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7/2002 Beilage - rsw.beck.de · –RADr. Oliver Castendyk, Erich Pommer In-stitut, Potsdam ......

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Zeitschrift für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht M ulti M edia und R echt MMR 7/2002 Beilage HERAUSGEBER Dietrich Beese, Geschäftsführer Finanzen und Administration, O 2 Germany GmbH & Co oHG, München – Dorothee Belz, Leiterin des Geschäftsbereichs Regulierung/Strategisches Personalmanagement, KirchHolding GmbH & Co. KG, Ismaning – Dr. Michael Bertrams, Prä- sident VerfGH und OVG für das Land Nord- rhein-Westfalen, Münster Dr. Herbert Burkert, Wiss. Mitarbeiter GMD, St. Augustin – RA Dr. Oliver Castendyk, Erich Pommer In- stitut, Potsdam – Jürgen Doetz, Vorstand Pro- Sieben SAT1 MediaAG/ Präsident Verband Pri- vater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT), Berlin/Bonn – Prof. Dr. Carl-Eugen Eberle, Justitiar ZDF, Mainz – Erich Gahrau, Justitiar Bertelsmann AG, Gütersloh – Hans- Willi Hefekäuser , Leiter des Zentralbereichs Ordnungs- und Wettbewerbspolitik, Deutsche Telekom, Bonn – Prof. Dr. Thomas Hoeren, Direktor der Zivilrechtlichen Abteilung des In- stituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht, Universität Münster – Prof. Dr. Bernd Holznagel, Direktor der öffentlich- rechtlichen Abteilung des Instituts für Informa- tions-, Telekommunikations- und Medienrecht, Universität Münster Prof. Dr. Günter Knieps, Direktor des Instituts für Verkehrswissenschaft und Regionalpolitik, Universität Freiburg – Christopher Kuner J.D., LL.M., Attorney at Law, Hunton & Williams, Brüssel – Matthias Kurth, Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, Bonn – Prof. Dr. Wernhard Möschel, Vorsitzender des Wissen- schaftlichen Beirats beim BMWi/Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschafts- recht, Universität Tübingen Prof. Dr. Christoph Paulus, Humboldt Universität zu Berlin – Dr. Bernd Pill, Leiter Recht und Regu- lierung Vodafone D2 GmbH, Düsseldorf – Robert Queck, Maˆ ıtre de Conf´ erences, Centre de Recherches Informatique et Droit (CRID), Universität Namur, Belgien – RA Prof. Dr. Peter Raue, Hogan & Hartson Raue L.L.P. Berlin – RA Dr. Wolfgang von Reinersdorff, Justitiar Verband Privater Kabelnetzbetreiber e.V. (ANGA), Bonn/Heuking Kühn Lüer Wojtek, Hamburg – Min.Dir. Dr. Eike Röhling, Leiter der Abt. IV – Technologie- und Innovationspolitik; Neue Bundesländer, BMWi, Berlin – Prof. Dr. Alexander Roßnagel, Gesamthochschule Kas- sel – RA Prof. Dr. Joachim Scherer , Döser Amereller Noack/Baker & McKenzie, Frank- furt a.M. – Prof. Dr. Gerhard Schricker , Direk- tor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht, München RA Dr. Raimund Schütz, Freshfields Bruckhaus De- ringer, Düsseldorf – Prof. Dr. Ulrich Sieber , Universität München Prof. Dr. Gerald Spindler , Universität Göttingen RA Dr. Arthur Waldenberger , LL.M., Verband Deut- scher Zeitschriftenverleger, Leitung Europaan- gelegenheiten und Medien, Berlin REDAKTION Anke Zimmer-Helfrich, Chefredakteurin – RAin Ruth Schrödl, Redakteurin – Marianne Gerstmeyr , Redaktionsassistentin Wilhelmstr. 9, 80801 München E DITORIAL ANNEGRET GROEBEL Marktabgrenzung und -beherrschung auf Telekommunikations- märkten Die vorliegende MMR-Beilage gibt einen Gesamt- überblick über die in jüngster Zeit sehr intensiv dis- kutierten Fragen zur Marktabgrenzung und -be- herrschung im TK-Sektor. Sie enthält alle wesent- lichen Beiträge und Stellungnahmen der Diskus- sion über die zu diesen Fragen von der Reg TP ver- öffentlichten Eckpunkte und soll damit als eine Art Nachschlagewerk zu diesem Themenkomplex die- nen. Konkreter Anlass waren mehrere Anträge der Deut- schen Telekom AG (DTAG) auf Entlassung aus der Marktbeherrschung auf einzelnen Auslandsverbin- dungsmärkten sowie insbesondere der Feststel- lungsantrag zum Regionalmarkt Berlin. Zusätzlich äußerte das BMWi als Reaktion auf die seit der Marktöffnung stattgefunden habende Markt- und Wettbewerbsentwicklung den Wunsch nach einer grundsätzlichen Festlegung der Reg TP in diesem Bereich nach dem Vorbild der britischen Regulie- rungsbehörde Oftel. Die beiden zentralen Fragestellungen, die sich im Verlauf der Debatte herauskristallisierten, waren einmal die Frage, inwiefern Besonderheiten des TK-Sektors bei der Marktanalyse zu berücksichti- Das Editorial wurde verfasst und die redaktionelle Endbearbeitung der Po- diumsdiskussion wurde gefertigt von Regierungsdirektorin Dr. Annegret Groe- bel, Leiterin der Stabsstelle Koordinierung Internationale Gremien bei der Reg TP, Bonn.
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Zeitschrift fürInformations-,Telekommunikations-und Medienrecht

MultiMedia und RechtMMR

7/2002 BeilageHERAUSGEBERDietrich Beese, Geschäftsführer Finanzen undAdministration, O2 Germany GmbH & CooHG, München – Dorothee Belz, Leiterin desGeschäftsbereichs Regulierung/StrategischesPersonalmanagement, KirchHolding GmbH &Co. KG, Ismaning – Dr. Michael Bertrams, Prä-sident VerfGH und OVG für das Land Nord-rhein-Westfalen, Münster – Dr. HerbertBurkert, Wiss. Mitarbeiter GMD, St. Augustin– RA Dr. Oliver Castendyk, Erich Pommer In-stitut, Potsdam – Jürgen Doetz, Vorstand Pro-Sieben SAT1 MediaAG/ Präsident Verband Pri-vater Rundfunk und Telekommunikation e.V.(VPRT), Berlin/Bonn – Prof. Dr. Carl-EugenEberle, Justitiar ZDF, Mainz – Erich Gahrau,Justitiar Bertelsmann AG, Gütersloh – Hans-Willi Hefekäuser, Leiter des ZentralbereichsOrdnungs- und Wettbewerbspolitik, DeutscheTelekom, Bonn – Prof. Dr. Thomas Hoeren,Direktor der Zivilrechtlichen Abteilung des In-stituts für Informations-, Telekommunikations-und Medienrecht, Universität Münster – Prof.Dr. Bernd Holznagel, Direktor der öffentlich-rechtlichen Abteilung des Instituts für Informa-tions-, Telekommunikations- und Medienrecht,Universität Münster – Prof. Dr. Günter Knieps,Direktor des Instituts für Verkehrswissenschaftund Regionalpolitik, Universität Freiburg –Christopher Kuner J.D., LL.M., Attorney atLaw, Hunton & Williams, Brüssel – MatthiasKurth, Präsident der Regulierungsbehörde fürTelekommunikation und Post, Bonn – Prof. Dr.Wernhard Möschel, Vorsitzender des Wissen-schaftlichen Beirats beim BMWi/Lehrstuhl fürBürgerliches Recht, Handels- und Wirtschafts-recht, Universität Tübingen – Prof. Dr.Christoph Paulus, Humboldt Universität zuBerlin – Dr. Bernd Pill, Leiter Recht und Regu-lierung Vodafone D2 GmbH, Düsseldorf –Robert Queck, Maıtre de Conferences, Centrede Recherches Informatique et Droit (CRID),Universität Namur, Belgien – RA Prof. Dr.Peter Raue, Hogan & Hartson Raue L.L.P.Berlin – RA Dr. Wolfgang von Reinersdorff,Justitiar Verband Privater Kabelnetzbetreibere.V. (ANGA), Bonn/Heuking Kühn Lüer Wojtek,Hamburg – Min.Dir. Dr. Eike Röhling, Leiter derAbt. IV – Technologie- und Innovationspolitik;Neue Bundesländer, BMWi, Berlin – Prof. Dr.Alexander Roßnagel, Gesamthochschule Kas-sel – RA Prof. Dr. Joachim Scherer, DöserAmereller Noack/Baker & McKenzie, Frank-furt a.M. – Prof. Dr. Gerhard Schricker, Direk-tor des Max-Planck-Instituts für ausländischesund internationales Patent-, Urheber- undWettbewerbsrecht, München – RA Dr.Raimund Schütz, Freshfields Bruckhaus De-ringer, Düsseldorf – Prof. Dr. Ulrich Sieber,Universität München – Prof. Dr. GeraldSpindler, Universität Göttingen – RA Dr.Arthur Waldenberger, LL.M., Verband Deut-scher Zeitschriftenverleger, Leitung Europaan-gelegenheiten und Medien, Berlin

REDAKTIONAnke Zimmer-Helfrich, Chefredakteurin –RAin Ruth Schrödl, Redakteurin –Marianne Gerstmeyr, RedaktionsassistentinWilhelmstr. 9, 80801 München

E D I T O R I A LANNEGRET GROEBEL

Marktabgrenzung und-beherrschung aufTelekommunikations-märkten

Die vorliegende MMR-Beilage gibt einen Gesamt-überblick über die in jüngster Zeit sehr intensiv dis-kutierten Fragen zur Marktabgrenzung und -be-herrschung im TK-Sektor. Sie enthält alle wesent-lichen Beiträge und Stellungnahmen der Diskus-sion über die zu diesen Fragen von der Reg TP ver-öffentlichten Eckpunkte und soll damit als eine ArtNachschlagewerk zu diesem Themenkomplex die-nen.

Konkreter Anlass waren mehrere Anträge der Deut-schen Telekom AG (DTAG) auf Entlassung aus derMarktbeherrschung auf einzelnen Auslandsverbin-dungsmärkten sowie insbesondere der Feststel-lungsantrag zum Regionalmarkt Berlin. Zusätzlichäußerte das BMWi als Reaktion auf die seit derMarktöffnung stattgefunden habende Markt- undWettbewerbsentwicklung den Wunsch nach einergrundsätzlichen Festlegung der Reg TP in diesemBereich nach dem Vorbild der britischen Regulie-rungsbehörde Oftel.

Die beiden zentralen Fragestellungen, die sich imVerlauf der Debatte herauskristallisierten, wareneinmal die Frage, inwiefern Besonderheiten desTK-Sektors bei der Marktanalyse zu berücksichti-

c Das Editorial wurde verfasst und die redaktionelle Endbearbeitung der Po-diumsdiskussion wurde gefertigt von Regierungsdirektorin Dr. Annegret Groe-bel, Leiterin der Stabsstelle Koordinierung Internationale Gremien bei derReg TP, Bonn.

gen seien und daneben generell das Verhältnis zwischen dem GWBals allgemeinem Wettbewerbsrecht und dem TKG als sektorspezifi-schem Regulierungsrecht.

Die Reg TP vergab zu der Thematik zunächst zwei Gutachten, eineher rechtstheoretisch ausgerichtetes und ein zweites stärker metho-disch-praktisch orientiertes. Das Thema wurde dann mit der Veröf-fentlichung der „Eckpunkte zur sachlichen und räumlichen Abgren-zung von Märkten und der Feststellung einer marktbeherrschendenStellung“ einer breiten Diskussion in der Fachöffentlichkeit zuge-führt. Die Amtsblattveröffentlichung war mit dem Aufruf zur Kom-mentierung verbunden.

Die zahlreich eingegangenen, teilweise sehr kontroversen Stellung-nahmen und deren Auswertung bestätigten die Notwendigkeit, dieDiskussion mit allen Marktteilnehmern zu führen. Bevor die Schluss-folgerungen gezogen und veröffentlicht wurden, sollten die gegen-sätzlichen Meinungen nochmals eingehend zwischen den Fachleu-ten der verschiedenen Disziplinen erörtert werden, weshalb die RegTP dieses TK-Forum, zu der Vertreter aus Wissenschaft und Praxis ein-geladen waren, veranstaltete. Danach war die Veröffentlichung derabschließenden Beurteilung vorgesehen.

Als erstes Ergebnis lässt sich festhalten, dass die bisherige Praxis derReg TP bestätigt wurde, d.h. die Einzelfallbetrachtung wird auch inZukunft schon wegen der engen Verbindung zum GWB fortgesetztwerden. Dieser Auffassung, die insbesondere auch vom Bundeskar-tellamt und der Monopolkommission vertreten wird, schließt sichauch das BMWi an.

In diese Betrachtung können sektorspezifische Besonderheiten indem durch das GWB vorgegebenen Bezugsrahmen hinlänglich ein-fließen. Hier gibt es auch insofern keinen Raum für einen Wider-spruch zwischen GWB und TKG, als schließlich beide Gesetze das-selbe Ziel der Sicherstellung von selbsttragendem Wettbewerb verfol-gen.

2 MMR Beilage 7/2002 Editorial

MATTHIAS KURTH

Eröffnungsrede des TK-Forums:

Marktabgrenzung und Marktbeherrschung imSpannungsfeld zwischen Wettbewerb und Regulierung

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich war angenehm überrascht, dass eine solche Veranstal-tung mit einem doch eher trockenen Thema auf eine derar-tig positive Resonanz stößt. Das hängt vielleicht auch mitder Situation zusammen, die wir im Moment auf den TK-Märkten erleben und es ist sicherlich nicht übertrieben,wenn wir als Regulierungsbehörde feststellen, dass derzeiteine gewisse Nervosität herrscht. Wir haben ein dramati-sches Auf, ja einen gewissen „Hype“ im letzten Jahr erlebt,und wir erleben im Moment – und das betrifft alle Unter-nehmen – eine gewisse depressive Stimmung auf den TK-Märkten, auf denen gewisse Dinge, die im letzten Jahr ge-sagt wurden, heute schon wieder vergessen sind. Geradedas derzeitige dramatische Auf und Ab der Märkte, Analy-sen und Meinungen erforderte ein Gegengewicht durchStabilität und Kontinuität in den Regulierungs- und Wett-bewerbsentscheidungen. Wir können und wir wollen un-sere Fahne nicht in den Wind der Lobbygruppen hängen,die jeweils die größten Wirbel entfachen. Die Diskussionum unsere Eckpunkte zur Marktabgrenzung und Marktbe-herrschung zeigt exemplarisch, wie interessengeleitet, wiedivergierend und wie zeitbestimmt das breitgefächerteMeinungsspektrum in dieser Fragestellung ist.

Es wird die Kunst des heutigen Tages sein, das Thema„Marktbeherrschung und Marktabgrenzung“ in dieses Ge-samtbild einzuordnen. Ich bin mir durchaus bewusst, dassder eine oder andere vielleicht auch gerne weiter gehendeDebatten führen würde, aber eine gewisse Selbstbe-schränkung dieses Themas ist eine Herausforderung füruns alle. Regulierungspraxis, Wettbewerbspolitik musslangfristig angelegt sein. Sie muss allen Marktteilnehmerneine klare mittelfristige Orientierung bieten. Daher ist esgut, dass wir heute ein wichtiges Element dieser Regulie-rungspraxis auf breiter Basis – wenn auch kontrovers – dis-kutieren. Die Diskussion um unsere Eckpunkte zeigt gera-de an diesem Punkt sehr exemplarisch, wie Interessen ge-leitet, wie divergent, manchmal auch wie zeitbestimmt dieStellungnahmen der Einzelnen zu diesem Thema sind.Lassen Sie mich hinzufügen: Ich habe nichts gegen Lobby-arbeit, hier sollten wir in Deutschland ein ähnlich unver-krampftes Verhältnis bekommen wie es in den USA seitvielen Jahren der Fall ist. Lobbygruppen haben eine wich-tige Funktion, auch um eine Diskussion zuzuspitzen undzu einem Ergebnis zu bringen. Aber man sollte immer wis-sen, wer was sagt. Während noch letztes Jahr von Überre-gulierung und der Notwendigkeit des Abbaus der Regulie-rung die Rede war und die Marktabgrenzungsdebatte vor

dem Hintergrundeiner Einschätzungstattfand, der Wett-bewerb habe sichdoch so erfreulichund so positiv ent-wickelt, dass Regu-lierungseingriffe re-duziert werdensollten, treibt gera-de in diesen Tagenviele die Sorge um,die Wettbewerbs-entwicklung könnezum Stillstand,wenn nicht garzum Rückschrittkommen und nachden ersten Jahrender Dynamik derMarktöffnung drohe jetzt ein Oligopol oder gar wieder einMonopol in den TK-Märkten.

Im Gegensatz zu anderen bin ich mit Prognosen sehr vor-sichtig und bin entsprechend sehr verwundert darüber, mitwelcher Sicherheit Behauptungen für die Zukunft aufge-stellt werden, obwohl wir in dramatischer Weise erlebt ha-ben, dass respektable Fachleute möglichst nicht mehr andas erinnert werden wollen, was sie noch letztes Jahr fel-senfest behauptet haben. Ich halte mich lieber an Tatsa-chen und differenzierte Analysen als an Stimmungslagenoder plakative Meinungsäußerungen.

Wir müssen uns immer bewusst sein, dass alles, was wir tun,auch immer irrtumsbehaftet sein kann, und dass prognosti-sche Unsicherheiten auch bei derartigen Dingen vorhandensein können. Diese Wechselbäder gelten nicht nur für unse-re Marktanalysen und Entscheidungen, sondern auch undgerade für unser heutiges Thema: „Marktabgrenzung undMarktbeherrschung auf TK-Märkten in der Diskussion“.

Die Regulierungsbehörde hat zu dieser Problematik Eck-punkte1

1) ABl. Reg TP Nr. 4/2001 v. 28.2.2001, Mitt. 90/2001 = MMR-Beil. 7/2001,19 ff.

entworfen und hierzu im Frühjahr (2001) eine öf-fentliche Anhörung durchgeführt. Absicht war es, dasssich diese Vorgehensweise nicht darin erschöpft, nur Stel-lungnahmen abzufordern, auszuwerten und unsereSchlussfolgerungen in unserem Amtsblatt zu veröffent-lichen. Vielmehr haben die zahlreichen Stellungnahmenunsere Auffassung bestätigt, dass die hiermit zusammen-hängende Thematik einer intensiveren öffentlichen Erörte-rung bedarf.

MMR Beilage 7/2002 3

Wir alle sollten aber der durchaus reizvollen Gefahr wider-stehen, bereits heute eine Debatte um die Fortentwicklungdes TKG führen zu wollen. Das Thema Marktabgrenzungund Markbeherrschung ist denkbar ungeeignet, die kom-plexen Fragen einer Fortentwicklung des TK-Rechts vor-wegzunehmen. I.Ü. hat sich der Gesetzgeber gem. § 81Abs. 3 TKG die Beantwortung dieser Frage vorbehalten.

Es spielt zwar in dieses Thema hinein, aber die Frage, obund wie das TKG weiter entwickelt werden soll, ist vomGesetzgeber zu gegebener Zeit zu klären, und wir werdenals Behörde Ende diesen Jahres einen Tätigkeitsberichtvorlegen, der dann das gesamte Bild des Wettbewerbs auf-zeigt und dieses Element, das wir heute diskutieren, istbestenfalls ein Element in dieser Gesamtschau.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dassdiese Abgrenzungsdebatte nicht im Wesentlichen von unsausging, sondern, dass das Bundeswirtschaftsministeriumeine solche Debatte angestoßen hat. Absicht war es, ge-wisse Fragen der Marktabgrenzung und der Marktbeherr-schung vor eine Klammer des Einzelverfahrens zu ziehenund damit eine Erwartung auszudrücken, und das müssenwir auch hier diskutieren und vertiefen. Wir könnten unab-hängig vom Einzelfall bestimmte Stangen einziehen, be-stimmte Grundsatzentscheidungen treffen, die wir ja gera-de heute diskutieren wollen, und zwar unabhängig vonden Verfahren.

Zur Vorbereitung des zu entwickelnden Konzepts hat dieRegulierungsbehörde zwei Gutachten eingeholt. Ein Gut-achten2

2) Rechtsgutachten zur Marktabgrenzung und zur Feststellung einer markt-beherrschenden Stellung im Telekommunikationssektor, erstellt von: Prof. Dr.Siegfried Klaue, Freie Universität Berlin/ Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski,Humboldt Universität zu Berlin.

hat unter Zugrundelegung der allgemeinen ständi-gen Entscheidungspraxis im deutschen und gemeinschaft-lichen Kartellrecht untersucht, ob und inwieweit sich dierechtlichen Besonderheiten des TK-Sektors auf die Markt-abgrenzung sowie die Feststellung einer marktbeherr-schenden Stellung durch die Regulierungsbehörde auswir-ken. Ein zweites Gutachten3

3) Marktabgrenzung und Marktbeherrschung im Telekommunikationssektor,Gutachten für die Reg TP, erstellt von: Dr. Dr. Doris Hildebrand, EuropeanEconomic & Marketing Consultants – EEMC, Brügge.

hat sich mit der eher methodi-schen Seite dieser Problematik befasst und hat unter Be-rücksichtigung der ökonomischen Besonderheiten des TK-Sektors sowie der derzeit bereits erkennbaren und der vo-raussichtlich zukünftigen Probleme Vorschläge erarbeitet,mit Hilfe welcher Methoden und Verfahrensweisen zu-künftig Fragen der Marktabgrenzung und der Marktbeherr-schung auf der Grundlage des GWB beantwortet werdensollten. Unsere Gutachter sind heute hier anwesend undwerden Ihnen ihre Thesen sicherlich noch näher erläutern.

Die hier entwickelten Thesen sind in die Eckpunkte/Fra-gen zur sachlichen und räumlichen Abgrenzung vonMärkten und der Feststellung einer marktbeherrschendenStellung eingeflossen, um einen breiten öffentlichen Dis-kurs zu initiieren. Die Eckpunkte hatten den Charakter vonFragestellungen. Interessierte Kreise wurden gebeten, zudiesem ersten Papier Stellung zu nehmen.

Wie die Fülle und der Inhalt der eingegangenen Stellung-nahmen4

4) ABl. Reg TP Nr. 19/2001 v. 4.10.2001, Mitt. 547/2001 = MMR-Beil. 7/2002, 27 ff.

zeigen, die sich zum Teil sehr dezidiert mit denvon der Regulierungsbehörde zur Diskussion gestellten The-sen auseinander setzen, haben viele die Gelegenheit wahr-genommen, sich an der Diskussion über diese regulatorischbedeutsamen Zukunftsfragen zu beteiligen. Die insgesamt27 Stellungnahmen decken ein breites Meinungsbild ab.Wir haben Kommentare aus sämtlichen Bereichen des TK-Sektors und der Interessenvertretungen erhalten, aber auchaus der Wissenschaft und natürlich auch vom Bundeskartell-amt. Das Meinungsbild war entsprechend der jeweils betrof-fenen und verfolgten Interessen breit gestreut. Wie ich je-doch nicht ohne Zufriedenheit feststellen konnte, wurde die

bisherige Entscheidungspraxis der Regulierungsbehördenicht grundlegend in Frage gestellt.

Natürlich werden nahezu alle Standpunkte vertreten, dieman zu diesem Thema überhaupt vertreten kann, meistsehr gegensätzliche, viele kontroverse. Das ist in gewisserWeise auch nach drei Jahren Wettbewerb eine beachtlicheFeststellung und wir müssen dann sehen, wo wir diesezum Teil konvergenten Stellungnahmen wieder auf denPunkt bringen können.

Wir wollen offen das eine oder andere Argument, welchesvielleicht bisher noch nicht gebracht worden ist, abschlie-ßend in unsere Entscheidung einfließen lassen. Es geht al-so um Transparenz, einen wichtigen Faktor für unsere Ar-beit. Insofern hat die bisherige Debatte auch für jeden be-reits etwas gebracht, weil sie jetzt als ein wichtiges Ele-ment einer offenen und breiten Diskussion zugeführt wird.

Bevor ich exemplarisch auf einige der vertretenen Thesenim Einzelnen näher eingehe, möchte ich mich für die regeTeilnahme an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Das In-teresse zeigt nicht nur, welch extrem polarisiertes Span-nungsfeld auch noch nach etwas über drei Jahren erfolg-reicher Marktöffnung existiert. Außerdem bestätigt michdies darin, dass es richtig ist, Themen mit erheblicher Aus-wirkung auf den TK-Sektor insgesamt nicht „am grünenTisch“ oder in dem illustren Kreis von Rechtsanwendern,ggf. mit Unterstützung von Wissenschaftlern, zu diskutie-ren, sondern dass es notwendig ist, dass man sämtliche Be-troffenen im wahrsten Sinne „zu Wort“ kommen lassenmuss. Die heutige Veranstaltung soll daher nicht die letztemit dieser Zielsetzung gewesen sein.

Der „Nachteil“ dieser Vorgehensweise, mit dem auch wirkonfrontiert sind, besteht allerdings darin, dass eben auchsämtliche Meinungen auf dem Tisch liegen. Man kann oh-ne Übertreibung sagen, dass jede These, die unmittelbaroder auch nur mittelbar mit Fragen der Marktabgrenzungoder Marktbeherrschung zusammenhängt, in mindestenseiner Stellungnahme auch vertreten wurde. Außerdemsind die vertretenen Auffassungen sehr stark interessenge-leitet – je nach Position des Kommentators auf dem Markt,sei es als früheres Monopolunternehmen oder als neuerWettbewerber, werden der Regulierungsbehörde be-stimmte, meist sich widersprechende Schlussfolgerungennahe gelegt. Dies sagt natürlich nichts über die inhaltlicheQualität oder Abwägungsrelevanz der Stellungnahmenaus. Es zeigt jedoch die Schwierigkeit, den gesetzlich unszustehenden Ermessensspielraum ausgewogen und imRahmen der Zielsetzungen des TKG zu nutzen.

Es gibt, das sagen die eingegangenen Stellungnahmen, eingroßes Themenfeld, das sich mit der Frage beschäftigt:Gibt es Besonderheiten des TK-Markts, des TK-Rechts, desRegulierungsrechts gegenüber dem GWB, besonders dem§ 19 GWB? Das ist eins der großen Themen. Und dieseswird heruntergebrochen auf die Frage, die uns auch aktu-ell umtreibt, inwieweit beim TK-Markt einzelne Verbin-dungen in bestimmte Zielländer abgegrenzt werden kön-nen und so einen eigenen Markt darstellen. Oder inwie-

4 MMR Beilage 7/2002 Kurth: Marktabgrenzung und Marktbeherrschung zwischen Wettbewerb und Regulierung

weit der TK-Markt geprägt wird von Produktbündeln desTelefonbedarfs, die allgemein im Sprachtelefondienstnachgefragt werden, oder sogar als noch größere Produkt-bündel eines Tages zusammen mit breitbandigen Zugän-gen oder anderem nachgefragt werden könnten. Hier wer-den beide Positionen vertreten. Es wird gesagt, es gibttrennbare Märkte nach einzelnen Zielländern bzw. es gibtsie nicht.

Worauf ich hinweisen will: Wenn man von der Austausch-barkeit und vom verständigen Verbraucher herkommt,könnte man natürlich auch die Extremposition vertreten,jedes Telefongespräch ist ein eigener Markt. Denn wennich jemanden in Neuseeland oder Afrika anrufen will, willich nicht jemand anderen anrufen, sondern immer nureine Zielperson. Diese Extremposition wurde allerdingsnicht vertreten, und das zeigt schon, dass man bei der Ab-grenzung auch wertende und andere Elemente bringenmuss: Was ist austauschbar? Wie fasst man bestimmteGruppen zusammen?

Beispielsweise wurde vertreten, dass der Kunde regelmä-ßig ein Produktbündel zur Abdeckung seines Telefoniebe-darfs nachfrage, somit die Gesamtdienstleistung „Sprach-telefondienst“. Die entgegengesetzte Auffassung wurdedamit begründet, dass die Wettbewerbsbedingungen fürSprachtelefondienst in verschiedene Zielländer höchst un-terschiedlich bzw. einzelne Verbindungen nicht unterein-ander austauschbar seien und es sich deshalb um jeweilsvoneinander zu trennende sachlich bzw. räumlich rele-vante Märkte handele. Allerdings waren sich nahezu sämt-liche Stellungnahmen darüber einig, die Extrempositionabzulehnen, jedes Gespräch sei ein eigenständiger Markt.

Ich denke, dass sich eine zweite Debatte auch durch dieStellungnahmen zieht und auch hier diskutiert werdensoll. Es ist die Frage: Gibt es sektorspezifische Belange desTK-Rechts, die Eingang finden müssen in diese Marktab-grenzungsdebatte und in den § 19 des GWB?

So wird beispielsweise ausgeführt: Die Auffassung, TK-Märkte zu regionalisieren, widerspreche dem TKG undunterlaufe das Regulierungsziel der Tarifeinheit im Raum.Der räumlich relevante Markt dürfe nicht enger abge-grenzt werden als ein mögliches Quersubventionierungs-potenzial des regulierten Exmonopolunternehmens. DiesePosition wird von anderen Stellungnahmen heftig kriti-siert, weil man sagt, man vermische jetzt regulierungspoli-tische Fragen, wie z.B. die Tarifeinheit im Raum, mit ande-ren Fragen der Marktabgrenzung und Fragen des Wettbe-werbs. Und es gibt eine große und beachtliche Anzahl derStellungnahmen, die sagt, man müsse das GWB rein undklar bewahren, und das ist sozusagen der naturwissen-schaftliche Lackmustest.

Interessanterweise hat allerdings ein weiteres Element Ein-zug gehalten in die Stellungnahmen. Und zwar bei demEckpunkt, der sich mit den wettbewerblichen Nadelsti-chen beschäftigt. Dieser Eckpunkt besagt, ein Nadelstichist, wenn der Wettbewerb in einem Teilmarkt ganz erfolg-reich ist, aber dieser Erfolg über Nacht wieder dahin seinkann, weil in allen anderen Bereichen eine so erdrücken-de Marktmacht vorhanden ist, dass dieser eine Nadelstichquasi wieder ungeschehen ist. Erfreulicherweise teilt auchdas Bundeskartellamt diese Position. Das Argument derwettbewerblichen Nadelstiche ist etwas, das aus kartell-rechtlicher Sicht geteilt wird. Hiermit wollten wir Folgen-

des ausführen: In Teilbereichen aufkeimender Wettbe-werb durch neue Marktteilnehmer führt nicht zwingenddazu, dass die Position des Marktbeherrschers ernsthaftbeeinträchtigt wird. Angesichts der Marktstellung des ehe-maligen Monopolisten und dessen unstrittigen Vorteilenbei der Erbringung netzgebundener Dienstleistungen ins-gesamt, kann es sich insoweit vielmehr lediglich um „wett-bewerbliche Nadelstiche“ handeln – ein sich selbst tra-gender, chancengleicher und funktionsfähiger Wettbe-werb, wie er nach den Regulierungszielen des TKG anzu-streben ist, ist in diesem Fall jedoch noch nicht auf Dauersichergestellt. Dass sich die Besonderheiten der Telekom-munikation auf die Entwicklung des Wettbewerbs auswir-ken können, wurde insoweit also von denselben Vertre-tern anerkannt, die diese Frage zuvor z.T. kategorisch ver-neint haben.

Hier scheint mir – und ich würde mich sehr freuen, wennes hierzu eine Debatte geben würde – zumindest die Aus-sage anerkannt zu werden: Ihr müsst auch auf die Folgenschauen, wenn Ihr Märkte abgrenzt.

In Vorbereitung auf diese Debatte habe ich mir auch ange-schaut, was sich bisher alles ergeben hat bei der Marktab-grenzung. Ich habe daher auch einen Kommentar zumGWB studiert und das, was Prof. Möschel dort berichtet zupraktischen Fällen: „Weinbrand bildet gegenüber Ammo-niak und Brandy wegen Preis, Alkohol und Geschmackeinen selbstständigen Markt. Premiumbier bildet gegen-über sonstigem Bier keinen selbstständigen Markt. Heil-wasser bildet gegenüber Mineralwasser keinen gesonder-ten Markt. Alkoholfreie Getränke sind ihrerseits wiedereinzuteilen in Märkte für Fruchtsäfte, Limonaden undBrausen mit jeweils eigenen Märkten. Zusätzlich sind dieVertriebswege und der Gastronomie- und Lebensmittel-handel zu differenzieren.“5

5) Möschel, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Gesetz gegen Wettbewerbs-beschränkungen – GWB, 3. Aufl. 2001, § 19 Rdnr. 34

Sie sehen, das ist kein Scherz, aber es macht deutlich, wasalle Praktiker unter vier Augen einräumen, dass in diesemBereich immer ein gewisses Element der Willkür liegt. Alsonehmen wir mit: Die reine Lehre, ohne auf die Folgen zuachten, führt uns auch – vielleicht darf ich es einmal so of-fen sagen – irgendwo in den Wald und wird wohl auch imKartellrecht nicht so gemacht, sonst hätten wir doch nichtdiese so erhellenden Erkenntnisse über den Getränke-markt festhalten können. Es kommt also darauf an, dieseFrage heute zu beurteilen, inwieweit hier eigenständigeKriterien überwiegen.

Ich wende mich jetzt dem Thema „Kriterien und Methodenzur Konkretisierung der Marktabgrenzung und Marktbeherr-schung“ zu. Gestatten Sie mir wenige Worte zum hypotheti-schen Monopolistentest, er wird in der Diskussion sicherlichseinen Niederschlag finden. In Eckpunkt 8 wurde dem her-kömmlichen Bedarfsmarktkonzept zur sachlichen Marktab-grenzung der sog. „Hypothetische Monopolistentest“ zurSeite gestellt. Dieser untersucht – kurz gefasst – zur Bestim-mung der Substituierbarkeit von Produkten, die Reaktion derKonsumenten auf eine hypothetische Erhöhung der Markt-preise für bestimmte Produkte. Vorteil dieses Testverfahrensist, dass neben dem Verhalten der Nachfrager auch das An-bieterverhalten in Form der Angebotssubstituierbarkeit be-rücksichtigt werden kann. In Eckpunkt 10 wurde die Anwen-dung dieses Testverfahrens auf die räumliche Marktabgren-zung beschrieben.

In den eingegangenen Kommentierungen zum hypotheti-schen Monopolistentest wurde überwiegend einerseitsdessen theoretische Berechtigung anerkannt, andererseits

Kurth: Marktabgrenzung und Marktbeherrschung zwischen Wettbewerb und Regulierung MMR Beilage 7/2002 5

aber darauf hingewiesen, dass die praktische Bedeutungdieses Verfahrens wegen zahlreicher Anwendungsproble-me eingeschränkt sei. Teilweise wurde sogar die Anwen-dung des Testverfahrens zur Marktabgrenzung gänzlichabgelehnt. Als praktische Schwierigkeiten wurden unteranderem folgende Punkte genannt:

c Als Ausgangspreisniveau sei ein Wettbewerbspreis zubestimmen. Dieser stehe in aller Regel allerdings nicht zurVerfügung.c Die Verfügbarkeit aller für die Anwendung des Testver-

fahrens erforderlichen Informationen sei in der Regel nichtgegeben.c Auf Märkten mit hoher technischer Dynamik und Inno-

vation sei das Testverfahren nur eingeschränkt anwendbar,da die auf diesen Märkten konkurrierenden Produkte inder Regel längerfristig nicht gleichwertig seien.

Im Eckpunkt 10 wurde nicht nur die Anwendung des er-wähnten Testverfahrens zur räumlichen Marktabgrenzungbeschrieben, sondern auch ausgeführt, dass grundsätzlichbei der Bestimmung des räumlich relevanten Markts vomGebiet der Bundesrepublik Deutschland auszugehen sei.Gleichzeitig erfolgte aber an dieser Stelle der Hinweis,dass etwa bei unterschiedlichen Wettbewerbsbedingun-gen auch kleinere räumliche Märkte in Betracht kommenkönnten. Erwartungsgemäß waren die Stellungnahmenzur Frage der Abgrenzung des räumlich relevanten Marktsrecht kontrovers. Dies sicherlich auch deswegen, weil die-se Problematik explizit im Eckpunkt 4 in der Weise ange-sprochen wurde, dass bei der Marktabgrenzung zurzeit andas Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeknüpftwerden könne. So wird dann auch darauf hingewiesen,dass Eckpunkt 10 eine andere Marktabgrenzung als Eck-punkt 4 vornehme. Zusätzlich bestehe ein Widerspruch zuden Ausführungen in Eckpunkt 5, in dem unter anderemausgeführt wird, dass enge sachliche wie räumlicheMarktabgrenzungen das vom TKG vorgegebene Ziel ge-fährdeten, möglichst rasch funktionsfähigen Wettbewerbdurch Regulierung zu erreichen und damit die Vorausset-zungen für dessen Rücknahme zu schaffen.

Ich will auch etwas zum Sortimentsgedanken, dem Eck-punkt 9 ausführen. Der Sortimentsgedanke geht davon aus,dass der Verbraucher nicht nur eine Einzelleistung bezieht,sondern ein Sortiment von Leistungen. Das wird auch im TK-Markt als möglich angesehen, und es kommt dann am Endedes Tages darauf an, was der verständige Verbraucher will.Er ist sozusagen derjenige, der am Ende des Tages dies empi-risch steuert. Vielleicht müssten wir Marktanalysen erstel-len, die den empirischen Verbraucher in den Mittelpunktstellen. I.Ü. werden die anderen wichtigen Faktoren desGWB auch genannt. Es kommt also nicht nur auf die Markt-anteile an. Es kommt auch auf Marktanteilsabstände an.Dies sind aber nur erste Anhaltspunkte – es ist eine Vermu-tungsregelung für Marktbeherrschung – aber sie alleine sindnicht ausreichend. Es fließen weitere wertende Elementeein, z.B. die Finanzkraft und die Marktzutrittsbarrieren wieder Zugang zu Absatz- und Beschaffungsmärkten. Lassen Siees mich so formulieren: Wenn wir es uns bewusst werdenlassen, was an weiteren Elementen neben dem reinenMarktanteil in dieser Fragestellung der Marktabgrenzung,der Marktbeherrschung einfließt, kann man sagen, auch sek-torspezifische Belange des TK-Rechts können über dieseElemente ja ihre Berücksichtigung finden. Denn natürlich istder TK-Markt ein Markt, der in seiner aktuellen Entwicklungvon Besonderheiten geprägt ist. Und diese Besonderheitenlassen sich, das zeigen Entscheidungen, die in der Vergan-

genheit ergangen sind, über diese Zusatzkriterien nebendem reinen Marktanteil durchaus einbringen.

Ob wir uns vielleicht hier in der Diskussion annähernkönnten? Ich bin gespannt, was die Diskussion erbringt.Gibt es hier das reine GWB und da das sektorspezifischeTK-Recht? Gibt es einen Kompromiss? Kann man sagen:Auch das allgemeine GWB enthält weitere Rahmenbedin-gungen, in denen in der Tat auch gewisse Folgeüberlegun-gen mit eingebunden sind.

Lassen Sie mich zu ersten Ergebnissen und Schlussfolge-rungen kommen. Ich möchte aber an dieser Stelle aus-drücklich betonen, dass wir die Debatte jetzt noch nichtabgeschlossen haben, aber es wäre auch nicht fair, wennich Ihnen nicht zu Beginn der Debatte eine gewisse Orien-tierung geben würde. Erster Punkt: Ich denke, die Einzel-fallbetrachtung bleibt am Ende des Tages entscheidend.Das zeigen auch die eingegangenen Stellungnahmen. Je-der Einzelfall ist in der Tat verschieden und ist für sich zubeurteilen. Er hat eben sehr viele Besonderheiten und Ei-genheiten. Die Hoffnungen, man könnte etwas vor dieKlammer ziehen, reduzieren sich etwas. Das ist wohl of-fenbar ein Ergebnis des bisherigen Verlaufs der Diskussion.

Übrigens, auch das Bundeswirtschaftsministerium, wel-ches die Diskussion angestoßen hatte, hat sich der Mono-polkommission und dem Bundeskartellamt angeschlossenin dieser Erkenntnis, dass wir am Ende des Tages nicht umdie Beurteilung des Einzelfalls herumkommen. Und dasswir im Gegenteil das eine oder andere rechtliche Risikoproduzieren würden, wenn wir glauben würden, dieseFragen seien abstrakt zu beurteilen. Wir würden uns damitkeinen Gefallen tun. Denn am Ende ist es dann doch wie-der der Einzelfall, da er nicht in ein abstrakt generelles Ras-ter passt. Der Einzelfall bleibt das entscheidende Steue-rungsinstrument.

Ein zweiter Punkt: Ich möchte an diesem Tag diese abstraktbegriffliche Debatte, hier GWB – dort sektorspezifischesTK-Recht, auch beenden. Es ist ganz klar, dass wir auch aufder rechtlichen Basis des GWB entscheiden – und immerentschieden haben. Es gibt keinen einzigen Fall, in demwir in dieser Frage mit dem Bundeskartellamt eine unter-schiedliche Auffassung hatten. Und genau so werden wirauch in Zukunft arbeiten und entscheiden. Das heißt, dortwo der Einzelfall auf der Tagesordnung steht, werden wiruns natürlich auch künftig an der gesetzlichen Lage desTKG und des § 19 GWB orientieren.

Ich denke, dies zeigt, dass wir das Bedarfsmarktkonzept –was alle Stellungnahmen auch herausstellen als das Ent-scheidende – voll umfänglich anerkennen. Es kommt aufden verständigen Verbraucher an. Nun müssen wir natür-lich auch sehen, was dies für die Praxis heißt. Vielleicht,Herr Professor Hellwig, mit ihrem Einverständnis, darf ichnoch mal zitieren, was Sie dazu ausführten. Ich fand dassehr interessant.

„Das Problem der Marktabgrenzung sollte nicht übertriebenernst genommen werden. Als Ausgangspunkt für die Analy-se der Marktbeherrschung ist die Marktabgrenzung aller-dings unerlässlich. Das für die jeweilige Entscheidung maß-gebliche Bild der Marktbeherrschung darf aber nicht mecha-nisch davon abhängen. Marktabgrenzungen enthalten im-mer ein Element der Willkür. In der Realität sind die Über-gänge zwischen Märkten meist fließend. Dies entspricht denfließenden Übergängen zwischen Gütern, die je nachdemnähere oder entferntere Substitute sein können, ohne dassklare Trennungslinien auszumachen sind. Ein System der ka-tegorischen Unterscheidung von Dingen die auf denselben

6 MMR Beilage 7/2002 Kurth: Marktabgrenzung und Marktbeherrschung zwischen Wettbewerb und Regulierung

Märkten und Dingen, die auf verschiedenen Märkten ge-handelt werden, wird der Realität nicht gerecht.“6

6) Hellwig, Stellungnahme zu den Eckpunkten v. 30.4.2001, S. 7

Ich glaube, da Herr Professor Hellwig, haben Sie den Na-gel auf den Kopf getroffen. Es geht dann weiter: „Der Ver-weis auf das Bedarfsmarktkonzept hilft hier nicht immerweiter. Die in der Realität zu beachtende Gradualität derÜbergänge zwischen Märkten entspricht ja gerade denEinschätzungen der jeweiligen (verständigen) Nachfra-gen. Schwieriger noch, verschiedene Nachfrager habenzum Teil ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Der einemöchte ein Sortiment: One-Stop-Shopping, der andere je-de einzelne Leistung. In solchen Fällen liegt die Marktab-grenzung notwendigerweise schief. Es kommt dann daraufan, dass die Einschätzung der Marktabgrenzung zu derman dann gelangt, in sich stimmig ist und vor allen Dingenrobust vor den Fehlern, die der Marktabgrenzung naturge-mäß anhaften.“7

7) Hellwig (o. Fußn. 6), S. 7 f.

Das gefällt mir sehr gut. Ich habe zu Beginn meiner Aus-führungen etwas zu der Irrtumsbehaftigkeit alles mensch-lichen Tuns gesagt und dies gilt auch für diesen Sektor.Und ich denke, das wird auch der Sache gerecht.

