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6. St.Galler Wound-Care-Symposium

Date post: 16-Oct-2021
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© R. Gilli, 26.4.2018 Wound-Care-Symposium St.Gallen 1 6. St.Galler Wound-Care-Symposium Regula Gilli Wundexpertin SAfW und Lymphtherapeutin Anatomie
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©R.Gilli,26.4.2018Wound-Care-Symposium St.Gallen 1

6. St.Galler Wound-Care-Symposium Regula Gilli Wundexpertin SAfW und Lymphtherapeutin

Anatomie

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Im Gegensatz zum Blutkreislauf ist das Lymphsystem kein geschlossener Kreislauf. DieLymphkapillarebeginntblindimGewebemitinterendothelialenEintrittspforten(Junktionen),diegrössereMolekülepassierenlassenalsdasEndothelderBlutkapillare. UnelastischeKollagenfilamentesteuerndieJunktionenindieKapillarenundsindsomitfürdenlymphatischenRückflussverantwortlich.JenachDruckimGewebeöffnensiedenDurchlassinsLymphgefässundGewebeflüssigkeittrittindieLymphkapillareein.DieresorbierteFlüssigkeitheisst jetzt Lymphe. Die Füllung im Lymphgefäss regt die glatte Muskulatur in denLymphangionenanundderTransportRichtunggrössereLymphgefässesetztautonomein.DieLymphkapillareleitetindiePräkollektoren(GefässwandnochpermeabelfürLymphe)weiter.DanachfolgendieKollektoren,welchedieLymphenurnochweiterleiten(mitIntima,Mediaund Adventitia=dreischichtige Gefässwand) undmünden in die Lymphstämme, welche dieLymphe dann ins venöse System führen. Im Terminus (Venenwinkel in der Schlüsselbein-GrubegebildetvonVenajugularisinternaundVenasubclavia)fliesstdieLymphezurückindenvenösenKreislauf.FürdenRücktransportderLymphflüssigkeitindenBlutkreislaufsindnebenden richtungsweisenden Klappen, die Skelettmuskulatur, die Pulsation der benachbartenBlutgefässe, der Atmungssog und der physiologische Gewebedruck um die initialenLymphgefässeverantwortlich.

LymphknotenImLymphgefässsystemsinddieLymphknotenzwischengeschaltet. ImmenschlichenKörpersindrund600bis700Lymphknotenzufinden.SiehabeneineimmunologischeFunktion.Siegehören zum Retikulo-Endothelialen-System (RES). Es findet die Bildung und Prägung derLymphozyten im Lymphknoten statt. Die Viskosität der Lymphflüssigkeit wird im Knotenverändert.EingesunderMenschbildetinRuheca.2.5lLymphflüssigkeitin24h,beimExtremsportlerkanndiesebisauf40lgesteigertwerden.DerLymphabflussverläuftindenHautschichtenoberflächlich(epifaszial)biszudennächstengrossenLymphknotenstationen(z.B.Oberschenkel inLeiste)undwirdvondortdann indietieferen Lymphgefässe geleitet. Bei einem Überdruck im tiefen System ist aber auch einAbfliessen indenoberflächlichenHaut-Lymphgefässenmöglich.Dasmachenwiruns inderEntstauungs-TherapiezuNutze.

