MW benötigt, reicht die elektrische Infrastruktur in vie-len Häfen nicht aus, um eine entspre-chende Landstromversorgung ohne ent-scheidende Verbesserung des Netzes zu bewältigen. Dies ist häufig mit Investitio-nen in eine neue Unterstation oder der Installation einer neuen Speiseleitung für höhere Leistungen verbunden. Für bei-des sind Verhandlungen mit dem Strom-anbieter des Hafens erforderlich.Lösungen zur Landstromversorgung um-fassen häufig die gesamte Versorgungs-

E iner der Hauptvorteile der land-seitigen Stromversorgung ➔ 1 ist das wesentlich günstigere Um-weltprofil des in Kraftwerken er-

zeugten Stroms gegenüber den mit Bun-keröl betriebenen Schiffdieselmotoren. Die Landstromversorgung1 bietet Behörden die Möglichkeit, auf ein spezifisches loka-les Problem (Umweltverschmutzung) mit einer spezifischen lokalen Lösung (Land-anschluss) zu reagieren. Häfen können als Versorgungsunternehmen fungieren und eine effizientere und leistungsfähigere Ge-samtversorgung bieten, wobei die Investi-tionen in die erforderliche Infrastruktur über Jahrzehnte hinweg nachhaltig sind und langfristige Umsätze generieren. Im Hafengebiet profitieren alle Beteiligten zu-sätzlich von einer geringeren Belastung durch Lärm und Vibrationen. Die bevor-stehende Standardisierung von Landan-schlüssen macht entsprechende Investiti-onen in diese Technologie noch lohnender.

Landseitige TechnologieDie für die Landstromversorgung von Schiffen im Hafen erforderliche Technolo-gie ist nicht neu. So können Ingenieure bei der Entwicklung einer zuverlässigen Infrastruktur zur Übertragung der Elektri-zität heute auf bewährte Technologien zu-rückgreifen, wobei auch solche Dinge wie eine sichere Handhabung der Kabelver-bindungen eine wichtige Rolle spielen.

Die Stromversorgung in Häfen ist vergleichbar mit der einer kleinen Fabrik, wobei die Elek-trizität in erster Linie für die landseitige Be- und Entlade-infrastruktur benötigt wird.

Fußnote1 Die landseitige Stromversorgung wird u. a. auch

als Cold Ironing, Onshore Power Supply (OPS), Alternative Marine Power (AMP) oder Landan-schluss (Shore Connection) bezeichnet.

1 Übersicht über die Systeme zur landseitigen Stromversorgung

a

b

c

a Transformator und Schaltanlage b Umrichter c Anschluss

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38 ABB technik 1|11

Das landseitige Anschlusssystem sollte möglichst wenig des wertvollen Platzes am Kai beanspruchen. Die Einspeisestation kann bis zu 10 km vom Transformator und den MS-Schaltfeldern am Liegeplatz ent-fernt platziert werden, die das Schiff direkt mit Strom versorgen. An der Kaimauer gibt es lediglich einen kleinen und sicheren, zimmergroßen Container, in dem die MS-Schaltanlage mit einem automatischen Erdungsschalter, Schutz- und Steuergerä-ten und der Bedienerschnittstelle unterge-bracht ist. Der große Vorteil einer kompak-ten landseitigen Infrastruktur ist, dass sie einen reibungslosen Hafenbetrieb erlaubt und auch mobil ausgeführt werden kann.

Schiffsseitige TechnologieUm Strom aus dem Landnetz nutzen zu können, müssen Schiffe über eine entspre-chende Ausrüstung verfügen, die den phy-sischen Anschluss an das landseitige Sys-tem ermöglicht, den eingespeisten Strom mit dem Bordnetz synchronisiert und die Landstromversorgung mit der Hilfsstrom-versorgung des Schiffs koppelt. Diese Ausrüstung kann beim Bau des Schiffs in-tegriert oder in relativ kurzer Zeit und ohne große Störung der Betriebsabläufe entwe-der im laufenden Betrieb oder im Trocken-dock sicher nachgerüstet werden.Zuerst muss der Strom von Land über Kabel an Bord gelangen ➔ 4, ➔ 5. In einigen Fällen, insbesondere bei Containerschiffen und RoRo-Fähren, ist das Kabel auf dem Schiff installiert und wird mittels einer Rolle oder Trommel auf den Kai abgesenkt, wo es angeschlossen wird. Bei Kreuzfahrt-schiffen befindet sich das Kabel immer an

zum Anschluss eines Schiffs an ein beliebi-ges Stromnetz unabhängig von der erfor-derlichen Frequenz. Je nach Gestalt des Hafens kann eine zentralisierte Lösung mit einem Umrichter genutzt werden, um mehrere Schiffe und Liegeplätze zu versor-gen. Dank ihres geringen Platzbedarfs können die Umrichter zusammen mit den kompakten Schaltanlagen und Transfor-matoren in einem Schaltanlagengebäude oder -container untergebracht werden. Darüber hinaus tragen die Frequenzum-richter durch Verbesserung des Leistungs-faktors und Stabilisierung der Spannung und Frequenz zur Verbesserung der Ver-sorgungsqualität des Hafennetzes bei. Je nach Anforderungen des Projekts werden Niederspannungsumrichter vom Typ PCS100 oder Mittelspannungs-

umrichter vom Typ PCS6000 einge-setzt ➔ 2.

Letztlich muss die landseitige Infra-struktur ein Auto-matisierungs- und Kommunikations-system umfassen, mit dem der An-

schluss der Kabel koordiniert und die elek-trische Last des Schiffs mit der land- seitigen Versorgung synchronisiert werden kann. Dies wird durch zwei Fernwirkein-heiten (Remote Terminal Units, RTUs) – eine an Bord des Schiffs und eine an Land – ermöglicht, die über Glasfaserkabel und Ethernet kommunizieren.

Spannung von der Verteilungsspannung (z. B. 20 kV) auf eine der beiden Standard-spannungen für Landstromanschlüsse (11 kV oder 6,6 kV, je nach Schiff) herunter.Darüber hinaus ist für jeden Anschluss-punkt eine Mittelspannungsschaltanlage (MS-Schaltanlage) mit einem automati-schen Erdungsschalter erforderlich. Die Schaltanlage hat im Wesentlichen die Aufgabe, die Stromversorgung zu unter- brechen, während der Erdungsschalter dafür sorgt, dass keine Spannung mehr in den Kabeln zwischen Schiff und Kaimauer vorhanden ist, wenn diese bewegt und an-geschlossen werden. Da das größte Risiko bei Landstromanschlüssen für das Perso-nal besteht, das mit den Kabeln und Sys-temen umgeht, ist diese Schaltanlage von zentraler Bedeutung.

Für die meisten landseitigen Stroman-schlüsse ist außerdem ein statischer Fre-quenzumrichter erforderlich ➔ 2. Da die meisten Schiffe mit einer Bordnetzfrequenz von 60 Hz arbeiten, die örtlichen Strom-netze in den meisten Teilen der Welt aber mit 50 Hz ➔ 3, ist eine Anpassung der Fre-quenz erforderlich. Statische Frequenzum-richter bieten eine wirtschaftliche Lösung

Eine Vielzahl der heutigen Schiffe mit Landstroman-schluss wurde nachgerüstet und nicht mit dem Neubau des Schiffes integriert.

2 Das ABB-Portfolio von Frequenzumrichtern für Landstromanwendungen reicht von 120 kVA (PCS100) bis zu mehreren MVA (PCS6000).

a Statischer Frequenzumrichter vom Typ PCS100 b Statischer Frequenzumrichter vom Typ PCS6000

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39Steckdosen für Schiffe

4 Anschlusskabel des Kreuzfahrtschiffs MS Oosterdam der Holland America Line

Land, wo es meist an einem kleinen integ-rierten, hydraulischen Arm geführt wird.Befindet sich das Kabelmanagementsys-tem an Land, erfolgt der Anschluss über ein landseitiges Anschlussfeld ➔ 6. Dieses muss generell so nahe wie möglich beim Schiffsrumpf und in guter Reichweite zu den schweren landseitigen Kabeln platziert sein. Das landseitige Anschlussfeld enthält einen Leistungsschalter, ein Schutzrelais, die physischen Anschlüsse (Stecker und Erdungskabel) und eine Steuerschnittstelle zum Automatisierungs- oder Power-Ma-nagement-System des Schiffs. Diese Sys-teme ermöglichen die Synchronisation der Stromversorgung mit den Hilfsdieselmoto-ren des Schiffs, bevor die Last transferiert wird. Die landseitigen Anschlussfelder von ABB umfassen zwei Schaltschränke mit unterschiedlichen Ausmaßen je nach Nennleistung. Diese MS-Ausrüstungen müssen in einem eigenen Raum unterge-bracht werden.

Bei Schiffen mit herkömmlichem mechani-schem Antrieb (bei dem die Dieselmotoren anders als beim dieselelektrischen Antrieb die Schiffspropeller direkt antreiben), ist ein Transformator erforderlich, um die Nieder-spannungs-Hilfsstromversorgung an Bord (typischerweise 400 bis 690 V) mit der Landstromversorgung (11 bzw. 6,6 kV) zu koppeln. Dieser Transformator ist relativ groß und sperrig, doch anders als das land-seitige Anschlussfeld kann er im Maschi-nenraum oder an einer anderen geeigneten Stelle auf dem Schiff installiert werden.Das Anschließen und Trennen eines Schiffs an bzw. von der Landstromversorgung dauert zwischen fünf und 30 Minuten. An

Die IEC, die ISO und das IEEE2 arbeiten gemein-sam an einer Norm als fundierte globale Grundlage für die Landstrom- versorgung von Schiffen.

Bord kontrolliert der erste Ingenieur oder ein qualifiziertes Crewmitglied, das sich mit dem Power-Management-System des Schiffs auskennt, die Übergabe. Die Hand-habung der Kabel kann entweder von entsprechend geschultem Schiffs- oder Hafenpersonal übernommen werden. Mindestens ein Unternehmen hat damit begonnen, sich mit einem automatisierten System zum Anschluss der Kabel an das Schiff zu befassen, um die Sicherheit zu verbessern und Zeit zu sparen.

Die Mehrheit der Schiffe, die zurzeit über eine entsprechende Infrastruktur für die Landstromversorgung verfügen, sind Con-tainerschiffe. Viele Schiffskonstrukteure integrieren diese Infrastruktur bereits in ihre Entwürfe oder halten Platz dafür vor. Eine Vielzahl der heutigen Schiffe mit Landstromanschluss wurde nachgerüstet, d. h. die Ausrüstung wurde nachträglich in ein vorhandenes Schiff eingebaut und nicht bereits beim Bau installiert.

Auch wenn wenig an der für die Land-stromversorgung an Bord installierten Technik neu ist, muss für gewöhnlich das gesamte System für jede Installation indivi-duell konzipiert werden. Auch bei einem standardisierten Anschluss bleibt die Schiffskonstruktion individuell, d. h. Aspek-te wie Platz, Zugänglichkeit und die Anbin-dung an das Power-Management-System und die Dieselmotoren müssen vor der In-stallation geklärt werden. ABB hat schlüs-selfertige Lösungen entwickelt, die den gesamten Lieferumfang abdecken und eine minimale Störung des Schiffsbetriebs gewährleisten.

3 Unterschiedliche Netzfrequenzen weltweit machen Frequenzumrichter für die landseitige Stromversorgung erforderlich.

50 Hz

60 Hz

50/60 Hz

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40 ABB technik 1|11

Standardisierung der AnschlusssystemeUm eine Landstromversorgung für Häfen und Reedereien attraktiv zu machen, müs-sen die Art und Anordnung der Strom- anschlüsse standardisiert sein. Weder ein Hafenbetreiber noch ein Reeder kann die Investition in eine teure Ausrüstung für die Landstromversorgung rechtfertigen, ohne sicher sein zu können, dass ein solches System in vielen Teilen der Welt und für eine bestimmte Zeit nutzbar ist.

Die Arbeiten an einem einheitlichen Stan-dard für die Landstromversorgung von Schiffen begannen im Frühjahr 2005 unter der Mitwirkung von Technologieanbietern, Regierungen, Hafenbehörden, Reedereien (insbesondere für Kreuzfahrtschiffe, Tanker und Containerschiffe), Klassifikationsge-sellschaften und anderen. Die IEC, die ISO

Ist der globale Standard erst in Kraft, ist eine verstärkte Investition seitens der Häfen und Reedereien in Landanschluss-anlagen zu erwarten. Die endgültige Norm steht derzeit kurz vor der Ratifizierung.

Lutz Thurm

ABB ship solutions

[email protected]

Ismir Fazlagic

ABB shore solutions

[email protected]

Thorsten Harder

ABB frequency converters

[email protected]

Knut Marquart

ABB Marketing and Customer Solutions

[email protected]

Weiterführende Literatur– Marquart, K., Haasdijk, T., Ferrari, GB., Schmidhal-

ter, R.: „Landstrom für Schiffe: Eine schlüsselfertige Lösung zur wirksamen Reduzierung des Schad- stoffausstoßes von Schiffen im Hafen. ABB Technik 4/2010: 56–60

– www.abb.com/ports

Literaturhinweise[1] IEC/PAS 60092-510. Edition 1.0 (2009, April):

„Electrical installations in ships – Part 510: Special features – High-voltage shore connection systems“. Abgerufen am 20.09.2010 unter http://webstore.iec.ch/preview/info_iecpas60092-510%7Bed1.0%7Den.pdf

Titelbild Das Kreuzfahrtschiff MS Zulderdam der Holland America Line ist mit einem Landstromanschluss ausgerüstet, der zur Verbesserung der Wohnqualität für Hafenanwohner beiträgt.

und das IEEE2 arbeiten gemeinsam an der Entwicklung einer Norm, die eine fundierte globale Grundlage für die landseitige Stromversorgung von Schiffen liefern soll.

Die Norm umfasst die Spezifikation, Ins-tallation und Prüfung von Systemen und Anlagen zur Landstromversorgung, d. h.:– das landseitige Verteilungssystem– die Verbindung zwischen Land und

Schiff– Transformatoren/Drosseln– Leistungselektronische Umrichter und

rotierende Umformer– Schiffsseitige Verteilungssysteme– Steuerungs-, Überwachungs-,

Verriegelungs- und Power-Manage-ment-Systeme

Ziel der Normenarbeit war die Definition von Anforderungen, die – unter Anwen-dung geeigneter Verfahrensweisen – den schnellen Anschluss von konformen Schif-fen über ein kompatibles Anschlusssystem an konforme landseitige Hochspannungs-versorgungen unterstützen [1]. Damit sind Schiffe und Hafenbetreiber nicht mehr ge-zwungen, ihre Infrastruktur anzupassen oder einzustellen, um einen landseitigen Anschluss zu ermöglichen.

Das anfängliche Ziel, einen einzigen glo-balen Anschlussstandard für alle Schiffe in allen Häfen zu entwickeln, wurde gezwun-genermaßen verworfen, da die Leistungs-anforderungen und -kapazitäten von Schif-fen sich so stark unterscheiden, dass ein einziger Standard nicht realisierbar wäre. Folglich wurden vier separate, aber mitein-ander verknüpfte Normen – eine für RoRo-Schiffe, eine für Containerschiffe, eine für Kreuzfahrtschiffe und eine für Tanker – ent-wickelt. Darüber hinaus wurden zwei Stan-dardspannungen – 11 kV und 6,6 kV – für den Anschluss festgelegt.

5 Landstromanschluss von ABB in Göteborg, Schweden 6 Landseitiges Anschlussfeld von ABB

Die Landstromver-sorgung bietet Behörden eine spezifische lokale Lösung (Landan-schluss) für ein spezifisches lokales Problem (Umwelt-verschmutzung).

Fußnote2 IEC = International Electrotechnical Commission,

ISO = International Organization for Standardi-zation, IEEE = Institute of Electrical and Electronics Engineers

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41Der Fünf-Stufen-Umrichter

FREDERICK KIEFERNDORF, MICHAEL BASLER, LEONARDO

SERPA, JAN-HENNING FABIAN, ANTONIO COCCIA, GERALD

SCHEUER – Die moderne Leistungselektronik hat die Bereit-stellung und Nutzung von elektrischer Energie revolutioniert. Im Bereich der elektrischen Antriebstechnik hat die Möglich-keit, die Frequenz und Amplitude der Ausgangsspannung eines Wechselrichters beliebig zu wählen und sogar stufenlos zu verändern, zu einer erheblichen Verbesserung der Energie-effizienz und Regelbarkeit geführt. Wechselrichter „syntheti-sieren“ eine Wechselspannung, indem sie mithilfe von Halbleiterelementen mit hoher Frequenz zwischen verschie-denen Gleichspannungsstufen umschalten. Aufgrund des

rechteckigen Schaltmusters weicht der daraus resultierende Spannungsverlauf allerdings von einer „idealen“ Sinuswelle ab. Der Unterschied kann so groß sein, dass der Einsatz von elektrischen Antrieben für viele Anwendungen nicht möglich ist. Eine Möglichkeit, die Effizienzvorteile von elektrischen Antrieben für eine breite Palette von Anwendungen zur Verfügung zu stellen, besteht darin, die Zahl der verfügbaren Gleichspannungsstufen zu erhöhen. Der ACS 2000 von ABB geht über die üblichen drei Spannungsstufen hinaus und arbeitet mit fünf Stufen. Durch seine raffinierte Topologie wird zudem ein Großteil der Komplexität vermieden, mit der fünfstufige Stromrichter normalerweise verbunden sind.

Die ANPC-5L-Technologie und der Frequenzumrichter ACS 2000

Der Fünf-Stufen-Umrichter

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42 ABB technik 1|11

kungen dieser Oberschwingungen zu um-gehen, müssen entweder die Motoren so ausgelegt sein, dass sie den zusätzlichen Belastungen standhalten (was den Einsatz vieler standardmäßiger Katalogmotoren ausschließt), oder die entsprechenden Stromrichter können nicht für bestehende Anwendungen eingesetzt werden. Folg-lich besteht ein Bedarf für einen Strom-richter, der eine noch sinusförmigere Aus-gangsspannung liefert.

WechselrichterstufenDer einfachste Wechselrichter ist der Zwei-Stufen-Stromrichter (auch Zweipunkt-Stromrichter genannt). Dieser arbeitet mit nur zwei Spannungsstufen – der DC-Ver-sorgungsspannung in normaler und um-gekehrter Priorität. Der Dreipunkt-NPC-Stromrichter (von engl. Neutral Point Clamped) stellt eine Erweiterung dieses Konzepts dar, die zusätzlich in der Lage ist, auf die Nullpunktspannung zu schal-ten ➔ 1a und Schaltmuster wie in ➔ 1c dargestellt zu erzeugen.

Mittlerweile gibt es Stromrichter, die mit fünf Spannungsstufen arbeiten, allerdings zeichnen sich diese Schaltungen durch eine deutlich höhere Komplexität aus. Soll die Gleichstromversorgung zum Beispiel aus fünf statt aus drei Spannungsstufen aufgebaut sein, sind dafür zusätzliche Klemmdioden und Kondensatoren sowie die dazugehörigen Steuer- und Lade-schaltkreise erforderlich. Eine Alternative ist die Reihenschaltung von Stromrich-tern, was aber aufgrund der erforderlichen galvanischen Trennung der Versorgungen und den dafür notwendigen kostspieligen Transformatoren ebenfalls die Komplexi-tät des DC-Versorgungsschaltkreises erhöht. Solche Lösungen sind zwar bei hohen Leistungen vertretbar, doch für Mittelspannungsantriebe im unteren Leis-tungssegment sind einfachere Lösungen ge-fordert.

ABB hat sich dieser Problematik gewid-met und eine Lösung entwickelt, die in der Lage ist, fünf Spannungsstufen be-reitzustellen, ohne die Komplexität der DC-Versorgung zu erhöhen. Da mit einer dreistufigen DC-Versorgung allein keine fünf Spannungsstufen realisiert werden können, ist pro Ausgangsphase ein zu-sätzlicher Kondensator erforderlich. Bei der von ABB entwickelten Lösung bleibt dieser Kondensator geladen, ohne dass dafür ein eigener Steuerschaltkreis erfor-derlich ist.

E in Wechselrichter wandelt Gleich-strom (DC) in Wechselstrom (AC) um, indem er zwischen verschie-denen Gleichspannungsstufen

umschaltet. Die daraus resultierende Wechselspannung ist nicht sinusförmig, sondern besteht aus einer Reihe von hochfrequenten rechteckigen Impulsen, die so angelegt sind, dass sie der Sinus-welle möglichst nahe kommen ➔ 1c. Dies lässt sich mit einem Digitalfoto mit gerin-ger Auflösung vergleichen. Auch dieses bildet das dargestellte Motiv nicht genau ab, da die Detailgenauigkeit durch die ge-ringe Anzahl von verfügbaren Bildpunkten begrenzt wird. So ist auch die Möglichkeit zur Nachbildung einer idealen Sinuswelle mithilfe rechteckiger Impulse durch die Anzahl der verfügbaren Spannungsstufen begrenzt. Im Gegensatz zum Foto sind die Unterschiede jedoch nicht nur ein ästheti-sches Problem. Die nicht ideale Sinusform verursacht Oberschwingungen (d. h. Strö-me und Spannungen höherer Frequenz), deren Auswirkungen von einer zusätz- lichen Belastung der Isolierung und der Lager von Motoren bis hin zu Störungen anderer Geräte reichen. Zwar können Oberschwingungsfilter eingesetzt werden, um problematische Oberschwingungen herauszufiltern und die Ausgangsspan-nung zu glätten, doch diese sind mit zu-sätzlichen Kosten und Verlusten verbun-den. Wenn es darum geht, die Auswir-

Der ANPC-5L benötigt nur einen Kondensator mehr pro Phase als ein Dreipunkt-NPC-Stromrichter.