Ich zitiere weiter: „Man sollte sich nicht der Illusion hinge-ben, es gebe genau die richtige Marktabgrenzung, die maneinfach nur finden müsse. Man sollte stattdessen versu-chen, über mögliche Fehler bei der Marktabgrenzung of-fen Rechenschaft abzulegen. Und die Analysenergebnisseauf ihre Robustheit hin prüfen. Der Umgang mit diesenFragen ist insbesondere dort problematisch, wo Märktevon den Anbietern selbst geschaffen werden. Vielleicht so-gar manipuliert werden. Die Kopplung z. B. des Betriebs-systems Windows mit dem Browser Internet-Explorer imMicrosoft-Fall liefert ein gutes Beispiel dafür. Sind Be-triebssystem und Browser ein Produkt oder müsste mangetrennte Märkte annehmen? Der Fall macht deutlich, wieschnell man in unfruchtbare semantische Diskussionengeraten kann. Der Versuch, aus Marktverhalten und Markt-ergebnissen unmittelbare Ergebnisse auf die Marktbeherr-schung oder auf einen Marktmissbrauch zu gewinnen,dürfte dann eher zum Ziel führen.“

Ich fand diese Ausführungen sehr gut, um uns alle hiervielleicht etwas zu hindern, zu sehr begrifflich vorzugehenund die Erwartungen auch an dieser Sache etwas realisti-scher einzuschätzen. Aber vielleicht mögen Verbraucher-befragungen, die Empirie, möglicherweise ein Instrumentsein, um auch dieses Thema einer größeren sachlichenObjektivität zuzuführen, wobei natürlich auch in jeder Be-fragung Probleme stecken. Die Befragten erklären nichtimmer, was sie tun, d.h. auch hier muss man sich der Feh-lerquellen bewusst sein. Immerhin wäre es eine Möglich-keit, um größere empirische Sicherheit darüber zu erlan-gen, um in diesem Kardinalpunkt – was der verständigeVerbraucher überhaupt will – eine größere Objektivität zuerzeugen.

Lassen Sie mich etwas zur Relevanz für die Praxis sagen.Ich habe eine Bitte: Könnten wir vielleicht diese Debattezielgerichtet von den Ergebnissen her führen? Wir als Be-hörde hätten natürlich gerne Meinungen und Stellungnah-men zu den Fragen, die uns täglich umtreiben. Da gibt esbeispielsweise das interessante Thema „Ländermärkte fürSprachtelefonie“. Das hatten wir schon zu Beginn des Jah-res mit der Abgrenzung USA, Geschäftskunden, Däne-mark, Türkei und dem Regionalmarkt Berlin auf unserer

Tagesordnung. Wir haben jetzt weitere Anträge der DTAGerhalten, die sich mit Sprachtelefoniemärkten nach Russ-land beschäftigen, nach Weißrussland, Ukraine, Kasach-stan, Japan, nach Australien. Diese Anträge der DTAG lie-gen auf dem Tisch mit der Begründung, hier gäbe es eigeneMärkte und hier sei eine Marktbeherrschung der DTAGnicht mehr gegeben. Wir müssten sie daher im Rahmendes geltenden Rechts aus der Marktbeherrschung entlas-sen.

Und es gibt eine andere heikle Stelle: die der wettbewerb-lichen Situation, die der Nadelstiche. Ist es überhaupt rich-tig, diesen Weg weiter zu beschreiten? Das alles sind Fra-gen, die es zu adressieren gilt. Es würde mich freuen, wennSie auf diese Punkte zu sprechen kämen.

Das Gleiche gilt auch für den sehr heiklen Punkt der Re-gionalisierung von Märkten. Der Regionalmarkt Berlin –gibt es einen eigenen Geschäftskundenmarkt Berlin? Gibtes einen Regionalmarkt Berlin? Oder gibt es vielleicht nurRegionalmärkte in bestimmten Zentren im Innenstadtbe-reich? Also die Frage, ist dies überhaupt der richtige Weg?Verknüpfung mit den Auswirkungen, auf den Wettbewerb,inwieweit ist dies zulässig oder auch nicht? Dies alles wä-ren Punkte, über die trefflich zu streiten wäre.

Und schließlich ein Punkt, an dem sich die Vertiefung amheutigen Tage sicher lohnt, ist die Frage des Sortimentsge-dankens und der Bündelstrategie. Die Regulierungsarbeitwird sehr stark bestimmt von den wachsenden Bündelungs-geboten, die im Markt bestehen und noch entstehen wer-den. Bündelstrategien sind die Realität dieses Markts. Dastellt sich die Frage: Ist dies die Realität des Markts, der Sorti-mentsgedanke? Handelt der verständige Verbraucher jetztschon nach solchen Sortimentsüberlegungen oder handelter nach „Einzelgesprächsbeziehungen“? Wird in den TK-Märkten diese Bündelung Auswirkungen auf den verständi-gen Verbraucher haben? Eine interessante Fragestellung.

Man könnte – bewusst provozierend – sagen, je mehr wirdurch die Unternehmen selbst Bündelstrategien haben, jegrößer diese Bündel werden, je günstiger sie für den Ver-braucher sind, umso mehr wird ja dieser Verbraucher auchin Richtung Sortimentsgedanke gedrängt. Ich sehe jeden-falls eine direkte Verknüpfung zwischen Bündelstrategienim Endproduktbereich und der Frage des verständigen Ver-brauchers und des Bedarfsmarktkonzepts. Ich glaube, hierkann man nicht losgelöst von den Ergebnissen der Bündel-strategie Marktabgrenzung betreiben. Ob dann über sek-torspezifisches TK-Recht oder über Hilfskriterien des Kar-tellrechts oder des Wettbewerbsrechts bewertet wird, dasist ein akademischer Streit. Mir kommt es im Ergebnis da-rauf an: Was müssen wir aus den Bündelüberlegungen derUnternehmen heraus irgendwann sagen, ist der Markt vonden Bündeln heraus bestimmt? Vielleicht geben uns jaauch empirische Untersuchungen die richtigen Werte. Eskommt eben am Ende des Tages darauf an, was der ver-ständige Verbraucher will.

Wir müssen uns bewusst sein, dass diese Märkte ja in einerunglaublichen Dynamik sind. Sie sind ständig in Bewegung.Es gibt neue Produkte, die wir vor einem Jahr so noch garnicht kannten. Diese große Dynamik der Märkte mit einemstatischen Abgrenzungsprofil zu verbinden, ist ohnehin einriesiges Problem. Die Dynamik der Märkte kann auch dieseDebatte nicht ignorieren. Diese Dynamik in unsere Ent-scheidungen richtig einzubringen, ist eine Kunst.

Und diese Kunst müssen wir beherrschen. Es ist die Kunst,den richtigen Zug zu machen, der sowohl dem Wettbe-werb als auch den Zielen der Regulierung gerecht wird.

Kurth: Marktabgrenzung und Marktbeherrschung zwischen Wettbewerb und Regulierung MMR Beilage 7/2002 7

PODIUMSDISKUSSION

Podium I: Marktabgrenzung und Marktbeherrschungim Zeichen konvergierender Dienste« Œ " G Q > % ı x 8 G fl " ı 4 S x S " „ " ı S G fl " œ n % œ S œ x 1 " ı fl " ı " œ ! " ı ı ß⁄ x œ " ı 8 ı S " œ G Q > Œ " fl L Œ Q > " ı @ Œ ı G Q > A S · 8 ı 1 " ı 8 ı fl a % G Œ S Œ % ı " ı· 8 „ 7 > " „ x ¢ x œ ! S x ⁄ 1 œ " ı · 8 ı 1 8 ı fl ¢ x œ ! S ⁄ " > " œ œ G Q > 8 ı 1Œ „ ¥ " Œ Q > " ı ! % ı V " œ 1 Œ " œ " ı fl " œ « Œ " ı G S " R " œ fl " ı x 8 Q > Œ ı fl " œ‡ % L 1 " ı fl " ı « Œ G ! 8 G G Œ % ı fl " 8 S L Œ Q > w 7 > " „ x S Œ G Q > " œ ‡ % L 1 S " fl Œ "« Œ G ! 8 G G Œ % ı Œ ı fl œ " Œ 7 > " „ " ı ⁄ " œ " Œ Q > " ı ” R % ⁄ " Œ " G G " L ⁄ G S V " œ ßG S A ı fl L Œ Q > Œ ı > x L S L Œ Q > " : ⁄ " œ G Q > ı " Œ fl 8 ı 1 " ı 1 Œ ⁄ S w— „ " œ G S " ı 7 > " „ " ı ⁄ " œ " Œ Q > 4 x Q > L Œ Q > " 8 ı fl œ A 8 „ L Œ Q > " ¢ x œ ! S ßx ⁄ 1 œ " ı · 8 ı 1 " œ 1 Œ ⁄ S G Œ Q > " Œ ı 8 ı S " œ G Q > Œ " fl L Œ Q > " G ˚ Œ L fl fl x œ F ⁄ " œ ”R Œ " " ı 1 % fl " œ R " Œ S " Œ ı · " L ı " ¢ A œ ! S " G x Q > L Œ Q > ⁄ · R w œ A 8 „ L Œ Q >x ⁄ · 8 1 œ " ı · " ı G Œ ı fl w @ œ G S " ı G ⁄ " G S " > " ı 8 ı S " œ G Q > Œ " fl L Œ Q > "a % G Œ S Œ % ı " ı fl x œ F ⁄ " œ ” % ⁄ fl Œ " 4 S x fl S ˚ " œ L Œ ı x L G " Œ 1 " ı G S A ı fl Œ 1 " œ¢ x œ ! S œ A 8 „ L Œ Q > x ⁄ 1 " 1 œ " ı · S R " œ fl " ı ! x ı ı w — ı fl " œ œ A 8 „ L Œ Q > " ıfi ⁄ 1 œ " ı · 8 ı 1 fl " œ ¢ A œ ! S " ‡ F œ Œ ı S " œ ı x S Œ % ı x L " | " G u œ A Q > " G S œ " Œ ßS " ı fl Œ " « Œ G ! 8 S x ı S " ı fl x œ F ⁄ " œ ” % ⁄ " G " Œ ı " ı ¢ x œ ! S ‡ F œ fi 8 G ßL x ı fl G 1 " G u œ A Q > " 1 Œ ⁄ S % fl " œ % ⁄ " Œ ı · " L ı " + A ı fl " œ % fl " œ + A ı fl " œ ß1 œ 8 u u " ı x 8 ‡ | œ 8 ı fl G u " · Œ ‡ Œ G Q > " œ @ Œ 1 " ı G Q > x ‡ S " ı " Œ 1 " ı "¢ A œ ! S " fl x œ G S " L L " ı w n " œ ‡ " Q > S " œ " Œ ı " œ " > " œ R " Œ S " ı œ A 8 „ L Œ Q > " ı¢ x œ ! S x ⁄ 1 œ " ı · 8 ı 1 x œ 1 8 „ " ı S Œ " œ " ı ” fl x G G x 8 ‡ | œ 8 ı fl fl " œ | L % ß⁄ x L Œ G Œ " œ 8 ı 1 " 8 œ % u x ß % fl " œ G % 1 x œ R " L S R " Œ S " 7 ( ß ¢ A œ ! S " " s Œ G ßS Œ " œ " ı 8 ı fl fl " œ 7 ( ß ¢ x œ ! S 2 ı Œ Q > S R Œ " Œ ı fl " ı @ Q ! u 8 ı ! S " ı fl " œl " 1 8 L Œ " œ 8 ı 1 G ⁄ " > J œ fl " ⁄ " G Q > œ Œ " ⁄ " ı 2 x 8 ‡ « " 8 S G Q > L x ı fl ⁄ " ßG Q > œ A ı ! S Œ G S w — ı fl " œ C œ x 1 " 8 „ fl Œ " G x Q > L Œ Q > " ¢ x œ ! S x ⁄ 1 œ " ı ß· 8 ı 1 R 8 œ fl " Œ ı G ⁄ " G % ı fl " œ " fl Œ " fi ⁄ 1 œ " ı · 8 ı 1 fl " œ ¢ A œ ! S " ‡ F œ| " G Q > A ‡ S G ß 8 ı fl a œ Œ V x S ! 8 ı fl " ı fl Œ G ! 8 S Œ " œ S w @ Œ ı " x L L 1 " „ " Œ ı1 F L S Œ 1 " ¢ " S > % fl " ” „ Œ S fl " œ " Œ ı · " L ı " ¢ A œ ! S " fl " G 7 ( ß 4 " ! S % œ Gœ A 8 „ L Œ Q > % fl " œ G x Q > L Œ Q > x ⁄ · 8 1 œ " ı · " ı G Œ ı fl ” ! % ı ı S " ı Œ Q > S > " ß

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1. Thema: Sachliche und räumlicheMarktabgrenzungHerr Stöber geht auf den „drohenden Sündenfall Berlin“(BK2-Verfahren zur Abgrenzung des Regionalmarkts Ber-lin auf Antrag der DTAG, Az. BK2c 00/021) ein. Wenn dieDTAG heute im Ortsnetz nach wie vor einen Marktanteilvon etwa 98 Prozent hat, dann kann erstens nicht davongesprochen werden, dass es auf Marktanteile nicht an-komme. Zweitens geht es seines Erachtens am Wettbe-werb komplett vorbei, den Markt Berlin aus der Regulie-rung herausnehmen zu wollen, weil viele Anbieter in die-ser Stadt sind. Vielmehr müsse auch die Struktur des Wett-bewerbs in Berlin berücksichtigt werden. Im Osten Berlinskönnen auf Grund des Opalsystems ungefähr 30 Prozentaller Hauptverteiler gar nicht angeschlossen werden. DiePreise einer entbündelten Teilnehmeranschlussleitungsind in diesem Bereich extrem hoch und entziehen sich so-mit dem Wettbewerb komplett.

Zum Thema Marktabgrenzung ist grundsätzlich festzuhal-ten, dass die DTAG ganz bewusst alle kartellrechtlichmöglichen Fälle, aus der Regulierung herauszukommen,in Angriff nimmt. Im Bereich der internationalen Gesprä-che ist das für die Gespräche in die Türkei der Fall gewe-sen. Nach der Entscheidung der Regulierungsbehördehierzu (B. v. 20.2.2001 – BK2c-00-018) stellt sich die Fra-ge, wie mit den anderen Ländern umzugehen ist. Es stellt

sich weiter die Frage, ob sie einzeln betrachtet werdensollten. Einzelfallentscheidungen bergen immer eine ge-wisse Willkür und erleichtern es der DTAG, nach und nachaus der Regulierung herauszukommen.

PODIUM I:Moderation: Heinz Stüwe, Frankfurter Allgemeine ZeitungPodium: Prof. Dr. Hermann-Josef Bunte, Universität der Bundeswehr

HamburgProf. Dr. Ludwig Gramlich, Technische Universität Chem-nitzProf. Dr. Dr. h.c. Ulrich Immenga, Georg-August-Universi-tät GöttingenProf. Dr. jur. Dr. rer.pol. Christian Kirchner, LL.M., Hum-boldt-Universität zu BerlinProf. Dr. jur. Siegfried Klaue, Freie Universität BerlinProf. Dr. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universitätzu Berlin

Redebeiträge: Harald Stöber, Vorsitzender des Vorstands ArcorKlaus Barthel, MdB, SPD-Fraktion, Vorsitzender des BT-Un-terausschusses Post- und Telekommunikation, Mitglied desBeirats der RegTPDr. Andreas Bartosch, Rechtsanwaltskanzlei Haver & Mai-länder, BrüsselProf. Dr. Martin Hellwig, Vorsitzender der Monopolkom-missionDr.-Ing. Dietrich-Wilhelm Gemmel, DebitelDr. Stefan Weyhenmeyer, QSCHenning Schwarzburg, First Mark

8 MMR Beilage 7/2002

Weiterhin stellt sich hinsichtlich der Überlegung zur Ab-grenzung der Märkte von Geschäfts- und Privatkunden dieFrage nach einem brauchbaren Kriterium zur Unterschei-dung der beiden Kundensegmente. Ist ein Geschäftskundecharakterisiert durch einen Primärmultiplexanschlussoder zählt der Rechtsanwalt, der vielleicht Rechnungen inHöhe von a 1.000,00 hat, auch dazu? Ein unterschied-liches Nachfrageverhalten der beiden Kundensegmentemuss doch nicht mit einer Zuordnung zu unterschied-lichen Märkten verbunden sein.

Als letzter Punkt wird die Problematik der Verknüpfung derProdukte in den einzelnen Bereichen der Telekommunika-tion angesprochen. Wenn die DTAG ein Koppelproduktwie z.B. XXL anbietet und wenn dieses Angebot faktischdazu führt, dass Preselection in einem anderen Markt we-der für Privatkunden noch für Geschäftskunden mehrmöglich ist, manifestiert sich die dominante Stellung derDTAG. Die privaten Anbieter sind noch weit davon ent-fernt, ihre Marktanteile auszuweiten. Es ist ganz im Gegen-teil eine Stagnation zu beobachten, die gebrochen werdenmuss. Es sollte eine Rückbesinnung auf die zu Beginn derLiberalisierung in Deutschland herrschende Stimmungstattfinden. Wettbewerb sollte mit Hilfe von asymmetri-scher Regulierung geschaffen werden. In der ganzen Dis-kussion am heutigen Vormittag kam jedoch das Wortasymmetrische Regulierung nicht vor. Stöber

Das Ortsnetzmonopol in Berlin steht nicht in Frage. Im„Fall Berlin“ geht es vielmehr um räumliche Marktabgren-zung, d.h. darum, dass die abgehenden Gespräche, dievon Berlin ausgehen, einen separaten Markt darstellen.Bei der Abgrenzung der Märkte ist entscheidend, ob dieWettbewerbsbedingungen homogen sind oder nicht. InBerlin stehen Anbieter einer Nachfrage gegenüber, diesich von anderen Märkten regional abgrenzen lässt. Es gibtz.B. Carrier, die nur Angebote für Geschäftskunden ma-chen. Auf einem Markt, auf dem wettbewerbliche Bedin-gungen herrschen, ergibt sich das Angebot aus der Nach-frage. Die Wettbewerbsbedingungen hängen somit indi-rekt von der Nachfrage ab, sodass daraus die Relevanz desBedarfsmarktkonzepts offensichtlich wird.

Wenn die Wettbewerbsbedingungen auf den Märkten fürGeschäfts- und Privatkunden heterogen sind, ist auch zwi-schen diesen Märkten zu trennen. Die Tatsache, dass Un-ternehmen und Private eine unterschiedliche Nachfragehaben, liegt auf der Hand. Die Schwierigkeiten, die beidenKundensegmente voneinander zu unterscheiden, dürfen

kein Hindernis für den Versuch sein, eine geeignete Markt-abgrenzung zu finden. Die Marktabgrenzung ist daher imEinzelfall zu entscheiden.

In der Frage um die Abgrenzung der Märkte für Auslands-gespräche wird in einzelnen Fällen eine enge Marktab-grenzung befürwortet. Gleichwohl geht es nicht um natio-nale Grenzen, nach denen abgegrenzt werden soll. Viel-mehr sind die Wettbewerbsbedingungen in einer Regionausschlaggebend, sodass auch in manchen Fällen Länder-gruppen zusammengefasst werden können.

Prof. Immenga

Herr Stöber sieht nicht, warum das Ferngespräch von Ber-lin nach München anders strukturiert sein soll als das Ge-spräch von Hamburg nach München. In Hamburg bestehtmindestens ein ähnlicher Preiswettbewerb wie in Berlin.Er fragt, ob das entscheidende Kriterium für die räumlicheMarktabgrenzung nicht ist, ob es sich um eine Stadt mitCity-Carriern handelt. Eine solche Diskussion müsse kon-sequenterweise dann auch dazu führen, die Tarifeinheit imRaum aufzugeben. Dann sind allerdings auch nach Einzel-regionen differenzierte Vorleistungspreise erforderlich.

Stöber

Herr Barthel bezieht sich auf die Stellungnahmen von HerrnBunte und Herrn Schwintowski, die die Position der weitenräumlichen Marktabgrenzung vertreten, dass es nur eineneinzigen TK-Markt in der Bundesrepublik Deutschland gibt.Er stellt die Frage, warum – wenn es keine Teilmärkte gibt –der Markt auf den Bereich der Bundesrepublik Deutschlandbegrenzt ist. Ein Kunde will sich in ein globales Netz ein-wählen, sodass nach dem Bedarfsmarktkonzept nur ein glo-baler Markt existiert. Daraus folgt die Frage, wie dieses Pro-blem im Rahmen des deutschen Wettbewerbsrechts, in demdie internationale Wettbewerbssituation berücksichtigt wer-den muss, zu diskutieren ist. Barthel

Die Märkte haben keine politischen Grenzen. Die Begren-zung des TK-Markts auf Deutschland resultiert daraus,dass das Gesetz nicht außerhalb Deutschlands anwendbarist. Wirtschaftliche Wirkungen von außen auf das Binnen-gebiet werden jedoch bei der Feststellung der Marktbe-herrschung berücksichtigt. Prof. Schwintowski

Prof. Bunte erwidert, dass es seiner Auffassung nach globa-le Märkte geben kann. Wenn Produkte weltweit angebo-ten werden, kann ein globaler Markt angenommen wer-den. Das Eckpunktepapier der Regulierungsbehörde sagt

Podiumsdiskussion: Podium I MMR Beilage 7/2002 9

da etwas anderes. Dort ist der größte räumliche Marktdie Bundesrepublik Deutschland, wobei die Begrün-dung derjenigen im Kartellrecht entspricht. Der ersteGrund ist der Schutzzweck des TKG. Wettbewerb soll inDeutschland und nicht im Ausland geschützt werden.Ein zweiter Grund liegt in den praktischen Schwierigkei-ten, Ermittlungen auf ausländischen Märkten anzustel-len. Das Eckpunktepapier übersieht jedoch, dass dasBundeskartellamt zu einer ökonomischen Betrachtungübergegangen ist und die Möglichkeit für einen europa-oder sogar weltweiten Markt offen lässt. Die praktischenSchwierigkeiten bei der Ermittlung der Marktverhältnissesind zu überwinden, da die Unternehmen, die eine Ent-scheidung wollen, ein Interesse haben, Informationen zuliefern. Im Rahmen einer Zusammenarbeit der Kartellbe-hörden dürfte die Möglichkeit bestehen, diese Erkennt-nisse zu überprüfen. Prof. Bunte

Prof. Kirchner verweist auf die Kompetenzen der EU-Kom-mission, die im Einzelfall festzustellen hat, ob sich ein eu-ropäischer Markt herausgebildet hat oder nicht. Es ist alsoein Nebeneinander der Kompetenzen von nationaler Re-gulierungsbehörde, nationalem Kartellamt, nationalenGerichten und auf der anderen Seite der EU-Kommissionund des EuGH zu konstatieren. Eine Begrenzung des TK-Markts auf Deutschland ist somit auch aus seiner Sichtnicht notwendig. Prof. Kirchner

Es gibt eine Unterscheidung zwischen der Regulierungs-behörde, die auf der Grundlage des TKG entscheidet, unddem Kartellrecht, genau genommen zwischen der sektor-spezifischen Regulierung auf der einen Seite und der Miss-brauchsaufsicht, die ein Teil des Kartellrechts ist, auf deranderen Seite. Es könnte doch auch die Fusionskontrolle,bei der wie durch die Regulierungsbehörde auch Entschei-dungen auf der Grundlage von Prognosen getroffen wer-den, als ein anderer Teil des Kartellrechts herangezogenwerden. Wie ein Studium der Entscheidungen der Kom-mission im Bereich der Fusionskontrolle zeigt, sind auchdiese zu sehr eng abgegrenzten Märkten gekommen. Wo-rauf ist dieses Phänomen zurückzuführen? Bartosch

Die relativ enge Abgrenzung der Märkte bei der Fusions-kontrolle liegt ursächlich begründet in dem weiten Kon-trollbegriff der Fusionskontrollverordnung. Da dadurcherst ein spätes Eingreifen möglich ist, werden die Märktesehr eng abgegrenzt, um überhaupt eingreifen zu könnenund dem Ziel, wettbewerbliche Märkte zu erhalten, näherkommen zu können. Es ist deshalb davor zu warnen, dieKriterien, die die Fusionskontrolle heranzieht, auf andereSituationen zu übertragen. Prof. Schwintowski

2. Thema: MarktbeherrschungEs stellt sich die Frage, wie der Normzweck des § 25 TKGbei der Analyse von Marktabgrenzung und Marktbeherr-schung angemessen zu berücksichtigen ist. Konkretheißt das: Die Feststellung der Marktbeherrschung istnach § 25 TKG die Voraussetzung für die Entgeltregulie-rung. Eine enge Marktabgrenzung kann zu einem Ne-beneinander von regulierten Märkten mit Marktbeherr-schung und von nicht regulierten Märkten ohne Markt-beherrschung führen. Diese Form der Regulierung führtdurch die Berücksichtigung der Gemeinkosten zuSchwierigkeiten. Es ist zu fragen, ob diese Schwierigkei-

ten nicht schon einen Einfluss auf die Analyse der Vo-raussetzungen des § 25 TKG haben.

Nach der Formulierung von Herrn Kirchner gibt es eineklare Unterscheidung zwischen der Entgeltregulierung imRahmen des bestehenden Gesetzes (§ 25 TKG) und demAuftrag in § 81 Abs. 3 TKG, eine mögliche Gesetzesände-rung zu überdenken. Das führt zu dem Schluss, dass, wennin einem Markt Marktbeherrschung wieder einsetzt, dannauch die Entgeltregulierung wieder einsetzt, weil die Vo-raussetzung des § 25 TKG wieder gegeben ist. Wenn dervon Herrn Kirchner beschriebene Jojo-Effekt vermiedenwerden soll, könnte das ebenfalls einen Einfluss auf dieFeststellung der Marktbeherrschung haben.

Prof. Hellwig

Es ist sehr wohl möglich, dass bei unterschiedlich abge-grenzten Märkten einzelne Märkte noch der Entgeltregu-lierung unterliegen. Die anderen Märkte, die nicht mehrder ex-ante-Regulierung unterliegen, bleiben nicht ein-fach unreguliert, sondern unterliegen der allgemeinenMissbrauchskontrolle des Gesetzes gegen Wettbewerbs-beschränkungen (GWB).

In unterschiedlichen Märkten können somit unterschied-liche Regulierungsregime anzutreffen sein. In einigen be-steht die ex-ante-Entgeltregulierung, in anderen das Re-gime des allgemeinen Kartellrechts. Das ist ein Zustand,den wir in anderen Märkten auch kennen.

Es ist daran zu erinnern, dass seit der letzten GWB-Novellediese Missbrauchskontrolle keine ex-post-Kontrolle mehrist, sondern dass in Angleichung an das europäische Ge-meinschaftsrecht ein Verbotstatbestand geschaffen wurde,der direkt auf das konkrete Marktverhalten zugreift.

Hinsichtlich der Verknüpfung mit der Gemeinkostenfrageist anzumerken, dass in dem Augenblick, in dem ein Marktdem allgemeinen Kartellrecht unterliegt, dieser Markt einWettbewerbsmarkt ist, auf dem die Preise das Ergebnis desSpiels von Angebot und Nachfrage sind und somit nichtautomatisch Kostenpreise. Die Frage von Prof. Hellwigziele also vermutlich auf das Problem der Quersubventio-nierung in dem weiter ex-ante-regulierten Markt. In Wirk-lichkeit aber ist die Regulierungsbehörde genau denselbenProblemen ausgesetzt wie bei jeder Regulierung. In demAugenblick, in dem sie Kostenregulierung betreibt, ist dieZurechnung der Gemeinkosten ökonomisch nicht exaktmöglich. Die Zurechnung der Gemeinkosten ist eine nor-mative Aufgabe der Entgeltregulierung.

Bezüglich des Jojo-Effekts ist auszuführen, dass in dem Au-genblick, in dem die Regulierungsbehörde einen Markt

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aus der ex-ante-Regulierung herausnimmt, weil prognosti-ziert wird, dass hier keine Marktbeherrschung mehr vor-liegt, in einem weiteren Schritt eine gesetzgeberische nor-mative Entscheidung gefällt werden muss, dass die Märktefunktionsfähig sind und ins allgemeine Kartellrecht entlas-sen werden können. Es ist also ein Unterschied, ob man alsRechtsanwender nach Normauslegungsgrundsätzen in-nerhalb des § 25 TKG den § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB auslegtoder ob man mit einem Spielraum, der durch die Legislati-ve ermöglicht wird, bestimmt, die Märkte sind jetzt funk-tionsfähig. Eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen,die der Gesetzgeber dann vornimmt, wenn funktionsfähi-ger Wettbewerb herrscht, knüpft gem. § 81 Abs. 3 TKG anein Gutachten der Monopolkommission an. In dem Fall, indem funktionsfähiger Wettbewerb prognostiziert wird,wird dem Wettbewerb die Aufgabe, die richtigen Kondi-tionen zu setzen, übertragen.

Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren leistet ja mögli-cherweise mehr als eine Regulierungsbehörde, die versucht,herauszufinden, was der Wettbewerb produzieren würde.Das ist auch mit der Aussage „in dubio pro libertate“ ge-meint. Die Einschätzungen hinsichtlich der Wirksamkeit deskartellrechtlichen Instrumentariums laufen jedoch ausein-ander und sobald diese in Frage gestellt werden, muss eineökonomische Abwägung getroffen werden. Prof. Kirchner

Prof. Hellwig stellt klar, dass seine Fragen von Prof. Kirch-ner nicht beantwortet wurden. Seine Frage betraf dieHandhabung des § 25 TKG und damit die Feststellung derMarktbeherrschung, was nichts mit der Anwendung des§ 81 Abs. 3 TKG zu tun hat. Er wiederholt die Frage, ob dasAnliegen, einen solchen Jojo-Effekt zu vermeiden, ein re-levantes Kriterium für die Anwendung des § 25 TKG ist.

Prof. Hellwig

In dem Augenblick, in dem keine Marktbeherrschung ineinem Markt besteht und keine Entscheidung getroffenwird, den Markt aus der sektorspezifischen Regulierung zuentlassen, kann es passieren, dass in Zukunft auf diesemMarkt erneut Marktbeherrschung vorliegt. Schon bei derPrüfung einer marktbeherrschenden Stellung im Rahmendes § 25 TKG muss aber natürlich auch der Zeitraum, fürden die ex-ante-Regulierung geplant wird, bestimmt wer-den. Insofern impliziert auch die Frage der Marktbeherr-schung ein prognostisches Element. Prof. Kirchner

Der eben beschriebene Jojo-Effekt ist doch nichts Neues,sondern ein ganz normaler Marktvorgang. Schließlichsollte ein Jojo-Effekt nicht dadurch vermieden werden, in-dem ein Markt, auf dem funktionsfähiger Wettbewerbherrscht, noch für längere Zeit weiter reguliert wird. Es istdavor zu warnen, durch eine spezifische Normauslegungdas vorwegzunehmen, was eigentlich wirtschaftlich ge-wollt ist. Prof. Klaue

Zunächst wird auf die Frage von Herrn Hellwig Bezug ge-nommen, ob die Gefahr der Rückkehr in die Regulierungein eigenes Kriterium bei der Bestimmung der Marktbe-herrschung darstellen solle. Seines Erachtens ist die Ge-fahr, dass ein Unternehmen wieder eine marktbeherr-schende Stellung erreicht und damit der funktionsfähigeWettbewerb gefährdet ist, zu berücksichtigen. Wettbe-werb kann sich nur entfalten und etablieren, wenn Unter-nehmen Investitionen tätigen. Hierfür ist aber eine Verläss-

lichkeit des rechtlichen Rahmens und somit die Berück-sichtigung langfristiger Entwicklungen notwendig.

Der Zusammenhang von § 25 und § 81 Abs. 3 TKG ist vomGesetzgeber nicht glücklich und es bestehen Auslegungs-zweifel, was das Verhältnis der beiden Normen angeht.Sicher scheint aber zu sein, dass sich funktionsfähigerWettbewerb und Marktbeherrschung ausschließen. Einemarktbeherrschende Stellung setzt Verhaltensspielräumeeines Unternehmens voraus, die vom Wettbewerb nichthinreichend kontrolliert werden können. Dann liegt auchzwingend kein funktionsfähiger Wettbewerb vor. In demFall muss die Regulierung beibehalten werden.

Bevor er auf die Stellungnahme von Herrn Kirchner „in du-bio pro libertate“ zurückkommt, wird die Ausgangssitua-tion zu Beginn der Liberalisierung dargestellt. Das Ziel desTKG war die Schaffung von Wettbewerb in einem Markt,in dem der Monopolist Wettbewerbsfreiheit hatte. Die Re-gulierung sollte die Wettbewerbsfreiheit der neuen Anbie-ter schützen. Unternehmen sollten auf den Markt zutretenkönnen und die gleichen Chancen haben. Nach dem Zielder Liberalisierung würde sich „in dubio pro libertate“ aufdie Wettbewerbsfreiheit der neuen Anbieter und nicht aufdie der DTAG beziehen, wie von Herrn Kirchner gefordert.Erst wenn die Wettbewerber die Möglichkeit haben, sichin dem Markt zu behaupten, kann die Regulierung aufge-hoben werden. Hierzu bedarf es einer Prognose. Wie wür-de sich der Wettbewerb bei Aufhebung der Regulierungentwickeln? Wenn eine überwiegende Wahrscheinlich-keit besteht, dass sich der Wettbewerb zurückentwickelnwird, sollte sich seiner Meinung nach im Zweifel für dieRegulierung entschieden werden.

Herr Kirchner wies darauf hin, dass die allgemeinen Vor-schriften des § 19 GWB ausreichend seien und die Frageder Missbrauchskontrolle des GWB als Verbotsgesetz aus-gestaltet sei. In der kartellrechtlichen Praxis hat jedoch der§ 19 GWB bisher noch keine Rolle gespielt. Erstens ist esordnungspolitisch umstritten, ob man überhaupt eineMissbrauchskontrolle durchführen solle. Zweitens erge-ben sich praktische Schwierigkeiten, den Verbotstatbe-stand anzuwenden. Die ex-ante-Regulierung ist selbstver-ständlich von einer anderen und vor allem viel höherenEingriffsintensität als eine Missbrauchsaufsicht nach § 19GWB. Deshalb ist davor zu warnen, die ex-ante-Regulie-rung mit der Begründung aufzuheben, es könne ja § 19GWB angewendet werden. Prof. Bunte

Die Diskussion um die Aufweichung der Regulierungstimmt bedenklich. Die Verlässlichkeit des regulatori-schen Rahmens ist aus der Sicht von Dr. Gremmel einewichtige Voraussetzung für den Wettbewerb im TK-Markt.Er fragt Herrn Immenga, ob bei einem Marktanteil derDTAG im Ortsbereich auch in fünf Jahren von noch 98Prozent dies dann immer noch kein eindeutiges Indiz füreine marktbeherrschende Stellung sei. Dr. Gemmel

Prof. Immenga stellt klar, dass in dem Moment, in dem sichder Marktanteil im Ortsnetz nach fünf Jahren bei etwa 98Prozent hält, dort selbstverständlich Marktbeherrschungvorliegt. Er betont aber, dass Marktanteile nicht überbe-wertet und als wichtigstes Kriterium dargestellt werdendürfen. Es gibt weitere wichtige Kriterien, wie z.B. die Fi-nanzkraft der im Markt beteiligten Unternehmen. Auchdas Kartellamt berücksichtigt schon lange nicht mehr aus-schließlich die Marktanteile. Prof. Immenga

Podiumsdiskussion: Podium I MMR Beilage 7/2002 11

3. Thema: Regulierung auf der Vorprodukt-ebene und ex-ante-EntgeltregulierungHerr Weyhenmeyer sieht die Aussage von Herrn Kirchner,der in seinem Statement die Regulierungsbehörde für ihreeffiziente Regulierung auf der Vorproduktebene gelobthat, anders, denn es gibt Bereiche, in denen gar keine Vor-produkte für die Wettbewerber existieren. Resale, Line-Sharing, ATM-Zuführung und die Vorleistungs-Flatratesind einige Beispiele. Die Berücksichtigung der Kosten-rechnung und insbesondere der Gemeinkosten, auf dieHerr Hellwig hingewiesen hatte, verschärft die Problema-tik. In Deutschland bestehen erhebliche Markteintrittsbar-rieren, viele Märkte sind nicht bestreitbar und wenn manden Sortimentsgedanken dazunimmt, stellen viele Wett-bewerber fest, dass sie nicht in der Lage sind, mit derDTAG auf der ganzen Bandbreite der Produkte konkurrie-ren zu können. Er stellt konkret die Frage, wie sicherge-stellt werden kann, dass, wenn die DTAG auf der Endkun-denseite größere Freiheiten erhält, auch gleichzeitig dieMöglichkeit der Wettbewerber durch einen fairen Zugangauf der Vorproduktebene verbessert wird.

Weyhenmeyer

Prof. Kirchner erwidert, dass er nicht von einer perfektenVorproduktregulierung gesprochen habe. Bei der Vorpro-duktregulierung ist doch entscheidend, herauszufinden,wo sich die monopolistischen Engpässe befinden und wel-che Vorprodukte die wesentlichen Einrichtungen darstel-len. Genau hierüber wird jedoch gestritten: Was sind diesog. Essential Facilities? Wie auch die Line-Sharing-Ent-scheidung (BK3c-00/029 v. 30.3.2001) zeige, kann dieAbgrenzung nicht perfekt vorgenommen werden. Es ist dieAufgabe der Ökonomen, Kriterien zu entwickeln, die einewesentliche Einrichtung charakterisieren. Es muss dabeigewährleistet sein, dass für die Wettbewerber diskriminie-rungsfreier Zugang herrscht und dass auf den nachgelager-ten Märkten keine indirekte Diskriminierung auftritt.

Prof. Kirchner

Herr Schwarzburg stellt fest, dass Wettbewerber auf demTK-Markt durch das Angebot von IP-Access, Voice- undBandbreitenprodukten keine großen Margen mehr erzie-len können. Um auf dem Markt überleben zu können,müssen verstärkt Mehrwert- und Contentdienste angebo-ten werden. Bei der Umstrukturierung des Markts fürMehrwertdienste wird dem Thema Offline-Billing eine im-mer wichtigere Rolle beigemessen. In diesem Bereich istes für einen Anbieter besonders wichtig, die Möglichkeitzu haben, sein volles Sortiment anbieten zu können. Nötigsind hier klare Einstiegsbedingungen. Schwarzburg

Prof. Knieps weist eingangs auf eine sehr gute Studie vomWIK hin, in der der Fernbereich als wettbewerblicherMarkt dargestellt wird.1

1) Büllingen/Stamm (2001): Entwicklungstrends im Telekommunikationssek-tor bis 2010.

Um eine zielgerichtete Regulie-rung sicherzustellen, plädiert er dafür, den Fokus auf denlokalen Bereich zu legen. Das übergeordnete Kriteriumzur Entscheidung, welche Märkte dem allgemeinen Kar-tellrecht und welche der ex-ante-Regulierung unterliegensollen, sollte sich nach der netzspezifischen Marktmachtrichten. Prof. Knieps

Herr Stüwe (Frankfurter Allgemeine), Moderator der Dis-kussion, stellte den Diskussionsteilnehmern in einerSchlussrunde folgende Fragen:

1. Was raten Sie der Regulierungsbehörde, wie soll sievorgehen, beispielsweise bei den vorliegenden Anträgenund2. was halten Sie von dem Vorschlag, stärker die Empiriezu berücksichtigen und Verbraucherbefragungen durch-zuführen?

Bei der Entscheidung hinsichtlich der Abgrenzung derMärkte und der Festlegung der Marktbeherrschung sollteauf eine korrekte Gesetzesauslegung geachtet werden.Gleichwohl kann eine differenzierte Ungleichbehandlungin Einzelfällen notwendig sein. Um auf einer breitenGrundlage sachgerecht Entscheidungen zur Marktabgren-zung treffen zu können, werden Verbraucherbefragungenfür ein sehr wichtiges Instrument gehalten.

Prof. Gramlich

In einem System dynamischer Regulierung, die auf dieMarktöffnung gerichtet ist, besteht die größte Schwierig-keit darin, sich selbst überflüssig zu machen. In dem Au-genblick, in dem nämlich akzeptiert wird, dass in einzel-nen Märkten keine Marktbeherrschung mehr stattfindet,bedeutet dies auch die Abgabe einer Kompetenz. Prof.Kirchners Aufforderung an die Regulierungsbehörde istdaher, sehr präzise mit den juristischen Tatbeständen um-zugehen, sich insbesondere sehr genau an die Formulie-rungen des TKG hinsichtlich der Themen Marktabgren-zung und Marktbeherrschung und an die Verweisung aufdas GWB zu halten.

In der Durchführung einer Verbraucherbefragung sieht ereine Gefahr. Wenn die Marktteilnehmer gefragt werden,was sie hypothetisch tun würden, sind das statische Fra-gen, die auf die Vergangenheit gerichtet sind. Eine Anwen-dung auf eine Situation in der Zukunft, die eigentlich nötigist, ist daher äußerst schwierig. Prof. Kirchner

Die Frage, ob zur Marktabgrenzung eine Verbraucherbe-fragung durchgeführt werden solle, stellt sich häufig auchin der Fusionskontrolle zum GWB. Die EU-Kommissionund das Bundeskartellamt stehen solchen Befragungensehr skeptisch gegenüber, wenn sie zum Zweck der An-wendung des Gesetzes im Einzelfall angestellt werden.Das sieht Prof. Bunte genauso. Dagegen werden Verbrau-cherbefragungen, die in der betrieblichen Praxis gemachtwurden, um zu untersuchen, wie bestimmte Produkte amMarkt ankommen, positiv bewertet. Wenn Verbraucherbe-fragungen mit unternehmerischen Entscheidungen ver-knüpft werden, sind die Fragen in der Regel treffender ge-stellt. Solche Befragungen können auch in die Frage derMarktabgrenzung einbezogen werden. Prof. Bunte

Prof. Klaue ist der Ansicht, dass eine Verbraucherbefra-gung notwendig ist, wobei dabei das Bedarfsmarktkonzeptkonsequent angewendet werden sollte. Er hat Zweifel da-ran, dass man im TK-Bereich mit der Berücksichtigung derAngebotsseite weiterkommt. Im TK-Bereich müsse mansich vielmehr von der Angebotsphilosophie lösen.

Zweitens warnt er davor, bei der Frage der Marktabgren-zung und Marktbeherrschung zu viel Normgerechtes undErgebnisbezogenes in die Entscheidung mit einzubezie-hen. Er hält dies für gefährlich, denn der Ruf nach einer Än-

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derung des Gesetzes wird dann bei jeder Entscheidungzwangsläufig. Prof. Klaue

Prof. Immenga steht einer Verbraucherbefragung skeptischgegenüber. Sie setzt voraus, dass es Substitutionsbezie-hungen gibt, die in der Telekommunikation selten vorkom-men. Wenn das Telefonieren in die USA zu teuer wird,wird deshalb nicht nach Südafrika telefoniert sowie manauch nicht umzieht, wenn es in Berlin zu teuer wird. Esgibt sicher im Bereich der technischen Konvergenz Substi-tutionsmöglichkeiten, sodass in diesem Bereich eine Ver-braucherbefragung eine gewisse Rolle spielen kann. Erregt an, sich mit den konkreten internationalen Wettbe-werbsbedingungen zu befassen. Prof. Immenga

Prof. Schwintowskis Ratschlag bezüglich der Abgren-zung der Märkte ist, zunächst Netze und Dienste in zwei

verschiedene Märkte zu trennen. Es interessiert ihn, wieviele Leute, deren Festnetzanschluss in der Nähe ist, mo-bil telefonieren. Des Weiteren fragt er, warum es Orts-und Ferngespräche in der Sprachtelefonie gibt, abernichts Vergleichbares beim Internetsurfen. Hier kommtniemand auf die Idee, nach den Regionen, in die sichbeim Surfen begeben wird, zu unterscheiden. Er denktdeshalb, dass es sinnvoll ist, die Verbraucherinteressenzu untersuchen.