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WiesetztsichdieLymphflüssigkeitzusammen?1.Wasserlast:mindestens 10%Netto-Ultrafiltrat, der verbleibendeRest von Filtration undReabsorptionanderterminalenEndstrombahn.(JenachGewebeistderAnteildeutlichhöher)2.Eiweisslast: Plasmaeiweisse aus den Blutkapillaren können nur durch die Lympheabtransportiertwerden. Sie sind zu grossmolekular umdie Venenwand zurück insBlut zupassieren.3.Zelllast: 90% davon sind Lymphozyten, einzelne Erythrozyten, Hormone, Fibrozyten,Krankheitserreger,maligneZellen.4.Fettlast:nur10%derimDarmresorbiertenFettewerdenüberdiePfortader,derRestüberdieLympheaufgenommen,inderCisternachyli(imUnterbauch)vermischtsichderweißliche,fetthaltigeChylusmitderwasserklarenLymphflüssigkeitausdenanderenKörperregionenFakultativelymphpflichtigeLast:UltrafiltratüberschussbeierhöhtemFlüssigkeitsanfallimGewebez.BaktiveoderpassiveHyperämieoderz.B.Russ,Teer,Farbpigmenteetc.KräfteanderterminalenEndstrombahnDie terminale Endstrombahn ist ungefähr 0.5mm lang und das Blut fliesst mit einerStrömungsgeschwindigkeit von ca. 0.5mm/s. Vier Kräfte wirken an der Blutkapillare undsorgeninihremZusammenspielfüreinFliessgleichgewichtimGefäss(StarlingschesGesetz).AufderStreckevonarteriellzuvenösfindeteinDruckverlustvonca.20mmHgstatt.DadurchistdieFiltrationvonFlüssigkeitdurchdieKapillarwandmöglich.AufderarteriellenSeiteistdurch den höheren Druck mehr Flüssigkeitsaustritt aus dem Gefäss zu messen als in dervenösen.DerBluteiweissgehaltbeträgtbeimgesundenMenschenrund8%.DieseEiweissehabeneineWasserbindung.DarumentstehteinonkotischerSogfürFlüssigkeitausdemGewebezurückinsBlutgefäss=Reabsorption.Der Gewebedruck um das Gefäss fördert die Reabsorption ins Blutgefäss, wogegen deronkotischeSogimGewebe(EiweissgehaltumdasBlutgefäss)dieFiltrationausderBlutbahninsGewebefördert.WashatdasÖdemmitWundenzutun?VersuchenwirunsdieVerhältnisseanderterminalenEndstrombahnnochmalsvorzustellen:die Hauptaufgabe besteht darin, die Gewebezellen mit Nährstoffen, Sauerstoff und"Botenstoffen" zuversorgen,mitBereitstellenvonAbwehrmechanismengegenSchädliches,Entsorgung von Abfallstoffen aus dem Stoffwechsel und Erhalt eines gewebefreundlichenMilieus. Bleibt nun aus einem Grund zu viel Flüssigkeit liegen, verändern sich dieDruckverhältnisse um Zellen und Gefässe, aber auch in den Zellen. Dadurch wird dieDiffusionsstreckevonSauerstoffausderBlutkapillarezurZellegrösser.AbeinerStreckevon0,1mmistdieSauerstoffversorgungungenügendundgleichzeitigdieEntsorgunggefährdet.

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LokalregulationZellen,welchezuwenigSauerstofferhalten,müssen indenanaerobenVerbrennungsmodusschalten. Dabei fällt bei der Energiegewinnung (der Zelle)Wärme und Milchsäure an. Deranaerobe Stoffwechsel ist 7fach ineffizienter als der aerobe. Das bedeutet einen grossenSäureanfall.DieH+-IonenkonzentrationimGewebesteigtausFolgeeinerchemischenReaktionvonCO2,H2OundderSäuregruppemitdemResultatvonfreiwerdendenH+-Ionen.DurchdenAnstiegderH+-IonenöffnetsichimnächstgelegenenGefässderPräkapilläre-SphinkterumdenzuführendenGefässteil.DamitkannmehrsauerstoffreichesBlutfliessen,dielokaleHypoxieistbehobenunddieTransitstreckeverkürztsich.DiesentsprichteinerMehrdurchblutung.

DruckwertefürunsnichtwichtigaberdieVorstellungwodiePräkapillären-SphinkterliegenPrästaseIm Moment einer Prästase können keine Sphinkter mehr geöffnet werden. Die maximalmöglicheSauerstoffzufuhristausgeschöpft.EsbrauchtweitereinenanaerobernStoffwechselmitH+-Überschuss.DieseIonenkönnennunkeineSphinktermehröffnenundbindensichjetztan Eiweissmoleküle.Die verstärkte elektrische Ladung erhöht derenWasserbindung. Somitwird in der Zelle der Wassermantel um die Proteinmoleküle grösser und verdrängt denlösendenRaumumdieMoleküle. Imverbleibenden lösendenRaum(Cytoplasma) steigtdieIonen-Konzentration. Die Zelle möchte diesen Konzentrationsunterschied ausgleichen vonextrazellulärnach intrazellulär.DamitsieWasserresorbierenkann,bildetsieeineKugelalsdasgrösstmöglicheVolumen.SolangebissiedemDruckvoninnennichtmehrstandhältundabstirbt=Zelltod=Zytolyse(Ulcuscruris,Gangrän,Nekrose..).StaseBleibt die Sauerstoffzufuhr imGewebe zu tief (bei ausgeschöpfter Lokalregulation), nimmtnichtnurdasGewebeumdieversorgendeKapillareSchadensonderndasEndothelderGefässeselberauch.DortkugelnsichdieZellennachdemfehlgeschlagenenanaerobenStoffwechselebenfallsab(intrazelluläresÖdemandenEndothelzellenderBlutkapillare).DerZellverbandfällt auseinander da die Kittsubstanz zwischen den Zellen die Formveränderung nichtausgleichenkann.DadurchwerdendieinterendothelialenFugenauchfürgrössereMoleküledurchlässig. Es tritt Protein aus der Blutbahn ins Gewebe aus, mit der Folge einesProteininfiltratsüberschuss-ÖdemsaufgrundvonSauerstoffmangel.