1c Spannungswellenform (Beispiel)

Stromrichterausgang

Grundfrequenz

1 Prinzip eines NPC-Stromrichters (nur eine Phase dargestellt)

1a Funktionsprinzip

+ DC

VDC C

V

s

- DC

VDC C

i

1b Schaltung

+ DC

VDC C

- DC

VDC C

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43Der Fünf-Stufen-Umrichter

Der ANPC-5LDas Prinzip des fünfstufigen „Active Neut-ral Point Clamped“-Stromrichters (ANPC-5L) ist in ➔ 2a dargestellt. Der Phasenkon-densator CPh bleibt mit der Hälfte der Spannung der Kondensatoren im Gleich-strom-Zwischenkreis, d. h. mit einem Vier-tel der gesamten Zwischenkreisspannung, geladen. Im Prinzip kann die Schaltung als Dreipunkt-NPC-Stromrichter mit einem zusätzlichen Kondensator betrachtet wer-den. Dieser Phasenkondensator wird nach Bedarf mit dem Dreipunkt-Strom-richter in Reihe geschaltet und liefert zwei zusätzliche Spannungsebenen.

Die DC-Versorgung ist identisch mit der eines Dreipunkt-NPC-Stromrichters. Die Zelle 1 in ➔ 2b ähnelt in ihrer Topologie deutlich einem Dreipunkt-NPC-Stromrich-ter (vgl. ➔ 1b). Ähnlich dieser Schaltung sind die IGBT-Schaltelemente (Insulated Gate Bipolar Transistor) in Zelle 1 für die halbe Zwischenkreisspannung ausgelegt. Da der zusätzliche Kondensator mit einem Viertel der Zwischenkreisspannung gela-den ist, sind die IGBTs in den Zellen 2 und 3 für diese niedrigere Spannung ausge-legt. Die Verwendung von Elementen mit geringeren Bemessungswerten trägt zur Vereinfachung des Stromrichters bei. Die Eleganz des Konzepts wird noch deut- licher, wenn man bedenkt, dass im Ver-gleich zu einem Dreipunkt-NPC-Strom-richter nur ein zusätzlicher Kondensator pro Phase erforderlich ist. Der Stromrich-ter ermöglicht einen Vier-Quadranten- Betrieb (d. h. die elektrische Leistung kann in beide Richtungen gewandelt werden).

Betrieb des ANPC-5LDie Schaltelemente in Zelle 1 (von ➔ 2b) werden komplementär betrieben, d. h. S1 und Snp2 (sowie S4 und Snp1) wer-den zusammen betätigt. Die Elemente in Zelle 2 werden gegensätzlich zu denen in Zelle 3 betrieben. Die Gesamtzahl von Schaltzuständen pro Phase ist in ➔ 3 dar-gestellt. Insgesamt sind acht Zustände möglich. Da der Stromrichter nur fünf Aus-gangsstufen besitzt, sind einige Zustände redundant. Das bedeutet aber nicht, dass bestimmte Zustände nie verwendet wer-den. Ein genauerer Blick auf ➔ 3 zeigt, dass zwei der drei redundanten Zu-standspaare, d. h. V1/V2 und V5/V6, ge-nutzt werden können, um den Stromfluss umzukehren und die Ladung des Phasen-kondensators aufrechtzuerhalten. ➔ 4 zeigt die Zustände V5 und V6 im Vergleich. Bei V6 wird VDC/2 von der Zwischenkreisspan-

2 Prinzip des ANPC-5L-Stromrichters (nur eine Phase dargestellt)

2a FunktionsprinzipDer Kondensator CPh bleibt mit der halben Spannung eines DC-Zwischenkreis-Kondensators geladen.

2b Schaltung

+ DC

VDC

Cph

C

- DC

VDC C

Gemeinsamer DC-Zwischenkreis

+

+

+

Zelle 1

Zelle 2 Zelle 3

S1

S21

S32Cph

Snp1Vdcu

Vdcl

Snp2

S4

S22

S31

3 Phasenzustände des ANPC-5L-Stromrichters

Zelle 1 Zelle 2 Zelle 3 Ausgangs- Phasen- Wirkung Wirkung Schalt-S4 Snp2 Snp1 S1 S32 S21 S31 S22 stufe ausgangs- auf CPh auf VNp vektor spannung i>0 i<0 i>0 i<0

1 0 1 0 1 0 1 0 –2 –V 0 0 0 0 V0

1 0 1 0 1 0 0 1 –1 –V/2 – + 0 0 V1

1 0 1 0 0 1 1 0 –1 –V/2 + – – + V2

1 0 1 0 0 1 0 1 0 0 0 0 – + V3

0 1 0 1 1 0 1 0 0 0 0 0 – + V4

0 1 0 1 1 0 0 1 +1 V/2 – + – + V5

0 1 0 1 0 1 1 0 +1 V/2 + – 0 0 V6

0 1 0 1 0 1 0 1 +2 V 0 0 0 0 V7

4 Zwei unterschiedliche Pfade, die beide die gleiche Ausgangsspannung liefern

4a Schaltzustand V6 aus ➔ 3Durch die Umkehr des Strompfades in CPh kann die Ladung des Kondensators erhalten bleiben.

4b Schaltzustand V5 aus ➔ 3

+VDC +VDC

-VDC -VDC

NP NPVDC/2 VDC/2PH PH

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44 ABB technik 1|11

nung subtrahiert, während bei V5 VDC/2 zur Nullpunktspannung addiert wird. Dadurch wird der Stromfluss durch den Kondensator umgekehrt. Diese Eigenschaft kann dazu genutzt werden, die erforderliche Spannung im Phasenkondensator ohne zusätzliche Ladeschaltkreise aufrechtzuerhalten.

Der ACS 2000Der Frequenzumrichter ACS 2000 basiert auf zwei Stromrichtern in sogenannter Back-to-Back-Konfiguration (B2B-Konfi-guration). Der Grundaufbau des ACS 2000 ist in ➔ 5 dargestellt.

Mechanischer Aufbau

Mit seinem modularen Aufbau ist der transformatorlose ACS 2000 ➔ 6 für eine maximale Verfügbarkeit ausgelegt. Die Komponenten sind für die erwartete Lebensdauer dimensioniert. Gleichzeitig sind alle wichtigen Komponenten von der Vorderseite aus zugänglich. Das Ein-

Mit seinem modu-laren Aufbau ist der transformatorlose ACS 2000 für eine maximale Verfüg-barkeit ausgelegt.

6 Transformatorloser Frequenzumrichter ACS 2000 für 800 kW/6 kV

7 ACS 2000-Phasenmodul

schubkonzept der Phasenmodule erleich-tert zudem einen schnellen und sichereren Austausch im Fehlerfall.

Eine Schlüsselkomponente des modula-ren Konzepts ist das Phasenmodul ➔ 7. Das Modul umfasst die Hauptkompo-nenten eines Phasenzweigs (wie in ➔ 2b dargestellt) einschließlich der Leistungs-halbleiter, der Ansteuereinheit und dem Phasenkondensator. Darüber hinaus be-inhaltet das Modul eine Schnittstellen-karte für die übergeordnete Steuerung und für Strom- und Spannungsmess-einrichtungen. Dies ermöglicht eine ein- fache Kopplung, da lediglich ein Strom-anschluss und eine Glasfaserverbindung hergestellt werden müssen. Die strom-führenden Verbindungen sind als Kon-taktstecker ausgeführt. Dank dieses einfachen Aufbaus kann ein Modul inner-halb weniger Minuten ausgetauscht werden.

5 Grundaufbau des ACS 2000

ANPL-5L-Wechselrichter

M

ANPC-5L-Gleichrichter

Eingangs-drossel

Eingangs-filter

DC-Zwischen-kreis

Stromversorgung Hilfsstromversorgung

ACS 2000

Steuer- und Regeleinheit

Leistungsteil

Steuerung Hilfssysteme

IM

8 Spannung und Strom am Umrichtereingang weisen einen Leistungsfaktor von Eins auf.

Zeit (s)

ARU = Active Rectifier Unit (aktive Gleichrichtereinheit)

Strom und Spannung am Verknüpfungspunkt

AR

U-S

trom

(A)

AR

U-P

hase

nsp

annu

ng (V

)

6000

4000

2000

0

-2000

-4000

-6000

150

100

50

0

-50

-100

-150

0,3 0,305 0,31 0,315 0,32 0,325 0,33 0,335 0,34

Strom

Spannung

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45Der Fünf-Stufen-Umrichter

fen-Wechselrichters kommt der Sinusform sehr nahe und ermöglicht den Antrieb von für einen direkten Netzanschluss vorgese-henen Motoren ohne Leistungsminderung.

NetzausfallüberbrückungDank der Kombination aus mehrstufiger ANPC-5L-Technologie und der hohen Dynamik der direkten Drehmomentrege-lung kann ein Abschalten des Umrichters auch bei einem mehrere Sekunden an-dauernden Netzausfall verhindert werden. Der Betrieb kann sogar fortgesetzt wer-den, wenn bestimmte Hilfsstromversor-gungen für begrenzte Zeit ausfallen. Die maximale Zeitdauer, die ein Ausfall über-brückt werden kann, hängt von der Last,

der Maschine und dem Betriebspunkt vor dem Ausfall ab.

Während des so-genannten Über-brückungsbetriebs ( R i d e - T h r o u g h ) wird die Spannung des DC-Zwischen-kreises auf einem bestimmten Wert gehalten, um die Magnetisierung der Maschine zu ge-

währleisten. Dazu wird Energie von der rotierenden Masse des Motors und der Last über den Wechselrichter zurückge-speist, um die Verluste zu kompensieren und die Zwischenkreisspannung aufrecht-zuerhalten. Der Ride-Through-Modus kann so lange aufrechterhalten werden, wie die rotierende Masse genügend Ener-gie besitzt, um diese Anforderungen zu erfüllen. Ist die Netzspannung wiederher-gestellt, wird die Maschine sofort wieder auf die gewünschte Drehzahl beschleunigt.

PrüfungDer ACS 2000 wurde in einer B2B-Konfigu-ration getestet. Dazu wurden zwei Umrich-ter vom Typ ACS 2000 – das zu prüfende Gerät (Device Under Test, DUT) und ein Lastwechselrichter – installiert. Beide Um-richter wurden aus einer gemeinsamen Drehstromnetzanbindung gespeist und wa-ren an mit ihren jeweiligen (auf einer ge-meinsamen Welle angeordneten) elektri-schen Maschinen verbunden. Ein prak- tisches Ergebnis dieser Kopplung ist, dass nur die Verluste im Antriebssystem von der Versorgung gedeckt werden müssen. Da es sich bei beiden Umrichtern (DUT und Lastwechselrichter) um ACS 2000 handel-te, konnten der Antriebs- und Energierück-

speisebetrieb gleichzeitig beobachtet wer-den. Die hohe Zuverlässigkeit der Umrichter wurde in Langzeit-B2B-Tests bestätigt.

Ein- und Ausgangsperformance

Die Gleichrichterperformance des ACS 2000 ist in ➔ 8 dargestellt. Der Fünf- Stufen-Wechselrichter liefert eine neunstufi-ge Spannung zwischen den Phasen an den Motor. Typische Spannungs- und Strom-wellenformen sind in ➔ 9 dargestellt. Die Ausgangsspannung des neuen Fünf-Stu-

Die Ausgangsspannung des neuen Fünf-Stufen-Wechsel-richters ermöglicht den Antrieb von für einen direkten Netzanschluss vorgesehenen Motoren ohne Leistungs- minderung.

9 Gemessene Spannungswellenformen

9a Fünfstufige Wellenform (Phase – Nullpunkt) 9b Neunstufige Wellenform (Phase – Phase)

Zeit (s) Zeit (s)

Spannung zwischen Phase und Nullpunkt Spannung zwischen den Phasen

Sp

annu

ng (k

V)

Sp

annu

ng (k

V)

6

4

2

0

-2

-4

-6

15

10

5

0

-5

-10

-150 0,01 0,02 0,03 0,04 0 0,01 0,02 0,03 0,04

Die Ergebnisse von Feldmessungen, die an einer realen Kundenanlage durchge-führt wurden, sind in ➔ 10 dargestellt. Der Netzausfall dauerte in diesem Fall eine Sekunde. In ➔ 10a ist zu sehen, wie die Netzspannung und der Eingangsstrom auf null abfallen. ➔ 10c zeigt, wie das Motordrehmoment genutzt wird, um die Zwischenkreisspannung aufrechtzuerhal-ten ➔ 10b. Bei Rückkehr der Netzspan-nung wechselt das Drehmoment schnell wieder in den Antriebsmodus.

Anwendungen und ErfolgDer ACS 2000 ist für diverse Anwen-dungsbereiche in verschiedenen Indus-trien geeignet ➔ 11.

Preisgekrönter Antrieb

Im Dezember 2010 zeichnete das Beratungsunternehmen Frost and Sullivan den ACS 2000 mit dem „2010 European Medium-Voltage Drives New Product Innovation Award“ aus. Laut Frost and Sullivan bietet das Produkt „Vorteile wie flexible Netzanschlüsse, geringe Ober-schwingungen, einen niedrigen Energie-verbrauch, eine einfache Installation und Inbetriebnahme, eine hohe Zuverlässigkeit und niedrige Anschaffungs- und Betriebs-kosten. Als einziger Frequenzumrichter mit Spannungszwischenkreis-Wechsel-richtertopologie, transformatorlosem De-sign und patentierter mehrstufiger IGBT-Steuerung, markiert der ACS 2000 einen Meilenstein im Segment der elektrischen Mittelspannungs-Frequenzumrichter […]. Das Produkt bietet eine Reihe von Mehr-werteigenschaften wie eine einfache Ins-tallation, Inbetriebnahme und Nutzung, die aus Anwenderperspektive entschei-dende Merkmale darstellen.“

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46 ABB technik 1|11

Frederick Kieferndorf

Leonardo Serpa

Jan-Henning Fabian

Antonio Coccia (ehemals ABB)

ABB Corporate Research

Baden-Dättwil, Schweiz

[email protected]

[email protected]

[email protected]

Michael Basler

Power Electronics and Medium Voltage Drives

New Berlin, WI, USA

[email protected]

Gerald Scheuer

Power Electronics and Medium Voltage Drives

Turgi, Schweiz

[email protected]

Weiterführende LiteraturDer technische Teil dieses Artikels basiert auf einem Beitrag zu einer Fachtagung im Juni 2010 in Pisa. Aufgrund des begrenzten Platzes wurde der Artikel gegenüber dem Originalbeitrag stark gekürzt. Wenn Sie sich für weitere Einzelheiten interessieren, empfehlen wir die Lektüre des Originalbeitrags [1].

Die Autoren bedanken sich bei aktuellen und ehe- maligen Kolleginnen und Kollegen für ihre Beiträge zur Entwicklung dieser Technologie: P. Barbosa, N. Celanovic, M. Winkelnkemper, F. Wildner, C. Haederli, P. Steimer, J. Steinke und viele andere.

Literaturhinweis[1] [1] Kieferndorf, F., Basler, M., Serpa, L. A.,

Fabian, J.-H., Coccia A., Scheuer, G. A. (Juni 2010): „ANPC-5L technology applied to medium-voltage variable-speed drives applications.“ International Symposium on Power Electronics, Electrical Drives, Automation and Motion. Pisa, Italien. Tagungsunterlagen auf CD-ROM

Titelbild Elektrische Antriebe sind in vielen Anlagen und Industrien allgegenwärtig und in verschiedenen Leistungsklassen von Antrieben für kleine Lüfter bis hin zu großen Brechwerken erhältlich. Das Bild zeigt das Kraftwerk Torrevaldaliga Nord in Italien.

10a Eingangsseite

10b DC-Zwischenkreisspannung

10c Ausgangsseite

10 Netzausfallüberbrückung nach einem kurzen Stromausfall

Zeit (s)

Zeit (s)

Zeit (s)

Überbrückungsleistung des Gleichrichters

Überbrückungsleistung des Wechselrichters

Überbrückungsleistung des Gleichrichters

Ein

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4000

2000

00 1 2 3 4 5 6

0 1 2 3 4 5 6

0 1 2 3 4 5 6

Gleich-

richter

Wechsel-

richter

Drehzahl

Dreh-

moment

11 Anwendungsgebiete des ACS 2000

Industrien Anwendungen

Zement, Bergbau und Mineralstoffe Förderanlagen, Brecher, Mühlen, Lüfter und Pumpen

Chemie, Öl und Gas Pumpen, Kompressoren, Extruder, Mischer und Gebläse

Metall Lüfter und Pumpen

Zellstoff und Papier Lüfter, Pumpen, Mahlwerke, Vakuumpumpen und Häcksler

Stromerzeugung Lüfter, Pumpen, Förderanlagen und Kohlemühlen

Wasser Pumpen

Weitere Anwendungen Prüfstände und Windkanäle

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47Erntezeit

PHILIPP NENNINGER, MARCO ULRICH – Um Ausfallzeiten weiter zu reduzieren und die Zuverlässigkeit ihrer Anlagen steigern zu können, müssen Anlagenbetreiber mehr über den Funktionszu-stand ihrer Betriebsmittel wissen. Diese Informationen werden zum größten Teil von Sensoren bereitgestellt. Zusätzliche Sensoren müssen jedoch auch mit Energie versorgt werden, was zusätzlichen Verdrahtungsaufwand und höhere Installa-tionskosten bedeutet. Der Wegfall dieser Verdrahtung würde nicht nur die Kosten, sondern auch die Komplexität des gesamten Prozesses reduzieren. Angesichts des relativ geringen Stromverbrauchs vieler industrieller Sensoren scheint

der Einsatz von Batterien eine geeignete Lösung zu sein. Doch durch den regelmäßigen Austausch der Batterien können sich die anfänglichen Einsparungen, die durch den Einsatz draht-loser Sensoren erzielt wurden, schnell relativieren. Eine weitere Lösung ist das sogenannte Energy Harvesting, bei dem Energie aus externen Quellen (Umgebungstemperatur, Bewegung, Wind, Licht) gewonnen und zur Versorgung verbrauchsarmer Elektronik genutzt wird. Umgebungsenergie dieser Art steht in der Prozessindustrie im Überfluss zur Verfügung, und Energy Harvesting beginnt, sich dort zunehmend durchzusetzen.

Energy Harvesting ermöglicht die Entwicklung vollständig autonomer Geräte für industrielle Prozesse

Erntezeit

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48 ABB technik 1|11

1 Batterielebensdauer eines idealisierten Temperatur-Messumformers in Abhängigkeit des Messintervalls

Messintervall (s)B

atte

riele

ben

sdau

er (a

)

101

10-1 100 101 102

Gesamt

Standby

Aktiv

ist WirelessHART, der erste internationale Standard für die drahtlose Übertragung, der speziell für die Anforderungen von Feldgerätnetzwerken in der Prozessin-dustrie entwickelt wurde.

Die Netzwerkzuverlässigkeit ist einer der Hauptschwerpunkte der Prozessauto-matisierung. Ein Aspekt von drahtlosen Netzwerken, der bedeutende Auswirkun-gen auf die Zuverlässigkeit hat, sind ver-maschte Netzwerke. Vermaschte Netz-werke bieten räumlich redundante Kanäle zwischen zwei Knoten innerhalb des Netzes durch Weiterleitung von Nachrichten über verschiedene Wege. Dies wiederum erhöht die Fehlertoleranz der Kommunikation und ermöglicht die Realisierung von Netzwerken, die sowohl gegen den Ausfall von Kommunikations-verbindungen als auch von Router- geräten tolerant sind. Durch die räum- liche Redundanz von vermaschten Netz-werken wird auch in ISM-Bändern (In-dustrial, Scientific, Medical) eine zuver-

lässige Kommunikation gewährleistet. Natürlich sind die Weiterleitung von Nachrichten (infolge der vermaschten Netzstruktur) und die erhöhten Anforde-

umformer von ABB, die zur Erkennung von verstopften Impulsleitungen (PIL) eingesetzt werden), oder von zusätz- lichen Sensoren, die an anderen Stellen im Prozess platziert werden. Sind zu-sätzliche Sensoren erforderlich, sollten die Installationskosten möglichst niedrig gehalten werden, um einen maximalen Nutzen zu gewährleisten. Da die Ver-drahtung und Installation fast 90 % der Gesamtkosten eines Geräts ausmachen können, kann der Einsatz von drahtlosen Geräten sowohl finanziell als auch tech-nisch sinnvoll sein.

Wireless-TechnologieDrahtlose Lösungen sind bei Weitem keine Neuigkeit in der Prozessindustrie. Tatsächlich wurden die ersten Systeme bereits in den 1960er Jahren eingesetzt. Dabei handelte es sich jedoch vor- wiegend um spezielle Produkte für be-stimmte Märkte wie den AquaMaster, einen magnetisch-induktiven Durchfluss-messer für den kommerziellen Einsatz von ABB, und Durchflusssum-mierer für die Öl- und Gasindust-rie wie das Fern- mess- und Auto-matisierungssys- tem Totalflow von ABB.