Er wünscht sich, dass die Abstimmung zwischen Deutsch-land und Brüssel in Zukunft besser und schneller funktio-niert. Es sollte nicht noch einmal passieren, dass inDeutschland das europäische „Significant Market Pow-er“-(SMP)-Konzept kritisiert wird, aber während der Ent-stehungsphase nichts dagegen unternommen wurde.

Prof. Schwintowski

Podium II:Wer beherrscht den Telekommunikationsmarkt?( J ı ı " ı fl Œ " ˆ " S S ⁄ " R " œ ⁄ " œ fl " œ « 7 fi | Œ > œ " ˆ " S S ⁄ " R " œ ⁄ G ßu % G Œ S Œ % ı x 8 ‡ fl " „ 7 ( ß ¢ x œ ! S G S x ⁄ Œ L Œ G Œ " œ " ı % fl " œ G % 1 x œ R " Œ S " œx 8 G ⁄ x 8 " ı ” % fl " œ " ı S R Œ Q ! " L S G Œ Q > fl " œ 7 ( ß ¢ x œ ! S R Œ " fl " œ · 8 ßœ F Q ! Œ ı l Œ Q > S 8 ı 1 x 8 ‡ " Œ ı ¢ % ı % u % L e « Œ " G Œ G S fl Œ " · " ı S œ x L "C œ x 1 " G S " L L 8 ı 1 ” fl Œ " fl " œ « Œ G ! 8 G G Œ % ı — — W ˆ " œ ⁄ " > " œ œ G Q > S fl " ı7 " L " ! % „ „ 8 ı Œ ! x S Œ % ı G „ x œ ! S e … · 8 | œ 8 ı fl " 1 " L " 1 S R Œ œ fl w— „ " œ G S " ı 7 > " „ " ı ⁄ " œ " Œ Q > 4 x Q > L Œ Q > " 8 ı fl œ A 8 „ L Œ Q > "¢ x œ ! S x ⁄ 1 œ " ı · 8 ı 1 R Œ œ fl Œ „ fi ı G Q > L 8 G G x ı fl Œ " « Œ G ! 8 G G Œ % ı —V % „ n % œ „ Œ S S x 1 " œ J œ S " œ S ” Œ ı R Œ " R " Œ S fi ı 1 " ⁄ % S G x G u " ! S " ⁄ " Œfl " œ fi ⁄ 1 œ " ı · 8 ı 1 V % ı 7 ( ß ¢ A œ ! S " ı " Œ ı " l % L L " G u Œ " L " ı w « " œ> ‰ u % S > " S Œ G Q > " ¢ % ı % u % L Œ G S " ı S " G S x L G " Œ ı " Œ ı @ 8 œ % u x 8 ı fl Œ ıfl " ı ] 4 fi u œ x ! S Œ · Œ " œ S " ¢ " S > % fl " ” G x Q > L Œ Q > " ¢ A œ ! S " x ⁄ · 8 ß1 œ " ı · " ı ” ⁄ " œ F Q ! G Œ Q > S Œ 1 S G % R % > L fl x G ƒ x Q > ‡ œ x 1 " ß x L G x 8 Q >fl x G fi ı 1 " ⁄ % S G V " œ > x L S " ı fl " œ ¢ x œ ! S S " Œ L ı " > „ " œ w« " œ · R " Œ S " 7 > " „ " ı ⁄ " œ " Œ Q > ¢ x œ ! S ⁄ " > " œ œ G Q > 8 ı 1 ! ı F u ‡ S" ⁄ " ı ‡ x L L G x ı fl Œ " « Œ G ! 8 G G Œ % ı V % „ n % œ „ Œ S S x 1 x ı w P Œ " œ Œ ı R " œ ßfl " ı G Q > R " œ u 8 ı ! S „ A ˙ Œ 1 : ⁄ " œ L " 1 8 ı 1 " ı · 8 " Œ ı · " L ı " ı ( œ Œ ßS " œ Œ " ı ‡ F œ fl Œ " a œ F ‡ 8 ı 1 " Œ ı " œ „ x œ ! S ⁄ " > " œ œ G Q > " ı fl " ı 4 S " L ßL 8 ı 1 x ı 1 " G S " L L S w ˆ Œ " x 8 Q > x „ n % œ „ Œ S S x 1 ⁄ " G S " > " ı 8 ı S " œ ßG Q > Œ " fl L Œ Q > " a % G Œ S Œ % ı " ı Œ ı G ⁄ " G % ı fl " œ " > Œ ı G Œ Q > S L Œ Q > fl " œ ˚ " ßfl " 8 S 8 ı 1 V % ı ¢ x œ ! S x ı S " Œ L " ı w « x œ F ⁄ " œ > Œ ı x 8 G · " Œ 1 S G Œ Q > ”fl x G G fl Œ " ˚ " 8 œ S " Œ L 8 ı 1 V % ı ¢ x œ ! S " Œ ı S œ Œ S S G ⁄ x œ œ Œ " œ " ı Œ ı fl Œ " ßG " „ ¥ 8 G x „ „ " ı > x ı 1 " Œ ı " ı · " ı S œ x L " ı fi G u " ! S fl x œ G S " L L S w« x > " œ ⁄ Œ L fl " ı ¢ x œ ! S " Œ ı S œ Œ S S G ⁄ x œ œ Œ " œ " ı x 8 ‡ " Œ ı · " L ı " ı ¢ A œ ! ß

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Podiumsdiskussion: Podium II MMR Beilage 7/2002 13

1. Thema: Sachliche und räumlicheMarktabgrenzung

Frau Dr. Dr. Hildebrand greift zunächst die Diskussionzum Thema „sachliche Marktabgrenzung“ auf und machteinige allgemeine Überlegungen zum „hypothetischenMonopolistentest“. Der hypothetische Monopolistentestwird in zwei Stufen durchgeführt. Im ersten Schritt wird ge-messen, wie viele Verbraucher bei einer kleinen Preiserhö-hung (im Bereich zwischen fünf und zehn Prozent) für diebetreffenden Produkte auf leicht verfügbare Substitute aus-weichen würden. In einem zweiten Schritt wird unter-sucht, ob diese Preiserhöhung für das Unternehmen, wel-ches das Produkt anbietet, profitabel wäre oder ob dieSubstitution so stark und der damit einhergehende Absatz-rückgang so hoch ausfallen würde, dass diese Preiserhö-hung nicht mehr profitabel wäre. In den sachlich relevan-ten Markt werden nur solange weitere Produkte miteinbe-zogen, wie kleine dauerhafte Erhöhungen der Preise einenGewinn einbrächten. Es werden im hypothetischen Mo-nopolistentest somit sowohl die Nachfrage- als auch dieAngebotssubstituierbarkeit berücksichtigt.

Es ist leicht vorstellbar, dass eine Befragung von Verbrau-chern hinsichtlich einer hypothetischen Preiserhöhungschwierig ist. Um diesem Problem entgegenzuwirken,wurde eine Methode entwickelt, mit der der Nutzen unddie Wertigkeiten hinsichtlich eines Produktes abgefragtwerden können. Auf diese Weise kann eine Preisabsatz-funktion gebildet werden, mit deren Hilfe die Reaktioneiner Preiserhöhung simuliert werden kann.

Dr. Dr. Hildebrand

Herr Dr. Ortmeyer nimmt Bezug auf die Diskussion überregionale Marktabgrenzung am Beispiel Berlin und richtetan Prof. Kruse, der sich durchaus derartige regionaleMarktabgrenzungen vorstellen kann, die Frage, ob er die-sen Markt vollständig aus der sektorspezifischen Regulie-rung herausnehmen oder die Regulierung in diesem Marktanders durchführen würde. Ergänzend möchte er wissen,wie sich das marktbeherrschende Unternehmen anschlie-ßend auf diesem Regionalmarkt Berlin verhalten würde.

Dr. Ortmeyer

PODIUM II:Moderation: Karl Doemens, Frankfurter RundschauPodium: Prof. Dr. Martin Hellwig, Ph.D. Universität Mannheim

Dr. Dr. Doris Hildebrand, LL.M., European Economic & Mar-keting Consultants – EE&MC GmbH, BrüggeProf. Dr. Günter Knieps, Albert-Ludwigs-Universität Frei-burgProf. Dr. Jörn Kruse, Universität der Bundeswehr HamburgDr. Karl-Heinz Neumann, Geschäftsführer des Wissen-schaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste GmbH –WIK, Bad HonnefProf. Dr. Paul J. J. Welfens, Universität Potsdam

Redebeiträge: Dr. August Ortmeyer, DIHTProf. Dr. Dr. h.c. Picot, Universität München; Vorsitzenderdes Wissenschaftlichen Arbeitskreises für Regulierungsfra-gen der Reg TPHenning Schwarzburg, First MarkChristof Sommerberg, QSCMatthias Noss, Versatel DeutschlandHeinz Peter Labonte, Fachverband Rundfunk-, Empfangs-und Kabelanlagen

Prof. Kruse bestätigt seine Auffassung, dass der regionaleMarkt Berlin aus der sektorspezifischen Regulierung ent-lassen werden kann, sofern nicht ohnehin alle Märkte (fürFern- und Auslandsgespräche) aus der Regulierung entlas-sen werden sollten, was er eigentlich befürwortet. Er istdurchaus der Auffassung, dass Regulierungsbehörden ge-nauso wie Unternehmer experimentieren sollten, umdann zu sehen, wie sich die Marktteilnehmer auf diesemMarkt verhalten. Prof. Kruse

2. Thema: MarktbeherrschungProf. Picot greift die Diskussion zu den Kriterien auf, diezur Bestimmung von Marktbeherrschung wichtig sind.Diese Kriterien müssten erstens eher dynamisch und nichtstatisch sein. Zweitens heißt es, dass es nicht nur aufMarktanteile ankommt. Hier schließt sich die Frage an:Wie könnte denn ganz konkret ein Kriterienraster ausse-hen, müssen z.B. extrapolationsfähige Zahlenreihen vor-liegen, um dem dynamischen Charakter Rechnung zu tra-gen oder stellen Marktanteilskriterien mit einigen Hilfskri-terien die feste Hürde dar? Prof. Picot

Die Frage von Prof. Picot beantwortet Prof. Kruse dahinge-hend, dass es keine allgemein gültige Formel wie z. B.„Marktbeherrschung ist gleich Marktanteil mal X hoch 23“gibt, sondern einzelfallbezogen vorgegangen werden müs-se. Der große Vorteil des Marktanteilskriteriums ist der, dasses einfach ist. Der Fehler, den man damit machen kann, ist invielen industriellen Märkten klein. In den Märkten, in denendie Markteintrittsbarrieren niedrig sind, kann der Fehler je-doch groß sein, denn auf solchen Märkten herrscht potenzi-eller Wettbewerb. Wichtig ist zu berücksichtigen, dass dieMarkteintrittsbarrieren schon dann niedrig sind, wenn dieAngebotsflexibilität von benachbarten Märkten hoch ist. Indiesem Punkt vertritt er eine andere Auffassung als Frau Dr.Dr. Hildebrand. Die Angebotsflexibilität ist für ihn ausdrück-lich kein Teil der Marktabgrenzung, sondern der Marktbe-herrschung. Die Finanzkraft ist natürlich zur Bestimmungder Marktbeherrschung nicht irrelevant, aber es handelt sichdabei um ein Kriterium, dass sich nicht von vielen anderenMärkten unterscheidet. Prof. Kruse

Ein Kriterienraster zur Feststellung der Marktbeherrschungist aus der Sicht von Frau Dr. Dr. Hildebrand ein Korb vonmöglichen Kriterien, aus dem einzelne Kriterien in einerFall-zu-Fall-Betrachtung ausgewählt werden können.

Ein wesentliches Kriterium sind die Marktanteile der sichim Markt befindlichen Unternehmen. Die Berücksichti-gung der dynamischen Entwicklung der Marktanteilescheint dagegen problematisch zu sein, denn es ist wichtigzu unterscheiden, ob ein ehemaliger Monopolist aufGrund des Zutritts von Wettbewerbern Marktanteile ver-liert oder ob ein Markt betrachtet wird, auf dem ursprüng-lich funktionsfähiger Wettbewerb herrscht. Auch denMarktanteilsabständen kommt ihres Erachtens eine beson-dere Bedeutung im TK-Markt zu. Der Zugang zu Absatz-und Beschaffungsmärkten sollte ebenfalls berücksichtigtwerden. Ein vertikal integriertes Unternehmen hat einenWettbewerbsvorteil gegenüber einem nicht vertikal inte-grierten Unternehmen. Ihrer Meinung nach kommt esauch darauf an, ob ein Marktteilnehmer über einen unkon-trollierten Verhaltensspielraum verfügt und zwar gegen-über Wettbewerbern und Kunden. Die Finanzkraft ist ausihrer Sicht ebenfalls ein geeignetes Kriterium, insbesonde-

14 MMR Beilage 7/2002 Podiumsdiskussion: Podium II

re der Cash-Flow, der Gewinn, der Umsatz sowie der Zu-gang der Unternehmungen zum Kapitalmarkt.

Dr. Dr. Hildebrand

3. Thema: MarkteintrittsbarrierenProf. Kruse geht auf die Aussage von Herrn Hellwig ein,dass die ex-ante-Endkundenentgeltregulierung ein wich-tiges Regulierungsinstrument darstelle, um eine möglicheVerdrängungsstrategie der DTAG in Form von Predatory-Pricing vermeiden zu können. Er bezweifelt die Richtig-keit der Einschätzung Prof. Hellwigs, dass die DTAG Pro-dukte auch unter Kosten anbieten würde, um andere Un-ternehmen aus dem Markt zu drängen, denn dann hätteseiner Auffassung nach 1998 kein Unternehmen in denMarkt für Fern- und Auslandsgespräche eintreten kön-nen. Jeder Einsteiger in den Markt hätte fürchten müssen,von einem großen Unternehmen, und nicht unbedingtnur von der DTAG, aus dem Markt gedrängt zu werden.Im Gegensatz dazu haben sich einige kleine und mittel-ständische Unternehmen mit einer cleveren Marketing-strategie weitgehend unverdrängbar gemacht. Mobilcomist hierfür ein Beispiel.

Die potenzielle Verdrängungspreisstrategie ist für das ver-drängende Unternehmen, vor allem wenn der Marktanteilhoch ist, nicht vorteilhaft, denn die Kosten, die für die Ver-drängung anfallen, sind sehr hoch. Zudem ist der Erfolgunsicher und muss durch spätere Hochpreise amortisiertwerden. Diese Verdrängungskosten können aber nur dannamortisiert werden, wenn die Chance besteht, über einenlängeren Zeitraum Gewinne zu erzielen. Dies ist aber nurbei Existenz hoher Markteintrittsbarrieren möglich. Wenndie Markteintrittsbarrieren dagegen niedrig sind, werdendie hohen Preise sehr schnell Newcomer anlocken, dieden „Lohn der Verdrängung“ wieder eliminieren.

In den Märkten, in denen die Markteintrittsbarrieren nied-rig sind, wird die Marktstellung des dominanten Anbietersständig dadurch bedroht, dass potenzielle Anbieter in denMarkt eintreten können. Deshalb sind auf diesen MärktenMarktanteile irrelevant. Geringe Markteintrittsbarrierenherrschen insbesondere auch auf Märkten mit wenig spe-zifischen Investitionen vor. Dazu gehören bestimmte TK-Märkte, nämlich Fern- und Auslandsgesprächsmärkte.

Aber selbst auf einem Markt wie dem Ortsgesprächsmarkt,auf dem die DTAG einen Marktanteil von 98 Prozent hat,müssen die Markteintrittsbarrieren nicht hoch sein. Eskönnte ja sein, dass die Preise, die im Augenblick auf die-sem Markt herrschen, kostenorientiert sind. Durch die ge-ringen Margen ist somit ein Markteintritt wenig sinnvoll.Dies könnte sich aber sofort ändern, sobald das dominanteUnternehmen die Preise erhöht.

Wenn funktionsfähiger Wettbewerb vorherrscht und somitviele Anbieter am Markt etabliert sind, ist die Frage derMarkteintrittsbarrieren irrelevant. Die Tatsache, dass dieMarkteintrittsbarrieren auf Grund von hohen Werbeauf-wendungen hoch sind, ist unproblematisch, weil bereitsWettbewerb besteht. Prof. Kruse

In der Formulierung „wenn Eintrittsbarrieren niedrig sind,sind die Marktanteile irrelevant“, werden von Herrn Kruseexogene Markteintrittsbarrieren unterstellt. Das ist aberdann falsch, wenn Markteintrittsbarrieren durch andere imMarkt vorhandene Unternehmen geschaffen werdenkönnten. Es ist auch falsch, wenn sich z.B. die versunke-

nen Kosten endogen im Markt bestimmen. Hier liegt daseigentliche Problem des Ansatzes von Herrn Kruse. Es be-steht eine Ungleichheit bzw. eine Unausgeglichenheitzwischen niedrigen Markteintrittsbarrieren und der Abwe-senheit von Markteintrittsbarrieren. Der Markt mit niedri-gen Markteintrittsbarrieren verhält sich nicht unbedingtso, wie der ohne Markteintrittsbarrieren.

Die These, dass ein Zutritt in den Ortsbereich nicht lukra-tiv sei, weil die Preise so nah bei den Kosten liegen, lässtsich am Beispiel der Teilnehmeranschlussmiete widerle-gen. Wenn die Kostenrechnung der Regulierungsbehörde,die die Miete der Teilnehmeranschlussleitung für die Wett-bewerber festgelegt hat, zu Grunde gelegt wird, dann liegtnatürlich das Kundenentgelt für die Teilnehmeranschluss-leitung heute deutlich unter Kosten. Diese Diskrepanzzwischen den beiden Preisen ist natürlich auch für die Sta-bilität des Marktanteils von 98 Prozent im Ortsbereich ver-antwortlich. Dann stellt sich natürlich die Frage, warumdie DTAG das Kundenentgelt nicht auf das Kostenniveauangehoben hat. Folglich hätte nach dem Ansatz von HerrnKruse, dass ein Unternehmen mit einem hohen Marktan-teil nicht unter Kosten verkaufe, die DTAG einen entspre-chenden Antrag zur Anhebung des Kundenentgelts stellenmüssen.

Zu der Aussage, dass 1998 niemand in den Markt hätteeintreten können, wenn die DTAG eine Verdrängungsstra-tegie durchgeführt hätte, ist anzumerken, dass hier verges-sen wird, dass 1998 (und auch heute noch) ein Markt mitRegulierung vorlag. Für die Frage nach dem funktionsfähi-gen Wettbewerb i.S.d. Gesetzesauftrags ist jedoch in derHauptsache zu fragen, was in einem Markt ohne Regulie-rung passieren würde. Prof. Hellwig

Wenn bedacht wird, dass die Produktion eines Telefonan-schlusses höhere Kosten verursacht als die Kosten der Teil-nehmeranschlussmiete, ist die quantitative Dimension desAbstands zwischen Vorleistungs- und Endkundenentgeltsogar noch etwas deutlicher als Herr Hellwig darlegt. Inso-fern ist hier durchaus über höhere Preiskostendifferenzenals die Differenz zwischen DM 24,40 und DM 21,39 zusprechen. Dr. Neumann

4. Thema: Regulierung auf derVorproduktebene und ex-ante-EntgeltregulierungHerr Schwarzburg greift nochmals das Thema „Marktzu-tritt im Fall von Offline-Billing Mehrwertdiensten“ auf.Bevor ein Markt für Offline-Billing TK-Dienste geöffnetwurde, hatten alle Kunden ihren Telefonanschluss beimEx-Monopolisten. Deshalb scheint im Augenblick nur derEx-Monopolist diese Dienste anbieten zu können, dennnur er kann die Abrechnung erstellen. Die anderen Carri-er sind technisch zurzeit noch nicht dazu in der Lage. Erstellt an Herrn Neumann und Herrn Welfens die Frage, obder Markt für Mehrwertdienste als komplett getrennterMarkt betrachtet werden kann und ob es sich dann beiOffline-Billing um einen neuen Bottleneck handelt. Fernemöchte er von Herrn Knieps wissen, ob er wirklich seineMeinung aufrecht erhält, dass es nur noch einen Bereichgibt, der noch zu regulieren sei, oder ob nicht auch in Zu-kunft neue Bottlenecks entstehen können, die es zu regu-lieren gilt. Schwarzburg

Podiumsdiskussion: Podium II MMR Beilage 7/2002 15

Die Frage der Essential Facilities, zu denen jeweils Zugangauf der Vorleistungsseite geschaffen werden soll, kannnach Meinung von Dr. Neumann nicht ein für alle mal unddann abschließend beantwortet werden, sondern mussimmer wieder anhand neuer Marktgegebenheiten gestelltwerden. Die Frage des Shared-Access zum hochfrequen-ten Teil der Teilnehmeranschlussleitung etwa hatte sich beider Gesetzgebung 1995/96 noch nicht gestellt, weil diesetechnische Möglichkeit zum damaligen Zeitpunkt nichtbekannt war. So ähnlich mag das mit der Offline-Billing-Thematik sein. Die Frage des Regulierungsbedarfs und ins-besondere des Zugangs zu den Essential Facilities mussimmer bezogen auf die jeweiligen Marktbedingungen neugestellt werden. Dr. Neumann

Prof. Welfens glaubt, dass die Abgrenzung von Märkten fürMehrwertdienste grundsätzlich richtig und wichtig ist. Aufder anderen Seite darf die Problematik der Sortimentsent-wicklung nicht übersehen werden. Er sieht mit einer ge-wissen Sorge, dass die Regulierungsbehörde in der Ver-gangenheit im Rahmen von Experimentierklauseln eher zuGunsten des dominanten Anbieters entschieden hat. Na-türlich sollte die Regulierungsbehörde nicht dem techni-schen Fortschritt entgegenstehen. Dennoch besteht dieGefahr, dass der dynamische Wettbewerb dauerhaft ge-schwächt werden könnte, wenn ein preiswertes Bündel-produkt versuchsweise zugelassen wird.

Ein anderer Punkt, der im Hinblick auf die Verbesserungder Wettbewerbschancen von Markteinsteigern wichtigzu sein scheint, ist folgender: Mittelfristig sollte über dasThema „anreizkompatible Regelungen und finanzielleSanktionen zur Disziplinierung der DTAG“ nachgedachtwerden. Es ist vorstellbar, dass die DTAG z.B. Anschlüssezeitiger bereitstellen würde als sie das jetzt ohne Sanktio-nierung tut. Prof. Welfens

Es kommt darauf an, dass eine Bottleneck-Regulierungmaßgeschneidert ist. Z.B. kann im Dial-up-Internetzugangdie Strecke vom Teilnehmer zum Hauptverteiler und vomHauptverteiler zum Internet-Point-of-Presence unter-schieden werden. Ein Bottleneck besteht nur bis zumHauptverteiler, sodass nur diese Strecke reguliert werdensollte. Hinter dem Hauptverteiler beginnt der Fernbereich.Diese Verbindungsleistung zum Internet-Point-of-Presen-ce sollte auch von alternativen Anbietern bereitgestelltwerden können. Wenn im Gegensatz dazu der gesamteZugang bis zum Internet-POP von der DTAG gemietet wer-den müsste, würde es sich um ein Bündelprodukt handeln.Dies wäre ein Wettbewerbsverstoß, da sich die Markt-macht der DTAG im Bottleneck-Bereich auf den Nicht-Bottleneck-Bereich übertragen würde. Bei einer maßge-schneiderten Bottleneck-Regulierung entfaltet sich dage-gen der Servicewettbewerb im Nicht-Bottleneck-Bereichfrei. In dem Nicht-Bottleneck-Bereich ist dann keine ex-ante-Regulierung mehr notwendig. Prof. Knieps

Herr Sommerberg geht auf die Auffassung von HerrnKnieps und Herr Kruse ein, dass eine Bottleneck-Regulie-rung effizient durchzuführen sei. Dennoch herrschen trotzeiner effizienten diskriminierungsfreien Regulierung imBottleneck-Bereich Markteintrittsbarrieren vor. Das sindz.B. der Kapitalbedarf, der notwendig ist, um Prozesse zuaktivieren, und die Zeit, die verstreicht, bevor der neueAnbieter in diesen Markt kommt. Diese „verbleibenden“Markteintrittsbarrieren sind wahrscheinlich sogar höher

als z.B. diejenigen im Bereich der Fernnetze. Wenn nun in„Weniger-Bottleneck“-Bereichen die Regulierung zurückgefahren wird, dann werden sich dort die Markteintritts-barrieren wieder erhöhen und die DTAG kann ihre Markt-macht in diesem Bereich wieder stärken.

Der TK-Markt hat sich unter den regulatorischen Rahmen-bedingungen hin zum Wettbewerb entwickelt. Um dieseEntwicklung in die Zukunft zu extrapolieren, dürfen sichdie Rahmenbedingungen nicht wesentlich ändern, denndann werden gleichzeitig die Parameter der Kurve verän-dert. Hieraus ergibt sich die Frage, welche Kriterien zur Be-urteilung einer effizienten Regulierung zu Grunde gelegtwerden können und was zu tun ist, um ex-ante-Regulie-rung richtig durchzuführen. Sommerberg

Eine effiziente Bottleneck-Regulierung ist in Form einerPrice-Cap-Regulierung in Kombination mit AccountingSeparation, d.h getrennter Rechnungslegung, durchzu-führen. Damit Unternehmen, die neu in den Markt eintre-ten, auf dem Service-Markt mit der DTAG konkurrierenkönnen, brauchen sie einen diskriminierungsfreien Zu-gang zu den Essential Facilities. Tief greifende Regulie-rungseingriffe, wie sie Einzelpreisgenehmigungen darstel-len, behindern dagegen die unternehmerische Suchenach innovativen Preisstrukturen und stellen eine Überre-gulierung dar.

Wenn die konkrete Umsetzung der Regulierung im Ortsbe-reich betrachtet wird, ist nach Ansicht von Prof. Knieps eineÜberregulierung erkennbar. Der entbündelte Zugang zurTeilnehmeranschlussleitung ist einzelpreisreguliert und zu-sätzlich mit Line-Sharing-Auflagen kombiniert. Es bestehtseiner Meinung nach kein Grund zur Sorge, dass der Markt-zutritt der Mehrwertdiensteanbieter behindert sei.

Um Aussagen darüber machen zu können, wie lange derZugang zur Teilnehmeranschlussleitung noch einen Bott-leneck darstellen wird, muss auf zuverlässige Prognosenfür die Entwicklung des Wettbewerbs in diesem Bereichzurückgegriffen werden. Wenn sich die Entwicklung der-art gestaltet, wie sie in der bereits angesprochenen WIK-Studie skizziert wird, dann werden in Zukunft vier alterna-tive lokale Zugänge angeboten. Das sind Powerline, KabelTV, ADSL und die Point-to-Multipoint-Kommunikation.Wenn dieses Szenario tatsächlich eintritt, dann handelt essich bei dem Zugang zur Teilnehmeranschlussleitungnicht mehr um einen Engpass. Prof. Knieps

Herr Noss erläutert, dass Versatel ein regionaler Netzbe-treiber in der Region Westfalen-Lippe ist. Er hält die Dis-kussion für interessant, aber realitätsfern, außerdem ver-wirrt sie eher. Diese Unsicherheit entsteht, obwohl dierechtlichen Grundlagen – hinsichtlich des Kartellrechts,TKG etc. – klar definiert sind. Auf Basis dieser Grundlagenwurden zumindest in seinem Unternehmen dreistelligeMillionenbeträge investiert. Auch ausländische Investorenhaben sich beteiligt, was in der Zukunft sehr stark in Fragegestellt ist. Er hält es deshalb für wichtig, vorausschauen-der zu denken, wie das Stichwort „Prognosen“ deutlichgemacht hat. Darüber hinaus könnte es auch zweckmäßigsein, stärker die praktischen Probleme zu berücksichtigen.Er lädt die Regulierungsbehörde und auch die Beteiligtenein, sich mit den Fakten vor Ort zu beschäftigen, die Ent-würfe zum Vertrag über den Zugang zur Teilnehmeran-schlussleitung zu bearbeiten, um wirklich die Probleme

16 MMR Beilage 7/2002 Podiumsdiskussion: Podium II

vor Ort kennen zu lernen und zu sehen, wie das Tagesge-schäft aussieht. Noss

Herr Dr. Neumann geht auf die Bemerkung von Herrn Nossein, der die Unsicherheit bezüglich der künftigen Regulie-rung beklagte. Herr Neumann sieht dies als ein Anliegen,das sehr ernst genommen werden muss. Diese Unsicherheitist eines der Probleme der jetzigen Marktsituation und einerder Faktoren, der erklärt, warum sich der Trend der Wettbe-werbsentwicklung gegenwärtig umkehrt. Das Vorliegeneiner Vielzahl sehr grundlegender Regulierungsentschei-dungen, von denen unklar ist, ob sie stabil sind, weil sie ju-ristisch umstritten sind, stellt ein Problem dar. Klar ist auch,dass dies ein Zustand ist, der nicht investitionsfördernd istund somit wie eine Marktzutrittsschranke wirkt. Hier sind al-le Beteiligten gefordert, und spätestens am Ende der Gesetz-geber, Antworten zu geben, wenn dieses Problem, so wie essich heute darstellt, noch größer werden sollte.

Dr. Neumann

Herr Labonte führt aus, dass sie als kleiner Kabelnetzbe-treiber versuchen, das Ortsnetzmonopol der DTAG ineiner Kleinstadt in Ostdeutschland aufzubrechen. In Ost-deutschland ist es etwas leichter, da dort in den 80er und90er Jahren das Monopol nicht so stark verteidigt wurdewie in Westdeutschland. In dem Marktsegment Kabelfern-sehen, aber inzwischen auch in Bereichen des Internet,besteht bereits Wettbewerb. Er plädiert deshalb dafür, die-sen Bereich aus der Regulierung auszuklammern.

Labonte

Zur Einleitung der Schlussrunde zitiert Herr Doemens(Frankfurter Rundschau), Moderator dieser zweiten Dis-kussion, den Verband der Anbieter von Telekommunikati-ons- und Mehrwertdiensten: „Wir gehen zurück zum Mo-nopol. Im Laufe der nächsten zwölf Monate könnten 80Prozent der DTAG-Wettbewerber die Flagge streichen und20.000 Arbeitsplätze verloren gehen“. Er forderte die Dis-kussionsteilnehmer auf, eine kurze Einschätzung zu ge-ben, ob es sich hierbei um eine realistische Prognose oderum Panikmache handelt. Vor diesem Hintergrund sind ab-schließend kurze Hinweise zur konkreten Regulierungs-praxis erwünscht.

Prof. Hellwig möchte keine quantitativen Vorhersagenabgeben, da viele der Vorhersagen, die vor zwei Jahrenan dem Sondergutachten der Monopolkommission kriti-siert wurden, sogar als zu positiv eingeschätzt wurden.Damals wurde behauptet, Powerline wäre die unmittel-bar bevorstehende Alternative zum Teilnehmeran-schluss. Inzwischen sind die Fristen, die bis zur Einfüh-rung genannt werden, eher länger als damals. Auch um-gekehrt sollte man deshalb die nötige Vorsicht walten las-sen. Sicher ist, dass die Konsolidierung, die kommenmusste, auch kommt. Was noch nicht bekannt ist, ist,wann stabile Strukturen in diesem Sektor erreicht wer-den. Dieser Sektor braucht eine verlässliche Stabilität desOrdnungsrahmens, bis abzusehen ist, wie sich die Struk-tur entwickeln wird. Diese Aussage ist nicht nur bezüg-lich möglicher Gesetzesänderungen zu treffen. Der Un-terschied zwischen möglicher Gesetzesänderung undHandhabung des § 25 TKG wurde ja diskutiert. Es ist aucheine Aussage über die Handhabung des § 25 TKG und da-mit über das Anliegen, das die Regulierungsbehörde mitden Eckpunkten und mit der heutigen Veranstaltung ge-äußert hat. Er hält es für angebracht, dass in der Prüfung

der Marktbeherrschung als Voraussetzung des § 25 TKGbei der ex-ante-Entgeltregulierung der Belang der Stabili-tät des Regulierungsrahmens mit berücksichtigt wird undso etwaige Jojo-Effekte und andere Dinge von vornhereinvermieden werden.

Als letzten Punkt richtet er eine Bemerkung insbesonderean Herrn Knieps. Er sieht eine gewisse Paradoxie darin,wenn bei Skepsis gegenüber der Regulierung im Allgemei-nen gleichwohl eine maßgeschneiderte Bottleneck-Regu-lierung als das ausschließliche und all-funktionsfähige Re-gulierungsinstrument angepriesen wird. An dieses Maßge-schneiderte glaubt er nicht so ganz. Ausgehend von dengegebenen Strukturen, hält er es dann zumindest kurzfris-tig für durchaus sinnvoll, wenn die Bottleneck-Regulie-rung, die von vornherein unvollkommen gehalten wird,durch eine vielleicht ebenso unvollkommene ex-ante-Ent-geltregulierung komplementiert wird. Prof. Hellwig

In der augenblicklichen Gesetzeslage rekurriert das TKGauf das GWB. Frau Dr. Dr. Hildebrand wollte in ihrem Gut-achten und in der Diskussion ihr Anliegen zum Ausdruckbringen, dass Wettbewerbsökonomen für Marktabgrenzun-gen und die Untersuchung der Marktbeherrschung entspre-chende Methodologien anbieten, die im Kartellrecht auchakzeptiert sind. Sie wünscht der Regulierungsbehörde vielErfolg bei der Anwendung dieser Methodologien.

Dr. Dr. Hildebrand

Prof. Knieps denkt, dass Regulierungsinstrumente eineschärfere Waffe darstellen als die Anwendung von Wettbe-werbsrecht. Gerade weil kein Regulierungsinstrument per-fekt ist, aber negative Wirkungen damit verbunden sind, istes besonders wichtig, sich auf das eigentliche Problem,den Bottleneck, zu beschränken und dort nach einer rich-tigen Regulierung zu suchen. Die Regulierung komple-mentärer Bereiche ist seines Erachtens gefährlich und führtzu Überregulierung. Prof. Knieps

Prof. Kruse wendet sich der Bemerkung von Herrn Hellwigzu, es hätte strategische Markteintrittsbarrieren gegeben.Er glaubt, dass das weder aus Sicht der Interessenlage derDTAG logisch noch empirisch nachzuweisen ist. Zudemwiderspricht er der Aussage Prof. Hellwigs, dass die Kos-ten endogen sind. Er hält sie für exogen, weil die Regulie-rungsbehörde sie festsetzt. Er würde ihm Recht geben,wenn die Kosten in dem Sinne endogen wären, dass dieDTAG sie derart bestimmen könnte.

Er stimmt mit Prof. Hellwig darin überein, dass stabile Rah-menbedingungen erforderlich sind.

Die Schaffung stabiler Rahmenbedingungen ist nicht ein-fach. Es ist z.B. schwierig, der Regulierungsbehörde genaueMaßgaben hinsichtlich des Preises für die Teilnehmeran-schlussleitung zu geben. Er glaubt, dass die bisherige Markt-entwicklung, die seines Erachtens positiv zu beurteilen ist,zeigt, dass die Regulierungsbehörde in vielen Punkten rich-tig geschätzt hat. Die Anfangsphase der Regulierung mussaber von der derzeitigen Situation unterschieden werden.Gegenwärtig läuft eine Phase, in der sich darüber Gedankengemacht werden müsse, wie der Markt sich weiterentwi-ckeln wird und wie die nächsten Schritte aussehen werden.Es war nicht vorgesehen, alle Märkte auf Dauer zu regulie-ren, er hält es aber vor allem für wichtig, langfristig Sicher-heit für die Unternehmen zu schaffen.

Podiumsdiskussion: Podium II MMR Beilage 7/2002 17

Er schlägt vor, nach einem Diskurs bestimmte Eckpunktefestzulegen, mit welcher zukünftigen Liberalisierung dieWettbewerber rechnen können und müssen. Der Regulie-rungsbehörde, die seiner Meinung nach gezwungen ist,weitere Märkte aus der Regulierung zu entlassen, solltenmindestens zwei Szenarien vorgegeben werden, sodass al-le Beteiligten, sowohl die DTAG als auch die neuen Anbie-ter, eine gewisse Vorstellung entwickeln können, mit wel-chen Schritten sie zu welchen Zeitpunkten rechnen kön-nen. Prof. Kruse

Dr. Neumann verneint die Frage, ob sich der Markt aufdem Rückweg zum Monopol befindet. Das stärkste Indizdafür, dass dies nicht der Fall ist, ist für ihn die Tatsache,dass die Nachfrager Angebote der Konkurrenten sehrstark in Anspruch nehmen. Dies ist auf diese Weise nichtprognostiziert worden. Er selbst hatte in seinem eigenenBeitrag kurz bemerkt, dass die Wettbewerbsentwicklungstagniert. Wahrscheinlich wird Ende des Jahres [2001]sogar ein Rückgang der Marktanteile der Wettbewerberzu beobachten sein. Insofern verstärkt sich gleichzeitigdie marktbeherrschende Stellung der DTAG. Inwieweitdas anhalten oder sich sogar noch weiter verstärkenwird, bleibt abzuwarten. Vor allen Dingen muss Ursa-chenforschung betrieben werden, insbesondere in denMarktsegmenten, in denen manche Wettbewerber offen-sichtlich überhaupt keine Chance haben. Die Ursachedafür, dass sich in diesen Marktsegmenten der Wettbe-werb nicht entwickelt hat, liegt auch darin, dass dieTechnik überschätzt worden ist oder Behinderungsmiss-brauch stattgefunden hat. Diese Themen müssen analy-siert werden.

Ansonsten besteht das wesentliche Problem der TK-Bran-che nicht darin, dass die Preissetzungsflexibilität derDTAG durch Einzelpreisregulierung zu sehr behindertwird. Endkundenpreisregulierung findet heute im Wegedes Price-Cap und nicht der Einzelpreisregulierung statt.Die Frage der Einzelpreiskontrolle sollte vielmehr zumThema Preisbehinderungsmissbrauch der DTAG in Formvon Dumping, Quersubventionierung, Optionstarifenoder Bündeltarifen diskutiert werden. Dr. Neumann

Prof. Welfens weist darauf hin, dass die Marktöffnung inEuropa deshalb so gut funktioniert hat, weil eine paralleleÖffnung nationaler Märkte stattfand und somit jeder Ex-monopolist sofort Pläne machen konnte, wo er in den sichöffnenden Nachbarmärkten aktiv werden könnte. Zudemstanden Elektrizitätsversorger zur Verfügung. Von dieserrelativ guten Ausgangslage hat man sich jetzt ein Stückentfernt. Die Elektrizitätsversorger haben sich ja ziemlichzurückgezogen. Es ist positiv, dass der Wettbewerb schär-fer wird, was aber Anlass zur Sorge gibt, ist, dass der Marktaus dieser historisch asymmetrischen Ausgangssituationim Ortsnetzbereich nach wie vor noch nicht herausge-kommen ist. Er hält es für völlig verfrüht, drei Jahre nachder Marktöffnung über die Aufhebung der Regulierungnachzudenken.

Eine ernsthafte Krise steht vielleicht noch bevor. In zwei bisdrei Jahren wird es zu einer Verschärfung des internationa-len Wettbewerbs in der Telekommunikation kommen. Daswird sicher insgesamt zu größeren Unternehmen führenund dann die DTAG und jeden dominanten Anbieter ineuropäischen Märkten zwingen, alle Möglichkeiten ag-gressiver Preisstrategien auszunutzen. Deshalb ist es wich-tig, weiterhin genaue Marktbeobachtungen durchzufüh-ren. Auch die Bündelungsproblematik wird sich verschär-fen. Die Regulierungsbehörde sollte diesbezüglich sehrvorsichtig sein und weniger von ExperimentierklauselnGebrauch machen, denn es ist nicht die DTAG, die vorWettbewerbern geschützt werden soll, sondern der Wett-bewerb muss als dynamischer Prozess in Gang gebrachtund in Gang gehalten werden.

Eine mittel- oder langfristige Änderung des TKG ist eineganz grundlegende Entscheidung, bei der man sich auchGedanken mit Blick auf den Standort BundesrepublikDeutschland machen sollte. Nach einer Untersuchung derOECD liegt Deutschland in der Bewertung des Informati-ons- und Kommunikationssektors im hinteren Drittel. Umsich in Zukunft besser zu positionieren, sollte sehr genaudie technologische Entwicklung sowie die Veränderungdes Nachfragemusters im Auge behalten werden. Eine Ver-besserung der Position wird aber nur bei einem nachhaltigfunktionsfähigen Wettbewerb erreicht. Prof. Welfens

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c Amtsblatt der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post Nr. 4/2001v. 28.2.2001 Mitteilung Nr. 90/2001

Eckpunkte zur sachlichen und räumlichen Abgrenzungvon Märkten und der Feststellung einermarktbeherrschenden StellungAufruf zur Kommentierung

Seit der vollständigen Liberalisierung des Telekommunikations-sektors zum 01.01.1998 ist eine dynamische Wirtschaftsbranchemit unterschiedlichen Angeboten entstanden, in der bereits deut-lich erkennbare wettbewerbliche Prozesse in Gang gesetzt wor-den sind (vgl. im Einzelnen den Tätigkeitsbericht der Regulie-rungsbehörde für Telekommunikation und Post 1998/1999, insbe-sondere Teil B.10, sowie den Halbjahresbericht 2000).

In Anerkennung, dass sich die sektorspezifische Regulierung bis-her bewährt hat, hat das Bundesministerium für Wirtschaft undTechnologie (BMWi) wegen der positiven Marktentwicklung inDeutschland und dem veränderten internationalen Wettbewerbs-umfeld (internationale Fusionen sowie die generell zu beobach-tenden Globalisierungen) eine Prüfung angeregt, ob und inwie-weit Überregulierungen existieren und wie diese kurz- bzw. mit-telfristig abgebaut werden können. Angesichts der besonderenRolle der marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens alsAnknüpfungspunkt für Regulierungseingriffe (vgl. nur §§ 14, 25,33, 35 TKG) hat das BMWi vorgeschlagen, dass ein Konzept zurkünftigen sachlichen und räumlichen Abgrenzung von Märktenerarbeitet wird.

Zur Vorbereitung des o.a. Konzeptes zur sachlichen und räum-lichen Abgrenzung von Märkten und der Feststellung marktbe-herrschender Stellungen hat die Regulierungsbehörde zwei Gut-achten eingeholt, die sich vom Ansatz her wie folgt unterscheiden:

c Das eine Gutachten hat in grundsätzlicher Sicht unter Zugrunde-legung der allgemeinen ständigen Entscheidungspraxis im deut-schen und gemeinschaftlichen Kartellrecht die rechtlichen Beson-derheiten des Telekommunikationssektors und die Auswirkungenauf die Marktabgrenzung sowie die Feststellung einer marktbeherr-schenden Stellung durch die Regulierungsbehörde entwickelt.c In dem zweiten Gutachten wurden unter Berücksichtigung der

ökonomischen Besonderheiten des Telekommunikationssektorssowie der derzeit bereits erkennbaren und der voraussichtlich zu-künftigen Probleme Vorschläge erarbeitet, mit Hilfe welcher Me-thoden bzw. Verfahrensweisen zukünftig Fragen der Marktabgren-zung und Marktbeherrschung auf der Grundlage des GWB beant-wortet werden sollen.

Die folgenden Eckpunkte sollen die Basis für die Praxis der Regu-lierungsbehörde für einen angemessenen Zeitraum, der voraus-sichtlich die nächsten zwei Jahre umfassen wird, legen. Um dievon der Regulierungsbehörde im Einzelfall vorzunehmenden Ent-scheidungen nicht zu präjudizieren und etwaige sachverhaltsspe-zifische Besonderheiten hinreichend zu berücksichtigen, müssendiese Eckpunkte abstrakt formuliert werden. Es ist vorgesehen, dieEckpunkte periodisch von Zeit zu Zeit zu überarbeiten und denGegebenheiten auf den Märkten sowie den sich veränderndenrechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

Im Folgenden sind die o.g. Eckpunkte im Entwurf veröffentlicht. InAnlehnung an die beiden o.g. Gutachten enthält der erste Teil dieGrundsätze zur Marktabgrenzung und Feststellung einer marktbe-herrschenden Stellung unter Berücksichtigung der Besonderhei-ten des Telekommunikationssektors (Teil A), der zweite Teil betrifftdie entsprechend anzuwendenden Methoden bzw. Verfahrens-weisen (Teil B).