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Ödem-EntwicklungEineerhöhteProteinkonzentrationimGewebehatleidereineprogredienteEntwicklungdesÖdemszurFolge.ChronischeProgredienzentstehtdurchdieverstärkteWasserbindungunddurchdieUmwandlungvonfreienProteinenimGewebeinfibrotischeFasern.BesonderswennsiesichumLymphgefässebilden,behindernsiedenLymphabflussnochmalszusätzlich.DieVasomotorikwird durch die Fibrosen behindert, es bleibt nochmehr Lymphflüssigkeit imGewebe liegenundesentstehteinTeufelskreis.Fatal istdieserMechanismus,wennNervenkomprimiertwerdenunddadurchstarkeSchmerzenentstehen(=Nervenschmerz).WirddasAusmassdesÖdemsnichttherapiert,entwickeltsichdasLymphödemprogredient,bis zum Krankheitsbild des extremen Lymphödem stad.III mit Hautbildveränderungen,Keratosen,LymphzystenundHautfibrosen.KomplikationeneinesLymphödems-Erysipel-Ekzeme-Mykosen-Ulcera:UlcusentstehtamwenigstenversorgtundentsorgtenHautbezirk-Fibrose-Lymphzyste/Fistel:EintrittspfortefürKeime,Proteinverlust(tiefereBluteiweisse!!)-Lymphangiofibrose:zusätzlichimAlterverstärkteSkleroseneigungamLymphgefäss-Keratosen:gutartigeGewebeneubildung-Angiosarkome:bösartigeGewebeneubildungen(z.B.StewartTrevesSyndrom)WasverstehenwirunterLymphdrainage?-weiche,rhythmischeGewebeverformungmitdemZiel:-denLymphabflusszufördern-ohnedieLymphbildung,resp.Durchblutunganzuregen(MassagenförderndieDurchblutung)-BildungvonKollateralen/Anastomosenanzuregen-Gewebedruckzumindern(Schmerzhemmung)-FibrosierungzuverhindernKontraindikationenLymphdrainage-UnbehandelterlokalerInfektoderEkzem!!-Fieber,Grippe,unklareAZ-Verschlechterung-Malignomeausserpalliativ-AkutesAsthmabronchiale-AkuteoderschwereHerzinsuffizienz(wg.Lungenödem)-Phlebitis,Phlebothrombose,akutesPostthrombotischesSyndrom(PTS)-FehlendeArztverordnung(Haftung/Krankenkasse)-ÖdemebeiNiereninsuffizienzoderHypoproteinämie,Leberzirrhose…