Wie bei der Feld- bustechnologie benötigt auch eine Wireless-Technologie einen globalen Standard, der von allen führenden Geräteherstellern unterstützt wird, um sich zu etablieren. Ein solcher Standard

D ie drahtlose Technologie hat in den letzten 15 Jahren bedeu-tende Auswirkungen auf die Gesellschaft gehabt, und die

technischen Entwicklungen, die in der Zwischenzeit erzielt wurden, haben dafür gesorgt, dass diese Technologie auch in der Prozessindustrie, insbesondere im Bereich der Betriebsmittelüberwachung (Asset Monitoring) allmählich an Akzep-tanz gewinnt.

Prozessautomatisierungsanlagen haben für gewöhnlich eine Betriebslebensdauer von rund 20 Jahren. Um in dieser Zeit eine maximale Kapitalrendite zu erzielen, sollte die Auslastung der Anlage so hoch wie möglich sein. Da eine Anlage nur wirtschaftlich betrieben werden kann, wenn alle notwendigen Betriebsmittel einwandfrei funktionieren, ist eine hohe Zuverlässigkeit der einzelnen Kompo-nenten unabdingbar. Dies kann durch ein geeignetes Asset Monitoring erreicht werden, das eine frühzeitige Erkennung möglicher Fehler in der Ausrüstung und die Beseitigung der Ursachen während eines geplanten Stillstands erlaubt. Dazu sind jedoch zusätzliche Sensorinforma-tionen erforderlich. Diese können ent-weder von bereits installierten Sensoren bereitgestellt werden, die in der Lage sind, die erforderlichen Messwerte zu liefern (z. B. die Differenzdruck-Mess-

Da die Verdrahtung und Installation fast 90 % der Gesamtkosten eines Geräts ausmachen können, kann der Einsatz von drahtlosen Geräten sinnvoll sein.

Lagerlebensdauer

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49Erntezeit

aufnahme im aktiven Modus, im Strom-sparmodus und während des Arbeitszyklus näherungsweise ermittelt werden. Beim TTH300 entspricht der Arbeitszyklus un-gefähr der Zeit, die der Sensor zur Aktuali-sierung benötigt. Lässt man die Selbstent-ladung der Batterie außer Acht, kann die Batterielebensdauer eines batteriebetrie-benen Messumformers grob geschätzt werden. Diese Schätzung ist für ein ideales Gerät in ➔ 1 dargestellt.

Energy HarvestingEin regelmäßiger Austausch von Batte-rien ist nicht immer eine Option, da hier-durch – je nach Konfiguration der Anlage – die durch den Einsatz drahtloser Gerä-te erzielten Einsparungen schnell relati-viert werden. Stattdessen gilt Energy Harvesting (EH) als eine mögliche Lösung zur Realisierung vollständig auto-nomer Geräte. Beim Energy Harvesting (wörtl. „Energie-Ernten“) wird Energie aus der Prozessumgebung in nutzbare elektrische Energie umgewandelt, die wiederum zur Versorgung drahtloser Geräte genutzt wird. Zu den typischen Energiequellen gehören heiße und kalte Prozesse, Sonnenstrahlung, Vibrationen sowie die kinetische Energie von fließen-den Medien oder sich bewegenden Teilen. Die am häufigsten eingesetzten Mechanismen sind photovoltaische, ther-moelektrische und kinetische Wandler.

Photovoltaische Umwandlung

Obwohl die Photovoltaik heute eine robuste und etablierte Technologie dar-stellt, ist ihr Einsatz im Innenraumbereich nur beschränkt möglich. Während im Freien Bestrahlungsstärken von rund 1.000 W/m² erreicht werden können,

rungen an die Datensicherheit mit einem zusätzlichen Energiebedarf verbunden, der durch Energieoptimierung ausgegli-chen werden muss.

EnergieoptimierungHinsichtlich der Optimierung des Ener-gieverbrauchs gibt es einige bedeutende Unterschiede zwischen drahtgebunde-nen und drahtlosen Netzwerken, die im Folgenden am Beispiel des „drahtge-bundenen“ Temperatur-Messumformers TTH300 von ABB veranschaulicht wer-den sollen. Der TTH300 wird von der 4–20-mA-Stromschleife gespeist und misst zum Beispiel den Widerstand eines Pt100-Temperaturfühlers in Vierleiter-schaltung (und somit die Temperatur an der Sensorspitze) in sehr kurzen Zeitinter-vallen, die je nach Sensortyp und Konfi-guration bei 100 ms liegen können. Da die 4–20-mA-Stromschleife kontinuierlich bis zu 40 mW Leistung liefert, ist das Ge-rät durch die Leistung begrenzt, die es aufnehmen kann, während die vom Gerät verbrauchte Energie irrelevant ist.Ein drahtloser Sensor hingegen muss die Temperatur nicht mehrere Male pro Sekunde messen, da die meisten draht-losen Netzwerke für die Prozessindustrie solch kurze Aktualisierungsintervalle nicht sinnvoll unterstützen. Zwischen den Mes-sungen muss der Messumformer lediglich seine Aufgabe im Netzwerk erfüllen, d. h. Nachrichten für andere Knoten weiterlei-ten. Die übrige Zeit kann die Elektronik in einem Stromsparmodus verbleiben, in dem keine Verarbeitung oder Messungen stattfinden und nur ein Bruchteil der Leis-tung benötigt wird.Der Leistungsbedarf des Geräts im Strom-sparmodus kann anhand der Leistungs-

3 Ein vollständig autonomer Temperatur-Messumformer

Beim Energy Harvesting wird Energie aus der Prozessumgebung in nutzbare elek-trische Energie umgewandelt.

Fußnote1 Der 1821 von Thomas Johann Seebeck

entdeckte Seebeck-Effekt beschreibt das Phänomen, dass zwischen zwei unterschied-lichen elektrischen Leitern oder Halbleitern eine Spannung entsteht, wenn ein Temperaturunter-schied herrscht.

2 Durch Energy Harvesting kann Energie aus industriellen Prozessen in elektrische Energie umgewandelt werden.

Sonnenstrahlung

Vibration

Wärme

Strömung

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50 ABB technik 1|11

können die Prozesstemperaturen und so-mit die Energieabgabe von TEGs beein-flussen, und Frequenzumrichter können sich auf den Energieertrag von Vibra-tions-Harvestern auswirken. Andererseits kann es Zeiten geben, in denen die EH-Systeme mehr Energie liefern als tatsäch-lich benötigt wird.

Das Verbrauchprofil von typischen draht-losen Sensorknoten ist ebenfalls diskon-tinuierlich: Abhängig vom Arbeitszyklus und der Aktualisierungsrate des Sensors können Spitzenlasten auftreten, die ge-puffert werden müssen, da die EH-Sys-teme nicht in der Lage sind, die kurz-zeitigen hohen Ströme zu unterstützen.Grundsätzlich benötigt jedes EH-System einen Puffer, um Zeiten zu überbrücken, in denen der Wandler nicht genügend Energie für den Sensorknoten liefern kann. Typische Puffer sind:– Spezielle Super- oder Hybridschicht-

kondensatoren, die hohe Spitzen-ströme tolerieren

– Wiederaufladbare Sekundärzellen– Herkömmliche Primärzellen. Diese

können zwar keine überschüssige Energie vom EH-system speichern, können aber die Versorgung sicher-stellen, wenn das System dazu nicht in der Lage ist.

– Typische industrielle Primärzellen. Diese besitzen eine lange Haltbarkeit mit einer geringen Selbstentladung und stellen eine zuverlässige Puffer-alternative dar.

Herkömmliche Sekundärzellen auf Lithi-um-Ionen-Basis können nur einer be-grenzten Anzahl von Lade-/Entladezyk-len unterzogen werden.Für eine wirklich autonome Stromversor-

– Elektrostatische Wandler basieren auf einem geladenen einstellbaren Kon- densator. Werden mechanische Kräfte auf den Kondensator ausgeübt, so wird gegen die Anziehungskraft der entgegengesetzt geladenen Konden-satorplatten Arbeit verrichtet. Durch die Veränderung der Kapazität wird in einem geschlossen Stromkreis ein Stromfluss induziert.

Alle diese Prinzipien basieren auf einem mechanischen Resonator, und die Sys-teme können nur dann eine angemesse-ne Leistung liefern, wenn die Resonanz-

frequenz des Geräts der externen Erregungsfrequenz entspricht. So ist zum Beispiel die Nutzung von vibrationsba-sierten EH-Systemen (sog. Vibrations-Harvestern) beim Einsatz von Frequenz-umrichtern innerhalb des Prozesses nur beschränkt möglich.

Systemkomponenten und –architektur

Energy Harvesting kann ein diskontinu-ierlicher Prozess sein: Bei photovoltai-schen Anwendungen im Freien führen Tag- und Nachtzyklen zu einer schwan-kenden Versorgung. Anlagenstillstände

liegen die Werte im Innenraumbereich typischerweise bei 1 W/m² [1], d. h. die nutzbare Energiemenge ist eher begrenzt.

Thermoelektrische Umwandlung

Thermoelektrische Generatoren (TEG) nutzen den Temperaturunterschied zwi-schen heißen oder kalten Prozessen und der Umgebung, um Wärmeenergie mit-hilfe des Seebeck-Effekts1 [2] in elektri-sche Energie umzuwandeln. Der Wir-kungsgrad von TEGs ist zwar recht niedrig (typischerweise unter 1 %), doch die Technologie ist recht robust und sta-bil. Besonders in der Prozessindustrie stehen häufig große Temperaturreser-voire und damit große Wärmemengen zur Verfügung. Die von handelsüblichen TEGs bereitgestellte Leistung reicht aus, um eine Vielzahl von drahtlosen Sensor-knoten in unterschiedlichen Szenarios zu versorgen.

Kinetische Umwandlung

Die direkte Umwandlung von mechani-scher Bewegung, z. B. in Form von Vibrationen, in elektrische Energie kann mithilfe verschiedener Mechanismen er-reicht werden:– Elektromechanische Mechanismen

nutzen eine flexibel gelagerte Spule, die sich im statischen Magnetfeld eines kleinen Permanentmagneten bewegt. Dadurch wird gemäß des Faraday‘schen Gesetzes eine Span-nung induziert.

– Piezoelektrische Wandler basieren auf piezoelektrischen Materialien. Durch kinetische Bewegung wird eine seismi-sche Masse verschoben, die wiederum eine mechanische Belastung auf das piezoelektrische Material ausübt.

4 Der Mikro-TEG ist nur 8 mm² groß und liefert dennoch hohe Ausgangsspannungen.

5 Numerische thermische Simulationen

ABB hat einen auto-nomen Temperatur-Messumformer mit einem vollständig integrierten EH-System entwickelt.

Quelle: Micropelt GmbH Prozesstemperatur: 80 °C (rot)Umgebungstemperatur: 25 °C (blau)

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51Erntezeit

Blick in die ZukunftDer durch EH gespeiste Temperatur-Messumformer löst ein zentrales Prob-lem von drahtlosen Sensorknoten: Der regelmäßige Austausch von Primärzellen ist nicht mehr erforderlich, was wieder-um dabei hilft, die Gesamtbetriebskos-ten zu senken. Auch wenn sich Energy Harvesting nicht für alle Sensoren unter allen Umständen eignet, stellt es doch eine praktikable Versorgungsmöglichkeit für eine Vielzahl von Geräten dar. Voll-ständig autonome Geräte können dabei helfen, industrielle Prozesse besser zu ver-stehen und somit rentabler zu gestalten.

Philipp Nenninger

Marco Ulrich

ABB Corporate Research

Ladenburg, Deutschland

[email protected]

[email protected]

Literaturhinweise[1] Müller, M., Wienold, J., Reindl., L. M. (2009):

„Characterization of indoor photovoltaic devices and light“. Conference Record of the IEEE Photo- voltaic Specialists Conference: 000738–000743

[2] Vining, C. B. (2001): „Semiconductors are cool“. Nature, 413 (6856): 577–578

[3] Nenninger, P., Ulrich, M., Kaul, H. (2010): „On the Energy Problem of Wireless Applications in Industrial Automation“. Proceedings of the IFAC Symposium on Telematics Applications: 218–224

[4] Nurnus, J. (2009): „Thermoelectric thin-film power generators self-sustaining power supply for smart systems“. Proceedings of smart sensors, actuators and MEMS IV: Vol. 7362–05. Dresden

Titelbild So wie Getreide zur Herstellung von Lebensmitteln geerntet wird, kann Energie aus der Umgebung „geerntet“ werden, um Strom zu erzeugen.

möglich. Stattdessen wurden neuartige mikrothermoelektrische Generatoren (sog. Mikro-TEGs) eingesetzt, die in einem waferbasierten Fertigungsverfahren [4] her- gestellt werden ➔ 4. Die größte Herausfor-derung bei der Integration beider Geräte bestand darin, die Stabilität und Robust-heit des Messumformers zu erhalten.

In den meisten Fällen ist der Pro-zess wärmer als die Umgebungs-luft, sodass die „heiße“ Seite der TEGs mit mög-lichst optimaler thermischer Leit-fähigkeit an den Prozess gekoppelt

werden muss. Um den Wärmestrom durch die TEGs zu maximieren, wurden umfangreiche numerische Simulationen durchgeführt ➔ 5. Die andere (kalte) Seite muss gekühlt werden und ist daher über einen Kühlkörper mit der Umgebungsluft gekoppelt. Um Anwendungen gerecht zu werden, in denen das Prozessrohr von einer dicken Isolierung umgeben ist, muss der Kühlkörper in ausreichendem Abstand positioniert werden.Bei einem Mindesttemperaturunterschied zwischen dem Prozess und der Umge-bung von etwa 30 K ist das System in der Lage, genügend Energie sowohl für die Messtechnik als auch die drahtlose Kommunikation zu liefern. Bei Tempera-turgefällen von mehr als 30 K wird mehr Energie gewonnen als benötigt wird. Dieser Überschuss könnte zum Beispiel genutzt werden, um schnellere Aktuali-sierungsraten zu ermöglichen.

gung benötigen EH-Geräte und Puffer ein geeignetes Energiemanagementsys-tem. Dieses hat zwei Hauptfunktionen:– Anpassen der Ausgangsspannung

und des Stroms vom EH-System an die Anforderungen des Verbrauchers

– Nahtloses Umschalten zwischen den Puffersystemen und den verschiede-nen EH-Quellen

Autonomer Temperatur-Messumformer von ABBDie ABB-Forschung hat einen komplett autonomen Temperatur-Messumformer mit einem vollständig integrierten EH-System auf der Basis von thermoelektri-schen Generatoren entwickelt ➔ 3. Die TEGs wurden so in das Gerät integriert, dass die Handhabung, Stabilität und der Formfaktor des Messumformers unver-ändert bleiben, während die Lebens-dauer und Funktionalität erheblich verbes- sert werden. Das Gerät verfügt außer-dem über eine intelligente Pufferlösung, die die Versorgung sicherstellt, wenn die Prozesstemperatur einmal nicht aus-reicht, um genügend Energie zu liefern.Aufgrund der vorgegebenen Größe des gewählten Temperatur-Messumformers war eine Integration herkömmlicher TEGs, die normalerweise eine mikroskopische Größe von 10 bis 20 cm² haben, nicht

Vollständig autonome Geräte werden dabei helfen, eine bessere Steuerung industrieller Prozesse zu ermöglichen.

Vollständig autonome Geräte können dabei helfen, industri-elle Prozesse besser zu ver-stehen und somit rentabler zu gestalten.

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52 ABB technik 1|11

GöRAN PAULSSON, JOHAN KARLSSON, JUSSI RAUTEE – Als Antriebs- maschinen für Kompressoren, Pumpen und die Stromerzeugung bilden Elektromotoren und Generatoren das Rückgrat unserer Industriegesell-schaft. Doch in Verbindung mit explosiven Gasen, wie sie zum Beispiel bei der öl- und Gasförderung vorkommen können, stellen diese elektri-schen Geräte ein enormes Risiko dar. Ein Funken, eine heiße Oberfläche oder ein starkes elektrisches Feld wie bei einer Koronaentladung (das summende Geräusch, das manchmal unter einer Hochspannungsleitung zu hören ist) sind eine Gefahr für die Sicherheit in explosionsgefährde-ten, gasreichen Umgebungen. Die großen Synchron- und Asynchron-motoren und -generatoren von ABB sind nach den neuesten und strengsten Sicherheitsanforderungen der internationalen IEC-Normen zertifiziert und garantieren einen funkenfreien Betrieb.

Synchron- und Asynchronmotoren und -generatoren für einen garantiert funkenfreien Betrieb

Mit Sicherheit funkenfrei

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53Mit Sicherheit funkenfrei

Die Konstruktion und Zertifizierung der großen Hoch-spannungs-Syn-chronmotoren und -Asynchronmoto-ren von ABB sorgt für kürzere Anlauf- zeiten und geringere Wartungsanfor- derungen.

Im Jahr 2008 präsentierte ABB in Zusam-menarbeit mit der deutschen Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und Shell einen entsprechenden Beitrag [1] auf einer großen Konferenz der IEEE PCIC1 Europe. Die darin vorgestellten Normen

wurden von der Internationalen Elektro-technischen Kommission (IEC) entwickelt, die sich bereits seit über 100 Jahren mit der Entwicklung von internationalen Vor-schriften und Normen befasst ➔ 3. Mit der

gere Betriebskosten und ein schnellerer Motoranlauf. Auch die Zuverlässigkeit steigt, da keine zusätzlichen Komponen-ten erforderlich sind. Darüber hinaus kann sich eine Zertifizierung deutlich auf die Kosten auswirken. In einer Raffinerie kostet die Spülung eines Motors, auch wenn sie nur 30 Mi-nuten dauert, zum Beispiel enorme Summen im Hin-blick auf die damit verbundenen Aus-fallzeiten und Pro-duktionseinbußen. Solche Kosten las-sen sich durch den Einsatz von zertifizier-ten Maschinen von ABB vermeiden.

Die Entwicklung der Normen der Reihe IEC 60079 begann, nachdem es in den 1980er und 1990er Jahren in den Öl- und Gasfeldern der Nordsee zu mehreren schweren Vorfällen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Motoren in explosionsge-fährdeten Bereichen gekommen war ➔ 2.

S eit Jahren ist ABB bemüht, durch entsprechende Maßnah-men bei der Konstruktion und Fertigung die offiziellen Quali-

täts- und Sicherheitsstandards zu über-treffen. Mit der Zertifizierung aller großen Synchronmotoren und -generatoren nach den strengsten internationalen Normen (IEC 60079-15:2010 und IEC 60079-7:2006) im Jahre 2010 ist nunmehr die komplette Palette der ABB Nieder- und Hochspannungsmotoren und -generato-ren für den Betrieb in explosionsgefähr-deten Bereichen zertifiziert ➔ 1.

Bei Ausrüstungen, die nicht geprüft und zertifiziert sind, wird der Motor normaler-weise mit einer Überdruckkapselung ver-sehen, was wiederum mit Investitionen in Hochleistungskompressoren, Rohrleitun-gen und einer Belüftungssteuerung ver-bunden ist. Durch die Prüfung und Zertifi-zierung ihrer Motoren hilft ABB ihren Kunden dabei, ihre Risikobeurteilungs-prozesse effizienter zu gestalten.

Zu den Vorteilen des ABB-Ansatzes gehö-ren geringere Anfangsinvestitionen, niedri-

Trotz fortschreitender Automati-sierung erfordert die Fertigung von bis zu 80 t schweren Elektromotoren noch immer viel Handarbeit.

Fußnote1 IEEE = Institute of Electrical and Electronics

Engineers, PCIC = Petroleum and Chemical Industry Committee

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54 ABB technik 1|11

Zeit sind die Normen und Prüfungen der IEC in der Elektroindustrie zu einer Art „Lizenz“ für die Herstellung und den Ver-trieb von sicheren und effizienten Elektro-motoren geworden.

ABB und NormenIn ihren Werken in Schweden, Finnland, Italien, Südafrika, China und Indien fertigt ABB zwei Arten von Hochspannungsmo-toren: Synchron- und Asynchronmotoren.

4 Querschnitt durch eine isolierte Hoch-spannungswicklung

5 Bewickelter und imprägnierter Stator bereit zur weiteren Montage

Bei Einbau der Wicklungen in den Stator kommt es darauf an, zwischen den Wicklungen ausreichend Platz zu lassen, um Koronaentladungen zu verhindern.

Ein Synchronmotor ist ein Wechselstrom-motor, dessen Drehzahl sich proportional zur Frequenz der Versorgungsspannung verhält, d. h. der Motor läuft synchron. Die Magnetisierung des Rotors erfolgt norma-lerweise durch eine externe Einheit. Diese Motoren können für einen kontinuierlichen Betrieb in Atmosphären der Zone 2 aus-gelegt werden (Bezeichnung „Ex nA“ – nicht funkende Maschinen).

Ein Asynchronmotor oder Induktionsmotor ist ein Wechselstrommotor, bei dem der Rotor durch elektromagnetische Induktion magnetisiert wird. Seine Drehzahl liegt et-was unter der Synchrondrehzahl, d. h. der Motor läuft asynchron. Diese Motoren kön-nen für den Betrieb in Atmosphären der Zone 1 ausgelegt werden („Ex e“ – Ma-schinen mit erhöhter Sicherheit).