Diese ersten Eckpunkte tragen im Besonderen den Charakter vonFragen; die Begründungen deuten dabei den Hintergrund derFragestellungen an.

Interessierte Kreise werden gebeten, hierzu spätestens bis zum30.04.2001 schriftlich in deutscher Sprache in zweifacher Ausfer-tigung Stellung zu nehmen.

Anschrift und Telefaxanschluss lauten:Regulierungsbehörde für Telekommunikation und PostPostfach 80 0153105 BonnTelefax: (0228) 14 88 72

Teil A: Besonderheiten desTelekommunikationssektors und dieAuswirkungen auf die Marktabgrenzung sowiedie Feststellung einer marktbeherrschendenStellung

Eckpunkt 1 (Marktabgrenzung zu Beginn der vollständigenLiberalisierung):Zu Beginn der vollständigen Liberalisierung des Telekommunika-tionssektors gab es angesichts eines einzigen Anbieters keine„Märkte“ im Sinne des freien Zusammenspieles von Angebot undNachfrage. Die Sicht der Nachfrager wird vielmehr in der Öff-nungsphase der ehemals monopolistisch strukturierten Telekom-munikation für den Wettbewerb geprägt von dem Angebot undden Anträgen an die Regulierungsbehörde auf Genehmigung derentsprechenden Entgelte des zum damaligen Zeitpunkt einzigenAnbieters von Telekommunikationsdienstleistungen, also der DTAG. Diese Praxis steht im Einklang mit dem TKG und den entspre-chenden europäischen Vorgaben.

Hierüber hinaus ist zu fragen, ob und inwieweit relevante Märktemit Bindungswirkung für die Anwendung des TKG durch die Re-gulierungsbehörde bereits durch das sektorspezifische Gemein-schaftsrecht vorgegeben werden sollten. Vgl. insoweit z.B. für denMietleitungsmarkt, dessen Abgrenzung bislang auf rein techni-schen Normen beruht, Anhang II der Richtlinie 92/44/EWG, geän-dert durch die Entscheidung 98/80/EG der Kommission, ABl. EGNr. L 14 vom 20.01.1998, S. 27, und insbesondere die Mitteilungder Kommission, Entwicklung neuer Rahmenbedingungen fürelektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörigeDienste, Kommunikationsbericht 1999, KOM (1999) 539, S. 57 ff.unter Pkt. 4.7.

Begründung:Üblicherweise bilden sich Märkte über ein „Entdeckungsverfahren“,in dem Anbieter und Nachfrager Impulsgeber dergestalt sind, dassbeide Marktseiten ständig auf der Suche nach neuen Produkten undDienstleistungen sind. Bis zur vollständigen Liberalisierung des Te-lekommunikationssektors jedoch war das Verhältnis zwischen(staatlichem) Monopol und Marktgegenseite durch die (hoheitliche)Gewährung von Leistungen auf Antrag und fehlender Auswahlmög-lichkeiten der Verbraucher als Nachfrager gekennzeichnet. Dies giltinsbesondere für solche Leistungen, die erstmals von anderen Unter-nehmen als dem bisherigen Monopolisten angeboten werden, so-wie für solche Leistungen, für die es erstmals Nachfrager gibt (z.B.breitbandiger Internetzugang). In diesem Zusammenhang stellt sichdamit auch die Frage der Beurteilung der sog. Vorleistungsprodukte,die Unternehmen benötigen, um ihrerseits Leistungen anbieten zukönnen, wie die (nationale) Zusammenschaltung von Netzen oderandere besondere Netzzugänge. Des Weiteren stellt sich diese Prob-

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lematik, wenn erstmals Leistungen nachgefragt werden, die bisherim Bündel angeboten worden sind und nunmehr ggf. entbündeltnachgefragt werden bzw. werden können.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei der Ab-grenzung des relevanten Marktes vom Bedarfsmarktkonzept aus-zugehen. Hiernach kommt es auf die funktionale Austauschbar-keit der fraglichen Produkte und Dienstleistungen aus der Sichtdes verständigen Nachfragers an. Aus den o.g. Gründen konntedie Regulierungsbehörde zu Beginn der vollständigen Liberalisie-rung insoweit jedoch nur in eingeschränktem Umfang die Sicht-weise der verständigen Marktgegenseite zugrunde legen. Viel-mehr musste sie diese Sichtweise in ihren Entscheidungen auf derGrundlage der von dem bisherigen Monopolisten ausschließlichangebotenen Güter antizipieren, dessen Monopolstellung durchden durch Regulierung zu fördernden Wettbewerb wegfallen soll.Nur auf diese Weise war es der Regulierungsbehörde im Sinne derRegulierungsziele möglich, durch den im Wege der Regulierungbestimmten Teilmarkt wettbewerbliche Kräfte auf dem Gesamt-markt freizusetzen und dazu beizutragen, auf Dauer chancenglei-chen und funktionsfähigen Wettbewerb, auch in der Fläche, si-cherzustellen (vgl. auch Eckpunkt 8).

Eckpunkt 2 (Feststellung einer marktbeherrschendenStellung zu Beginn der vollständigen Liberalisierung):In der Monopolöffnungsphase dominiert hinsichtlich der Feststel-lung der Marktbeherrschung eines Unternehmens mangels ande-rer hinreichender Marktdaten dessen Marktanteil. Das europäi-sche SMP-Konzept (beträchtliche Marktmacht ab einem Marktan-teil von über 25%) sowie die Vermutungsregel des § 19 Abs. 3 Satz1 GWB (Marktanteil von mindestens einem Drittel) lässt Rück-schlüsse auf eine Marktstruktur zu, in der der Wettbewerb nichtchancengleich und funktionsfähig und daher eine ex ante-Regu-lierung erforderlich ist.

Begründung:Mit Inkrafttreten des TKG wurde die ehemalige Monopolistin DTAG bei wesentlichen Telekommunikationsdienstleistungen miteinem Marktanteil von 100% in den Wettbewerb entlassen. DieDT AG verfügte zudem als einziges Unternehmen in der Bundes-republik Deutschland über ein flächendeckendes modernes Fest-netz mit fast 40 Mio. Telefonkunden und über flächendeckendeNetzinfrastrukturen für Mietleitungsangebote. Darüber hinauswar sie dominanter Anbieter von Datenkommunikationsdiensten.Als Unternehmen, das sowohl auf dem vorgelagerten Markt fürnetztechnische Einrichtungen als auch auf dem nachgelagertenMarkt für die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistun-gen auf der Basis dieser Netze tätig ist, handelt es sich bei der DTAG um ein sog. vertikal integriertes Unternehmen. Aus diesenGründen ging die Bundesregierung in ihrem Entwurf des TKG da-von aus, dass der Markt für Telekommunikationsdienstleistungenauch nach Wegfall der Monopole noch für längere Zeit von der DTAG beherrscht sein wird und deshalb eine sektorspezifische Regu-lierung, insbesondere ex ante, erforderlich ist (vgl. Begr. zum Ent-wurf eines TKG, BT-Drs. 13/3609, S. 33 f.). Dies gilt sowohl auf-grund der langjährigen Kundenbindung für das Verhältnis des ehe-maligen Monopolisten gegenüber den Endkunden als auch für dasVerhältnis zwischen der DT AG und ihren künftigen Wettbewer-bern: zum einen waren nahezu sämtliche Endkunden bei der Nut-zung festnetzgebundener Telekommunikationsdienstleistungenbereits an die DT AG gebunden, zum anderen sind die (künftigen)Wettbewerber häufig auf Vorleistungen der DT AG (zumindest inder jeweiligen Angebotseinführungsphase) angewiesen oder se-hen sich zumindest stets mit der (potenziellen) Konkurrenz der DTAG konfrontiert.

Der Gesetzgeber hat bei der Neuformulierung des § 19 GWB dieständige Rechtsprechung des BGH zu § 22 GWB a.F. berücksich-tigt. Hiernach ist ein Unternehmen marktbeherrschend, wenn undsoweit es über einen vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrol-lierten Verhaltensspielraum verfügt (vgl. nur RegBegr. zur 2. GWB-Novelle, BT-Drs. VI/2520, S. 21 ff.; 5. Hauptgutachten der Mono-polkommission, BT-Drs. 10/1791, Tz. 149, 806). Der Wettbewerbin der Telekommunikation beginnt sich seit der vollständigen Libe-

ralisierung mit Inkrafttreten des TKG erst zu entwickeln. Die Fest-stellung einer marktbeherrschenden Stellung kann daher nur ein-geschränkt aus Marktdaten gewonnen werden, denn es gibt nochkeine Märkte im Sinne des freien Zusammenspiels von Angebotund Nachfrage (vgl. oben Eckpunkt 1). Die Feststellung der beherr-schenden Stellung des bislang ausschließlichen Anbieters hat sichdaher in erster Linie nach dessen Anteil und Umsatz zu richten.

Im Übrigen gilt die beträchtliche Marktmacht eines Marktteilneh-mers im Sinne des gemeinschaftlichen sektorspezifischen Tele-kommunikationsrechts als gegeben, wenn er einen Anteil vonüber 25% an einem bestimmten Telekommunikationsmarkt indem geographischen Gebiet in einem Mitgliedstaat, in dem er zu-gelassen ist, besitzt („significant market power“, SMP; vgl. Art. 4Abs. 3 der Richtlinie 97/33/EG, ABl. EG Nr. L 199 vom26.07.1997, S. 32; Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 92/44/EWG, ABl.EG Nr. L 165 vom 19.06.1992, S. 27; Art. 2 Abs. 2i) der Richtlinie98/10/EG, ABl. EG Nr. L 101 vom 01.04.1998, S. 24). Im Geltungs-bereich dieser Richtlinien haben die zuständigen deutschen Be-hörden bereits bei dem darin vorgesehenen Marktanteil umfang-reiche Prüfungen aufzunehmen, da sie zur unmittelbaren Beach-tung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben verpflichtet sind.

Eckpunkt 3 (Marktabgrenzung bei erkennbarenwettbewerblichen Entwicklungen):Seit der vollständigen Liberalisierung des Telekommunikations-sektors zum 01.01.1998 ist eine dynamische Wirtschaftsbranchemit unterschiedlichen Angeboten entstanden, in der bereits deut-lich erkennbare wettbewerbliche Prozesse in Gang gesetzt wor-den sind.

In dem von der Regulierungsbehörde auf der Grundlage des TKGinitiierten Wettbewerbsprozess ist nicht auszuschließen, dass derverständige Verbraucher nunmehr immer mehr Produkte undDienstleistungen als austauschbar und damit zum gleichen Marktgehörig ansieht. Die bisherige Anknüpfung des sachlich relevan-ten Marktes an die seinerzeit vom Monopolunternehmen angebo-tenen Produkte und Dienstleistungen ist daher schrittweise aufzu-geben, soweit sich Wettbewerb zeigt, und in gleichem Umfangentsprechend der zu § 19 GWB entwickelten Rechtsanwendungs-praxis (Bedarfsmarktkonzept) durch eine nähere Untersuchungder sich differenzierenden Nachfragersicht zu ergänzen.

Begründung:Die Initiierung von Märkten, erfolgreicher Marktzutritt und sichbildender Wettbewerb als schrittweises und hinsichtlich einzelnerGüter quantitativ oder qualitativ sektoral unterschiedliches Ergeb-nis der bisherigen Deregulierung gemäß den Vorgaben des TKGhat bei der Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes insoferneinzufließen, als zu überprüfen ist, ob die Ausrichtung des sach-lich relevanten Marktes an den früher monopolistisch angebote-nen Gütern noch stimmt bzw. ob und inwieweit die inzwischentatsächlich zum Teil vorhandenen Angebots- und Nachfragestruk-turen nunmehr hinreichend berücksichtigt werden können. DieSicht verständiger Nachfrager und dementsprechend deren kon-kreter differenzierter Bedarf kann daher entsprechend der zu § 19GWB entwickelten Rechtsanwendungspraxis in die Abgrenzungvon Märkten einfließen (Bedarfsmarktkonzept, vgl. hierzu obenBegründung zu Eckpunkt 1).

Hierzu muss im Einzelfall eine eingehende Untersuchung derNachfrageseite – z.B. unter Beteiligung von objektiven Marktfor-schungsinstituten – erfolgen (vgl. auch Tz. 26 der Leitlinien der Eu-ropäischen Kommission für die Anwendung der EG-Wettbewerbs-regeln im Telekommunikationsbereich, ABl. EG Nr. C 233 vom06.09.1991, S. 2, 7). Im Rahmen einer solchen Untersuchung istinsbesondere zu fragen, ob der Endkunde Märkte räumlich undsachlich aufteilt oder etwa eine kompakte Dienstleistung nach-fragt, die ihm die Möglichkeit gibt, jederzeit ohne örtliche Bin-dung zu kommunizieren (vgl. hierzu auch Eckpunkt 5). Des Weite-ren ist hierbei zu untersuchen, ob im Rahmen der Bereitstellungvon Sprachtelefondienst aus Sicht des Endkunden die Märkte fürOrts- und Ferngespräche voneinander zu trennen sind oder eseinen einheitlichen Markt für die Bereitstellung von Sprachtele-fondienst gibt. Unter Zugrundlegung der aktuellen Daten der Ver-

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sorgung mit Mobiltelefonen könnten hierüber hinaus gegebenen-falls die Austauschbeziehungen zwischen Festnetz und Mobilfunkim Einzelnen zu analysieren sein. Insoweit ist zu fragen, ob die bis-herigen Differenzierungskriterien wie Preisunterschied, Qualitätund unterschiedlicher Nutzen (z.B. die Mobilität) weiterhin dieentscheidende Bedeutung haben. Des Weiteren käme wegen dermittlerweile eingetretenen technischen Entwicklungen, demPreisverfall sowie einer Verschiebung der Marktanteile bei denleistungsfähigeren Leitungen der - bisher normungsbedingte -Markt für die Überlassung von Mietleitungen für eine eingehendeUntersuchung der Entwicklung der Nachfragepräferenzen und ih-rer Auswirkung auf die Marktabgrenzung in Betracht (vgl. hierzuEckpunkt 1). Im Bereich der Zusammenschaltung öffentlicher Te-lekommunikationsnetze geht die Europäische Kommission in ih-rem sog. „Review 1999“ davon aus, dass durch die wettbewerb-liche Entwicklung drei differenzierte Märkte entstehen werden,nämlich bei Diensten für abgehende Anrufe (= Zuführung), bei derBereitstellung von Durchleitungskapazitäten und bei Diensten fürdie Anrufzustellung (=Terminierung) (Mitteilung der Kommission,Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kom-munikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste, Kommunika-tionsbericht 1999, KOM (1999) 539, S. 33).

Eckpunkt 4 (Gesamtmarkt Bundesrepublik Deutschland):Bei der Marktabgrenzung kann zur Zeit an das Gebiet der Bundes-republik Deutschland insgesamt angeknüpft werden, um im Wegeder ex ante-Regulierung funktionsfähigen Wettbewerb auf demGesamtmarkt der Bundesrepublik Deutschland zu initiieren, vgl.Art. 87f Abs. 1 GG, §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 und 3 TKG.

Begründung:Der Bund hat gemäß Art. 87f Abs. 1 GG im Bereich der Telekom-munikation im Wege der ex ante-Regulierung funktionsfähigenWettbewerb auf dem Gesamtmarkt der Bundesrepublik Deutsch-land zu initiieren und flächendeckend angemessene und ausrei-chende Dienstleistungen zu gewährleisten, vgl. auch § 1 TKG. DieRegulierungsbehörde hat daher bei der Marktabgrenzung zu be-rücksichtigen, dass die Gewährleistung des o.g. verfassungsrecht-lichen Auftrages möglicherweise nicht mehr sichergestellt ist,wenn in einzelnen Regionen keine Regulierung erfolgt. Hierüberhinaus stellt sich bei einer sektoralen oder regionalen Abgrenzungvon Märkten, z.B. für die Bereitstellung von Sprachtelefondienst ineinzelne Staaten, die Frage, ob und inwieweit derartige LeistungenAuswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen in der Telekom-munikation in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt haben.Die in einigen Regionen oder für bestimmte Leistungen möglicher-weise bereits entstandene plurale wettbewerbliche Anbieter- undNachfragerstruktur könnte nur auf reinen „Nadelstichen“ beru-hen, denen der (bundesweit tätige) ehemalige Monopolist ausge-setzt ist, die jedoch seine Marktmacht insgesamt langfristig nichtbeeinträchtigen (vgl. Eckpunkt 7).

Insoweit erscheint es eher wahrscheinlich, dass eine Vielzahl vonNachfragern nicht ausschließlich die Bereitstellung von Sprachte-lefondienst in bestimmte Regionen oder für den jeweiligen Wohn-ort verlangt. Vielmehr will der Kunde zu jeder Zeit mit jedemdenkbaren Partner an irgendeinem Ort auf der Welt kommunizie-ren können und er will umgekehrt von jedem denkbaren Partnervon jedem Ort der Welt aus erreichbar sein.

Vgl. zu den mit einer engen Marktabgrenzung verbundenen regu-latorischen Fragen im Übrigen auch Eckpunkt 5 sowie Eckpunkte9 und 10.

Eckpunkt 5 (Regulatorische Auswirkungen einer engenMarktabgrenzung):Grundsätzlich gilt, dass je enger Märkte abgegrenzt werden, diesedesto eher und länger beherrscht werden. Enge sachliche wieräumliche Marktabgrenzungen gefährden daher das vom TKGvorgegebene Ziel, möglichst rasch funktionsfähigen Wettbewerbdurch Regulierung zu erreichen und damit die Voraussetzungenfür deren Rücknahme zu schaffen. Einer weiten Marktabgrenzungist deshalb unter Berücksichtigung der Nachfragepräferenzengrundsätzlich der Vorzug zu geben.

Begründung:Bei der Marktabgrenzung durch die Regulierungsbehörde bleibtmöglichst differenziert insbesondere nach den regulatorischenFolgen sehr eng abgegrenzter Märkte zu fragen, auf denen die ent-sprechend wenigen Anbieter unter verhältnismäßig geringen Vo-raussetzungen marktbeherrschend wären, im Übrigen auch mitder Folge, dass die Regulierungsintensität im Telekommunikati-onssektor insgesamt wegen der steigenden Anzahl marktbeherr-schender (und demzufolge der Regulierung unterliegender) Unter-nehmen, nicht zuletzt auch gegenüber der DT AG, zunimmt. Dieinsoweit entscheidende Frage ist, ob die eintretenden Folgen ins-besondere mit den Zielen des TKG, durch Regulierung chancen-gleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs sicherzustellen, ver-einbar sind (vgl. insoweit auch die Begründung des Eckpunktes 7).

Hierüber hinaus dürfte gegen eine enge Marktabgrenzung, z.B. fürdie Übermittlung von Ferngesprächen ins Ausland entsprechenddem jeweiligen Zielstaat, sprechen, dass der Bedarf der insoweitmaßgeblichen Marktgegenseite nicht nur darin bestehen dürfte,möglicherweise nur in bestimmte Staaten zu telefonieren, sondernebenfalls darin, gegebenenfalls in sämtliche Staaten zu telefonie-ren und aus sämtlichen Staaten erreichbar zu sein (vgl. oben Eck-punkt 4). Eine enge Marktabgrenzung durch die Regulierungsbe-hörde würde daher Produktstrukturen vorgeben, die dem mittel-und langfristigen Nachfrageverhalten nicht entsprechen (vgl. auchEckpunkte 9 und 10).

Eckpunkt 6 (Feststellung einer marktbeherrschendenStellung bei erkennbaren wettbewerblichenEntwicklungen):Soweit seit der vollständigen Liberalisierung des Telekommunika-tionssektors zum 01.01.1998 wettbewerbliche Prozesse erkenn-bar sind, können bei der Feststellung einer marktbeherrschendenStellung über den Marktanteil eines Unternehmens hinaus zuneh-mend dynamische Kriterien berücksichtigt werden. Hierbei han-delt es sich insbesondere um potenziellen Wettbewerb, Änderun-gen von Marktzutrittsbarrieren, Zugang zu den Beschaffungsmärk-ten und den technischen Fortschritt sowie die ständiger Verände-rung unterliegende Struktur der Wettbewerber (Beteiligungser-werb, Allianzen für einzelne unternehmerische Strategien, z.B.bei UMTS).

Insoweit ist eine Gesamtbetrachtung aller maßgebenden Umständeerforderlich. Hierbei sind insbesondere die auf dem relevantenMarkt herrschenden Wettbewerbsverhältnisse zu berücksichtigen.Diesbezüglich kann trotz Annahme verschiedener Märkte im Ein-zelfall auch von anderen Märkten ein wettbewerblicher Einfluss aus-gehen. Dies gilt insbesondere auch für ausländische Märkte, derenEinfluss auf das Bestehen marktbeherrschender Stellungen im Inlandseit der Sechsten Novelle des GWB von 1999 in § 19 Abs. 2 Nr. 2GWB ausdrücklich anerkannt ist (vgl. auch Teil B.II).

Begründung:Die o.g. Auslegung entspricht der ständigen Praxis im allgemeinenKartellrecht zu § 19 GWB. Hiernach ist ein Unternehmen markt-beherrschend, wenn und soweit es über einen vom Wettbewerbnicht hinreichend kontrollierten Verhaltensspielraum verfügt (vgl.nur RegBegr. zur 2. GWB-Novelle, BT-Drs. VI/2520, S. 21 ff.; 5.Hauptgutachten der Monopolkommission, BT-Drs. 10/1791, Tz.149, 806; vgl. zur Berücksichtigung des tatsächlichen oder poten-ziellen Wettbewerbs durch innerhalb oder außerhalb des Gel-tungsbereichs des GWB ansässige Unternehmen nur die RegBegr.zur 6. GWB-Novelle, BT-Drs. 13/9720, S. 36 sowie das dritteHauptgutachten der Monopolkommission, BT-Drs. 8/4404, Tz.575 ff., 606 ff., 617 ff.).

Wenn und insoweit in einigen Bereichen Wettbewerb entsteht, ge-winnen zunehmend die weiteren in § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB bei-spielhaft aufgezählten Kriterien an wettbewerblicher Relevanz.Die insoweit insbesondere zu berücksichtigenden Kriterien sindder Marktanteil eines Unternehmens, seine Finanzkraft, sein Zu-gang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, Verflechtungenmit anderen Unternehmen, rechtliche oder tatsächliche Schran-ken für den Marktzutritt anderer Unternehmen, der tatsächliche

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oder potenzielle Wettbewerb durch innerhalb oder außerhalb desGeltungsbereichs des GWB ansässige Unternehmen, die Fähig-keit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren odergewerbliche Leistungen umzustellen, sowie die Möglichkeit derNachfrager, auf andere Unternehmen auszuweichen (vgl. zur Aus-legung das fünfte Hauptgutachten der Monopolkommission, BT-Drs. 10/1791, Tz. 139 ff., 667 ff., 777 ff.).

Die Berücksichtigung des Einflusses anderer Märkte auf ein Unter-nehmen, aber auch der Marktstärke eines Unternehmens auf an-deren Märkten, ist im Telekommunikationsbereich insbesonderedeshalb angezeigt, weil die Erbringung von Telekommunikations-dienstleistungen grundsätzlich netzgebunden ist und der ehemali-ge Monopolist bundesweit vertikal integriert ist (vgl. hierzu bereitsoben zu Eckpunkt 2). Diesbezüglich sind insbesondere die sog.Vorleistungsmärkte relevant.

Eckpunkt 7 (Regulatorische Auswirkungen„wettbewerblicher Nadelstiche“ auf einemarktbeherrschende Stellung):Ob auf bestimmten Märkten chancengleicher und funktionsfähi-ger Wettbewerb besteht, kann grundsätzlich nur langfristig festge-stellt werden. Soweit in einigen Bereichen oder Teilmärkten (insachlicher und/oder räumlicher Hinsicht) aufkeimender Wettbe-werb festgestellt werden kann, könnte es sich daher unter Berück-sichtigung der Marktstellung des (ehemaligen) Monopolisten imTelekommunikationsbereich in Deutschland insgesamt nur um„wettbewerbliche Nadelstiche“ handeln, die einen sich selbst tra-genden, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbnicht auf Dauer sicherstellen. Dies gilt insbesondere auch wegender technischen Besonderheiten der Telekommunikation als Bran-che, die durch dynamische Innovationsprozesse geprägt ist (Stich-worte „UMTS/IMT-2000“, „Konvergenz“). In diesem Fall könnteder entstandene Wettbewerb seine Funktionsfähigkeit temporärwieder verlieren. Eine verfrühte Rückführung des Regulierungs-rahmens wäre im Rahmen eines solchen Szenarios zur Erreichungder Regulierungsziele des §§ 1, 2 Abs. 2 TKG langfristig ungeeig-net und hierüber hinaus kontraproduktiv, da sie zu dem (Wieder-)Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung führen könnte.

Von der Regulierungsbehörde sind daher geeignete Maßnahmenzu erwägen, die eine Rückkehr in die bisherige Regulierung desbetreffenden Marktes durch die Regulierungsbehörde bei aufkom-mender erneuter marktbeherrschender Stellung ermöglichen.

Begründung:Die Schlussfolgerung, dass die DT AG auf ggf. eigenständigenMärkten oder Teilmärkten nicht (mehr) marktbeherrschend ist unddemzufolge die Änderung des bisherigen Regulierungsrahmens indiesen Bereichen, könnte dazu führen, dass der aufkeimendeWettbewerb durch das weiterhin bestehende Potenzial des (ehe-maligen) Monopolisten insgesamt wieder abnimmt. In diesem Fallwar der bereits entstandene Wettbewerb nur regulierungsbedingtund (noch) nicht sich selbsttragend. Langfristig wäre daher eineÄnderung des Regulierungsrahmens zur Erreichung der Regulie-rungsziele der §§ 1, 2 Abs. 2 TKG ungeeignet und hierüber hinaussogar kontraproduktiv. Bei der künftigen Regulierung hat die Re-gulierungsbehörde hierüber hinaus zu berücksichtigen, dass dieentsprechenden Folgen einer Änderung des Regulierungsrahmensfür den Wettbewerb und die flächendeckende Gewährleistung an-gemessener und ausreichender Dienstleistungen weder durcheine ggf. sektorspezifische ex post-Regulierung noch durch dieAnwendung des allgemeinen Kartellrechtes ohne weiteres voll-ständig wieder rückgängig zu machen wären.

Ob auf bestimmten Märkten chancengleicher und funktionsfähi-ger Wettbewerb besteht, kann grundsätzlich nur langfristig festge-stellt werden. Sofern daher die Regulierungsbehörde Märkte, aufdenen wesentlicher Wettbewerb zu herrschen scheint, nicht mehrwie bisher reguliert, könnte sie sich beispielsweise im Wege einereinstweiligen Anordnung oder einer zeitlich befristeten Entschei-dung vorbehalten, die Marktverhältnisse nach einer bestimmtenZeit ein weiteres Mal zu überprüfen. Angesichts der feststellbarenWettbewerbsintensität für die Bereitstellung von Sprachtelefon-

dienst auf der Fernverkehrsebene könnte insoweit erwogen wer-den, die ex ante-Regulierung auf diesen Märkten zumindest zeit-weilig zurückzufahren.

Teil B. Kriterien und Methoden zurKonkretisierung der sachlichen undräumlichen Marktabgrenzung und zur Prüfungmarktbeherrschender Stellungen imTelekommunikationsbereichIn dem in Frage stehenden Zeitraum sind in den Bereichen Sprach-telefondienst, Mietleitungen sowie bei Vorleistungen, wie zumBeispiel Zusammenschaltungen, Marktabgrenzungen und Prüfun-gen marktbeherrschender Stellungen zu erwarten, die eine beson-dere Bedeutung für die weitere Entwicklung des Telekommunika-tionssektors haben dürften. Im Teilnehmeranschlussbereich isttrotz neuer Technologien (WLL, Ausbau von Kabelverteilnetzen,Powerline) kurz- bis mittelfristig mit keinen signifikanten Ände-rungen zu rechnen. Des Weiteren wird außerhalb der Bearbeitungformeller Feststellungsanträge zu untersuchen sein, ob und inwie-weit zwischen unterschiedlichen Dienstleistungsbereichen (Mo-bilfunk und Festnetz) wesentliche Substitutionsbeziehungen ent-stehen. Wesentlich ist auch, dass in zunehmendem Maße das Auf-treten internationaler finanzstarker Konzerne und deren Auswir-kungen auf die Marktabgrenzung und die Prüfung der Marktbe-herrschung zu berücksichtigen sind.

Die Anwendbarkeit der in diesen Eckpunkten enthaltenen Regelnist vom konkreten Einzelfall abhängig und nicht durchgängig in al-len denkbaren Fällen möglich; auf Grund der jeweiligen Gege-benheiten kann auch eine abweichende rechtliche Vorgehenswei-se geboten sein.

Im Folgenden wird daher im Wesentlichen auf gängige Methodender Marktabgrenzung und Marktbeherrschung eingegangen; so-weit möglich werden konkrete Schlussfolgerungen gezogen.

I. Marktabgrenzung im Einzelnen

Eckpunkt 8 (Sachliche Marktabgrenzung – Methoden)Bei der Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes steht dieSicht des verständigen Verbrauchers im Sinne des Bedarfsmarkt-konzeptes im Vordergrund. Diese Sichtweise – nämlich die desNachfragers – ist auch von der EU für den Bereich der Telekommu-nikation in Grundzügen bereits in den Leitlinien für die Anwen-dung der EG-Wettbewerbsregeln im Telekommunikationsbereichveröffentlicht worden (91/C 233/02, Amtsblatt vom 06.09.91).

Eine Konkretisierung dieser Sichtweise erfolgte durch die Bekannt-machung der Kommission über die Definition des relevantenMarktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (97/C372/03, Amtsblatt vom 09.12.97). Danach gehören zum sachlichrelevanten Markt alle Waren oder Dienstleistungen, die sich nachEigenschaft, Preisen und Verwendungszweck so nahe stehen, dassder verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines be-stimmten Bedarfs geeignet und als gegeneinander austauschbaransieht. Dort ist weiterhin ausgeführt, dass bei der Bestimmungdes relevanten Marktes die Nachfragesubstituierbarkeit die unmit-telbarste und wirksamste Wettbewerbskraft darstellt. Allerdings istauch die Angebotssubstituierbarkeit – auch wenn diese wenigerunmittelbar wirksam ist – bei der Bestimmung des relevantenMarktes zu betrachten (vgl. auch Teil A, Eckpunkt 1).

Eine denkbare Möglichkeit zur Bestimmung des sachlich relevan-ten Marktes besteht darin, zur Bestimmung der Substituierbarkeitvon Produkten die Reaktion der Konsumenten auf eine hypotheti-sche Erhöhung der Marktpreise für bestimmte Produkte zu unter-suchen. Die hierbei gemäß der oben genannten Bekanntmachungzu beantwortende Frage lautet, ob die Nachfrager als Reaktion aufeine angenommene kleine, bleibende Erhöhung der Preise (im Be-reich zwischen fünf und zehn Prozent; hierbei handelt es sich umeinen empirischen Erfahrungswert) für die betreffenden Produkteauf leicht verfügbare Substitute ausweichen würden. Ist die Substi-

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tution so groß, dass durch den damit einhergehenden Absatzrück-gang eine Preiserhöhung nicht mehr einträglich wäre, so werden inden sachlich relevanten Markt solange weitere Produkte einbezo-gen, bis kleine, dauerhafte Erhöhungen der Preise einen Gewinneinbrächten (sogenannter Hypothetischer Monopolistentest).

Der Vergleich der vorher genannten Konzepte ergibt, dass das Be-darfsmarktkonzept das Nachfragerverhalten berücksichtigt, deroben beschriebene Test hingegen neben dem Nachfragerverhal-ten auch das Anbieterverhalten, so dass Aspekte des Bedarfsmarkt-konzeptes insoweit in den Hypothetischen Monopolistentest ein-fließen, als hier – wie bereits ausgeführt – Angebots- und Nachfra-geseite in engem Zusammenhang untersucht werden.

Bei der sachlichen Marktabgrenzung ist zu beachten, dass es ineinem sachlich relevanten Markt in der Regel keine signifikant un-terschiedlichen Wettbewerbsbedingungen geben kann.

Begründung:Vor dem Hintergrund der rasanten technologischen Entwicklung imTelekommunikationsbereich ist ständig zu prüfen, inwieweit Verän-derungen des Nachfragerverhaltens auftreten. Deshalb sind auch In-formationen und Daten der betroffenen Unternehmen bzw. ihrerVerbände sowie von Verbrauchern notwendig, um das Nachfrager-verhalten einschätzen zu können. Hierbei können z.B. Marketing-studien von Unternehmen, Erhebungen über Verhalten und Einstel-lungen der Verbraucher, Angaben zum Käuferverhalten, von Unter-nehmen geäußerte Meinungen und generell Untersuchungen durchMarktforschungsinstitute in Frage kommen. Bei den vorgenanntenMöglichkeiten sollte darauf geachtet werden, welche Erhebungsme-thode im konkreten Fall jeweils angemessen erscheint.

Nach dem Stand der Wissenschaft gibt es eine Vielzahl methodi-scher Ansätze für die Marktabgrenzung. Von diesen tritt das ur-sprünglich für Zwecke der Fusionskontrolle entwickelte oben ge-nannte Verfahren der Europäischen Kommission zunehmendauch in Hinblick auf die Abgrenzung sachlich (und räumlich) rele-vanter Märkte außerhalb derartiger Kontrollverfahren in den Vor-dergrund. Im Übrigen gilt dieses Verfahren auch in den USA als ge-eignetes Mittel zur Marktabgrenzung (vgl. Merger Guidelines desamerikanischen Justizministeriums und der Federal Trade Com-mission). Zum Zwecke der Marktabgrenzung ist neben dem obengenannten Bedarfsmarktkonzept und dem Hypothetischen Mono-polistentest auch die Bestimmung mittels Kreuzpreiselastizitätender Nachfrage sowie die Untersuchung der Gleichartigkeit derPreisentwicklung im Laufe der Zeit zu nennen.

Bezüglich des in diesem Eckpunkt beschriebenen Tests ist eher kri-tisch zu beurteilen, dass etwa bei Monopolpreisen das Ausgangs-niveau ersetzt werden muss durch regulierte Entgelte bzw. unter-stellte Wettbewerbspreise. Ferner wird seine Praktikabilität durchhohe Anforderungen an die zu beschaffenden Informationen er-schwert. Positiv ist hervorzuheben, dass der angeführte Test dieje-nigen Punkte explizit darstellt, die die Marktmacht auf einemMarkt effektiv einschränken können, nämlich Nachfrage- und An-gebotssubstituierbarkeit sowie potenzieller Wettbewerb.

Beim Vergleich mit anderen Methoden wird des Weiteren auf fol-gende Vorteile gegenüber den alternativen Verfahren hingewiesen:Positive Kreuz-Preiselastizitäten zeigten zwar Substitutionsbezie-hungen der Nachfrage an, wie groß aber eine Kreuz-Preiselastizitätsein müsse, damit man von einem gemeinsamen Markt sprechenkönne, bleibe unklar. Soweit sich die Anwendung des Bedarfsmarkt-konzeptes auf Substitutionseffekte für den verständigen Verbraucherbeschränke, werde hierbei die Angebotsseite vernachlässigt. Bei derBestimmung des relevanten Marktes gehe es aber gerade darum, in-wieweit Anbieter miteinander in direkter Konkurrenz stünden. Dievon der Kommission vorgeschlagene Methode sei anderen deshalbüberlegen, weil sie in sinnvoller Weise die direkten und Kreuz-Preis-elastizitäten verbinde und es erlaube, Angebotselastizitäten außen-stehender Anbieter einzubeziehen.

Eckpunkt 9 (Sortimentsgedanke bei der sachlichenMarktabgrenzung)Im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung kann als Markt aucheine Gesamtheit von einzelnen Waren oder Leistungen in Betracht

kommen, die einzelne durchaus unterschiedliche Bedarfszweckeerfüllen. Bei Verbundangeboten mit unterschiedlichen Produktenbildet die Gesamtheit von Waren oder Leistungen dann einen ei-genständigen Markt, wenn die Gesamtheit als solche von den Ab-nehmern tatsächlich nachgefragt wird. Es ist im Einzelfall sogardenkbar, dass ein und dieselbe Ware bzw. Leistung bei verschiede-nen Anwendungsmöglichkeiten oder unterschiedlichen Abneh-mergruppen zugleich mehreren Märkten angehört. Es kann derFall auftreten, dass neben den Märkten für einzelne Dienste ge-bündelte Dienste einen eigenen Markt bilden (Sortimentsgedan-ke). Hier ist in der Telekommunikation z.B. der Bereich desSprachtelefondienstes zu nennen. So könnten Orts-, Fern- undAuslandsverbindungen zu einem Markt zusammengefasst wer-den, wenn die Nachfrager bei der Auswahl ihrer Verbindungsleis-tungen bewusst keine Unterscheidung treffen (vgl. auch Teil A Eck-punkte 4 und 5). In diesem Zusammenhang ist darüber hinausdenkbar, dass in Zukunft neben Sprachtelefon-, auch Internet- undsonstige Multimediadienstleistungen im Rahmen von Komplettan-geboten nachgefragt werden.

Begründung:Bei der Einbeziehung des Sortimentsgedankens ergeben sich meh-rere Konstellationen:

Zum Ersten kann es ganz eindeutig nur einen Markt für einzelneDienste geben, in einem solchen Fall besteht kein sachlicherMarkt für ein Sortiment. Zum Zweiten kann es eindeutig nur einenMarkt für Sortimente geben, dann bestehen keine Märkte für dieEinzelleistungen. Zum Dritten kann es eindeutig getrennte Märktefür einzelne Dienste und für Sortimente geben, mit der Folge, dasseinzelne Dienstleistungen sowohl den Märkten für einzelneDienste als auch dem Sortimentsmarkt angehören. Für die Zuord-nung zu mehreren Märkten ist aber erforderlich, dass einheitlicheMarktstrategien nicht möglich sind, sondern dass der Anbieter hin-sichtlich der verschiedenen Verwendungszwecke differenzierteAbsatzstrategien verfolgt, wobei der Zugangsteil der Telekommu-nikationsnetze generell Optionen für eine Bündelung des Leis-tungsangebotes eröffnet. Hinzuweisen ist in diesem Zusammen-hang auch darauf, dass auf Anbieterseite sich bestimmte Unter-nehmen einerseits auf das Angebot einzelner Dienstleistungenund andererseits auf das Angebot von Leistungsbündeln konzen-trieren. Inwiefern zum Beispiel die in diesem Eckpunkt genanntenSichtweisen zutreffend erscheinen, könnte u.a. mit Hilfe von Ver-braucherbefragungen untersucht werden.

Eckpunkt 10 (Räumliche Marktabgrenzung)Auch bei der Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes stehtdie Sicht des verständigen Verbrauchers im Sinne des Bedarfs-marktkonzeptes im Vordergrund. Gemäß der oben genannten Be-kanntmachung stellt der bei der sachlichen Marktabgrenzung be-schriebene Hypothetische Monopolistentest eine Methode dar,auch den räumlich relevanten Markt zu bestimmen (vgl. auch TeilA Eckpunkte 4 und 5).

Grundsätzlich ist bei der Bestimmung des räumlich relevantenMarktes vom Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszuge-hen. Kleinere, insbesondere regionale oder örtliche Märkte kön-nen – außer in anderen, hier nicht zu beschreibenden Fällen – imTelekommunikationsbereich etwa dann in Betracht kommen,wenn signifikant unterschiedliche Wettbewerbsbedingungenherrschen (vgl. auch Teil A Eckpunkt 4).

Begründung:Wie bei der sachlichen Marktabgrenzung geht es bei der räum-lichen Marktabgrenzung darum, die wettbewerblichen Beschrän-kungen zu erwägen, denen ein hypothetischer Monopolist beimAngebot von Telekommunikationsdienstleistungen ausgesetzt wä-re. Es ist das Gebiet zu identifizieren, innerhalb dessen Nachfrage-und/oder Angebotssubstitution wirksam wäre.

Es ist demnach zu überlegen, ob ein Nachfrager wechseln kann,indem er die Dienstleistungen außerhalb des betreffenden Gebietsin Anspruch nimmt, das als Ausgangspunkt für das Angebot desoben genannten Monopolisten angenommen wird. Weiterhinmuss gefragt werden, ob eine Preiserhöhung mit hoher Wahr-

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scheinlichkeit andere Anbieter außerhalb des Ausgangsgebietsdazu veranlasst, ihr Angebot auch innerhalb des betreffenden Ge-biets aufzunehmen. Wenn eine oder beide dieser Voraussetzun-gen erfüllt sind, muss das zum Ausgangspunkt gewählte Gebietvergrößert werden. Dieser Prozess ist so lange fortzuführen, biszum Beispiel der Nachfrager nicht mehr ausweichen kann und deroben genannte Monopolist in dem betreffenden geographischenMarkt eine kleine nicht vorübergehende Preiserhöhung profitabelaufrechterhalten könnte.

Der räumlich relevante Markt geht nicht über das Gebiet der Bun-desrepublik Deutschland hinaus, weil es Zweck des TKG und desGWB ist, den Wettbewerb auf dem inländischen Markt zu fördernund – wo bereits entstanden – zu schützen. Gleichwohl könnenWettbewerbseinflüsse, die vom Ausland her auf den inländischenMarkt einwirken, bei der Feststellung der Marktbeherrschung zuberücksichtigen sein. Hierfür sprechen auch praktische Gründe.Die Ermittlungsbefugnisse der Regulierungsbehörde im Auslandsind eng begrenzt, so dass die Ermittlung der maßgeblichen Tatsa-chen in vielen Fällen nicht möglich wäre. Die Annahme grenz-überschreitender Märkte würde dem TKG deshalb in vielen Fällendie praktische Wirksamkeit nehmen.

II. Prüfung der Marktbeherrschung im EinzelnenIm Rahmen der Prüfung der Marktbeherrschung ist eine Gesamt-schau aller maßgeblichen Umstände erforderlich. Die Prüfungkann sich nicht auf das Vorliegen einzelner Kriterien beschränken(§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB zählt als Kriterien für eine überragendeMarktstellung auf: Marktanteil, Finanzkraft, Zugang zu den Be-schaffungs- oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Un-ternehmen, rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Markt-zutritt anderer Unternehmen, den tatsächlichen oder potenziellenWettbewerb durch innerhalb oder außerhalb des Geltungsbe-reichs des Gesetzes ansässige Unternehmen, die Fähigkeit, Ange-bot oder Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistun-gen umzustellen, die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andereUnternehmen auszuweichen). Diese sind vielmehr zueinander inBezug zu setzen. Die in § 19 GWB erwähnten Kriterien müssennicht kumulativ vorliegen. Für die Annahme einer marktbeherr-schenden Stellung kann es ausreichen, wenn nur ein einzigesMerkmal (im Verhältnis zu den Wettbewerbern) im überragendemAusmaß vorhanden ist und die Marktstellung des Unternehmensentscheidend prägt. Allerdings kann eine marktbeherrschendeStellung auch aus einer Reihe von Merkmalen folgen, die zwarnicht isoliert, wohl aber in ihrer Gesamtheit eine derartige Annah-me rechtfertigen. Im Folgenden wird auf diejenigen Kriterien ein-gegangen, die aus Sicht der Regulierungsbehörde in den bisheri-gen und vermutlich auch künftigen Verfahren eine besonders be-deutende Rolle gespielt haben beziehungsweise spielen werden(vgl. auch Teil A, Eckpunkt 6).

Eckpunkt 11 (Bedeutung von Marktanteilen bei derPrüfung marktbeherrschender Stellungen)Neben der absoluten Höhe von Marktanteilen geben im Telekom-munikationsbereich insbesondere Marktanteilsabstände, die Ver-teilung der Marktanteile sowie deren Entwicklung wichtige An-haltspunkte für das Vorliegen oder das Fehlen marktbeherrschen-der Stellungen.