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KompressionMit einer Kompressionsbandage erhöhen wir den Gewebedruck. Sie bildet aber auch einWiderlager für dieMuskulatur.Dies unterstützt denRücktransport. ErhöhterGewebedruckhebt den Druck auf die Lymphgefässe generell und fördert somit die Resorbtion insLymphgefässundsodieautonomeLymphangiomotorik.Durch den Gegendruck von aussen sinkt die Gewebespannung und somit sinken dienozizeptivenAktionspotentialederNerven(schmerzmindernd).Strumpf nicht gleich Strumpf oder Bandage....Flachstrick, Rundstrick, Mehrlagen-VerbandhabenunterschiedlicheEigenschaften.HiergiltesdierichtigeundangepassteVersorgungzusuchen.DalohntsichdasBeizieheneineserfahrenenSpezialisten.Zehen-undFingerbandagenichtvergessensowieEinbauenvongeeignetenPolsternanderrichtigenPosition!Kompressiondarfnieschmerzen,vorallemwennderSchmerzmitBewegungnichtnachlässt(Muskelpumpe). Vorsicht bei Patienten die sensorisch beeinträchtigt sind. ZurEntstauungstherapiegehörtdieKompressionzwingend,sowieBewegung(Sport),HautpflegeundeinkonsequentesPatientenselbstmanagement.Behandlungsablauf-ÖffnenderAbflussgebiete(Profundus,Terminus)-AnregenderAtmung(Bauch-undThoraxraum)-evtl.Bauchdrainageoberflächlich/tief-LokaleLymphknotenstationöffnen-Abflusswegevonproximalnachdistalöffnen-ImÖdem-Gebietdistalnachproximalarbeiten-evtl.Ödemgriffeeinbauen-Kompression,evtl.mitPolsterverstärkt(Pelottenetc.)WundexpertinundLymphdrainageBeimVerbandswechselNassphasefürWundranddrainagenutzen-AbflussöffnenAtmung!(evtl.Leiste,Kniekehle) -SterileKompresse,sterileHandschuhe!-KreisendeBewegungenmitFingerspitzemit/ohneKompresse:DruckrichtungWunde-WieinwassergefülltemBallonFlüssigkeitverschiebenmitminimalemDruck.-FlüssigkeitRichtungWundedrainieren.Wundzeichen:-Tafelberg-artigerWundrand,harterWall,aufgeschwollenerWundrand-Krater-förmigeWunde-VerästelteFormderWunde-LivideFarbederUmgebung-Hyperkeratosen,FibrosenimumliegendenGewebe-FehlendeEpithelialisierung,stagnierendeWundverhältnisse-Stau/Ödem-ExsudationohneInfektIm Weiteren muss die Wundexpertin erkennen, wann ein Patient einer professionellenLymphtherapie zugeführt werden soll, das heisst, sie muss die Ödem Qualität erkennen(Stemmer Zeichen, "Historie", etc.) Auch eine CVI ohne deutliches Ödem profitiert von der

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Lymphdrainage, da das Gewebe entschlackt (weniger interstitiellen Ballast) und dieTransitstreckeverkürztwird.DieEntstauungstherapiemusseinArztverordnen.DieWundexpertinhateineSchlüsselrolleinder Patienten-Schulung und -Aufklärung über die Zusammenhänge seiner Erkrankung. Siemuss erkennen ob ein Klient zusätzlich Physiotherapie benötigt (z.B. SprunggelenkBeweglichkeit)oderBeratungbrauchtfüreinangepasstesSchuhwerk.Auchhierstehtwiederdie Beweglichkeit (neben dem Fuß Komfort) im Vordergrund. Ebenso soll dieKompressionsversorgungregelmässigüberprüftwerden.

Literaturverzeichnis, Quellen, Links : Titel Verlag Autor

-Lehrbuch der Lymphologie 5.Auf. Urban&Fischer M.Földi/S.Kubik

-Ödeme und Lymphdrainage Schattauer 4.Aufl Ulrich Herpertz

-Pflege von Menschen mit chronischen Wunden

Hans Huber 1.Aufl Eva-Maria Panfil/ Gerhard Schröder

-Das Lymphödem Viavital 3.Aufl H.Pritschow/C.Schuchhardt

-Manuelle Lymphdrainage und Ödemtherapie Skript u. Arbeitsheft Carmen Fischer Lehrinstitut für Lymphologie

-Lehrbuch der Entstauungstherapie Band 1 u. 2

Springer Günther Bringezu/Otto Schreiner

www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/058-001.html S2k Leitlinie Lymphödem

div. Autoren aus 32 Fachgesellschaften

www.lymphforum.de div. Merkblätter Ulrich Herpertz

www.youtube.com/watch?v=b2u7EyrSyko Lymphsystem

www.youtube.com/watch?v=sk0uonWFt40 Lipödem

www.youtube.com/watch?v=b2u7EyrSyko Lipödem

www.youtube.com/watch?v=xtzyablCyVE Lipödem

www.youtube.com/watch?v=LZrfFGy_280 Lymphsystem

Frage: Welchem der beiden Füsse auf der ersten Seite würden Sie jetzt eine Lymphdrainage machen?


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