Am 28. Januar 2010 traten neue IEC-Nor-men für in explosionsfähigen Atmosphären eingesetzte Geräte in Kraft, die dank vor-hergehender Entwicklung und Prüfung von

1 Explosionsschutz und Zoneneinteilung

Die Atmosphären, in denen die Prozesse der Chemie-, Öl- und Gasindustrie stattfinden, werden in explosionsfähige und nicht explo - sionsfähige Atmosphären unterteilt. Explosions-fähige Atmosphären enthalten potenziell explosionsfähige Bestandteile wie Gase, Dämpfe, Nebel oder Staub. Je nach Häufigkeit und Dauer der Anwesenheit von explosions-fähigen Atmosphären werden explosions-gefährdete Bereiche in Zonen aufgeteilt:– Zone 0: Eine explosionsfähige Atmosphäre

ist dauerhaft vorhanden.– Zone 1: Eine explosionsfähige Atmosphäre ist

weniger als 1.000 Stunden/Jahr vorhanden.– Zone 2: Eine explosionsfähige Atmosphäre

ist weniger als 10 Stunden/Jahr vorhanden.

Für Maschinen, die in einem explosions-gefährdeten Bereich installiert werden, ist ein besonderer Schutz erforderlich, um ein Entzünden von möglicherweise vorhandenen explosionsfähigen Gasen zu verhindern. Die Schutzarten, die einen Betrieb in den Zonen 1 und 2 zulassen, sind in internationalen Normen definiert. Das Ziel aller Schutzmaßnahmen ist es, mögliche Ursachen für Explosionen wie heiße Oberflächen und Funken zu verhindern.

2 Zündschutzarten „n“ und „p“

Die IEC 60079-15:2010 definiert Anforderun-gen für die Konstruktion, Prüfung und Kenn- zeichnung von elektrischen Betriebs mitteln der Gruppe II mit der Zündschutzart „n“ (nicht funkend), die für den Betrieb in explosions-fähigen Gasatmosphären der Zone 2 vor - gesehen sind. Die Norm gilt für elektrische Betriebsmittel mit einer maximalen effektiven Nennspannung von 15 kV (AC oder DC).

Die IEC 60079-7:2006 definiert Anforderun-gen für die Konstruktion, Prüfung und Kenn- zeichnung von elektrischen Geräten mit der Zündschutzart „e“ (erhöhte Sicherheit) für den Betrieb in explosionsfähigen Gasatmosphären der Zonen 1 und 2. Diese Norm gilt für elek- trische Geräte mit einer maximalen effektiven Nennspannung von 11 kV (AC oder DC).

3 IEC-Normen

Am 15. September 1904 stimmten Delegierte verschiedener Länder auf dem International Electrical Congress in St. Louis, Missouri (USA), einem Bericht zu, der forderte, dass „Schritte unternommen werden sollten, um die Koope- ration zwischen den technisierten Gesellschaf-ten der Welt durch Berufung einer repräsenta-tiven Kommission sicherzustellen, die sich mit Fragen der Standardisierung der Nomenklatur und der Klassifizierung von elektrischen Apparaturen und Maschinen befasst“.

Im Juni 1906 wurde die International Electro- technical Commission (IEC) offiziell in London gegründet. Seitdem befasst sich die IEC mit der Entwicklung von Normen und Sicherheits-richtlinien sowie der Prüfung und Spezifikation von Komponenten für die weltweite elektro-technische Industrie. Das Engagement der Gruppe umfasst alles von Kondensatoren, Widerständen, Halbleitern, Funkkommunika-tion und elektrischen Ausrüstungen bis hin zu Elektromotoren.

Im Jahr 1930 war die IEC unter anderem maß- geblich an der Etablierung des Hertz (Hz) als Einheit der Frequenz, des Gauß (G) als Einheit der magnetischen Flussdichte und des Gilbert (Gi) als Einheit der magnetomotorischen Kraft beteiligt.

Im Jahr 2005 veröffentliche die IEC ein mehr- sprachiges Wörterbuch mit über 20.000 elek- trotechnischen Fachbegriffen in 13 Sprachen.

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55Mit Sicherheit funkenfrei

Die Konstruktion und Zertifizierung der großen Hochspannungs-Synchronmoto-ren und -Asynchronmotoren von ABB sorgt für kürzere Anlaufzeiten und gerin-gere Wartungsanforderungen. Während eine schnelle Amortisation und niedrigere Wartungskosten sicherlich von Vorteil sind, kommt es in erster Linie darauf an, dass die zertifizierten Motoren von ABB eine ge-prüfte Sicherheit bieten, denn allein durch entsprechende Tests lässt sich über- prüfen, ob ein Betriebsmittel wirklich sicher ist ➔ 6.

Göran Paulsson

Johan Karlsson

ABB Discrete Automation and Motion, Machines

Västerås, Schweden

[email protected]

[email protected]

Jussi Rautee

ABB Discrete Automation and Motion

Notting Hill, Australien

[email protected]

Literaturhinweis[1] Rautee, J., Lienesch, F., Liew, T. (2008): „Safety

improvements of non-sparking and increased safety motors“. Petroleum and Chemical Industry Conference Europe - Electrical and Instrumenta-tion Applications. Weimar, Deutschland

Titelbild Auf Öl- und Gasplattformen herrschen strenge Anfor- derungen hinsichtlich der Verhinderung von Funken- bildung. Die dort eingesetzten Motoren müssen eine anspruchsvolle Zertifizierung durchlaufen.

chanische Festigkeit und eine hervorra-gende Wärmeübertragung innerhalb des Stators sorgt. Während es sich bei der Iso-lierung um ein bewährtes System handelt, kommt es beim Einbau der Wicklungen in den Stator darauf an, zwischen den Wick-lungen ausreichend Platz zu lassen, um Koronaentladungen zu verhindern. Liegen die Wicklungen zu eng beieinander, be-steht die Gefahr einer Koronabildung. Um einen maximalen Nutzen der Maschine zu

gewährleisten, muss zwischen den Wick-lungen genügen Luft vorhanden und die Geometrie der Wicklungen entsprechend optimiert sein. Darüber hinaus ist die Verwendung von koronaunterdrückenden Materialien erforderlich.

einem Großteil der ABB-Hochspannungs-motoren und -generatoren erfüllt wurden. Alle übrigen Motoren wurden im Laufe des Jahres 2010 auf diesen Stand gebracht.

Trotz fortschreitender Automatisierung er-fordert die Fertigung von Elektromotoren mit einem Gewicht von bis zu 80 t noch immer viel Handarbeit. Im ABB-Werk im schwedischen Västerås werden jedes Jahr rund 200 Motoren und Generatoren nach genauen Kundenvorgaben gefertigt. Mit-hilfe einer speziellen Maschine werden hierbei fingerdicke Kupferleiter mit Mica-Isolierung sorgfältig in die erforderliche Form gebogen ➔ 4. Im nächsten Schritt werden die fertigen Wicklungen mit einer zusätzlichen Mica-Schicht versehen, bevor sie in den Stator eingesetzt werden.

Die Physik von Elektromotoren ist relativ einfach und vielen bekannt. Schwierig wird es aber bei der Isolierung der Kupfer-spulen, die in den Stator gewickelt und mit einem Glasfaserband zusammenge-bunden werden. Der gesamte Stator wird daraufhin durch Vakuum-Druck-Impräg-nierung (VPI) mit einem Epoxidharz imprä-gniert. Danach wird der Stator in einem Ofen gehärtet, wodurch er seine endgül-tigen elektrischen und mechanischen Eigenschaften erhält ➔ 5.

Das sogenannte Micadur® Compact In-dustry (MCI) Isolationssystem gewährleis-tet eine dichte und homogene Isolierung, die wiederum für niedrige dielektrische Verluste, eine hohe elektrische und me-

6 Die Prüfung

Die IEC 60079-15:2010 fordert für nicht funkende Synchronmotoren und -generatoren eine dreimi- nütige Prüfung des Stators in einer explosionsfähi-gen Gasatmosphäre. Die Prüfung ist obligatorisch für Motoren einer Nennspannung von mehr als 1 kV, die zum Beispiel in wasserstoff-, ethylen-, oder acetylenhaltigen Umgebungen betrieben werden, und für Motoren mit einer Nennspannung von über 6,6 kV, die in Umgebungen eingesetzt werden, in denen Spuren von Propan, Diesel, Aceton, Ethan, Ammoniak oder eines von 12 anderen explosions-fähigen Gasen und Dämpfen vorhanden ist.

Bei der Prüfung wird eine Statorwicklung mit einer Plastikfolie umhüllt, die mit einem Gemisch aus Luft und einem explosionsfähigen Gas wie Wasserstoff gefüllt wird. Dann wird der Stator mit verschiedenen (sinusförmigen) Spannungen bis zur vorgegebenen Prüfspannung beaufschlagt. Kommt es zu einer Gasexplosion aufgrund eines Funkens in der Statorwicklung, reißt die Folie, und

die Druckwelle entweicht. Die vorgegebene Prüf- spannung liegt beim 1,5-fachen der Nennspan-nung. Zum Bestehen der Prüfung darf es zu keiner Zündung des Gasgemisches kommen.Nach den 2004 und 2009 bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Deutschland durchgeführten Prüfungen sind die Statoren von ABB funkenfrei bis einschließlich 13,8 kV bei Wasserstoff (stellvertretend für die Gasgruppe IIC) und bis 15 kV bei Ethylen und Propan (Gas- gruppen IIB und IIA).

Bei Käfigläufermotoren wird auch der Rotor in einer explosionsfähigen Gasumgebung auf mögliche, von den Rotorstäben ausgehende Funken geprüft. Aufgrund der unterschiedlichen Konstruktionsweise ist eine solche Prüfung des Rotors bei Synchronmotoren nicht erforderlich. Die entsprechende Prüfung von Asynchron-motoren mit erhöhter Sicherheit (Zündschutzart „e“) ist ebenfalls in der IEC 60079 definiert.

Am 28. Januar 2010 traten neue IEC-Normen in Kraft, die dank vorherge-hender Entwicklung und Prüfung von einem Großteil der ABB-Hochspan-nungsmotoren und -generatoren erfüllt wurden.

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Frequenzumrichtergespeiste Synchronmotoren sorgen für höhere Effizienz und Kompaktheit in industriellen Anwendungen

Motoren mit Zukunft

HEINZ LENDENMANN, REZA R. MOGHADDAM, ARI TAMMI,

LARS-ERIK THAND – Etwa 60–65 % des in der Industrie benötigten Stroms wird von Elektromotoren verbraucht. Hauptziel bei der Optimierung von Motoren ist daher eine effizientere Energienutzung durch Steigerung des Wirkungsgrads. Bedeutende Einsparungen lassen sich zudem durch drehzahlgeregelte Antriebssysteme erzielen, die mittlerweile in 30–40 % aller neu installierten Motoren zum Einsatz kommen. Um eine hohe Nachhaltigkeit der Nutzung und Investition zu gewährleisten, sind zudem

eine hohe Zuverlässigkeit und eine lange Lebensdauer des Motors gefordert. Die optimierte Rotorstruktur der synchronen Reluktanzmotoren von ABB beseitigt Käfig-verluste, was den Wirkungsgrad und die Kompaktheit der Motoren erhöht. Dadurch, dass Baugrößen-Normleistun-gen und -Normdrehmomente mit einer geringeren Erwär-mung (entsprechend der Wärmeklasse A, 60 K) erreicht werden können, verlängern sich die Lebensdauer der Isolierung und die Lebensdauer bzw. die Schmierinter-valle der Lager.

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57Motoren mit Zukunft

sowie eine Steigerung der Leistungs- und Drehmomentdichte um 20–40 % bei glei-cher Wärmeklasse der Isolation.Synchronmotoren gibt es in verschiedenen Varianten: Motoren mit Feldwicklung und bürstenlosen Erregern, Permanentmagnet-motoren (PM-Motoren) oder Motoren, die nach dem Prinzip der magnetischen Reluk-tanz arbeiten (oft als synchrone Reluktanz-motoren oder SynRM bezeichnet). Ein Syn-RM-Rotor verfügt weder über einen leit- fähigen Kurzschlusskäfig wie beim AM noch über Permanentmagnete oder eine Feld- erregerwicklung. Stattdessen wird das Prinzip der magnetischen Reluktanz genutzt.

Der synchrone ReluktanzmotorMagnetische Reluktanz ist das magneti-sche Pendant zum elektrischen Wider-stand. Der Rotor besitzt in einer Richtung einen möglichst geringen magnetischen Widerstand (d) und rechtwinklig dazu (q) eine hohe magnetische Reluktanz (bzw. eine gute magnetische „Isolation“) ➔ 1. Das Drehmoment entsteht dadurch, dass der

eines umrichtergespeisten Motors ist völlig anders als das Einschalten eines Motors, der direkt an das 50-Hz-Stromnetz ange-schlossen ist. Hieraus und aus der Verän-derung anderer Randbedingungen ergaben sich potenzielle Möglichkeiten zur Vereinfa-chung des Motorendesigns und zur Ver-besserung der Effizienz. Ein häufiger Ansatz ist die Verwendung von Synchronmotoren (SM). Ein Synchronmotor mit einem vierpo-ligen Rotor läuft im 50-Hz-Betrieb bei einer Drehzahl von genau 1.500 U/min synchron mit der Versorgungsspannung. Bei einem entsprechenden Asynchronmotor (AM) mit 30 kW hingegen treten Schlupfverluste auf, weshalb er nur mit 1475 U/min läuft. Bei modernen AMs mit Kurzschlussläuferkäfig machen die Rotorverluste 20–35 % der gesamten Motorverluste aus. Die meisten dieser Verluste können durch einen syn-chronen Betrieb vermieden werden.

Die Beseitigung dieser Schlupfverluste er-möglicht eine Effizienzsteigerung zwischen 0,6 % (220-kW-Motor) und 8 % (3 kW)

Da die Motoren mit hohen Drehzahlen betrieben werden können, kann in vielen Fällen auf mechanische Kraft-übertragungs- komponenten wie Getriebe verzichtet werden.

E lektromotoren werden in einer Vielzahl von industriellen Anwen-dungen eingesetzt. Bei den meis-ten dieser Anwendungen ist eine

möglichst hohe Effizienz und lange Lebens-dauer der Motoren gefragt, ohne dass sich dadurch die Wartungsanforderungen oder das Ausfallrisiko erhöhen. Aufgrund ihrer geringen Größe helfen die synchronen Reluktanzmotoren Maschinenbauern dabei, kleinere, leichtere und effizientere Geräte zu entwickeln. Da die Motoren mit hohen Drehzahlen betrieben werden können, kann in vielen Fällen auf mechanische Kraftüber-tragungskomponenten wie Getriebe ver-zichtet werden. Dies ermöglicht eine Integ-ration des Motors und der angetriebenen Ausrüstung – eine Forderung, die immer häufiger gestellt wird.Um der Nachfrage nach einem effiziente-ren, kleineren, langlebigeren und wartungs-armen Motor zu begegnen, der sich zudem perfekt für den Betrieb mit einem Frequenz-umrichter eignet, hat ABB alle technischen Möglichkeiten genau geprüft. Das Starten

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Überhitzung. Der Motor ist eigensicher im Betrieb, da durch die fehlenden Magnete keine elektromotorische Gegenspannung induziert wird. Ein Überspannungsschutz des Umrichters ist daher überflüssig. Außerdem sind die für Permanentmagnete benötigten Seltenerde-Werkstoffe relativ teuer und stehen aufgrund der geografi-schen Konzentration der Lieferanten auf einigen Märkten möglicherweise nur be-schränkt zur Verfügung.

Aus der weitgehenden Beseitigung der Ro-torverluste und der optimierten Rotorstruk-tur ergeben sich eine Reihe von Vorteilen für diese Motoren und die davon angetrie-bene Ausrüstung ➔ 3. Ein Motor mit dieser Technologie kann mit der nach IEC stan-dardisierten Normleistung für die jeweilige Baugröße betrieben werden. In diesem Fall reicht die Effizienzsteigerung von über 5 % für Maschinen im einstelligen kW-Bereich bis 0,5 % für die größten Motoren (Bau-größe 315). Wo also ein AM einen Tempe-raturanstieg nach Klasse F (105 K) erreicht hätte, bleibt der SynRM in der Wärmeklas-se A (60 K) ➔ 4. Nimmt man zum Beispiel einen Kompressor, der mit 4.500 U/min betrieben wird, bleiben die Lagertempera-turen beim SynRM von ABB selbst bei

einem echten Temperaturanstieg der Klasse H (125 K) noch unter denen, die beim Be-trieb mit einem größeren AM und einem Temperaturanstieg der Klasse F (105 K)

Einsatz häufig als ungeeignet erachtet. Ein oft genannter Nachteil des SynRM ist der höhere Strombedarf für das gleiche Dreh-moment im Vergleich zum PM-Motor, da der Rotor durch den Stator magnetisiert werden muss. Allerdings wird der vom Netz aus betrachtete Leistungsfaktor durch den Stromrichter bestimmt und liegt selbst beim SynRM in allen Betriebsarten nahe bei eins.

Der perfekte UmrichtermotorBei den SynRM-Rotoren und der Umrich-tersteuerung von ABB ist der Motorstrom, der sich umgekehrt proportional zum Leis-tungsfaktor und Wirkungsgrad verhält (∝ 1/ (η*cos(ρ)), tatsächlich geringer als bei einer kleinen Asynchronmaschine mit gleichem Drehmoment und gleicher Dreh-zahl. Dies ist vor allem auf den erheblich besseren Wirkungsgrad zurückzuführen. Lediglich bei größeren Motoren ist der Um-richterstrom höher als bei einem AM mit gleichem Drehmoment. Im Allgemeinen können die SynRM von ABB mit Umrichtern der gleichen Größe (z. B. dem ACS850) be-trieben werden wie AMs mit gleicher Leis-tung und gleichem Drehmoment – aller-dings mit höherer Leistungsdichte und höherem Wirkungsgrad. Diese Steigerung des Motorwirkungsgrads führt zu einer nahezu identischen Energieeinsparung für das gesamte Antriebssystem.

Ein weiterer bedeu-tender Vorteil des SynRM von ABB ist die schlichte Rotor-struktur. Ohne Mag-nete und Käfig ist der Rotor robuster als bei AM oder PM-Maschinen. Zudem entfällt das Risiko eines permanenten Leistungsverlusts durch Ent-magnetisierung bei einem Ausfall oder

Bei kleinen Motoren mit 3 oder 4 kW kann die Leistung bei gleichem Temperatur- anstieg um bis zu 60 % gesteigert werden.

Rotor versucht, die magnetisch leitfähige Richtung am Statorfeld auszurichten. Die Höhe des erzeugten Drehmoments ist direkt proportional zur Ausprägung, d. h. dem Verhältnis der Induktivitäten der bei-den magnetischen Richtungen des Rotors.Die Erfindung des synchronen Reluktanz-motors geht zurück auf das Jahr 1923. In der Industrie fand er jedoch kaum Anwen-dung, da er im direkten Netzanschluss nicht selbständig anläuft. Dank moderner drehzahl- geregelter Antriebe mit Frequenzumrichter ist dies mittlerweile kein Problem mehr ➔ 2.

Im Jahr 1982 wurden Permanentmagnet-werkstoffe auf der Basis von Neodym (NdFeB) entdeckt. Die daraus resultierende neue Permanentmagnet-Motortechnologie (PM) wurde besonders für Servomotoren genutzt und setzt sich heute in vielen indus-triellen Spezialanwendungen wie getriebe-losen, langsam laufenden Drehmomentmo-toren zunehmend durch [1]. Der nüchterne SynRM blieb erneut weitgehend unbeachtet.Hinzu kam, dass in vielen früheren Ver- öffentlichungen zum SynRM die (laut Be-rechnungen zu erwartenden) überlegenen Drehmoment- und Effizienzeigenschaften gegenüber dem AM nicht recht deutlich wurden. Für viele Experten ist dies der Grund für das heutige Schattendasein des SynRM. Vermutlich fehlte es diesen ersten Versuchen noch an einer ausreichend opti-mierten Umrichtersteuerung. Einige Veröf-fentlichungen zeigen jedoch äußerst vielver-sprechende Ergebnisse und befassen sich sehr genau mit den elektromagnetischen Designaspekten [2], [3]. Wichtig ist hier der Unterschied zwischen dem SynRM und dem geschalteten Reluktanzmotor oder Schrittmotor, der einen völlig anderen Stator, ein anderes Wicklungskonzept und einen nicht sinusförmigen Stromverlauf besitzt. Jener Motor wird aufgrund seines hohen Geräuschpegels für den industriellen

1 Prinzip und Drehmoment eines synchronen Reluktanzrotors

q

T

T d Ψ

d

w

Pp = Polpaare des Motors

2 Lq Ld

T = 3 Pp 1 - 1 y2 sin(2d)

2 Entwicklung der Leistungsdichte von Niederspannungsmotoren

Gew

icht

von

4-p

olig

en

4-kW

- A

sync

hron

mot

oren

(kg)

Vergleich der gemessenen Leistungen

GrößeAsyn-chron-motor

SynRMAus-

gangs-leistung

1003,3 kWη=83%

4,3 kWη=90%

+30–45%

160 22 kW 29 kW +32%

280 90 kW 110 kW +22%

Asynchronmotor

Synchroner Reluktanzmotor von ABB

Jahr

140

120

100

80

60

40

20

0

5 PS = 3,7 kW

1900 1950 2000

Einführung der IEC-Norm

Einführung des SynRM

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59Motoren mit Zukunft

verluste noch einen weiteren wichtigen Vor-teil: Da weniger Wärme durch die Welle abgeleitet wird, sinkt die Lagertemperatur besonders auf der Antriebsseite. Im Ver-gleich zu einem AM können mit einem Syn-RM von ABB bei einer Leistung von 6 kW Temperatursenkungen um bis zu 30 K erzielt werden. Über den gesamten Leis-tungsbereich hinweg liegt die Reduktion typischerweise bei 15–20 K. Dieser Effekt macht sich besonders bei höheren Dreh-zahlen und beim Betrieb in höheren Wär-meklassen bemerkbar. Der allgemein hohe Wirkungsgrad bleibt selbst bei dieser hohen Ausgangsleistung erhalten. Darüber hinaus verfügt der SynRM von ABB über die für Synchronmaschinen typische, ausgezeich-nete Wirkungsgradkurve bei Teillast, d. h. der Wirkungsgrad bleibt selbst bei Teillast hoch. Diese Eigenschaft zahlt sich insbe-sondere bei drehzahlgeregelten Systemen für Gebläse und Pumpen aus.Last but not least besitzen die Rotoren auf-grund des Fehlens von Käfig und Magneten eine um 30–50 % geringere Trägheit. In besonders dynamischen Anwendungen wie Kränen sorgt dies für weitere Effizienzvor-teile und kürzere Hubzyklen, da die Motoren schneller beschleunigt werden können.