Begründung:Der Marktanteilsabstand und die Verteilung der Marktanteile ge-ben an sich über die Fähigkeit der Wettbewerber Aufschluss, derMarktgegenseite Ausweichmöglichkeiten anzubieten, sollte derMarktführer seine Verhaltensspielräume in wettbewerbsbeschrän-kender Weise ausnutzen. Sollte der Marktanteilsabstand zumnächsten Wettbewerber signifikant ausfallen und die Marktanteileder übrigen Wettbewerber zersplittert sein, so wäre dies Anlass,die Gründe für eine solche Konstellation zu hinterfragen. Eine der-artige Konstellation könnte z.B. auf einen wettbewerbsbeschrän-kenden Verhaltensspielraum des Markt(anteils)führers hinweisen.Im besonderen Fall des Telekommunikationssektors könnte dieseTatsache aber auch historisch bedingt sein. Hier bedarf es einereingehenden Prüfung.

Absoluter Marktanteil und Marktanteilsabstand stehen darüber hi-naus in einer Wechselbeziehung. Dem Marktanteilsvorsprungkommt bei relativ geringen absoluten Marktanteilen eine mög-licherweise sehr erhebliche Indizwirkung zu. Gerade im Fall einesabsolut niedrigen Marktanteils wird besonders eingehend zu prü-fen sein, ob der Marktanteilsvorsprung – unter Berücksichtigunganderer Strukturkriterien – so gefestigt ist, dass von einem wettbe-werblich nicht mehr hinreichend kontrollierten Verhaltensspiel-raum ausgegangen werden kann.

Die Entwicklung der Marktanteile über mehrere Perioden kannebenfalls einen Hinweis auf das Bestehen oder Nicht-Besteheneiner überragenden Marktstellung geben. Wettbewerb ist ein dy-namischer Prozess von Vorstößen einzelner und dem Aufholenanderer Unternehmen. Auf einem durch Wettbewerb gekenn-zeichneten Markt kommt es in der Regel zu Marktanteilsschwan-kungen im Zeitablauf. Im Telekommunikationssektor ist jedoch zubeachten, dass auf Grund der ehemals monopolistischen Märkteeine derartige Betrachtung im Zeitablauf von begrenzter Aussage-kraft ist. An sich ist ein dauerhaft hoher Marktanteil ein Anhalts-punkt für einen unkontrollierten Verhaltensspielraum. Marktan-teilsschwankungen – verbunden mit wechselnder Marktführer-schaft – oder anhaltend starke Marktanteilsverluste können dage-gen sprechen. Eine zeitliche Entwicklung der Marktanteile im Te-lekommunikationssektor über mehrere Jahre ist nur beschränktbeobachtbar. Hilfsweise kann eine Betrachtung der Marktanteils-entwicklung auf der Basis kürzerer Zeiträume (z.B. Quartale) he-rangezogen werden. Generell hat die Betrachtung der Marktan-teilsentwicklung gegenüber einer Momentaufnahme den Vorteil,dass sie mögliche Entwicklungen der Marktstellungen der Markt-teilnehmer aufdeckt.

Bei der Betrachtung der Marktanteile im Zeitablauf sind die mög-lichen Ursachen für die Marktanteilsentwicklung zu berücksichti-gen. Häufig lassen sich hieraus grundsätzliche Rückschlüsse aufdie Angreifbarkeit der Marktstellung des betroffenen Unterneh-mens herleiten. So lassen Marktanteilsverluste bei starkem Preis-wettbewerb Marktbeherrschung unwahrscheinlich werden. Imvorliegenden Fall muss in diesem Zusammenhang allerdings be-rücksichtigt werden, dass sich der Telekommunikationssektor erstseit drei Jahren vollständig in der Liberalisierungsphase befindet.Diese Tatsache wirkt sich vor allem einschränkend auf die Aussa-gekraft von Marktanteilsverlusten aus und sollte bei der wertendenBetrachtung dieser Verluste einbezogen werden. In diesem Zu-sammenhang ist auch zu berücksichtigen, inwieweit das marktbe-herrschende Unternehmen durch seine Preispolitik seinen Markt-anteil beeinflusst.

Leichte Schwankungen oder Verluste beim Marktanteil in der Ver-gangenheit stehen einer Marktbeherrschung in der Regel jedochnicht entgegen. Konnte der Marktführer seine Marktanteile imZeitablauf konstant halten oder sogar ausbauen, so ist dieses in derRegel ein Indiz für die Unangreifbarkeit seiner Marktposition.

Eckpunkt 12 (Bedeutung der Finanzkraft bei der Prüfungmarktbeherrschender Stellungen)Ein weiterer Faktor, der zunehmend aufgrund der generell zu be-obachtenden Globalisierungstendenzen in den Vordergrundrückt, ist die Finanzkraft des betrachteten Unternehmens und dersonstigen auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmen. Eineüberlegene Finanzkraft kann einem Unternehmen Verhaltens-spielräume – insbesondere bei den Wettbewerbsparametern Preis,Qualität, Investitionen, Forschung und Werbung – verschaffen.Außerdem können ein umfassendes Sortiment oder branchen-und marktspezifische, insbesondere technologische Ressourcensolche Vorteile ausmachen. Gerade im Telekommunikationssek-tor können derartige Überlegenheiten bei den Ressourcen ein In-diz für eine überragende Marktstellung sein, wenn sie die Ausweich-möglichkeiten der Nachfrager begrenzen und bei den Wettbewer-bern Entmutigungs- und Abschreckungseffekte hervorrufen. Gege-benenfalls wird ein Gewinntransfer und Verlustausgleich (Quersub-ventionierung) über verschiedene Märkte hinweg möglich. Wirkun-gen dieser Art zeigen sich darin, dass aktuelle Wettbewerber vomaktiven Parametereinsatz und potenzielle Wettbewerber vomMarkteintritt absehen. Im Rahmen der Finanzkraft wird im Telekom-

24 MMR Beilage 7/2002 Eckpunkte

munikationsbereich zunehmend zu fragen sein, inwieweit inter-nationale Konzerne bereit sind, aus dem Ausland stammende fi-nanzielle Ressourcen auch auf dem deutschen Markt einzusetzen.

Begründung:Weltweit kommt es immer häufiger auch im Bereich des Telekom-munikationssektors zu Zusammenschlüssen von Unternehmenund damit zur Bildung global tätiger Konzerne (sogenannter glo-bal player). Es ist festzustellen, dass diese Konzerne auch inDeutschland erhebliche Investitionen tätigen und somit auch übereine bedeutende Finanzkraft verfügen könnten. Dies ist im Einzel-fall sorgfältig zu untersuchen.

Zur Bemessung der Finanzkraft kann eine Vielzahl von Kriterien,wie zum Beispiel Umsätze, Cash-Flow, Gewinne, liquide Mittel,Jahresüberschuss oder der Zugang zu nationalen und internatio-nalen Kapitalmärkten verwendet werden. Dabei sind Umsätze imHinblick auf den Umfang der für Finanzverschiebungen innerhalbeines Unternehmens zur Verfügung stehenden Mittel – für sich ge-nommen – nur eingeschränkt aussagekräftig und insofern kaumein geeignetes Indiz für die tatsächliche Finanzkraft eines Unter-nehmens. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Nettozu-fluss finanzieller Mittel am besten aus der Eigenfinanzierungskrafteines Unternehmens, gemessen am „Cash-Flow“, zu ermitteln.Neben dem Cash-Flow können die Möglichkeit der Fremdfinan-zierung unter Einbeziehung der verbundenen Unternehmen, diein der Bilanz ausgewiesenen liquiden Mittel oder die in der Ver-gangenheit getätigten Investitionen weitere Indikatoren für die Fi-nanzkraft eines Unternehmens darstellen.

Im Telekommunikationssektor wären insbesondere die Möglich-keiten innovativer börsennotierter Unternehmungen zu untersu-chen, über die Kapitalmärkte rasch Zugang zu benötigten finanzi-ellen Ressourcen zu erlangen. Dieses Argument ist jedoch im Hin-blick auf die teilweise oft stürmischen Kursentwicklungen vonTechnologieaktien gegebenenfalls zu relativieren.

Darüber hinaus spielen im Telekommunikationsbereich die durchdie Finanzkraft eines Unternehmens hervorgerufenen Entmuti-gungs- und Abschreckungseffekte eine besondere Rolle. Die Ver-fügbarkeit von freien Kapazitäten, insbesondere auf der Vorleis-tungsebene (Netze), zur kurzfristigen Erhöhung des Angebotsdurch das finanzkräftige Unternehmen, sowie die Fähigkeit derKonkurrenten, erfolgversprechend mit nicht finanzkraftabhängi-gen Parametern reagieren zu können, geben hierüber Aufschluss.Ferner sind Marktzutrittsschranken und die jeweilige Marktphasevon Bedeutung für einen möglichen und erfolgversprechendenEinsatz von Verdrängungs- und Disziplinierungsstrategien. Der fi-nanzielle Rückhalt eines Unternehmens ist in diesem Zusammen-hang auf Grund der hohen Anforderungen an Forschung und Ent-wicklung wichtig. Hohe Marketingaufwendungen können eben-falls maßgeblich sein.

Das Vorhandensein anderer finanzkräftiger Wettbewerber kanndie Annahme einer überragenden Marktstellung eines Unterneh-mens ausschließen. Bei der Anwendung von Verdrängungsstrate-gien kann sich das Vorhandensein weiterer finanzkräftiger Wett-bewerber zugunsten kleinerer Anbieter wie eine Art Schutzschildauswirken, da oftmals in solchen Fällen die Strategie der Verdrän-gung auf Dauer nicht erfolgversprechend ist. In dem forschungs-und entwicklungsintensiven Telekommunikationssektor könnenqualifizierte personelle Ressourcen oder ein erhebliches Innovati-onspotential neben der Finanzkraft zentrale Bedeutung erlangen.

Eckpunkt 13 (Bedeutung des Zugangs zu Beschaffungs-und Absatzmärkten bei der Prüfung marktbeherrschenderStellungen)Ein im Vergleich zu Wettbewerbern besserer Zugang zu den Be-schaffungs- und Absatzmärkten ist im Telekommunikationsbe-reich besonders bedeutsam bei der Beurteilung marktbeherr-schender Stellungen. Dieser kann einem Unternehmen eine über-ragende Marktstellung verschaffen. Dies gilt insbesondere dann,wenn ein marktstarkes Unternehmen auf Grund seines hervorra-genden Zugangs zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten einemKonkurrenten den Zugang zu diesen Märkten erschweren oder garverschließen kann (Marktschließungseffekt).

Begründung:Der Marktschließungseffekt tritt vornehmlich auf, wenn ein Unter-nehmen nicht nur auf dem betroffenen Markt, sondern zugleichauf einem wichtigen vor- oder nachgelagerten Markt tätig ist (verti-kale Integration) und auf beiden Märkten zumindest marktstarkeStellungen einnimmt.

Eine dem Marktschließungseffekt vergleichbare, wenngleichmeist weniger rigide Wettbewerbsbeschränkung kann durch dasAngebot eines Sortiments verursacht werden, sofern Konkurrentendes Sortimentsanbieters kein oder nur ein wenig breites Sortimentvon Waren oder Dienstleistungen anbieten können. Gleiches gilt –bei entsprechender Nachfrage – für das Angebot von Komplettsys-temen, wenn die Wettbewerber lediglich Komponenten des Sys-tems anbieten und nicht über eine vergleichbare „Systemfähig-keit“ verfügen.

Marktschließungseffekte infolge vertikaler Integration stärken inder Regel die Marktstellung des vertikal integrierten Unterneh-mens. Sie können zur Annahme einer überragenden Marktstellungführen, indem sie nicht vertikal integrierten Konkurrenten denWettbewerb erschweren und für potenzielle Wettbewerber dieMarktzutrittsschranken erhöhen. Dies gilt auch für den Fall, dassdas vertikal integrierte Unternehmen nicht auf dem jeweils zu be-trachtenden Dienstleistungsmarkt, sondern auf dem vor- odernachgelagerten Markt eine marktbeherrschende Stellung innehat.

In diesem Zusammenhang spielt die Tatsache, dass im Telekom-munikationssektor der Produktionsprozess auf der Basis von Net-zen stattfindet, eine entscheidende Rolle. Die gesamte Netzebenestellt im Verhältnis zu den Telekommunikationsdiensten eine Vor-leistungsebene dar, die nicht umgangen werden kann. JederDiensteanbieter, der nicht über eine eigene flächendeckende Inf-rastruktur verfügt, ist vom diskriminierungsfreien Zugang zu die-sem Vorleistungsmarkt abhängig. Die Marktposition des Netzin-frastrukturbetreibers ist demnach besonders sorgfältig zu prüfen.

Überragende Marktstellungen infolge vertikaler Integration kom-men nicht nur dann in Betracht, wenn ein Unternehmen auf zweiMarktstufen zugleich tätig ist oder zwei auf verschiedenen Markt-stufen vertretene Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bil-den. Ein hervorragender Zugang zu den Beschaffungs- oder Ab-satzmärkten kann schon auf Grund von Verflechtungen mit Liefe-ranten oder Abnehmern im Wege von Minderheitsbeteiligungenbestehen.

Ein hervorragender Zugang zum Absatzmarkt durch das Angeboteines Sortiments meist komplementärer und substitutiver Warenoder Dienstleistungen setzt voraus, dass eine für den Wettbewerberhebliche Anzahl von Abnehmern diese Sortimente regelmäßignachfragt und andere Unternehmen ein annähernd vollständigesSortiment nicht anbieten. Diese Voraussetzungen gelten auch fürdas Angebot von kompletten Anlagen oder sogenannten Problem-lösungen aus einer Hand (Systemnachfrage). Der Anbieter einesSortiments ist gegenüber Konkurrenten, die jeweils nur ein oderwenige Produkte im Angebot haben, in mehrfacher Hinsicht imVorteil. Seine Position gegenüber den Abnehmern ist stärker, da erganze Sortimente liefern kann und seine Leistungen oftmals einengrößeren Anteil am Beschaffungsvolumen ausmachen. Er ist zu-dem flexibler in der Gestaltung von Preisen oder Rabatten und ver-fügt über mehr Möglichkeiten zu Kopplungsgeschäften. Zudemkann er Größen- und Differenzierungsvorteile bei Absatz undMarketing realisieren und mit einer implizierten oder expliziertenDrohung der Nichtbelieferung vergleichsweise große Wirkungenerzielen.

Insofern sind in diesem Zusammenhang insbesondere Bünde-lungsvorteile von Telekommunikationsprodukten und das Ange-bot von Telekommunikations-Komplettangeboten zu untersu-chen.

Ein hervorragender Zugang zum Absatzmarkt durch das Angebotvon Sortimenten oder Systemen eröffnet in den meisten Fällen –für sich genommen – keinen Verhaltensspielraum im Sinne derEntstehung einer marktbeherrschenden Stellung. Dafür müssenandere Faktoren, wie zum Beispiel ein erheblicher Marktanteil,hinzukommen.

Eckpunkte MMR Beilage 7/2002 25

Eckpunkt 14 (Bedeutung der Marktzutrittsschranken beider Prüfung marktbeherrschender Stellungen)Für die Marktbeherrschung im Telekommunikationssektor ist diePrüfung der Marktzutrittsschranken von besonderem Gewicht,weil er erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit für den Wettbewerbgeöffnet ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marktzutritts-schranken in unmittelbarer Wechselwirkung mit dem potenziel-len Wettbewerb stehen.

Begründung:Die Prüfung von Marktzutrittsschranken und potenziellem Wett-bewerb im Telekommunikationssektor hat in der Bewertung derMarktstellung eine entscheidende Bedeutung. Der Marktanteilgibt nur einen Anhaltspunkt für das Verhältnis des Unternehmenszu seinen aktuellen Wettbewerbern. Marktzutrittsschranken hin-gegen geben über die Bedeutung potenziellen Wettbewerbs fürdas Wettbewerbsgeschehen auf dem betroffenen Markt Auskunft.Der Marktzutritt ist insoweit kein unternehmens-, sondern einmarktbezogenes Strukturkriterium.

Bei der Beurteilung der Frage nach Markteintritt/potenziellemWettbewerb ist zu prüfen, ob ein wettbewerblich relevanter undeffektiver Marktzutritt möglich und wahrscheinlich wäre. Er mussauch hinreichend konkretisierbar sein. So besteht für potenzielleWettbewerber auf benachbarten Märkten bei voll ausgeschöpftenKapazitäten und etablierten Kundenbindungen häufig kein Anreizfür einen Marktzutritt. Es stellt sich darüber hinaus die Frage, obUnternehmen mit Mengen und Preisen in den Markt eintretenkönnten, die einen unkontrollierbaren Verhaltensspielraum wirk-sam einengen würden. Die Frage ist ferner, ob für die Wettbewer-ber Markteintritt und -austritt ohne erhebliche versunkene Kosten(sunk costs) kurzfristig realisierbar ist. So sind hohe versunkeneKosten bzw. unverhältnismäßig hohe Kosten des Marktzutrittsoder hohe Risiken eines Fehlschlags Indizien für hohe Marktzu-trittsschranken. Bezüglich der Kurzfristigkeit wird generell ange-nommen, dass der Marktzutritt innerhalb einer Zeitspanne zu er-

folgen hat, die kurz genug ist, um die betroffenen Unternehmenvon der Ausnutzung ihrer Marktmacht abzuhalten. Solange einmarktstarkes Unternehmen keine überhöhten Preise fordern oderauf Forschung und Entwicklung verzichten kann, weil es aufGrund der offenen Marktstruktur sonst mit dem Markteintritt po-tenzieller Konkurrenten rechnen muss, ist es wenig wahrschein-lich, dass es einen nicht kontrollierbaren Verhaltensspielraum be-sitzt. Hohe Marktzutrittsschranken können dagegen ein wichtigesIndiz für eine überragende Marktstellung eines marktstarken Un-ternehmens sein, da sie eine Marktstellung gegen Neueintritte ab-sichern. Sie müssen Markteintritte jedoch nicht völlig ausschlie-ßen. Es reicht vielmehr aus, wenn ein Markteintritt nicht in einerGrößenordnung zu erwarten ist, die geeignet ist, den Verhaltens-spielraum der marktstarken Unternehmen zu begrenzen.

Im Telekommunikationsbereich sind insbesondere strukturelleund strategische Marktzutrittsschranken von Bedeutung.

c Strukturelle Marktzutrittsschranken sind in der Regel auf be-stimmte technologische oder nachfragebedingte Charakteristikaeines Marktes zurückzuführen, können aber auch in für denMarkterfolg erforderlichen ressourcebedingten Stärken eines Un-ternehmens liegen. Sie werden in der Regel nicht absichtlich ge-schaffen, um einen Marktzutritt abzuwehren.c Strategische Marktzutrittsschranken schließlich werden von

etablierten Anbietern auf einem Markt bewusst errichtet, um po-tenzielle Anbieter von einem Marktzutritt abzuschrecken.

Marktzutritte sind umso eher zu erwarten, je größer die künftigenGewinnaussichten eingeschätzt werden. Neue und wachsendeMärkte oder Märkte mit Nachfrageüberhang wie im Telekommu-nikationssektor weisen daher in der Regel niedrigere Marktzutritts-schranken auf als stagnierende Märkte mit Überkapazitäten. Ist dieverbleibende Amortisationszeit für Neuinvestitionen kurz, weilder Markt rückläufig ist, ist ein Marktzutritt wenig wahrscheinlich.

121b, 116a

26 MMR Beilage 7/2002 Eckpunkte

c Amtsblatt der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post Nr. 19/2001v. 4.10.2001 Mitteilung Nr. 547/2001

Entwurf von Eckpunkten zur sachlichen undräumlichen Abgrenzung von Märkten und derFeststellung einer marktbeherrschenden StellungZusammenfassung der eingegangenen Stellungnahmen undSchlussfolgerungen

Abschnitt 1: Einleitung und Kurzzusammen-fassung der eingegangenen StellungnahmenSeit der vollständigen Liberalisierung des Telekommunikations-sektors zum 01.01.1998 ist eine dynamische Wirtschaftsbranchemit unterschiedlichen Angeboten entstanden, in der bereits deut-lich erkennbare wettbewerbliche Prozesse in Gang gesetzt wor-den sind (vgl. im Einzelnen den Tätigkeitsbericht der Regulie-rungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP) 1998/1999, insbesondere Teil B.10, sowie den Halbjahresbericht 2000).

In Anerkennung, dass sich die sektorspezifische Regulierung bisherbewährt hat, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Techno-logie (BMWi) wegen der positiven Marktentwicklung in Deutsch-land und dem veränderten internationalen Wettbewerbsumfeld (in-ternationale Fusionen sowie die generell zu beobachtenden Globa-lisierungen) eine Prüfung angeregt, ob und inwieweit Überregulie-rungen existieren und wie diese kurz- bzw. mittelfristig abgebautwerden können. Angesichts der besonderen Rolle der marktbeherr-schenden Stellung eines Unternehmens als Anknüpfungspunkt fürRegulierungseingriffe (vgl. nur §§ 14, 25, 33, 35 TKG) hat das BMWivorgeschlagen, die Frage der künftigen sachlichen und räumlichenAbgrenzung von Märkten eingehend zu untersuchen.

Hierzu hat die Reg TP zwei Gutachten eingeholt, die sich vom An-satz her wie folgt unterscheiden:

c Das eine Gutachten hat in grundsätzlicher Sicht unter Zugrun-delegung der allgemeinen ständigen Entscheidungspraxis im deut-schen und gemeinschaftlichen Kartellrecht die rechtlichen Beson-derheiten des Telekommunikationssektors und die Auswirkungenauf die Marktabgrenzung sowie die Feststellung einer marktbe-herrschenden Stellung durch die Reg TP entwickelt.c In dem zweiten Gutachten wurden unter Berücksichtigung der

ökonomischen Besonderheiten des Telekommunikationssektorssowie der derzeit bereits erkennbaren und der voraussichtlich zu-künftigen Probleme Vorschläge erarbeitet, mit Hilfe welcher Me-thoden bzw. Verfahrensweisen zukünftig Fragen der Marktabgren-zung und Marktbeherrschung auf der Grundlage des GWB beant-wortet werden sollen.

Im Anschluss hieran hat die Reg TP Eckpunkte entworfen und inihrem Amtsblatt Nr. 4/2001, Mitteilung Nr. 90/2001, veröffent-licht. Diese Eckpunkte hatten den Charakter von Fragen; die Be-gründungen deuteten dabei den Hintergrund der Fragestellungenan. Interessierte Kreise wurden gebeten, zu diesem Entwurf Stel-lung zu nehmen.

Die Reg TP wollte durch ihre Fragen einen breiten öffentlichenDiskurs initiieren. Wie die Fülle und der Inhalt der eingegangenenStellungnahmen zeigen, wurde diese Gelegenheit umfassendwahrgenommen. Insgesamt sind hierzu 27 Stellungnahmen einge-gangen sowohl aus sämtlichen Bereichen des Telekommunika-tionssektors und der Interessenvertretungen als auch aus der Wis-senschaft sowie vom Bundeskartellamt.

Das Meinungsbild war entsprechend der jeweils betroffenen undverfolgten Interessen breit gestreut. Die bisherige Entscheidungs-praxis der Reg TP wurde hierin nicht grundlegend in Frage gestellt.

Die vertretenen Auffassungen und Thesen wurden auf Einladungder Reg TP am 27.08.2001 auf der Forumsveranstaltung „Marktab-

grenzung und Marktbeherrschung auf Telekommunikationsmärk-ten in der Diskussion“ diskutiert.

Die vertretenen Auffassungen lassen sich wie folgt zusammenfas-sen und bewerten (vgl. hierzu im Einzelnen Abschnitt 2):

Teil A, Eckpunkte 1 bis 7In sämtlichen Stellungnahmen wurde die bisherige Praxis der RegTP befürwortet, bei der Marktabgrenzung und Feststellung einermarktbeherrschenden Stellung vom Bedarfsmarktkonzept auszu-gehen. Hiernach komme es auf die funktionale Austauschbarkeitder fraglichen Produkte und Dienstleistungen aus der Sicht desverständigen Nachfragers an. Die Feststellung einer marktbeherr-schenden Stellung erfordere eine Gesamtbetrachtung aller maß-gebenden Umstände.

Demgegenüber gingen die Meinungen stark darüber auseinander,ob und inwieweit nunmehr sektorspezifische, telekommunika-tionsrechtliche Belange bei der Marktabgrenzung und der Feststel-lung einer marktbeherrschenden Stellung zu berücksichtigen sei-en. Diese Problematik hängt eng mit den Befugnissen der Reg TPund den hieraus resultierenden regulatorischen Eingriffen in denMarkt zusammen. Von den neu in den Markt eingetretenen Anbie-tern wurde unter Hinweis auf die besondere Ausgangssituation inder Telekommunikation als über jahrzehntelang abgesichertesMonopol mit hohen Marktzutrittsschranken die Auffassung vertre-ten, dass die ökonomischen und rechtlichen Besonderheiten desTelekommunikationssektors bei der Auslegung des § 19 GWB be-achtet werden müssten. So verfehle beispielsweise die Auffassung,Telekommunikationsmärkte zu regionalisieren, den Normzweckdes TKG und unterlaufe das Ziel der „Tarifeinheit im Raum“. Derräumlich relevante Markt dürfe daher nicht enger abgegrenzt wer-den als das Quersubventionierungspotential des regulierten Ex-Monopolisten; die DT AG sei bundesweit tätig, unabhängig vondem Marktzutritt einzelner Unternehmen auf lokalen Teilmärkten.Demgegenüber warnen andere Stellungnahmen davor, das sektor-spezifische Telekommunikationsrecht mit dem allgemeinen Kar-tellrecht zu vermischen. Der Begriff der Marktbeherrschung imTKG und die für die Feststellung der Marktbeherrschung im TKGgenannten Kriterien entsprächen dem GWB. Die Reg TP dürfe sichdaher bei der Prüfung des Vorliegens einer marktbeherrschendenStellung nicht final an den Folgen ihres Vorgehens für die Regulie-rung orientieren. Das TKG verlange eine ausschließliche Anwen-dung des Marktbeherrschungskonzepts des GWB, nicht mehr undnicht weniger. Unter dieser Prämisse verbleibe für sektorspezifi-sche Regulierung insoweit kein Raum.

Darüber hinaus haben die Eckpunkte als an die Öffentlichkeit ge-richtete Fragen dazu beigetragen, eine breit angelegte Grundsatz-diskussion zu entfachen.

Insbesondere zu den in Eckpunkten 4 und 5 vorgeschlagenenMarktabgrenzungen im Einzelnen wurden stark divergierendeAuffassungen vertreten. Dies betrifft vor allem die Frage, ob Märk-te sachlich oder räumlich nach einzelnen Verbindungen, z.B. inbestimmte Zielländer, abzugrenzen sind. Hier wurde einerseitsvertreten, dass der Kunde regelmäßig ein Produktbündel zur Ab-deckung seines Telefoniebedarfes nachfrage und somit die Ge-samtdienstleistung „Sprachtelefondienst“. Die entgegengesetzteAuffassung wurde damit begründet, dass die Wettbewerbsbedin-gungen für Sprachtelefondienst in verschiedene Zielländer höchstunterschiedlich bzw. einzelne Verbindungen nicht untereinander

MMR Beilage 7/2002 27

austauschbar seien und es sich deshalb um jeweils voneinanderzu trennende sachlich bzw. räumlich relevante Märkte handele.

Teil B, Eckpunkte 8–14Die zum Teil B, Eckpunkte 8–14, eingegangenen Stellungnahmendifferieren nicht so stark wie diejenigen zum Teil A. In Bezug aufden Teil B bestehen unterschiedliche Meinungen und auch eherablehnende Ansichten hauptsächlich im Hinblick auf die Eck-punkte 8 bis 10, während die Eckpunkte 11 bis 14 weitgehend Zu-stimmung finden.

Zu dem in Eckpunkt 8 und Eckpunkt 10 dargestellten „Hypotheti-schen Monopolistentest“ wurde überwiegend einerseits dessentheoretische Berechtigung anerkannt, andererseits aber daraufhingewiesen, dass die praktische Bedeutung dieses Verfahrenswegen zahlreicher Anwendungsprobleme eingeschränkt sei. Teil-weise wird die Anwendung des Testverfahrens zur Marktabgren-zung auch gänzlich abgelehnt.

Zu der in Eckpunkt 10 angesprochenen räumlichen Marktabgren-zung wird neben der Kritik am Hypothetischen Monopolistentestzum einen darauf hingewiesen, dass dieser Eckpunkt eine andereMarktabgrenzung vornehme als Eckpunkt 4, in dem festgelegtwird, dass bei der Marktabgrenzung zur Zeit an das Gebiet derBundesrepublik Deutschland angeknüpft werden kann. Zusätz-lich bestehe ein Widerspruch zu den Ausführungen in Eckpunkt 5,in dem u. a. ausgeführt wird, dass enge sachliche wie räumlicheMarktabgrenzungen das vom TKG vorgegebene Ziel gefährdeten,möglichst rasch funktionsfähigen Wettbewerb durch Regulierungzu erreichen und damit die Voraussetzungen für deren Rücknah-me zu schaffen. Nach Eckpunkt 5 ist deshalb einer weiten Markt-abgrenzung unter Berücksichtigung der Nachfragepräferenzengrundsätzlich der Vorzug zu geben. Es wird teilweise die Auffas-sung vertreten, dass der räumlich relevante Markt zur Zeit grund-sätzlich die Bundesrepublik Deutschland sei.

Auch zu dem im Eckpunkt 9 niedergelegten Sortimentsgedankenbei der sachlichen Marktabgrenzung bestehen unterschiedlicheAuffassungen. Zwar schließt sich der überwiegende Teil der einge-gangenen Kommentare grundsätzlich der Auffassung an, dass alssachlich relevanter Markt auch im Telekommunikationsbereichein Sortiment unterschiedlicher Leistungen in Betracht kommenkann. Im Einzelnen wird dies jedoch an unterschiedliche Voraus-setzungen geknüpft. Zu einem geringen Teil wird der Sortiments-gedanke auch mit dem Hinweis auf die Gefahr möglicher Quer-subventionierungen ganz abgelehnt.

Da es sich bei den in den Eckpunkten 11–14 betrachteten Gesichts-punkten der Marktbeherrschung (Bedeutung der Marktanteile, derFinanzkraft, des Zugangs zu Beschaffungs- und Absatzmärkten so-wie der Marktzutrittsschranken) um gesetzliche Merkmale des § 19Abs. 2 Nr. 2 GWB handelt, beschränken sich Unterschiede in denKommentierungen im Wesentlichen auf die Wertung und Ausfül-lung dieser Merkmale (z. B. Bedeutung von Marktanteilsschwan-kungen, Bereitschaft oder tatsächlicher Einsatz von Finanzkraft), ih-re Anwendbarkeit wird nicht prinzipiell in Frage gestellt.

Abschnitt 2: Zusammenfassung dereingegangenen Stellungnahmen

Teil A. Besonderheiten des Telekommunikationssektorsund die Auswirkungen auf die Marktabgrenzung sowie dieFeststellung einer marktbeherrschenden Stellung

Eckpunkt 1 (Marktabgrenzung zu Beginn der vollständigenLiberalisierung)Zu Beginn der vollständigen Liberalisierung des Telekommunika-tionssektors gab es angesichts eines einzigen Anbieters keine„Märkte“ im Sinne des freien Zusammenspieles von Angebot undNachfrage. Die Sicht der Nachfrager wird vielmehr in der Öff-nungsphase der ehemals monopolistisch strukturierten Telekom-munikation für den Wettbewerb geprägt von dem Angebot undden Anträgen an die Regulierungsbehörde auf Genehmigung derentsprechenden Entgelte des zum damaligen Zeitpunkt einzigen

Anbieters von Telekommunikationsdienstleistungen, also der DTAG. Diese Praxis steht im Einklang mit dem TKG und den entspre-chenden europäischen Vorgaben.

Hierüber hinaus ist zu fragen, ob und inwieweit relevante Märktemit Bindungswirkung für die Anwendung des TKG durch die Re-gulierungsbehörde bereits durch das sektorspezifische Gemein-schaftsrecht vorgegeben werden sollten. Vgl. insoweit z.B. für denMietleitungsmarkt, dessen Abgrenzung bislang auf rein techni-schen Normen beruht, Anhang II der Richtlinie 92/44/EWG, geän-dert durch die Entscheidung 98/80/EG der Kommission, ABl. EGNr. L 14 vom 20.01.1998, S. 27, und insbesondere die Mitteilungder Kommission, Entwicklung neuer Rahmenbedingungen fürelektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörigeDienste, Kommunikationsbericht 1999, KOM (1999) 539, S. 57 ff.unter Pkt. 4.7.

Befürwortende Stellungnahme1. Einige Kommentare schließen sich der Auffassung der Reg TPan, dass das Bedarfsmarktkonzept zu Beginn der Liberalisierungmangels hinreichender Auswahlmöglichkeiten für den verständi-gen Nachfrager nicht angewendet werden konnte.In diesem Zusammenhang weisen einige Kommentare darauf hin,dass der „Markt“ durch die Gestaltung der Vorprodukte der DT AGvorherbestimmt werde. Deshalb sei bei der Marktabgrenzung dieAbhängigkeit der Marktteilnehmer von den Vorleistungen der DTAG zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund könne echterSubstitutionswettbewerb nur durch ein möglichst hohes Maß anEntbündelung auf der gesamten Vorproduktebene entstehen. Die-ser Forderung wird in einer Stellungnahme widersprochen, weilder Zugang zu Vorleistungen reguliert sei, so dass alternative An-bieter die Möglichkeit hätten, eigene, an den Nachfragebedürfnis-sen orientierte Produkte anzubieten.2. Eine Stellungnahme führt in diesem Zusammenhang ergän-zend aus, dass die DT AG faktisch immer noch „überragendmarktbeherrschend“ sei. Diese Tatsache sei so lange bei derMarktabgrenzung zu berücksichtigen, bis auf Dauer chancenglei-cher und funktionsfähiger Wettbewerb bestehe.

Ablehnende Stellungnahme1. Zum Teil wird die Auffassung der Reg TP abgelehnt. Bereits abAufhebung der Monopolrechte habe es „Märkte“ gegeben, diemit Hilfe des Bedarfsmarktkonzeptes aus Nachfragersicht abge-grenzt werden konnten. Lediglich die „Entwicklungsdynamik“ seiin der Anfangsphase der Marktöffnung besonders hoch gewesen,so dass die Marktabgrenzung laufend zu überprüfen und ggf. an-zupassen sei.Eine Ausnahme von der These, es habe stets „Märkte“ i.S.d. Be-darfsmarktkonzeptes gegeben, wird lediglich für Vorleistungs-märkte (im Gegensatz zu Endkundenmärkten) gemacht.Ein Kommentar räumt insoweit ein, dass bisher lediglich eine de-taillierte Prüfung anhand des Bedarfsmarktkonzeptes nicht erfor-derlich gewesen sei, da die DT AG im Festnetzbereich auch nachder vollständigen Liberalisierung immer noch marktbeherrschendgewesen sei.3. Im Übrigen sei es keine Besonderheit des Telekommunika-tionsbereiches, dass die Nachfrage durch das verfügbare Angebotdes Monopolisten geprägt sei. Hierüber hinaus könne ein „Markt“auch aus lediglich einem einzigen Anbieter oder Nachfrager be-stehen. Anderenfalls könnte bei Bestehen eines Monopols entge-gen § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB kein „Markt“ abgegrenzt werden.Dies gelte auch dann, wenn eine Leistung bisher ausschließlich in-tern genutzt worden sei und nunmehr erstmals nachgefragt werde,sowie auch für neue Produkte, sobald sie erstmals nachgefragtwerden.

Keine Vorabfestlegung von MärktenEinige Stellungnahmen sprechen sich ausdrücklich dagegen aus,konkrete Märkte vorab festzulegen. Dies sei nicht notwendig undstelle hierüber hinaus einen schädlichen Eingriff in wettbewerb-liche Strukturen dar. Des Weiteren widerspreche ein derartigesVorgehen § 19 GWB.

28 MMR Beilage 7/2002 Entwurf von Eckpunkten/Zusammenfassung

Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für dieMarktabgrenzung1. Zum Teil wird vertreten, dass das sektorspezifische Gemein-schaftsrecht nicht verbindlich Märkte vorgeben könne. Das inEckpunkt 1 aufgeführte Zitat aus der sog. Mietleitungsrichtlinie ge-be keine Märkte vor, sondern zähle lediglich Typen von Mietlei-tungen auf.2. Nur ein Unternehmen vertritt die Auffassung, dass es vor dervollständigen Liberalisierung der Telekommunikation in Deutsch-land Vorgaben der EU für Infrastrukturangebote der DT AG gege-ben habe, die von anderen Carriern nachgefragt worden sind.

Sonstige Kritik1. Ein Kommentar betont, dass folgende Marktphasen zu unter-scheiden seien: (1.) die große Zahl von Marktzutritten währendder Anfangsphase der Marktöffnung; (2.) die zunehmende Ten-denz des dominanten Unternehmens zur Bündelung von regulier-ten und nichtregulierten Produkten in 1999/2000; (3.) die Tendenzzu vermehrten Marktaustritten 2000/2001.2. Eine Stellungnahme erachtet das Problem der frühzeitigen Ab-grenzung von Märkten, die aus neuen Produkten bestünden, wiez.B. den Technologien für breitbandige Internetzugänge, für sowichtig, dass dies in einem eigenen Eckpunkt behandelt werdensollte. Für die Marktabgrenzung und die Feststellung einer markt-beherrschenden Stellung sollten geeignete Kriterien entwickeltwerden, um der Übertragung von quasi-monopolistischer Markt-macht aus anderen Märkten entgegen zu steuern.3. Ein Kommentar kritisiert, dass Eckpunkt 1 nicht den Mobilfunk-bereich berücksichtige, der sich im Gegensatz zum Festnetzbe-reich von Anfang an in einem funktionsfähigen Wettbewerbsum-feld entwickelt habe.4. In einer Stellungnahme wird vorgetragen, dass Eckpunkt 1 sichnur mit der Problematik befasse, dass erstmals entbündelte Leis-tungen nachgefragt werden. Insoweit sei auch die gegenläufige,seit 1999/2000 zunehmend wichtige Frage zu berücksichtigen,wie sich die verstärkte Bündelung von Produkten durch denmarktbeherrschenden Anbieter auf den Wettbewerb auswirke.5. Eine weitere Stellungnahme hält Eckpunkt 1 für irrelevant, weildas Eckpunktepapier ausweislich seiner Vorbemerkung zukunfts-gerichtet zu verstehen sei.

Eckpunkt 2 (Feststellung einer marktbeherrschendenStellung zu Beginn der vollständigen Liberalisierung)In der Monopolöffnungsphase dominiert hinsichtlich der Feststel-lung der Marktbeherrschung eines Unternehmens mangels ande-rer hinreichender Marktdaten dessen Marktanteil. Das europäi-sche SMP-Konzept (beträchtliche Marktmacht ab einem Marktan-teil von über 25%) sowie die Vermutungsregel des § 19 Abs. 3 Satz1 GWB (Marktanteil von mindestens einem Drittel) lässt Rück-schlüsse auf eine Marktstruktur zu, in der der Wettbewerb nichtchancengleich und funktionsfähig und daher eine ex ante-Regu-lierung erforderlich ist.

Befürwortende Stellungnahme1. Einige Stellungnahmen bestätigen die in Eckpunkt 2 vertreteneThese, dass dem Marktanteil bei der Feststellung einer marktbe-herrschenden Stellung eine herausragende Bedeutung zukommt.Dieses Kriterium sei besonders aussagekräftig.Eine Stellungnahme weist in diesem Zusammenhang darauf hin,dass allein das Absinken der Marktanteile des ehemaligen Mono-polisten keine Rückschlüsse auf das (Fort-) Bestehen seiner beherr-schenden Stellung zulasse. Die Ursache hierfür könne auch ineiner strategischen Preissetzung liegen.2. Ein Kommentar meint, dass die in Eckpunkt 2 genannte Vermu-tungsregel noch nicht weit genug gehe: § 2 Nr. 2 TKG gehe davonaus, dass chancengleicher und funktionsfähiger Wettbewerb nochnicht bestehe. Bis zur „Sicherheit über das Gegenteil“ sei daher da-von auszugehen, dass ein Anbieter marktbeherrschend sei, wenn erüber einen Marktanteil von mehr als 25% (signifikante Marktmacht)verfüge oder die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 S. 1 GWB erfülltseien. Der signifikanten Marktmacht komme damit eine fiktionsglei-che, nur schwer zu widerlegende Regelwirkung zu.

Ablehnende Stellungnahme1. Ein Kommentar stellt einen Widerspruch zwischen Eckpunkt 1und Eckpunkt 2 fest: Wenn es nach Auffassung der Reg TP zu Be-ginn der vollständigen Liberalisierung keine „Märkte“ gegeben ha-be, könnten auch keine Marktanteile eines Unternehmens festge-stellt werden. Ein anderer hebt hervor, dass für die zukünftige Re-gulierung die in Eckpunkt 2 behandelte Situation zu Beginn der Li-beralisierung nicht mehr relevant sei.2. Zahlreiche Stellungnahmen betonen, dass die Marktmachteines Unternehmens in einer wertenden Gesamtschau sämtlicherder im GWB genannten Kriterien bestimmt werden müsse, alleinder Marktanteil reiche hierfür nicht aus. Die Erfüllung der Vermu-tungsregel des § 19 Abs. 3 GWB befreie die Reg TP hierüber hinausnicht von ihrer Amtsermittlungspflicht. Das Gleiche gelte für dievertikale Integration des etablierten Anbieters. Die erforderlichenMarktdaten seien im Gegensatz zu den Aussagen in Eckpunkt 2 –zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nach drei Jahren der vollständi-gen Marktöffnung – ermittelbar.Zum Teil wird diesbezüglich ausgeführt, dass die in § 19 GWB ge-nannten Kriterien entsprechend der Besonderheiten der Telekom-munikationsmärkte zu gewichten seien (Grad der vertikalen Inte-gration des etablierten Unternehmens, dessen Stellung auf denAbsatz- und Beschaffungsmärkten, Kundenstamm, bundesweitbestehendes Festnetz). Der Marktanteil allein sei nicht aussagefä-hig, weil einzelne Marktsegmente ein natürliches Monopol dar-stellten (z.B. die Ortsnetzinfrastruktur). Aus diesem Grund seienbei der Beurteilung der Wettbewerbssituation die Vorleistungs-märkte zu berücksichtigen, so dass ein vertikal integriertes Unter-nehmen wegen seines besonderen Zugangs zum Beschaffungs-markt marktbeherrschend sein könne, selbst wenn sein Marktan-teil unter der Vermutungsgrenze des § 19 Abs. 3 GWB liege.Ein anderer Kommentar vertritt insoweit die Auffassung, dass dieBedeutung des Marktanteils auf den Telekommunikationsmärktenzu relativieren sei. Die Marktanteile des Ex-Monopolisten entstün-den durch Regulierung. Seine nach dem Zutritt neuer Marktteil-nehmer verbleibenden Marktanteile seien nicht wie auf anderenMärkten das Ergebnis überragenden wirtschaftlichen Erfolgs.Wichtig sei daher eher der relative Marktanteil, also der Abstandgegenüber konkurrierenden Anbietern, sowie die Intensität desWettbewerbs und die niedrigen Marktzutrittsschranken. Aller-dings mache das Absinken der Marktanteile wegen hohen Preis-wettbewerbs das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellungunwahrscheinlich.Einige Stellungnahmen weisen darauf hin, dass die Vorgehenswei-se, die beherrschende Stellung eines Unternehmens anhand desallgemeinen Wettbewerbsrechts zu bestimmen, den neuen Vor-schlägen zum gemeinschaftlichen Telekommunikationsrecht ent-spricht. Zur Rechtfertigung eines regulatorischen Eingriffs müsseauch in einem oligopolistischen Markt geprüft werden, ob effekti-ver aktueller oder potenzieller Wettbewerb bestehe.3. Einige Kommentatoren warnen davor, hinsichtlich einzelnerKriterien für die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellungnach der Liberalisierungsphase zu differenzieren. Der Marktanteilsei in jeder Phase der Liberalisierung als Ausgangsbasis unentbehr-lich. Außerdem dürften das SMP-Konzept, die Vermutungsregeldes § 19 Abs. 3 GWB für das Bestehen einer marktbeherrschendenStellung sowie das Konzept funktionsfähigen Wettbewerbs nichtmiteinander vermengt werden. Das TKG schreibe insoweit aus-schließlich die Anwendung des Marktbeherrschungskonzeptesdes GWB vor.4. Des Weiteren wenden sich einige Kommentare dagegen, alleinaus dem SMP-Konzept und der Vermutungsregel des § 19 Abs. 3GWB Rückschlüsse auf die Erforderlichkeit der ex ante-Regulie-rung zu ziehen. Dieser Eckpunkt stünde im Widerspruch zu derZielrichtung des „Review 99“, die Regulierung langfristig zurück-zuführen.

Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen SMP-Konzeptes1. In einigen Stellungnahmen wird positiv hervorgehoben, dassdas europäische SMP-Konzept als Indiz herangezogen werde.Zum Teil wird hierüber hinaus darauf hingewiesen, dass die RegTP verpflichtet sei, dieses Konzept zu beachten.2. Anderseits wird die Auffassung vertreten, dass das SMP-Kon-

Entwurf von Eckpunkten/Zusammenfassung MMR Beilage 7/2002 29

zept nur eingeschränkt zur Beurteilung der marktbeherrschendenStellung eines Unternehmens geeignet sei. Unter Verweis auf dieBegründung zur EG-Fusionskontrollverordnung sowie die Recht-sprechung des EuGH wird insoweit betont, dass allenfalls der um-gekehrte Schluss möglich sei, dass bei einem Marktanteil unter25% in der Regel keine marktbeherrschende Stellung vorliege.3. Andere Kommentatoren meinen, dass das SMP-Konzept für dieBeurteilung einer marktbeherrschenden Stellung nicht zwingendsei, den nationalen Regulierungsbehörden verbleibe insoweit einEntscheidungsspielraum, vgl. Art. 4 Abs. 3 S. 2, 3 der Zusammen-schaltungsrichtlinie 97/33/EG.

Sonstige Kritik1. Zum Teil wird die Prämisse des Eckpunktes 2 abgelehnt, dasssich der Wettbewerb erst zu entwickeln beginne. Andere Stellung-nahmen betonen demgegenüber, dass die in den Eckpunkten ge-troffene Aussage falsch sei, dass bereits wettbewerblich relevanteVeränderungen eingetreten seien.2. Eine Stellungnahme hält Eckpunkt 2 für die Beurteilung von„Zukunftsmärkten“, z.B. dem Markt für die breitbandige Zufüh-rung zum Internet, für ungeeignet. Marktanteile ließen sich hiervon Anfang an schwer bestimmen. In diesem Fall käme den Kom-plementärkriterien des § 19 Abs. 2 GWB ein noch stärkeres Ge-wicht zu. Ein Kommentator schlägt hierüber hinaus vor, diese Pro-blematik in einem eigenen Eckpunkt zu behandeln.3. Ein Kommentar kritisiert, dass Eckpunkt 2 nicht den Mobilfunk-bereich berücksichtige.4. Einige Stellungnahmen weisen darauf hin, das die Begriffe „An-teil“ und „Umsatz“ in Eckpunkt 2 zum Teil unklar formuliert seien.Stattdessen sollten die üblichen Begriffe „Anteil am Umsatz im re-levanten Markt“ oder „Marktanteil“ verwendet werden.

Eckpunkt 3 (Marktabgrenzung bei erkennbarenwettbewerblichen Entwicklungen)Seit der vollständigen Liberalisierung des Telekommunikations-sektors zum 01.01.1998 ist eine dynamische Wirtschaftsbranchemit unterschiedlichen Angeboten entstanden, in der bereits deut-lich erkennbare wettbewerbliche Prozesse in Gang gesetzt wor-den sind.

In dem von der Regulierungsbehörde auf der Grundlage des TKGinitiierten Wettbewerbsprozess ist nicht auszuschließen, dass derverständige Verbraucher nunmehr immer mehr Produkte undDienstleistungen als austauschbar und damit zum gleichen Marktgehörig ansieht. Die bisherige Anknüpfung des sachlich relevan-ten Marktes an die seinerzeit vom Monopolunternehmen angebo-tenen Produkte und Dienstleistungen ist daher schrittweise aufzu-geben, soweit sich Wettbewerb zeigt und in gleichem Umfang ent-sprechend der zu § 19 GWB entwickelten Rechtsanwendungspra-xis (Bedarfsmarktkonzept) durch eine nähere Untersuchung dersich differenzierenden Nachfragersicht zu ergänzen.

Befürwortende Stellungnahme1. Nahezu sämtliche Stellungnahmen begrüßen die Auffassungder Reg TP, bei der Marktabgrenzung das Bedarfsmarktkonzeptanzuwenden. Ein Unternehmen meint, dass hierbei zwingend vonden tatsächlich bestehenden Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedi-gung auszugehen sei. Da der Endkunde nicht die Möglichkeit ha-be, entbündelt Ortsgespräche oder einen Telefonanschluss ohneVerbindungsminuten einzukaufen, bestehe beispielsweise jeweilskein eigenständiger Markt.Ein Unternehmen weist insoweit darauf hin, dass diese Vorgehens-weise den aktuellen Guidelines der Europäischen Kommission zurMarktabgrenzung entspreche, die jedoch für die nationalen Regu-lierungsbehörden nicht verbindlich seien.Einige Kommentare machen jedoch die Anwendung des Bedarfs-marktkonzeptes davon abhängig, dass zunächst die Vorprodukte-bene zu kostenorientierten Entgelten vollständig entbündelt wer-de.2. Ein Unternehmen bekräftigt ausdrücklich den in der Begrün-dung zu Eckpunkt 3 gemachten Vorschlag, bei der Untersuchungder Nachfrageseite im Einzelfall objektive Marktforschungsinstitu-te zu beteiligen. Die im Kartellrecht bislang übliche Praxis, wo-

nach in den meisten Fällen die mit der Anwendung des Wettbe-werbsrechts befassten Personen nach ihren eigenen Erfahrungenund offenkundigen Fakten selbst über die Marktabgrenzung ent-scheiden, sollte für den Telekommunikationssektor grundsätzlichdurch die Hinzuziehung sachverständiger Marktforschungsinsti-tute erweitert werden, weil es sich um neue Märkte handele, derenEigenschaft als Markt aus Nachfragersicht neu ermittelt werdenmüsse.3. Des Weiteren stimmen zahlreiche Kommentare mit der Reg TPdarin überein, dass sich die einzelnen Märkte, etwa wegen der ver-mehrten Nachfrage nach Bündelprodukten, zukünftig mehr über-schneiden werden. Andere Stellungnahmen weisen darauf hin,dass sich die Nachfrage zunehmend in einzeln abzugrenzendeMärkte ausdifferenziere.

Ablehnende Stellungnahme1. Im Gegensatz zu Eckpunkt 3 meint ein Kommentar, dass dieMarktabgrenzung nicht davon abhängig sei, ob sich bereits Wett-bewerb entwickelt habe. Ob dies der Fall sei, könne erst nach derAbgrenzung des relevanten Marktes festgestellt werden.2. Ein anderer ist der Ansicht, dass eine Neuausrichtung der Me-thodik der Marktabgrenzung nicht erforderlich sei, weil es im Tele-kommunikationsbereich schon immer „Märkte“ gegeben habe(vgl. auch zu Eckpunkt 1).3. Demgegenüber trägt eine Stellungnahme vor, dass mangelsentsprechender Nachhaltigkeit keine wettbewerbliche Entwick-lung festzustellen sei, die eine Änderung der Marktabgrenzung insachlicher Hinsicht rechtfertige; die bisherige Praxis, Märkte an-hand der Produkte der DT AG abzugrenzen, sollte daher nochnicht aufgegeben werden.4. Ein Kommentar führt gegen den dritten Eckpunkt an, dass sichdie Reg TP von vornherein nicht an dem Angebot des Monopolis-ten hätte orientieren dürfen. Sie solle daher jetzt nicht offen legen,nicht seit Beginn der Liberalisierung im erforderlichen Umfang diekartellrechtliche Praxis zur Marktabgrenzung angewandt zu ha-ben.5. Eine Stellungnahme meint, dass nicht nur die Nachfrager-, son-dern auch die Anbietersicht bei der Marktabgrenzung zu berück-sichtigen sei, insbesondere die Homogenität der Wettbewerbsbe-dingungen, die jeweilige Anbieterstruktur sowie die bestehendenMarktzutrittsschranken. Aus diesem Grund sei nicht jedes Telefo-nat ein eigenständiger Markt.6. Eckpunkt 3 spreche unzutreffenderweise nicht das Problem derProduktbündelung an, die den Wettbewerb auf der Angebotsseitewegen steigender Marktzutrittskosten reduziere; gleichzeitig wer-de durch das „Paketprodukt“ die Nachfrageelastizität reduziert.7. Ein Kommentar warnt davor, bei der Marktabgrenzung zu hoheErwartungen an Marktforschungsstudien zu stellen.8. Ein Unternehmen vertritt die Auffassung, dass sich die Reg TP,etwa wegen Änderungen im europäischen Recht, bei der Marktab-grenzung nicht auf ein bestimmtes Konzept festlegen sollte.9. Eine Stellungnahme weist darauf hin, dass bei der Marktab-grenzung auch die bisher unterschiedlichen Regulierungsregimeszu berücksichtigen seien (z.B. für die Fern- gegenüber der Ortsnetz-ebene), die zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen ge-führt hätten.10. Einige Stellungnahmen treten der in Eckpunkt 3 dargestelltenAuffassung der Europäischen Kommission entgegen, dass es zu-künftig nur drei Märkte geben werde (für Zuführung, Terminierungund Durchleitung von Telefonverkehr). Ein Unternehmen sieht indieser These lediglich eine langfristige Perspektive. Ein anderervertritt die Auffassung, dass die nachgefragten Produkte „Zufüh-rung“, „Durchleitung“ und „Terminierung“ das gleiche Bedürfnisauf Durchführung der Leistung „Zusammenschaltung“ decktenund damit dem gleichen Markt zuzurechnen seien.In einem Kommentar wird diesbezüglich auf andere Stellungnah-men der Europäischen Kommission verwiesen, in denen sie beider Marktabgrenzung weitergehend differenziere (Mitteilung überden Zugang zum entbündelten Teilnehmeranschluss, ABl. EG2000 Nr. C 272, S. 55 vom 23.09.2000; Entscheidung über denZusammenschluss Telia und Telenor, ABl. EG 2001 Nr. L 40, S. 11ff.; Entwurf von Leitlinien zur Marktanalyse und Ermittlung be-trächtlicher Marktmacht, KOM (2001) 175, S. 16 ff.).

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11. Eine Stellungnahme kritisiert, dass das Eckpunktepapier nichtberücksichtige, dass sich der Wettbewerb in Phasen entwickelt ha-be.

Stellungnahmen zu bestimmten Märkten im Einzelnenc Einige Kommentatoren gehen davon aus, dass bei der Marktab-

grenzung zukünftig nur noch zwischen Vorleistungs- und Endkun-denprodukten differenziert werden könne. Ein Unternehmenweist zur Begründung auf die Mitteilung der Europäischen Kom-mission vom 22.08.1998 (ABl. EG Nr. C 265, S. 11, Nr. 48) hin. DerVorleistungsmarkt könne gegebenenfalls weiter unterteilt werdenin den leitungsgebundenen Zugang zur Teilnehmeranschlusslei-tung, dem Zusammenschaltungsmarkt sowie dem Markt für Miet-leitungen.c Hinsichtlich des Marktes für „Interconnection-Leistungen“

wird zum Teil vertreten, die Märkte nicht z.B. nach den entspre-chenden Tarifen oder den in Anspruch genommenen Netzelemen-ten zu differenzieren, da der Zusammenschaltungspartner eineeinheitliche Zusammenschaltungsleistung nachfrage unabhängigvon der im Einzelfall zu überbrückenden Entfernung oder der An-zahl der genutzten Netzelemente.c Eine Stellungnahme wendet sich dagegen, Märkte für Mietlei-

tungen nach sog. „Rennstrecken“ zu segmentieren, da der jeweilsnachfragende Carrier keine konkrete „Rennstrecke“ nachfrage.Das Gleiche gelte für die Nachfrage nach einer bestimmten Band-breite oder hinsichtlich der Zielgruppe des Angebotes (z.B. SFVbzw. CFV) – die nachgefragte Leistung sei jeweils technisch-funk-tional identisch und deshalb demselben Markt zuzurechnen.Preisunterschiede seien nach der Rechtsprechung unerheblich.Eine Stellungnahme widerspricht der letztgenannten Schlussfolge-rung, weil auch die Europäischen Kommission in ihrer Mitteilungvom 22.08.1998 (ABl. EG Nr. C 265, S. 11, Nr. 45) nach den entspre-chenden Nachfragergruppen differenziere. Der Markt für Carrier-festverbindungen könnte möglicherweise noch in die Teilmärkte„Anschlusslinien“ und „Verbindungslinien“ (entsprechend der inden CFV-Verträgen enthaltenen Definition) differenziert werden.c Andere differenzieren zwischen einem Markt für Telefonan-

schlüsse einerseits und einem Markt für Telefonverbindungen an-dererseits. Ein Unternehmen lehnt diese Differenzierung in eigen-ständige Märkte ab, weil der Endkunde zur Zeit nicht die Möglich-keit habe, den Telefonanschluss unabhängig von Verbindungsmi-nuten einzukaufen. Das Bedarfsmarktkonzept gehe aber von dentatsächlichen Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung aus. Darü-ber hinaus sei auch zukünftig der Bedarf des Verbrauchers nichtdarauf ausgerichtet, einen isolierten Telefonanschluss ohne Ver-bindungsleistungen in Anspruch zu nehmen.c Zum Teil wird vorgeschlagen, im Endkundenbereich zwischen

einem Markt für Call-by-Call-Angebote einerseits und einemMarkt für langfristige Verträge andererseits zu unterscheiden.c Zahlreiche Stellungnahmen widersprechen der in Eckpunkt 3

geäußerten These, dass Sprachtelefondienst und Mobilfunk-dienstleistungen möglicherweise dem gleichen Markt zuzurech-nen seien. Die relevanten Unterschiede bestünden in Preis undQualität, insbesondere hinsichtlich der Inanspruchnahme von In-ternetdiensten. Des Weiteren deckten Sprachtelefondienst undMobilfunkdienstleistungen unterschiedliche Bedarfe bzw. derMobilfunk werde von den Teilnehmern nicht als Ersatz, sondernals Ergänzung zum Telefondienst im Festnetz betrachtet. DieseAuffassung werde von der Europäischen Kommission geteilt. Wei-tere Stellungnahmen weisen insoweit darauf hin, dass die Zahl derFestnetzanschlüsse weiterhin steige und dass sich die Reg TP an-derenfalls mit ihrer Entscheidung in Vfg 51/1999, UMTS sei ein ei-genständiger Markt, in Widerspruch setze. Die Reg TP verwechslehier den nachfragebezogenen Marktbegriff mit den möglichenFolgen einer hohen Angebotsumstellungsflexibilität für das Markt-ergebnis.Ein Unternehmen vertritt demgegenüber die Auffassung, dass dieheute identifizierbaren Teilmärkte für Mobilfunk und Festnetz zu-künftig zusammenwachsen werden.c Einige Stellungnahmen lehnen die Abgrenzung von Märkten

nach einzelnen Verbindungen, z.B. in bestimmte Zielländer, ab,weil der Kunde regelmäßig ein Produktbündel zur Abdeckung sei-nes Telefoniebedarfes nachfrage.

Dieser Auffassung wird von anderen Kommentatoren widerspro-chen, weil die Wettbewerbsbedingungen unterschiedlich bzw.die einzelnen Verbindungen nicht miteinander austauschbar sei-en. Hierüber hinaus frage der Kunde nicht „Kommunikation“nach, sondern einzelne Dienstleistungen. Ein Unternehmenmeint, dass eine Marktdifferenzierung nach einzelnen Zielländernallenfalls im „Call-by-Call-Markt“ vorgenommen werden könne,weil für den Nachfrager in diesem Fall die einzelne Verbindung inein bestimmtes Land im Vordergrund stehe. Der kleinste denkbareMarkt sei insoweit das Zielland. Die einzelne Verbindung zueinem B-Teilnehmer stelle keinen eigenständigen Markt, sonderndie Erfüllung der nachgefragten Leistung auf dem „Ziellandmarkt“dar. Demgegenüber beurteilt ein anderes Unternehmen Call-by-Call- und Preselection-Anbieter insoweit gleich und differenziertnur nach einzelnen Zielländern. Nur Mobil- und Satellitenfunk-dienste sowie IP-Telefonie seien für den Kunden insoweit keine Al-ternative.Zum Teil wird darauf hingewiesen, dass auch die Bundesregierungin ihrer Stellungnahme zum Sondergutachten der Monopolkom-mission die Erwartung ausgedrückt habe, dass noch in diesem Jahreinige Märkte (insbesondere Auslandsmärkte) identifiziert wer-den, auf denen die DT AG nicht mehr marktbeherrschend sei.Eine Stellungnahme weist in diesem Zusammenhang darauf hin,dass eine dominante Stellung im gesamten Inlandsmarkt gleich-zeitig eine starke Marktposition bei Gesprächen in das Auslandbedeute.c Mangels geeigneter Abgrenzungskriterien sollte nicht zwi-

schen Angeboten für Geschäftskunden einerseits und Privatkun-den andererseits differenziert werden. Demgegenüber wird in an-deren Stellungnahmen diese Unterteilung wegen der unterschied-lichen Wettbewerbsbedingungen ausdrücklich vorgeschlagen.Zum Teil wird insoweit auf eine entsprechende Praxis der OFTELverwiesen.Ein Unternehmen schlägt insoweit vor, zwischen dem „Standard-kunden“ und dem „Individualkunden“ zu unterscheiden. Ein Indi-vidualkunde habe die Möglichkeit, die technische Realisierbarkeitder Produkte seinen Vorstellungen entsprechend auszuhandeln.c Orts- und Ferngespräche seien aus Endkundensicht nicht sub-

stituierbar und daher getrennten Märkten zuzurechnen. Eine an-dere Auslegung verwechsle den nachfragebezogenen Marktbe-griff mit den möglichen Folgen einer hohen Angebotsumstellungs-flexibilität für das Marktergebnis.In einigen Stellungnahmen wird insoweit eine andere Auffassungvertreten. Ein Unternehmen führt zur Begründung aus, dass derEndkunde zur Zeit nicht die Möglichkeit habe, „entbündelt“ Orts-gespräche einzukaufen. Das Bedarfsmarktkonzept gehe aber vonden tatsächlichen Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung aus.

Eckpunkt 4 (Gesamtmarkt Bundesrepublik Deutschland)Bei der Marktabgrenzung kann zur Zeit an das Gebiet der Bundes-republik Deutschland insgesamt angeknüpft werden, um im Wegeder ex ante-Regulierung funktionsfähigen Wettbewerb auf demGesamtmarkt der Bundesrepublik Deutschland zu initiieren, vgl.Art. 87f Abs. 1 GG, §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 und 3 TKG.

Befürwortende Stellungnahme1. Zahlreiche Stellungnahmen stimmen Eckpunkt 4 zu. Der Be-darf der Nachfrager sei regelmäßig nicht regional differenziert.Entscheidend für die Feststellung eines bundesweiten Marktes sei,dass Leistungen bundesweit zu den gleichen Konditionen bzw.unter einheitlichen Wettbewerbsbedingungen angeboten werden.2. Des Weiteren stimmen die Kommentare mit der Einschätzungder Reg TP überein, dass der Ansatz, Telekommunikationsmärktezu regionalisieren, den Normzweck des TKG verfehle. Der gesetz-liche Auftrag der Reg TP bestünde darin, in allen Regionen zu re-gulieren. Hierüber hinaus werde anderenfalls das Ziel der „Tarif-einheit im Raum“ unterlaufen. Zahlreiche Stellungnahmen beto-nen die nachteiligen Folgen einer regionalen Segmentierung desMarktes für den Wettbewerb in der Telekommunikation. Einigeführen zur Begründung ergänzend aus, dass der räumlich relevan-te Markt nicht enger abgegrenzt werden dürfe als das Quersubven-tionierungspotential des regulierten Monopolisten; die DT AG seibundesweit tätig, unabhängig von dem Marktzutritt einzelner Un-ternehmen auf lokalen Teilmärkten.

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Eine weitere Stellungnahme begründet ihre Ablehnung regionalabzugrenzender Märkte damit, dass Telekommunikation per defi-nitionem ein „raumloses Medium“ sei.Einige Stellungnahmen weisen in diesem Zusammenhang daraufhin, dass eine Regionalisierung insbesondere bei Ballungsräumenverfehlt sei.3. Ein Kommentar trägt im Zusammenhang mit Mietleitungen vor,dass die Entscheidungspraxis des Bundeskartellamtes zu Durch-leitungen in einem Gasleitungsnetz nicht auf den TK-Bereichübertragbar sei. Im Gegensatz zum Gasbereich gebe es nämlichnicht nur eine einzige Möglichkeit der Anbindung, um einen be-stimmten „Durchleitungsbedarf“ für Telefonverkehr zu decken.Ein Ortsnetzbereich könne z.B. durch Stern- oder Baumanbin-dung alternativ erschlossen werden.4. Einige Stellungnahmen heben ergänzend insoweit hervor, dasseine unterschiedliche Behandlung regionaler Endkundenmärktevon einer regional differenzierten Regulierung sämtlicher entspre-chenden Vorproduktmärkte abhängig sei. Die hierfür erforder-liche ständige Kontrolle sei administrativ nicht zu bewältigen.Zum Teil wird betont, dass eine Regionalisierung nur für Kundenvon TNB-AGB-Bündelprodukten denkbar sei, die das Ortsnetznutzen, ohne an Verbindungsleistungen gekoppelt zu sein. Hie-rüber hinaus setze eine regionale Marktbetrachtung voraus, dassauf dem entsprechenden Regionalmarkt unabhängige Preis- undMarketingstrategien durchgesetzt werden würden. Eckpunkt 10sei entsprechend zu konkretisieren. Einige Stellungnahmen schla-gen diesbezüglich vor, den insoweit bestehenden Widerspruchzwischen Eckpunkt 4 und 10 zu bereinigen.5. Ein Kommentator meint, dass die in den jüngsten Anträgen derDT AG vorgenommene Regionalisierung auf den rein marketing-technisch bedingten Business-Tarifen der DT AG beruhe.

Ablehnende Stellungnahme1. Diejenigen, die Eckpunkt 4 ablehnen, tragen insbesondere vor,dass zwischen der Verfolgung strukturpolitischer Ziele, z.B. derflächendeckenden Versorgung mit Universaldienstleistungen, undder Abgrenzung von Märkten zu trennen sei. Das TKG vermeidedie Vermengung wettbewerbspolitischer mit strukturpolitischenZielen dadurch, dass das Ziel, flächendeckend zu versorgen, ge-mäß §§ 17 ff. TKG bzw. der Telekommunikations-Universaldienst-leistungsverordnung verfolgt werde.In diesem Zusammenhang weist ein Kommentar darauf hin, dassweder das Grundgesetz noch das TKG den Bund zur ex ante-Regu-lierung verpflichteten.2. Ein anderer trägt insoweit vor, dass der verfassungsrechtlicheAuftrag des Art. 87f Abs. 1 GG das Vorliegen einer marktbeherr-schenden Stellung voraussetze. Das Vorliegen einer solchen Stel-lung sei daher unabhängig von diesem verfassungsrechtlichenAuftrag festzustellen.Einige Kommentatoren können nicht nachvollziehen, warum dieErfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags aus Art. 87f GGnicht sichergestellt sei, wenn in einzelnen Regionen keine Regu-lierung mehr erfolge. Für die Marktabgrenzung sei allein dieNachfragersicht entscheidend, der verfassungsrechtliche Auftragsei dann ggf. bereits erfüllt. Ein weiterer Kommentar stellt insoweitfest, dass die Versorgung mit Universaldienstleistungen nach denbisherigen Erfahrungen im Wettbewerb nicht gefährdet sei.3. Zahlreiche Stellungnahmen heben insoweit hervor, dass dieMarktabgrenzung sich ausschließlich entsprechend dem Bedarfs-marktkonzept an den tatsächlich beobachteten Wettbewerbsver-hältnissen zu orientieren habe. Pauschale Vorgaben sollten hiernicht gemacht werden. Je nach Sachlage könnten Märkte auch re-gional oder lokal abgegrenzt werden entsprechend der Homoge-nität der Wettbewerbsbedingungen in einem Raum oder der Mög-lichkeit zur Verfolgung gesonderter Marktstrategien. So könne z.B.der Markt für Zusammenschaltungsleistungen bundesweit abzu-grenzen sein, aber der Markt für vermittelte Verbindungen überAnschlüsse in einer bestimmten Region entsprechend regional.Zum Teil wird insoweit auf die Lizenzierungspraxis verwiesen:Durch die Wahl ihres Lizenzgebietes identifizierten die Wettbe-werber ihre Märkte selbst.Eine Stellungnahme kommt insoweit zu dem Schluss, dass es zwar„wahrscheinlich“ sei, dass die relevanten Märkte deutschlandweit

abzugrenzen seien, diesem Ergebnis jedoch nicht vorgegriffenwerden dürfe. Eine andere Stellungnahme weist darauf hin, dassBallungsgebiete möglicherweise eigenständige Märkte seien.4. Hinsichtlich des Bedarfs der Endkunden wird in einer Stellung-nahme darauf hingewiesen, dass der Kundenwunsch nach univer-seller Erreichbarkeit durch die Zusammenschaltung von Telekom-munikationsnetzen gewährleistet werde. Hieraus seien keineRückschlüsse auf den Gesamtmarkt Telekommunikation möglich.Hierüber hinaus wähle der Kunde ein konkretes Produkt nicht ausdem abstrakten Bedürfnis heraus, weltweit erreichbar zu sein, son-dern anhand des Ziels des jeweiligen Telefonats sowie anhand derhierfür angebotenen Preise und sonstigen Marktbedingungen.

Sonstige Kritik1. Eine Stellungnahme kritisiert, dass unverständlich sei, warumin Eckpunkt 4 eine Fokussierung auf die ex ante-Regulierung desSprachtelefondienstes erfolge.2. Ein weiterer Kommentar meint, dass es sich bei der Differenzie-rung von Märkten in einzelne Zielländer nicht um eine Frage dersachlichen, sondern der räumlichen Marktabgrenzung handele.3. Zum Teil wird kritisiert, dass die Frage der Besonderheiten derräumlichen Marktabgrenzung bei netzgebundenen Dienstleistun-gen nicht behandelt werde. Hierüber hinaus fehle die Differenzie-rung zwischen Festnetz- und Mobilkommunikation, zwischen An-schlüssen und Diensten sowie zwischen Vorleistungs- und End-kundenmärkten.4. Eine Stellungnahme geht im Zusammenhang mit Eckpunkt 4auf den hypothetischen Monopolistentest und den Normzweckdes TKG ein: Dieser Test versage, wenn das Ausgangspreisniveaubereits wegen des Bestehens einer marktbeherrschenden Stellungüberhöht sei.5. Ein Kommentar kann die Relevanz des zweiten Absatzes derBegründung des Eckpunktes 4 („Vielmehr will der Kunde zu jederZeit mit jedem denkbaren Partner an irgendeinem Ort auf der Weltkommunizieren können ...“) nicht nachvollziehen.

Eckpunkt 5 (Regulatorische Auswirkungen einer engenMarktabgrenzung)Grundsätzlich gilt, dass je enger Märkte abgegrenzt werden, diesedesto eher und länger beherrscht werden. Enge sachliche wieräumliche Marktabgrenzungen gefährden daher das vom TKGvorgegebene Ziel, möglichst rasch funktionsfähigen Wettbewerbdurch Regulierung zu erreichen und damit die Voraussetzungenfür deren Rücknahme zu schaffen. Einer weiten Marktabgrenzungist deshalb unter Berücksichtigung der Nachfragepräferenzengrundsätzlich der Vorzug zu geben.

Befürwortende Stellungnahme1. Zahlreiche Stellungnahmen stimmen der Auffassung der RegTP zu, Märkte weit abzugrenzen. Zum Teil wird insoweit vertre-ten, dass dies sowohl für die sachliche wie für die räumlicheMarktabgrenzung gelte.2. Eine Stellungnahme weist insoweit darauf hin, dass das Pro-blem, Anzeichen für wirksamen Wettbewerb auf kleinen Teil-märkten angesichts der Wettbewerbsmöglichkeiten insgesamtfalsch zu würdigen, auch im allgemeinen Wettbewerbsrecht be-kannt sei. Hierfür bestünden die Korrektive „Heterogenität desWettbewerbs“ und der „normzweckgebundenen Auslegung“.Dies sei auch von der Reg TP bei der Marktabgrenzung zu berück-sichtigen.3. Einige Kommentare warnen bei einer zu engen Marktabgren-zung vor der Gefahr der Quersubventionierung oder anderen Ver-drängungspraktiken des ehemaligen Monopolisten.4. Einige meinen, eine zu enge Marktabgrenzung gebe Produkt-strukturen vor und beeinträchtige unnötig die „Dynamik undPhantasie des Marktes“. Des Weiteren wird vorgetragen, dass eineenge Marktabgrenzung die Gefahr fördere, Märkte isoliert zu be-trachten. Dies sei unangemessen, weil im Telekommunikationsbe-reich verschiedene Märkte stark voneinander abhängig seien. Hie-rüber hinaus meint ein Kommentar, dass eine enge Marktabgren-zung die Wettbewerbsmöglichkeiten neuer Marktteilnehmer be-hindere, die nur regional begrenzt tätig seien. Außerdem gefährde

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die Aufteilung eines räumlichen Binnenmarktes in Ballungsgebie-te die vom Endverbraucher gewünschte und gegenwärtig beste-hende und politisch gewollte Tarifeinheit im Raum.5. Nach Auffassung einiger Kommentare spreche für eine weiteMarktabgrenzung deren größere Praktikabilität. Bei einer künst-lichen Differenzierung von Märkten bestehe die Gefahr einerpraktisch nicht mehr handhabbaren Marktzersplitterung.Des Weiteren wird vorgetragen, dass eine enge Marktabgrenzungangesichts der in dem sich dynamisch ändernden Telekommunika-tionssektor geringen Informationsbasis mit relativ größeren Fehlernbehaftet sein könnte und die zukünftig relevanten Substitutionsver-hältnisse unterschätzt werden. Deshalb sei im Telekommunikations-sektor eine weite Marktabgrenzung tendenziell eher vertretbar.6. Da einer weiten Marktabgrenzung der Vorzug zu geben sei, seidie pauschale Vorabdefinition der Märkte durch die EuropäischeKommission in Zuführungs-, Terminierungs- und Transitmärkteabzulehnen.7. Hierüber hinaus halten einige Stellungnahmen die These fürrichtig, dass Märkte um so länger beherrscht werden, je enger sieabgegrenzt werden. Eine Stellungnahme verweist insoweit auf dasPhänomen der „Preis-Kosten-Schere“.8. Einige Stellungnahmen stimmen mit dem fünften Eckpunktauch insoweit überein, dass Endkunden nicht bestimmte Zielrou-ten in einzelne Staaten nachfragten. Ein Kommentar meint, dassim Fall einer anderen Schlussfolgerung nicht auf die Ebene des je-weiligen Ziel-Staates abgestellt werden müsse, sondern auf dieTerminierung an einem bestimmten Ort.9. Des Weiteren stimmen einige Kommentare der Reg TP in derEinschätzung zu, dass der in einzelnen räumlichen Gebieten ent-standene Wettbewerb in erster Linie durch die regulatorischenRahmenbedingungen entstanden, jedoch noch nicht selbsttra-gend sei. Eine Stellungnahme hebt in diesem Zusammenhang un-ter Verweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drs. 13/3609, S. 33 f.,hervor, dass die Brechung des Monopols bzw. der marktbeherr-schenden Stellung der DT AG das (zeitlich) vorrangige Regulie-rungsziel des TKG sei.

Eingeschränkte Zustimmung1. Einige Stellungnahmen weisen darauf hin, dass eine engeMarktabgrenzung nicht zwingend eine marktbeherrschende Stel-lung perpetuiere. Eine Ausnahme bestehe einem Kommentar nachnur dann, wenn der Anbieter regelmäßig ohne Wettbewerber sei,etwa im Teilnehmeranschlussbereich.2. Einige Stellungnahmen schlagen vor, Eckpunkt 5 dahingehendneu zu formulieren, das auch eine zu enge Marktabgrenzung dieRegulierungsziele gefährde.3. Ein Kommentar vertritt die Auffassung, dass es möglicherweisegute Gründe für eine tendenziell weite Marktabgrenzung gebe(z.B. hohe Entwicklungsdynamik, regulatorische Erfordernisse).Dies müsse aber im Einzelfall mit den „Argumentationsmustern“des GWB begründet werden, ein Pauschalverweis auf die Regulie-rungsziele des § 2 TKG reiche insoweit nicht aus.Eine andere Stellungnahme warnt davor, Märkte deshalb mög-lichst großzügig zu definieren, damit (Teil-) Märkte mit funktionie-rendem Wettbewerb entstehen. Vielmehr sei zum Nutzen der Ver-braucher auf den „real existierenden Wettbewerb“ abzustellen.

Ablehnende Stellungnahme1. Einige Kommentare halten die These für falsch, dass ein Marktum so länger bzw. eher beherrscht werde, je enger er abgegrenztwerde.2. Hierüber hinaus wird vertreten, dass eine enge Marktabgren-zung nicht die Regulierungsziele gefährde. Die Marktabgrenzungbeeinflusse überhaupt nicht die Marktentwicklung. Außerdem er-höhe eine enge Marktabgrenzung nicht die Regulierungsintensi-tät, im Gegenteil verringere diese sich, weil Teilmärkte aus der Re-gulierung entlassen werden.Einige Kommentare meinen, dass normative Gesichtspunkte fürdie Marktabgrenzung irrelevant seien bzw. nicht berücksichtigtwerden dürfen. Dies gelte auch für das in Eckpunkt 5 genannteZiel, funktionsfähigen Wettbewerb durch Regulierung zu errei-chen. Dieser Begriff sei zu unbestimmt, um als Grundlage einerjustiziablen Entscheidungspraxis dienen zu können. Maßgeblich

sei demgegenüber der objektive Ist-Zustand eines Marktes bzw.das Bedarfsmarktkonzept.3. Eine Stellungnahme führt gegen eine weite Marktabgrenzungfolgendes Beispiel an: Bei der Zuordnung der Ortsgespräche zudem Markt für Festnetztelefonie würde dieser Markt bei Entstehenwesentlichen Wettbewerbs in den Bereichen Fern- und Auslands-gespräche fälschlicherweise als wettbewerblich angesehen wer-den, auch wenn eine wettbewerbliche Kontrolle bei Ortsgesprä-chen fehle.4. Im Gegensatz zu der im fünften Eckpunkt vertretenen Thesemeinen einige Stellungnahmen, dass entsprechend dem Bedarfs-marktkonzept Gespräche in unterschiedliche Länder mangelsSubstituierbarkeit unterschiedlichen Märkten zuzurechnen seien.Einige Kommentare vertreten hierzu eine gegenteilige Auffassung.(Vgl. hierzu bereits die Stellungnahmen zu Eckpunkt 3.)Ein Kommentar meint, dass die Frage der Erreichbarkeit eines End-kunden nichts über die Marktabgrenzung aus Anrufersicht aussa-ge.5. Eine Stellungnahme weist auf einen Widerspruch zwischenden Eckpunkten 4 und 5 hin. In Eckpunkt 4 werde einerseits be-fürchtet, dass bei einer engen räumlichen Marktabgrenzung ein-zelne Regionen aus der Marktbeherrschung herausfielen, wohin-gegen in Eckpunkt 5 eine durch enge Marktabgrenzung zu erzie-lende hohe Regulierungsintensität gefordert werde.

Sonstige Kritik1. Ein Kommentar weist darauf hin, dass eine einmal vorgenom-mene enge Marktabgrenzung nur schwer wieder aufzugeben sei.2. Eine Stellungnahme weist darauf hin, dass die Reg TP von derAuffassung, Märkte weit abzugrenzen, bei der Vergabe von Lizen-zen für UMTS bereits abgewichen sei; in den Lizenzbedingungensei der entsprechende Markt als eigenständig abgegrenzt worden.

Eckpunkt 6 (Feststellung einer marktbeherrschendenStellung bei erkennbaren wettbewerblichenEntwicklungen)Soweit seit der vollständigen Liberalisierung des Telekommunika-tionssektors zum 01.01.1998 wettbewerbliche Prozesse erkenn-bar sind, können bei der Feststellung einer marktbeherrschendenStellung über den Marktanteil eines Unternehmens hinaus zuneh-mend dynamische Kriterien berücksichtigt werden. Hierbei han-delt es sich insbesondere um potenziellen Wettbewerb, Änderun-gen von Marktzutrittsbarrieren, Zugang zu den Beschaffungsmärk-ten und den technischen Fortschritt sowie die ständiger Verände-rung unterliegende Struktur der Wettbewerber (Beteiligungser-werb, Allianzen für einzelne unternehmerische Strategien, z.B.bei UMTS).

Insoweit ist eine Gesamtbetrachtung aller maßgebenden Umständeerforderlich. Hierbei sind insbesondere die auf dem relevantenMarkt herrschenden Wettbewerbsverhältnisse zu berücksichtigen.Diesbezüglich kann trotz Annahme verschiedener Märkte im Ein-zelfall auch von anderen Märkten ein wettbewerblicher Einfluss aus-gehen. Dies gilt insbesondere auch für ausländische Märkte, derenEinfluss auf das Bestehen marktbeherrschender Stellungen im Inlandseit der Sechsten Novelle des GWB von 1999 in § 19 Abs. 2 Nr. 2GWB ausdrücklich anerkannt ist (vgl. auch Teil B.II).

Befürwortende Stellungnahme1. Zahlreiche Stellungnahmen stimmen der Auffassung zu, dasszur Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung eine Ge-samtbetrachtung erforderlich sei. Ein Kommentar hält diese Vor-gehensweise deshalb für erforderlich, weil der Marktanteil der DTAG aufgrund der Marktliberalisierung „zwangsläufig“ sinke, nichtdagegen deren strukturelle Wettbewerbsvorteile aus ihrer bundes-weiten vertikalen Integration, die ihre marktbeherrschende Stel-lung noch verstärkten; der Marktanteil allein habe insoweit alsonur eine geringe Aussagekraft.Einige Stellungnahmen heben insoweit hervor, dass die Reg TP –anders als in Eckpunkt 6 formuliert – kein Ermessen habe, ob sieeine Gesamtbetrachtung durchführe. Die Formulierung in Eck-punkt 6 „können ... berücksichtigt werden“ müsse daher diesbe-züglich korrigiert werden.

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2. Die Auffassung, dass dynamische Kriterien von großer Bedeu-tung sind, wird ebenfalls geteilt. Einige Stellungnahmen weisen in-soweit darauf hin, dass insbesondere die Marktzutrittsschranken,der potenzielle Wettbewerb, der Zugang zu den Beschaffungs-und Absatzmärkten sowie die Finanzstärke eines Unternehmensin Netzmärkten für das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stel-lung entscheidend seien.3. Des Weiteren stimmen einige Kommentare der Auffassung zu,dass der Einfluss anderer (z.B. Vorleistungs-) Märkte auf ein Un-ternehmen sowie die Marktstärke eines Unternehmens auf ande-ren, insbesondere ausländischen, Märkten („Global Player“)grundsätzlich berücksichtigt werden müsse. Das Problem des Ver-hältnisses verschiedener Märkte zueinander werde dort „beson-ders brisant“, wo eine enge Marktabgrenzung zu einem Neben-einander von regulierten und nicht regulierten Märkten führe; dieTransparenz der Marktprozesse und des Regulierungsprozessesdürfe durch eine enge Marktabgrenzung nicht verloren gehen.4. Des Weiteren wird von einer Stellungnahme die Auffassung ge-teilt, dass die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung an-hand einer Gesamtbetrachtung erst dann erfolgen kann, wennwettbewerbliche Prozesse erkennbar sind. Diese müssten aller-dings in Ergänzung zu der in Eckpunkt 6 vertretenen These dauer-haft sein; diese Voraussetzung sei derzeit noch nicht erfüllt.

Ablehnende Stellungnahme1. Einige Stellungnahmen betonen im Gegensatz zu Eckpunkt 6die hervorgehobene Bedeutung des Marktanteils eines Unterneh-mens. Dieses Kriterium entfalte gemäß § 19 Abs. 3 GWB eine Ver-mutung für das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung. EinKommentar meint, dass von dieser Vermutung in Anwendung derin § 19 GWB genannten dynamischen Kriterien nur abgewichenwerden könne, wenn trotzdem „mit an Sicherheit grenzenderWahrscheinlichkeit“ chancengleicher und funktionsfähiger Wett-bewerb bestehe; die Darlegungslast obliege insoweit dem markt-beherrschenden Unternehmen.Andere Stellungnahmen meinen, dass Dienstleistungsmärkte einespezielle Analyse erforderten; Marktanteile eines Unternehmensseien in diesem Fall nicht so relevant wie andere Kriterien.2. Ein Kommentator hält die Aussage, dass bei der Feststellungeiner marktbeherrschenden Stellung die Marktstärke auf anderen(insbesondere Vorleistungs-) Märkten zu berücksichtigen sei, fürunzutreffend. Die Übertragung der Marktmacht auf einen anderenMarkt sei nicht möglich, da die Vorleistungsmärkte reguliert seienund die Wettbewerber auf die Vorleistungen ungehindert und zuregulierten Preisen zugreifen könnten.Ein Kommentar führt aus, dass der Einfluss ausländischer Märkteauf den deutschen Markt gering sei, da der Telekommunikations-markt zur Zeit noch „sehr stark“ national geprägt sei. Zu der Frage,ob auch potenzieller Wettbewerb aus dem Ausland zu berück-sichtigen sei, meint eine Stellungnahme, dass nicht die Anzahl derausländischen potenziellen Konkurrenten maßgeblich sei, son-dern die Höhe der tatsächlichen Marktzutrittsbarrieren auf demdeutschen Markt.3. Ein weiterer weist darauf hin, dass die Rolle des potenziellenWettbewerbs vorsichtig zu beurteilen sei. Die für dessen Beurtei-lung maßgebliche Theorie der bestreitbaren Märkte sei nach demXIII. Hauptgutachten der Monopolkommission nur unter „sehrspeziellen Bedingungen“ anzuwenden.4. Einige Stellungnahmen vertreten die Auffassung, dass die in § 19Abs. 2 GWB beispielhaft aufgezählten Kriterien nicht sektorspezi-fisch verändert werden dürften. Hierüber hinaus sei das in Eckpunkt6 genannte Kriterium „die ständiger Veränderung unterliegendeStruktur der Wettbewerber“ unklar.Demgegenüber wird von anderen vertreten, dass die Kriterien des§ 19 GWB besser auf die Gegebenheiten des Telekommunika-tionsmarktes abgestimmt und entsprechend dieser Besonderhei-ten anders gewichtet werden sollten.Des Weiteren fragen einige Kommentatoren, was unter den in Eck-punkt 6 genannten „erkennbaren wettbewerblichen Prozessen“zu verstehen sei, die eine detaillierte Überprüfung des Vorliegenseiner marktbeherrschenden Stellung auslösten. Hierüber hinauswird vertreten, dass es nicht zweckmäßig sei, bei der Marktab-grenzung und der Feststellung einer marktbeherrschenden Stel-

lung nach der zeitlichen Entwicklung des Telekommunikationsbe-reichs zu differenzieren; die in § 19 GWB genannten Kriterien sei-en immer anzuwenden.