Rotorkonstruktion und ZuverlässigkeitDie meisten technischen Aspekte der ABB SynRM-Antriebssysteme basieren auf vor-handenen Technologien. Gehäuse, An-schlusskasten, Stator, Wicklungsdesign und -technologie sowie Lager sind iden-tisch mit denen von AMs. Da die dreiphasi-gen Ströme sinusförmig sind, kann dieser Motortyp von den gleichen Umrichtern ge-speist werden, sofern diese über eine opti-mierte Firmware verfügen, die diesen Motortyp unterstützt. Lediglich der Rotor ist anders.Der Rotor ist weniger komplex als bei AMs und PM-Motoren und besteht aus laminier-

erreicht werden. Aus diesem Grund erhielt der Motor den Beinamen „CoolMotor“ ➔ 5. Diese niedrige Betriebstemperatur verlän-gert die Lebensdauer der Motorisolierung und die Lebensdauer bzw. die Schmier- intervalle der Lager. Besonders Motorlager erfordern eine regelmäßige Wartung, und einigen Studien zufolge sind Lagerschäden für etwa 70 % aller ungeplanten Motoraus-fälle verantwortlich. Die geringere Lager-temperatur macht sich unmittelbar durch längere Schmierintervalle, einen geringeren Wartungsaufwand und eine höhere Zuver-lässigkeit bemerkbar. Selbst wenn ein Lager einmal ausgetauscht werden muss, ist dies aufgrund der nicht vorhandenen magneti-schen Kräfte, wie sie beim PM-Motor auf-treten, ebenso einfach wie bei einem AM.Die Technologie ermöglicht eine hohe Dreh-momentausbeute sogar bei höheren Dreh-zahlen. In dieser Anwendung der SynRM Technologie bleibt der Temperaturanstieg im Bereich der herkömmlichen Klassen B oder F. Da Verluste am Rotor im Vergleich zu Statorverlusten schwer zu kühlen sind, wirkt sich ihre nahezu vollständige Beseiti-gung hier besonders positiv auf das Dreh-momentverhalten aus. Bei kleinen Motoren mit 3 oder 4 kW kann die Leistung bei glei-chem Temperaturanstieg um bis zu 60 % gesteigert werden. Bei einem 60-kW-Motor liegt die Steigerung im Vergleich zu einem AM im Bereich von 40 % und bei einem 220-kW-Motor bei etwa 20 %. In den meis-ten Fällen kann stattdessen die gleiche Leistung mit einem SynRM erzielt werden, der um eine oder sogar zwei Baugrößen kleiner ist als ein entsprechender AM. Dies zahlt sich in allen Anwendungen aus, in denen platzsparende Motoren von Vorteil sind. Ein weiterer Pluspunkt ist die gerin-gere Wärmeabgabe an benachbarte Teile, besonders in geschlossenen Schränken. Selbst bei dieser extrem erhöhten Leis-tungsdichte hat die Beseitigung der Rotor-

Die niedrige Betriebstemperatur verlängert die Lebensdauer der Motorisolierung und die Lebens-dauer bzw. Schmierintervalle der Lager.

3 Verlustverteilung und Wirkungsgrad

Nennleistung (kW)

Wirk

ungs

grad

(%) d

urch

Ver

lust

red

uktio

n 98

96

94

92

90

88

86

84

1 10 100 1000

SynRM

AM

Asynchron-motor

Verlustreduktion: 10–30 %(Beispiel: 15 kW bei 1.500 U/min)

SynchronerReluktanz-

motorVerlustquelle

Rotoreisen

Rotorleiter

LuftreibungLager

Statoreisen

Statorleiter

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ten Blechen aus weichmagnetischem Stahl, die an der Welle befestigt sind. Kom-plex ist hingegen das Design. Umfang- reiche Finite-Elemente-Simulationen waren erforderlich, um die elektrischen und me-chanischen Eigenschaften des Rotorquer-schnitts sicherzustellen. Wichtige konst-ruktive Aspekte sind die Zahl der magnetischen Segmente und die genaue Form der Luftbarrieren, da diese für die Drehmomenterzeugung und den Magneti-sierungsstrom ausschlaggebend sind. Für eine günstige Auslegung des Antriebs musste dieser Blindstrom möglichst gering gehalten werden. Die genaue Platzierung der Segmente entlang der Peripherie ist entscheidend für ein gleichmäßiges Dreh-moment bei der Rotation, damit der Motor ebenso leise läuft wie herkömmliche Moto-ren. Ein Ergebnis dieser komplexen Opti-mierung mithilfe der Finite-Elemente- Methode (FEM) sowie analytischen und ge-netischen Algorithmen war, dass sich eine vierpolige Konfiguration für den gesamten Drehzahlbereich bis 6.000 U/min am bes-ten eignet.

Um die Zuverlässigkeit dieses neuen Rotors zu gewährleisten, wurden Motor und An-triebssystem während der gesamten Ent-wicklungsphase umfangreichen Prüfungen unterzogen (siehe Titelbild). Mithilfe von Methoden zur beschleunigten Belastungs-prüfung (Highly Accelerated Stress Testing, HAST) wurden die Bedingungen von Pum-pen-, Gebläse-, Kompressor-, Bergbau- und Krananwendungen nachgebildet. Dabei wurden eigens für diesen Motortyp ent- wickelte HAST-Zyklen verwendet, um eine robuste Leistungsfähigkeit über die gesam-te Lebensdauer hinweg zu gewährleisten. In einem erfolgreichen Versuch wurden zum Beispiel Motorstarts und -stopps mit hoher Wiederholrate und mit Spitzendreh-zahlen oberhalb der maximal zulässigen Betriebsdrehzahl durchgeführt. Die Anzahl der Zyklen und die Überlastbedingungen wurden so bemessen, dass sie einer Lebensdauer von über 20 Jahren im normalen Betrieb entsprachen.

Antriebsstromrichter und SteuerungDie herkömmliche ABB-Antriebstechnolo-gie mit standardmäßiger direkter Drehmo-mentregelung (Direct Torque Control, DTC) für AM und PM-Motoren wurde angepasst und um den SynRM als neuen Motortyp erweitert. Trotz der vielen Gemeinsamkeiten mit dem PM-Motor (mit Ausnahme des nicht vorhandenen Rotorflusses) wurde bei der Entwicklung großer Wert darauf gelegt,

Mithilfe von beschleunigten Belastungsprüfun-gen (HAST) wurden die Bedingungen von Pumpen-, Gebläse-, Kom-pressor-, Berg-bau- und Kran- anwendungen nachgebildet.

180

155

130

120

105

40

0

4 Wärmeklassen

Die Umgebungstemperatur ist die Temperatur der Luft, die den Motor umgibt. Dies ist der Referenz-wert bzw. die Temperatur, die der Motor annimmt, wenn er abgeschaltet und vollständig abgekühlt ist.

Die Erwärmung oder der Temperaturanstieg des Motors entspricht der Differenz zwischen der Referenztemperatur und der Temperatur bei Volllast.

Die Standardmethode zur Messung des Tempera-turanstiegs basiert auf der Bestimmung der Differenz zwischen dem „kalten“ und „heißen“ ohmschen Widerstand der Wicklung. Dadurch wird der Temperaturanstieg der gesamten Wicklung einschließlich der Zuleitungen, Wickelköpfe und Drähte tief im Inneren der Statornuten gemittelt. Da einige dieser Stellen heißer sind als andere, wird aus der Durchschnittstemperatur und einem „Hot-Spot-Zuschlag“ die wahrscheinliche Temperatur an der heißesten Stelle bestimmt.

Isolierungen werden nach ihrer Beständigkeit gegen thermisches Altern und Versagen in Isolierstoffklas-sen eingeteilt. Die vier häufigsten Isolierstoffklassen sind die Klassen A, B, F, und H. Die Temperaturbe-ständigkeit der einzelnen Klassen entspricht der maximalen Betriebstemperatur, bei der die Isolierung eine durchschnittliche Lebensdauer von 20.000 Stunden erreicht.

Wird ein Motor mit einer geringeren Erwärmung betrieben als durch die Isolierstoffklasse zulässig, kann dies seine Temperaturfähigkeit dahingehend verändern, dass er höheren Umgebungstempera-turen standhalten kann oder dass die Lebensdauer des Motors verlängert wird.

Die folgende Tabelle zeigt die Grenztemperaturen, den zulässigen Temperaturanstieg und die Hot- Spot-Zuschläge für verschiedene Wärmeklassen von Standardmotoren.

„Hot-Spot-Zuschlag“

°C

Zulässiger Temperaturanstieg

5

10

10

15

Maximale Umgebungstemperatur

IsolierstoffklasseMaximale Wicklungstemperatur

A B F H 105 130 155 180

40 40 40 40

60 80 105 125

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neuen Motor, der optimal für den Betrieb mit Umrichtersystemen abgestimmt ist. Eine um 20–40 % höhere Leistungsdichte im Vergleich zu einem AM, eine Rotorkons-truktion ohne Kurzschlusskäfig oder Per-manentmagnete, eine geringere Baugröße, eine geringere Wärmeentwicklung und höchste Effizienz für drehzahlgeregelte Systeme gehören zu seinen Merkmalen. Aus einem herkömmlichen AM mit neuem Rotor in Verbindung mit einem Standard-antrieb und neuer Software entsteht ein äußerst leistungsfähiges und effizientes drehzahlvariables Antriebssystem. Leis-tung und Effizienz sind vergleichbar mit einem PM-Motorantrieb, allerdings unter Verwendung der robusten Technologie von Asynchronmotoren. Damit kommt der Nutzer nicht nur in den Genuss der Vorteile beider Technologien, sondern kann auch eine Vielzahl zusätzlicher Vorzüge für sich beanspruchen.

Heinz Lendenmann

Reza Rajabi Moghaddam

ABB Corporate Research

Västerås, Schweden

[email protected]

[email protected]

Ari Tammi

ABB Discrete Automation and Motion,

Motors & Generators

Vaasa, Finnland

[email protected]

Lars-Erik Thand

ABB Discrete Automation and Motion,

Motors & Generators

Västerås, Schweden

[email protected]

Literaturhinweise[1] Haikola, M.: „Der Direkte Weg. Die Direct-Drive-

Lösung von ABB erfüllt die Anforderungen der anspruchsvollsten Prozesse“. ABB Technik 4/2009: 12–15

[2] Boglietti, A., Cavagnino, A. Pastorelli, M., Vagati, A.: „Experimental comparison of induction and synchronous reluctance motors performance“. 40th IEEE IAS Annu. Meeting, Okt. 2005, Vol. 1: 474–479

[3] Germishuizen, J. J., Van der Merwe, F. S., Van der Westhuizen, K., Kamper, M. J.: „Performance comparison of reluctance synchronous and induction traction drives for electrical multiple units“. IEEE IAS Annu. Meeting, Okt. 8–12, 2000, Vol. 1: 316–323

Titelbild Das Motor- und Antriebssystem bei der beschleu-nigten Belastungsprüfung (HAST)

Antrieb für diesen Motor nicht von drehzahl-geregelten Antrieben für AMs oder PM-Mo-toren. Zu den Standardmerkmalen gehören die automatische Parametererkennung auf der Basis von Typenschildangaben und ein geberloser Betrieb. Der Motor benötigt keinerlei Drehzahlsensoren und bietet

dennoch eine hohe Drehzahlgenauig-keit und Drehmo-mentdynamik. Bei Bedarf kann der An-trieb sogar auf eine bestimmte Über-lastbarkeit und zyk-lische Belastbarkeit ausgelegt werden.

AusblickDa dieser Motor, ebenso wie ein PM-Motor, grundsätzlich einen Frequenzumrichter benötigt, werden für bestimmte Leistungs- und Drehzahlanforderungen passende Paarungen aus Motor und ACS-Frequenz-umrichter empfohlen ➔ 6.

Als Antwort auf die Forderungen des Mark-tes nach höheren Ausgangsleistungen, einer höheren Effizienz, längeren War-tungsintervallen und einer kompakteren Bauweise präsentiert ABB einen komplett

die Drehmomenterzeugung durch eine auf maximales Drehmoment je Ampere (Maxi-mum Torque Per Ampere, MTPA) ausgeleg-te Steuerung zu optimieren. So wird sicher-gestellt, dass der Antriebsstrom an jedem Betriebspunkt so gering wie möglich gehal-ten wird. Die Steuerung ist auch in der

Lage, im Feldschwächungsbereich, d. h. im Drehzahlbereich oberhalb der Bemes-sungsdrehzahl, zu arbeiten. So kann für einen Großteil der Motorenbaugrößen eine Maximaldrehzahl erreicht werden, die bis zum 1,5-fachen über der Bemessungs-drehzahl liegt. Diese Antriebssteuerung ist eine besonders wichtige Entwicklung von ABB, durch die mit dem SynRM deutlich höhere Drehmomentdichten erreicht wer-den können als mit AMs.Von der Installation und vom Betrieb her unterscheidet sich der leistungselektronische

5 Aufnahmen mit einer Wärmebildkamera

°C50

45

40

35

30

25

Asynchronrotor Synchroner Reluktanzrotor

Ein weiterer Pluspunkt ist die geringere Wärmeabgabe an benachbarte Teile, besonders in geschlossenen Schränken.

6 Beispiele des neuen Motorantriebssystems

Die folgende Tabelle zeigt die Leistungsdaten des neuen Motorantriebsystems für drei IEC-Motorbaugrößen.

Die vollständigen Spezifikationen sind unter www.abb.com/motors&generators aufgeführt.

Motor, Wärmeklasse F Frequenzumrichter, 400 V

Größe PN nN PN nmax η MN m Typencode IN Geräusch Bau- m

mm kW U/min kW U/min %(1/1) Nm kg ACS-850-04 A dBA größe kg

100 4 1500 4 2250 84,3 25 22 010A-5 10.5 39 B 5

100 7,5 3000 7,5 4500 88,7 23 22 018A-5 18 39 B 5

100 13 4500 13 6000 90,5 27 22 030A-5 30 63 C 16

100 17,5 6000 17,5 6000 91,3 27 22 044A-5 44 71 C 16

160 26 1500 26 2250 91,7 165 180 061A-5 61 70 D 23

160 50 3000 50 4500 94,0 159 180 144A-5 144 65 E0 35

160 70 4500 70 5300 94,6 148 180 166A-5 166 65 E 67

280 110 1500 110 1800 96,0 700 640 260A-5 260 65 E 67

280 130 1800 130 2200 95,9 689 640 290A-5 290 65 E 67

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63Die andere alternative Energiequelle

WERNER JANIK, JOSEPH LAUER – Mit der Weltbevölkerung steigt auch der welt-weite Energiebedarf. Langfristig wird dies zu einer Verknappung der fossilen Brennstoffe führen, unserer derzeit wichtigsten Energiequelle. Hinzu kommt, dass fossile Brennstoffe für einen Großteil des CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, der das globale Klima bedroht. Solange unsere Energieversorgung von fossilen Brennstoffen abhängig ist, stecken wir in dieser Klemme. Dass erneuer-bare Energien einen Ausweg aus dieser Lage bieten, ist hinlänglich bekannt. Doch trotz rascher Fortschritte bei dem Vorhaben, thermische Kraftwerke durch erneuerbare Energiequellen zu ersetzen, müssen noch zahlreiche Hürden genommen werden, bis alternative Energieträger einen entscheidenden Beitrag zum Gesamtenergiemix leisten können. Leider läuft unserem Planbeten die Zeit davon, während er auf weitere Entwicklungen im Bereich der erneuerbaren Energien oder den langersehnten Durchbruch auf dem Gebiet der Kernfusion wartet. Daher müssen parallel zu diesen Bemühungen weitere Maßnahmen getroffen werden, um die Erde zu schützen und ihre Ressourcen und ihre Biosphäre für zukünftige Generationen zu bewahren. Dies kann mithilfe energie-effizienter Methoden und Technologien erreicht werden, die bereits heute zur Verfügung stehen.

Energieeffizienz als entscheidender Bestandteil einer nachhaltigen Energie-politik für Kraftwerke

Die andere alternative Energiequelle

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menhang zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Energieverbrauch auswir-ken. Für den Bereich der Stromerzeugung und insbesondere für Wärmekraftwerke stehen die dafür erforderlichen Technolo-gien bereits heute von ABB zur Verfügung.

Aktuelle HerausforderungenIn allen Regionen der Welt steigt der Be-darf an elektrischer Energie doppelt so schnell wie der Primärenergiebedarf  ➔ 1. Dies zeigt sich besonders in den Schwel-lenwirtschaften des Nahen Ostens, in Indien und China, wo der erwartete An-stieg des Strombedarfs bei 140–261 % (im Vergleich zu 89–116 % für Primär-energie) liegt.

Bei der Deckung des Bedarfs geht es je-doch vorrangig darum, die richtige Balan-ce zwischen Erzeugung und Verbrauch zu finden. Das globale Ziel hinsichtlich einer effizienten Energienutzung besteht also darin, so viel Energie wie möglich aus den verfügbaren fos-silen Brennstof-fen zu gewinnen und gleichzeitig so wenig wie möglich von die-ser Energie zu verbrauchen. Hierbei kann je-des Barrel-Äqui-valent an ge-sparter elek- trischer Energie als „zusätzliche alternative Energiequelle“ betrachtet werden, der für andere Zwecke zur Verfügung steht.

E in Großteil der heutigen Strom-versorgung basiert auf der Ver-brennung fossiler Energieträger. Tatsächlich werden über 40 %

des weltweit produzierten Stroms aus Kohle erzeugt. Damit ist die Stromerzeu-gung der größte und am schnellsten wachsende Verursacher von CO2-Emissi-onen. Die Nutzung erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung nimmt stark zu, und der Zusammenhang zwischen der Ener-gienutzung und dem Emissionsausstoß könnte durch den Einsatz erneuerbarer Energiequellen deutlich reduziert werden. Leider ist der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergiemix noch immer recht gering, und an der effizienten Integration erneuerbarer Energien im großen Maßstab wird noch geforscht.

Da der Erde die Zeit davonläuft, sind parallel hierzu weitere Maßnahmen erfor-derlich, um die globale Energienutzung und den damit zusammenhängenden CO2-Fußabdruck zu verbessern.Laut Prognosen der Internationalen Ener-gieagentur (IEA) könnten durch eine effizi-entere Energienutzung in den nächsten 20 Jahren mehr CO2-Emissionen eingespart werden als durch alle anderen Möglich-keiten zusammengenommen. Die Ver-wendung energieeffizienter Technologien, Methoden und Verhaltensweisen kann sich unmittelbar (d. h. positiv) auf den Zusam-

Energieeffizienz – die andere alternative EnergiequelleEntlang der elektrischen Energiekette von der Erzeugung bis zum Verbrauch treten für gewöhnlich Verluste auf. Die größten hiervon sind in  ➔ 2 aufgeführt. Wie in der Zeichnung zu sehen, können auf dem Weg von den Primärenergiequellen wie Gas oder Öl bis zu den industriellen oder privaten Verbrauchern rund 80 % der Energie verloren gehen. Ein Großteil der Verluste tritt bei der Erzeugung im Kraft-werk auf und ist vorrangig auf die thermo-dynamischen Grundprinzipien des Pro-zesses selbst zurückzuführen. Dies soll am Beispiel eines konventionellen Kohle-kraftwerks mit einer elektrischen Brutto-leistung von 500 MW verdeutlicht werden. Die Anlage ist ca. 25 Jahre alt und besitzt einen typischen thermischen Wirkungs-grad von 34 % bei einem Netto-Wärme-bedarf von 10,2 BTU/kWh1. Obwohl das Kraftwerk ursprünglich für den Grundlast-betrieb vorgesehen war, wurde die Be-

triebsstrategie mittlerweile geändert, um dem stärker schwankenden Bedarf in heutigen Stromnetzen Rechnung zu tra-

Entlang der elektrischen Energie-kette von der Erzeugung bis zum Verbrauch können bis zu 80 % der Energie verloren gehen, wobei die größten Verluste bei der Erzeugung auftreten.

1 Vergleich des steigenden Bedarfs an Primärenergie und elektrischer Energie

Primärenergiebedarf

Elektrizitätsbedarf

Quelle: Von ABB anhand von Daten des Current Policies Scenario 2008-2035 aus dem IEA World Energy Outlook 2010 errechnete Werte

Europäische Union und Nordamerika

7.1% 25%

Naher Osten (einschl. Israel) und Afrika

66% 128%

Indien

148% 292%

China

98% 210%

Lateinamerika

61% 89%

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65Die andere alternative Energiequelle

Laut Prognosen der IEA könnten durch eine effizientere Energienutzung in den nächsten 20 Jahren mehr CO2-Emissionen eingespart werden als durch alle ande-ren Möglichkeiten zusammenge- nommen.

gen. Dazu wurde der jährliche Kapazitäts-faktor auf ca. 70 % gesenkt, wobei häufig ein Teillastbetrieb zwischen 50 und 90 % gefahren wird. Dies ist mehr oder weniger zur gängigen Praxis in vielen heutigen Kraftwerken geworden und birgt gleich-zeitig die Möglichkeit zur Erschließung einer „alternativen Energiequelle“ durch Verbesserung der Energieeffizienz.

Doch bevor ein Kraftwerk in die Verbesse-rung der Energieeffizienz investiert, gilt es drei grundlegende Fragen zu klären:

– Wer verfügt über das Know-how und die Technologie, um kostengünstige Methoden zur Steigerung der Energie-effizienz umzusetzen?

– Welche Art von Einsparungen kann realisiert werden?

– Wie kann dies erreicht werden?

Die ersten beiden Fragen können in einem Satz beantwortet werden: Mithilfe von Methoden und Technologien von ABB kann eine Steigerung der Energie-effizienz um 8–10 % erreicht werden. Für unser oben genanntes 500-MW-Kohle-kraftwerk ergeben sich daraus im Hin-blick auf die zusätzlich zur Verfügung stehende Brennstoffmenge und mög- liche Einsparungen folgende (jährliche) Werte:– Ursprünglicher Brennstoffverbrauch:

1,4 Millionen Tonnen– Zusätzlich ins Netz eingespeiste

Energie: 21,25 MWh– Eingesparte Energie: 22,5 Millionen kWh– Senkung der CO2-Emissionen:

260.000 Tonnen– Äquivalente Menge an „alternativer

Energie“ in Form von zusätzlich verfügbarem Brennstoff: 154.000 t (dies reicht aus, um etwa 850 Autos ein Jahr lang zu betreiben!)

Was die wirtschaftliche Umsetzung ener-gieeffizienter Methoden und Technologien angeht, hat die Erfahrung von ABB ge-zeigt, dass diese Ziele mit einer durch-schnittlichen Amortisationszeit von zwei bis drei Jahren erreicht werden können.

ABB-Methodik zur Steigerung der EnergieeffizienzDer ABB-Ansatz zur Steigerung der Ener-gieeffizienz umfasst drei Phasen:– Phase 1: Identifizierung von Verbesse-

rungsmöglichkeiten– Phase 2: Masterplan– Phase 3: Umsetzung

Die für diese Methodik verwendeten Werkzeuge und Verfahren basieren auf langjährigen Erfahrungen, die ABB mit einer Vielzahl verschiedener Prozesse zur Energieerzeugung und -nutzung in zahl-reichen Kundenanlagen gesammelt hat. Ziel jedes einzelnen Schritts der Methodik ist es, Kraftwerksbetreibern genau die Informationen zu liefern, die sie benötigen, um entsprechende Verbesserungspro-gramme umzusetzen, die zu echten und nachhaltigen Energieeinsparungen führen.

Identifizierung von Verbesserungs-

möglichkeiten

Die erste Phase umfasst eine Beurteilung der Energieeffizienz mit folgenden Zielen: Identifizierung spezifischer Verbesse-rungsmöglichkeiten durch Feststellung, wie, wo und warum Energie verbraucht wird; Identifizierung von Bereichen mit mangelnder Effizienz; Vergleich der aktu-ellen Performance mit branchenweit anerkannten „Best Practices“. Eine Reihe von entsprechenden Energiemanagement- aspekten ist in  ➔ 3 aufgeführt.Die Aspekte, die bei einem typischen Kohlekraftwerk ähnlich der oben be-schriebenen 25 Jahre alten Anlage (elekt-rische Bruttoleistung von 500 MW, Wir-kungsgrad von 34 %, Netto-Wärmebedarf

Fußnote1 Die British Thermal Unit (BTU) ist eine

traditionelle Energieeinheit und entspricht ca. 1,055 Kilojoule. Dies ist in etwa die Energie-menge, die erforderlich ist, um 0,454 kg Wasser um 0,556 °C zu erwärmen.

2 Die Verluste entlang der gesamten Energiewertschöpfungskette können bis zu 80 % betragen.

Primärenergie

Verf

ügb

are

Ene

rgie Transport

Stromerzeugung

Industrielle Prozesse Industrielle

Produktion

Übertragung u. Verteilung

Verlust von 80 %

3 Die ABB-Studie beinhaltet eine umfassende Beurteilung einer Vielzahl von Aspekten des Energiemanagements.

Technologie und SteuerungIdentifikation von Verbesserungsmöglichkeiten durch Prozesssteuerung, Modifikation der Aus - rüstung oder alternative energieeffiziente Tech- nologien, typischerweise für folgende Systeme:– Befeuerte Betriebsmittel (Gasturbinen, Öfen,

Heizkessel usw.)– Dampfkessel, -turbinen und -systeme– Stromerzeugung und elektrische Betriebsmittel– Größere Pumpen-, Gebläse- und Motorsysteme– Elektrische Systeme – Hochspannungs- und

lokale Mittel-/Niederspannungsverbraucher– Druckluft und Industriegase– Heizung, Klima und Lüftung (HKL)– Industrielle Gefrier- und Kühlsysteme

Verhalten und VerfahrensweisenBeurteilung von Verhaltens- und Verfahrenswei- sen hinsichtlich der Energieeffizienz von betrieb- lichen Prozessen und der Energieversorgung durch Vergleich mit bewährten „Best Practices“. Hierzu gehören:− Energiestrategie und -politik− Energiemanagementmethoden− Kapitalinvestitionen− Informationstechnologie− Betriebsführung− Betriebsplanung und Performance− Schulung und Entwicklung− Instandhaltungsverfahren und -strategien− Mitarbeitermotivation

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66 ABB technik 1|11

von 10,2 BTU/kWh, jährlicher Kapazitäts-faktor von ca. 70 %) in die Studie zur Identifizierung von Verbesserungsmög-lichkeiten einfließen würden, sind in  ➔ 4 aufgeführt.

Die Beurteilung aller Aspekte ermöglicht es ABB, die Art und den Umfang der Einsparungsmöglichkeiten zu beschreiben und klare Empfehlungen zu weiteren Schritten zu geben, die zur Realisierung zusätzlicher Vorteile erforderlich sind. Nach der Energieeffizienzbeurteilung werden aus einer größeren Auswahl an identifizierten Möglichkeiten für Verbesse-rungsprojekte die vielversprechendsten umgesetzt.

Eine andere Möglichkeit zur Bestimmung der umzusetzenden Einzelmaßnahmen ist der Einsatz eines Amortisationsdia-gramms, das einen qualitativen Überblick über die identifizierten Möglichkeiten im Hinblick auf die zu erwartenden Energie-einsparungen und die voraussichtlichen Investitionskosten liefert  ➔ 5. Anders aus-gedrückt stellt das Diagramm die Amorti-sation der verschiedenen Möglichkeiten in visueller Form dar. Mithilfe dieser grafi-schen Auswertung lässt sich schnell er-kennen, welche Maßnahmen (normaler-weise die oberhalb der orangefarbenen Linie) eine hohe Rentabilität versprechen.Die für unser Beispielkraftwerk als renta-bel identifizierten Maßnahmen zur Steige-

rung der Energieeffizienz sind in  ➔ 6 auf-geführt und für diese Art von Beispiel sehr typisch.

Eine Verbesserung der Energieeffizienz von Kraftwerken lässt sich jedoch nicht nur durch technische Maßnahmen errei-chen. Auch eine Verbesserung der be-trieblichen Verfahrensweisen sowohl auf der Anlagenmanagement- als auch der Bedienerebene kann einen erheblichen Einfluss haben. Entsprechende Beispiele für mögliche Verbesserungen sind in vielen Kraftwerksprozessen zu finden:– Manuelle Abschaltung von nicht

benötigten Geräten– Rationalisierung von Anlagenbe-

gehungen– Entwicklung einer wirksamen Aus-

tauschstrategie für Beleuchtungsein-richtungen

– Entwicklung einer Austauschstrategie für Geräte auf der Basis einer Beurtei-lung der Lebenszykluskosten (LCA)

– Entwicklung einer vorausschauenden Instandhaltungsstrategie

– Entwicklung eines Programms zur Bestimmung von Energieeffizienzzielen

Masterplan

In dieser Phase werden die bei der Beurteilung identifizierten Verbesse-rungsmöglichkeiten zu einem detaillier-ten Umsetzungsplan ausgearbeitet. Der Masterplan umfasst eine Reihe von Ver-besserungsprojekten mit bekanntem und berechenbarem Nutzen. Der Masterplan

Dampfturbinenleistung und -steuerung– Thermodynamische Leistung– Kondensatorleistung (wenn zutreffend)– Optimierung der Steuerung von Anzapf-/ Gegendruckdampf– Turbinensteuerung – einzelner Einheiten und

der gesamten Flotte zur Optimierung des Wärmebedarfs

Gasturbinenleistung und -steuerung− Thermodynamische Leistung− Vorausschauende Instandhaltung− Leistungsverlust− Turbinensteuerung – einzelner Einheiten und

der gesamten Flotte zur Optimierung des Wärmebedarfs

Kesselleistung und -steuerung− Thermodynamische Leistung− Speisewasserbedingungen− Kesselsteuerung – einzelner Einheiten und der

gesamten Flotte zur Optimierung des Wärmebedarfs

− Dampfverteilungssysteme

Elektrische Nebenanlagen− Motoren und Antriebe (Pumpen und Gebläse)− Transformatoren− Schaltanlagen− Feldgeräte− Druckluftsystem

Energiemanagementsystem(e)− Messung, Überwachung und Aufzeichnung

des Energieverbrauchs− Umfang der KPI-Analyse und der

fortlaufenden Leistungsbeurteilung− Integration in die Energiemanagementpolitik

Verteilerausrüstung− Datenerfassungssystem− Alarmsysteme− Hilfssysteme

Gesamtwärmebedarf der Anlage− Möglichkeiten zur weiteren Optimierung

4 Komponenten einer Studie für ein 25 Jahre altes Kohlekraftwerk mit einer elektrischen Bruttoleistung von 500 MW und einem Wirkungsgrad von 34 %

− Optimierung des Kohletransports− Verbesserung der Durchflussregelung

von Saug- und Druckgebläsen− Verbesserung der Steuerung von

Kessel-Speisewasserpumpen− Einführung von hocheffizienten Motoren

und Antrieben− Optimierte Turbinenregelung− Fortschrittliche Dampftemperaturregelung− Stabilisierung der Feuerleistung und

Optimierung der Verbrennung− Reduzierung von überschüssigem

Sauerstoff bei der Verbrennung im Kessel− Verbesserte Regelung von

Speisewasserdruck und -stand− Verbesserung der elektrischen Anlage

(Maschinen- und Hilfstransformatoren)− Reduzierung von Leckagen− Reduzierung der thermischen Verluste− Thermische Optimierung des Kühlbetriebs

6 Identifizierte Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz in einem Kohlekraftwerk

5 Diagramm zur Amortisation identifizierter Verbesserungsmöglichkeiten

Anlagenbereich A1Betrachtetes Projekt

ID101 PXXQ (Dys Chassess)3.2.1 VSD-Installation an 1 Pumpe

ID102 PXXW (Dys Agitation)3.2.1 VSD-Installation 1 Pumpe

ID103 PXX Druckregelung3.2.1 Druck des Pumpsystems

ID104 PXX Pumpsystem3.2.1 VSD-Installation an 1 Pumpe

ID105 PXX, PXY, PXZ PumpenID106 VSD-Installation an 1 PumpeID108 VSD in jedem o. g. Pumpsystem 3.2.1

ID107 PXX Pumpsystem3.2.1 VSD-Installation an 1 Pumpe

ID109 SX Kühlturm3.2.1 Vermeidung von „Überkühlung“ – Erhöhung der KW-Temperatur

ID110 SX Kühlturm3.2.1 VSD-Installation an Gebläsen

ID-00103

ID-00104

ID-00110

ID-00107ID-00102

ID-00101a ID-00105bGes

chät

ztes

Ein

spar

ungs

pot

enzi

al

Geschätzte Investitionskosten

Nie

drig

M

ittel

H

och

Niedrig Mittel Hoch

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67Die andere alternative Energiequelle

Der Erfolg hängt – besonders bei Kohle-kraftwerken – stark von der Betriebsart der Anlage ab. So bieten Kraftwerke im stationären Betrieb nur ein geringes Opti-mierungspotenzial, während sich Kraft-werke mit ausgeprägtem Teillastbetrieb ideal für Studien zur Identifizierung von Verbesserungsmöglichkeiten eignen  ➔ 7.

Für das in diesem Artikel beschriebene 500-MW-Kohlekraftwerk lässt sich eine etwa 8 %ige Verbesserung des Wärme-bedarfs erzielen. Der Ausstoß von Treib-hausgasen kann in Relation zur gesteiger-ten Kraftwerksleistung ebenfalls um 8 % gesenkt werden. Dieser Wert verteilt sich mehr oder weniger auf die verschiedenen Anlagenbereiche, je nachdem, welchen Einfluss die einzelnen Bereiche auf die parasitäre Last der Anlage haben  ➔ 8.

Ermöglicht werden diese Ergebnisse durch das Know-how und die Flexibilität, die ABB bei der Ermittlung der bestmög-lichen Lösung zur Verbesserung der Ener-gieeffizienz in Kraftwerken bietet.

Werner Janik

ABB Power Generation

Mannheim, Deutschland

[email protected]

Joseph Lauer

ABB Process Automation

Montréal, Kanada

[email protected]

Titelbild

Trotz des starken Wachstums im Bereich der erneuerbaren Energien wird an ihrer effizienten Integration im großen Maßstab noch geforscht.

wird üblicherweise von ABB gemeinsam mit dem Kunden entwickelt. Am Ende dieser Phase steht die Entwicklung einer klaren „Roadmap“ einschließlich detail-lierter Projektspezifikationen, um eine möglichst wirtschaftliche Umsetzung der Energieeinsparungspotenziale zu unter-stützen. Einige der schnelleren und einfacheren Maßnahmen können vom Kunden bereits während dieser Phase ohne die Unterstützung von ABB um-gesetzt werden. Während viele Verbes-serungsmöglichkeiten mithilfe von ABB-Kerntechnologien umsetzbar sind, können andere, die nicht auf diesen Technologien basieren, von Drittanbie-tern implementiert werden.

Umsetzung

Die Umsetzungsphase umfasst die Aus-führung der Umsetzungsprojekte und wird üblicherweise von ABB gemeinsam mit dem Kunden oder – je nachdem, was zum Erreichen der definierten Ziele erfor-derlich ist – von ABB und entsprechenden Technologiepartnern oder anderen OEM-Herstellern durchgeführt.

Messung des ErfolgsJede umgesetzte Methode zur Steige-rung der Energieeffizienz ist praktisch wertlos, wenn sich ihr Nutzen nicht täg-lich bemerkbar macht. Deshalb ist der Einsatz geeigneter Werkzeuge erforder-lich, die die Aufzeichnung und Darstellung der erzielten Verbesserungen in allen rele-vanten Bereichen der Anlage ermög- lichen. Diese Informationen sind für alle Maßnahmen erforderlich, ganz gleich ob sie sich auf die Anlagentechnik und -steuerung, Überwachung und Ziel-setzung oder auf Verhaltens- und Verfah-rensweisen beziehen.

In allen Regionen der Welt steigt der Bedarf an elektri-scher Energie dop-pelt so schnell wie der Primärenergie-bedarf. Dies zeigt sich besonders in den Schwellen-wirtschaften des Nahen Ostens, in Indien und China.

7 Beurteilung der Energiekosten mithilfe der Drei-Phasen-Methodik von ABB

Aktuelle Energie-kosten der Anlage Identifizierte

Verbesserungs-möglichkeiten bzw. Projekte mit geringem Inves- titionsaufwand, die sich schnell umsetzen lassen.

Nach der Identifizie- rung von Projekten zur Energieein-sparung und der Entwicklung des Masterplans werden die Projekte nach einem priorisierten Plan umgesetzt.

Schnelle Rendite

Identifizierung von Verbesserungs-

möglichkeiten

Masterplan Umsetzung

Theoretische Energieintensität

Kosten für Energieverluste

Nutzen durch verbes- serte Energieeffizienz

Reduzierung der Energiekosten Projekte

8 Bestimmte Bereiche eines Kraftwerks tragen stärker zum Gesamt-energieverbrauch der Anlage bei als andere.

Parasitäre Gesamtlast (%)

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Dampferzeuger

Wassersysteme

Turbinen

Materialtransport

Druckluft

Rauchgasbehandlung

Nebenanlagen

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68 ABB technik 1|11

WOJCIECH PIASECKI, MAREK FLORKOWSKI, MAREK FULCZYK,

PAWEł KłYS, EGIL STRYKEN, PIOTR GAWA̧D – Blitzschläge sind unter keinen Umständen eine wünschenswerte Erfahrung. In elektrischen Anlagen sind es nicht nur die Spannungs-spitzen, die Schäden verursachen können, sondern auch der plötzliche und schnelle Spannungsanstieg. In einigen Fällen sind die Spannungstransienten erheblich steiler als in den typischen Situationen, die von den gängigen Standards abgedeckt werden. So sind Anstiege um mehrere Megavolt innerhalb von wenigen Mikrosekunden keine Seltenheit. Normalerweise ist die Wicklungsisolierung von Transforma-toren und Motoren für solche transienten Spannungen nicht

ausgelegt und kann dauerhaften Schaden nehmen, wenn kein zusätzlicher Schutz vorhanden ist. Studien zeigen, dass auch wenn alle Teile einer elektrischen Ausrüstung für typische Spannungsstöße ausgelegt sind, bis zu 35 % aller dielektrischen Ausfälle auf solche Überspannungen zurück-zuführen sind [1]. Eine Lösung besteht darin, die Betriebs-mittel konstruktiv so zu verändern, dass sie solchen Span-nungstransienten gewachsen sind. Einfacher ist es jedoch, eine Komponente hinzuzufügen, die die Betriebsmittel vor Spannungsstößen schützt, ohne den normalen Alltags- betrieb zu beeinträchtigen. Genau so eine Komponente hat ABB entwickelt.

Schutz von Verteiltransformatoren gegen schnelle Spannungstransienten

Keine Angst vor Blitzen

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69Keine Angst vor Blitzen

Geräts bestimmt wird. Zusätzlich führt der hohe dU/dt-Wert der Spannungswelle bei einer konventionellen Wicklung zu einer stark nichtlinearen anfänglichen Span-nungsverteilung, die eine örtliche Überlas-tung der Isolierung zur Folge hat ➔ 3. Experimentelle Ergebnisse bestätigen dies und deuten darauf hin, dass eine Funken-strecke möglicherweise keinen ausrei-chenden Schutz für Verteiltransformatoren in standardmäßiger Ausführung bietet [4].

Die übliche Lösung besteht in der Verwen-dung eines speziellen Wicklungsdesigns, das zusätzliche Elemente (elektrostatische Abschirmungen) zum Ausgleich der an-fänglichen Potenzialverteilung beinhaltet. Eine solche Lösung hilft zwar dabei, eine lokale Überlastung der Isolierung durch hohe dU/dt-Werte zu verhindern, erhöht jedoch auch die Komplexität bei der Kons-truktion und Fertigung des Transformators. Hinzu kommt, dass der Spitzenwert der Überspannung die Transformatorwicklung

nach wie vor erreicht und die Isolierung daher so dimensioniert werden muss, dass sie Überspannungen jenseits der Standard-Blitzstoßspannung standhält.

zu einer nichtlinearen anfänglichen Span-nungsverteilung entlang der Wicklung führen. Diese ungleichmäßige Spannungs-verteilung bewirkt eine hohe Spannungs- belastung der Isolierung und kann zu Spannungsdurchschlägen, Koronaentla-dungen und Teilentladungen führen ➔ 2.