Sonstige Kritik1. Einige Stellungnahmen schlagen vor, stärker die bisher stattge-fundene Marktentwicklung und die faktische Erhöhung der (recht-lichen und tatsächlichen) Marktzutrittsbarrieren zu berücksichti-gen.2. Ein Unternehmen weist darauf hin, dass der relative Marktan-teil im Telekommunikationsbereich kein Zeichen für das Besteheneiner marktbeherrschenden Stellung, sondern für niedrige Markt-zutrittsschranken sei.3. Ein Kommentar vertritt die Auffassung, dass die Marktanteilesich erst dann signifikant neu verteilen werden, wenn es gleich-wertige Alternativen zum terrestrischen Netz bei verschiedenenAnbietern gebe.4. In einer Stellungnahme werden weitere Kriterien zur Feststel-lung einer marktbeherrschenden Stellung vorgeschlagen: unter-nehmensbezogene Kriterien (Marktanteil des betreffenden Unter-nehmens auf vor- oder nachgelagerten Märkten, der Grad an verti-kaler Integration, die besondere Finanzkraft, der Grad der Ver-flechtung mit anderen Unternehmen) sowie marktbezogene Krite-rien (rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktein-oder -austritt, die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere An-bieter auszuweichen, der Zugang zu Vorleistungs- und Absatz-märkten, insbesondere die Fähigkeit zum Angebot von Bündel-produkten).5. Ein Kommentar kritisiert, Eckpunkt 6 berücksichtige nicht, dasssich der Markt für digitalen Mobilfunk in wettbewerblichen Struk-turen entwickelt habe. Dies gelte auch für UMTS-Dienste, die vonAnfang an im Wettbewerb angeboten werden.6. Eine Stellungnahme meint, dass die Ausführungen in Eckpunkt6 zu vage seien, da die Bezugnahme auf einschlägige ordnungs-theoretische Konzepte (insbesondere Monopolresistenz, Bottle-necks, Bestreitbarkeit etc.) fehle bzw. diese Konzepte nur punktu-ell behandelt würden.

Eckpunkt 7 (Regulatorische Auswirkungen„wettbewerblicher Nadelstiche“ auf einemarktbeherrschende Stellung)Ob auf bestimmten Märkten chancengleicher und funktionsfähi-ger Wettbewerb besteht, kann grundsätzlich nur langfristig festge-stellt werden. Soweit in einigen Bereichen oder Teilmärkten (insachlicher und/oder räumlicher Hinsicht) aufkeimender Wettbe-werb festgestellt werden kann, könnte es sich daher unter Berück-sichtigung der Marktstellung des (ehemaligen) Monopolisten imTelekommunikationsbereich in Deutschland insgesamt nur um„wettbewerbliche Nadelstiche“ handeln, die einen sich selbst tra-genden, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbnicht auf Dauer sicherstellen. Dies gilt insbesondere auch wegender technischen Besonderheiten der Telekommunikation als Bran-che, die durch dynamische Innovationsprozesse geprägt ist (Stich-worte „UMTS/IMT-2000“, „Konvergenz“). In diesem Fall könnteder entstandene Wettbewerb seine Funktionsfähigkeit temporärwieder verlieren. Eine verfrühte Rückführung des Regulierungs-rahmens wäre im Rahmen eines solchen Szenarios zur Erreichungder Regulierungsziele des §§ 1, 2 Abs. 2 TKG langfristig ungeeig-net und hierüber hinaus kontraproduktiv, da sie zu dem (Wieder-)Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung führen könnte.

Von der Regulierungsbehörde sind daher geeignete Maßnahmenzu erwägen, die eine Rückkehr in die bisherige Regulierung desbetreffenden Marktes durch die Regulierungsbehörde bei aufkom-mender erneuter marktbeherrschender Stellung ermöglichen.

Befürwortende Stellungnahme1. Einige Stellungnahmen befürworten die in Eckpunkt 7 vertrete-ne These, „wettbewerbliche Nadelstiche“ zu berücksichtigen.Von einigen wird besonders hervorgehoben, dass nur ein struktu-rell gesicherter, selbsttragender Wettbewerb funktionsfähig i.S.d.TKG sei. Diese Voraussetzung sei jedoch derzeit auf keinem Tele-kommunikationsmarkt erfüllt.

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2. Des Weiteren wird die Einschätzung befürwortet, dass ein ver-frühtes Aussetzen der ex ante-Regulierung das Regulierungsziel,funktionsfähigen Wettbewerb sicherzustellen, gefährde. EinigeStellungnahmen weisen insoweit darauf hin, dass zunächst dieMonopolkommission gemäß § 81 Abs. 3 TKG feststellen müsse,dass sich der Wettbewerb dauerhaft als selbsttragend erwiesenhat.3. Ein Unternehmen teilt die Auffassung, – ggf. im Wege einereinstweiligen Anordnung – zeitlich befristet festzustellen, dass dieDT AG nicht mehr marktbeherrschend ist, und diese Feststellungin regelmäßigen Abständen zu überprüfen.4. Zum Teil wird dem Vorschlag zugestimmt, die ex ante-Regulie-rung bei Fernverbindungen im Sprachtelefondienst aufzuheben.Das Gleiche gelte aber auch für Auslands- und Endkundenmärkte.Das deutsche und europäische Wettbewerbsrecht böten wirksa-men Schutz gegen Machtmissbrauch.

Ablehnende Stellungnahme1. Ein Unternehmen kritisiert, dass der Begriff „wettbewerblicheNadelstiche“ nicht näher erläutert sei. Ein anderer meint, dassnicht belegbar sei, dass es sich bei „aufkeimenden Wettbewerb“ inTeilbereichen nur um „wettbewerbliche Nadelstiche“ handele.Des Gleichen seien keine Rückschlüsse möglich, dass Wettbe-werb regulierungsbedingt war, wenn auf einem Markt mit funk-tionsfähigem Wettbewerb nach Rücknahme der Regulierung wie-der eine marktbeherrschende Stellung entsteht. Dies könne auf-grund der wettbewerbseigenen Dynamik auch auf strukturellenEntwicklungen beruhen.2. Zahlreiche Kommentare warnen davor, einzelne Teilmärkte„versuchsweise“ aus der Regulierung zu entlassen. Die hierdurchentstehende Unsicherheit sei für die Entwicklung der Märkte undeines funktionsfähigen Wettbewerbs „nicht zuträglich“ (Hemmnisfür Investitionen und Innovationen). Andere meinen, zur Zeit seider Wettbewerb noch nicht selbsttragend, so dass durch die teil-weise Rückführung der Regulierung das Ziel, chancengleichenund funktionsfähigen Wettbewerb sicherzustellen, gefährdet wä-re. Andere Stellungnahmen führen diesbezüglich aus, dass sichbei Fehlschlagen eines solchen „Deregulierungs-Experiments“nicht ohne weiteres wieder durch Regulierung Wettbewerb her-stellen ließe. Telekommunikationsmärkte seien aufgrund „ganz er-heblicher“ Markteintritts- und -austrittsbarrieren nicht entspre-chend bestreitbar. Die eintretenden Schäden seien irreparabel.Zum Teil wird insoweit vertreten, dass sich die verfrühte Freigabebestimmter Teilmärkte im Telekommunikationsbereich wegen derbesonders starken Abhängigkeit der vor- und nachgelagertenMärkte verbiete. Die DT AG, die auf allen zentralen Vorleistungs-märkten eine marktbeherrschende Stellung habe, könne die ver-suchsweise freigegebenen Märkte „remonopolisieren“. Einigeweisen diesbezüglich explizit auf die Fernverkehrsmärkte hin.Eine Stellungnahme trägt vor, dass es unzulässig und für den Wett-bewerb gefährlich sei, wenn bestimmte Märkte „probeweise“ ausder Regulierung entlassen werden, auf denen die DT AG weiterhinmarktbeherrschend i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB sei.3. Einige Stellungnahmen teilen die Auffassung der Reg TP nicht,dass bei aufkommender erneuter Marktbeherrschung besondereregulatorische Maßnahmen zu erwägen seien. Das TKG sehe beiVorliegen einer marktbeherrschenden Stellung bereits bestimmteRegulierungsmaßnahmen vor; so setze beispielsweise die Entgelt-regulierung zwingend wieder ein, sobald die Voraussetzung derMarktbeherrschung auf dem relevanten Markt wieder erfüllt ist.Außerdem sei nicht erkennbar, wie die Reg TP durch die Abgren-zung von Märkten und der Feststellung einer marktbeherrschen-den Stellung Maßnahmen ergreifen könne, um Wettbewerbsent-wicklungen, die auf mehrjährigen Technologiezyklen basieren, zubeeinflussen.Andere Kommentare vertreten diesbezüglich die Auffassung, dassunklar sei, in welcher Form die in Eckpunkt 7 erwähnten einstwei-ligen Anordnungen oder zeitlich befristeten Entscheidungen erfol-gen sollen.4. Hierüber hinaus führen einige Stellungnahmen aus, dass die sek-torspezifische Regulierung des TKG auf den Zeitraum des Über-gangs vom Monopol zu wettbewerblichen Strukturen zu beschrän-ken sei (sog. „Sunset-Clause“). Es dürfe deshalb nicht im freiem Er-

messen der Reg TP stehen, Märkte dadurch wieder den sektorspezifi-schen Regelungen des TKG zu unterwerfen, dass diese nur befristetals Wettbewerbsmarkt eingestuft werden. Vielmehr müssten hierfürim konkreten Einzelfall objektive Voraussetzungen erfüllt sein, wiedie Tatbestandsmerkmale des § 19 GWB oder eine missbräuchlicheVerhaltensweise des betreffenden Marktteilnehmers.5. Zum Teil wird Eckpunkt 7 deshalb abgelehnt, weil er unzulässi-ge Kriterien zur Abgrenzung von Märkten bzw. für die Feststellungeiner marktbeherrschenden Stellung aufstelle; maßgeblich sei dieEntscheidung im konkreten Einzelfall nach den Kriterien des § 19GWB. Einige kritisieren in diesem Zusammenhang das in Eck-punkt 7 zusätzlich genannte Kriterium der Langfristigkeit wettbe-werblicher Entwicklungen. Eine weitere Stellungnahme meint, fürdie Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung sei irrele-vant, ob der Wettbewerb i.S.d. §§ 1, 2 Abs. 2 TKG chancengleichsei. Des Weiteren verzerrten die in Eckpunkt 7 verwendeten Be-griffe „aufkeimender Wettbewerb“ und „wettbewerbliche Nadel-stiche“ das Marktgeschehen.Ein anderer meint, dass zwischen der marktbeherrschenden Stel-lung eines Unternehmens und dem Fehlen funktionsfähigen Wett-bewerbs unterschieden werden müsse. Während die marktbeherr-schende Stellung im Einzelfall festzustellen sei, nehme zu der Fra-ge, ob funktionsfähiger Wettbewerb bestehe, zweijährlich die Mo-nopolkommission gemäß § 81 Abs. 3 TKG Stellung. Weder indi-ziere das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung, dassWettbewerb nicht funktionsfähig sei, noch lasse der Fortfall einermarktbeherrschenden Stellung darauf schließen, dass funktionsfä-higer Wettbewerb vorliege.6. Andere meinen, dass auf vielen Telekommunikationsmärktenbereits funktionsfähiger und auf Dauer selbsttragender Wettbe-werb bestehe (z.B. Auslandsgespräche, Interconnection Fern undMietleitungen). Der Telekommunikationssektor könne deshalbbereits heute „in stärkerem Maße“ in das allgemeine Wettbe-werbsrecht überführt werden. Eine etwaige Rückkehr in das sek-torspezifische Sonderrecht des TKG sei auszuschließen.7. In einer Stellungnahme wird der in Eckpunkt 7 vertretenen Auf-fassung widersprochen, dass Innovationen die Funktionsfähigkeitdes Wettbewerbs gefährdeten. Im Gegenteil bringe der Wettbe-werb innovative Produkte hervor, wohingegen in reguliertenMärkten nur ein geringerer Anreiz bestehe, neue Produkte zu ent-wickeln.8. Von einem Unternehmen wird darauf hingewiesen, dass derVerweis in Eckpunkt 7 auf UMTS falsch sei, da hier von Anfang anaktiver Wettbewerb herrsche.

Sonstige Kritik1. Eine Stellungnahme weist auf die ständige Spruchpraxis desBundeskartellamtes hin, wonach ein innovativer Markt tendenzi-ell gegen das Vorliegen eines vom Wettbewerb unkontrolliertenVerhaltensspielraums, also das Bestehen einer marktbeherrschen-den Stellung, spreche.2. In einer Stellungnahme wird auf einen Widerspruch zwischenEckpunkt 3 und Eckpunkt 7 hingewiesen: In Eckpunkt 7 werde dieAuffassung vertreten, das die ex ante-Regulierung auf Fernver-kehrsmärkten zurückgeführt werden könnte; demgegenüber wer-de in Eckpunkt 3 der Entscheidung darüber, ob es eigene Märktefür Fernverkehr gibt, ausgewichen.

Sonstige Bemerkungen zu Teil A1. In zahlreichen Stellungnahmen wird die Vorgehensweise derReg TP, Eckpunkte zu erstellen, ausdrücklich begrüßt. Dies ver-mittle den betroffenen Unternehmen die erforderliche Rechtssi-cherheit. Eine Stellungnahme kritisiert in diesem Zusammenhang,dass diese Diskussion vor der Entscheidung der Beschlusskammerüber die Feststellungsanträge der DT AG betreffend einzelnerMärkte hätte geführt werden müssen.Des Weiteren wird befürwortet, dass die Eckpunkte in einem Zeit-raum von ca. 2 Jahren revidiert werden sollen. Die bis dahin beste-henden praktischen Erfahrungen könnten hierbei berücksichtigtwerden.2. Einige Kommentatoren warnen davor, die Regulierung zu frühzurückzuführen, solange langfristig wieder eine marktbeherr-schende Stellung verstärkt werden könne. Bisher sei kein selbsttra-

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gender, dauerhafter Wettbewerb entstanden. Den ausschließlichpolitisch motivierten Bestrebungen zur Änderung der Regulierungsollte die Reg TP nicht folgen. Zum Teil wird darauf hingewiesen,dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass die Regulie-rung des Telekommunikationssektors für einen längeren Zeitraumerforderlich ist; aus den in der Telekommunikations-Lizenzgebüh-renverordnung angesetzten jährlichen Regulierungskosten ergebesich insoweit ein Zeitraum von mindestens 30 Jahren.Demgegenüber wird in anderen Stellungnahmen vertreten, dassdie Marktöffnungsphase, die in den Eckpunkten erwähnt wird, ab-geschlossen sei. Auf allen Telekommunikationsmärkten, auch imOrtsnetzbereich, bestehe aktiver oder potenzieller Wettbewerb.Die DT AG sei daher nicht mehr marktbeherrschend, so dass dieRegulierung entsprechend zurückgeführt werden müsse.3. Eine Stellungnahme weist darauf hin, dass gerade keine „Ni-schen“ oder Teilsegmente aus der Regulierung entlassen werdendürften. Die neuen Wettbewerber müssten sich gerade solche „Ni-schen“ suchen, die ihnen die sukzessive Ausbreitung in andereTeilsegmente des Telekommunikationsmarktes erlauben. Wenndie DT AG hier nicht der Regulierung unterliege, sei sie in der La-ge, die in den „Nischen“ starken Wettbewerber durch Quersub-ventionierung aus dem Markt zu drängen.

Stellungnahmen zum Rechtscharakter der Eckpunkte1. Zum Teil wird kritisiert, dass die Rechtsqualität der Eckpunktenicht deutlich werde.2. Einige Stellungnahmen fordern, dass die Eckpunkte von derReg TP einheitlich anzuwenden seien und deshalb für die Ent-scheidungen der Beschlusskammern bindend sein müssten.3. Des Weiteren müsse das Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht,insbesondere zu den von der Europäischen Kommission vorge-schlagenen Leitlinien für die Marktabgrenzung, klargestellt wer-den. Einige meinen, dass die Eckpunkte von den o.g. Leitliniennicht abweichen dürften. Zum Teil wird vertreten, dass der im „Re-view 99“ diskutierte künftige Rechtsrahmen der EuropäischenUnion keine abschließende Vorabfestlegung bei der Marktabgren-zung vorsehe.4. In einer anderen Stellungnahme wird gerügt, dass die allgemei-nen Grundsätze des Bundeskartellamtes für die Marktabgrenzungvom Oktober 2000 nicht erwähnt werden.

Ergänzende Vorschläge zu den Eckpunkten, Allgemeines1. Einige Stellungnahmen weisen darauf hin, dass die Eckpunkteabstrakt formuliert sein müssten. Die konkrete Marktabgrenzungmüsse eine Einzelfallentscheidung ohne statische Vorgaben ausEckpunkten bleiben.2. Zum Teil wird vertreten, dass das Eckpunktepapier klarstellenmüsse, dass die Aufhebung der Regulierung dem Gesetzgeber ob-liege (ggf. nach Stellungnahme der Monopolkommission i.S.d. §81 Abs. 3 TKG) und nicht der Reg TP (vgl. Entwurfsbegründung BT-Drs. 13/3609, S. 43, linke Spalte, letzter Absatz).3. Zum Teil wird vertreten, dass die Eckpunkte den Telekommuni-kationssektor nicht ganzheitlich betrachten, sondern erkennbareTeilbereiche und deren aktuelle und potenziellen Probleme kon-kret ansprechen sollten. Wegen der bereits eingetretenen tatsäch-lichen Entwicklungen könnten Märke bereits jetzt differenzierterabgegrenzt werden.4. Einige Stellungnahmen betonen, dass das Bedarfsmarktkon-zept immer anzuwenden sei, also unabhängig von der Intensitätdes Wettbewerbs, politischen Zielen des TKG oder möglichenEntwicklungsphasen der Telekommunikationsmärkte. Zum Teilwird in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, die Marktab-grenzungsproblematik aus Gründen der Rechtssicherheit undentsprechend der gesetzlichen Verweisung auf § 19 GWB soweitwie möglich an die Anwendungspraxis des GWB anzulehnen.Andere meinen, dass die ökonomischen und rechtlichen Beson-derheiten des Telekommunikationssektors unter die gesetzlichenVoraussetzungen des § 19 GWB subsumiert werden müssten.Diese Besonderheiten sollten in den Eckpunkten besser heraus-gearbeitet werden.5. Zum Teil wird darauf hingewiesen, dass den inhärenten Vortei-len eines Incumbent im Wettbewerb besonders Gewicht beige-messen werden müsse (das eigene, von den Wettbewerbern nicht

wirtschaftlich nachzubildende Netz, das nicht durch eigene Leis-tung im Wettbewerb, sondern zu einem nicht unerheblichen Teildurch Monopolgebühren finanziert worden sei; der historische,ideelle Firmenwert und die Bekanntheit im Markt mit hoher Kun-denzahl und -bindung; das weit gestreute Produktportfolio, dasdie Bündelung von Produkten auf verschiedenen Märkten ermög-liche; die vertikale Integration, aus der erhebliche Handlungs-spielräume im Wettbewerb resultierten).

Ergänzende Vorschläge zu den Eckpunkten, konkreteErgänzungsvorschläge1. Die Problematik integrierter Unternehmensstrukturen solltestärker betont werden. Wegen der besonderen Ausgangssituationin der Telekommunikation, in der die DT AG als einziger Anbieterüber flächendeckende, moderne netztechnische Einrichtungenverfügt und auch auf dem nachgelagerten Markt tätig ist, sei derGesichtspunkt der vertikalen Integration von „erheblich größererBedeutung“ als in allen bisherigen Entscheidungen zum GWB.Die Frage, inwieweit Vorprodukte bzw. Endkundenpreise „effizi-ent“ reguliert seien, sei in der frühen Liberalisierungsphase inDeutschland entscheidend. In diesem Zusammenhang wird in ei-nigen Kommentaren die Problematik der Übertragung von Markt-macht auf benachbarte Märkte erwähnt. Ein anderer meint, dasszwischen Vorprodukt- und Endkundenmärkten besser differen-ziert werden sollte.2. Des Weiteren solle die Problematik der gemeinsamen markt-beherrschenden Stellung behandelt werden.3. Da die Abgrenzung von sich technologisch rasant verändern-den Märkten schwierig sei, schlägt ein Kommentar vor, internet-bezogene Märkte in einem weiten und flexiblen Ansatz abzugren-zen.

Sonstige Kritik1. Eine Stellungnahme rät, das Problem der Marktabgrenzungnicht „übertrieben ernst“ zu nehmen, da die Übergänge zwischenden einzelnen Gütern fließend seien.2. Ein Kommentar meint, dass die Reg TP mangels entsprechen-der Zuständigkeit der Beschlusskammern das Fehlen einer markt-beherrschenden Stellung nicht durch Verwaltungsakt feststellendürfe.3. Ein Kommentator vertritt die Auffassung, dass hinter den Eck-punkten keine durchgängige Konzeption erkennbar sei.4. Eine Stellungnahme weist darauf hin, dass der zweite Berichtder Monopolkommission, der im Herbst 2001 erscheint, ebenfallszu Fragen der Marktabgrenzung und der Feststellung einer markt-beherrschenden Position Stellung nimmt.5. Zum Teil wird darauf hingewiesen, dass der Beschluss der Be-schlusskammer 2 vom 20.02.2001 (BK 2c-00/018) den Eckpunk-ten widerspreche. Die dort vorgenommene Marktabgrenzungkönne nicht wieder rückgängig gemacht werden.6. Eine Stellungnahme weist darauf hin, dass die in den Eckpunk-ten vertretene Argumentation auch auf den Postmarkt übertragbarsei.

Teil B. Kriterien und Methoden zur Konkretisierung dersachlichen und räumlichen Marktabgrenzung und zurPrüfung marktbeherrschender Stellungen imTelekommunikationsbereichIn dem in Frage stehenden Zeitraum sind in den Bereichen Sprach-telefondienst, Mietleitungen sowie bei Vorleistungen wie zumBeispiel Zusammenschaltungen Marktabgrenzungen und Prüfun-gen marktbeherrschender Stellungen zu erwarten, die eine beson-dere Bedeutung für die weitere Entwicklung des Telekommunika-tionssektors haben dürften. Im Teilnehmeranschlussbereich isttrotz neuer Technologien (WLL, Ausbau von Kabelverteilnetzen,Powerline) kurz- bis mittelfristig mit keinen signifikanten Ände-rungen zu rechnen. Des Weiteren wird außerhalb der Bearbeitungformeller Feststellungsanträge zu untersuchen sein, ob und inwie-weit zwischen unterschiedlichen Dienstleistungsbereichen (Mo-bilfunk und Festnetz) wesentliche Substitutionsbeziehungen ent-stehen. Wesentlich ist auch, dass in zunehmenden Maße das Auf-treten internationaler finanzstarker Konzerne und deren Auswir-

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kungen auf die Marktabgrenzung und die Prüfung der Marktbe-herrschung zu berücksichtigen sind.

Die Anwendbarkeit der in diesen Eckpunkten enthaltenen Regelnist vom konkreten Einzelfall abhängig und nicht durchgängig in al-len denkbaren Fällen möglich; auf Grund der jeweiligen Gege-benheiten kann auch eine abweichende rechtliche Vorgehenswei-se geboten sein.

Im Folgenden wird daher im Wesentlichen auf gängige Methodender Marktabgrenzung und Marktbeherrschung eingegangen; so-weit möglich werden konkrete Schlussfolgerungen gezogen.

AnmerkungKommentierungen zu dieser Einleitung sind in den sonstigen all-gemeinen Bemerkungen zu Teil B am Ende enthalten.

I. Marktabgrenzung im Einzelnen

Eckpunkt 8 (Sachliche Marktabgrenzung – Methoden)Bei der Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes steht dieSicht des verständigen Verbrauchers im Sinne des Bedarfsmarkt-konzeptes im Vordergrund. Diese Sichtweise – nämlich die desNachfragers – ist auch von der EU für den Bereich der Telekom-munikation in Grundzügen bereits in den Leitlinien für die An-wendung der EG-Wettbewerbsregeln im Telekommunikations-bereich veröffentlicht worden (91/C 233/02, Amtsblatt vom06.09.91).

Eine Konkretisierung dieser Sichtweise erfolgte durch die Bekannt-machung der Kommission über die Definition des relevantenMarktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (97/C372/03, Amtsblatt vom 09.12.97). Danach gehören zum sachlichrelevanten Markt alle Waren oder Dienstleistungen, die sich nachEigenschaft, Preisen und Verwendungszweck so nahe stehen, dassder verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines be-stimmten Bedarfs geeignet und als gegeneinander austauschbaransieht. Dort ist weiterhin ausgeführt, dass bei der Bestimmungdes relevanten Marktes die Nachfragesubstituierbarkeit die unmit-telbarste und wirksamste Wettbewerbskraft darstellt. Allerdings istauch die Angebotssubstituierbarkeit – auch wenn diese wenigerunmittelbar wirksam ist – bei der Bestimmung des relevantenMarktes zu betrachten (vgl. auch Teil A, Eckpunkt 1).

Eine denkbare Möglichkeit zur Bestimmung des sachlich relevan-ten Marktes besteht darin, zur Bestimmung der Substituierbarkeitvon Produkten die Reaktion der Konsumenten auf eine hypotheti-sche Erhöhung der Marktpreise für bestimmte Produkte zu unter-suchen. Die hierbei gemäß der oben genannten Bekanntmachungzu beantwortende Frage lautet, ob die Nachfrager als Reaktion aufeine angenommene kleine, bleibende Erhöhung der Preise (im Be-reich zwischen fünf und zehn Prozent; hierbei handelt es sich umeinen empirischen Erfahrungswert) für die betreffenden Produkteauf leicht verfügbare Substitute ausweichen würden. Ist die Substi-tution so groß, dass durch den damit einhergehenden Absatzrück-gang eine Preiserhöhung nicht mehr einträglich wäre, so werdenin den sachlich relevanten Markt solange weitere Produkte einbe-zogen, bis kleine, dauerhafte Erhöhungen der Preise einen Ge-winn einbrächten (sogenannter Hypothetischer Monopolisten-test).

Der Vergleich der vorher genannten Konzepte ergibt, dass das Be-darfsmarktkonzept das Nachfragerverhalten berücksichtigt, deroben beschriebene Test hingegen neben dem Nachfragerverhal-ten auch das Anbieterverhalten, so dass Aspekte des Bedarfsmarkt-konzeptes insoweit in den Hypothetischen Monopolistentest ein-fließen, als hier – wie bereits ausgeführt – Angebots- und Nachfra-geseite in engem Zusammenhang untersucht werden.

Bei der sachlichen Marktabgrenzung ist zu beachten, dass es ineinem sachlich relevanten Markt in der Regel keine signifikant un-terschiedlichen Wettbewerbsbedingungen geben kann.

Befürwortende StellungnahmenFast alle Kommentare vertreten die Auffassung, dass aus Sichtdes verständigen Verbrauchers das Bedarfsmarktkonzept bei der

Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes im Vordergrundstehe.

Einige der vorgenannten Kommentare betonen zudem, dass nurdas Bedarfsmarktkonzept bei der Abgrenzung des sachlich rele-vanten Marktes zum Tragen kommen dürfe.

Zum Aspekt, dass auch die Angebotssubstituierbarkeit bei der Be-stimmung des sachlich relevanten Marktes zu berücksichtigen sei,wurde ein Kommentar dahingehend abgegeben, dass dies nurdann zutreffend sei, wenn Substitutionsprodukte tatsächlich auchverfügbar seien. Ansonsten sei dieser Bereich bei der Marktbeherr-schung zu diskutieren.

Der Hypothetische Monopolistentest (HM-Test) wird in zahlrei-chen Kommentaren aufgegriffen und nicht verworfen. Dabei se-hen einige Kommentare diesen als eine eigenständige – von demBedarfsmarktkonzept unabhängige – Methode zur Bestimmungdes sachlich relevanten Marktes an. Andere Kommentare dagegensehen diesen nur als eine Hilfsmethode im Rahmen des Bedarfs-marktkonzeptes an. Dies, d.h. der Hypothetische Monopolisten-test als Hilfsverfahren, sei – einem Kommentar zufolge – auch Pra-xis der EU-Kommission.

In den Kommentaren wird in der Regel auf die Probleme bei derAnwendung des Hypothetischen Monopolistentests hingewiesen.Diese stellen sich wie folgt dar:

c Als Ausgangspreisniveau sei ein Wettbewerbspreis zu bestim-men. Dieser stehe in aller Regel allerdings nicht zur Verfügung.c Die Verfügbarkeit aller für die Anwendung des HM-Tests erfor-

derlichen Informationen sei in der Regel nicht gegeben.c Auf Märkten mit hoher technischer Dynamik und Innovation

sei der HM-Test nur eingeschränkt anwendbar, da die Prämisse derrelativen Gleichwertigkeit der miteinander konkurrierenden Pro-dukte auf diesen Märkten in der Regel längerfristig nicht zutreffe.c Ein Kommentar weist darauf hin, dass das tatsächliche Nachfra-

gerverhalten anders als das hypothetische Verhalten der Nachfra-ger sei.c Ein Kommentar weist darauf hin, dass die Erfassung des Verhal-

tens alternativer Anbieter problematisch sei, wenn diese selbstMarktmacht besitzen.

Der Aspekt, dass es in einem sachlich relevanten Markt in der Re-gel keine signifikant unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungengeben kann, wurde von einigen Kommentaren bestätigt.

Ablehnende StellungnahmenDie Anwendung des Bedarfsmarktkonzepts wird in keinem Kom-mentar abgelehnt.

Bezüglich der Anwendung der Angebotsumstellungsflexibilitätzur Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes wird in einemKommentar ausgeführt, dass eine hohe Angebotssubstituierbarkeitkeinen Einfluss auf die Marktabgrenzung habe, sondern allenfallsein Indiz für die Bestreitbarkeit eines Marktes darstelle.

Die Anwendung des HM-Tests wird in einigen Kommentarengrundsätzlich abgelehnt.

Die Aussage, dass es in einem sachlich relevanten Markt in der Re-gel keine signifikant unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungengeben kann, wird in einem Kommentar als problematisch einge-stuft. Dies sei dadurch begründet, dass durch die Zusammenfas-sung von Teilmärkten entscheidungsrelevante Informationen, diefür die Regulierung von Bedeutung seien, verloren gingen. Gleich-zeitig seien aber durch die Zusammenfassung von TeilmärktenStrukturen erkennbar, die auf den Teilmärkten nicht erkennbar ge-wesen wären. Eine Zusammenfassung von Teilmärkten sollte nurdann erfolgen, wenn der Gewinn an entscheidungsrelevanten In-formationen größer als der Verlust solcher wäre.

Sonstige BemerkungenEin Kommentar führt aus, dass die Eckpunkte in Übereinstimmungmit den Leitlinien zur Marktanalyse und der beträchtlichen Markt-macht der EU vom 28/03/01 stehen sollten. Auch seien die ent-sprechenden Richtlinien der EU bei der Entwicklung von Ansätzenzur Marktdefinition zu berücksichtigen.

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Eine andere Stellungnahme betont, dass eine Marktabgrenzungnie enger sein dürfe als das Quersubventionierungsvermögen desMarktbeherrschers.

Aus einer weiteren Kommentierung geht hervor, dass alle verfüg-baren Verfahren und Informationsquellen zur Abgrenzung dessachlich relevanten Marktes genutzt werden sollten und dass inder Analyse der Marktbeherrschung darauf zu achten sei, dass dieErgebnisse gegenüber mutmaßlichen Fehlern bei der Marktab-grenzung robust sein sollten.

Eckpunkt 9 (Sortimentsgedanke bei der sachlichenMarktabgrenzung)Im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung kann als Markt aucheine Gesamtheit von einzelnen Waren oder Leistungen in Betrachtkommen, die einzelne durchaus unterschiedliche Bedarfszweckeerfüllen. Bei Verbundangeboten mit unterschiedlichen Produktenbildet die Gesamtheit von Waren oder Leistungen dann einen ei-genständigen Markt, wenn die Gesamtheit als solche von den Ab-nehmern tatsächlich nachgefragt wird. Es ist im Einzelfall sogardenkbar, dass ein und dieselbe Ware bzw. Leistung bei verschiede-nen Anwendungsmöglichkeiten oder unterschiedlichen Abneh-mergruppen zugleich mehreren Märkten angehört. Es kann derFall auftreten, dass neben den Märkten für einzelne Dienste ge-bündelte Dienste einen eigenen Markt bilden (Sortimentsgedan-ke). Hier ist in der Telekommunikation z.B. der Bereich desSprachtelefondienstes zu nennen. So könnten Orts-, Fern- undAuslandsverbindungen zu einem Markt zusammengefasst wer-den, wenn die Nachfrager bei der Auswahl ihrer Verbindungsleis-tungen bewusst keine Unterscheidung treffen (vgl. auch Teil A Eck-punkt 4 und 5). In diesem Zusammenhang ist darüber hinausdenkbar, dass in Zukunft neben Sprachtelefon-, auch Internet- undsonstige Multimediadienstleistungen im Rahmen von Komplettan-geboten nachgefragt werden.

Befürwortende StellungnahmenDer überwiegende Teil der eingegangenen Kommentare schließtsich grundsätzlich der Auffassung der Reg TP an, dass als sachlichrelevanter Markt auch im Telekommunikationsbereich ein Sorti-ment unterschiedlicher Leistungen in Betracht kommen kann. DieZustimmung ist allerdings im Einzelnen differenziert, so werdenunterschiedliche Voraussetzungen genannt oder Anwendungsge-biete eingeschränkt.

Beispielsweise wird in einem Kommentar herausgestellt, dass derkartellrechtliche Sortimentsgedanke insbesondere bei der sach-lichen Marktabgrenzung im Einzelhandelsbereich eine wichtigeRolle spiele. Allerdings komme etwa bei Orts-, Fern- und Aus-landsverbindungen eine Zusammenfassung nur bei einem kleinenKundenkreis – insbesondere multinationalen Unternehmen – inFrage, die umfassende und weltweite Telekommunikationsdienst-leistungen aus einer Hand nachfragen würden.

Eine andere Stellungnahme hebt hervor, dass die Anwendung desSortimentsgedankens im Telekommunikationsbereich nahe liege,da dort zunehmend gebündelte Dienste angeboten und nachge-fragt würden; allerdings sei es problematisch, wenn der Sorti-mentsgedanke bei der Abgrenzung der Telekommunikationsmärk-te verabsolutiert werde.

Die Anwendung des Sortimentsgedankens sei abhängig von sorg-fältiger Marktanalyse bzw. von empirischen Verbraucherbefra-gungen.

Zu berücksichtigen sei, so wird in einem Kommentar betont, dassein einheitlicher Markt für ein Produktbündel nicht schon dannvorliege, wenn die Kundenentscheidung für ein Optionsangebotim Hinblick auf Preisvorteile erfolge. Nur wenn die Entscheidungfür ein Optionsangebot vornehmlich dadurch bedingt sei, dass derKunde ein Komplettangebot aus einer Hand wünsche, komme einSortiment in Betracht.

Konkret wird auch vorgebracht, dass zwar grundsätzlich die Bil-dung von Sortimentsmärkten möglich sei, im Telefondienst Orts-,Fern- und Auslandsverbindungen aber nicht zu einem Markt zu-sammengefasst werden könnten.

In einer Stellungnahme wird sehr einschränkend herausgestellt,dass aus Nachfragersicht der Fest- oder Mobilanschluss, die Orts-,Fern-, Auslands- oder Mobilverbindungen sowie Privat- und Ge-schäftskunden jeweils eigenständige Märkte mit unterschied-lichem Angebot bildeten. Auf dem Privatkundenmarkt entsprecheeine Zusammenfassung von Märkten und von Diensten in einemSortiment gegenwärtig nicht der Marktrealität. Allerdings könnebei Geschäftskunden insbesondere in Ballungsräumen festzustel-len sein, dass sie vorzugsweise Telekommunikationsdienste vonnur einem Anbieter nachfragten.

Ablehnende StellungnahmenVon einem geringeren Teil der Kommentare wird der Sortiments-gedanke eher abgelehnt oder sehr eingeschränkt.

Zur Begründung wird von einer Stellungnahme angeführt, dassdieser Eckpunkt zu stark von Erwägungen zum Sprachtelefon-dienst getragen sei; die Überlegungen zu einem einheitlichenMarkt für Sprachtelefondienst würden im Übrigen den Ausführun-gen im Eckpunkt 3 widersprechen.

Zwei Kommentare stellen darauf ab, dass der Sortimentsgedankewegen der Gefahr möglicher Quersubventionierungen abzuleh-nen sei. Das marktmächtige Unternehmen werde ermuntert, regu-lierte Leistungen im Bündel mit nicht regulierten Leistungen alsSortiment anzubieten und damit der Regulierung des Nichtsorti-menten-Marktes zu entziehen. Ebenso entstehe dadurch die Mög-lichkeit, die für das Sortimentsprodukt entstehenden Kosten jenach strategischer Intention entweder dem regulierten Produktteilzuzuordnen (falls eine Erhöhung der Preise gewünscht sei) oder imnichtregulierten Produktteil zu verteilen (falls der Monopolist Inte-resse daran habe, das Sortimentsprodukt billiger anbieten zu kön-nen als die Konkurrenz). In beiden Fällen wirke sich die Annahmevon Sortimentsmärkten wettbewerbsschädlich aus.

In einer Stellungnahme wird die Anwendung des Sortimentsge-dankens auf die Telekommunikationsbranche bei der Marktab-grenzung abgelehnt. Eine Berücksichtigung des Angebots vonLeistungsbündeln müsse in anderer Weise Rechnung getragenwerden. Der richtige Ansatz sei, die Märkte nach den ökonomi-schen Gegebenheiten eng abzugrenzen und nicht zu einem ein-heitlichen Markt für Bündelprodukte zusammenzufassen, wohlaber die Möglichkeiten des Anbieters, Interdependenzen zwi-schen benachbarten Märkten zu schaffen, bei der Prüfung derMarktbeherrschung zu berücksichtigen.

Sonstige BemerkungenVon einer Stellungnahme wird betont, dass der Sortimentsgedankevoraussetze, dass eine Gesamtheit von Waren oder Leistungen alssolche von den Abnehmern tatsächlich nachgefragt werde. Dies seinicht der Fall, wenn durch Inanspruchnahme von Call-by-Call je-weils Einzelleistungen in Anspruch genommen werden könnten.

Eckpunkt 10 (Räumliche Marktabgrenzung)Auch bei der Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes stehtdie Sicht des verständigen Verbrauchers im Sinne des Bedarfs-marktkonzeptes im Vordergrund. Gemäß der oben genannten Be-kanntmachung stellt der bei der sachlichen Marktabgrenzung be-schriebene Hypothetische Monopolistentest eine Methode dar,auch den räumlich relevanten Markt zu bestimmen (vgl. auch TeilA Eckpunkt 4 und 5).

Grundsätzlich ist bei der Bestimmung des räumlich relevantenMarktes vom Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszuge-hen. Kleinere, insbesondere regionale oder örtliche Märkte kön-nen – außer in anderen, hier nicht zu beschreibenden Fällen – imTelekommunikationsbereich etwa dann in Betracht kommen,wenn signifikant unterschiedliche Wettbewerbsbedingungenherrschen (vgl. auch Teil A Eckpunkt 4).

In einigen Kommentaren zu Eckpunkt 10 wird auf die Stellungnah-men in anderen Eckpunkten verwiesen.

Befürwortende StellungnahmenNach einigen Kommentaren werden die Aussagen in Eckpunkt 10grundsätzlich unterstützt. Es wird festgestellt, dass die räumliche

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Marktabgrenzung nach dem deutschen Kartellrecht sowie denvon der EU-Kommission vorgeschlagenen Guidelines zur Markt-abgrenzung und -beherrschung mittels des Bedarfsmarktkonzep-tes vorzunehmen sei.

In weiteren Kommentaren wird die Auffassung geteilt, dass derräumlich relevante Markt zur Zeit grundsätzlich die Bundesrepu-blik Deutschland sei.

Es wird in einem Kommentar positiv gewertet, dass die Abgren-zung enger räumliche Märkte im Einzelfall in Betracht gezogenwerden könnte. In einem weiteren Kommentar wird darauf hinge-wiesen, dass die Bildung subnationaler (regionaler oder örtlicher)Märkte in der Kartellrechtspraxis anerkannt sei.

In einer Stellungnahme wird darauf hingewiesen, dass der räum-lich relevante Markt jedenfalls nicht größer sein könne als der In-landsmarkt, d.h. das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Da-mit sei allerdings nur eine Obergrenze bezeichnet. Die Möglich-keit kleinerer räumlicher Teilmärkte sei stets in Betracht zu ziehen.Diese seien immer dann zu bilden, wenn die Austauschmöglich-keiten der Nachfrager aus objektiven Gründen regional begrenztseien oder nach den tatsächlichen Verbrauchergewohnheitendurch Ortsgebundenheit von Angeboten begrenzt werde. DieseKriterien bildeten den Hintergrund dafür, dass unterschiedlicheWettbewerbsbedingungen herrschen müssten.

Einige Kommentare stimmen zu, dass bei signifikant unterschied-lichen Wettbewerbsbedingungen regionale und örtliche Märkteabzugrenzen seien. Dies wäre mit einer unterschiedlichen Wett-bewerbsintensität bei einzelnen Telekommunikationsdienstenund Kundengruppen zu begründen, einem intensiven Wettbe-werb auf dem Vorleistungsmarkt zwischen den Ballungszentren,sowie einer unterschiedlichen Wettbewerbsentwicklung in be-stimmten Städten und Regionen.

Es wird darauf hingewiesen, dass in der neuen Praxis des Bundes-kartellamtes auch die Wettbewerbssituation auf dem europäi-schen Markt mitberücksichtigt werde (möglich nach § 19 Abs. 2Satz 1 Nr. 2 GWB i. d. F. der 6. GWB-Novelle).

Dabei findet Zustimmung, dass bei der Feststellung der Marktbe-herrschung aufgrund einer räumlichen Marktabgrenzung im Rah-men der wertenden Gesamtschau auch Wettbewerbseinflüsse ausdem Ausland zu berücksichtigen seien. Begründung sei die Glo-balisierung des Wettbewerbs, insbesondere bei dem Angebot glo-baler Telekommunikationsdienste für Geschäftskunden.

Ablehnende StellungnahmenNach zwei Kommentaren steht dieser Eckpunkt im Widerspruchzu den Ausführungen von Eckpunkt 5, wonach eine weite räum-liche Marktabgrenzung in jedem Fall zu bevorzugen sei. Es wird inmehreren Kommentaren darauf hingewiesen, dass Eckpunkt 10eine andere Marktabgrenzung vornehme als Eckpunkt 4.

Nach einem Kommentar sei die Begrenzung der maximalen Aus-dehnung des räumlich relevanten Marktes auf die BundesrepublikDeutschland in wirtschaftlicher Hinsicht weder durch den An-wendungsbereich des TKG und GWB noch durch den Zweck desGesetzes zu begründen. Vielmehr sei auf die beobachtbarenMarktverhältnisse abzustellen. Danach hätte die Begrenzung desMarktes auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ihren Ur-sprung in juristischen Erwägungen und sei eine unzulässige Ein-schränkung bei der Bestimmung relevanter Märkte. Werde alsobei der Anwendung des Bedarfsmarktkonzeptes festgestellt, dassauch Produkte von Anbietern außerhalb des Geltungsbereichs desTKG vom verständigen Verbraucher als Alternative erachtet wer-den, sei der relevante Markt in geographischer Hinsicht entspre-chend weit abzugrenzen.

Nach einem Kommentar wird nicht deutlich, in welchen Fälleneine Abgrenzung regionaler oder örtlicher Märkte in Betrachtkomme. Verschiedene Kommentare lehnen die Abgrenzung re-gionaler Teilmärkte in der Praxis ab.

c Erstens seien durch die bundesweite Einheitlichkeit der Vorpro-duktmärkte keine regional signifikant unterschiedlichen Wettbe-werbsmärkte festzustellen und zweitens spreche das Angebot

komplexer Bündelprodukte gegen eine Annahme regionaler Teil-märkte.c In einem Kommentar wird darauf hingewiesen, dass ein erfolg-

reicher Marktzugang durch eine Aufteilung des räumlichen Bin-nenmarktes in Ballungsgebiete verhindert werde, da umsatzstarkeUnternehmen, die den Aufbau einer bestimmten Infrastruktursinnvoll erscheinen ließen, in bestimmten Ballungsgebieten ange-siedelt seien.c Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass auf diese Weise die

Tarifeinheit im Raum gefährdet werde.c In einem Kommentar wird dargestellt, dass eine unterschied-

liche Behandlung regionaler Endkundenmärkte eine vorgelagerteregional differenzierte Regulierung der entsprechenden Vorpro-duktmärkte zwingend voraussetze.c Zusätzlich wird in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass

darauf abzustellen sei, dass bundesweit tätige Teilnehmernetzbe-treiber besondere Vorteile gegenüber nur regional begrenztenTeilnehmernetzbetreibern hätten, auf Grund derer die Angeboteder bundesweit tätigen Teilnehmernetzbetreiber von den Nachfra-gern bevorzugt würden.