Eine zunehmende Forderung nach einer höheren Spannungsfestigkeit ist auch bei Verteiltransformatoren zu beobachten. Dem wird versucht, durch nichtkonventio-nelle Wicklungsdesigns nachzukommen, die jedoch mit höheren Konstruktions- und Herstellungskosten verbunden sind. Im Fokus stehen hier besonders Transforma-toren, die häufigen atmosphärischen Ent-ladungen ausgesetzt sind. Betreiber sol-cher Netze fordern häufig die Erfüllung einer sehr strengen Norm, die die Prüfung von Transformatoren mit einem steilen Spannungsimpuls vorsieht. Die finnische Norm SFS 2646 schreibt einen Span-nungsanstieg (dU/dt) von 2 MV/µs vor [3]. Laut dieser Norm sollte der Transfor-mator durch eine Funkenstrecke in seiner Nähe gegen Überspannungen geschützt werden. Da eine Funken-strecke jedoch rela-tiv langsam reagiert, kann die Spannung an den Transforma-torklemmen (unter Prüfbedingungen) auf Werte ansteigen, die weit über die Bemessungs-Blitzstoßspan-nung (Basic Insulation Level, BIL) hinaus-gehen, die von der Betriebsspannung des

D ie hochfrequenten Anteile im Spektrum eines Spannungs-stoßes ➔ 1 führen zu einer sehr ungleichmäßigen Spannungs-

verteilung. Diese wiederum führt zu loka-len Belastungen des Isolationssystems, die weit über die Belastungen unter normalen Betriebsbedingungen hinaus- gehen. Zusätzlich können die komplizier-ten inneren Strukturen elektrischer Geräte als multiresonante Schaltkreise wirken, d. h. hohe Frequenzen können eine ört- liche Verstärkung hervorrufen. Die daraus resultierende Belastung der Isolierung kann die Lebensdauer der Ausrüstung er-heblich beeinträchtigen und nicht selten zu internen Kurzschlüssen führen.

Welchen Spannungsimpulsen die Isolie-rung standhalten kann, ist stark von der Anstiegszeit des Impulses abhängig. Dies wird bei der Wahl der Isolierung für Elektro-motoren normalerweise berücksichtigt und spielt besonders bei Trockenisolierungen von rotierenden Maschinen eine Rolle, die von elektrischen Antrieben auf der Basis von Halbleiterschaltern mit hoher Frequenz gespeist werden. Die Hersteller solcher Maschinen geben häufig Richtlinien hin-sichtlich der maximalen Stoßspannungs-amplituden und der entsprechenden Stirnzeiten vor. Problematisch sind insbe- sondere Spannungsstöße mit einer typi-schen Anstiegszeit von unter 1 µm [2], die

Problematisch sind insbesondere Spannungsstöße mit einer typi-schen Anstiegszeit von unter 1 µm, die zu einer nichtlinearen anfänglichen Spannungsvertei-lung entlang der Wicklung führen.

1 Spannungstransienten in Stromnetzen

Spannungstransienten in Stromnetzen führen zu Überspannungen und Schwingungen, die die Phasenspannungen und -ströme überlagern.

Spannungstransienten in Stromnetzen werden verursacht durch:– externe Ereignisse (z. B. Blitzschläge)– Ereignisse innerhalb des Netzes (Schaltvorgänge, Fehler)

Schnelle und sehr schnelle Transienten wirken sich durch– Überspannungen– hohe dU/dt-Werte– hochfrequente Schwingungenauf die Ausrüstung aus.

50 Hz

+ =

ÜberspannungSchwingungen

dU/dt

0 4 8 12 16 20 (ms)

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70 ABB technik 1|11

Die Reihendrossel stellt eine Alternative zu dem oben genannten speziellen Wick-lungsdesign dar, bei dem ein Ausgleich der Potenzialverteilung bei hohen Frequenzen durch elektrostatische Abschirmungen er-reicht wird. In Verbindung mit der Eigen-kapazität eines Transformators bildet die Reihendrossel einen Tiefpassfilter (bei hohen Frequenzen kann die Charakteristik der Transformatorwicklung durch ihre Stoßkapazität dargestellt werden). Diese Kapazität ist abhängig von der Art und Größe des Geräts und kann bei ölgefüllten Transformatoren zwischen einem und mehreren Nanofarad je Phase betragen.

Der Frequenzgang eines solchen Filters kann nun durch die richtige Wahl der R- und L-Parameter optimiert werden. Darüber hin- aus muss sichergestellt werden, dass sich die Drossel unter normalen Betriebsbedin-gungen richtig verhält und in der Lage ist, der Kurzschlussprüfung standzuhalten.

Abhängig vom Verhältnis der R-, L- und C-Werte zueinander kann die Reaktion des Schaltkreises entweder aperiodisch sein

oder zusätzlich schwingende Anteile ent-halten. Ist der Widerstandswert geringer als der kritische Wert Rc, ist der periodi-sche Anteil gleich null, und die Ausgangs-

SmartChoke – schützende ReihendrosselABB hat eine Alternative zu diesen speziel-len Transformatorendesigns auf der Basis eines Filterelements (einer sog. Drossel) entwickelt, das vor dem zu schützenden Gerät in Reihe geschaltet wird. Das Grund-prinzip der Reihendrossel besteht darin, eine geeignete Impedanz-Frequenz-Cha-rakteristik bereitzustellen ➔ 4. Dies sorgt dafür, dass das Gerät bei 50 bzw. 60 Hz praktisch durchlässig ist, während beson-ders hohe Frequenzanteile unterdrückt werden.

Die Wirksamkeit dieser Methode bei der Reduzierung der Steilheit von Spannungs-transienten, die durch Wiederzünd- und Vorzündvorgänge in einem Leistungsschal-ter hervorgerufen wurden, wurde experi-mentell nachgewiesen. Die extern installier-te Reihendrossel sorgte in Kombination mit einem kleinen Parallelkondensator für eine Reduzierung der Spannungssteilheit dU/dt auf einen sicheren Wert und beseitigte zu-dem die hochfrequenten Schwingungen, die infolge einer solchen Spannungstran-sienten andernfalls aufgetreten wären [5].Die erfolgreiche Abschwächung von dU/dt-Transienten, die durch Schalt-vorgänge verur-sacht wurden, warf die Frage auf, ob ein ähnlicher Ansatz auch zur Abschwä-chung von abge-schnittenen dU/dt-Transienten verwen- det werden könnte, denen besonders Masttransformatoren häufig ausgesetzt sind. Ein weiteres Ziel war die Integration eines solchen Geräts in den Transformator.

Das Grundprinzip der dem zu schützenden Gerät vorge-schalteten Reihendrossel besteht darin, eine geeignete Impedanz-Frequenz-Charak-teristik bereitzustellen.

2 Anfängliche nichtlineare Verteilungen des elektrischen Potenzials entlang der Transformatorwicklung

Sp

annu

ng (%

)

Wicklungslänge1 0,8 0,6 0,4 0,2 0

120

100

80

60

40

20

0

t = 500 ns

t → ∞

t = 100 ns

Z(f) → 0 Z(f) → R

4 Idealisierte Darstellung der Impedanz-Frequenz-Charakteristik der Reihendrossel

Frequenz

Imp

edan

z

3 Auswirkung einer in der Stirn abgeschnittenen Blitzstoßspannung auf einen Transformator

Der standardmäßige BIL-Spannungsverlauf (grüne Linie) dient als Referenz.

U

UPeak

UBIL

t1,2 µs

2mV/µs

U = 2-MV-Blitzstoßspannung, in der Stirn

abgeschnitten durch eine Funkenstrecke

UPeak = Spannung am Transformator,

geschützt durch eine Funkenstrecke

UBIL = Referenz-Blitzstoßspannung (BIL)

für einen Standardtransformator

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71Keine Angst vor Blitzen

spannung entspricht einer Kombination aus Exponentialfunktionen.

Deshalb ist die Wahl eines geeigneten Werts für den Dämpfungswiderstand äußerst wichtig, um eine größtmögliche Reduktion des dU/dt-Werts zu erreichen und gleichzeitig Spannungsüberhöhungen und -schwingungen hinter dem Drossel-element zu verhindern ➔ 5.

Bei diesem Ansatz entspricht die Kapazität C der Leiter-Erde-Kapazität des Transfor-mators. Da die Grenzen dieser Kapazität wie bereits erwähnt für die jeweilige Trans-formatorenklasse bekannt sind, können die R- und L-Werte so optimiert werden, dass alle typischen Transformatoren einer bestimmten Kategorie abgedeckt werden. Bezogen auf die idealisierte Situation

in ➔ 3, in der eine Blitzstoßspannung von 2 MV durch eine Funkenstrecke in der Stirn abgeschnitten wird, wäre das unge-schützte Gerät (z. B. ein Masttransforma-tor) einem Spitzenwert der Leiter-Erde-Spannung von über 270 kV (mit einem dU/dt-Wert von 2 MV/µs) ausgesetzt. Mit einer dem geschützten Gerät vorgeschalteten Reihendrossel ist nicht nur der dU/dt-Wert niedriger, sondern auch der Spitzenwert des Spannungsstoßes, der den Transfor-mator erreicht.

SmartChoke für TransformatorenDas beschriebene Konzept der Reihen-drossel wurde in neuen Verteiltransforma-toren von ABB implementiert, um einen besseren Schutz gegen Spannungstransi-enten mit hohem dU/dt-Wert zu gewähr-leisten. Das SmartChoke-Element ist in die Transformatordurchführung integriert ➔ 6, sodass die Transienten gefiltert werden, bevor sie die Wicklung erreichen.

Die Wahl eines geeigneten Werts für den Dämfungs-widerstand ist äußerst wichtig, um eine größtmög-liche Reduktion des dU/dt-Werts zu erreichen.

6 Transformatordurchführung mit inte- griertem SmartChoke-Filter

8 Mit SmartChoke vor hohen dU/dt-Werten geschützter Transformator von ABB

5 Konzept der Reihendrossel zum Schutz des Verteiltransformators gegen hohe dU/dt-Werte

Z(w)

2MV/µSUPeak

t t

<1MV/µS

7 Experimentell gemessene Reduktion der Überspannung und der Spannungssteilheit dU/dt

U

t

U1 ohne SmartChoke-

Durchführung

U2 mit SmartChoke-

Durchführung

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72 ABB technik 1|11

welle senken, sollte betont werden, dass die Hauptfunktion des Schutzgeräts in der Reduktion des dU/dt-Werts von Span-nungstransienten besteht, die durch Blitz-schläge hervorgerufenen werden. Es ist daher als Ergänzung zu gängigen Über-spannungsschutzmaßnahmen in Form von Funkenstrecken oder Metalloxid-Ableitern zu sehen ➔ 9.

Wojciech Piasecki

Marek Florkowski

Marek Fulczyk

ABB Corporate Research

Krakau, Polen

[email protected]

[email protected]

[email protected]

Paweł Kłys

ABB Power Products, Distribution Transformers

Lodz, Polen

[email protected]

Egil Stryken

ABB Power Products, Distribution Transformers

Drammen, Norwegen

[email protected]

Piotr Gawa̧d

ABB Power Products, Apparatus

Przasnysz, Polen

[email protected]

Literaturhinweise[1] Agrawal, K. C. (2001): „Industrial Power

Engineering and Applications Handbook“. Newnes

[2] IEEE Working Group (August 1981): „Impulse voltage strength of AC rotating machines“. IEEE Transactions on Power Apparatus and Systems, Vol. PAS-100(8): 4041–4052

[3] Finnish Standards Association (2. Juni 1987): SFS 2646 – Pole mounted substation

[4] Burrage, L. M., Shaw, J. H., McConnell, B. W. (April 1990): „Distribution transformer performance when subjected to steep front impulses“. IEEE Transactions on Power Delivery, Vol. 5(2)

[5] Glinkowski, M., Piasecki, W., Florkowski, M., Fulczyk, M., Arauzo, F. (Mai 2008): „Smart-Choke-protecting power equipment from fast transients“. IEEE PES Transmission and Distribution Conference, Chicago, USA

Titelbild Blitzschläge verursachen steile Spannungstransienten, die elektrische Geräte beschädigen können.

Die Parameter des Drosselelements, das in die mit Epoxidharz vergossene Transfor-matordurchführung eingebettet ist, sind so gewählt, dass die gleiche Durchführung für alle typischen Größen von mastmontierten Verteiltransformatoren verwendet werden kann.

Experimente haben gezeigt, dass der dU/dt-Wert im Vergleich zu einer standard-mäßigen Transformatordurchführung um mehr als den Faktor zwei reduziert wird. Darüber hinaus konnte eine erhebliche Reduzierung der Spitzenüberspannung verzeichnet werden ➔ 7.

Ein Transformator mit SmartChoke-Durch-führung ➔ 8 wurde im Hochspannungs- labor der Technischen Universität Helsinki in Espoo, Finnland, gemäß der Norm SFS 2646 zertifiziert. Dabei war der mit stan-dardmäßigen Wicklungen, in die Durch-führungen eingebetteten Schutzdrosseln und einer Funkenstrecke von 2 x 40 mm ausgestattete Transformator nachweislich in der Lage, eine Blitzstoßspannung von 2 MV/µs sicher zu bewältigen.

Erfolgreicher SchutzDer Einsatz einer dem zu schützenden Gerät vorgeschalteten Drossel stellt eine interessante Alternative zu einer komple-xen konstruktiven Veränderung des Geräts dar. Wenngleich Drosseln den dU/dt-Wert und folglich auch den Spitzenwert der in der Stirn abgeschnittenen Spannungs-

Experimente haben gezeigt, dass der dU/dt-Wert im Vergleich zu einer standardmäßigen Transformator-durchführung um mehr als den Faktor zwei redu-ziert wird.

9 Verschiedene Schutzszenarios im Vergleich

1. Funkenstrecke und herkömmliche Durchführung

– Sehr hohes dU/dt, UP übersteigt Standard-BIL– Spezielles Durchführungs- design erforderlich

2. Funkenstrecke und SmartChoke-Durchführung

– dU/dt reduziert, UP innerhalb Standard-BIL– Standardmäßiges Durchführungsdesign

3. MOV und herkömmliche Durchführung

– Sehr hohes dU/dt, UP unter Standard-BIL– Evtl. spezielles Durch- führungsdesign erforderlich

4. MOV und SmartChoke-Durchführung

– dU/dt reduziert, UP unter Standard-BIL– Standardmäßiges Durch- führungsdesign

dU/dt des einlaufenden Spannungsstoßes

dU/dt des einlaufenden Spannungsstoßes

dU/dt des einlaufenden Spannungsstoßes

dU/dt des einlaufenden Spannungsstoßes

UP

UP

UP

UP

UBIL

UBIL

UBIL

UBIL

dU/dt unverändertUP >> UBIL

dU/dt reduziertUP ≅ UBIL

dU/dt unverändertUP < UBIL

dU/dt reduziertUP < UBIL

Funken-strecke U

Funken-strecke U

MOV U

MOV U

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73Werte gemeinsam nutzen

STEFAN MEIER – Die Einführung der Norm IEC 61850 markierte einen entscheidenden Schritt auf dem Gebiet der Stationsautomatisierung – und die Entwicklung geht weiter. Ein Beispiel hierfür ist die Anwendung der Teilnorm IEC 61850-9-2 über den Austausch von analogen Abtast-werten via Ethernet. Mit der Integration dieser Technologie in ihre Stationsautomatisierungssysteme kombiniert ABB über 10 Jahre Erfahrung in der Fertigung von nichtkonven-tionellen Messwandlern zur Strom- und Spannungsmes-

sung mit modernster Kommunikationstechnik. Dies ermög-licht einen effektiveren Anschluss von primären Hochspan- nungsgeräten an die bewährten Schutz- und Steuergeräte von ABB und somit eine Verbesserung der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von optimierten Schaltanlagen. Zurzeit ist ABB dabei, die weltweit erste kommerzielle Implemen-tierung der IEC 61850-9-2 LE bei der Modernisierung einer Schaltanlage zu realisieren, die 1999 von ABB in Betrieb genommen wurde.

ABB implementiert den ersten kommerziellen Prozessbus gemäß IEC 61850-9-2 LE

Werte gemeinsam nutzen

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74 ABB technik 1|11

Das ModernisierungsprojektPowerlink entschloss sich dazu, ein Moder-nisierungsprojekt zu starten, bei dem die Sekundärsysteme der hybriden Schalt- anlagen einschließlich der mit dem Pro-zessbus verbundenen prozessorientierten Elektronik ausgetauscht werden sollen. Eine zentrale Anforderung der Moderni-sierung ist die vollständige Übereinstim-mung mit internationalen Standards, und insbesondere die Implementierung des Prozessbusses für analoge Abtastwerte gemäß IEC 61850-9-2 LE ➔ 3.

Der Auftrag zur Modernisierung der ersten iPASS-Schaltanlage ging an ABB. Bei dem Projekt handelt es sich um die weltweit erste kommerzielle Implementierung eines Prozessbusses gemäß IEC 61850-9-2 LE, deren Umsetzung bereits im vollen Gange ist.

Prozessbus gemäß IEC 61850-9-2 LEDie Veröffentlichung der internationalen Norm für Kommunikationsnetze und -syste-me in Schaltanlagen IEC 61850 öffnete ein neues Kapitel in der Beschreibung der Funk-tionen und der Kommunikation in elektri-schen Schaltanlagen. Zum ersten Mal steht

A ls einer der Pioniere auf dem Gebiet der NCIT1- und Pro-zessbustechnologien begann ABB im Jahr 1999 mit der In-

betriebnahme von sechs Freiluft-Schalt-anlagen, die mit diesen Technologien ausgerüstet sind. Die „hybriden“ Schalt-anlagen auf der Basis des intelligenten Plug-and-Switch-Systems (iPASS) von ABB wurden für den australischen Ener-gieversorger Powerlink Queensland be-reitgestellt. Die Antriebe des Leistungs-, Trenn- und Erdungsschalters der iPASS-Module wurden mit integrierten elektroni-schen Modulen ausgestattet, die über

einen proprietären optischen Prozessbus miteinander kommunizieren konnten. Außerdem wurden die iPASS-Module mit Sensoren vom Typ ELK-CP zur Messung der Spannung und der Stromstärke aus-gerüstet, die ebenfalls mit dem Prozess-bus verbunden sind.Ein Prozessbus stellt das Kommunika- tionsnetz zwischen der Primärtechnik (z. B.

Die Veröffentlichung der Norm IEC 61850 öffnete ein neues Kapitel in der Beschreibung der Kommunikation in Schaltanlagen.

Fußnoten1 NCIT = Non-Conventional Instrument Transformer

(nichtkonventioneller Messwandler)2 IED = Intelligent Electronic Device (intelligentes

elektronisches Gerät)3 Eine Rogowski-Spule ist ein Gerät zur Messung

von Wechselstrom. Sie besteht aus einer Ringkern- spule, die um den stromführenden Leiter angeordnet ist. Am Sensorausgang liegt eine Spannung an, die proportional zur Ableitung des Stroms ist.

Messwandlern) und der Sekundärtechnik (z. B. Schutz- und Steuergeräten in Form von IEDs2) eines Stationsautomatisie-rungssystems dar. Über dieses optische Kommunikationsnetz werden analoge Daten (z. B. Strom- und Spannungswer-te) übertragen. Darüber hinaus kann das Netz zur Übertragung von binären Daten (z. B. die Stellung der Schaltgeräte) sowie von Auslöse- und Schließbefehlen (zum Betrieb der Leistungs- und Trennschalter) genutzt werden, was allerdings nicht zum Umfang der derzeitigen Prozessbusim-plementierungen gehört. In heutigen her-kömmlichen Schaltanlagen werden diese Informationen über umfangreiche paralle-le Kupferkabel ausgetauscht. Durch die Verwendung von faseroptischen Netzwer-ken kann nicht nur auf einen Großteil der Kupferverkabelung verzichtet werden, auch die Betriebssicherheit wird durch die elektrische Isolation von Primär- und Sekundärprozess erhöht ➔ 1.

Die ELK-CP Sensorfamilien basieren auf redundanten Rogowski-Spulen3 zur Strommessung und zwei unabhängigen kapazitiven Spannungsteilern zur Span-nungsmessung. Da sie kein Öl enthalten, sind die Geräte sowohl umweltfreundlich als auch besonders sicher. Die vollständig redundante Ausführung der Sensoren (einschließlich der dazugehörigen Elektro-nik) ermöglicht die Nutzung von zwei voll-ständig unabhängigen, parallelen Schutz-systemen, was die Verfügbarkeit des Sekundärsystems erhöht. Da die Sensor-elektronik unabhängig und ohne Ab-schaltung des gesamten Schutzsystems ausgetauscht werden kann, können Reparaturen schneller und – da keine spannungsführenden Teile behandelt wer-

den müssen – auch sicherer durchge-führt werden ➔ 2.

ABB hat über 300 dieser elektroni-schen Sensoren in den Schaltanlagen von Powerlink in-stalliert, und in

über 10 Jahren ist kein einziger Primär-wandler ausgefallen. Ausgehend von Erfahrungswerten liegt der mittlere Aus-fallabstand (MTBF) der Sensorelektronik bei fast 300 Jahren. Dies beweist die außerordentliche Zuverlässigkeit der Sensoren selbst unter den äußerst an-spruchsvollen Bedingungen des austra-lischen Klimas.

1 Stations- und Prozessbus in Schaltanlagen

Fernsteuerung

Stationsbus

Prozessbus

NCIT NCIT

MU MU

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75Werte gemeinsam nutzen

(für „Light Edition“) und bestimmt die heuti-gen Implementierungen der 9-2.

Da die NCIT-Merging-Units auf einen bestimmten NCIT-Typ zugeschnitten sind, bilden diese eine gemeinsame Einheit, die zusammen entwickelt und typgeprüft wer-den kann. Damit kann das Verhalten der kompletten Messkette an der IEC 61850- Schnittstelle definiert werden – im Ge- gensatz zu Stand-alone-Merging-Units (SAMUs) für konventionelle Strom- und Spannungswandler. SAMUs tasten die analogen Signale ab und übermitteln sie an den Prozessbus. Die digitale Abtastung der Analogwerte beeinflusst unweigerlich die transiente Reaktion der Messkette. Dieses dynamische Verhalten der SAMU wird von der IEC 61850 nicht abgedeckt, aber es finden entsprechende Aktivitäten diesbezüglich in den technischen Komi-tees und Arbeitsgruppen der IEC und Cigré statt. Die entsprechende Definition

damit ein Standard zu Verfügung, der eine echte Interoperabilität zwischen Geräten verschiedener Anbieter und ein zukunftssi-cheres Konzept unterstützt. Diese Norm hat sich schnell auf dem Markt etabliert.4

ABB hat eine wichtige Rolle bei der Ent-wicklung der IEC 61850 gespielt und ist nach wie vor eine der treibenden Kräfte bei der Pflege und Weiterentwicklung der Norm. Seit der Installation des weltweit ersten Multivendor-Projekts mit den Tech-nologien verschiedener Hersteller im Jahr 2004 hat ABB über 1.000 Systeme mit einem IEC 61850-konformen Stationsbus an Standorten in rund 70 Ländern bereit-gestellt.

Nach der erfolgreichen Einführung der IEC 61850 auf Stationsebene gewinnt der Standard auch im Bereich der prozessori-entierten Kommunikation via Prozessbus rasch an Bedeutung. Der Teil 9-2 der Norm befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Austausch von analogen Abtastwerten über ein Ethernet-Netzwerk und vervollständigt die Beschreibung aller notwendigen zeitkriti-schen Signalaustauschvorgänge zwischen der Prozess- und Schaltfeldebene.

Gemäß IEC 61850 müssen analoge Abtast-werte über sogenannte Merging Units (MUs) übertragen werden. Die MUs fassen die analogen Daten von einzelnen Phasen oder Messpunkten in der Schaltanlage zeit-korreliert zusammen und übertragen sie an-schließend über das Ethernet-Netzwerk, wo sie den Schutz- und Steuergeräten zu Ver-fügung stehen. Mit der CP-MUP bietet ABB als erstes Unternehmen eine konformitäts-geprüfte, UCA5-zertifizierte Merging Unit.

Die IEC 61850-9-2 ermöglicht den Aus-tausch von NCIT-Signalen auf eine standar-disierte Weise und unterstützt somit die eminenten Vorteile der NCIT-Technologie. Dazu gehören höchste Genauigkeit über den kompletten Messbereich, ein platzspa-rendes Design und eine drastisch verbes-serte Sicherheit im Vergleich zu herkömm-lichen Geräten.

Um die Implementierung des Normenteils 9-2 zu erleichtern und seine Anwendung zu vereinfachen, hat die UCA International User Group eine Implementierungsrichtlinie für die IEC 61850-9-2 entwickelt. Die Richt-linie enthält zusätzliche Informationen zur Umsetzung der Norm und definiert eine Untermenge derselben. Das Dokument trägt die Bezeichnung IEC 61850-9-2 LE

2 Kombinierte Strom- und Spannungs-NCITs mit IEC 61850-9-2 LE-konformer Merging Unit

Durch die Verwen-dung von faser- optischen Netz-werken kann auf einen Großteil der Kupferverkabelung verzichtet werden.

Fußnoten4 Siehe auch ABB Review Special Report IEC 61850 5 Die UCA International Users Group ist eine nicht

kommerzielle Organisation, die Anwender und Hersteller bei der Umsetzung von Normen für Echtzeit-Anwendungen in verschiedenen Industrien mit entsprechenden Anforderungen unterstützt.

3 Standardisierung des transienten Verhaltens und der Kommunikationsschnittstellen

Herkömmlich

SchutzgerätInterner

Datenaustausch

Transientes/dynamisches

Verhalten?

Eigenständiger Wandler und Merging Unit

NCIT mit dazugehöriger Merging Unit

KlassenTPX, TPY, TPZ

IEC 60044/IEC 61869

Norm in Vorbereitung durch das Technische Komitee

TC38 der IEC

Prinzip:magnetisch

Prinzip:magnetisch, optisch usw.

Prinzip:magnetisch

AbtastungA/D-UmwandlungFilterung

AbtastungA/D-UmwandlungFilterung

Schutz-algorithmus

Schutz-algorithmus

AbtastungA/D-UmwandlungFilterung

Schutz-algorithmus

Stromwandler

Stromwandler

Stromwandler

Merging Unit

Stand-alone-MU

Schutzgerät

Schutzgerät

NCIT MU

IEC 61850-9-2 LE

IEC 61850-9-2 LE

SAMU

Übertragung der Werte:

IEC 61850-9-2 LE

Übertragung der Werte:

IEC 61850-9-2 LE

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76 ABB technik 1|11

an der Primärtechnik auf ein Minimum be-grenzt werden ➔ 5.

Ein Stationsautomatisierungssystem für eine 1 ½-Leistungsschalteranordnung ähn-lich der, die für die Modernisierung des Sekundärsystems in Australien verwendet wird, ist in ➔ 4 dargestellt. Mithilfe der inte-grierten Redundanz der NCITs von ABB wird ein zweites vollständig unabhängiges System von Merging Units und Schutzge-räten realisiert, um die Redundanzanforde-rungen des Kunden zu erfüllen.

Zum Nachweis der Eignung der Kompo-nenten und zur Erprobung der für das Powerlink-Projekt vorgesehenen Konzepte wurden zusätzliche Maßnahmen getroffen, um die neue Technologie zu verifizieren.

So wurde eine Reihe von Pilotinstallationen mit an den Prozessbus angeschlossenen NCITs und IEDs in Betrieb genommen, um Erfahrungen mit der neuen Technologie in realen Schaltanlagenumgebungen zu sammeln. Dazu gehörte unter anderem die Modernisierung eines Abzweigs in einer 275-kV-Schaltanlage von Powerlink mit neuer Sensorelektronik, Merging Units und Schutzgeräten aus der ABB Relion®-Serie. Ziel der Pilotinstallationen ist es, dem Kun-den Erfahrung und Vertrauen zu vermitteln und wichtige Informationen über die lang-fristige Stabilität und das Verhalten der Piloteinrichtungen im Vergleich zu konven-tionellen bzw. nichtkonventionellen Gerä-ten zu gewinnen.

Alle Schutz- und Steuergeräte von ABB werden im unternehmenseigenen, UCA-zertifizierten Systemverifikationscenter6 einer strengen Prüfung zur Produkt- und Systemverifikation unterzogen. Darüber hinaus wurde das Konzept zur Moderni-sierung des Sekundärsystems bei Power-link im ABB-eigenen Prüffeld durch Ex-perten von beiden Unternehmen geprüft. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf das Verhalten des Systems unter ver-schiedenen Fehlerbedingungen gelegt.

Das System verhielt sich erwartungsgemäß zuverlässig und reagierte unter keinen Um-ständen übermäßig oder lieferte falsche Auslösesignale, was in der Realität zu Blackouts im Stromnetz führen kann.

wird in einer zukünftigen Ausgabe der IEC 61869, der internationalen Norm für Messwandler, enthalten sein ➔ 3.

Erweiterung bewährter Sensortechno-logie mit einem modernen ProzessbusBei dem Modernisierungsprojekt für Powerlink nutzt ABB ihre umfangreiche Erfahrung mit NCITs und ersetzt den ur-sprünglich installierten proprietären Pro-zessbus durch IEC 61850-Technologie. Das neue IEC 61850-konforme System wird die Datenkommunikation sowohl auf der Stations- als auch auf der Prozess-ebene übernehmen.

Im Projekt von Powerlink Queensland werden das ABB-Stationsautomatisie-rungssystem SAS600, Schutz- und Steu-ergeräte der Relion® 670-Serie sowie das dezentrale Sammelschienen- und Schal-terversagerschutzsystem REB500 zum Einsatz kommen. Sämtliche Schutz- und Steuergeräte des Systems werden an den IEC 61850-9-2 LE-Prozessbus ange-schlossen und analoge Abtastwerte von Merging Units vom Typ CP-MUP – eben-falls von ABB – empfangen. Die MUs wer-den über eine neue Sensorelektronik mit den vorhandenen kombinierten Strom- und Spannungssensoren verbunden. Auf diese Weise können die Veränderungen

ABB hat eine wich-tige Rolle bei der Entwicklung der IEC 61850 gespielt und ist nach wie vor eine der trei-benden Kräfte bei der Pflege und Weiterentwicklung der Norm.

Fußnote6 Siehe auch „Verified and validated: ABB has its

own verification and validation center“ in ABB Review Special Report IED 61850, S. 23–28

4 SA-System für eine 1 ½-Leistungsschalter-Anlage mit einem von zwei redundanten Schutzsystemen

Feld A10

SSS = SammelschienenschutzSVS = Schalterversagerschutz

CP-MUPSteuergerät Feld A10REC670

Steuergerät Feld A30REC670

Steuergerät Feld A20REC670

IEC61850-9-2LE

Schutzgerät Abzweig 1REC670

Schutzgerät Abzweig 2REL670

SSS/SVS-Feldeinheit Feld A10 REB500

SVS-Feldeinheit Feld A30 REB500

SSS/SVS-Feldeinheit Feld A20 REB500

CP-MUP

CP-MUP

Feld A30

Feld A20

Abzweig 1

Abzweig 2

Merging Unit

NCIT

NCIT

NCIT

NCIT

Merging Unit

Merging UnitNCIT

NCIT

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77Werte gemeinsam nutzen

Zukünftige TrendsDas Prozessbuskonzept und seine Defini-tion in der IEC 61850 bieten potenziell auch die Möglichkeit zur Übertragung binärer Daten über das optische Kommunikations-netzwerk zwischen dem Primärprozess und Schutz- und Steuergeräten. Durch den Ein-satz von binären Eingabe- und Ausgabe-modulen in unmittelbarer Nähe zum Primär-prozess kann praktisch auf die gesamte Kupferverkabelung verzichtet werden. Dar-aus ergeben sich weitere Vorteile wie die Möglichkeit zur elektrischen Isolierung der Systeme auf Prozess- und Schaltfeldebene und die kontinuierliche Überwachung sämt-licher Signale.

Durch den innovativen Einsatz von IEC 61850-Technologien auf der Stations- und Prozessebene in Kombination mit ihrer umfangreichen Erfahrung auf dem Gebiet der NCIT-Technologie ist ABB in der Lage, intelligente und zukunftssichere Lösungen zu entwickeln, die die Forderungen der Kunden nach zuverlässigeren, effizienteren und sicheren Lösungen erfüllen und gleich-zeitig den Nutzen und die Wertschöpfung ihrer Betriebsmittel maximieren.

Stefan Meier

ABB Power Systems

Baden, Schweiz

[email protected]

Fußnote7 Siehe auch „A testing environment: ABB’s

comprehensive suite of software testing and commissioning tools for substation automation“ in ABB Review Special Report IED 61850, S. 29–32

die entsprechenden Werkzeuge ergänzt. Dies ist besonders wichtig für Anlagen, in denen die Messwerte von NCITs über eine optische Verbindung an die Merging Units übertragen werden. In solch einem Fall sind alle konventionellen Strom- und Span-nungswandleranschlüsse obsolet, und die gesamte Analyse wird im IEC 61850-9-2- Netzwerk durchgeführt. Auf der Grundlage ihrer umfangreichen Erfahrung auf dem Gebiet der Integration von IEC 61850- Technologie und der Entwicklung von Prüfwerkzeugen entwickelt ABB zurzeit ein Analysesystem für analoge Abtast-werte mit zahlreichen Funktionen ➔ 6.

Der Vorteil der Analyse von Werten auf dem Prozessbus gegenüber der konventionellen Strom- und Spannungsmessung beginnt mit dem Zugang zu den Messpunkten. Da die Werte im Prozessbus-Netzwerk zur Ver-fügung stehen, muss auf keine spannungs-führenden Teile mehr zugegriffen werden, und es müssen keine Stromwandleran-schlüsse kurzgeschlossen oder geöffnet werden. Durch Anschluss des Analysetools über den Ethernet-Port an das Prozessbus-Netzwerk oder direkt an die Merging Unit können Wartungstechniker problemlos auf alle Datenströme zugreifen. Anders als bei der Analyse mithilfe eines Amperemeters oder Voltmeters zeigt der IEC 61850-9-2- Analyzer auch Daten an, die vorher nicht direkt verfügbar waren. Dazu gehören gleichzeitige Darstellungen von Strom und Spannung aller Phasen, Zeigerdiagramme und detaillierte Informationen zu den über-tragenen Telegrammen. Letztere ermög- lichen wichtige Einblicke in den Funktions-zustand des Systems und können zum Beispiel darauf hinweisen, dass Teile des Systems gerade geprüft werden.

Bei der Simulation der verschiedenen mög-lichen Fehlerbedingungen erwies sich die permanente und detaillierte Überwachung aller Systemkomponenten als äußerst wich-tig für die schnelle und präzise Fehleriden-tifizierung. Die kontinuierliche Überwachung des Systems ermöglicht eine Reduzierung der periodischen Wartungsanforderungen und eine Vereinfachung der Wartungshand-lungen, da das Stationspersonal präzise zu den betroffenen Stellen geführt werden kann.

Prüfung und Wartung von ProzessbusinstallationenDer Austausch von Kupferkabeln gegen Glasfaserkabel und die Beschreibung der übertragenen Informationen gemäß IEC 61850 eröffnen neue Möglichkeiten für intelligente Prüfwerkzeuge, die die Inbe-triebnahme und Wartung von Stations- automatisierungssystemen unterstützen.

Ein Beispiel hierfür ist das Analysetool ITT6007 (Integrated Testing Toolbox) von ABB, eine umfangreiche Suite mit Werkzeu-gen, die Anwendern dabei helfen, die Vor-teile der IEC 61850 vollständig zu nutzen.

ITT600 verbirgt die zugrunde liegende Komplexität des IEC 61850-Standards und bietet dem Prüf- und Wartungsper-sonal eine klare Sicht auf die im System verfügbaren Daten. Es erleichtert zum Bei-spiel die Überprüfung der Übereinstimmung der Installation mit der Konfigurationsbe-schreibung der Schaltanlage (Station Con-figu-ration Description, SCD) und hilft bei der Analyse der Kommunikation zwischen IEDs und dem System auf Stationsebene.

Seit der Einführung des Prozessbusses für analoge Abtastwerte wurde die Toolbox um

5 Eine der iPASS-Schaltanlagen von Powerlink mit NCITs 6 Der IEC 61850-Analyzer von ABB

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78 ABB technik 1|11

Die Ergebnisse liegen vor

Das Team der ABB Technik und die Mitarbeiter von ABB Group R&D Technology bedanken sich bei allen Leserinnen und Lesern, die im Herbst an unserer Leserumfrage teilgenommen haben. Ihre Meinung hilft uns, unsere Zeitschrift weiter zu verbessern. Wir freuen uns besonders, dass die Mehr-zahl unserer Leser auch Artikel liest, die sich nicht mit ihrem Fachgebiet befas-sen, und eine vielfältige Verwendung für die Zeitschrift hat. Dies unterstreicht die Vielseitigkeit der ABB Technik über verschiedene Bereiche der Technik hinweg.

Obwohl die Umfrage weltweit und in fünf Sprachen publiziert wurde, kommen alle fünf Gewinner unserer Verlosung aus dem asiatischen Raum. Vielen Dank und herzlichen Glück-wunsch an Gary-Hua Guan (China), Barton-XingPing Liu (China), Giridhar Sharma (Indien), Sheng Zhang (China) und Feni-Nuridana Masrani (Malaysia). Sie erhalten eine solarbetriebene Taschenlampe und einen 4 GB USB-Stift.

ABB Technik Leserumfrage

Antworten insgesamt: 494

3 Wie zufrieden sind Sie mit dem technischen Inhalt der Artikel in der ABB Technik?

Meistens nicht tech-nisch genug

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tech-nisch genug

Techni-scher

Inhalt ist in

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1 Lesen Sie auch Artikel in der ABB Technik, die sich nicht mit Ihrem/Ihren Fachgebiet/en befassen?

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2 Würden Sie die ABB Technik an Kollegen weiterempfehlen?

Ja 97%

Nein

3%

6 Wie zufrieden sind Sie mit dem neuen Layout der ABB Technik?

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5 Wozu nutzen Sie die ABB Technik? (Mehrere Antworten möglich)

Um die Techno-logien

von ABB besser

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Um das Angebot von ABB besser

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stehen

Um Techno-

logie allgemein

besser zu

ver-stehen

Zu Ver-

triebs-/Marke-

ting-zwecken

Zu Schu-lungs-

zwecken

Als Referenz

für eigene Schrift-stücke

Zu Einstel-lungs-

zwecken

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Laut der US-amerikanischen Energy Information Administration (EIA) werden rund 36 % des weltweiten Primärenergiebedarfs durch die größte Primärenergiequelle Öl gedeckt. Erdgas liegt (nach Kohle) mit 23 % auf dem dritten Platz. Damit werden fast 60 % des weltweiten Energiebedarfs – das entspricht etwa 100 Millionen Barrel am Tag – von diesen beiden Energiequellen gedeckt. Der Fortbestand der Öl- und Gasversorgung ist für die Wirtschaft, die Industrie und für zahlreiche Aspekte des menschlichen Lebens von größter Bedeutung. Trotz des Wachs- tums im Bereich der alternativen Energien und der Kernenergie und den Fortschritten auf dem Gebiet der Energieeffizienz wird die benötigte Öl- und Gasmenge aller Wahrscheinlichkeit nach noch viele Jahre weiter ansteigen.

ABB bietet zahlreiche Technologien, die dabei helfen, die Öl- und Gaswertschöpfungskette zu stärken. Diese unterstützen die Industrie bei nahezu allen ihren Aktivitäten von der Exploration und Förderung bis hin zur Verarbeitung und zum Transport. Die Ausgabe 2/2011 der ABB Technik befasst sich mit einigen Beiträgen, die das Unternehmen in diesem faszinierenden Bereich leistet.

Öl und Gas

Editorial Board

Peter TerwieschChief Technology OfficerGroup R&D and Technology

Clarissa HallerHead of Corporate Communications

Ron PopperHead of Corporate Responsibility

Eero JaaskelaHead of Group Account Management

Friedrich PinnekampVice President, Corporate Strategy

Andreas MoglestueChief Editor, ABB [email protected]

HerausgeberDie ABB Technik wird herausgegeben von ABB Group R&D and Technology.

ABB Technology Ltd.ABB ReviewAffolternstrasse 44CH-8050 ZürichSchweiz

Die ABB Technik erscheint viermal pro Jahr in Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch, Chinesisch und Russisch. Die ABB Technik wird kostenlos an Personen abgegeben, die an der Technologie und den Zielsetzungen von ABB interessiert sind. Wenn Sie an einem kosten- losen Abonnement interessiert sind, wenden Sie sich bitte an die nächste ABB-Vertretung, oder bestellen Sie die Zeitschrift online unter www.abb.com/abbreview.

Der auszugsweise Nachdruck von Beiträgen ist bei vollständiger Quellenangabe gestattet. Ungekürzte Nachdrucke erfordern die schriftliche Zustimmung des Herausgebers.

Herausgeber und Copyright © 2011 ABB Technology Ltd. Zürich, Schweiz

Satz und DruckVorarlberger Verlagsanstalt GmbHAT-6850 Dornbirn, Österreich

LayoutDAVILLA Werbeagentur GmbHAT-6900 Bregenz, Österreich

ÜbersetzungThore Speck, Dipl.-Technikübersetzer (FH)D-24941 Flensburg, Deutschland

HaftungsausschlussDie in dieser Publikation enthaltenen Informationen geben die Sicht der Autoren wieder und dienen ausschließlich zu Informa tionszwecken. Die wieder-gegebenen Informationen können nicht Grund- lage für eine praktische Nutzung derselben sein, da in jedem Fall eine professionelle Beratung zu empfehlen ist. Wir weisen darauf hin, dass eine technische oder professionelle Beratung vor- liegend nicht beabsichtigt ist. Die Unternehmen der ABB-Gruppe übernehmen weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Haftung oder Garantie für die Inhalte oder die Richtigkeit der in dieser Publikation enthaltenen Informationen.

ISSN: 1013-3119

www.abb.com/abbreview

Vorschau

Vorschau 2|11

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Mehr erneuerbare Energie fürs Stromnetz?

Natürlich.

Die Stromerzeugung mit Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft ist in entlegenen Gebietenbesonders ergiebig: egal ob in Wüsten, in den Bergen oder auf hoher See. Energie- und Automationstechnik von ABB verbindet die erneuerbaren Energien mit demStromnetz, manchmal über sehr große Entfernungen. Etwa 70 Millionen Menschenkönnen so schon jetzt erreicht werden. Unsere Anstrengungen, erneuerbare Energienbesser zu nutzen, machen die Stromnetze intelligenter, schützen die Umwelt undleisten einen Beitrag zum Klimaschutz. www.abb.com/betterworld


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