Bezugnehmend auf die Begründung zu Eckpunkt 10, wonach zurFeststellung der Marktbeherrschung Wettbewerbseinflüsse, dievom Ausland her auf den inländischen Markt einwirken, zu be-rücksichtigen sein könnten, wird in einem Kommentar festgestellt,dass dies für gefährlich gehalten wird, da sich bei einer Überbeto-nung dieses Arguments immer potentielle Konkurrenten findenließen. Es wird betont, dass die Höhe der tatsächlichen Marktein-trittsbarrieren auf dem deutschen Markt und nicht die Zahl der po-tentiellen Konkurrenten ausschlaggebend seien.

Sonstige Bemerkungenc Nach einem Kommentar wird zur Diskussion gestellt, ob die

verfassungsrechtlich garantierte Versorgung mit flächendeckendangemessenen und ausreichenden Dienstleistungen als Aspektzur räumlichen Marktabgrenzung mit herangezogen werden soll-te.c In einem weiteren Kommentar wird auf die Bündelung von

wettbewerblichen und monopolistischen Märkten hingewiesensowie auf den damit verbundenen Aspekt der Quersubventionie-rung. Die Übertragung von Marktmacht in „related markets“ solltebei der Untersuchung einer marktbeherrschenden Stellung inten-siv geprüft werden.c Der „Hypothetische Monopolistentest“ kann gemäß einem

Kommentar nach dem Bedarfsmarktkonzept ein zusätzlichesHilfsmittel zur sachgerechten räumlichen Marktabgrenzung sein.Sein Erkenntniswert sei bei den derzeitigen Marktstrukturen je-doch anzuzweifeln.c In einem Kommentar wird darauf hingewiesen, dass es durch

die Anwendung des „Hypothetischen Monopolistentests“ nicht zueiner Einschränkung der regionalen Marktabgrenzung kommensollte. Es bedarf nach einem Kommentar weiterer Diskussion, obdurch die Anwendung des „Hypothetischen Monopolistentests“räumliche bzw. regionale Märkte abgegrenzt werden können.

II. Prüfung der Marktbeherrschung im EinzelnenIm Rahmen der Prüfung der Marktbeherrschung ist eine Gesamt-schau aller maßgeblichen Umstände erforderlich. Die Prüfungkann sich nicht auf das Vorliegen einzelner Kriterien beschränken(§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB zählt als Kriterien für eine überragendeMarktstellung auf: Marktanteil, Finanzkraft, Zugang zu den Be-schaffungs- oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Un-ternehmen, rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Markt-zutritt anderer Unternehmen, den tatsächlichen oder potenziellenWettbewerb durch innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichsdes Gesetzes ansässige Unternehmen, die Fähigkeit, Angebot oderNachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzu-stellen, die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unterneh-men auszuweichen). Diese sind vielmehr zueinander in Bezug zusetzen. Die in § 19 GWB erwähnten Kriterien müssen nicht kumu-lativ vorliegen. Für die Annahme einer marktbeherrschenden Stel-lung kann es ausreichen, wenn nur ein einziges Merkmal (im Ver-hältnis zu den Wettbewerbern) im überragendem Ausmaß vorhan-

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den ist und die Marktstellung des Unternehmens entscheidendprägt. Allerdings kann eine marktbeherrschende Stellung auch auseiner Reihe von Merkmalen folgen, die zwar nicht isoliert, wohlaber in ihrer Gesamtheit eine derartige Annahme rechtfertigen. ImFolgenden wird auf diejenigen Kriterien eingegangen, die ausSicht der Reg TP in den bisherigen und vermutlich auch künftigenVerfahren eine besonders bedeutende Rolle gespielt haben bezie-hungsweise spielen werden (vgl. auch Teil A, Eckpunkt 6).

Allgemeine StellungnahmenEin Kommentar führt aus, dass die derzeitige Marktsituation durchregulatorische Eingriffe geprägt sei und kein sich selbsttragenderWettbewerb vorliege. Deshalb sei bei der Prüfung der Marktbe-herrschung neben der aktuellen Marktsituation auch immer einehypothetische zu unterstellen, die darüber informieren solle, waswäre, wenn keine Regulierung bestünde.

In zwei Kommentaren wird darauf hingewiesen, dass grundsätzlicheine Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände erfolgen müsse.

Ein Kommentar schlägt vor, auch die Feststellung des Nichtbeste-hens einer marktbeherrschenden Stellung als ein Ergebnis der Prü-fung nach § 19 GWB in den Eckpunkt aufzunehmen.

Zwei Kommentare betonen, dass die Einleitung zu den Eckpunk-ten zur Marktbeherrschung weitgehend die derzeitige Rechtslageaufgreife.

Ein Kommentar führt aus, dass die Vorauswahl bestimmter Kriteri-en in einzelnen Eckpunkten eine Verengung der wertenden Ge-samtschau darstelle.

Ein Kommentar schlägt vor, sektorspezifische Konkretisierungen,die in den Begründungen zu den Eckpunkten dargelegt sind, in dieEckpunkte 11 bis 14 direkt aufzunehmen.

Eckpunkt 11 (Bedeutung von Marktanteilen bei derPrüfung marktbeherrschender Stellungen)Neben der absoluten Höhe von Marktanteilen geben im Telekom-munikationsbereich insbesondere Marktanteilsabstände, die Ver-teilung der Marktanteile sowie deren Entwicklung wichtige An-haltspunkte für das Vorliegen oder das Fehlen marktbeherrschen-der Stellungen.

Befürwortende StellungnahmenDie Kommentare schließen sich grundsätzlich der Auffassung derReg TP an, dass die Marktanteile wichtige Anhaltspunkte für dasVorliegen oder das Fehlen marktbeherrschender Stellungen liefernkönnen.

Einigen Kommentaren zur Begründung des Eckpunktes ist zu ent-nehmen, dass dieser nicht umfassend bzw. in allen Punkten ausunterschiedlichen Gründen gefolgt werden könne.

Ausführungen zur VermutungsregelZwei Kommentare betonen, dass der Marktanteil schon aufgrundder Vermutungsregel entscheidendes Kriterium bei der Prüfungder Marktbeherrschung sei. Die anderen Kriterien hätten allenfallsdort eine ergänzende Funktion, wo die Marktanteilsbetrachtungkein eindeutiges Ergebnis liefere.

In einer Stellungnahme kommt zum Ausdruck, dass ein geringerMarktanteilsabstand zum nächstgrößeren Wettbewerber nicht zurFeststellung einer nicht marktbeherrschenden Stellung führenkönne, wenn bereits der Vermutungstatbestand erfüllt sei. Zudemhabe dieser geringe Abstand bei Vorliegen weiterer strukturellerMarktbeherrschungskriterien nur geringe Bedeutung. Es sei gege-benenfalls zu prüfen, ob ein Oligopol vorliege.

Ein Kommentar stellt heraus, dass bei Vorliegen des Vermutungs-tatbestandes die Reg TP aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzesnicht von der Pflicht entbunden sei, nach allen Aspekten zu unter-suchen. Der Vermutungstatbestand sei nur dann bedeutend, wennnach Ausschöpfung aller Quellen eine marktbeherrschende Stel-lung weder auszuschließen noch zu bejahen sei.

Ausführungen zur Bedeutung der MarktanteileIn einer Vielzahl der Kommentare wird ausgeführt, dass der Marktan-teil nur ein Kriterium bei der Prüfung der Marktbeherrschung sei undalle sonstigen in § 19 Abs. 2 GWB genannten Kriterien bei der stets zuerfolgenden wertenden Gesamtschau zu berücksichtigen seien.

In zahlreichen Kommentaren wird darauf hingewiesen, dass eineHinterfragung bzw. Bewertung der Marktanteile bzw. der Markt-anteilsverluste der DT AG vorzunehmen sei. Unterschiede beste-hen allerdings in deren Bewertung insbesondere hinsichtlich derFeststellung einer marktbeherrschenden Stellung.

In vielen Stellungnahmen kommt zum Ausdruck, dass eine dyna-mische Betrachtung der Marktanteile und keine Momentaufnah-me erfolgen dürfe.

In einigen Kommentaren wird ausgeführt, dass die Marktanteils-verluste der DT AG regulierungsbedingt und zwangsläufig Folgeder Liberalisierung seien.

Zwei Stellungnahmen betonen, dass Marktanteilsschwankungenz.B. Ausdruck von zeitlich begrenzten Preiskämpfen sein können.

Zwei Kommentare folgen der Auffassung, dass durch massivePreissenkungen resultierende Marktanteilsverluste ein Indiz fürdas Nichtbestehen einer marktbeherrschenden Stellung seien.

Sonstige AnmerkungenEiner Stellungnahme zur Folge sei zudem die zukünftige Entwick-lung der Marktanteile dahingehend zu betrachten, ob diese aufeine Stagnation oder aber weitere Veränderung hindeute. Diesumfasse eine Berücksichtigung der Marktanteilsabstände zu allenWettbewerbern und nicht nur zu dem nächst größeren. Insbeson-dere reiche ein einzelner Wettbewerber mit hohem Marktanteilnicht aus, den Verhaltensspielraum des „incumbent“ zu kontrol-lieren.

Ein Kommentar führt aus, dass angesichts der Dynamik und des In-novationspotentials auf den Märkten der Telekommunikation einZeitraum von drei Jahren für eine Betrachtung des Marktgesche-hens mehr als ausreichend sei.

Einer Stellungnahme ist zu entnehmen, dass bei der Überführungeines Monopolbereichs in den Wettbewerb der Verlust von Markt-anteilen auch bei intensivem Preiswettbewerb normal sei.

Ein Kommentar weist darauf hin, dass bei sich neu entwickelndenMärkten Marktanteilsanalysen nicht abgewartet werden könnten,sondern andere Kriterien besonders bedeutend seien.

Eine Stellungnahme hebt hervor, dass über die Ermittlung derMarktanteile keine Aussage erfolge, obgleich bereits in der Ent-scheidungspraxis der RegTP mengenmäßige Größen als aus-schlaggebend herangezogen worden seien.

Ein Kommentar betont, dass neben der dynamischen Marktanteils-betrachtung bei der Prüfung der Marktbeherrschung zudem ande-re Kriterien, wie z.B. das Fehlen einer Preissetzungskontrolle, Sub-stitutionsmöglichkeiten, Höhe der Wechselkosten und fehlendeMarkteintrittsbarrieren zu berücksichtigen seien. Insbesondere seidas Auftreten zahlreicher Wettbewerber mit jeweils geringenMarktanteilen kein Indiz für Marktbeherrschung, sondern für nied-rige Marktzutrittsschranken. Zudem sei eine Expansion der Wett-bewerber auch mit geringen Marktanteilen möglich, da diskrimi-nierungsfreier Zugang zur Infrastruktur gegeben sei.

Ablehnende StellungnahmeWidersprochen wird in einer Stellungnahme der Auffassung, dassdas marktbeherrschende Unternehmen durch Preispolitik seinenMarktanteil beeinflussen könne, da es ja der Regulierung unterliege.

Eckpunkt 12 (Bedeutung der Finanzkraft bei der Prüfungmarktbeherrschender Stellungen)Ein weiterer Faktor, der zunehmend aufgrund der generell zu be-obachtenden Globalisierungstendenzen in den Vordergrundrückt, ist die Finanzkraft des betrachteten Unternehmens und dersonstigen auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmen. Eineüberlegene Finanzkraft kann einem Unternehmen Verhaltens-

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spielräume – insbesondere bei den Wettbewerbsparametern Preis,Qualität, Investitionen, Forschung und Werbung – verschaffen.Außerdem können ein umfassendes Sortiment oder branchen-und marktspezifische, insbesondere technologische Ressourcensolche Vorteile ausmachen. Gerade im Telekommunikationssek-tor können derartige Überlegenheiten bei den Ressourcen ein In-diz für eine überragende Marktstellung sein, wenn sie die Aus-weichmöglichkeiten der Nachfrager begrenzen und bei den Wett-bewerbern Entmutigungs- und Abschreckungseffekte hervorrufen.Gegebenenfalls wird ein Gewinntransfer und Verlustausgleich(Quersubventionierung) über verschiedene Märkte hinweg mög-lich. Wirkungen dieser Art zeigen sich darin, dass aktuelle Wettbe-werber vom aktiven Parametereinsatz und potenzielle Wettbewer-ber vom Markteintritt absehen. Im Rahmen der Finanzkraft wirdim Telekommunikationsbereich zunehmend zu fragen sein, in-wieweit internationale Konzerne bereit sind, aus dem Auslandstammende finanzielle Ressourcen auch auf dem deutschen Markteinzusetzen.

Grundsätzliche ZustimmungDer grundsätzlichen Bedeutung der Finanzkraft im Rahmen derPrüfung marktbeherrschender Stellungen wird von den Kommen-tatoren weitgehend zugestimmt. Zur Frage der Kriterien und denMaßstäben für Finanzkraft werden allerdings unterschiedlicheAuffassungen und Ansätze vertreten.

Genügt potentiell vorhandene Finanzkraft insbesondereausländischer Konzerne oder muss diese tatsächlich aucheingesetzt werden?Nicht einheitlich ist die Meinung der Kommentatoren zur Frage,ob die Finanzkraft von Unternehmen bzw. Konzernen nur dannAuswirkungen auf das Vorliegen überragender Marktmacht hat,wenn diese nur vorhanden, aber nicht tatsächlich auf dem räum-lich relevanten Markt auch eingesetzt wird.

So wird in zwei Stellungnahmen hervorgehoben, dass es auf dieBereitschaft internationaler Anbieter, ihre Finanzkraft auch tat-sächlich einzusetzen, nicht ankomme. Entscheidend sei vielmehr,dass aufgrund der Tatsache der gegebenen Finanzkraft eine poten-tielle Wettbewerbssituation entstehe, die für sich genommen ver-haltenskontrollierende Wirkung zeige. Hierfür genüge die Bereit-schaft der internationalen Anbieter zum Einsatz ihrer Mittel.

Dagegen stellen andere Kommentatoren heraus, dass nur die Fi-nanzkraft ausschlaggebend sei, die auch tatsächlich auf das maß-gebliche Marktsegment zum Einsatz komme. Im Rahmen der Prü-fung der Finanzkraft etwa von Tochterunternehmen internationa-ler Konzerne sei deshalb zu hinterfragen, inwieweit derartige Un-ternehmen wirklich bereit seien, ihre aus dem Ausland stammen-den finanziellen Ressourcen auch auf dem deutschen Markt ein-zusetzen. Ferner wurde darauf aufmerksam gemacht, dass beste-hendes Finanzpotential im Einzelfall nicht automatisch bedeute,dass dieses auch eingesetzt werde; vielmehr setzten finanzstarkeausländische Unternehmen ihre Mittel in hohem Maße für Wettbe-werbsstrategien auf ihren jeweiligen Heimatmärkten ein oder ver-teilten ihr finanzielles Engagement auf verschiedene Auslandsbetei-ligungen. Eine andere Kommentierung führt aus, dass die Finanz-kraft von hinter den Wettbewerbsunternehmen stehenden finanz-starken Muttergesellschaften und Konzernen deutlich überschätztwerde; es handele sich lediglich um Finanzkraftpotential, aus demauf tatsächliches Investieren nicht geschlossen werden könne.Wenn Investitionen erfolgten, dann streng projektbezogen; fernerdienten sie vor allem dem Aufbau bestimmter Infrastrukturen.

Eine Stellungnahme betont, dass jedenfalls die Finanzkraft recht-lich selbstständiger Tochtergesellschaften von ausländischen fi-nanzkräftigen Anbietern keinen Einfluss auf die Marktbeherr-schung haben könne; keine Muttergesellschaft werde, nur um imDeutschen Markt tätig zu sein, ein dauerhaftes Verlustgeschäftführen wollen.

Indikatoren für FinanzkraftVon einer Stellungnahme werden als Indikator für Finanzkraft z.B.die Umsätze der Marktteilnehmer genannt; nicht geeignet sei die

kurzfristige Lage auf Kapitalmärkten sowie der oftmals schnell um-leitbare Einsatz von Unternehmenskapital von anderen auf die be-trachtenden Märkte zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Eine andere Kommentierung führt zu den Kriterien für Finanzkraftaus, dass diese im Einzelfall bestimmt werden müssten; neben denim Eckpunktepapier genannten Kriterien könnten Berechnungs-möglichkeiten aus den Auslegungsgrundsätzen des BKartA ent-nommen werden.

Sonstige GesichtpunkteEine Stellungnahme macht darauf aufmerksam, dass neue Markt-teilnehmer regelmäßig ihre vorhandenen Finanzmittel dazu ein-setzen müssten, auf dem neu erschlossenen Telekommunikations-markt überhaupt Marktanteile zu erwerben. Demgegenüber seidie DT AG dazu in der Lage, ihre strukturellen Vorteile hier zu-nächst abzuwarten. Die unterschiedliche Ausgangsposition zeigesich auch darin, dass insolvente Unternehmen von Wettbewer-bern der DT AG nicht übernommen würden, während anderer-seits diese finanziell in der Lage sei, die US-amerikanische Tele-kommunikationsgesellschaft VoiceStream zu übernehmen. Ande-rerseits wird von einer anderen Kommentierung vorgebracht, dassim Bereich des Telekommunikationssektors eine Reihe von finanz-starken ausländischen Unternehmen existierten, die in ihrer Fi-nanzkraft die DTAG überträfen.

Von einer Kommentierung wird kritisiert, dass im Eckpunkt 12 ansystematisch falscher Stelle darauf hingewiesen werde, dass einumfassendes Sortiment oder branchen- und marktspezifische, ins-besondere technologische Ressourcen zu Verhaltensspielräumenführen könnten; dies sei nämlich keine Frage der Finanzkraft.

Eckpunkt 13 (Bedeutung des Zugangs zu Beschaffungs-und Absatzmärkten bei der Prüfung marktbeherrschenderStellungen)Ein im Vergleich zu Wettbewerbern besserer Zugang zu den Be-schaffungs- und Absatzmärkten ist im Telekommunikationsbe-reich besonders bedeutsam bei der Beurteilung marktbeherr-schender Stellungen. Dieser kann einem Unternehmen eine über-ragende Marktstellung verschaffen. Dies gilt insbesondere dann,wenn ein marktstarkes Unternehmen auf Grund seines hervorra-genden Zugangs zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten einemKonkurrenten den Zugang zu diesen Märkten erschweren oder garverschließen kann (Marktschließungseffekt).

Es wird in einigen Kommentaren auf Stellungnahmen zu anderenEckpunkten hingewiesen.

Befürwortende StellungnahmenIn zwei Kommentaren wird dargelegt, dass der Zugang zu Be-schaffungs- und Absatzmärkten im Rahmen einer Gesamtschaubei der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung zu be-rücksichtigen sei, da dieser erhebliche Verhaltensspielräume er-öffnen könnte und eine marktbeherrschende Stellung verursachenkönnte. In zwei Kommentaren wird angemerkt, dass dieses Kriteri-um nur subsidiär bei der Bewertung mit heranzuziehen sei. Im Ge-gensatz dazu wird in mehreren Kommentaren betont, dass diesemKriterium eine hohe Bedeutung beizumessen sei. Es hätte eine grö-ßere Relevanz als das Kriterium der „Finanzkraft“.

In einem Kommentar wird dem Ansatz zugestimmt, dass (1) ein imVergleich besserer Zugang zu den Absatz- und Beschaffungsmärk-ten, (2) die Konstellation einer vertikalen Integration oder (3) Ange-bote von Sortimenten zu Marktschließungseffekten führen könnten.Dies entspreche auch den allgemeinen kartellrechtlichen Überle-gungen. Die Anwendbarkeit dieser Überlegungen auf den Telekom-munikationsbereich sei jedoch nur bedingt möglich.

Es wird in mehreren Kommentaren betont, dass eine starke Abhän-gigkeit von den Vorprodukten des ehemaligen Monopolunterneh-mens bestehe, hierdurch seien auch die Produkte im Endkunden-markt bestimmt.

In einem Kommentar wird dargestellt, dass nicht diskriminierende(Preis-) Angebote auf dem Vorleistungsmarkt wesentlich für dieFunktionsfähigkeit des Wettbewerbs in Endkundenmärkten sei.

Entwurf von Eckpunkten/Zusammenfassung MMR Beilage 7/2002 41

Es wird ebenfalls mehrfach angemerkt, dass eine Duplizierung derumfassenden Netzstruktur des ehemaligen Monopolisten unterökonomischen Gesichtspunkten nicht sinnvoll sei.

Es wird in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass im Rahmender Ermittlung der Marktanteile gemäß § 38 Abs. 1 GWB konzern-interne Umsätze nicht zu berücksichtigen seien und die Beurtei-lung des Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten im Rahmender Berücksichtigung der Gesamtumstände insofern zwingend er-forderlich sei. Weiterhin wird betont, dass die vertikale und hori-zontale Integration von Unternehmen die Gefahr eines Markt-schließungseffektes nach sich ziehe.

In einem Kommentar wird darauf hingewiesen, dass das Angebotvon Sortimenten nur in seltenen Ausnahmefällen Wettbewerbsbe-schränkungen begründen könnte. Vielmehr müssten dazu zusätz-liche Faktoren, wie ein erheblicher Marktanteil hinzukommen.Dies werde auch vom BKartA in seiner Checkliste zur Marktbe-herrschung in der Fusionskontrolle betont.

Im Gegensatz dazu wird in einem Kommentar betont, dass demehemaligen Monopolisten durch die Interdependenz der Märkteim Bereich der Telekommunikation der Einsatz von Bündelpro-duktstrategien möglich werde. Erhebliche Handlungsspielräumedes Incumbent ergäben sich, wenn Produkte aus dem monopolis-tisch geprägten Bereichen mit wettbewerblichen Bereichen kom-biniert würden. Auf Grund der Verbundenheit einzelner Märktewird in einem Kommentar eine transparente regulatorische Rech-nungslegung für einzelne Geschäftszweige des marktbeherr-schenden Unternehmens gefordert, selbst wenn zwischenzeitlichfestgestellt werde, dass eine marktbeherrschende Position ineinem Teilmarkt nicht mehr vorläge.

Ablehnende StellungnahmenEs wird in einem Kommentar dargestellt, dass auf den Beschaf-fungsmärkten entweder ein vielfältiges Angebot herrsche oder einregulierter Zugriff auf Engpassfaktoren und somit alle Anbieter Zu-griff auf die notwendigen Vorleistungen hätten. Es ergäbe sich da-mit kein Diskriminierungspotential aufgrund einer überragendenMarktstellung.

Weiterhin wird angemerkt, dass die Bottlenecks nach objektivenKriterien zu bestimmen seien und einer regelmäßigen möglichstperiodischen Überprüfung bedürften, da sie durch die technischeEntwicklung im Zeitverlauf ihre Engpass-Eigenschaft verlöre. Eswird ausgeführt, dass vertikale Integration keinen bevorzugten Zu-gang zu Beschaffungsmärkten impliziere, vielmehr handele essich um unternehmerische Entscheidungen, inwieweit Vorleistun-gen extern beschafft würden.

Auch wird dargestellt, dass die angesprochenen Aspekte nur unterder Berücksichtigung angewendet werden könnten, dass im Tele-kommunikationsbereich der vor- und/oder nachgelagerte Marktder Regulierung unterliegen und Marktschließungseffekte in allerRegel somit zuverlässig vermieden würden.

Es wird weiterhin dargestellt, dass es mit dem diskriminierungsfrei-en Zugang zum Beschaffungsmarkt jedem Unternehmen frei ste-hen würde, sein Produktangebot zu gestalten. Damit könne einebevorzugte Marktstellung durch das Angebot einer breiten Pro-duktpalette oder individueller Komplettsysteme nicht festgestelltwerden. Es könnte auf dem Absatzmarkt kein Diskriminierungspo-tential aufgrund einer überragenden Marktstellung festgestelltwerden.

Sonstige StellungnahmenIn einem Kommentar wird ausgeführt, das Bündelprodukte wegender überragenden Marktposition des Ex-Monopolisten in denSchlüsselmärkten „Teilnehmeranschluss“, „Zusammenschaltung“und „Inkasso“ und der starken Interdependenz der Märkte im Tele-kommunikationsbereich einen zentralen Gesichtspunkt bei derBewertung der Marktbeherrschungskriterien nach § 19 GWB dar-stellten.

Es wird in einem Kommentar vorgeschlagen einen eigenen Eck-punkt einzurichten. In diesem sollten die frühzeitige Marktabgren-zung bei der Entstehung neuer Produkte und Märkte und damit die

frühzeitige Feststellung marktbeherrschender Stellungen behan-delt werden. Die Komplementärkriterien des § 19 Abs. 2 GWBsollten hierfür stärker gewichtet werden.

Es wird in mehreren Kommentaren festgestellt, dass sich der ehe-malige Monopolist nicht an regulatorische und vertragliche Vorga-ben halte und insofern keine effiziente Verhaltenskontrolle auf derEbene der Vorleistungsmärkte vorläge bzw. dass sich Umstände er-geben hätten, die sich diskriminierend gegenüber den Wettbewer-bern auswirkten. Ebenfalls wird in mehreren Kommentaren ange-merkt, dass eine Quersubventionierung zwischen regulierten undderegulierten Märkten verhindert werden müsste.

In einem Kommentar wird kritisch angemerkt, dass auf die Bottle-neck-Regulierung der monopolverdächtigen Vorleistungen, diegeeignet wäre, die Überwälzung von Marktmacht auf vor- odernachgelagerte Märkte zu kontrollieren bzw. zu neutralisierennicht eingegangen werde.

Einer Stellungnahme zur Folge ist davon auszugehen, dass dann,wenn ein Unternehmen vertikal integriert sei, ein bevorzugter Zu-gang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten anzunehmen sei.Zudem gelte, je höher der Grad der Eigenversorgung oder des Ei-genabsatzes sei, um so unabhängiger sei das Unternehmen vonPreisschwankungen auf den vor- oder nachgelagerten Märkten.Weiterhin gelte, je bedeutsamer der Marktanteil des Unterneh-mens auf diesen Märkten sei, um so abhängiger seien die Wettbe-werber von ihm in ihrem Bezug oder in ihrem Absatz. Dadurchwerde die Wirkung eines vertikal integrierten Unternehmens nochverstärkt, was allerdings in dem hier relevanten Kriterium kaumnoch erfasst werde.

Eckpunkt 14 (Bedeutung der Marktzutrittsschranken beider Prüfung marktbeherrschender Stellungen)Für die Marktbeherrschung im Telekommunikationssektor ist diePrüfung der Marktzutrittsschranken von besonderem Gewicht,weil er erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit für den Wettbewerbgeöffnet ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marktzutritts-schranken in unmittelbarer Wechselwirkung mit dem potenziel-len Wettbewerb stehen.

Befürwortende StellungnahmenIn fast allen Kommentaren wird der Auffassung der Reg TP grund-sätzlich zugestimmt bzw. sogar noch Ergänzungen vorgeschlagen.

Einigen Kommentaren ist keine eindeutige, zustimmende Aussagezu entnehmen.

Ausführungen zur Bedeutung der MarktzutrittsschrankenEine Stellungnahme betont, dass fehlende Marktzutrittsschrankenin einzelnen Märkten nicht automatisch das Wegfallen einermarktbeherrschenden Stellung mit sich bringe.

Neben den bisher genannten Marktzutrittsschranken seien – ent-sprechend einiger Kommentare – in unterschiedlichem Ausmaßweitere zu nennen. Hier seien insbesondere sog. sunk costs, Preis-dumping- und Quersubventionierungsmöglichkeiten, niedrige Ge-winnmargen, sog. „weiche“ Faktoren, wie z.B. Überschreitung vonBereitstellungszeiten, Qualität der Vorleistungen u.a.m., Bildungvon Sortimenten bzw. Produktbündel und Marketing- und Vertriebs-aufwendungen für feste Kundenstammgewinnung zu nennen.

Einer Stellungnahme zur Folge seien sunk costs nicht nur Indiz füreine Marktzutrittsschranke, sondern schon als eine solche anzuse-hen.

Der Aussage, dass aufgrund der Regulierung der Vorprodukte kei-ne Marktzutrittsschranken bestünden, wird in einem Kommentarnicht zugestimmt, da schon das Kostenrechnungssystem der DTAG nicht transparent sei.

Ausführungen zum Verhältnis zur potenziellenKonkurrenzEin Kommentar spricht sich dafür aus, dass nicht die potenzielleKonkurrenz, sondern die tatsächlichen Eintrittsbarrieren stärker zubeachten seien.

42 MMR Beilage 7/2002 Entwurf von Eckpunkten/Zusammenfassung

Einer anderen Stellungnahme zur Folge sei dagegen gerade im in-novativen Bereich des Telekommunikationssektors die Rolle despotenziellen Wettbewerbs von besonderer Bedeutung. Hier seienauch gerade die Marktzutrittsschranken von Bedeutung, weil sieüber die Frage Auskunft gäben, inwieweit potenzieller Wettbe-werb als ein bereits aktuell relevanter Wirkungsfaktor mit in dieBetrachtung der Marktbeherrschung einzubeziehen sei.

Sonstige AnmerkungenIn mehreren Kommentaren kommt zum Ausdruck, dass die Markt-zutrittsschranken seit dem Beginn der Liberalisierung bis heute zu-genommen hätten. Dies sei u.a. bedingt durch regulatorische Vor-gaben.

Eine Stellungnahme betont, dass die DT AG als quasi monopolisti-scher Vorlieferant technische und preisstrategische Möglichkeitenbesitze, Entwicklungsmöglichkeiten der Konkurrenten zu be-schränken.

Einige Kommentare weisen darauf hin, dass eine abschließendeBewertung zur Marktbeherrschung im Rahmen einer Gesamt-schau zu erfolgen habe und nicht anhand einzelner Kriterien.

Gemäß zweier Stellungnahmen sei bei der Beurteilung von Markt-zutrittsschranken eine dynamische Betrachtungsweise zugrundezu legen.

Ein Kommentar hebt hervor, dass durch die 6. GWB-Novelle die-ses Kriterium besondere Bedeutung erlangt habe.

Das Auftreten vieler Wettbewerber sei einer Stellungnahme zurFolge darauf zurückzuführen, dass niedrige Marktzutrittsschran-ken existierten. Zudem seien in neuen bzw. wachsenden Märktenniedrigere Marktzutrittsschranken als in stagnierenden Märktenfestzustellen.

Ausführungen zur Bestreitbarkeit von MärktenIn mehreren Kommentaren wird betont, dass die Bestreitbarkeitder verschiedenen Telekommunikationsmärkte bei der Beurtei-lung von Marktzutrittsschranken eine besondere Rolle spiele. Al-lerdings gebe es unterschiedliche Auslegungen zum Vorliegeneiner Bestreitbarkeit von Märkten. In drei Stellungnahmen ist zu-dem ausgeführt, dass jeweils genaue Analysen der Märkte unterBeachtung aller Ausgangskriterien, die bei Bestreitbarkeit erfülltsein sollten, durchzuführen seien.

Sonstige Bemerkungen zu Teil B

Befürwortende Stellungnahmenc Die öffentliche Diskussion sowie die Aufstellung eines Kriteri-

enkatalogs wird ausdrücklich begrüßt. Dadurch werde Planungs-sicherheit geschaffen sowie ein „Werkzeug“ entwickelt, welchesbei der täglichen Arbeit der Reg TP eingesetzt werden könnte.Weiterhin wird betont, dass eine Überprüfung der bestehendenRegulierungspraxis im Hinblick auf die Marktabgrenzung sowieder Feststellung von Marktbeherrschung begrüßt werde.c In einem Kommentar wird die Frage gestellt, welche Verbind-

lichkeit für das künftige Regulierungshandeln den Eckpunkten bei-zumessen sei. In einem Kommentar wird angeregt, dass das Eck-punktepapier die Bindungswirkung einer Verwaltungsvorschriftoder -anweisung haben sollte.c In einem Kommentar wird den Ausführungen zu Eckpunkt 8–

14 zugestimmt. Es wird betont, dass Methoden angewandt wür-den, die von den Wettbewerbsbehörden entwickelt worden seien.c Es wird in einem Kommentar darauf verwiesen, dass die Euro-

päische Kommission einen „Entwurf von Leitlinien zur Markt-analyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach Artikel14 des Vorschlags für eine Richtlinie über einen gemeinsamenRechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und-dienste“ vorgelegt hätte, mit denen die Ausführungen der Eck-punkte im wesentlichen übereinstimmen sollten. Es wird ange-regt, ein Arbeitsdokument der Eckpunkte der Kommission vorzu-legen. In einem anderen Kommentar wird betont, dass sowohlder Anknüpfungspunkt zur Abgrenzung etwaiger europäischerRegelungen sowie das Verhältnis zu den europäischen Leitlinienfestgelegt werden sollte.

c Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass zu erwartende Ände-rungen des europäischen Rechtsrahmens („Review 1999“) zu be-rücksichtigen seien. Zugleich wird eine Angleichung der Regulie-rungspraxis an die Spruchpraxis der Wettbewerbsbehörden ange-regt. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass eine Zurückführungder ex-ante Regulierung an die Voraussetzung eines funktionsfähi-gen, nicht regulierungsbedingten Wettbewerbs geknüpft werdensollte.c Nach einem Kommentar sollte die Marktabgrenzung und die

Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung bei neuen Märk-ten stärker berücksichtigt werden, damit eine Übertragung vonMarktmacht zu verhindern wäre. Zusätzlich wird betont, dass derZugang zu Absatz- und Beschaffungsmärkten besonders zu be-rücksichtigen sei. Daher wird auch vor einer Deregulierung vonTeilmärkten gewarnt, da die Wahrscheinlichkeit einer Re-Mono-polisierung als hoch eingeschätzt werde.c Nach einem Kommentar wird betont, dass Wechselwirkungen

zwischen den Märkten unbedingt zu berücksichtigen seien.c In einem Kommentar wird zustimmend betont, dass die we-

sentlichen Aspekte zur Marktabgrenzung und Marktbeherrschungerfasst worden seien.

Zu ergänzende Aspektec Es wird angeregt, aus Gründen der Planbarkeit einen „Fahr-

plan“ festzulegen, welche speziellen Themen im Laufe eines Jah-res diskutiert werden sollten.c Nach einem Kommentar sei darauf zu achten, die Begriffe der

marktbeherrschenden Stellung und des funktionsfähigen Wettbe-werbs konzeptionell zu trennen, da beide Sachverhaltsbeurteilun-gen unterschiedliche regulatorische und wirtschaftspolitischeFunktionen zu erfüllen hätten.c In einem Kommentar wird darauf hingewiesen, dass das Eck-

punktepapier in Teilen für die Beurteilung des Postmarktes an-wendbar sei.c Es wird in einem Kommentar ausgeführt, dass die Eckpunkte

abstrakte Kriterien sein müssten und keine konkreten Marktab-grenzungen beinhalten sollten.c Zusätzlich werden Aussagen darüber gefordert, wann und in

welcher Form die Regulierung zu beenden sei.c In einem Kommentar wird darauf hingewiesen, dass mehrere

Kriterien nicht berücksichtigt würden, diese seien: Substitutions-wettbewerb, Nachfragemacht der Marktgegenseite sowie die Not-wendigkeit einer wertenden Gesamtbetrachtung der Wettbe-werbsbedingungen.c In einem Kommentar wird angemerkt, dass der Begriff der markt-

beherrschenden Stellung nicht mit dem Begriff des funktionsfähigenWettbewerbs vermengt werden sollte, da das Fehlen einer marktbe-herrschenden Stellung weder notwendig noch hinreichend für dieFunktionsfähigkeit des Wettbewerbs im Sinne des TKG sei.

Ablehnende Stellungnahmenc In einem Kommentar wird ein Paradigmenwechsel im Bereich

der Regulierung für notwendig erachtet, dies sei insbesondere imBereich des Zugangs zu Netzwerken der Fall, wobei es nicht unbe-dingt erforderlich sei, die Regulierung auszubauen.c Es wird ebenfalls angemerkt, dass eine durchgängige Konzep-

tion hinter den einzelnen Eckpunkten nicht erkennbar sei. Kritischangemerkt wird, dass die Gutachten der Öffentlichkeit nicht zu-gänglich seien. Die zukünftige Regulierungspolitik sei damit nicht,wie wünschenswert, prognostizierbar.c Nach einem Kommentar ist ein spezifisches Konzept für den

Telekommunikationsmarkt nicht erforderlich. Insbesondere seidavor zu warnen, auf Basis des Eckpunktepapiers allgemeine Vor-gaben zu entwickeln, die sich stark oder ausschließlich amSprachtelefondienst orientierten. Marktabgrenzung und Marktbe-herrschung müsse einzelfallbezogen vorgenommen bzw. geprüftwerden. In einem weiteren Kommentar wird angemerkt, dass mansich im Umgang mit der Marktbeherrschungsproblematik so weitwie möglich an der Anwendungspraxis des GWB orientieren soll-te bzw. die angesprochenen rechtlichen und ökonomischen Be-sonderheiten nur im Rahmen der Subsumption zu berücksichtigenseien. Zusätzlich seien die angesprochenen rechtlichen Besonder-heiten nicht herausgearbeitet.

Entwurf von Eckpunkten/Zusammenfassung MMR Beilage 7/2002 43

c Ebenfalls wird darauf hingewiesen, dass die Beurteilung desSachverhalts, wie gesetzlich gefordert, ohne Rücksicht auf die Fol-gen für die Regulierung vorzunehmen sei.c In einem Kommentar wirt betont, dass die Problematik inte-

grierter Unternehmen nicht ausreichend thematisiert werde.c In einem Kommentar wird ausdrücklich darauf hingewiesen,

dass die räumliche und sachliche Marktabgrenzung niemals engersein dürfe als das Quersubventionierungspotential des marktbe-herrschenden Unternehmens.c Eine enge Marktabgrenzung wird nach einem Kommentar ab-

gelehnt. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die Eckpunkte 5, 7,8 und 9 nicht mit dem Beschluss (BK 2c-00/018) vom 20.02.2001vereinbar seien.c Nach einem Kommentar ist es fraglich, ob es, wie in dem Eck-

punktepapier angenommen, mittel- bis langfristig zu keinen signi-fikanten Änderungen im Bereich der Teilnehmeranschlussleitungkommen werde.

Abschnitt 3: Schlussfolgerungen und Konsequenzen ausder EckpunktedebatteFür die Tätigkeit und Aufgaben der Reg TP ist aus den eingegange-nen Stellungnahmen, die sämtliche Interessen in diesem Sektor re-präsentieren, sowie aus der hieran anschließenden Diskussion fol-gende Konsequenz zu ziehen, die die angestoßene Debatte ab-schließt:

3.1 Marktabgrenzung im EinzelfallAus den zu dem Entwurf von Eckpunkten eingegangenen Kom-mentaren wurde deutlich, dass die vertretenen Auffassungen überdie Abgrenzung von Märkten sowie die Feststellung einer markt-beherrschenden Stellung entsprechend der divergierenden Markt-stellungen der einzelnen Unternehmen höchst unterschiedlichsind. Dies zeigt, dass abstrakt-generelle Festlegungen der Reg TPüber bestimmte Märkte im Einzelnen, die den tatsächlichen Ver-hältnissen gerecht werden, nicht mit der erforderlichen Rechtssi-cherheit getroffen werden können.

Hierüber hinaus widersprechen verbindliche Vorabfestlegungenzur Abgrenzung von Märkten und zu der Feststellung einer markt-beherrschenden Stellung einem wettbewerblichen Beurteilungs-ansatz. Dieser setzt eine den Besonderheiten des jeweiligen Fallesentsprechende Sachverhaltsbeurteilung voraus. Des Weiterenwürden verbindliche Vorgaben die Reg TP in ihrer Flexibilität, aufveränderte Bedingungen sachgerecht und im Rahmen ihrer Aufga-ben reagieren zu können, unangemessen behindern. Eine durchfallweises Vorgehen gewährleistete Flexibilität ist gerade im Tele-kommunikationssektor, der durch einen raschen technischenWandel und damit verbundene Produktinnovationen geprägt ist,angezeigt.

Fragen zur Abgrenzung von Märkten und der Feststellung einermarktbeherrschenden Stellung lassen sich daher nicht abstrakt lö-sen. Über die Abgrenzung von bestimmten Märkten ist deshalb imkonkreten Einzelfall zu entscheiden. Die Reg TP wird daher keineabschließenden verbindlichen Eckpunkte veröffentlichen. Im Üb-rigen ist darauf hinzuweisen, dass die Reg TP grundsätzlich keine

gegenüber Dritten verbindlichen norminterpretierenden Richtlini-en zur Auslegung des allgemeinen Kartellrechts erlassen darf. Dieallgemeinverbindliche Auslegung dieser Vorschriften mit Wirkunggegenüber Dritten obliegt nämlich den Gerichten.

3.2 Anwendung des BedarfsmarktkonzeptsFür die Abgrenzung von Märkten und die Feststellung einer markt-beherrschenden Stellung verweist das TKG auf § 19 GWB. Nachständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei der Abgren-zung des relevanten Marktes vom Bedarfsmarktkonzept auszuge-hen. Hiernach kommt es auf die funktionale Austauschbarkeit derfraglichen Produkte und Dienstleistungen aus der Sicht des ver-ständigen Nachfragers an.

Die ständige Entscheidungspraxis der Reg TP, Märkte im Einzelfallanhand des Bedarfsmarktkonzepts und die marktbeherrschendeStellung eines Unternehmens im Rahmen einer Gesamtschausämtlicher relevanten Aspekte zu prüfen, steht also im Einklangmit dem GWB.

Die Reg TP wird daher gemäß § 82 S. 5 TKG wie bisher im Einzel-fall im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt auf eine einheit-liche und den Zusammenhang mit dem GWB wahrende Ausle-gung des TKG hinwirken. Hierbei werden gemeinschaftsrecht-liche Vorgaben angemessen berücksichtigt.

3.3 Effizienz des VerwaltungsverfahrensNach den in der Vergangenheit getroffenen grundsätzlichen Ent-scheidungen der Reg TP tragen die Marktteilnehmer nunmehr zu-nehmend vor, dass sich die zu untersuchenden Märkte aufgrundder Marktzutritte weiterer Anbieter und die sich hierdurch erwei-ternde Angebotspalette immer weiter ausdifferenzieren. Diesbe-züglich liegen der Reg TP inzwischen zahlreiche Anträge zur Ent-scheidung vor (z.B. zu Auslandsverbindungen in einzelne Staa-ten). Zunächst wird insbesondere zu prüfen sein, ob Leistungen inirgendeiner Weise zusammengefasst werden können.

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass bei der Abgrenzungvon Märkten auch der Grundsatz der Praktikabilität nicht außerAcht gelassen werden darf. Unpraktikabel wäre es z.B., einen ei-genständigen Markt für jedes einzelne Telefonat zu bilden. Grunddafür ist nicht zuletzt, dass eine solche Annahme die Gefahr bein-haltet, dass der einzelne Markt nicht mehr aussagekräftig wärehinsichtlich der insgesamt bestehenden Wettbewerbsbedingun-gen (vgl. KG, 07.11.1985 „Pillsbury – Sonnen-Bassermann“WuW/E OLG 3759, 3759 f.).

Im Übrigen ist im Hinblick allein schon auf die Anzahl der bereitsvorliegenden Anträge, die sich ohne weiteres erweitern lassen, aufFolgendes hinzuweisen: Die Reg TP ist dazu verpflichtet, Verwal-tungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen,vgl. § 10 VwVfG. Sie hat daher zu berücksichtigen, ob und inwie-weit sich aus dieser Regelung im Einzelfall Grenzen für die Ab-grenzung von Märkten sowie die Feststellung einer marktbeherr-schenden Stellung und insbesondere den hiermit verbundenen Er-mittlungsaufwand ergeben können.

211b, 116a

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